Plankostenrechnung mit der Variatormethode

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Plankostenrechnung mit der Variatormethode
PROF. DR. HEINZ LOTHAR GROB
DIPL.-WIRT. INFORM. SASCHA AUSTRUP
LEHRSTUHL FÜR WIRTSCHAFTSINFORMATIK UND CONTROLLING
WESTFÄLISCHE WILHELMS-UNIVERSITÄT MÜNSTER
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Plankostenrechnung mit der Variatormethode
Gut Lack!
1. Datensituation
In der Kostenstelle Lackiererei sollen im kommenden Monat 2000 Stück des Standardprodukts lackiert werden. Die folgende Abbildung fasst die nach Kostenarten aufgelösten geplanten Kosten zusammen:
Kostenstelle:
Lackiererei
Planbeschäftigung: 2000 Stck.
Kostenart
Fertigungslöhne
fixe Plankosten
[€/Monat]
variable Plankosten
[€/Monat]
0
20000
500
2000
5040
560
10800
25200
50
450
Brennstoffe
0
2800
Werkzeuge
750
500
Raumkosten
3500
0
Reparaturen
960
2240
Hilfslöhne
Gehälter
Lack
Reinigungsmittel
Abb. 1: Plankosten in der Kostenstelle Lackiererei
Der Controller weist darauf hin, dass Plan- und Istbeschäftigung in der Vergangenheit häufig
recht weit auseinander lagen. Gerne würde er sich daher ein genaueres Bild über die möglichen Auswirkungen von Beschäftigungsschwankungen auf die Kosten machen. Dabei bedient
er sich der Variatormethode.
Bekanntlich beschreibt der Variator – auch Kostenänderungsfaktor genannt – für jede Kostenart oder Kostenstelle den Anteil der variablen Kosten an den Gesamtkosten bei der Planbeschäftigung. Er wird meist in Zehnerschreibweise dargestellt und drückt somit aus, um wie
viel Prozent sich die Gesamtkosten ändern, wenn die Beschäftigung um zehn Prozent von der
Planbeschäftigung abweicht. Implizit unterstellt die Variatormethode einen linearen Kostenverlauf.
Plankostenrechnung mit der Variatormethode – Gut Lack!
2
Die Formel zur Bestimmung der Variatoren lautet:
Vi =
K pv
i
K ip
⋅ 10
Symbole
Vi
Variator der Kostenart i
K pv
K ip
i
variable Plankosten der Kostenstelle i bei Planbeschäftigung
gesamte Plankosten der Kostenstelle i bei Planbeschäftigung
2. Aufgaben
(1) Bestimmen Sie die Variatoren für jede Kostenart in der Kostenstelle Lackiererei!
(2) Der Kostenrechner schätzt, dass die tatsächliche Beschäftigung in der Lackiererei voraussichtlich in dem Bereich von 20 % unter der Planbeschäftigung und maximal 10 % über
dieser liegen kann. Berechnen Sie bitte mithilfe der Variatormethode die Gesamtkosten
bei 80 %, 100 % und 110 % der Planbeschäftigung! Gehen Sie dabei sowohl von einer
undifferenzierten als auch von einer differenzierten Betrachtung der Gesamtkosten aus.
(3) Auch die Steigung der Gesamtkostenkurve stellt eine Maßgröße zur Beschreibung des
Zusammenhangs zwischen Beschäftigung und Gesamtkosten dar. Zeigen Sie bitte den Zusammenhang zwischen der Steigung der Gesamtkostenkurve und dem Variator der Kostenstelle auf!
(4) Wie sich am Ende des betrachteten Monats herausstellt, wurden in der Lackiererei nur
1900 Stück des Standardprodukts lackiert. Die Istkosten beliefen sich auf 74.250 €. Wie
hoch sind die Verbrauchs- und Beschäftigungsabweichung in der Kostenstelle Lackiererei? Führen Sie Ihre Berechnungen unter Verwendung des Variators durch.
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3
3. Lösung
(1) Variatorbestimmung
Der Variator drückt den Anteil der variablen Kosten an den Gesamtkosten bei Planbeschäftigung aus. Durch Verwendung der oben genannten Formel ergeben sich die kostenartenspezifischen Variatoren der Kostenstelle Lackiererei bei Planbeschäftigung wie folgt:
Kostenart
fixe
Plankosten
[€/Monat]
variable
Plankosten
[€/Monat]
gesamte
Plankosten
[€/Monat]
Variator
0
20000
20000
10
500
2000
2500
8
Gehälter
4480
560
5600
1
Lack
7200
25200
36000
7
50
450
500
9
Brennstoffe
0
2800
2800
10
Werkzeuge
750
500
1250
4
Raumkosten
3500
0
3500
0
Reparaturen
960
2240
3200
7
21600
53750
75350
Fertigungslöhne
Hilfslöhne
Reinigungsmittel
Summe
Abb. 2: Variatoren der Kostenstelle Lackiererei bei Planbeschäftigung
(2) Gesamtkostenvergleich
Bei einer undifferenzierten Betrachtung der Gesamtkosten wird ein Variator für die gesamte
Kostenstelle festgelegt. Der Variator V der Kostenstelle Lackiererei ist wie folgt zu berechnen:
V=
K pv
K
p
=
53750
⋅ 10 = 7,133378 ≅ 7,13
75350
Symbole
K pv
variable Plankosten
p
K
Plangesamtkosten
Der Variator drückt aus, dass bei einem Absinken der Planbeschäftigung um 10 % die Gesamtkosten in der Lackiererei um 7,13 % sinken werden. Mithilfe von V lassen sich so die
Gesamtkosten bei 80 % und 110 % der Planbeschäftigung ermitteln:1
1
Um Rundungsdifferenzen zu vermeiden wird im Folgenden mit dem nicht gerundeten Variator gerechnet.
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Beschäftigung
[% der Planbeschäftigung]
Gesamtkosten [€]
4
1600 Stck.
[80 %]
2000 Stck.
[100 %]
2200 Stck.
[110 %]
64600
75350
80725
Abb. 3: Gesamtkosten bei Abweichung von der Planbeschäftigung
Beispielsweise wurden die Gesamtkosten bei einer 80%igen Beschäftigung unter Verwendung des Variators wie folgt ermittelt:
75350 – 2 · 0,07133378 · 75350 = 64600
Alternativ kann bei einer nach Kostenarten differenzierten Betrachtung der Gesamtkosten
mithilfe der Variatoren für jede Kostenart eine eigenständige Analyse der Kostenentwicklung
für verschiedene Beschäftigungsgrade durchgeführt werden.
Kostenart
Variator
Beschäftigung
Fertigungslöhne
gesamte Plankosten
[€/Monat]
1600 Stck.
[80 %]
2000 Stck.
[100 %]
2200 Stck.
[110 %]
10
16000
20000
22000
Hilfslöhne
8
2100
2500
2700
Gehälter
1
5488
5600
5656
Lack
7
30960
36000
38520
Reinigungsmittel
9
410
500
545
Brennstoffe
10
2240
2800
3080
Werkzeuge
4
1150
1250
1300
Raumkosten
0
3500
3500
3500
Reparaturen
7
2752
3200
3424
64600
75350
80725
Summe
Abb. 4: Kostenartengenaue Anwendung der Variatoren
(3) Der Zusammenhang zwischen der Gesamtkostenkurve und dem Variator
Nicht nur der Steigungswinkel α der Gesamtkostenkurve, sondern auch der Variator V ermöglichen übereinstimmende Aussagen über die Veränderung der Gesamtkosten bei variierenden Beschäftigungsgraden. Während α konstant ist, ergibt sich für jede Planbeschäftigung
ein anderer Variatorwert, sofern die variablen Kosten nicht gleich Null sind.
Die nachfolgende Grafik veranschaulicht den Zusammenhang zwischen der Steigung der Gesamtkostenkurve und dem Variator.
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5
K
0,1 · Mp
V · Kp
Kvp
V=
Kvp
Kp
· 10
Kp
α
Kfp
Mp
M
Abb. 5: Gesamtkostenverlauf
neue Symbole
α
Steigung der Gesamtkostenkurve
p
Planbeschäftigung
M
M
Beschäftigung
K fp
fixe Plankosten
tan α ist allgemein definiert als Gegenkathete durch Ankathete. In diesem Fall stellen die variablen Kosten K pv die Gegenkathete und die Planbeschäftigung M p die Ankathete dar:
tan α =
K pv
Mp
Umgestellt nach K pv und eingesetzt in die Formel für den Variator ergibt sich der folgende
Zusammenhang zwischen dem Variator V und der Steigung α:
V=
K pv
Kp
⋅ 10 = 10 ⋅ tan α ⋅
Mp
K pv + K fp
(4) Verbrauchs- und Beschäftigungsabweichung
Die Verbrauchs- und Beschäftigungsabweichung lassen sich prinzipiell für jede einzelne Kostenart ermitteln. Zur Berechnung der kostenartengenauen Abweichungen sind jedoch detaillierte Informationen über die Istkostensituation jeder Kostenart erforderlich, sodass hier nur
eine undifferenzierte Berechnung der Abweichungen für die gesamte Kostenstelle möglich ist.
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Die Verbrauchsabweichung bezeichnet die Differenz zwischen Ist- und Sollkosten einer Kostenstelle. Sie stellt eine Maßgröße für unwirtschaftliches Verhalten dar. Durch den Einsatz des
Variators lassen sich die geplanten Sollkosten bei der Istbeschäftigung errechnen. Das Ergebnis ist mit den Istkosten bei Istbeschäftigung zu vergleichen. Da die Abweichung von der
Planbeschäftigung nur 5 % beträgt, ist hier nur der halbe Variatorwert anzusetzen.
⎛ V⎞
K s (M = 1900) = K p ⋅ ⎜ 1 − ⎟
2⎠
⎝
= 75350 ⋅ (1 − (0,5 ⋅ 0,0713378))
= 72662,50 [GE]
Symbol
Ks
Sollkosten der Kostenstelle Lackiererei bei Istbeschäftigung
Die Verbrauchsabweichung beträgt folglich:
VA = Ki − K s
= 74250 – 72662,50
= 1587,50 [€]
Symbole
VA
Verbrauchsabweichung
i
K
Istkosten der Kostenstelle Lackiererei bei Istbeschäftigung
Die Beschäftigungsabweichung bezeichnet die Differenz zwischen den Sollkosten und den
verrechneten Plankosten bei Istbeschäftigung. Sie stellt eine Maßgröße für die nicht verrechneten Fixkosten dar. In der ursprünglichen Planung wurde von einer Beschäftigung von 2000
Stück ausgegangen, d. h., die anfallenden Fixkosten sind gleichmäßig auf 2000 Mengeneinheiten des Standardprodukts verteilt worden. Bei einer Istbeschäftigung von 1900 Stück werden in der Lackiererei 5 % der Fixkosten nicht verrechnet. Daher beträgt die Beschäftigungsabweichung:
BA = K s − K pverr
= 72662,50 −
1900
⋅ 75350
2000
= 1080 [€]
Symbole
BA
Beschäftigungsabweichung
K pverr
verrechnete Plankosten

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