André Derain Das Paar 1907 Skulptur Sandstein, Piedra tallada 38

Transcription

André Derain Das Paar 1907 Skulptur Sandstein, Piedra tallada 38
1|2
André Derain
Das Paar
1907
Skulptur
Sandstein, Piedra tallada
38 × 23 × 24 cm
—
Lehmbruck Museum
Er hat den Sandstein in groben, tiefen Meiselfurchen bearbeitet, so dass die
eng verzahnten Körper mit massigen, schweren Gliedmaßen kubisch
abstrahierte Züge aufweisen. Eng, Seite an Seite aneinander gekauert mit
an den Körper angezogenen und angewinkelten Beinen umfängt sich Das
Paar (1907) von André Derain mit den Armen wie in höchster, existenzieller
Not.
Eng, Seite an Seite aneinander gekauert mit an den Körper angezogenen und
angewinkelten Beinen umfängt sich Das Paar (1907) von André Derain mit
den Armen wie in höchster, existenzieller Not. Details der Frisuren wie der
Physiognomien lassen erkennen, dass die linke Figur mit halb gesenktem
Kopf weiblich ist. Die rechte Figur, die ihren Kopf aufrecht nach hinten dreht
und wie witternd und sichernd aus der Umklammerung blickt, stellt den
Mann dar.
Derain hat den Sandstein in groben, tiefen Meiselfurchen bearbeitet, so dass
die eng verzahnten Körper mit massigen, schweren Gliedmaßen kubisch
abstrahierte Züge aufweisen. Auch die Physiognomien sind grob aus dem
Stein gehauen und erscheinen so in ihrer Angst maskenhaft erstarrt. Obwohl
2|2
Das Paar nackt gezeigt wird, vermeidet Derain jeden Ausdruck von Erotik.
Hier meint der Akt die nackte, entblößte und unverborgene
Existenzbedingung menschlicher Angst und deren Überwindung. Das Kauern,
Umfangen und der sichernde Blick in den Außenraum verdeutlicht dies
unmittelbar an der Haltung der eng umschlungenen Figuren. Fast körperlich
verwachsen wie siamesische Zwillinge, scheinen diese beiden Menschen
existenziell auf einander angewiesen.
Im Jahr 1907, in dem Derain sich in Paris niederlässt, hat er engen Kontakt zu
Matisse und vor allem Picasso. Zwei weitere blockhafte Skulpturen entstehen
1907: Der Kauernde in der Sammlung des Centre Pompidou in Paris mit
ähnlichem Angst- und Selbstschutzausdruck wie ihn das Paar zeigt. Auch ein
blockhaft stehender weiblicher Akt, heute in der Stiftung Ludwig des
Museums für Moderne Kunst in Wien, der wie eine Schwesterfigur der Akte
von Picassos Demoiselles d’Avignon erscheint, entsteht 1907.
Offensichtlich orientiert sich André Derain, der sich bereits 1905 für
afrikanische Skulptur interessiert, wie Picasso ab 1906 auch an altiberischen
Figuren. Da der Kontakt zwischen beiden Künstlern 1907 nachweislich eng
ist, wird Derain auch die zahlreichen Vorstudien für die Demoiselles, die
Picasso in diesem Jahr erarbeitet, gekannt haben, zumal auch Derains
blockartige Abstraktion der Körper in Das Paar für einen protokubistischen
Einfluss spricht.
Formal und in ihrem zwingend archaischen Ausdruck stehen die drei
genannten Skulpturen von 1907 isoliert im Werk von Derain. Mit dem Paar
und dem Kauernden monumentalisiert er, obwohl er skulptural in der
kleinen Form bleibt, die nackte Existenzangst. Selten gelingt es Derain in
seinem Werk Form und Gehalt zu einer so überzeugenden Ausdrucksstärke
zusammen zu führen. Seine Zitate des Archaischen und des Kubistischen
geben einer menschlichen conditio sine qua non überzeitlichen und
glaubwürdigen Ausdruck.
© museumsplattform nrw [email protected] nrw-museum.de nrw-kultur.de
N R W K U L T U R sekretariat Friedrich-Engels-Allee 85 42285 Wuppertal T +49 (0)202 698 27 00 F +49 (0)202 698 27 203