Eine perfekte Mischung

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Eine perfekte Mischung
KUNSTZEITUNG
18
September 2015
Eine perfekte Mischung
Grund
zur Freude
Walter M. Gehlen, ART.FAIR-Geschäftsführer,
über die 13. Ausgabe der Messe für moderne und aktuelle Kunst in Köln
KUNSTZEITUNG: Herr Gehlen, die
ART.FAIR hat immer auch mit ihren
originellen Locations gepunktet, so
dass der mehrmalige Standortwechsel
zum Vorteil wurde. Jetzt sind Sie in den
Deutzer Hallen angekommen – und
damit auf dem offiziellen Territorium
der Art Cologne. Ist dies die endgültige
Hinwendung zum Etablierten?
zu den klassischen Genres durchlässig
wird. Dabei ist sie ein überschaubares
Forum mit rund 30 Ausstellern – junge
Galerien und Off-Spaces. Mit dieser
Plattform wollen wir vor allem Nachwuchsarbeit leisten.
KUNSTZEITUNG: Nun können Sie am
23. September bereits die 13. Ausgabe
der ART.FAIR eröffnen. Im Rückblick:
Was hat sich seit dem Start verändert?
Walter M. Gehlen: Wir haben angefangen als Off-Show mit einem Drittel
von jetzt rund hundert Ausstellern.
Das ist eine enorme Entwicklung.
Damals gab es ein Preislimit von 5000
Euro. Dieses Limit haben wir zwar aufgehoben, aber die Möglichkeit, preisgünstig zu kaufen, bleibt. Im Laufe des
letzten Jahrzehnts konnten wir klar
beobachten, dass junge Galerien von
der Teilnahme etablierter Händler profitieren – und umgekehrt.
Walter M. Gehlen: Der Umzug war für
uns ein konsequenter Schritt in Hinblick
auf die Entwicklung der Messe. Nichtsdestotrotz bleiben ART.FAIR und Art
Cologne zwei Veranstaltungen mit zwei
unterschiedlichen KonKUNSTZEITUNG: Das
zepten. Die ART.FAIR
Bedürfnis nach Novitäten
wird weiterhin etablierte Der Mix macht ist im Kunstbetrieb ziemPositionen gemeinsam mit das Besondere lich groß. Was ist neu bei
der nächsten Ausgabe?
jungen Positionen präsentieren. Künstler, die Sie der ART.FAIR aus
auch in großen Museen
M. Gehlen: Wir
– und damit Walter
haben einen neuen
weltweit finden, hängen
hier neben Arbeiten
ihren Erfolg. Schwerpunkt bei unserem
von jungen Absolventen.
Programm „15 Minutes
of Fame“ gesetzt, das
Dieser Mix macht das
Besondere der ART.FAIR aus – und im letzten Jahr Premiere hatte. Dabei
damit ihren Erfolg. Auch in den Hallen initiieren wir, ausgerüstet mit Boxen
der Koelnmesse lockt dieses Programm und Mikro, kurze Vorträge und Interzwei Zielgruppen an: die bereits aktiven views mit Galeristen und Künstlern an
Sammler, die ihre Kollektion erweitern einzelnen Ständen. Um solche – sonst
wollen, und die Novizen, die vielleicht mäßig besuchten – „Lectures“ attraktiv
auf der ART.FAIR zum ersten Mal zu machen, dauern sie nur eine ViertelKunst kaufen. Eine perfekte Mischung. stunde. Diesmal werden die Live-Präsentationen vorwiegend von Kuratoren
KUNSTZEITUNG: Es gibt offenbar und Museumsleuten bestritten, denen
keine Berührungsängste mit Kitsch, wir Gelegenheit geben, im direkten
Trash und Fantasy.
Gespräch über ihre laufenden Ausstellungen zu informieren.
Walter M. Gehlen: Mit der BLOOOM
haben wir uns vor sechs Jahren eine KUNSTZEITUNG: Ist der schwindende
neue frische Sparte überlegt, die auch Zuspruch von Sponsoren ein Problem?
die Atmosphäre der Messe bestimmt In der Kultur springen sie immer öfter ab.
und mit der wir Hemmschwellen
abbauen möchten. Weil die ART.FAIR Walter M. Gehlen: Obwohl dem so ist,
sich sehr schnell etabliert hatte, wollten haben wir die Erfahrung gemacht, dass
wir wieder experimenteller werden und das Thema Kunst für Unternehmen
Street Art, High Brow, Low Brow, Toys, interessant ist, sei es im Hinblick auf
usw. zeigen. Die BLOOOM beleuchtet Kaufkraft oder Image. Da bieten wir
Randbereiche, bei denen die Grenze ein gutes Publikum. Aber auch hier
2. September - 24. Oktober 2015
Jiyun Cheon
Tibor Pogonyi
Neue Gemälde der MeisterschülerInnen und
AbsolventInnen der Akademie der Bildenden
Künste München, Klasse Prof. Anke Doberauer
gilt: Die Partner müssen glaubwürdig
zusammenpassen. Die Sponsoren, die
sich auf der ART.FAIR präsentieren,
schätzen das exklusive Umfeld und
den direkten Kontakt zu potenziellen
Kunden. Für manche Firmen geht es
aber nicht nur um Markenkommunikation. Für Warsteiner beispielsweise
gehört Künstlerförderung zur Familientradition. Der von der Brauerei seit
sechs Jahren ausgeschriebene BLOOOM
Award zählt inzwischen zu den erfolgreichsten offenen internationalen Künstlerwettbewerben. Meine Aufgabe dabei
ist es, die Gewinner teilweise bis zu
einem Jahr bei ihrer Karriere als Coach
beziehungsweise Mentor zu begleiten.
Wenn es dabei gelingt, eine Galerienrepräsentanz zu vermitteln, ist das sehr
erfüllend.
Hier haben sich schon tolle Erfolge
ergeben. Johanna Flammer, die den
Preis 2012 gewonnen hat, wird nun
schon zum zweiten Mal bei der Galerie
Michael Schultz ausgestellt. Gleichzeitig
verstehen wir uns auch als eine Art
Startbahn für junge Galerien. Sie haben
teilweise ihre ersten Messe-Auftritte
bei der BLOOOM. Und es freut uns
unheimlich, diese Galerien zu begleiten
und später dann auf der ART.FAIR und
anderen Messen „wiederzutreffen“.
KUNSTZEITUNG: Was läuft Ihrer
Meinung nach im Kunstbetrieb schief?
Walter M. Gehlen: Auf jeden Fall! Die
zehn Finalisten für den BLOOOM
Award von Warsteiner werden auf einer
Sonderausstellung bei uns präsentiert.
Walter M. Gehlen: Ein großes Reizthema
ist die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes für Galeristen, denn dadurch
werden Galeristen zu bloßen Vermittlern von Verkäufen degradiert. In
dem Luxusbetrieb Kunstmarkt tragen
aber gerade die Galeristen das größte
Risiko, und sie gehen das mit enormer
Leidenschaft für die Kunst ein. Wenn
das Gesetz so bleibt, werden letztlich Chancen junger Künstler stark
beschnitten. Das kann kein Politiker
wirklich wollen.
Walter M. Gehlen (links) und Andreas E. Lohaus
Foto: Boris Breuer
KUNSTZEITUNG: Die ART.FAIR
als Künstlerkarrieren beförderndes
Instrument?
Lotte Reimers
Keine Scheu vor dem großen Auftritt.
Auf der Art Basel positionierte sich Löhrl
mit einer One-Man-Show von Gregor
Schneider. Auf dem „Unlimited“-Sektor
präsentierte die Möchengladbacher
Galerie obendrein die „Liebesschaukel“
des Künstlers. Die begehbare Installation wurde schnell zum Publikumsliebling. Derart feiert die Galerie Löhrl
derzeit ihr Jubiläum: 250 Ausstellungen
in 43 Jahren (bis 24.10.). Löhrl schafft
das mit einem Eigengewächs. Schneider
stammt aus Mönchengladbach. Seine
erste Einzelausstellung erhielt er bei
Löhrl auf der Kaiserstraße. Die Treue zu
ihren Künstlern ist ein Markenzeichen
der Galerie – und diese zahlt sich aus.
Angefangen hat es 1972, damals in
Willich-Schiefbahn, auch mit einem
Mönchengladbacher. Ulrich Rückriem
widmete Dietmar Löhrl seine erste
Ausstellung. Löhrl sen., damals als
Kontakter bei der Düsseldorfer WerbeAgentur team-BBDO tätig, sammelte
Kunst und eröffnete „ganz nebenbei“
seine Galerie. Als sich die Stadt aufschwang, das Museum Abteiberg zu
bauen, zog es auch Löhrl 1980 dorthin.
Johannes Cladders, der ingeniöse Museumsdirektor, war da längst ein Vertrauter der Galerie. Im Galeriehaus
wohnten Christa und Dietmar Löhrl
zusammen mit ihren vier Kindern.
Otto Piene, Gerhard Richter und
Thomas Virnich gehören zum Stamm
der Galerie. 2004 übernahm „fließend“
Sohn Christian die Geschäfte.
Heute steht die Galerie auf drei
Säulen: die Galerie für etablierte Kunst,
eine „Impulse Galerie“ für junge Positionen und der Sekundärmarkt. Betriebswirt Löhrl jun. weiß, dass der Handel mit
hochpreisiger Kunst aus dem Sekundärmarkt die beiden Geschäftszweige und
die vielen Messeteilnahmen mitfinanziert. Doch liegt sein Augenmerk auch
auf junger Kunst. Zwei Maler konnte er
erst jüngst für die Galerie entdecken:
Roman Kochanski und Julia Rothmund.
Löhrls Neugier bei den Rundgängen ist
ungestillt: „Erst wenn ich ‚Bohaa‘ sage,
das habe ich noch nicht gesehen, schaue
ich mir den Künstler näher an.“ Alle
alten und jungen Künstler der Galerie
werden in den 15 Galerieräumen zur
Jubiläumsausstellung versammelt. Und
man freut sich schon auf das nächste
Galeriejubiläum, 50 Jahre Galerie Löhrl
in sieben Jahren.
Carl Friedrich Schröer
DAS NEUE KUNSTEREIGNIS IM DIGITALEN ZEITALTER
Werkschau 2015 mit neuen Keramiken
05. bis 27. September 2015 täglich von 14 – 18 Uhr
im Obergeschoss der Stadtmauergasse 17 in Deidesheim
Erik Seidel
Skulpturen, Bronze- und Eisenguß
Infosphäre
28. Oktober - 12. Dezember 2015
4.9.2015 –
31.1.2016
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Agnieszka
Kaszubowska
'ĞŵćůĚĞĚĞƌďƐŽůǀĞŶƟŶŶĞŶƵŶĚMeisterschülerinnen der Akademie der Bildenden Künste
München, Klasse Prof. Anke Doberauer
Weise Galerie und Kunsthandel
Innere Klosterstraße 1 09111 Chemnitz
Tel.: 0371 694444
galerie-weise.de facebook.com/Galerie.Weise
Lotte Reimers
Archiv . Atelier . Ausstellung
Stadtmauergasse 17, 67146 Deidesheim / Deutsche Weinstraße
Telefon: 06326 1222, Internet: www.lottereimers.de
Gefördert durch die
www.dieglobale.de
#zkmglobale
Medienpartner
Emma Charles, „Fragments on Machines“, 2013, Einkanal HD-Video, Filmstill, © Emma Charles
KUNSTZEITUNG-Redakteurin Marion
Leske traf den Messemacher Walter
M. Gehlen, der 2003 gemeinsam mit
Andreas E. Lohaus die Kölner ART.FAIR
gründete und bis heute im Doppelpack
führt. Vom 24. bis 27. September lockt die
13. Ausgabe, die seit 2014 in den Hallen
der Koelnmesse stattfindet, zum Saisonauftakt an den Rhein.
Die Galerie Löhrl feiert
250 Ausstellungen