The Sound of Salzburg

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The Sound of Salzburg
KUNST UND KULTUR
SALZBURG
Maria von Trapp am Balkon der TrappVilla mit Trapp-Kinderchor Aigen und
Marianne Dorfer (Villa Trapp GmbH)
Back To The Roots
The Sound of Salzburg
Im Herbst findet die Salzburger Premiere des berühmten Musicals „Sound of Music“ statt.
Man darf gespannt sein, wie das hiesige Publikum auf das Stück reagieren wird, dessen
Filmversion aus den 60er Jahren hierzulande nie ein Kassenmagnet geworden ist.
Von EVA VON SCHILGEN
s hat eines Bayern bedurft, um das
Musical „Sound of Music“, das die berührende Liebesgeschichte des älteren
Witwers Georg Ludwig Ritter von Trapp
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und der jungen Novizin Maria zum Inhalt
hat, nach Salzburg zu bringen. Carl Philip
von Maldeghem, der seit der Spielsaison
2009/2010 höchst geschickt als Intendant
des Salzburger Landestheaters amtiert, ist
es gelungen, die Rechte für das Stück zu erwerben und Wietske van Tongeren und
Uwe Kröger als Darsteller zu verpflichten.
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Kultstätten des Musicals
Bis jetzt konnte von Maldeghem das
empfindsam reagierende Salzburger Abonnentenpublikum, welches unter seinem –
zu innovativen – Vorgänger in Scharen
das Theater verließ, zurückgewinnen. Die
erfolgreichen Produktionen des letzten
Jahres – darunter so gegensätzliche Aufführungen wie Goethes „Faust I“ oder das
viel bejubelte Ballet „Marylin“ sowie das
Musical „König Badeschwamm“ von Peter
Blaikner und dem Komponisten Konstantin Wecker – haben die Umsätze und Besucherfrequenz erfreulich steigen lassen.
Auch der Einbezug der Salzburger, unter
anderem als Co-Autoren im Theaterstück
„Himmel über Berlin“, trug zur Anerkennung des noch jungen Intendanten bei.
Doch während jährlich an die 300.000
Touristen, vornehmlich aus Amerika und
Japan, auf Grund der immens erfolgreichen Verfilmung des Musicals aus dem
Jahr 1965 die Spielstätten des Films wie
Kultstätten besuchen, haben die Salzburger ein sehr ambivalentes Verhältnis zu
dem Musical. Eine echte Begeisterung will
sich (noch) nicht einstellen. Zu weit entfernt hat sich der Inhalt des Musicals von
der Realität, zu nahe sind die Erinnerungen und Emotionen derer, die noch die
wahren Begebenheiten kennen.
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FOTOS: MIT FREUNDLICHER GENEHMIGUNG ANTON PUSTET VERLAG,
STEFAN HERZL, VILLA TRAPP
Die wahre Trapp-Geschichte
Georg Ludwig Ritter von Trapp wird
1880 in Zara im heutigen Kroatien und damaligen Teil der Österreich-Ungarischen
Monarchie geboren. Schon mit 14 Jahren
tritt er in die Marine Akademie in Fiume,
dem heutigen Rijeka, ein. Als junger Kadett von 18 Jahren nimmt er mit dem Panzerkreuzer „Kaiserin und Königin Maria
Die Trapp-Villa in Aigen
Theresia“ an den Kämpfen anlässlich der
Boxerunruhen in China teil. Er wird 1902
Offizier und übernimmt 1910 sein erstes UBoot. Für seine zahlreichen Einsätze im Ersten Weltkrieg erhält er unter anderen
auch das Ritterkreuz des Maria-TheresienOrdens. Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Verlust aller Seehäfen
Österreichs endet seine Offizierskarriere
und er wird Privatier.
1911 heiratet er Agathe Whitehead, die
Tochter des Torpedofabrikanten John Whitehead und Enkelin des Erfinders des Torpedos, Robert Whitehead. Zu Beginn des
Ersten Weltkrieges übersiedelt seine Frau
mit den ersten zwei Kindern zu ihrer Mutter nach Zell am See. Nach dem Krieg zieht
die Familie, indessen war die Kinderschar
auf sechs angewachsen, nach Klosterneuburg bei Wien. Hier wird 1921 das letzte
Kind geboren. Kurze Zeit danach stirbt
Agathe an den Folgen einer Scharlacherkrankung. Auf dem Sterbebett soll sie ihren Mann gebeten haben, der Kinder
willen wieder zu heiraten.
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Familienchor gewinnt Wettbewerb
Welcher Grund von Trapp bewegte,
1925 nach Salzburg zu ziehen, ist unbekannt. Er bezieht im vornehmen Stadtteil
Aigen ein großzügiges Herrenhaus mit einem malerischen Park. Für die herzkranke
Tochter Maria sucht er eine Hauslehrerein. Die Äbtissin des Stift Nonnberg vermittelt ihm die erst 18-jährige Novizin Maria Auguste Kutschera, die als Erzieherin
AUSSTELLUNG
SALZBURGER PANORAMA MUSEUM
Sonderschau „Mythos Trapp“
ab 3. November 2011
Aus dem Film „Sound of Music“: Julie Andrews und ihre
„Filmkinder“ vor der Salzburger Altstadt
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KUNST UND KULTUR
SALZBURG
Maria von Trapp anlässlich ihres Besuches in Salzburg
an der Klosterschule arbeitet. Die beiden
verlieben sich ineinander und heiraten
1927. 1929 und 1931 werden zwei Töchter
geboren.
1933 verliert von Trapp durch eine Fehlspekulation seiner Hausbank sein gesamtes
Vermögen. Die praktische Maria entlässt
die Hausangestellten, auch die Köchin Johanna Raudaschl, deren 2010 erschienenes
Kochbuch mit Trapp‘schen Rezepten kulinarische Erinnerungshilfen bietet. So findet
sich in dem Bändchen neben der eindrucksvollen Schilderung der Lebensumstände Johannas auch manch bisher unbekanntes intimes Detail aus dem Familienleben.
Während die Familie nun in den Dienstbotenzimmern unter dem Dach wohnt,
werden die repräsentablen Räume an zahlende Festspielgäste vermietet, unter anderen an die weltberühmte Wiener Sängerin
Lotte Lehmann. Sie hört den indessen gegründeten Familienchor und animiert die
Trapps, an einem Volksliedwettbewerb teilzunehmen, den diese überraschenderweise gewinnen. Es folgt ein vielbeachtetes
Radiokonzert.
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USA und Welterfolg
Als nach dem Anschluss Österreichs an
Deutschland der kaisertreue Georg von
Trapp aufgefordert wird, der deutschen
Marine beizutreten, fürchtet er Repressalien ausgesetzt zu werden. Da ein Angebot
zu einer Konzertreise durch die USA vorliegt, bereitet er in Ruhe seine Emigration
vor, ordnet den Haushalt, vermietet die Villa und reist mit seiner Familie in die
Schweiz. Von dort aus geht es über London
in die USA, wo sie sich in Vermont niederlassen und ein Haus bauen. 1939 kommt
der letzte Trapp Sohn auf die Welt.
Die Familie bestreitet ihr Auskommen
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mit zahlreichen Konzerttourneen und tritt
unter dem Namen „Trapp Family Singers“
auf. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges organisieren sie eine Hilfsaktion unter
dem Namen „Trapp Family Austrian Relief
Inc.“ und sammeln Kleidungsstücke und
Nahrungsmittel für Österreich. 1947 stirbt
Georg von Trapp. 1950 reist Maria von
Trapp mit ihren Kindern nach Salzburg zurück, um bei den Festspielen aufzutreten.
1956 wird der Chor, der mehr als 2000 Konzerte weltweit gab, aufgelöst.
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Kinofilm „Sound of Music“
1952 erscheinen die Lebenserinnerungen von Maria von Trapp als Buch mit
dem Titel „Vom Kloster zum Welterfolg“.
1956 dreht Wolfgang Liebeneiner den deutschen Musikfilm „Die Trapp Familie“ mit
Ruth Leuwerik als Maria von Trapp, Hans
Holt als Ritter von Trapp und Josef Meinrad
als Hauskaplan. Die Fortsetzung „Die
Trapp-Familie in Amerika“ kommt 1958 in
die Kinos. Das Musical „The Sound of Music“, von Richard Rodgers komponiert und
mit Texten von Oscar Hammerstein, wird
1959 in Amerika auf die Bühne gebracht
und von den 20th Century Fox Studios mit
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Die Trapp-Familie in Amerika
Julie Andrews und Christopher Plummer
in den Hauptrollen verfilmt. Dieser Film
entwickelt sich in der Folge in den angelsächsischen Ländern zum wahren Kassenmagneten. Nur in Salzburg bleibt der Erfolg aus. Schon nach wenigen Spieltagen
wird er wegen Besuchermangel vom Spielplan genommen. Denn der geschönte,
stark veränderte und politisch gefärbte Inhalt enttäuscht die Salzburger.
Aber es wäre nicht Carl Philipp von Maldeghem, wenn es ihm nicht gelingen würde, auch die Salzburger zu Trapp-Fetischisten zu machen. Auf welche Art er dies
anstellen wird, darauf dürfen wir neugierig
sein. Die Premiere ist am 23. Oktober 2011.
BUCHTIPP
DAS TRAPP KOCHBUCH
Original-Rezepte der
Köchin Johanna
Raudaschl
Irmgard Wöhrl
Anton Pustet Verlag