Unerwünschte Wahrheiten

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Unerwünschte Wahrheiten
Der Autor
Vita / persönliche Daten
Hans Brakhage Geb.am : 21.02.1950 Staatsangehörigkeit : Österreich
Beruf : People-Fotograf
Fotograf mit Ausbildung und Studium in Essen-Folkwang
Essen Folkwang und Bremen
Mehrere Jahre in der Werbung und Theaterfotografie tätig
Verschiedene
chiedene Ausstellungen und Fotoprojekte / Buchveröffentlichungen
aus gesundheitlichen Gründen (Narkolepsie) seit 1989 im Frührentnerstatus
Autor seit 1968 - Mitglied im Westdeutschen Autorenverband Düsseldorf
Gründer des Düsseldorfer Arbeitskreises für „Gebrauchsliteratur“ von 1982 – 1989
Co-Autor und Co-Herausgeber
Herausgeber der „Tympan“ Literatur-Zeitschrift
Literatur
Inititiator des Düsseldorfer Arbeitskreises „Schreiben als Selbsterfahrung – Selbsterfahrung durch Schreiben“
1983 – 1985
Literatur- und Schreibprojekt mit Psychiatrie-Patienten
Psychiatrie
1986 – 1987
Autor und Herausgeber kleiner Veröffentlichungen im Autorenverlag „10 Mark-Schein
Mark Schein-Produktion“
“Gedichte aus dem Käfig“ 1.+2. Band
„Gedichte aus Blut und Seide“ Grafik – Fotokunst – Lyrik – Short Storys / Anthologie
hologie
„Das ist es“ erotische Lyrik und Prosa / Anthologie
„Mit spitzer Feder“ satirisch politische Gedichte und Short-Storys
Short
/ Anthologie
„Ich fühle mich schuldig – wer noch?“ Gedichte und Fotos
„Hoffnungen“ Gedichte und Fotos
„Hiergeblieben“ politische Gedichte / Anthologie
„Sie können sich anschließend beschweren“ Satire – Short-Storys – Grafik – Fotos
„Mann aus Eisen“ u.a.
zahlreiche Anthologie-Veröffentlichungen
Veröffentlichungen in versch. Verlagen – siehe Homepage
seit Nov. 2009 aufgenommen in die Sammlung der schönsten deutschen Liebesgedichte vom 16. Jahrhundert
bis zur Gegenwart http://www.deutsche-liebeslyrik.de/
http://www.deutsche
Autor der unveröffentlichten Roman-Trilogie
Roman
„Die Geschichte von Katharina
ina & Paul“
Wohnort : Bülowstr.24 40476Düsseldorf / NRW T.: 0211-444357
0211
Persönl. Homepage: www.brakhage.info
neuestes Romanprojekt: „Dunkle Tage der Kindheit“ weitgehend autobiografische Tatsachenerzählung über
die Heimkinder der 50er Jahre in bundesdeutschen
Waisen- und Kinderheimen.
ledig - keine Kinder – 188 cm groß – Übergewicht – klischeehaft typischer Fische--Mann – Bauchentscheider –
Tagträumer mit Bodenhaftung – unbelehrbarer Idealist - unbequemer und unangepasster Querdenker – kein
Intellektueller
Copyright © und alle weiterführenden Rechte liegen beim Verlag
10-Mark-Schein-Produktion“
Produktion“ KunstKunst und Kultur-Verlag der Produzenten
Hans Brakhage - Bülowstr.24 - 40476 Düsseldorf
Web-Adresse: http://www.brakhage.info e-mail [email protected]
Ausdruck, Nachdruck oder Vervielfältigung ist nur mit ausdrücklicher und schriftlicher Genehmigung
Genehmigu des
Verlags gestattet.
Inhaltsverzeichnis
Mord im Zipfelland
Seite
5 - 38
Menschenfreunde
Seite 39 - 48
Jenny
Seite 50 - 63
Prost Neujahr
Seite 64 - 69
Eine prima Sache
Seite 70 - 80
Das mit den Tattoos und so
Seite 81 - 87
Abgesang an eine ehemalige Geliebte
Seite 88 - 92
Das wirkliche „Big Business“
Seite 93 - 100
Intelligentes Leben
Seite 101 - 109
Zeit
Seite 112 - 116
Street Fighting Man
Seite 117 - 120
Gammelfleisch
Seite 121 - 132
Familienspiele
Seite 133 - 142
Mord im Zipfelland
Der Oberzipfel, so lautet der offizielle Titel des jeweils regionalen Gartenzwergeführers.
Zusammen mit vielen anderen regionalen Oberzipfeln überwachen sie die seit Ewigkeiten
gewachsenen Regeln aller Gartenzwerge und bilden gemeinsam den Großen Oberzipfel
Rat – die einzig wahrhaft erhabene Gesellschaft.
Ein zünftiger Gartenzwerg muss sich zwingend und unbedingt an diese Regeln halten und
wird sie niemals in Frage stellen. Er hat schwarze Stulpenstiefel, dunkelblaue oder braune
Pluderhosen zu tragen, gehalten von einem breiten Gürtel. Dazu ein rotes Wams, einen
zotteligen weißen Bart – und als Wichtigstes: eine spitze, rote Zipfelmütze, im oberen Teil
leicht eingeknickt. Manche tragen zusätzlich eine grüne Schürze oder eine braune Umhängetasche, aber das ist ohne weitere Bedeutung.
„Hier hat alles seine genaue Ordnung“, pflegt der Oberzipfel immer wieder seinen Untergebenen vorzuhalten. „Jeder von uns – ohne Ausnahme – steht auf seinem festen Standplatz. Es ist das Allerwichtigste, immer ganz genau zu wissen, wo man in einer Gemeinschaft seinen Platz hat! Dagegen zu verstoßen, nur schon an eine Abweichung zu denken,
ist Verrat, eine Schandtat gegen jeden wahren Zipfel, - so steht es schon seit Ewigkeiten in
den überlieferten Statuten."
Die Rangordnung der Gartenzwerge bestimmt sich mehr oder weniger nach ihrer zufälligen
Position im Garten. Der Oberzipfel steht immer auf der höchsten Erhebung im Garten, ist
sozusagen gottgegeben erwählt – in der Form eines lächerlich unbedeuteten Menschen,
der ihn dort hingestellt hat, ohne zu ahnen, dass ihn dabei die Hand des Schicksals leitete.
Dem Oberzipfel haben alle – ohne Ausnahme – zu gehorchen.
„Ich habe den besten Überblick“, verkündet er stolz, nachdem er seinen Platz eingenommen hat und somit in den großen Rat der Oberzipfel aufgestiegen ist, „ich kann alles sehen,
vom Stiefmütterchenbeet bis zur Mülltonne am Gartenzaun, vom Geräteschuppen bis zu
den Johannisbeersträuchern und dem Beet der Küchenkräuter. Die Welt hinter dem Zaun
geht uns nichts an, so wenig, wie jene im Haus der Menschen.“
Sollte sich hinter dem Zaun ein weiterer Garten mit einer Zipfelkolonie erstrecken, so
unterliegt diese den gleichen Regeln, ohne direkte Kontakte zum Nachbargarten zu unterhalten. Man beachtet sie vom eigenen Terrain nicht weiter, respektiert mit höflicher Ignoranz
das angrenzende Zipfelland.
Echte, traditionstreue Gartenzwerge geben sich immer fleißig, verachten jeglichen Müßiggang. Sogar jene, die für das menschliche Auge scheinbar nur herumsitzen und ihre Pfeife
schmauchen, behaupten mit tiefer Überzeugung, sie täten dies nur zum Wohle der Gemein-
schaft. Sie müssen das wissen, denn es gibt nicht wenige dieser Art, die sogar eine Zeitung
in den Händen halten. Deshalb gelten sie unter den anderen Zipfeln als besonders gebildet,
- meistens ist es allerdings nur einer unter ihnen.
Gartenzwerge sind immer miteinander verwandt, ohne dass es dabei zu Inzucht kommt,
denn Gartenzwergvermehrung ist ein bestens gehütetes Geheimnis, in dem weibliche Zipfel
nicht vorkommen. Es wird allerdings so gut wie nie darüber gesprochen, wie sie sich vermehren, ein echtes Tabuthema.
Im vertrauten Kreis, mit sicherer Verschwiegenheit, roten Wangen und verlegen niedergeschlagenen Augen gibt der Oberzipfel schon mal leise flüsternd zu: "Manchmal träume ich
... von einer schönen ... mandeläugigen Frau, mit rotem Zipfel ... mit weichem Gemüt ... und
warmer Haut, die mir jeden Wunsch von den Lippen abliest."
Doch dann verstummt er schnell, denn die anderen Gartenzwerge stehen mit ausgebeulten
Pluderhosen um ihn herum und wagen nicht, irgendetwas dazu zu sagen, ob sie womöglich
ähnliche geheime Wünsche pflegen.
Die Welt der Zipfel ist eine heile Welt, die nichts mit jener problembeladenen der Menschen
gemein hat. Dort herrscht Zufriedenheit und Idylle, schlimmstenfalls mal von Felix gestört.
Felix lebt im Nachbargarten, wo das geübte Auge ohne jede Anstrengung schon auf den
ersten Blick erkennen kann, welch zweifelhafter Geist dort sein Unwesen treibt und jeglichen Sinn für Ordnung und gerade Linien vermissen lässt. Der Rasen ist ungepflegt, krumm
und schief geschnitten, großfleckig verwelkt und angebräunt, von Unkraut überwuchert. Die
Beete sind ohne Sinn und Verstand angeordnet, teilweise völlig heruntergekommen, mit
krummen Einbettungen und unbeschnitten auswuchernden Sträuchern mittendrin.
Kein Gartenzwerg kann da Methode und Sinn erkennen.
Felix ist ein weißer Pudel, modisch getrimmt, mit Lockenrosetten an Schwanz und Beinen,
mit Lockenkorsett rund um den Vorderleib und einem Krönchen weißer Locken auf dem
geistlosen Spitzschädel. Felix sieht feminin und elegant aus, bewegt sich trippelnd wie ein
affektiertes Laufstegmodel, ist aber eindeutig ein Rüde, wahrscheinlich eine echte weiße
Tunte.
Dieser fette, menschliche Besitzer des Nachbargartens hat ihn in diesen Frühlingstagen
seiner Frau gekauft, - auch so eine Pummelige, mit Doppelkinn und Damenbart auf der
Oberlippe. So kann er seine Aufmerksamkeit anderen Interessen zuwenden, ohne dass
sich seine nörgelnde Ehehälfte sogleich vernachlässigt fühlt. Dass er dabei eine ganz
bestimmte Weibliche im Sinn hat, wird sie nie erfahren.
Allerdings ahnt er dabei auch nicht, was er mit der Anschaffung von Felix anrichtet, - oder
es interessiert ihn schlicht nicht, was noch viel schlimmer ist.
Denn ab und zu darf Felix leinenlos frei im Garten stromern, während seine Besitzerin
Sahnetorte schmausend auf der Terrasse sitzt und dazu heißen Kaffee schlürft. Die kurze
Winterepisode ist vorbei, es herrschen seit mehr als vier Wochen milde Frühlingstage, alles
blüht neu und gedeiht.
Felix steht der ganze ungepflegte Garten zur Verfügung, doch der scheint ihm nicht fein
genug um seine Duftmarken zu setzen. Schließlich ist er edel getrimmt und somit zu
Höherem geboren, glaubt er zumindest. Nach einer ersten, kurzen Stippvisite zwischen
krummen Beeten erkennt er sofort seinen Vorteil im nachbarlichen Terrain der roten Zipfel.
Den niedrigen Maschendrahtzaun kann er spielend leicht mit einem Satz überwinden um
sich dann Erleichterung und Vergnügen zu verschaffen.
Zwar buddelt er keine Löcher, wie ein räudiger Dackel, wälzt sich auch nicht im Gras, frisst
keine Blumen ab, steckt aber seine Nase überall dort hin, wo sie nichts zu suchen hat.
Zumindest sehen das die vereinten Zipfel so, - denn sie müssen durch Felix leiden.
Er scheint Gartenzwerge nicht zu mögen, hasst sie vielleicht sogar.
Schon am ersten Tag seiner Ankunft im Garten trippelte er mit seinem Lockenschwanz
wackelnd überall herum, schnupperte hier und da, baute sich schließlich vor den Oberzipfel
auf dem kleinen Hügel auf und roch misstrauisch an ihm. Dann hob er planvoll sein rechtes
Bein.
"Pfui", schrie der oberste Gartenzwerg erschrocken, als ihn auch schon der warme, gelbe
Strahl traf, "wie kann der nur ... und dass ohne festen Standplatz im Leben."
Der tuntige Pudel wählt inzwischen bei jedem Aufenthalt im Nachbarsgarten einen anderen
Zipfel, den er anpinkeln kann. Denen ist sein Verhalten mehr als nur unangenehm, sie fühlen sich entehrt und missbraucht.
"Wir müssen uns wehren", beschwört der Oberzipfel seine Untergebenen schon nach
wenigen Tagen mit vor Zorn bebender rotglühender Zipfelmütze.
Doch was sollen sie tun, die obersten Regeln verbieten jeden direkten Kontakt mit der
Menschenwelt, und dieser Tunten-Felix gehört zweifellos dazu.
Das ist schon ganz schön schlimm, Tag für Tag, Woche für Woche, ohne dass einer dieser
nutzlosen Menschen mal auf die Idee kommt, dem Treiben Einhalt zu gebieten.
An einem Tag scheint sich ein Hoffnungsschimmer abzuzeichnen, als der Besitzer der
Zwergenkolonie die Pudel-Tunte beim Anpinkeln seiner hochgeschätzten Rotzipfel ertappt
und ihn fluchend zum Teufel jagt. Doch Felix kommt immer wieder, findet sichtlich Gefallen
an seinem unschönen Treiben und erregt so den Zorn des Menschen, dem dieser Garten
gehört. Er verpasst dem Lockenrüden an einem Sonntagmittag einen derart kräftigen Tritt,
dass er jaulend zwei Meter weit durch die Luft fliegt. Dann schreit er die aufgebracht
herbeiwatschelnde Nachbarin an, dass sie ihre Töle – welch ein schöner Ausdruck für den
tuntigen Felix, freuen sich die Rotmützen – dass sie ihn gefälligst auf ihrem Grundstück
behalten soll.
Von dem Tag an scheint das unerhörte Vieh begriffen zu haben, dass seine Pinkelei mehr
als nur unerwünscht ist. Er zieht es vor sich nur noch dann in den Nachbargarten zu
begeben, wenn ganz sicher kein Mensch weit und breit zu sehen ist. Dann springt er schnell
über den niedrigen Zaun, pinkelt einen der roten Zipfel an oder scheißt deftig mitten ins
Rosenbeet.
Der Besitzer des Zwergenterritoriums beschwert sich lautstark bei seinem Nachbarn, doch
das zeigt keinen Erfolg. Seine Erwiderung auf die Beschwerde lautet lapidar, dass das nun
mal in der Natur eines Hundes liege, er dagegen nichts tun könne und auch nicht wolle.
Damit müsse man als Mensch nun mal leben.
Damit will sich der kontrahente Gartenbesitzer keineswegs abfinden, - und lauert fortan der
weißen Rüdentunte mit einer Zwille und dicken Drahtkrampen auf, die sind vom Zaunbau
übrig geblieben. Die schießt er gut gezielt auf den lockenfreien Körper von Felix ab, damit
es richtig beißend wehtut und das Pinkelvieh laut aufjaulend zurück in den Nachbargarten
flüchtet.
Das führt prompt zum ersten lautstarken Streit zwischen den Menschen, denn dem Pudelbesitzer ist nicht entgangen, was sein roher Nachbar seinem Felix antut.
Doch wenn die Zipfel glauben nun gerettet zu sein, so sehen sie sich schwer getäuscht,
denn nun kommt der weiße Pinkler zwar noch vorsichtiger und heimlich in den Garten,
scheißt aber nach wie vor überall seine kleinen Haufen hin, selbst direkt neben einem
fleißig umgrabenden Gartenzwerg mit Spaten und grüner Schürze.
Die Zipfel sind sich längst sicher, dass sie ein übles Schicksal getroffen hat, dass es kaum
noch schlimmer kommen kann.
Doch da irren sie, denn es kommt schlimmer, - sogar viel schlimmer.
Ausgangspunkt ist ein weiteres lautstarkes Streitgespräch zwischen dem Menschen aus
dem Zwergenterrain und dem Halter des tuntigen Felix. Was da genau gebrüllt wird, tangiert
die Zipfel nicht sonderlich, - denn diese Welt ist schließlich für sie irrelevant. Es interessiert
sie nicht, dass sich da zwei Menschen gegenseitig schubsen, Prügel androhen, sich als
Spießer und umgekehrt als verwahrlosten Penner beschimpfen. Sicher ist allerdings, dass
es im Nachbargarten bis zu jenem verfluchten Tag, als der dazugehörende Mensch ihrem
Gartenbesitzer beinahe eine Ohrfeige verpasst, keine eigene Zipfelkolonie gegeben hat. Er
schlägt ihn zum Glück nicht, aber allein die Ausholbewegung spricht eine mehr als deutliche
Sprache.
Zwar würdigt der hiesige Oberzipfel die Welt hinter dem Gartenzaun keines Blickes, aber
artverwandte Rotmützen wären ihm zweifellos nicht entgangen.
Es dauert genau drei Tage, dann nimmt das Unheil seinen Lauf.
Im Nachbargarten taucht der erste Gartenzwerg auf, - der eindeutig keiner ist, kein Zipfel
nach der bewährten Tradition, nicht fleißig und nicht im Rahmen der Statuten.
Seine Zipfelmütze ist grün, - und er trägt kein rotes Wams, sondern ein weißes Hemd mit
hoch gekrempelten Ärmeln. Zwar stecken seine Füße in schwarzen Stulpenstiefeln, aber
seine Hose ist blau-rot-weiß-grün kariert, ohne breiten Ledergürtel.
Eine entsetzliche Geschmacklosigkeit.
Aber das ist bei weitem nicht alles, denn er trägt diese Hose nicht wie die echten, traditionsgemäßen Zipfel, sondern hat sie halb heruntergezogen, sodass man seinen blanken,
nackten Breitarsch sieht, - wobei er hämisch grinsend über die Schulter blickt.
Er präsentiert seinen rosa lackierten Arsch in gebückter Haltung genau in Richtung des
Nachbargartens, also in Sichtweite jener Kolonie der traditionsverpflichteten Zipfel mit den
roten, eingeknickten Mützen, wo der uns jetzt bereits hinlänglich bekannte Oberzipfel das
Regiment führt.
Eine Ungeheuerlichkeit, eine untragbare Beleidigung, - eine grüne Zipfelmütze.
Ein Verstoß gegen die Grundprinzipien aller Zipfel, - und das mit hingestrecktem blankem
Hintern.
Der Oberzipfel vermag den widerlichen Anblick kaum zu ertragen.
Eine grüne Zipfelmütze – das grenzt wirklich an persönliche Beleidigung.
Das scheint zum Glück ihr zugehöriger Mensch ebenso zu sehen, - versteht den hingestreckten Arsch als dreisten Affront.
Schon wenige Stunden nach dem ersten Auftauchen dieser Frevelgestalt mit grüner Mütze
stehen sich er und der Mensch aus dem Nachbargarten in drohender Haltung erneut
gegenüber – und brüllen sich derart an, dass alle Fenster in den Häusern ringsum aufgerissen werden. Neugierige Nachbarn wollen sehen, was dieser lautstarke Streit zu bedeuten
hat.
So etwas hat es in diesem ansonsten gut bürgerlich freundlichen Stadtteil noch nie gegeben.
Zu verstehen ist kaum etwas, denn beide Kontrahenten schreien mit überschlagender Stimme und schwitzend vor Anstrengung, mit hochroten Köpfen, zeigen sich wechselseitig einen
Vogel und die geballten Fäuste, nennen abwechselnd ihr Gegenüber einen Idioten oder ein
Arschloch, einen Penner und Armleuchter, Spießer und Hurenbock.
Worüber sie streiten, bleibt den Nachbarn verborgen, denn wer kann schon aus dieser Entfernung im Garten einen Zwerg erkennen, selbst wenn er eine schändlich grüne Mütze
trägt.
Sie prügeln sich auch dieses Mal nicht, sind aber nah dran, bis endlich die jeweiligen Ehefrauen einschreiten, ihre Ehemänner ins Haus bugsieren, allerdings nicht ohne die jeweils
andere Frau als blöde Schnepfe und aufgetakelte Tussi zu beschimpfen.
Der sogenannte Gartenzwerg mit dem grünen Zipfel und dem nackten Arsch behauptet
seine Position, bleibt unbeeindruckt am Ort seiner Aufstellung, sehr zum Ärger des rot
bemützten traditionellen Oberzipfels.
Es hätte trotz alledem irgendwie friedlich weitergehen können, - doch es eskaliert jetzt,
denn wie die traditionsbewussten Zipfel aus langjähriger Erfahrung mit Menschen längst
wissen, neigen diese zu Sturheit und unangemessen beleidigender
Provokation ihren
Nachbarn gegenüber, wenn sie den erst mal auf dem Kieker haben. Das schaukelt sich
dann immer höher und endet meistens mit blutiger Nase oder noch Schlimmerem.
Schon einen Tag später taucht im nachbarlichen Garten ein weiterer sogenannter Gartenzwerg auf und nicht nur einer, sondern gleich eine ganze Gruppe.
Alle mit grünen Zipfelmützen.
Der Oberzipfel muss sich fast übergeben.
Was sind denn das für Typen?
Wo kommen die denn her?
Made in Polen oder so etwas ...
Alle provokativ, die einen mehr, die anderen weniger.
Und alle in grün, zumindest was die Mütze betrifft.
Ekelig – abstoßend – widerwärtig.
Was soll das für eine Art und Sitte sein, statt eine Laterne oder Schaufel zu tragen, eine
Schubkarre oder Rasenmäher vor sich her zu schieben oder Blumen in einen schönen
braunen Weidenkorb zu pflücken, stehen da drei sogenannte Zwerge in einer Gruppe
zusammen und rauchen Zigaretten, einer schräger als der andere, einer sogar offensichtlich
betrunken.
Und das mit grünen Zipfelmützen.
Wo bleiben da Sitte und Moral und Tradition?
Die lächeln nicht mal selig idyllisch, sondern zeigen griesgrämige Minen und brutal entgleiste Gesichter, als kämen sie gerade von einer ausgedehnten nächtlichen Sauforgie.
Ein paar Meter weiter blühen in einem krumm und schief angelegten Beet herrlich rotgelbe
Tulpen. Direkt daneben liegt in bequemer Seitenlange, breit lachend ein weiterer Vertreter
der respektlosen Gartenzwerge, mit einem Bierkrug in der Hand und grüner Zipfelmütze auf
dem Kopf.
Der lässt sich volllaufen, statt der fleißigen Ehre der Gartenzwerge zu dienen.
Und was ist das?
Unmittelbar neben dem bereits bekannten Nacktarsch steht einer in schwarzer Lederjacke
und blauer Hose, die arbeitsscheuen Hände tief in den Taschen vergraben, schwarze
Sonnenbrille auf der Nase, breit und cool grinsend.
Beide mit grünen Mützen.
Es gibt noch mehr an Grauen zu entdecken.
Auf einem runden Stein hockt ein nacktbeiniger, dicker Gartenwerg im blauweiß quer
gestreiften Strandanzug – mit roter Zipfelmütze.
Der Oberzipfel ist der Verzweiflung nahe.
Ein Verräter, ein Opportunist, ein Dissident, der sich nicht an die Traditionen hält und
gemeinsame Sache mit Grünmützenträgern macht.
Das geht entschieden zu weit.
Das schreit nach Bestrafung ...
... und noch viel mehr eine provokante Zwergengestalt genau diesem Unhold mit der
Strandkleidung gegenüber, mit schwarzen Stulpenstiefeln, blauer Hose, grüner Jacke, blonden Locken, aber ohne weißen Bart und dafür mit dicken Titten unter der grünen Jacke, die
vor Üppigkeit fast herausquellen.
Ein weiblicher Zwerg – mit roter Zipfelmütze.
Wie soll er da in seiner Kolonie die Moral aufrecht erhalten?
Wo kriegt man sowas her?
Die müssen aus Polen – oder sogar aus China sein!
Der Oberzipfel muss seine Leute streng ermahnen nicht so offensichtlich dort hinüber zu
glotzen, obwohl es da wirklich eine Menge zu sehen gibt.
Wer schickt in die Welt der unnützen Menschen einen Gartenzwerg mit blauen Boxershorts,
Sonnenbrille und nacktem Leib auf einer Luftmatratze liegend und faul ein Buch lesend?
Wozu soll der nütze sein, selbst wenn er noch so traditionell einen roten Zipfel trägt?
Genauso wie jener unmittelbar am Gartenzaun, in vorgetäuschter Tradition mit passender
Bekleidung, aber nacktarschig und kackend auf einem Nachttopf.
Das ist doch eine schamlose Beleidigung eines jeden Zipfels.
Da fällt ein paar Tage später der rotmützige Zwerg mit dem verquollenen Säufergesicht und
dem hochgerichteten Stinkefinger in Richtung Nachbargarten nicht mehr sonderlich ins
Gewicht.
Und da, - da ist noch ein Zwergenpaar, noch ein weiblicher Zwerg, ohne weißen Bart.
Oh Gott, oh Gott – beide in Badekleidung und mit roten Zipfelmützen.
Das ist eine vorsätzliche Provokation.
Der Oberzipfel bebt vor Zorn und muss sich angestrengt mäßigen, um nicht auf der Stelle in
tausend Stücke zu zerplatzen.
So etwas zerstört jede Idylle, jede Tradition und jede Moral in der Gartenzwergewelt.
Ihr angestammter Mensch aus dem Haus reagiert ebenfalls mit Zorn, als er diese Wichtel
erblickt. Es folgt das bereits vertraute wechselseitige Anbrüllen des jeweilig anderen Gartenbesitzers, das Drohen mit Fäusten und krakeelendes Beschimpfen.
Wieder hängen viele Nachbarn im Fenster und sehen dem Spektakel zu.
Doch es hilft alles nichts, da haben zwei Menschen einen Streitpunkt gefunden und geben
nicht einen Millimeter nach.
„Penner ...!“
„...dämlicher Wixer ...!“
Beeindruckend, welche Fantasie Menschen im Streit entwickeln, so vulgär, niederträchtig
und schamlos, dass es hier nicht wiedergegeben werden kann. Der Oberwichtel möchte
schon nur beim Zuhören vor Scham am liebsten im Erdboden versinken.
Selbst die Ehefrauen gehen jetzt verbal mit kreischenden Stimmen aufeinander los und wie
nicht anders zu erwarten, rücken schon bald die professionellen Streitschlichter in Uniformen und mit Blaulicht an und versuchen die Kontrahenten zu trennen.
Das ist leichter gesagt als getan, denn das Eintreffen dieser weiteren Menschen, und nicht
zuletzt die grinsenden Gaffer am Rande der Szenerie, stacheln die schnaubende Wut der
beiden Streithähne noch weiter an.
Doch die Streitschlichter kriegen die Lage mehr oder weniger in den Griff, hören einen nach
dem anderen an, machen dann eine Besichtigung der Corpus Delikti und können nichts
erkennen, was hier Sitte und Moral der Öffentlichkeit gefährdet, worin hier eine persönliche
Beleidigung zu erkennen sein soll.
Das sind doch nur Gartenzwerge, meinen sie, nicht ganz üblich, aber auch nicht verboten
oder strafbar.
„Die haben doch keine Ahnung!“ möchte der Oberzipfel am liebsten laut dazwischen schreien und muss doch mucksmäuschenstill bleiben.
Die beiden Kontrahenten inclusive ihrer Ehefrauen werden verwarnt und ermahnt sich in ihr
jeweiliges Zuhause zu begeben und jetzt endlich wieder Ruhe einkehren zu lassen.
Sie geben zähneknirschend und halblaut fluchend nach.
Gerechtigkeit ist das nicht, darin sind sie sich mit dem Oberzipfel zweifelsfrei einig.
Am nächsten Morgen ist der kackende Gartenzwerg mit Nachttopf und rotem Zipfel wieder
verschwunden. Erst drei Tage später findet ihn der wütende Besitzer mit abgeschlagenem
Kopf verbuddelt unter dem grünen Rasen des eigenen Gartens.
Das nennen die anderen Gartenzwerge mit den roten Mützen Gerechtigkeit, - zumal ihr
Feind nicht herauszufinden vermag, wie sein Gegenspieler es geschafft hat dieses Verbrechen zu begehen.
Der Garten ist zwar nicht wie eine Festung gesichert, aber auch an keiner Stelle vom Haus
aus uneinsehbar.
Die Tat bleibt vorerst ungesühnt.
Natürlich gibt es keinen Frieden.
Jetzt rüstet der Mensch in der Kolonie der Traditionalisten unter den Zipfeln auf und verliert
sich selber in abgrundtiefe Geschmacklosigkeiten.
Zuerst einmal schafft er sich Felix und seine unerwünschten Pinkelbesuche im Garten endgültig vom Hals. Das geht relativ einfach, denn wozu gibt es im Gartencenter einen elektrischen Weidezaun zu kaufen und vor allem „Verpiss-dich-Blumen“?
Die sehen zwar hübsch aus, stinken aber so elendig, dass der Mensch und Besitzer des
rotmützigen Zwergenreichs sie mit Handschuhen und Staubmaske pflanzen muss. Er hat
eine gute Zeit gewählt, denn es dunkelt bereits, als er seine stinkende Grenze errichtet.
Sein Nachbar sitzt zu dieser Zeit vor dem Fernseher und ahnt von nichts. Doch der tuntige
Felix weicht am nächsten Tag entsetzt zurück, als er sich dem Zaun nähert und jault.
Längst ist auch der Hundebesitzerin der Gestank in die Nase gestiegen. Doch sie kann nur
irritiert feststellen, dass es vom Nachbargrundstück her schrecklich mieft, die Ursache bleibt
ihr verborgen. Sie beobachtet stattdessen irritiert, wie der ungeliebte Nachbar auf drei verschiedenen Höhen einen dünnen Draht an dicken Rundhölzern festnagelt, die er mit einem
noch dickeren Hammer in den Boden getrieben hat, - nur wenig mehr als einen halben
Meter vom bereits vorhandenen Gartenzaun entfernt. Ihr wird zwar klar, dass der Nachbar
Tunten-Felix nachhaltig davon abhalten will, über den Zaun zu springen. Aber was er da
genau im Schilde führt, bleibt ihr ebenfalls verborgen. Ihr Mann begutachtet misstrauisch
das Werk von der Grundstücksgrenze, kann aber ebenso wenig den Sinn dieses weiteren
Zauns nicht erkennen.
Das ändert sich spontan am nächsten Tag, als sich der weißlockige Rüde dem Gestank der
„Verpiss-dich-Blumen“ und dem vertrauten Gartenzaun nähert und wie aus Protest gegen
die Geruchsbeleidigung sein Bein hebt, um mit dem eigenen Urin dagegen anzustinken.
Im selben Moment, wo zwangsläufig der gelbe Strahl den dünnen Draht trifft, durchfährt die
weiße Tunte ein Stromschlag, der ihn grell aufjaulend einen Meter weit rückwärts in die Luft
springen lässt und zitternd und winselnd zu Boden zwingt.
So finden ihn die fette Frau mit Doppelkinn und Damenbart, nebst ihrem Ehemann. Der
schön getrimmte weiße Lockenpudel liegt mit heraushängender Zunge und verdrehten
Augen am Boden, bibbernd wie in Eiseskälte.
Dabei ist es doch Frühjahr und angenehm warm.
Sie können ja nicht wissen, dass ihr Nachbar den Strom vom Weidenzaun auf höchste
Stufe eingestellt hat, um ihrem Felix eine ordentliche Lektion zu erteilen. Ebenso nicht, dass
er sie im selbigen Moment grinsend durch die Gardine seines Fensters beobachtet und mit
seinem Werk sehr zufrieden ist.
Denen hat er es aber mal richtig gegeben.
Für seine Nachbarn ist erst einmal völlig unklar, welches Schicksal ihren Lockenprinz
getroffen hat, wieso er winselnd im Dreck liegt.
Nur eines ist ihnen gewiss, es muss etwas mit dem ungeliebten Gartenbesitzer und Zwergsammler von nebenan zu tun haben, da gibt es für sie keinen Zweifel.
Allerdings ist auch die Frau jenes Gartenbesitzers mit der Rotmützenkolonie sichtlich angewidert von dem Gestank, der seit Stunden vom Zaun zum Haus hinüberweht, - und macht
ihrem Ehemann kreischende Vorwürfe.
Doch der betont achselzuckend die unabänderliche Notwendigkeit dieser Pflanzung, um
sich der weißen Pudeltunte und seines liderlichen Besitzers, diesem dämlichen Penner, zu
erwehren.
Den nervt der Gestank der „Verpiss dich Blumen“ natürlich auch, trotzdem findet er raus,
was Felix angetan wurde. Irgendwie hat er wohl geahnt, dass es etwas mit diesen in drei
Höhen gespannten Draht zu tun haben muss, hat den Verlauf verfolgt und das stromführende Kabel zum Nachbarhaus entdeckt.
Jetzt ist ihm alles klar, jetzt versteht er, was Felix von den Beinen gepfeffert hat, so heftig,
dass er sich auch nach Stunden erst langsam wieder erholt.
Noch am selben Tag steht er am Gartenzaun, brüllt und droht, holt die Polizei und will damit
erreichen, dass diese stinkenden Blüten und der Weidezaun wieder herausgerissen werden.
Doch es ist weder verboten diese miefenden Blumen zu pflanzen, noch einen harmlosen
Elektrozaun zum Schutz gegen stromernde Haustiere zu spannen, besonders, wenn der so
niedrig eingestellt ist, dass es bestenfalls heftig kribbelt. Die Uniformträger können schließlich nicht ahnen, dass der Gartenbesitzer eine größere Investition getätigt und sich einen in
der Stromstärke einstellbaren Transformator gekauft hat, ausreichend für Rinder und noch
gewaltigere Tiere. So ziehen die Polizisten wieder genervt von dannen.
Damit ist der Frieden endgültig dahin.
Den nächsten Schritt macht nun der Gartenbesitzer der traditionalistischen Zipfelkolonie.
Nur ein ähnlich gepolter Schwachkopf mag einschätzen, wo er den aufgetrieben hat.
Drei Tage hat er intensiv in allen regionalen
regionalen Gartencentern nach ihm gesucht – und ist dann
endlich fündig geworden.
Ein neuer Gartenzwerg hat sich in die heilige Gemeinschaft der Traditionalisten eingeeinge
schlichen, - er trägt einen roten Zipfel.
So weit – so gut.
Aber nicht wirklich gut.
„Das ist
st ... keiner von uns ...“, findet der Oberzipfel schon bei kurzer Betrachtung verächtlich
schnaubend zu einem ersten Urteil, „gehört ... nicht zu uns ...“
Die anderen Zipfel zögern, werfen sich dann schnelle Blicke zu, atmen tief durch und stimstim
men dem Boss
ss zu. Er hat das Sagen, er ist der Oberzipfel. Selbst ohne allzu kleinkariert zu
denken, kann ihm auch keiner der anderen Rotmützen ernsthaft widersprechen.
Denn da in einem penibel rechtwinkelig angelegten Beet, liebevoll mit Gänse-,
Gänse Wildblumen
und Glücksklee
sklee bepflanzt, steht ein ausgesprochen seltsamer, fetter Gartenzwerg mit
dunkelblauer Hose, Stulpenstiefeln und rotem Zipfel, aber ohne weißen Zottelbart. Dagegen
wäre nicht viel zu sagen, auch nicht gegen die blonden Haare, die links und rechts neben
dem
m Kopf zu dicken Zöpfen geflochten sind. Der fette Leib und das aufgedunsene SäuferSäufer
gesicht mit dem breiten Grinsen erinnern ein wenig an den kraftstrotzenden Gallier Obelix, aber das wäre kein Ausschlussgrund aus der Gemeinschaft der roten Zipfel. Nicht einmal
der nackte Oberkörper kann wirklich schocken, aber ... aber das ist ein weiblicher Zwerg,
matronenhaft fett mit großen, glänzend lackierten Titten.
Das ist pure Unzucht.
Es gehören weder viel Erfahrung, noch Fantasie dazu zu verstehen, warum so viele aus der
traditionalistischen Zipfelkolonie kaum ein Auge von dem Anblick wenden können und sich
manche Hose verdächtig an verräterischen Stellen ausbeult. Selbst der zeitungslesende
Intellektuellenzwergkollege schielt vorsichtig über den Rand seines Blattes und will auch
etwas von dem sehen, was rotmützige Gartenzwerge so gut wie nie zu Gesicht bekommen.
Das ist eine Ungeheuerlichkeit.
Eine versoffene, weibliche, fette Matrone mit glasierten Titten und rotem Zipfel.
Wie konnte ihr gottgeleiteter Mensch ihnen das nur antun?
Der Oberzipfel ahnt die Antwort, wenn er diesem Unwesen ins breite Gesicht schaut, was
ihm bei den nackten Realitäten verdammt nicht leicht fällt. Die Ähnlichkeit mit der Ehefrau
des Menschen aus dem Nachbargarten ist frappierend. Hier hat ihr Mensch eine hervorragende neue Möglichkeit gefunden seinen Kontrahenten effektiv zu verärgern.
Der reagiert natürlich wie erwartet, schreit, krakeelt, während nur zwei Schritte weiter seine
Ehefrau mit hochrotem Kopf kreischt.
Offenbar ist auch ihr die Ähnlichkeit nicht entgangen.
Es fliegen unwiederholbare Beschimpfungen über den unschuldigen Garten- und den davor
angelegten Weidezaun hin und her.
Dieses Mal können die Unformierten nicht mehr rechtzeitig anrücken, um die Streithähne zu
trennen. Als sie endlich mit Sirene und kreiselndem Blaulicht eintreffen, hält der Besitzer der
traditionellen Rotzipfelkolonie bereits den Kopf weit in den Nacken gelegt, mit einem blutdurchtränkten Taschentuch vor der Nase. Sein Nachbar hat ihm den wutschnaubenden
Zorn mit der Faust auf die Nase geschlagen.
Die ist gebrochen, - aber nicht die Feindseligkeit.
Jetzt geht es erst richtig los, sozusagen Schlag auf Schlag.
Dabei zählt die von der Polizei aufgenommene Strafanzeige wegen Körperverletzung noch
gar nicht mit, denn es steht nicht zweifelsfrei fest, wer zuerst die Faust geschwungen hat.
Beide beschuldigen sich gegenseitig. Sicher ist allerdings, dass die Polizisten über den
weiblichen Rotmützen-Zwerg lauthals lachen, keinerlei Ähnlichkeit mit der Ehefrau zu
erkennen vermögen und auch keine Beleidigung, die einen Fausthieb auf die Nase rechtfertigen würde.
Aber das interessiert eigentlich niemanden, denn der Nachbar mit dem tuntigen Felix schreit
krakeelig heraus, dass er sich notfalls bis zum Bundesgerichtshof durchklagen werde. So
eine Unverschämtheit werde er sich nicht gefallen lassen.
„Und wer vertritt die Moral und Sitte der Zwerge vor Gericht?“ möchte der Oberzipfel am
liebsten dazwischen schreien, - doch das darf er nicht. Er ist ausnahmslos daran gebunden
sich nicht in menschliche Belange einzumischen.
In die seiner Kolonie aber schon, denn die koordinieren die Höchstzahl ihrer Blicke längst
auf die pralle Brust des weiblichen „Nicht-Zwerges“ in ihrem Territorium.
So etwas kriegen sie ja auch nicht alle
al Tage zu sehen, - und keiner kommt zu Hilfe diese
Nackedei züchtig zu verhüllen. Der Oberwichtel hat schwitzend und wütend alle Hände voll
damit zu tun seine Untergebenen zur Ordnung zu rufen.
„So etwas sehen wir uns nicht an ... auf so was verschwenden wir keinen Blick ... so etwas
ignorieren wir ...“
Nur hält sich niemand daran, obwohl alle so tun.
Nun hat aber der oberste der Rotmützen auch nicht viel Zeit seine völlige Kontrolle über die
Kolonie zurückzugewinnen.
Denn erstens bleibt dieser Skandal unbeirrt
unbeirrt im Glückskleebeet stehen und grinst breit in die
Runde, - und zweitens schlägt der Mensch aus dem Nachbargarten schon am nächsten
Nachmittag zurück, wie voraussehbar und nicht anders zu erwarten.
Der naseboxende Gartenbesitzer hat einen neuen weiteren,
weiteren, provozierenden Wichtel aufauf
gestellt, mit rotem Zipfel, - eigentlich – in gewissem Sinne – mit hautfarbenem Zipfel oder so
– allen Blicken preisgegeben.
Unerreichbar weg vom Gartenzaun, aber hervorragend gut sichtbar, steht ein glasierter,
fetter Rotzipfel
el mit weißem Wallebart, schwarzen Stulpenstiefeln, dunkelblauer Hose und
roter Jacke, schamlos und splitterfasernackig am Unterleib, denn er hat seine Hose einfach
auf die Füße sinken lassen und präsentiert – wie ein Zurschausteller – seine ganze Unverfrorenheit
orenheit der fassungslosen Zwergenwelt, mit schwarz aufgemaltem Schamhaar und
glasiertem Nacktleib.
Es ist unfassbar, eine bodenlose Frechheit, eine unverhüllte Provokation und Beleidigung,
nicht nur der empörten Ehefrau des Kontrahenten mit der Zipfelkolonie, die sich mit einem
frevelhaften Exhibitionisten konfrontiert sieht, sondern auch für das Selbstverständnis aller
traditionsverbundenen Rotzipfel aller Länder.
„Wir müssen uns wehren ...“, stöhnt der Oberzipfel schreckensbleich, „wenn das so weitergeht ... wo soll das enden? Was soll da noch alles folgen ...?“ – und weiß doch, dass er
wenig bis gar nichts tun kann, um so einem menschlichen Frevel ein Ende zu setzen. Seine
und die Bestimmung aller rotmützigen Zipfel lauten sich niemals in die menschliche Angelegenheiten einzumischen, im Garten Präsenz zu zeigen, fleißig dem Tagwerk nachzugehen,
niemals dem eigenen Müßiggang zu frönen.
Die Gartenbesitzer müssen nicht schweigend ertragen, was sie auch nicht tun. Sie stehen
sich am Gartenzaun gegenüber, schreiend und pöbelnd, mit den Fäusten drohend und ihre
ganze Flegelhaftigkeit in unvorstellbar fantasievollen Obszönitäten offenbarend.
Der weiß gelockte Tunten-Felix hält sich da raus, steht nur sicher und leise winselnd hinter
seinem Frauchen, zitternd wie Espenlaub beim Anblick dieses gemeinen Zauns, der ihm so
übel mitgespielt hat.
Wieder rückt die uniformierte Staatsmacht als Streitschlichter an, trennt die krakeelenden
Streithähne, droht mit dem Schlagstock, als die trotzdem aufeinander einschlagen wollen
und begutachtet den Corpus Delikti im Nachbarsgarten. Die Polizisten rümpfen dieses Mal
immerhin die Nase, finden das nicht wirklich lustig, keine sehr kluge Entscheidung so eine
beabsichtigte Provokation dem ohnehin wutentbrannten Nachbarn aufzubürden.
Aber es ist auch keine Ordnungswidrigkeit, kein Verstoß gegen die guten Sitten, keine
Erregung öffentlichen Ärgernisses, keine Pornografie, - wie der Besitzer der Zipfelkolonie
mit überschlagender Stimme anklagt.
„Kein Verstoß gegen die guten Sitten?!“
Jetzt ist der Oberzipfel empört, denn wenn das kein Sittenverfall ist, was dann?
„Es ist doch nur ... ein blöder Gartenzwerg ... Sehen sie einfach nicht hin ...“
„Ein blöder Gartenzwerg?“ Der Oberzipfel glaubt sich verhört zu haben. Wie kann ein Hüter
der staatlichen Sicherheit und Ordnung sich nur erlauben einen traditionsbewussten Rotzipfel blöde zu nennen. Der hat doch keine Ahnung, wie viel Ideen, Geist und Verstand die
Gartenzwerge im Laufe ihrer Existenz in die oft so nutzlose Menschheit hineingetragen
haben. Kann das überhaupt ein richtiger Mensch sein, wenn er eine so einseitige, völlig
realitätsferne Sicht der Zwergenwelt offenbart?
„Gehen sie einfach wieder ins Haus ... und sie hören auf ihren Nachbarn zu provozieren ...“
Die Polizisten haben offenbar längst genug von dem Theater, wollen diesen Zirkus nicht
länger tolerieren. Für eine Beschlagnahmung des neuen Rotzipfels mit dem nackten Unterleib sehen sie keinerlei Handhabe.
„Heißt das etwa ... dieser ... dieser nackte, grässliche Unzwerg bleibt jetzt da stehen?“ Der
Oberzipfel bebt vor Zorn, kann es nicht glauben, fällt beinahe von seinem erhöhten Standplatz herunter. „Was ... was ist das für eine ... Ordnung ... die in Wahrheit eine Unordnung
ist? Die spinnen doch ...“
Und wieder reklamiert er hilflos an seine Koloniemitglieder: „Wir müssen uns wehren ... wo
soll das sonst noch alles enden? Was kommt jetzt als Nächstes ... was muss denn noch
passieren, bis dieser Wahnsinn endet?“
Die Blaulicht-Uniformträger rücken wieder ab.
Doch Frieden kehrt nicht ein, - im Gegenteil.
„Wer schleicht so spät durch Nacht und Wind, es ist der Schludergärtner,
dem krumme, ungepflegte Beete
und grün bemützte Zipfel zu Eigen sind.“
Was hat er vor, was will er tun?
Dem Oberzipfel ist der nächtliche Schleicher nicht entgangen, und ihm schwant nichts
Gutes. Es braucht nicht viel, um klar zu durchschauen, dass die beiden Nachbarn inzwischen bitterernst verfeindet sind. Im Haus ihres Menschen brennt zwar noch Licht, aber nur
hinter dem Klofenster, was nicht mehr bedeutet, als dass dieser Gartenbesitzer es wieder
einmal vor dem Schlafengehen vergessen hat auszuschalten. Er kriegt so nichts mit von
dem leisen metallischen Knacken, als sein Nachbar in kleinem Abstand den Weidezaun mit
einem stromisolierten Saitenschneider in kleine Stücke zerlegt, die unbemerkt am Zaun
entlang zu Boden fallen. Selbst das gut getarnte Stromzuführungskabel wird nicht verschont
und mit der Zange gehäckselt.
Zufrieden grinsend eilt der Übeltäter wieder zurück ins nächtliche Haus, wird an der Tür
schon von seiner lautlos jubelnden, fetten Ehefrau erwartet. Dem haben sie es aber gegeben, das war für den verhassten Kontrahenten hinterm Gartenzaun eine kostspielige
Rache.
Der tobt am nächsten Morgen, schreit und flucht, brüllt seinen Feind an und der schlägt ihm
erneut mit geballter Faust ins Gesicht. Zum Glück nicht auf die vergipste Nase, die erst
wenige Tage gerichtet ist.
Aber auch so kommt es prompt zur nächsten Anzeige, was den Kostenfaktor des absehbaren erbitterten Rechtsstreits vor dem Amtsgericht weiter in die Höhe treibt.
Die Uniformierten finden das inzwischen nicht mehr komisch und sprechen eine ernste
Verwarnung aus, ehe sie die Strafanzeige aufnehmen.
Noch am selben Nachmittag macht sich der Mensch aus der Zipfelkolonie daran den
elektrischen Zaun zu erneuern, dieses Mal sogar in vier Reihen übereinander, - und mit
anschließend auf höchste Stufe eingeschaltetem Transformator. In diesen Streit sind ihm
keine Kosten zu hoch, - und wenn der Feind dieses Mal wieder den Draht durchschneidet,
soll er wenigstens leiden.
Aber er plant noch eine zusätzliche Rache.
Noch in derselben Nacht sehen ihn die rot bemützten Zipfel, ebenso wie diese schändlichen
„Nicht-Zwerge“ mit den grünen Mützen, in Richtung Gartenzaun schleichen, mit einem
kleinen schwarzen Eimer in der einen Hand und einer übriggebliebenen Gehwegplatte in
der anderen. Am liebsten würden beide Zipfelgruppen laut schreiend ihre jeweiligen Besitzer warnen, - doch sie sind zum Schweigen verpflichtet, ob grüner oder roter Zipfel.
Was hat dieser Mensch nur vor?
Er legt die Steinplatte kurz ins Gras, macht mit dem Eimer eine weitausholende Bewegung
und schüttet alles an Inhalt mit kräftigem Schwung in Richtung Terrassentür des verhassten
Feindes. Es platscht und rauscht halblaut, - der Mensch duckt sich schnell hinter seinen
sorgsam beschnittenen Rosenbusch.
Doch es passiert nichts, keine Reaktion.
Im Haus bleibt es stockfinster.
Da greift der Mensch zur Gehwegplatte, schleicht noch ein wenig näher zum Gartenzaun,
wobei er höllisch aufpassen muss, keinen übel zwickenden Schlag vom elektrisch geladenen Draht zu erhalten.
Er lacht leise meckernd, hebt den dicken Stein über den Kopf und wirft ihn über den Zaun.
Der Oberzipfel ahnt Schlimmes, als er das Zerbersten von Keramik hört – und ist heilfroh,
dass er wegen der mitternächtlichen Dunkelheit nichts von der Tragödie erkennen kann, die
sein Mensch da angerichtet hat.
Das ändert sich jedoch am nächsten Morgen, kaum, dass die Sonne so richtig leuchtend
über den Horizont gekrochen ist.
Das ist die Zeit, wo die dicke Frau noch im Morgenmantel mit Tunten-Felix immer in den
Garten geht. Allein darf er sich dabei nicht mehr vergnügen, damit er sich bloß nie wieder
diesem elektrischen Weidenzaun ausliefert.
Als ob er so degeneriert wäre, sich diesem Schrecken und Schmerz jemals wieder auf
Schrittweite zu nähern. Er bleibt schön in guter Deckung hinter den dicken Beinen seines
Frauchens.
Doch kaum hat die den ersten Schritt auf die steinerne Terrasse gesetzt, als es sie auch
schon mit einem gellenden Schreckensschrei von den Beinen reißt. Sie rudert mit den
Armen, versucht sich zu fangen, - aber sie hat keine Chance. Sechs Liter schmieriges Ältöl
tun ihre zu erwartende Wirkung.
Die Frau fällt nach hinten, schreit noch einmal gellend auf – und plumpst mit einem dumpfen Aufprall zu Boden.
Leider genau auf den weißlockigen Pudel – der ein allerletztes schmerzvolles Jaulen über
Zunge und Zähne bringt und dann unter dem mächtigen Leib ein vorzeitiges Ende findet.
Der rot bemützte Oberzipfel ist vor Schreck und Entsetzen bleich, fühlt sich um Jahrzehnte
gealtert.
Was hat sein Mensch da getan?
Das fragt sich der vom gellenden Schrei alarmierte herbeieilende Nachbar auch – und erleidet prompt das gleiche Schicksal wie seine Gattin. Mit den Armen rudernd und laut fluchend
reißt es ihn von den Beinen und schmeißt ihn auf den Leib seiner Frau.
So fällt er zum Glück weich, aber selbst wenn noch ein Funken Leben in Tunten-Felix
gewesen wäre, was nicht abzuschätzen ist, jetzt wird auch der gnadenlos ausgepustet.
So viel stürzende Menschenmasse am frühen Morgen ist für einen getrimmten Pudel einfach zu viel des Guten.
Hinzu kommt für die Menschen am Boden ein übler Geruch und schwarze zähe Ölmasse
an Händen und Füßen, am ganzen Leib.
Und ein Nachbar, der scheinbar ahnungslos, aber deswegen nicht weniger amüsiert dem
ganzen Schauspiel von seiner Terrasse zusieht und schadenfroh grinst.
Denen hat er es jetzt aber mal so richtig gegeben, - das findet auch seine herbeieilende
Ehefrau.
Die Nachbarn reißt es noch einmal von den Füßen, als sie vergeblich versuchen sich wieder auf selbige zu stellen, sodass sie wie kleine Kinder erst mal zum Rand des Schlamassels kriechen müssen. Dort sehen sie jammernd an sich herunter, reiben sich schmerzende Steißbeine und Ellbogen, - und wissen genau, dass nur ihr Nachbar hinter diesem
Verbrechen stecken kann.
Tunten-Felix ist hin, sicher längst mit ölverschmierten weißen Locken im Hundehimmel
angekommen. Aus dem Maul blutend liegt er auf der Terrasse, rührt sich nicht mehr und
sieht reichlich tot aus.
Doch der Gartenbesitzer mit der traditionalistischen Zwergenkolonie beteuert seine Unschuld, als die uniformierten Streitschlichter mit Blaulicht und Sirenengeheul anrücken, um
ihn streng zum Vorfall zu befragen, - und wirft dem schmerzhaft geprellten Nachbarn mit
dem erschlagenen weißen Felix vor, das Ältöl wahrscheinlich gestern selber auf der Terrasse umgestoßen und ausgegossen zu haben. Vielleicht sogar in der Absicht ihm diese
Schandtat anzuhängen. Er selbst habe damit nichts zu tun, das könne er jederzeit
beschwören.
Aber das wäre nun mal die logische Folge, wenn man nirgendwo und überall keine Ordnung
halten könne und alles nur gleichgültig herumliegen oder –stehen lassen würde. Das hätte
sich dieser Schludrian selber zuzuschreiben.
Der will sofort mit geballten Fäusten auf den Feind los, wird aber nachdrücklich von den
Polizisten daran gehindert, wodurch die sich nun auch noch mit Altöl einschmieren und
nicht mehr vorschriftsmäßig diensttauglich erscheinen.
Die fette Frau hockt währenddessen – ungeachtet des dickflüssigen Altöls – auf dem
Terrassenboden und beklagt laut jammernd und schluchzend das tragische Ende ihres
geliebten, zerschmetterten Felix. Das tut sie so ausgiebig und unaufhaltbar, dass selbst der
ölverschmierte Ehemann sich fragt, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn sie sich bei
dem Sturz den Hals gebrochen hätte.
Dann wäre jetzt wenigstens Ruhe und sie würde ihm nicht auf die Nerven gehen.
Doch das sagt er natürlich nicht, solange die Polizisten in der Nähe sind, weil die sonst
womöglich noch auf die Idee kämen, er habe das Öl mit Absicht auf der Terrasse verschüttet, damit sich seine Frau das Genick bricht.
Wie auch immer, dem verhassten Täter ist nichts nachzuweisen. Die vorhandenen Spuren
werden fotografiert, soweit sie noch ermittlungstechnisch verwertbar sind, vermessen und
protokolliert. Wer für den ganzen Schaden aufkommt, bleibt erst mal ungeklärt.
Die steinerne Gehwegplatte findet vorerst keinerlei Beachtung, - und auch der traditionalistische Oberzipfel kann sie von seinem Aussichtspunkt aus nicht entdecken.
Das ändert sich erst, als die Polizei längst abgerückt ist, die Männer vom Umweltamt ihre
Arbeit erledigt, das Altöl eingesammelt, die Terrasse mit Streu eingedeckt haben und die
geschundenen nachbarlichen Gartenbesitzer frisch geduscht und gekleidet zum ersten Mal
wieder die gereinigte Terrasse betreten.
Schon bei dem Anblick bricht die fette Frau in Tränen aus, schreit kreischend ihre Trauer
heraus und flüchtet zurück ins Haus. Das ist ihr alles zu viel, mit hämmernder Migräne zieht
sie sich schwerleidend ins Bett zurück.
Dafür entdeckt ihr Ehemann jetzt endlich die Steinplatte, geht hin, um herauszufinden, was
das nun wieder bedeutet. Er hebt sie hoch und läuft vor Zorn sofort puterrot an.
Weil ihr Ehemann nicht Zuhause und greifbar ist, schreit er die lächelnd zusehende Frau
seines verhassten Feindes an, beschuldigt sie und ihren spießigen Ehemann diese Freveltat begangen zu haben.
Sie mag vielleicht davon wissen, aber sie lächelt nur süffisant und weist alles empört
zurück.
Der nachbarliche Opportunist mit rotem Zipfel, nacktbeinig und im blauweiß gestreiften
Strandanzug, nebst seinem rotmützigen Gegenüber, diesem schamlos in schwarze Stulpenstiefel, blaue Hose und grüne Jacke gekleideten Zwergenweib mit dicken Titten, liegen
beide in zahllose Scherben zerschmettert unter der Gehwegplatte, ihrer Existenz vollkommen beraubt.
Der Oberzipfel aus der Kolonie ist zutiefst schockiert.
Na klar, das waren beides Dissidenten, Verräter an der Gartenzwergetradition, die gemeinsame Sache mit den Grünmützenträgern machten, - aber noch längst kein Grund, sie so
barbarisch abzuschlachten, sie heimtückisch mit einer Gehwegplatte zu ermorden.
„Wir müssen uns wehren ...!“ schreit der Oberzipfel hysterisch seine Getreuen zusammen,
ohne dass ihn auch nur einer der Menschen dabei hören könnte, „die ganze Sache ... sie
läuft aus dem Ruder ... sie verliert jedes Augenmaß ... Jetzt sind wir alle gefährdet.“
Das sieht die erneut angerückte Polizei auch so, nimmt den Sachverhalt auf und steht einer
Ehefrau des beschuldigten Täters gegenüber, die ohne zu erröten lügt und beteuert, dass
diese Gehwegplatte nicht von ihnen stamme, dass sie Standardausführung wäre, in jedem
Gartencenter zu kaufen. Sie oder ihr Mann hätten damit nicht auf die Gartenzwerge geworfen, das sei ja vollkommen lächerlich. Aber sie könne sich durchaus vorstellen, dass der
streitsüchtige Nachbar Mangels Beweise in der Angelegenheit mit dem Altöl selber eben
diese Platte auf die zerschmetterte Keramik geworfen habe, um ihnen das jetzt anzulasten.
Sie aber wären lange schon Mitglied im Verein der Freunde der Gartenzwerge – und zu so
einer abscheulichen Tat gar nicht fähig.
„Doch sind sie ... doch sind sie ...“, möchte der Oberzipfel laut dazwischen schreien, denn
das Entsetzen über diesen Mord an entfernten Verwandten hat ihn sehr tief getroffen.
Doch niemand kann ihn hören.
Aber selbst die „Nicht-Zwerge“ aus dem Nachbargarten, die Faulenzer mit den grünen
Mützen stimmen ihm erstmalig zu.
„Wir müssen uns wehren ...“, jammern sie leidend wie ein Chorus, „sonst gehen wir alle
dabei drauf ...“
Doch was sollen sie tun?
Die Polizisten nehmen die Strafanzeige auf, denken aber gar nicht daran irgendeinen
Schuldigen definitiv auszumachen und rücken nach Erledigungen aller Formalitäten wieder
ab.
Ruhe und Frieden ziehen aber nicht wieder ein, - im Gegenteil.
Jetzt geht es Schlag auf Schlag, Gegenschlag auf Gegenschlag.
Es liegt ein Wochenende vor den Anwohnern dieser gutbürgerlichen Siedlung, das sie niemals vergessen sollten, - und das mitten im Frühling.
Alles beginnt damit, dass jenem Nachbarn, der den jetzt toten Tuten-Felix seiner fetten
Ehefrau geschenkt hatte, das Geheule und Gezeter, das Gejammere und die Vorhaltungen,
dass er etwas tun müsse, dass er das nicht einfach hinnehmen dürfe und endlich mal
beweisen solle, dass er ein echter Kerl wäre und sie liebe, ziemlich auf die Nerven geht. Er
schreit sie schließlich gellend an die Schnauze zu halten, ihr unübersehbares Übergewicht
dafür unter Kontrolle zu bringen und abzuspecken, - und stürmt wutentbrannt kopflos in den
Garten hinaus.
Die Gehwegplatte ist weg, die kann er nicht nutzen, die hat die Polizei mitgenommen, als
Corpus Delikti. Aber er findet ohne große Anstrengung die nachlässig gelagerten Hohlsteine, die für die Begrenzung der Hauseinfahrt gedacht und noch immer nicht verlegt sind.
Davon nimmt er sich einen und stapft bebend vor Zorn zum Gartenzaun, wohl wissend,
dass sein verhasster Nachbar Zuhause ist und ihn wahrscheinlich durch die geschlossene
Gardine belauert. Es ist schließlich dieser religiöse Freitag, wo niemand arbeitet und alle
Zuhause bleiben. Er wirft einen schnellen, suchenden Blick hin und her, bemerkt aus dem
Augenwinkel eine verräterische Bewegung hinter der weißen Architektentüllgardine seines
Nachbarn und schleudert den kopfgroßen Hohlstein durch die Luft.
„Neiiiiiiin!“ schreit der Oberzipfel gellend und ist sich sicher, dass dieses Mal der Mensch
seine Verzweiflung an so viel Ignoranz nicht überhören kann.
Doch er wird wieder enttäuscht.
Mit donnerndem Getöse wird Kuno, der rotmützige, traditionelle Zipfel mit Schubkarre,
schwarzer Hose, Stulpenstiefeln und grüner Schürze ins Nirvana zerschmettert und von
dem Stein begraben.
So fängt der verhängnisvolle Lauf an.
Den Nachbarn stört es nicht, dass alle Zipfel wegen der schändlichen Ermordung ihres
Kameraden laut in Tränen ausbrechen, weil er es gar nicht wahrnehmen kann. Er glaubt
seiner Ehefrau gegenüber seine Schuldigkeit getan und hinreichend Genugtuung erreicht
zu haben.
Kuno war ein wirklich prächtiger Gartenzwerg, ein ganzes Stück farbiger als seine Kollegen,
weil rund um seinen Standsockel bunte Blumen zu sehen gewesen waren.
Wie gesagt: Waren – denn es ist außer kleinen zermalmten Scherben nichts von ihm übrig.
Der Besitzer der traditionellen Zipfelkolonie stürmt über seine eigene Terrasse in den Garten, den Kopf puterrot, er schreit und droht, - doch sein Kontrahent steht nur selbstzufrieden
grinsend hinter der Gardine seines Panorama-Terrassenfensters und genießt den Wutausbruch.
Allerdings nur für einen ganz kurzen Moment, nicht mehr als vier Minuten.
Dann nimmt sein Feind den Hohlstein auf, schaut sich seinerseits kurz um und schleudert
ihn mit aller Kraft von sich, - zielgenau und treffsicher auf eben jenen unverschämt anzüglichen glasierten Exhibitionistenzwerg mit rotem Zipfel, weißem Wallebart, schwarzen Stulpenstiefeln und obszönen, splitterfasernackigem Unterleib.
Fast schon ein Wunder, dass sein Mörder ihn trotz der nicht geringen Entfernung vom
trennenden Gartenzaun überhaupt getroffen hat.
Es bleibt kein wirklich erkennbarer Splitter von ihm übrig, wie bei Kuno, alles zu kleinen
Scherben zerschmettert.
„Wir müssen uns wehren!“ schreien jetzt alle Zipfel, ganz ungeachtet der Farben ihrer
Mützen, nur noch nach dem eigenen Überleben trachtend.
Doch keiner kann sie hören.
Dafür den nun erneut geschädigten Gartenbesitzer um so lauter, alle nahen Anwohner werden Ohrenzeuge.
Er stürmt laut schreiend in seinen ungepflegten Garten mit den krummen Beeten, steht
seinem Feind gegenüber und beide schreien sich mit überschlagenden Stimmen an. Bis zu
dem Moment, als der mit der bereits gebrochenen Nase seinem Todfeind jetzt ebenfalls die
wohlgeformte Nase demoliert, indem er ihm mit voller Wucht die geballte Faust draufschlägt.
Der taumelt zurück, spürt das fließende Blut von seinem Kinn tropfend und wird laut schreiend von seiner Ehefrau gerettet, die ihn von dem rabiaten Nachbarn zurückreißt, noch ehe
der womöglich ein zweites Mal zuschlagen kann.
Jetzt stehen sich zwei Ehepaare laut kreischend gegenüber, wobei eine Menge But auf den
gepflegten Gartenboden fließt.
Wo soll das enden?
Zunächst einmal in einem weiteren Mord, an Eberhard, einem traditionellen Rotzipfel mit
Spaten und freundlich breitem Lächeln, genau neben dem schnurgeraden Beet mit den
Stiefmütterchen.
Der Hohlstein, der jetzt schon drei Zwergen und einer Zwergin das Leben gekostet hat, wird
erneut zum Todeswerkzeug – und zerschmettert Eberhard in seine keramischen Bestandteile.
Die Antwort folgt auf dem Fuße, jetzt aber durch die Ehefrau des Gartenbesitzers mit der
traditionellen Zipfelkolonie. Sie hat nicht so viel Körperkraft wie ihr Ehemann, schon gar
nicht in den Armen, aber es reicht immerhin aus um jene Zwergengruppe aus Polen zu
treffen, alle mit grüner Mütze und Zigaretten rauchend, mit den versoffenen Gesichtern.
Provokativ, ekelig, abstoßend, widerwärtig.
Jetzt aber nur noch kleine Scherben, all ihrer schrägen Existenz beraubt.
Allen Zipfeln im Garten verschlägt es die Sprache, so viel Rohheit haben sie nicht erwartet,
- außer dem traditionellen Oberzipfel, der kreischt gellend: „Wir müssen uns wehren ... wir
müssen uns wehren ... sonst gehen wir alle drauf ...!“
Die Möglichkeit besteht in der Tat, denn jetzt greift wieder der andere Nachbar zu dem
Stein, schreiend und krakeelend, seinen Nachbarn als faschistisches Arschloch beschimpfend, und er schleudert die Mordwaffe auf einen bunten Zipfel mit Blumen im Hängekorb.
Er wird bis zur völligen Unkenntlichkeit zerschmettert.
„Wir müssen uns wehren ... Wir müssen uns wehren ...!“
Zum Glück rücken just in diesem Moment die uniformierten Ordnungshüter wieder an,
gleich vier an der Zahl, heranbeordert von den alarmierten Anwohnern des Viertels, die
schon weit Schlimmeres erahnten. Die Polizisten dulden keine weitere Eskalation, nehmen
weitere Strafanzeigen auf, rufen einen Krankenwagen, der den blutenden Gartenbesitzer
ins nächste Krankenhaus befördert, damit dort seine Nase wieder gerichtet und verarztet
wird.
Für die ermordeten Zwerge kommt leider jede Hilfe zu spät.
„Wir müssen uns wehren ... Wir müssen uns wehren ... sonst werden wir alle zerschmettert
...“
Niemand hört die Verzweiflungsschreie der günen und roten Zipfel, die auf beiden Seiten
des Zaunes ihre Opfer zu beklagen haben.
Ein paar Stunden sind beide Nachbarn erst mal dem weiteren Geschehen entzogen, der
eine im Krankenhaus, der andere auf der Polizeiwache, wo er ein Protokoll unterschreiben
muss. Und das alles an diesem arbeitsfreien Freitag, wo jegliche lärmenden Aktivitäten
schon von Gesetz her verboten sind.
Da hätte die Chance bestanden dem schlimmen Treiben ein Ende zu bereiten, wieder zur
Vernunft zurückzukehren, - doch feindselig zerstrittene Nachbarn haben damit nichts am
Hut. Sie wollen vor allem ihre Genugtuung, beharren stur auf ihrer Sicht des Rechtes und
der Ordnung, - erst recht, wenn dabei ein tuntiger Pudel und mehrere geliebte Gartenzwerge ihr Leben lassen mussten.
Der Besitzer des Gartens mit den Zwergentraditionalisten sinnt auf Rache, denn auf der
Polizeiwache haben sie ihn mächtig angegangen, ihn nach seinem Verstand befragt, wo er
den gelassen habe. Schließlich ist seine Nase ebenfalls durch einen Boxhieb gebrochen,
wenn auch schon ein paar Tage länger und längst verarztet. Ihm ist klar, dass das vor
Gericht nicht billig werden wird. Zwar mahlen die Mühlen der Justiz extrem langsam, aber
sie mahlen und kommen irgendwann zum Gerichtstermin.
Der Schludergartenbesitzer sinnt ebenfalls auf Rache, muss einen Tag später, am Samstag
zur Wache, denn er war schließlich wegen der Verarztung seiner gebrochenen Nase am
Vortag unabkömmlich. Auch er wird nachdrücklich zu seinem Verstand befragt und auf
kommende Gerichtstermine verwiesen.
Es herrscht Krieg im Viertel, obwohl sonnige Frühlingstage eigentlich für Heiterkeit in allen
Herzen sorgen sollten.
Schon in aller Herrgottsfrühe, kaum dass beide Nachbarn den Weg aus dem Bett gefunden
haben, aber noch ehe das Frühstück bereitet oder begonnen ist, geht der Gartenkrieg in die
nächste Runde.
Der Besitzer des krummen Schludergartens geht mit einer großen grünen Glasflasche am
Gartenzaun entlang, schüttet irgendetwas daraus auf die verhassten und stinkenden „Verpiss-dich-Blumen“, die jetzt ohnehin keinen Sinn mehr ergeben, da Tunten-Felix das Zeitliche gesegnet hat. Einzig, was mit seinem Leichnam passieren soll, ist noch ungeklärt. Der
Gartenbesitzer möchte ihn am liebsten schlicht der Tierbeseitigung übergeben, seine Ehefrau jedoch wünscht eine kostenintensive Einäscherung und Bestattung.
Das muss noch ausgiebig zwischen ihnen geklärt werden.
Jetzt gilt es erst einmal der Geruchsbelästigung Herr zu werden, dort endgültige Abhilfe zu
schaffen.
Verdünnte Salzsäure ist da ausgesprochen wirkungsvoll, ursprünglich beschafft, um die
Moosbildung auf der Terrasse ein für alle Mal zu beenden. Jetzt aber entfaltet sie andernorts ihre verheerende Wirkung.
Es zischt und dampft etwas, das bunte Grün wird so nachhaltig vernichtet, als hätte es nie
existiert.
Der Besitzer der Zipfelkolonie hat alles von seinem Terrassenfenster gesehen, stürmt wutentbrannt in seinen Garten hinaus. Aber richtig schreien und toben kann er nicht, das
verhindert seine bandagierte Nase.
Das erledigen dafür die Ehefrauen beider Seiten umso kreischender.
Eine ganze Reihe der stinkenden „Verpiss-dich-Blumen“ ist nur noch zerfressener Matsch,
der gute Gartenboden dampft und brodelt bedrohlich. Doch der Täter und Nachbar kündigt
schon brutal krakeelend an, dass er über drei weitere Flaschen gleichen Inhalts verfügt und
jetzt dem Gestank ein Ende bereiten werde.
Damit stapft er Stinkefinger-zeigend zurück ins Haus.
Der Zipfelkoloniebesitzer eilt ebenfalls ins Haus, runter in den Keller.
Dem Nachbarn wird er jetzt eine Lektion erteilen, die der nie mehr vergisst.
Er reißt förmlich den Transformatorenstecker aus dem Anschluss für den Weidezaun,
schließt das Kabel so schnell es ihm nur möglich ist an das direkte Stromnetz an.
Dann rennt er wieder hinauf in den Garten.
Da hat sein Feind gerade damit begonnen eine zweite Flasche verdünnte Salzsäure auf die
Reihe der stinkenden Hundevertreibungsblumen auszugießen. Doch zu seinem Erstaunen
versucht sein Nachbar nicht ihn davon abzuhalten, obwohl sich die beiden Ehefrauen noch
immer kreischend und mit übelsten Beleidigungen drohend angiften.
Stattdessen steht der Nachbar mit der frisch gebrochenen Nase da und grinst breit.
Der Salzsäureattentäter versteht die Welt nicht mehr.
Ist seinem Kontrahenten etwa völlig egal, was er da tut?
Mitnichten, aber das wird ihm erst klar, als der unkontrollierte Salzsäurestrahl aus der Wasserflasche den Weidezaun trifft.
Ein greller Blitz zischt auf – die beiden Kreischerinnen verstummen schlagartig, im wahrsten
Sinne des ausgesprochenen Wortes.
Es riecht nach verbrannter Haut. Dem säureattentäterischen Schludernachbarn stehen die
Haare zu Berge, während gleichzeitig seine Augen aus den Höhlen zu quellen scheinen. Er
zittert am ganzen Leib – und das zweifellos nicht vor Freude, weil er seinem Feind so nachhaltig mitspielt.
Dann knallen zum Glück die Sicherungen im Nachbarhaus durch und den Salzsäuretäter
schleudert es drei Meter rückwärts durch die Luft, wo er zitternd und winselnd am Boden
liegt. Er erinnert jetzt sehr stark an Tunten-Felix, nur in einer eindeutig verschärften Form.
Seiner Ehefrau steht vor Entsetzen und Staunen der Mund offen, denn sie hat keine
Ahnung, was hier gerade passiert ist.
Doch dann kreischt sie laut los und stürzt zu ihrem Gatten, begräbt ihn förmlich vor Mitleid
mit seinem Schaden unter ihrem Übergewicht.
Er ist nicht tot, aber völlig desorientiert, hilflos seinen Muskelkontraktionen und Nervenzuckungen ausgeliefert. Seine Lippen bewegen sich, er versucht irgendwelche Worte zu
brabbeln, - aber er bringt nichts Verständliches heraus.
Sein Nachbar eilt währenddessen schadenfroh und hysterisch lachend in den Keller zurück,
trennt so schnell wie möglich wieder alle verräterischen Kabel voneinander, als habe er
nichts Unrechtes mit seinem Weidezaun angestellt. Dass der an der entsprechenden Stelle
schwarz verkokelt ist, weiß er und tangiert ihn nicht. Er ahnt nur, dass gleich wieder die
Uniformierten anrücken werden, und die sollen ihm möglichst nichts beweisen können.
Schließlich war es sein Todfeind, der mit Salzsäure auf seinem Grund und Boden agiert hat.
Er ist entschlossen zu behaupten, dass die Ursache für den umwerfenden Stromschlag
wohl im Vergießen der Salzsäure zu suchen ist.
Wer so etwas macht und die Umwelt vergiftet, - ist selber schuld.
Sorgfältig drückt er die Automatiksicherungen wieder rein, dann eilt er zurück in den Garten.
Dort keifen die beiden Ehefrauen so heftig, als wäre alles Vorhergehende niemals geschehen.
Nur der noch immer am Boden liegende, am ganzen Leib unverändert zitternde Nachbar
belegt eindeutig, dass die Rache des Zipfelkoloniebesitzers eine vollendete Realität ist.
„Wir müssen uns wehren ... wir müssen uns wehren ...“, kreischt zum wiederholten Male der
rot bemützte Oberzipfel in die Runde seiner verbliebenen Untergebenen, - und alle stimmen
ihm erschüttert zu, selbst die Dissidenten-Zwerge mit den Grünmützen.
Die uniformierten Streitschlichter rücken indes nicht an, - zumindest noch nicht.
Der Besitzer des ehemals so dicht bezwergten Ziergartens trennt seine Ehehälfte von der
seines verhassten und nun offenbar außer Gefecht gesetzten Nachbarn und drängt sie
zurück ins Haus. Sie hat offensichtlich noch gar nicht begriffen, was ihr Ehemann da für
einen hinterlistigen Racheakt vollzogen hat, - und das ist auch gut so.
Über die Schulter blickend sieht er gerade noch, wie die Frau seines Kontrahenten vergeblich versucht den unentwegt Zitternden vom Boden hochzuheben um auch ihn wieder ins
sichere, schützende Zuhause zu geleiten. Doch sie schafft es nicht, fällt hin und direkt auf
ihn drauf, was ihr eine beleidigende Beschimpfung einbringt, die hier nicht wiederholt werden soll.
Jetzt ist erst einmal Frühstück angesagt, um neue Kräfte zu sammeln, - denn von endlich
einkehrendem Frieden ist keine Rede.
Ein paar Stunden und ein paar Cognacs später, nach einem ausgiebigen Frühstück und
Erholung, geht es dem Besitzer des etwas vernachlässigten Gartens eindeutig besser. Er
hat aufgehört zu zittern, aber noch immer nicht wirklich begriffen, was da eigentlich genau
mit ihm passiert ist.
Doch er will Rache, weswegen auch immer.
So lässt er nicht mit sich umspringen.
Nicht mit ihm.
Seine Ehefrau versucht ihn vergeblich davon abzuhalten, denn ihr schwant nichts Gutes,
dass das ein böses Ende nehmen wird.
Er stürmt in den Garten hinaus, wo inzwischen die Zwerge erste Verhandlungen zu einer
friedlichen Ko-Existenz und gutnachbarlichen Beziehungen aufgenommen haben, guten
Mutes sind, dass tatsächlich eine Vereinigung beider Seiten und Gruppen möglich werden
könnte. Selbst der weibliche Matronenzwerg mit den dicken Titten hat sich der angestrebten
Vereinigung hinzugesellt. Allen ist klar, dass sie eine gemeinsame Widerstandsfront gegen
diese Zwerge ignorierenden Streithammel bilden müssen, schon um diesen Krieg existenziell zu überstehen.
Das Auftauchen des Menschen ist da eher ein schlechtes Omen.
Es folgt, was absehbar kommen musste, es kostet weitere Opfer.
Und wer muss den Kopf für so viel Dummheit hinhalten?
Erraten – die traditionellen Zipfel.
Ein weiterer großer Hohlstein fliegt in Richtung der traditionalistischen Zipfelkolonie - und
erwischt Herbert, einen braven, fleißigen Rotzipfel. Was von ihm bleibt ist ein Haufen klein
zermalmter Scherben.
Brüllend vor Zorn stürmt jetzt der Gartenbesitzer mit der gebrochenen Nase wieder aus
dem Haus. Er hat zwar durch sein Gardinenfenster das Unglück kommen sehen, aber nicht
rechtzeitig reagieren können.
Die Freunde der Rotzipfel haben erneut einen guten Freund verloren.
Immer müssen sie den Preis für die menschlichen Unzulänglichkeiten und ihre Streitlust
bezahlen.
So kann das nicht weitergehen.
„Wir müssen uns wehren ... Wir müssen uns wehren!“ schreit der Oberzipfel vergeblich
gegen diese unzwergenmäßige Welle der Gewalt an, - doch ausrichten kann er rein gar
nichts.
Es geht wie schon gehabt so weiter – und ein einhelliger Schrei durch die nahezu vereinte
Zipfelgemeinde.
Nur ist jetzt wieder der schludrige Gartenbesitzer in der Rolle des Opfers.
Sein Feind packt sich den Stein, ignoriert die gebrüllten Warnungen seines Kontrahenten:
„Ich bring dich um, du Dreckschwein ... Ich knall dich ab ...!“ und schleudert den Block
genau auf die Zwergin mit der grünen Jacke und den hervorquellenden Titten.
Deren Lebenszeit und Existenz endet damit schlagartig.
Aber ihr Tod wird umgehend gerächt.
Der Steinblock tritt postwendend die Rückreise durch die Frühlingsluft an, fliegt mit Kraft
und Wut geschleudert in hohem Bogen und zerdeppert mit dumpfem Getöse den lachenden
Erwin neben dem Rosenstrauch.
Die gesamte Zwergenwelt würde am liebsten in Tränen ausbrechen, ausgerechnet Erwin,
ein seltenes Sammlerstück, friedlich, fleißig und ein Musterbeispiel an tadelloser Zwergentugend.
Zertrümmert und ermordet.
Der Besitzer der Zipfeltraditionalistenkolonie will sich umgehend trotz seiner bereits gebrochenen Nase über den Zaun hinweg auf seinen verhassten Gegner stürzen, ihm die Fresse
polieren. Mit Mühe und einigen blauen Flecken gelingt es jedoch seiner Ehefrau ihn davon
abzuhalten, ihn trotz immer wieder neuen Ausbruchsversuchen in Richtung Haus zu bugsieren, damit der gewalttätige Wahnsinn im Garten endlich ein vorläufiges Ende findet. Dabei
wird sie allerdings noch von der Ehefrau ihres Nachbarn laut kreischend verhöhnt, was ihre
eigene Wut nicht nur zum Brodeln, sondern zum Überkochen bringt.
Doch scheinbar will sie es dennoch ignorieren.
Hinter der Gardine stehend wartet sie ab, sieht das pöbelnde Nachbarehepaar dicht am
Zaun stehen und nutzt eben jenen Augenblick, als sie sich schließlich abwenden, um laut
fluchend zurück in ihr eigenes Haus zu gehen.
Ihr den Rücken zukehren, das hätten sie besser nicht getan.
Denn kaum ist das geschehen, packt sich diese sonst so tugendhafte Ehefrau ihren Putzeimer, in dem noch das enorm dreckige Abwasser ihres wöchentlichen Frühjahrsputzes vor
sich hin müffelt.
Und das ist kein normales Dreckwasser, sondern eine richtig graubraune Brühe, denn sie
ist erst kurze Zeit mit dem Putzen von Klo und Garage fertig. Normalerweise schüttet sie
dieses ekelige Gemisch naserümpfend ins Klo oder gleich in den Rinnstein oder Gulli vor
dem Haus, - doch dieses Mal wurde sie aufgehalten, weil sie unbedingt verhindern musste,
dass ihr Ehemann weitere Blessuren aus dem Nachbarschaftskrieg davonträgt.
Die ganze Entwicklung ist ohnehin kaum auszuhalten. So stellte sie den Eimer kurzerhand
neben der Terrassentür ab, denn von dort ist es nur ein paar Schritte bis zum Klo, aber sie
konnte alles beobachten.
Doch die Beleidigungen ihrer fetten Nachbarin führen jetzt bei ihr zu einer Kurzschlussreaktion.
Noch ehe ihr Ehemann sie davon abhalten kann, rennt sie, trotz des nicht geringen Gewichtes aus Eimer und Inhalt, mit wieselschnellen Schritten zum Gartenzaun. Dort haben sich
die Todfeine gerade erst drei, vier Meter entfernt, hören hinter sich verräterische Geräusche, wenden sich um, um einen weiteren Angriff ihres Nachbarn abwehren zu können, und bekommen die ganze dreckige Ladung mit einem ungeahnt kraftvollen Schwung mitten
ins Gesicht, wobei sie zusätzlich noch in den Genuss ein paar unschöner Geschmacksproben kommen.
Den nun endgültig verlustigen Putzlappen hatte die fleißige Hausfrau leider nicht bedacht.
Er wickelte sich umfänglich direkt um Kopf und Gesicht der korpulenten Beleidigerin.
So wird der gellende Entsetzensschrei erst einmal ein wenig gedämpft, während ihr Ehemann noch mit der dreckigen Wasserflut kämpft, die aus seinem Haar und der gesamten
Kleidung tropft. Seine Gattin von dem Putzlappen zu befreien, entfällt sowohl seinem Vorsatz, als auch seiner Wahrnehmung, obwohl die Ärmste würgend und hustend um Hilfe
schreit.
Das ist wirklich unerhört, - doch die Gattin des traditionellen Zipfelgartenbesitzers hat sich
längst abgewendet und schreitet mit triumphierendem Lächeln zurück zum Haus, Zoll für
Zoll eine selbstbewusste Siegerin.
Zwar verfolgen sie wüsteste Beschimpfungen und Beleidigungen, doch sie hat vorerst ihre
hinreichende Genugtuung und kann das kaltlächelnd an sich vorbeigehen lassen.
Die uniformierten Streitschlichter bekommen alle Hände voll mit Strafanzeigen aufnehmen
zu tun.
Sie sind auf Anforderung des Schludergartenbesitzers angerückt und müssen nun mühsam
wieder auseinanderpuzzeln, wer was und wie getan hat, wer welche Sachbeschädigung
und Körperverletzung begangen hat.
Das dauert seine Zeit – und wird sich zweifellos in der Gesamtzusammenstellung der
Gerichts- und Anwaltkosten, der Geldstrafen und Schadensersatzansprüche in kommender
Zeit auswirken.
Jetzt ist es erst einmal schwierig die kreischenden Streithähne davon abzuhalten, selbst in
direkter Anwesenheit der uniformierten Staatsgewalt, erneut aufeinander loszugehen. Dabei
sind die schon zu Sechst angerückt, da der Nachbarschaftsstreit inzwischen Revierthema
Nummer eins ist.
„Wir müssen uns wehren ... wir müssen uns wehren ...!“ versucht der Oberzipfel vergeblich
seinen Anteil an strafender Gerechtigkeit einzufordern, - niemand von den Menschen hört
ihm zu, nur seine ebenso empörten Zwergverwandten.
Immerhin, jetzt streiten die sich nicht mehr untereinander, die Einheitsfront der Zwerge ist
erreicht.
Nur nutzt ihnen das herzlich wenig.
Ein vorübergehender Waffenstillstand dauert zwar bis tief in die Nacht, aber es stand
niemals in Frage, dass diese kriegerische Angelegenheit damit nicht abgeschlossen ist. Der
Friede ist nicht nur brüchig, er verdient nicht einmal den Namen.
Wieder schleicht ein Mensch durch Nacht und Wind, sucht jedes unnötige Geräusch zu vermeiden. Dieses Mal ist es nicht jener, den der Besitzer des traditionalistischen Zipfelterrains
so abschätzig als „dreckigen Penner“ bezeichnet, sondern er selbst. Kaum sitzen seine
Nachbarn endlich in der entspannten Fernsehabend-Unterhaltung, da schlecht er sich
zurück in den Garten, sucht und findet ohne Mühe jenen Steinblock, der zuletzt auf seinem
Keramikzwerg gelandet war und ihn zerschmetterte. Immer wieder lauschend pirscht er
damit zum Gartenzaun, späht misstrauisch zum erleuchteten Fenster und die Umgebung,
ob sich sein Feind nicht ahnungsvoll und wider Erwarten irgendwo verborgen hält und ihm
womöglich schon seinerseits auflauert.
Doch er ist ganz allein diesseits und jenseits des Weidezauns, - mal abgesehen von den rot
und grün bemützten Zipfeln, die ihn mit tiefstem Misstrauen beobachten.
Der wird doch wohl nicht erneut einen der Ihrigen ermorden?
Nein, will er nicht.
Der Gartenbesitzer lacht leise meckernd in Vorfreude, schwingt den Stein mehrmals hoch
über dem Kopf, wobei ihm vor Anstrengung schon wieder die gebrochene und verarztete
Nase zu bluten beginnt, - und schleudert dann den Stein mit einem halblauten Schrei in
Richtung Nachbarhaus.
Noch nie zuvor gab es in dieser gutbürgerlichen Wohnsiedlung einen derart erschreckend
infernalischen Lärm.
Noch nie zuvor war so ein gellend lautes Bersten und Klirren zu hören.
Noch nie zuvor löste eine Meinungsverschiedenheit eine derartige Aggression aus.
Es klingt ein wenig wie eine Bombe, als der große Steinblock das breite Panoramafenster
auf der Terrasse des verhassten Nachbarn erreicht und durchschlägt, sodass ein Glasscherbenregen die endlich friedliche Abendidylle schlagartig beendet.
Das ist längst kein Streit mehr, das ist Krieg, echter Krieg mit echtem Lebensrisiko.
Der gellend laute Schrei der Nachbarin schrillt in den Ohren, ist vermutlich bis Hellerhof zu
hören.
Zwar flitzt der Gartenbesitzer so schnell es im Dunkel geht zurück ins Haus, wo ihn schon
seine gehässig grinsende „bessere“ Ehehilfe erwartet, aber sein Feind hinter dem Gartenzaun bekommt dennoch einen klaren Sichtbeleg, wem er dieses erneute Verbrechen zu
verdanken hat.
Nicht, dass er daran auch nur eine Sekunde irgendeinen Zweifel gehabt hat, - aber so
erlangt er wenigstens letzte Gewissheit.
Sein Wutschrei ist nicht weniger weit zu hören, vielleicht nicht ganz bis Hellerhof, aber in
Benrath beben mit Sicherheit die Fensterscheiben.
Er schreit und schreit, gellend laut, den ganzen Frust aus Jahrzehnten von der Seele.
Jetzt ist ihm alles egal.
Nicht einmal die noch immer vor Panik und Entsetzen kreischende Ehegattin kann ihm ein
winziges Stück Mitgefühl abringen.
Er schreit und schreit, ignoriert die Anstrengung, die ihm den Schweiß auf die Stirn treibt.
Es scheint, dass seine Seele endlich gebrochen ist.
Er braucht jetzt unbedingt seine Satisfaction.
Während die anwohnenden Nachbarn an geöffneten Fenstern herauszufinden versuchen,
was denn jetzt schon wieder los ist, warum man in diesem so gutbürgerlichen Viertel plötzlich keine Ruhe mehr findet, stürmt der Gartenbesitzer mit dem zertrümmerten Panoramafenster zurück ins Haus. Er geht zum Dielenschrank, dem schmalen aus stabilem Eichenholz, immer abgeschlossen. Mit zitternden Händen sucht er nach dem Schlüssel, dreht ihn
herum und öffnet die Tür.
Da ist es, das richtige Werkzeug, um diesem Gartenkrieg ein Ende zu bereiten und unbestrittener Sieger zu bleiben.
Er kennt sich schließlich gut aus, besitzt eine Jagdlizenz und ist im Sportschützenverein,
war schon einmal Schützenkönig und mehrfach zu Jagden eingeladen.
So eine Zwillingsbüchse mit Magnum Spezial Schrotmunition, Kaliber 3,75, das reicht, um
selbst bullenstarke Eber ein für alle Mal mit einem einzigen Treffer in die ewigen Jagdgründe zu schicken. Die war immerhin notfalls auch für afrikanische Büffel zu verwenden.
Für einen solchen nervenden Nachbarn reichte das allenthalben.
Er packt sich vier der gelbroten Patronenhülsen, steckt zwei in die Hosentasche und zwei in
die Läufe der abgeklappten Jagdbüchse.
Jetzt und hier will er der Sache ein Ende bereiten, und sein Nachbar soll bluten, vor ihm im
Dreck liegen.
Eine Sekunde lang denkt er noch darüber nach zusätzlich seine Gattin abzuknallen, denn
die raubt ihm förmlich den Verstand. Es ist jetzt fast 5 Minuten her, dass ihnen die Glasscheibe und der klotzige Stein um die Ohren flog, doch sie sitzt immer noch mit angezogenen Beinen breitarschig in ihrem Sessel und schreit sich die Seele aus dem Leib. Nur
einmal setzt sie kurz aus, um Luft zu holen und kreischt dann wieder mit gellend überschlagender Stimme.
Warum hat er die bloß geheiratet?
Für einige Fragen gibt es wohl niemals überzeugende Antworten.
Ganz kurz huscht ein wölfisches Lächeln um seinen Mund.
Auf eine Frage allerdings schon, und die wird er jetzt endgültig beantworten.
Draußen im Garten ist sein Feind nicht zu entdecken, genauso wenig wie seine Ehefrau.
Doch er braucht nicht einmal darüber ernsthaft nachzudenken, um zu wissen, dass sie ihn
hinter der Gardine beobachten und sich wahrscheinlich darüber kringelig lachen, dass seine
Frau noch immer vor Angst wie am Spieß brüllt.
Das Lachen soll denen gleich vergehen, - und er weiß genau, wie er das anstellen muss.
Schließlich sieht er ja Tag für Tag wie sein Nachbar seinen Benz direkt vor dem Haus parkt,
obwohl er der stolze Besitzer einer schmucken Garage ist. Aber da drinnen kann den
chromblitzenden Spritfresser ja keiner sehen.
Sehen und gesehen werden.
Das wird jetzt ein Ende haben.
Überall in den Fenstern schauen die Anwohner und Nachbarn raus, und irgendwer hat
sicher schon wieder die Polizei gerufen.
Es ist ihm egal.
Der erste Schuss knallt wie eine gewaltige Sprengladung und lässt gleich ein Dutzend
Nachbarn fluchtartig vom Fensterbrett verschwinden. Wenn hier jetzt auch noch geschossen wird, wollen sie nicht unbeabsichtigt in die Schusslinie geraten.
Der SE sieht aus, als hätte ihm ein Riese direkt mit geballter Faust mitten in die Fresse
geschlagen, den Kühlergrill rausgefetzt und die Kühlerhaube aufgerissen. Eine zweite
Schrotladung macht endgültig Schrott aus ihm, lässt die Scherben der Windschutzscheibe
in alle Richtungen zerstieben und die rotbraunen Lederpolster wie überreife Marienkätzchen
aufplatzen.
Jetzt ist er so richtig in Fahrt, jetzt geht es erst richtig los. Er ist nicht mehr zu stoppen, auch
nicht von dem aus der nahen Ferne anrückenden Martinshorn.
Lauf abklappen, abgeschossene Patronen raus, neue rein, aus dem Augenwinkel das
Gesicht der Nachbarin am Küchenfenster erspähend. Am Liebsten würde er die Büchse
hochreißen und ihr eine volle Ladung Schrot auf den Kopf schießen, - doch ihr anhaltend
gellender Schrei, als sie die Trümmerwüste des zerschossenen Benz erblickt, hält ihn aus
unerfindlichen Gründen davon ab.
Wo ist sein Hauptfeind, dieser verdammte Bastard?
Er ahnt, dass er ihn im Garten finden wird und geht entschlossen den kurzen Weg um das
Haus herum, denn er will seinen ultimativen Fangschuss abfeuern.
So entgeht ihm, dass sein Nachbar aus dem Küchenfenster schaut, ebenfalls vor Wut laut
aufschreit und in sein Wohnzimmer stürmt. Dort reißt er die antike Streitaxt seines Ur-Großvaters, oder vielleicht auch dessen Ur-Großvaters, von der Wand und packt sie mit entschlossenem Griff.
Diesen dreckigen Penner wird er jetzt ein für alle Mal erledigen.
Dabei wird er noch in dieser Nacht eine unerfreuliche Überraschung erleben, wenn er
erfährt, dass man ihn jahrelang belogen und betrogen hat. Denn die Streitaxt ist zweifellos
nicht aus dem Besitz irgendeines Ur-Großvaters, wie die eintreffende Polizei später feststellen wird, - es sein denn, er stammte aus Taiwan. Denn auf der Unterseite der Klinge ist
winzig klein eingraviert: Made in Taiwan.
Ja, das Leben ist manchmal voller unerwarteter Überraschungen.
Sein Feind kommt jedenfalls ziemlich flott und entschlossen ums Haus herum, erspäht den
verhassten Nachbarn und reißt die bullige Zwillingsbüchse hoch. Im Gegenlicht des Terrassenfensters sieht der ihn deutlich vor sich, bestes Jagdlicht, mit einer gewaltigen Streitaxt in
beiden Händen. Reste von gelbem Streiflicht fallen auf den Rasen, auf sauber und ordentlich geordnete Beete und eine deutlich geschrumpfte Gemeinschaft roter Zipfel.
Die sind nicht nur wegen ihrer Keramik stocksteif vor Entsetzen.
Ein Mord in ihrem Garten, vor ihren Augen, - so etwas sprengt jede Vorstellungskraft.
Dazwischen ertönt der doppelte Ruf der Polizisten im Hintergrund, jeder mit einer Schusswaffe ausgerüstet, durchgeladen und entsichert, auf die beiden Kontrahenten angelegt.
„Fallenlassen – sofort fallenlassen!“ Schreien die staatlichen Streitschlichter und bringen
damit beide Gartenbesitzer völlig aus dem Konzept. Der eine will nur zu gerne seinem
Nachbarn mit der Axt den Schädel spalten, um endlich wieder zu seiner verdienten Ruhe zu
finden.
Der andere möchte ihm nur zu gerne mit Magnum Schrot, Kaliber 3,75 die Rübe runterschießen.
Ihr Hass aufeinander ist unüberwindbar.
Beide haben aufgehört zu toben und zu schreien, stehen mit schreckgeweiteten Augen und
weit aufgerissenem Mund ein paar Meter gegenüber.
„Fallenlassen – sofort fallenlassen, alle beide ... lassen Sie die Waffen fallen ... sofort!“
schreien die Polizisten noch einmal und es ist ihren Stimmen anzuhören, dass der Spaß am
Streit endgültig vorbei ist.
Der Schludergartenbesitzer wirft einen schnellen Blick zu ihnen hinüber.
Kombathaltung, wie auf der Polizeischule gelernt, beide Pistolen in den Händen der ausgestreckten Arme, den Körper in Profilstellung und leicht geduckt.
Was soll er jetzt tun?
Klirrend fällt die antike Streitaxt seines Todfeindes auf den Terrassenboden, springt noch
einmal hoch und knallt genau mit der Schneide auf die Zehenspitzen des Besitzers. Dessen
gellender Schrei ist zwar ein gutes Stück unterdrückt, denn er will ja nicht als Weichei angesehen werden. Aber das Blut spritzt trotzdem.
Der wild entschlossene ehemalige Schützenkönig mit der Zwillingsbüchse starrt ihn
fassungslos an.
Was für ein hirnloser Idiot, hackt sich selbst aus Dämlichkeit die Zehen ab.
Was soll er bloß machen?
Wie kommt er da ohne Gesichtsverlust wieder raus?
Er schaut in den Garten – genau auf den kleinen Hügel mit dem Oberzipfel.
„Neiiiiin ...!“ schreit der lautlos und sieht sein Ende gekommen. Doch der wild gewordene
Gartenbesitzer mit der tödlichen Schrotladung drückt zum Glück nicht ab. So eine bescheuerte Keramik, denkt er still bei sich, ist jetzt nicht nach seinem Sinn, jedenfalls nicht so eine.
Dann fällt sein Blick auf diese Hasenfigur neben dem Hügel, kaum noch in der Dunkelheit
auszumachen. Doch der Schludergärtner ist erfahrener Jäger, das Büchsenlicht reicht ihm
allemal aus. Da liegt dieser braune Hase im Gras und lacht, und lacht, und lacht, und lacht
ihn scheinbar aus vollem Halse aus.
Wenn schon nicht sein verhasster Feind aus dem Nachbarhaus, dann wenigstens dieser
bescheuerte, völlig idiotische Keramikhase, der ihn derart verhöhnt.
Ohne zu zögern drückt er ab, der Hase wird wie von einer Bombe zerfetzt.
Blut und Knochensplitter fliegen ein paar Meter weit, kaum noch zu identifizierende Reste
bleiben auf dem Rasen. Dafür liegt im Stiefmütterchenbeet ein blutiger, abgeschossener
Hasenlöffel.
„Nein ... nein ...“, wimmert leise der Oberzipfel und wirft unerkennbar für die Menschen
einen Blick auf seine letzten versammelten Getreuen, „wir müssen uns wehren ... wir
müssen uns wehren ...“
Die nicken mit grimmigen Gesichtern und schenken dem gellenden Geschrei der beiden
Ehefrauen keinerlei Beachtung. Endlich sind die aus ihrer angstvollen Erstarrung erwacht –
und wieder bringen sie nur eines zustande, kreischende Schreie, die dieses Mal garantiert
bis Hellerhof zu hören sind.
So begann es und niemand ahnte, welche Folgen diese Nacht noch für die Menschen und
besonders für die Erwachsenen haben sollte.
Es war schrecklich, absolut schrecklich.
Ein Krieg begann, ein Krieg mit allen erdenklichen Grausamkeiten und Ungerechtigkeiten,
ein Krieg der alliierten Kinder und Gartenzwerge, mit roten und grünen Zipfeln, halb nackig
und traditionell bekleidet mit schwarzen Stulpenstiefeln, grüner Hose und Wams, weißbärtig
und manchmal auch weiblich, also ohne Bart, aber allesamt grimmig entschlossen, - angeführt von zahlreichen Oberzipfeln. Selbst noch bepamperte Kleinkinder begleiten sie schon
auf ihrem Feldzug.
Das war zu weit gegangen, viel zu weit.
Jetzt ziehen sie Tag und Nacht brutal und rücksichtslos marodierend durch unsere Straßen,
haben sich schwer bewaffnet mit Hacken, Spaten und Sensen, indem sie zuerst Bauhaus
und andere Heimwerkermärkte plünderten, - denn nirgendwo kommt man schließlich leichter und schneller an effektiv einsetzbare Waffen, das haben sie schnell von den Zipfeln
gelernt. Sie haben sich zu allem entschlossen der gemeinsamen Rache verschworen, verschworen gegen uns Erwachsene, die wir immer glauben so unübertrefflich logisch und klug
zu sein. Sie zünden unsere Häuser an, sie fackeln unsere Autos ab, prügeln Mütter und
Väter ohne Furcht sogar auf öffentlichen Plätzen erbarmungslos zusammen.
Sie kennen kein Erbarmen und keine Eltern mehr, wollen nur noch Rache.
Denn irgendwo zwischen Klein Eller – komm nach Eller, stirbste schneller – Siedlung Freiheit und Hellerhof hat ein bornierter, schludriger Gartenbesitzer in einem Anfall von sinnloser Wut auf seinen Nachbarn und in purer Streitlust - den Osterhasen erschossen.
© Hans B.
Menschenfreunde
Wissen Sie, ich such mir ganz gerne ein bisschen Streit, denn ich bin so ein unbequemer
Querdenker. Ich mach mir so meine Gedanken, so über jenes und alles, einfach so meine
eigenen Gedanken, zum Weltgeschehen, und so, und zu den kleinen Dingen des Lebens,
die alle betreffen und so ... aber eben auch mich und ... und Sie.
Na klar, nun bleiben Sie mal ruhig. Ich weiß doch selber, dass so was böse enden kann,
dass alle glauben, es wäre besser nicht zu viel zu denken, sich keine Gedanken zu
machen.
Ich bin doch nicht blöd.
Aber ich bin eben nicht wie ... na ja, wie Sie ... oder wie ihre Nachbarn, die sind ja ziemlich
blöde, wissen Sie.
Nichts für ungut, Sie sind ja wahrscheinlich ganz okay, ... es sind meistens die anderen ...
die sich keine Gedanken machen. Da ist ja auch nicht viel, außer schweigender Leere in
verbiesterten Gehirnen.
Und ich hab eben auch Spaß daran, mir Streit zu suchen, Themen gibt’s ja jede Menge.
Manchmal kann ich einfach nicht anders, das kommt einfach so, und dann kann ich nicht
wieder aufhören.
Ist wie ne Sucht ... haste mal angefangen, findste kein Ende mehr ... ohne Ende ... geht
immer weiter ... ganz von allein ... da oben im Kopf.
Iss ja auch kein Wunder......
Also Kinder sind ja was Wunderbares, sagen die Großmütter, sagen sie immer, jeden Tag.
Manchmal, meistens leider nicht.
Ich weiß, ich weiß, die Kinder, die Sie kennen sind vor allem laut kreischend, stets fußballspielend, unverschämt, nörgelnd, ungebildet, dreckig, verlogen, feindselig, gierig auf Fernsehen und Computerspiele, eigenes cooles Handy, lehnen alle Verantwortung ab, ebenso
Autoritäten wie Sie, zerkratzen Autotüren, zerstechen Reifen, klauen Fahrräder, beschmieren Wände, knallen Haustüren und zünden Briefkästen und Mülleimer an.
Eben der ganze alltägliche jugendliche Wahnsinn.
Und die sogenannten Erwachsenen, ihre Nachbarn, die sind auch nicht viel besser.
Denen trauen Sie alles zu, die ihnen überhaupt nichts, schon gar keine Autorität. Für die
sind Sie einfach keine Respektperson, genauso wenig wie ein Polizist oder so was. Es gibt
ein paar Nette, ein paar freundliche Ignoranten, denen Sie nicht gleich am Liebsten was in
die Fresse hauen würden, aber keine reale Anerkennung ihrer Person, obwohl Sie meinen,
dass ihnen das durchaus zusteht. Sie würden ja auch nicht erkennen wie ähnlich Sie den
anderen sind, dass Sie wie Brüder oder Verwandte im selben Stadtteil leben.
Was machen Sie falsch?
Warum läuft es nicht so, wie Sie sich das vorstellen?
Sie sind schließlich Beamter, nichts Hohes oder Besonderes, nur im städtischen Bauamt,
aber das seit vielen Jahren und eher unauffällig. Aber Sie wissen um die Prinzipien der
menschlichen Gesellschaft, um die Regeln und Verordnungen, - das sollte doch was wert
sein.
Richtig, sie machen einfach was falsch.
Schauen Sie sich ihren türkischen Nachbarn an, genau gesagt Hakan, seinen ältesten
Sohn. Nicht mal 25 Jahre alt, arbeitslos, wie sein Vater, was heutzutage nichts ungewöhnliches ist. Aber der Sohn, das ist ein offenes Geheimnis im ganzen Viertel, hat noch
nie in seinem Leben offiziell gearbeitet, steht aber im zweifelhaften Ruf alles zu verdealen,
was das Hirn vernebelt und viel Kohle bringt, Haschisch, Extasy und wie das Zeug alles
heißt, - Bezugsquelle: unbekannt, aber jede Menge.
Fährt `nen 3er BMW und das als Arbeitsloser. Gehört aber offiziell seiner Schwester, die
nichts zu melden hat und außerdem einen Job. Sein schwarzes Haar ist immer gegelt und
sieht seltsam verschnitten aus, seine Arme und Brustkorb behaart und muskulös, um den
Hals eine dicke Goldkette. Seine Kleidung typisch Macho, Lederhose, Muscle-Shirt, immer
weit offenes Hemd, fette Armbanduhr. Sein Deutsch eher gebrochen, seine Freundin eine
blonde Friseusentussi schlimmster Art, mit ziemlich großen Dingern – na, Sie wissen schon
was ich meine - und er selbst selten wirklich nüchtern. Islam und moslemische Tradition hin
oder her, er faselt ständig davon, ob jemand das hören will oder auch nicht, ist aber ungeachtet dessen häufig betrunken.
Nein, das war die falsche Frage, denn das ist hier nicht das selbstironische Satiremagazin
eines Kaya Yanar und die Frage: Was guckst Du? – sondern die ganz alltägliche, banale
Wirklichkeit in unseren Städten. Es ist nicht todernst, aber komisch ist auch bei weitem
nicht.
Ich zumindest habe Hakan selten ohne Bierflasche in der Hand auf der Straße gesehen. Oft
lungert er mit Freunden an der Trinkhalle rum, bei dem kleinen grünen Park im Viertel, mit
dem Kinderspielplatz, wo sich auch die Junkies, Kinderprostituierten und Alkoholiker treffen.
Wer so etwas allerdings wagt offen auszusprechen, ist ausländerfeindlich, ein Faschist,
oder ein übler Verleumder des Islam, ein Ungläubiger und Feind der moslemischen Welt, sagt Hakan. Aber es sagt auch keiner so was, zumindest nicht in seiner Hörnähe.
Er wird respektiert und niemand würde ihn ignorieren.
Ja, ich weiß, dass Sie schon ahnen, woran das liegen mag, ist ja kein Geheimnis und
bekannt im ganzen Viertel.
Vielleicht sollten Sie sich dennoch daran mal ein Beispiel nehmen.
Denn er hat einen Hund, - genauer gesagt einen Kampfhund und nicht irgendeinen, sondern so ein muskelbepacktes Aggressionspaket mit ziemlich kurzen Beinen, Bollerkopf,
einem Brustkorb wie ein Hulk und einem Gebiss, so mächtig und drohend wie ein gezacktes
Armee-Kampfmesser. Was das genau für eine Rasse ist, weiß ich nicht, ist mir auch egal,
denn ich will diesem aggressiven Biest nicht unbedingt begegnen. Maulkorb trägt der grundsätzlich nie und eine Leine eher selten, und wenn, dann zwischen seinen Zähnen, was ihn
noch gefährlicher aussehen lässt. Hakan behauptet, er habe kein Geld für eine Leine und
verweist grinsend auf seine Arbeitslosigkeit. Behördliche Auflagen interessieren ihn dabei
nur am Rande. Keine Ahnung, wie er es gedreht hat, dass seine Killerbestie den Wesenstest bestanden hat, ist aber so. Für Geld machen manche Menschen bekanntlich alles
möglich.
Sein bester Freund und Kumpel ist Horst, von den meisten nur Hotte genannt, hat einen
Rottweiler, größer als dieser hellgraubraune Killer, schwarzbraun und ebenso kurzhaarig,
mit einem noch viel breiteren, muskelbepackten Brustkorb, stämmigen Muskelbeinen,
einem beeindruckend drohenden Quadratschädel und einem grollenden Bellen, dass einem
das Blut in den Adern gefriert. Trägt auch nur selten Leine und Maulkorb, denn Hotte ist
ebenfalls arbeitslos, sagt er. Auch er fährt ein ziemlich großes Auto, so eine amerikanische
PS-Schleuder. Gehört ihm aber offiziell nicht, sondern einem anderen Kumpel aus seiner
Clique. Seine Haare sind auch meistens gegeelt, aber blond, seine Arme und Brustkorb wie
von einem Bodybuilder, sein Deutsch gebrochen, obwohl er ein überzeugter Deutscher ist.
Was immer du so brauchst, Hotte kann es besorgen, sagt er, schnell, diskret und relativ
preiswert.
Ich glaube nicht, dass der seine Hände im Spiel hat, aber nur der Teufel mag wissen, woher
das ganze Zeug stammt. Selbst die Top-Marken-CD-Player fürs Auto sehen aus wie frisch
aus dem Laden, aber zu einem unschlagbaren Preis.
Macho-Kleidung trägt er wie Hakan, und immer mit Cowboystiefeln. Seine Freundin ist
ebenfalls eine Friseusentussi, allerdings noch eine Spur schlimmer als die andere. Arbeiten
beide in dem selben Salon und stehen auf echte Kerle, sprechen beide ebenfalls nur gebrochenes Deutsch, obwohl zweifelsfrei hier geboren.
Irrtum, Irrtum, das ist kein billiges Klischee, keine Erfindung, alles nur ganz normaler Alltagskram.
Aber beide - Hotte und Hakan - genießen den Respekt, der ihnen entgegen gebracht wird,
obwohl sie sich manchmal den Spaß machen die alte Frau Schneider fast zu Tode zu
erschrecken, wenn einer oder beide Hunde laut knurrend auf sie zulaufen und erst einen
Meter vor ihr auf scharfen Zuruf zum Stehen kommen. Ist noch nie was passiert, obwohl es
durchaus Nachbarn gibt, die sich das wünschen würden. Denn viele sind auf die große,
geräumige Altbauwohnung der Alten scharf, würden zu gerne da einziehen. Nur tut sie
niemandem den Gefallen ins Altersheim umzuziehen, oder noch besser gleich das Zeitliche
zu segnen, um die Rentenkasse zu schonen.
Wer sich in Gegenwart von Hakan und seinem Kampfhund auf der Straße zu schnell
bewegt, weil er z.B. noch die nahende Straßenbahn erreichen will, läuft Gefahr sofort von
dem Muskelpaket attackiert zu werden. Der greift alles an, was ihm bedrohlich erscheint.
Ich habe selbst auch schon die Erfahrung gemacht und Glück gehabt, dass Hakan die
Bestie im letzten Moment stoppen konnte.
Hotte hatte letztes Jahr nicht so viel Glück. Da ist so ein Hosenscheißer abgenippelt, so ein
Balg mit Watschelgang und Pampers. Hottes Rambo war wirklich sehr kinderlieb, sagt er,
und wurde von vielen Nachbarn bestätigt, gehorchte aufs Wort. Musste sich aber gegen
einen massiven Angriff dieses kleinen Hundehassers verteidigen und hat ihn innerhalb
weniger Augenblicke zerfetzt. War wirklich voll uncool, wie dann einige rumgeflennt haben.
Besonders die Mutter von dem ungezogenen Hosenscheißer, der seine ganze Aggression
auf den armen Rambo richtete. Der hat sich wirklich nur verteidigt und seines Lebens
gewehrt, wurde auch von Hakan bestätigt, dass Rambo niemandem was tat, wenn man ihn
in Ruhe ließ. War doch alles nur Lüge, dass Hotte unverantwortlich gehandelt hätte, nur
weil er seinen Rambo nicht an der Leine und ohne Maulkorb führte. So ein Rottweiler ist
schließlich auch sehr sensibel, und so etwas kann ihn seelisch völlig zerstören, wenn er
einen Maulkorb tragen muss, weil man ihm nicht traut. Und das ohne jeden Grund.
Na ja, und so schlimm war es ja letztendlich auch nicht. Der Hosenscheißer war eh gleich
hin. War ja auch noch so´n Zwerg, nicht mal drei Jahre alt, da verstehen sie noch nicht so
richtig, was Schmerz ist. Die Nachbarn haben sich auch alle schnell wieder abgeregt und
verstanden, dass Rambo sich nur verteidigt hat.
Umgelegt, also ich meine getötet, wurde er trotzdem, - und fand innerhalb weniger Wochen
einen Nachfolger, noch kräftiger und muskulöser, noch bedrohlicher und auch ohne Leine
und Maulkorb, und ebenfalls auf den Namen Rambo hörend, - mehr oder weniger, meistens
weniger.
Ja, erinnern Sie sich?
Ich mich auch noch sehr gut, und eines habe ich absolut begriffen: Hotte und Hakan genießen im ganzen Viertel uneingeschränkten Respekt.
Und was können Sie jetzt daraus lernen?
Sie müssen die Dinge nur richtig interpretieren, sich richtig verhalten, nicht auf der falschen
Seite stehen, und stets berechenbar konsequent handeln.
Und lassen sie sich keinen Mist erzählen, schon gar keinen Hundemist.
Es stimmt schon, dass ganz viele Mitbürger sich Hunde halten und nicht mal die fällige
Hundesteuer bezahlen. Die laufen mit Hunden ohne Steuermarke rum. Hakan und Hotte
nicht, auch wenn keiner so richtig wissen will, woher sie das Geld dafür nehmen.
Na schön, na schön, es bleibt denen ja auch gar keine Wahl, denn seit dem Pech mit
Rambo hat das Ordnungsamt ein Auge auf die Beiden, und die waren nicht immer so
korrekt mit der Hundesteuer. Aber dieser ganze Blödsinn, den viele Hundehasser immer
wieder breit treten, weil sie selber ins was reingetreten sind, was sie nicht schön fanden, das ist doch alles gequirlte Scheiße, - um mal im Bild zu bleiben.
Wozu bezahlt man als Hundehalter schließlich Hundesteuer?
Eben genau dafür, damit ist das alles abgedeckt und Hunde sind doch auch nur Menschen,
die müssen auch mal ihre Scheiße irgendwo veröffentlichen, nicht nur Leute wie ich, indem
sie solche ketzerischen Kolumnen oder Glossen schreiben wie diese hier.
Zugegeben, bei einem einzelnen Hund fällt das wirklich nicht so auf, während es bei den
Millionen Hunden in diesem Land schon eine ganze Menge ist, was da Tag für Tag auf den
Straßen landet. Zweitausendfünfhundert Tonnen Hundescheiße jeden Tag und bundesweit.
Das ist nicht abzustreiten, dass das viel ist, erst recht wenn man es auf ein Jahr hochrechnet. 900-tausend Tonnen Hundescheiße, damit könnte man schon durchaus ein neues
Mittelgebirge in die Landschaft setzen, wenn man es einfach auf einem Platz liegen lassen
würde.
Aber das will ja gar keiner, würde ja auch erbärmlich stinken. Deswegen eben die Hundesteuer, damit kann die Stadt wieder gereinigt werden.
Jetzt gibt es aber so ganz besonders penetrante Klugscheißer, die sich damit nicht zufrieden geben, die immer wieder mit dem Finger auf Hunde zeigen, besonders gerne auf
Kampfhunde aller Art, und behaupten, die würden sich schlecht benehmen gegenüber ganz
normalen Fußgängern und Mitbürgern. Und die erzählen ihnen Storys, von zerrissenen
Hosenbeinen, unmotivierten Angriffen, vom Wechseln der Straßenseite, wenn sie nur einen
solchen Hund sehen.
Ja, das kann doch gar nicht sein, Hakan und Hotte sind hoch angesehen und genießen viel
Respekt. Es gibt zwar, das muss man zugestehen, auch eine Menge Leute die Angst vor
ihnen und erst recht vor ihren Hunden haben.
Aber kann das wirklich der Maßstab sein?
Viele Kinder benehmen sich wesentlich aggressiver auf den Straßen, und trotzdem käme
kein Mensch auf die Idee einen Leinen- und Maulkorbzwang für sie einzuführen. Dabei
wäre das durchaus überlegenswert.
Aber Sie haben ja mein Ehrenwort, dass Sie bei mir immer einen guten Rat für den
Lebensalltag bekommen können. Also lassen Sie uns das doch mal in Gedanken durchspielen, ob da was falsch läuft, - ich meine mit den Hunden. Es kann doch kein Zufall sein,
dass 70-tausend Hundebesitzer vor dem Landtag mit vollem Erfolg gegen die schärfere
Landes-Hundeverordnung demonstrieren, während sich für die angeblich zu Unrecht angegriffenen Kinder und Fußgänger nicht mal ein paar Hundert Demonstranten zusammenfinden. Ich meine, Sie wollen doch jetzt wohl nicht behaupten, dass die Vorurteile stimmen,
dass dieses Land kinderfeindlich wäre, denn es waren ja bislang nicht nur Kinder, die
aggressiv kinderfreundliche Hunde angegriffen haben und dann von ihnen verletzt wurden.
Wer demonstriert für die Omas und ihre kleinen Schoßhündchen, und wer für die gleichen
Omas, denen von Jugendlichen die Handtasche weggerissen wurde.
Dabei wollten die etwas klobigen Hunde doch nur spielen, die meinten das nicht böse.
Sehen Sie das Ganze doch mal aus der Sicht des Hundes, handeln Sie doch mal annähernd wie ein Hund, benehmen Sie sich wie ein Hund auf der Straße und auf dem Bürgersteig. Vielleicht können wir so ergründen, warum Hakan und Hotte so viel Respekt genießen.
Also das mit dem Scheißen auf den Bürgersteig ist wirklich nicht sehr appetitlich, aber das
können wir ja entschärfen, indem Sie den Bordstein nehmen. Machen ohnehin auch schon
einige Hundebesitzer. Und Steuern zahlen Sie und andere ohnehin schon jede Menge.
Wäre das nicht sehr unterhaltsam und lustig, wenn wir ab morgen alle beim Bedürfnis an
den Bordstein treten und uns dort in der Hocke erleichtern. Das könnte sogar zum kollektiven Gesellschaftsgefühl beitragen:
Gemeinsames Bordsteinzuscheißen am Schillerplatz morgens um 7.30 Uhr.
Also ich finde den Gedanken gar nicht schlecht. Man könnte sogar einigen Supermärkten
und anderen Geschäften, in denen man unfreundlich bedient wurde einen Denkzettel verpassen und genau vor den Haupteingang scheißen.
Na schön, wenn ich mir einige Zeitgenossen vorstelle, wie z.B. unseren ehemaligen Kanzler, den möchte ich nicht gerade beim Scheißen auf der Straße sehen, und Durchfall ist
dann sicher auch kein schöner Anblick.
Aber bei Hunden regt sich da auch keiner auf.
Andererseits würde ich zu gerne mal der einen oder anderen schönen Frau aus der
Nachbarschaft zusehen, wie sie hockend an den Bordstein scheißt. Das könnte mir durchaus gefallen.
Ich glaube, das ist alles nur Gewohnheitssache.
Stellen Sie sich doch das mal vor, jeden Morgen 20-Millionen Bundesbürger auf dem Weg
zur Arbeit hocken mit nacktem Hintern und breitbeinig an allen möglichen Bordsteinen und
entleeren ihren Darm.
Das kriegt nicht mal das japanische Fernsehen hin, und die produzieren schon Shows, die
völlig abgedreht und unglaublich abstoßend sind. Nach ganz kurzer Zeit würden wir uns alle
daran gewöhnen und wir fänden es ganz normal, dass alle Menschen auf die Straße pinkeln und scheißen.
Und der Herr Schulte oder Meier, oder wer auch immer, das ist doch sowieso ein Kotzbrocken, den niemand ausstehen kann. Scheißen Sie ihm doch mal vor die Haustür, oder
pinkeln Sie sein neues Auto an.
Der wird sich freuen – oder auch nicht, aber er kann nichts dagegen tun, denn sonst gilt er
sofort als Tierfeind.
Nicht vergessen, wir handeln jetzt wie Hunde auf der Straße.
Nun ja, die Geruchsbelästigung wäre schon erheblich, ebenso die Riesenmenge an Fäkalien. Da reicht es für weit mehr als ein Mittelgebirge, da könnten ruck-zuck neue Alpen
entstehen.
Aber wozu bezahlen wir schließlich Steuern?
Damit ist alles abgegolten, und wir Alt-68er haben doch schon vor mehr als 30 Jahren
gegrölt: Die Straße gehört uns, wir müssen sie uns nehmen, das Land gehört uns, wir
müssen es nur wollen.
Und es hat ja auch gerade für uns Männer einige unübersehbare Vorteile.
Wäre das nicht schön und lustig, Sie könnten ohne jede Gefahr der Beleidigung auf jede
schöne Frau zulaufen und laut an ihr herumschnüffeln, ihr Gesicht zwischen ihre Beine
drücken, ihre Hand und ihren Hals beschnüffeln, an ihr herumlecken. Sabbern sie ihre
Hand, ihre Beine, ihre neue Designerhose voll, sie kann nicht wirklich etwas dagegen tun.
Sie könnten sich an ihr reiben, ihr den Weg versperren, und wenn sie sich halb panisch und
irritiert an ihnen vorbeidrängen will, laut und aggressiv knurren.
All die schönen Frauen, die Sie jetzt keines Blickes würdigen, wären mit einem Schlag an
Sie ausgeliefert.
Im Zweifelsfall können Sie immer sagen: Ich tu doch nix, ich will nur spielen.
Dagegen gibt es kein Argument, ohne sich gleich sehr unbeliebt zu machen.
Und sie könnten sogar in aller Öffentlichkeit Sex haben, einfach hinter die Frau treten, sie
leicht nach vorn beugen mit den Händen auf die Knie, Hose runter und los geht’s. Aber
warten Sie bitte zumindest so lange, bis sie zu Ende geschissen hat. Das gibt dem Sexualleben gleich einen ganz neuen Kick.
Hab ich schon mehrmals gesehen, bei Hunden. Richtig, die haben allerdings nicht die
Hosen runtergelassen, die hatten erst gar keine an. Aber das könnten Sie im Sommer ja
auch tun.
Es gäbe bestimmt Leute, die würden sogar Geld dafür bezahlen, wenn sie nur zuschauen
dürfen. Sie könnten das Ganze also sogar zudem noch gewinnträchtig vermarkten. Das
gäbe bestimmt eine hübsche Nebeneinnahme.
Ob Sie dafür Steuern zahlen müssen?
Tja, das kann ich ihnen auch nicht sagen, ist aber nicht auszuschließen.
Na, gefällt Ihnen langsam der Gedanke?
Gut, nicht ...?
Menschen, die sie gar nicht gut leiden können, die ihnen nicht gefallen, könnten Sie laut
brüllend (bellend) entgegenrennen und müssten sich nicht mal dafür entschuldigen. Und
denen, die Sie noch weniger leiden können, zerreißen sie gleich die Hosen oder werfen sie
um, oder zerfleischen ihnen die Waden, die Arme. Ihr Chef würde garantiert mit einem mal
viel freundlicher zu ihnen.
Und dann diese schreienden, lärmenden Kinder.
Erinnern Sie sich, sie waren ganz am Anfang unser Ausgangspunkt.
Ja, ja, genau die, die Ihnen nie mit Respekt begegnen. Die würden sich so schnell nicht
mehr auf ihren Hof wagen und dort Fußball spielen oder laut herumtoben. Da reicht es
schon, wenn sie einem einzigen Kind einen kräftigen Biss in den Hintern verpassen, ihm die
Hose zerreißen oder sogar einfach nur mit aller Kraft umwerfen. Sie müssen diesem Bengel
ja nicht gleich an die Kehle gehen. Der soll sich ruhig vor Angst in die Hosen machen, dann
lernt er was fürs Leben. Die Spaßgesellschaft ist passe, jetzt kommt der Ernst des Lebens.
Hunde machen das nun mal so, Tag für Tag auf unseren Straßen.
Na, was is ...?
Na, haben Sie es geschnallt.
Ich weiß, Sie sind nicht sehr schnell im Verstehen, besonders dann, wenn Sie es absolut
nicht wollen. Aber ich habe es ihnen doch leicht gemacht, das versteht so langsam jeder,
selbst Sie.
Genau, deswegen genießen Hakan und Hotte so viel Respekt in der Öffentlichkeit.
Die Menschen in ihrer Umgebung haben viel zu viel Schiss vor ihnen, um sich halbherzig
gegen sie zu stellen.
Mit einem mal wären Sie, der kleine Beamte aus dem Bauamt voll respektiert, nur weil Sie
sich wie ein rüder Köter in der Öffentlichkeit benehmen.
Gefällt ihnen das?
Nein, wieso nicht, das wäre doch absolut cool?
Ach so, sie meinen ... aaaaah ja ...
Gut, dann benehmen Sie sich auch nicht wie ein Hund, und ich meine jetzt die genau umgekehrte Variante, die mit dem eingekniffenen Schwanz und dem gesenkten Kopf, diesem
schuldbewussten Blick und der totalen Unterwürfigkeit, diesem Kriechertum. Zeigen Sie
Zivilcourage, auch wenn es zur Zeit nicht dem Zeitgeist entspricht, denn solche Typen wie
Hakan und Hotte gibt es leider überall und manchmal wirken sie ganz unscheinbar, wie
Millionen andere Menschen auch. Nur die aggressive Mordmaschine an ihrer Seite verleiht
ihnen diese Autorität und die basiert allein auf Angst. Deswegen machen sie auch kaum
einen Schritt vor die Wohnungstür ohne ihren Killer an der Seite, denn sie wollen nicht ihren
Respekt verlieren, der ihnen zusteht, den sie sich mühsam erkämpft haben.
Und lassen Sie sich nichts vormachen, von wegen Schuld sei immer der Mensch am anderen Ende der Leine, und auch solche Hunde hätten ein Recht auf ein sicheres Leben.
Niemand, absolut niemand braucht so eine vierbeinige Killermaschine, es sei denn er will
andere Menschen unter seine Herrschaft zwingen oder ihnen Angst machen. Viele dieser
Hunde werden nachweislich nur gezüchtet um Menschen anzugreifen.
Natürlich können Sie jetzt noch tagelange pädagogische Grundsatzdebatten führen, auch
über das Lebensrecht von aggressiven Kampfhunden. Aber dieses Problem ist real, nicht
ideologisch und nicht theoretisch, sondern ganz blutig auf zahllosen Straßen unterwegs.
Und es muss jetzt gelöst werden, nicht morgen oder übermorgen und auch nicht nach
monatelanger Debatte.
Solange noch immer deutlich mehr als 70-tausend Menschen gegen schärfere LandesHundeverordnungen demonstrieren und lautstark dagegen protestieren, und damit sogar
vor Gericht Erfolg haben, werden es weiterhin nur ein paar hundert Wahrhaftige sein, die
stillschweigend in einem Trauermarsch gegen den Tod eines zerfleischten Kindes oder
einer jungen Mutter demonstrieren. Solange sind noch nicht genug Kinder lebensgefährlich
verletzt worden, es wird dann immer wieder passieren.
Und es sind bei weitem nicht nur ausländische Mitbürger, ihre deutschen Nachbarn sind
genauso ignorant.
Vielleicht erwischt es schon morgen Sie oder ihre Frau, oder ihre 5-jährige Tochter, oder
ihre 78-jährige Mutter, oder ...
Jedenfalls haben Sie jetzt etwas, worüber Sie mal ausgiebig nachdenken sollten.
Ich denke über so was nach ... und das sollten Sie auch mal für die nächste Viertelstunde
tun.
Das schaffen Sie schon, - und wenn Sie das überleben, sind Sie im Leben schon wieder
einen Tag weiter.
© Hans B.
Jenny
Es war jedes mal dasselbe.
Carmen und Calvin veranstalteten eine Party oder einen Grillnachmittag, die Sonne schien
vom strahlendblauen Himmel, es herrschte wunderbares Wetter und angenehme Temperaturen ließen die Luft wie lebendig erscheinen, sie kribbelte auf der Zunge. Nicht zu heiß,
aber auch nicht die Spur kühl, eben genau richtig, die Hormone begannen zu tanzen, die
richtigen Jungs und Freundinnen hatten zugesagt, alles in hervorragender Ausgangsposition.
Jenny freute sich auf die ausgelassene Stimmung, ein wenig flirten, ein wenig fummeln,
vielleicht sogar knutschen, ein paar Flaschen Bier, ein paar schnelle Feiglinge, dann wurde
es erst richtig antörnend die Hände des heißesten Jungen vom Tage unter ihr hauchdünnes
T-Shirt zu lassen. Da konnten sie dann zitternd und leicht verschwitzt nachfühlen, wie weit
fortgeschritten ihre Entwicklung als 15-jährige schon war.
Jenny war stolze Besitzerin zweier hübscher wohlgeformter Brüste, noch nicht sehr üppig,
aber absolut Klasse anzufassen. Sie liebte es zu wissen, dass die Jungs ihr hinterher gafften, dass sie davon träumten, einmal mit ganzer Hand ihre Brust umfassen zu dürfen, die
kleine Brustwarze in der Handfläche zu spüren.
Das kribbelte, und Jenny wusste nur zu gut, wo es überall kribbelte.
Doch Jonas hatte alles verdorben, ihre Mutter einen dicken Strich durch die bereits aufgestellte Rechnung gemacht.
Erwachsene und besonders Eltern waren schlicht nur blöde.
Warum musste ihre Mutter ausgerechnet an diesem Freitag länger arbeiten, weil es angeblich so viele Kundenaufträge in der Firma gab?
Sie besaß doch gar keine leitende Stellung, war nur Packerin in der Druckerei, in der sie
schuftete und als Alleinerziehende das Geld ranschaffte, das ohnehin nie wirklich vorn und
hinten reichte. Immerhin konnten sie alle drei gut davon leben, Jenny, Jonas und Helga,
ihre Mutter.
Ihr Vater, Jenny konnte sich kaum wirklich an ihn erinnern, war schon vor Jahren auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Da war ihre Mutter gerade etwas mehr als 14 Tage von
Jonas entbunden gewesen.
Wäre ihr Vater noch Teil der Familie, müsste ihre Mutter sicher nicht am Freitagnachmittag
in der Firma schuften.
Für Jenny hieß das auf Jonas aufpassen, kaum, dass sie aus der Schule zurück und ihre
Hausfrauenaufgaben erledigt waren. Das nahm sie ja noch zähneknirschend in Kauf, dass
sie für sich und Jonas das Essen wieder warm machen musste, dass ihre Mutter bereits
vorgekocht hatte.
Aber es war der Tag vor dem Wochenende, ein herrlich warmer Mainachmittag und ihre
Freunde warteten am Rheinufer auf sie. Da waren jetzt alle, die nicht arbeiten mussten oder
die Schule hinter sich gebracht hatten. Ein Bierkasten ließ sich auch auf einem Fahrradgepäckträger hervorragend transportieren, im eigenen Auto sowieso. Wahrscheinlich waren
die Parkplätze und Randstreifen der Uferstraßen bereits wieder dicht zugeparkt und jede
Menge dreckiger, blitzender und buntfarbiger Fahrräder waren überall auf den Wiesen verteilt.
Nur Jenny, sie musste auf Jonas aufpassen, sich mit ihm beschäftigen und mit ihm spielen.
Er war schließlich erst fünf Jahre alt, kam nächstes Jahr in die Schule und war sehr verwöhnt und anspruchsvoll.
Nur zu gut wusste er, dass seine Mutter ihn heiß und innig liebte, ungeachtet der Tatsache,
dass er die lebende Hinterlassenschaft jenes Mannes war, der sich von Helgas Seite
verdrückt und sich seiner Familienverantwortung entzogen hatte. Ein einziges Wort der
Beschwerde bei ihrer Mutter würde schon reichen, um Jenny die Möglichkeit der Teilnahme
an der nächsten Rheinuferparty zu verbauen.
Dieses Mal hatte sie ihn zwar nicht allein gelassen oder abweisend links liegen lassen, ihre
Mutter musste lediglich ein paar Stunden länger arbeiten.
Für Jenny war damit der Tag erst mal gelaufen, darüber brauchte sie keinen Gedanken
mehr zu verschwenden.
Es war nicht gerecht, es war Scheiße.
Es gelang ihr nicht einmal ihre beste Freundin ans Handy zu kriegen. Da ging nur der
Anrufbeantworter an. Also würde die sich fragen, wo denn Jenny nur blieb, genau wie ihre
Freunde. Wie Alex, mit dem sie so gerne knutschte und ihm fast die Zunge heraussaugte,
wenn sie erhitzt miteinander küssten und herummachten.
Marc würde auch da sein, Jennys eigentlicher Grund, warum sie Alex an ihrer Brust herumfummeln ließ und heiß machte. Marc war seit Wochen der begehrteste Junge in ihrer Schule, ohne feste Bindung, mit dunklen nackenlangen Haaren, einem etwas kantigen Gesicht,
großen Augen und sinnlichen Lippen.
Jenny war sich verdammt sicher, dass er gut knutschen konnte.
Leider – oder besser zum Glück – gab es bisher keinerlei Bestätigung von irgendeiner Seite
dafür. Aber Jenny versuchte seine Aufmerksamkeit zu erregen, ihn ein wenig eifersüchtig
zu machen, ihn anzuspitzen, - bisher ohne wirklich durchschlagenden Erfolg. Doch sie ließ
sich dadurch nicht entmutigen, glaubte unbeirrt an ihre Chancen, wenn sie ihm nur genug
Zeit widmen konnte.
Aber Jenny musste Babysitter für Jonas spielen.
Alle ihre Freunde trafen sich spätestens jetzt am Rheinufer, hatten alles dabei, um sich
einen schönen, verrückten Nachmittag zu machen.
Und was machte sie stattdessen?
Sie trottete lustlos mit ihrem allerliebsten Brüderchen zum Spielplatz.
Als ob ein Sechsjähriger sich noch ernsthaft für einen Spielplatz begeistern könnte.
Aber Jonas machte das vermutlich sowieso nur um sie zu ärgern, weil er wahrscheinlich
genau wusste, wie ärgerlich es für Jenny war, zwischen all den jungen Müttern und den
verhärmt grauen Großmüttern auf der Bank zu sitzen und ihren Bruder ohne jegliche
Begeisterung dafür zu loben, dass er sich traute allein auf dem Bauch die alte, abgeschabte
Rutsche rücklings herunter zu rutschen.
Der Kleine war eine echte Nervensäge und eine Spaßbremse.
Mit seiner Mutter wollte er nie auf den Spielplatz, das hob er sich für Jenny auf, weil er ganz
genau wusste, dass sie sich darüber maßlos ärgerte.
Jonas ließ seiner großen Schwester keine ruhige Minute, wann immer sich nur die geringste
Möglichkeit bot. Ständig war ihm angeblich langweilig, kam er ohne Vorankündigung in ihr
kleines Zimmer, störte sie beim Musikhören, bei den Hausaufgaben oder beim Chillen. Er
quengelte dann, solange bis Jenny schließlich mit ihm spielen musste.
Und das dann möglichst den ganzen Tag lang, als gäbe es rein gar nichts, womit er sich
auch mal allein beschäftigen könnte.
War Helga, ihre Mutter, Zuhause, fand er zu Jennys Ärger sehr schnell etwas, was
interessant genug war, um ihn stundenlang allein zu fesseln.
War sie aber arbeiten, so änderte sich das sofort, fand sich da nichts Adäquates. Bei der
Rückkehr ihrer Mutter führte sein erster Weg zu ihr, wo er sich ausgiebig und quengelnd
darüber beklagte, dass Jenny keinen Augenblick mit ihm gespielt hätte. Prompt folgten
dann Vorwürfe, egal wie müde Jennys Mutter von der Arbeit kam, denn ein Traumjob war
das sicherlich nicht und irgendwo musste auch sie mit ihrem Frust über die anstrengende
Arbeit hin. Sie war hartnäckig der Meinung, dass sie nur durch Zusammenhalt den Verlust
der väterlichen Einnahmequelle ausgleichen und überstehen könnten. Jenny wäre schließlich kein kleines Kind mehr, alt und erwachsen genug, um in der persönlichen Freiheit etwas
zurückzustecken und sich auch mal um den kleinen Bruder kümmern.
Wieso eigentlich?
Jenny hatte nie einen Bruder gewollt, sich in der Rolle des Einzelkindes sehr wohl gefühlt.
Ihr Vater wahrscheinlich auch nicht, denn irgendeinen Grund musste es ja geben, dass er
einfach still und heimlich seine Sachen gepackt und regelrecht untergetaucht war.
Aber sie fragte ja keiner, nicht nach ihren Wünschen für ihre Freizeit und ihr Leben.
Nur was sollte sie dagegen tun?
Sie konnte Jonas ja nicht einfach fesseln, knebeln und in der Wohnung einschließen, ihn da
zurücklassen, nur um an der Rheinwiesengrillparty teilzunehmen. Selbst wenn sie ihn nur
unfixiert da zurückließ, würde das den Verlust aller Freizeitvergnügungen auf Wochen
bedeuten.
Da verstand ihre Mutter keinen Spaß.
So trottete Jenny gelangweilt, frustriert und ziemlich stinksauer mit Jonas durch die
menschenvollen Straßen, vorbei an den vielen Geschäften hinüber zum großen Stadtpark
und war schon froh, dass ihr nicht gerade eine ihrer Freundinnen entgegen kam. Jetzt
irgendwelche Fragen zu beantworten, warum sie nicht unterwegs zum Rheinufer war, hätte
sie vor Zorn heulen lassen, - und das war mehr als uncool.
Auf dem Spielplatz angekommen fiel ihr sofort auf, dass da keine anderen Kinder waren,
nur ein paar Omis und Opis dösten matt im Sonnenschatten auf den Parkbänken unter den
Bäumen.
Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Denn das bedeutete, einen Schritt weitergedacht, dass
Jonas niemanden, kein anderes Kind in seinem Alter finden würde, dem er auf die Nerven
gehen konnte. Seine ganze Aufmerksamkeit würde sich also auf Jenny richten.
Wahrscheinlich spielten die anderen Mütter samt ihren Kindern längst am Rheinufer, denn
es war Freitagnachmittag, die Väter von ihrer Arbeit zurück und das ganze Wochenende lag
ungeplant vor ihnen. Auf den Rheinwiesen fanden die kleinen Quälgeister jede Menge
Spielkameraden, auch solche, denen man mal ordentlich die Schaufel auf den Kopf hauen
konnte und mit Sicherheit viel Abwechselung.
Damit war der Nachmittag nun für Jenny endgültig im Eimer.
Vielleicht hatte sie aber auch Glück und Jonas fand es so langweilig ohne andere Kinder in
seinem Alter, dass er die Lust am Spielplatz verlor, wieder nach Hause wollte und dort
etwas spielbares entdeckte, was seine Aufmerksamkeit fesselte. Mit noch etwas mehr
Glück kam dann vielleicht doch noch ihre Mutter früher als erwartet von der Arbeit und
Jenny bekam die Möglichkeit verspätet, aber nicht zu spät, zum Rheinufer zu radeln und
sich mit ihrer Clique zu treffen.
"Hey Jenny, kommst du mit auf die Wippe?" rief Jonas und rannte auch schon begeistert
los, ehe sie antworten konnte. Es war ihr egal, denn sie hatte ohnehin keine Lust, das
musste wirklich nicht sein.
Doch Jonas gab keine Ruhe und rief noch einmal nach ihr. Jenny wusste nur zu gut, dass
er sich Zuhause bei ihrer Mutter beschweren würde, weil sie sich nicht genug um ihn
gekümmert hatte.
Konnte sich nicht der Boden unter seinen Füßen öffnen und ihn ein für alle Mal verschlingen, damit sie endlich wieder ihr eigenes Leben genießen konnte und sie ihn
endgültig los war?
Jenny knurrte, spürte ein harten Kloß im Hals und eine Menge Wut im Bauch, sogar ihre
feuchten Augen, weil sie am liebsten laut losgeheult hätte, weil das Leben so ungerecht zu
ihr war. Am liebsten hätte sie Jonas bei den Haaren gepackt und seinen Kopf so lange auf
diese verdammte Wippe geschlagen, bis er endgültig still war.
Doch sie tat nichts dergleichen.
Stattdessen hockte sie sich wenig begeistert zu ihrem Bruder auf das Spielgerät, stieß sich
völlig lustlos vom Boden ab und begann zu wippen. Jonas lachte, freute sich und quietschte
geradezu vor Vergnügen.
"Höher ... höher Jenny", rief er immer wieder.
Na gut, er hatte es ja nicht anders gewollt, jetzt würde sie es ihm mal zeigen und sich
wenigstens ein wenig dafür rächen, dass sie als Einzige nicht zum Rheinufer konnte.
Jenny stieß sich immer kräftiger vom Boden ab und drückte die Wippe, mit ihrem im
Vergleich zu Jonas viel größeres Gewicht auf ihrer Seite ebenso heftig nach unten, dass
das Ende des dicken Eisenrohres mit lautem Geräusch auf den ausgeleierten Autoreifen
klatschte, der als Puffer diente. Jonas flog am anderen Ende jedes Mal immer noch ein
Stück höher und landete dann unsanft auf seinem Hintern, was ihm hoffentlich ordentlich
wehtat, - hoffte Jenny.
So konnte sie wenigstens ein wenig ihre Wut an ihm auslassen.
Doch da hatte sie die Rechnung ohne Jonas gemacht. Denn dem schien das auch noch
ausnehmend gut zu gefallen, dass er sich mit all seiner Kraft an der Wippe festkrallen
musste um nicht im hohen Bogen hinunter geschleudert zu werden.
Schneller als gedacht verging Jenny wieder die Lust an diesem Spiel. Sie murrte irgendetwas davon, dass sie keine Lust mehr habe, stand von der Wippe auf und wies Jonas an,
er solle sich auf dem quietschenden Drehkarussell vergnügen. Dabei hoffte sie inständig,
dass er sich nicht richtig festhalten konnte und sich beim Absturz das Genick brach.
Sie ging hinüber zu einer der leeren Bänke, streifte die gelegentlichen Spaziergänger im
Park mit flüchtigen Blicken und beschloss, sich erst mal eine Zigarette anzuzünden.
Sollte sie die kleine Nervensäge doch an ihre Mutter verpetzen. Die fand es nämlich gar
nicht gut, dass Jenny in Jonas Gegenwart rauchte. Sie würde ihm dafür bei nächster Gelegenheit ein Bein stellen und ihm einen Tritt in den Arsch verpassen, den ihr keiner nachweisen konnte. Das würde ihm schon verdeutlichen, was man verpetzen durfte und was
nicht. Ihre Mutter würde zwar ahnen, dass ihr kleiner Liebling die Wahrheit sagte. Aber
Jenny konnte perfekt die Unschuld heucheln, und musste sich keine Sorgen machen, dass
ihre Mutter ohne jeglichen Schuldbeweis eine Strafe verhängte. So ungerecht war sie
wirklich nicht.
Aber an diesem Tag ging eben alles schief.
Jenny konnte nichts mehr wundern. Sie hatte vergessen ihre Zigaretten in die Hosentasche
zu stecken, nur ihr neonpinkfarbenes Feuerzeug fristete da ein einsames Dasein.
Das hatte ihr gerade noch gefehlt.
„Jonas ... bin gleich wieder da ...“
Zum Glück entdeckte sie das vertraute Büdchen auf der anderen Parkseite, direkt neben
der Hauptverkehrsstraße. Dort trafen sich am Abend immer die Junkies und Säufer, stanken wie die Penner, konsumierten ihre jeweiligen Drogen, gaben sich die Nadel oder die
Kante, und suchten
Kunden bei den vorübergehenden Passanten. Eine schnelle Oralsexnummer in einem der
Büsche brachte glatt einen Zehner.
Jetzt war da rein gar nichts los, nicht einmal ein einsamer Säufer hing schief an der
Seitenwand herum und kippte sich ein Bier.
Die fünfzig Meter hin und zurück würde Jenny im Vorübergehen schaffen, ohne dass Jonas
genug Zeit hatte irgendwelchen Unsinn anzustellen.
Und selbst wenn, vielleicht machte er ihr ja die Freude, kletterte auf das spitzhohe Seilgerüst, stürzte ab und brach sich ein Bein. Das konnte sie auch nicht verhindern, wenn sie
da auf der Bank saß, sodass sie keine Schuld treffen würde. Sie konnte jederzeit behaupten
gut aufgepasst und Jonas ermahnt zu haben nicht leichtsinnig auf den Seilen herumzuklettern. Wenn er nicht auf sie hörte und sie ignorierte, konnte sie auch nichts machen,
dann war das eben sein ureigenes Problem.
Wenn sie schon gezwungen war sich zu langweilen, statt mit ihrer Clique einen ausgelassenen Spaß am Rhein zu genießen, wollte sie wenigstens ihre gequälten Nerven mit einer
Zigarette besänftigen.
"Jonas ... geh nicht allein auf die Seile ...", rief sie ihrem Bruder noch im Weggehen als
letzte Alibisicherung zu, obwohl sie selbstverständlich wusste, dass diese Ermahnung ihn
wahrscheinlich erst auf diese Idee bringen würde und sowieso zwecklos war.
Beinahe wäre sie mit einem Radfahrer kollidiert, der mit hohem Tempo seinen Weg durch
den Park suchte. Natürlich wieder einer von diesen schwitzenden Fahrradkurieren, denen
es völlig egal war, wer ihnen im Weg herumstand, solange sie nur so schnell wie möglich so
viele Kunden wie möglich beliefern konnten. Die überfuhren rote Ampeln, preschten in
gefährlichem Tempo über Bürgersteige, sogar mitten durch Straßenrandcafes.
Time is Money.
Jenny hätte ihm am liebsten ein paar üble Schimpfworte hinterher gerufen, doch er war
schon längst wieder um einen Kurve auf dem Schotterweg verschwunden, noch ehe sie
sich irgendetwas besonders Beleidigendes ausdenken konnte. Ein paar Meter von ihr
entfernt ging ein Ehepaar spazieren, von der anderen Seite erklang grell quietschendes
Lachen, ein paar tiefer klingende Wortfetzen und Hundegebell. Mit einer eher flüchtigen
Bewegung wandte Jenny den Kopf und sah bekannte Gesichter aus ihrem Viertel.
Hakan und Hotte, die beiden muskelbepackten Arbeitsscheuen aus der Parallelstraße, wie
immer mit einem Sixpack Bier, begleitet von ihren beiden bulligen Kampfhunden. Natürlich
unangeleint und ohne Maulkorb, wie immer. Für die Beiden waren Gesetze und Hundeverordnungen ebenso irrelevant, wie der absurde Gedanke jeden Tag zur Arbeit zu gehen.
Zwei grell geschminkte Tussis mit toupierten, blonden Haaren und Nutten-Outfit, mit großen
Titten und jede Menge Modeschmuck, Tattoos und Bierflaschen in den Händen, begleiteten
sie, ebenfalls wie immer. Das war so eine Prollclique, wie Jenny sie absolut nicht ausstehen
konnte.
Doch das tangierte sie jetzt nicht, denn ihre Laune war ja schon vorher auf dem Tiefpunkt.
Da brauchte es nicht diese beiden Sonnen- und Fitnessstudio-Möchte-gern-Machos um ihr
den Tag zu versauen. Das schaffte Jonas noch ganz allein.
Sie ging weiter in Richtung Büdchen, warf nicht einmal einen Blick über die Schulter, um zu
kontrollieren, ob Jonas noch mehr oder weniger ungefährdet auf seinem quietschenden
Drehkarussell seine Runden drehte.
Wütend trat Jenny nach einem kleinen Stein, der auf ihrem Weg lag, kickte ihn weit in die
nahen Büsche. Für eine Sekunde dachte sie daran, dass Hotte und Hakan womöglich zum
Spielplatz wollten, um sich da zu besaufen und rumzumachen mit ihren blonden Tussis.
Allein der Gedanke ließ sie schaudern, dass diese schamlosen jungen Friseusen ihrem
kleinen Bruder die weitgehend enthüllten Titten präsentieren würden. Denn das war eines
ihrer Markenzeichen, tief ausgeschnittene Dekolletes über viel zu eng sitzenden Tops bei
prallen Rundungen, Bier saufend und ordinär rumknutschend. So weit Jenny das wusste,
waren die beiden Blondinen auch schon längere Zeit ohne Arbeit und genossen stattdessen
ihr Leben an der Seite ihrer starken Kerle.
Allerdings würden selbst sie immerhin noch mehr ihre Freizeit genießen können, als Jenny,
die mal wieder auf ihren kleinen Bruder aufpassen musste.
Noch bevor sie diesen abtörnenden Gedanken weiter ausschmücken konnte, wurde ihre
Aufmerksamkeit auf die Geräusche hinter ihr gelenkt. Sie hörte die beiden Tussis schrill
vergnügt kreischen, gleichzeitig die tieferen, grölenden Stimmen von Hakan und Hotte, und
wütend aggressives Hundegebell.
„Jonas ...“, schoss es Jenny durch den Kopf und ohne darüber nachzudenken wandte sie
blitzschnell ihren Kopf um, spähte zurück auf den nicht weit hinter ihr liegenden Spielplatz.
Sie sah dieses Bild, wie aus einem billig gedrehten Fernsehfilm. Ein Bild, das sich schlagartig tief in ihr Gedächtnis brannte, dass sie nie wieder in ihrem Leben vergessen konnte.
Jonas hing wie ein nasser Sack an den Seilen des Klettergerüstes, die Augen und den
Mund weit aufgerissen, das Gesicht von Panik verzerrt. Noch konnte er nicht schreien, doch
im nächsten Moment schien es, als habe er entdeckt, dass seine Schwester ihn sah, dass
sie seine Lage erkannte, und dass sie ihm zweifellos zu Hilfe eilen würde.
Jonas brüllte plötzlich gellend los, weinte und kreischte gleichzeitig, übertönte das schrille
Lachen der beiden vollbusigen Tussis und das dröhnende der beiden Männer an ihrer Seite, die alle zusammen nur ein paar Schritte entfernt dem Geschehen zusahen, ohne einzugreifen.
Die beiden Hunde kläfften dunkel und etwas heiser unter dem spitz nach oben aufragenden
Seilzelt, wurden ebenfalls von Jonas angstvollem Geschrei übertönt.
Noch war er außerhalb dieser gewaltigen Fangzähne, dieser weit aufgerissenen Mäuler.
Doch sabbernd und aggressiv sprangen die beiden Kampfhunde immer wieder in die Höhe
und versuchten eines von Jonas Beinen zu packen zu kriegen, nach ihm zu schnappen und
ihn von seinem Seil herunter zu reißen. Er hatte offenbar versucht nach oben zu klettern,
war dann aus Angst vor den beiden angreifenden Hunden abgerutscht und hing nun mit
seinen dünnen Ärmchen und fest umklammernden Händen zappelnd an dem Seil, nur wenige Zentimeter über den nach ihm geifernden Bestien.
Jenny schrie gellend auf, hatte vielleicht gehofft, dass Hakan oder Hotte die beiden zurückpfeifen würden. Doch sie warfen ihr nur einen schnellen Blick zu, lachten dann hämisch und
wandten sich wieder ihren beiden vierbeinigen Kampfmaschinen zu. Die ließen zur Freude
und Begeisterung der beiden aufgedonnerten Blondinen nicht eine Sekunde darin nach,
den kleinen Jonas zu packen zu kriegen.
Jenny wusste nicht, was sie tun sollte, wie sie ihrem kleinen Bruder helfen könnte. In ihr
widerstritten bodenlose Angst und ungeheure Wut. Aus den Augenwinkeln sah sie einen
Spaziergänger auf einem der Wege, ganz in ihrer Nähe. Er erkannte offenbar ebenfalls,
was da auf dem Spielplatz vorging.
Doch er ging hastig weiter, als wollte er da auf keinen Fall hineingezogen werden.
Jennys Verstand schien zu rasen, ihr Zorn auf diese Gemeinheit explodierte förmlich.
Sie warf schnelle Blicke nach Hilfe in alle Richtungen, hörte ihren kleinen Bruder Jonas
unablässig und gellend schreien, wusste um seine Hilflosigkeit – und nicht, was sie tun
könnte.
Sie entdeckte ein oder zwei weitere Spaziergänger etwas abseits, sah sie sogar stehenbleiben und ganz zielgerichtet zu dem Kinderspielplatz schauend, ihre ausgestreckten Arme
und Hände, die auf Jonas wiesen.
Aber sie kamen keinen Schritt näher, waren sichtlich selbst von Furcht getrieben vor den
beiden laut grölenden Männern. Hakan und Hotte besaßen einen üblen Ruf im gesamten
Viertel, der sich jetzt gefährlich auswirkte.
Jenny wollte losrennen, ihrem Bruder zu Hilfe eilen und war doch selber wie gefesselt von
bodenloser Angst.
Als würden sie ihr zuwinken, fast schwarz und obszön mit ihren erstarrten, blattlos nackten
Ästen gen Himmel zeigend, sah sie mit einem Mal diese abgebrochenen und zerborstenen
Äste. Der Frühlingssturm hatte sie vor wenigen Wochen von den Bäumen gerissen, sogar
ganze Baumriesen im Stadtpark entwurzelt. Noch immer wiesen die ohnehin ramponierten
Grünflächen tiefe Wurzelkrater an jenen Stellen auf, wo die Naturgewalten gewütet und
Bäume herausgerissen hatten.
Weil die Stadtverwaltung unter chronischem Geldmangel litt, lagen sie noch immer hoch
aufgestapelt zwischen den tiefgrünen Bäumen und warteten darauf vom Gartenamt
abtransportiert zu werden.
Ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken rannte Jenny los. Sie brauchte nur wenige
Schritte bis zu dem dichten Gewirr aus Ästen und zersplitterten Baumstämmen, erkannte
blitzartig einen armdicken Ast von mehr als einem Meter Länge mit ein paar abgebrochenen
Zweigverstrebungen an den Seiten.
Jenny war nicht gerade kräftig oder sportlich, wusste auch in diesem Augenblick nicht,
woher sie die Kraft, und erst recht nicht, woher sie den Mut nahm. Sie packte diesen Ast,
zerrte mit einem halblauten Schrei an ihm, bekam ihn frei und wäre beinahe samt ihm
zurück getaumelt und hingestürzt. Erst im letzten Moment konnte sie sich wieder fangen.
Dann rannte sie los, genau auf die beiden Hunde und das Klettergerüst zu.
Der Ast war viel schwerer, als sie gedacht hatte. Doch Jenny nahm nicht einmal wahr, dass
sie laut schrie, auch nicht, dass sich die beiden jungen Männer nach ihr umwandten, sie
kritisch beäugten und dann höhnisch laut loslachten.
Um ihre beiden bösartigen Kampfhunde machten sie sich keine Sorgen. Die würden mit so
einem Teeniegirl im Handumdrehen fertig werden.
Jetzt machte es doch erst richtig Spaß, würde sich zeigen, wie kampftrainiert die beiden
Bullterrier wirklich waren. Sie hatten eine harte Schule bei Hakan und Hotte durchlaufen,
waren auf dem vergammelten Hinterhof durch Hiebe und Anpeitschen zu wahren Muskelpaketen aus Aggression und ohne Angst geworden.
Auch die beiden arbeitslosen Friseusen lachten kreischend vor Vergnügen über dieses
Schauspiel, das jetzt noch eine Steigerung erfahren sollte.
Nur die beiden Kampfhunde waren unbeirrt allein an Jonas interessiert und daran, ihn endlich doch noch packen und zu Boden reißen zu können.
Jenny versetzte dem ersten einen Schlag mit dem langen dicken Ast, so kraftvoll, wie sie
noch nie in ihrem Leben zugeschlagen hatte. Allerdings konnte sie bisher auch nicht auf
allzu viele Gelegenheiten zurückblicken ihre bescheidene Kraft gezielt einzusetzen. Doch
für sich empfand sie für einen Bruchteil der Sekunde das Gefühl so fest zugeschlagen zu
haben, dass der eine der beiden Bullterrier sofort zu Boden gehen musste. Der Rückfederungseffekt in ihren Händen und Armen war so gewaltig, dass es heftig schmerzte.
Doch da irrte sie sich gewaltig.
Der Hund jaulte zwar auf, schüttelte sich einmal, ließ für einen Augenblick von Jonas ab,
und wandte sich ihr zu, unausweichlich erkennend, woher dieser Schlag auf seinen Rücken
und Kopf gekommen war.
Er hatte jetzt ein neues Ziel für einen Angriff gefunden.
Jennys Arme und Hände waren noch teilweise paralysiert von der Schlagwucht, sodass sie
den dicken Ast kaum hochheben konnte. Sie starrte dem Bullterrier entsetzt in die Augen,
glaubte ihren Blick für endlos lange Sekunden gebunden, die in Wahrheit nur einen Lidschlag dauerten.
Jetzt ging das wild gewordene Tier auf sie los, sprang sie an.
Noch ehe sie irgendwie adäquat reagieren und sich wehren konnte, überrannte sie die
enorme Kraft in dieser muskelbeladenen Kampfmaschine und warf sie einfach um. Nie
hätte sie gedacht, dass sie so einen gigantischen Schmerz jemals in ihrem Leben spüren
würde, dass es ihn überhaupt in der Realität geben konnte, als sich der kräftige Kiefer in
ihren Unterarm grub.
Jenny schrie, schrie um ihr Leben und auch, um sich zu retten, diese Höllenbestie damit zu
vertreiben.
Doch die ließ sich nicht erschrecken.
Immer tiefer und schmerzvoller gruben sich die Zähne des Kampfhundes in ihr Fleisch, so
unsagbar schmerzhaft, dass sich Jenny wie gelähmt fühlte, wie hilflos ausgeliefert, völlig
unfähig zu jeglicher Gegenwehr.
Und doch gab sie nicht auf. Sie hörte einen seltsam eindringlichen Mischklang aus höhnischem Lachen, schrillem Frauengekreische und dem hilfeflehenden Schreien ihres kleinen
Bruders, untermalt von dem Knurren des Hundes, der nicht von ihrem Arm abließ.
Jenny war ein lebensfrohes Mädchen, fantasievoll und einfallsreich pfiffig, und sie wusste
dies auch in ihrem Alltag hervorragend umzusetzen, meistens jedenfalls. Sie träumte gerne
von verrückten Dingen, die sich ihre Fantasie herbeizauberte.
Zum Beispiel wäre sie gerne mal Deutscher Superstar geworden, - aber sie konnte einfach
nicht singen, jedenfalls nicht ausreichend gut.
Doch niemals, niemals hätte sie sich dieses entsetzliche Geräusch vorstellen können, durch
ihren Körper wie in einer Resonanz verstärkt, als ihr Unterarmknochen krachend zersplitterte. Es war grauenhaft und dröhnte in ihren Ohren.
Jenny wusste nicht, woher sie die Kraft nahm, denn sie handelte rein instinktiv, nur wissend,
dass sie um ihr Leben, und um das ihres Bruders kämpfte.
Wenn sie hier unterlag, würde er das nächste Opfer werden.
Sie besaß keine Kampferfahrung, aber sie tat, was ihr der Instinkt suggerierte. Mit aller
Kraft, geboren aus ihrer Angst und ihrem Schmerz, trat sie dem unablässig zupackenden
Bullterrier mit voller Wucht vor den Bauch. Sie schaffte es irgendwie ihre Beine anzuziehen,
eines bis dicht an die Brust, gleich neben dem Kopf dieser braunweißen Bestie und trat zu,
mitten in dieses spitze Gesicht aus kalten Augen, einem weit aufgerissenen, blutigen Maul
und mahlenden Kiefern.
Für einen kurzen Moment sah es tatsächlich so aus, als würde das Tier von ihr ablassen,
schien verunsichert und ließ ihren Arm frei, der heftig blutend steuer- und haltlos zu Boden
plumpste, dabei ein dumpfes Aufklatschen und neue Schmerzen verursachend.
Doch schon im nächsten Augenblick verbiss sich dieses wild gewordene Monster in Jennys
Seite, bekam eine große Menge Fleisch und Haut zu fassen, zerfetzte ihre Kleidung, ihre so
oft beklagten kleinen Speckröllchen auf den Hüften.
Der Schmerz war noch grauenvoller, als jener aus ihrem Arm, den sie zu ihrem eigenen
Erstaunen nicht einmal mehr spürte.
Dafür sah sie, wie sich monströse Gebiss immer tiefer in ihren Körper bohrte, dass das Blut
nur so aus ihr herausströmte. Aber gerade das Blut schien den Kampfhund noch wilder und
aggressiver zu machen. In blinder Wut fiel er entschlossen und noch gieriger über sein
Opfer her.
Jenny versuchte zwar irgendwie immer noch, sich zu wehren, ahnte nicht einmal, dass sie
gellend um Hilfe schrie. Ihr war längst klar, dass Hakan und Hotte betrunken waren und sich
nur köstlich amüsierten, dass sie ihnen völlig gleichgültig war, genauso wie ihr Bruder
Jonas.
Sie hoffte auf ein Wunder, auf Hilfe, die von irgendeiner Seite einschreiten und sie retten
würde.
Aber es geschah nichts dergleichen.
Ihr Verstand begann auszusetzen, schon um diesen unvorstellbaren Schmerzen zu entfliehen, die in ihrer Seite wüteten, wo der Bullterrier noch immer an ihrem Fleisch zerrte und
sich tiefer und tiefer verbiss.
Dann konnte sie plötzlich einen kurzen Blick auf Jonas erhaschen und sah, wie ihr kleiner
Bruder von dem Seilgerüst heruntersprang, weil er sich einfach nicht mehr festhalten konnte. Der andere Kampfhund hatte von ihm abgelassen, schaute neugierig zu Jenny herüber,
wo sein Kampfgefährte voller Wut und Entschlossenheit zu Werke ging. Vielleicht war er
verunsichert und glaubte dort leichter und schneller Beute machen zu können.
So entging ihm, dass Jonas sofort wieder in Windeseile auf ein Seil stieg, sich festklammerte und so schnell wie möglich in größere Höhe zu entkommen suchte. Auch wenn er
sich sonst nicht sehr geschickt dabei anstellte, dieses Mal schien er es problemlos zu schaffen.
Aber leider hatte dies auch die mordgierige Bestie, die Jenny attackierte, irgendwie
gemerkt. Der Bullterrier ließ sein Opfer los, wandte den Kopf und wollte offensichtlich in
Richtung Jonas rennen.
Wieder hätte Jenny niemals erklären können, woher sie die Kraft und die Geistesgegenwart
nahm. Aber es gelang ihr die lähmenden Schmerzen zu unterdrücken, das Halsband des
losstürmenden Tieres mit dem unverletzten Arm zu packen und hoffte, sie könne dieses
brutale Monster so lange festhalten, bis Jonas eine sichere Höhe erreicht hatte.
Der Bullterrier hetzte scheinbar ungehemmt in Richtung auf das Klettergerüst und zog
Jenny einfach hinter sich her. Ihre Schmerzen steigerten sich dadurch nahezu unerträglich,
schossen brennend in ungeahnte Höhen. Sie wusste, dass sie sich nicht mehr lange an
dem Halsband festkrallen konnte.
Sie versuchte irgendetwas zu schreien, ihren Bruder zu warnen und war sich sicher, dass
ihre Stimme nicht laut genug war, um das dröhnend höhnische Gelächter von Hakan und
Hotte, und das hysterisch begeisterte Kreischen der beiden Frauen an deren Seite zu übertönen. Jenny ahnte nicht einmal mehr, dass ihre Stimme nur noch ein heiseres, leises
Krächzen war, dass ihr Bruder sie niemals hätte hören können.
Doch dafür bremste der Kampfhund, an dessen Halsband sich Jenny mit einer Hand festklammerte, jetzt einmal kurz ab. Er wandte sich halb um, riss sich mit einem einzigen kraftvollen Ruck los und schnappte mit weit aufgerissenem Rachen nach ihrem Gesicht.
Jenny schrie vor Schmerz gellend auf, hatte für eine Sekunde das Empfinden ihr Kopf
würde auseinander gerissen.
Der Hund hinterließ wieder eine tiefe Bisswunde, sodass sie nun eingefangen vom eigenen
Schmerz am Rande der Bewusstlosigkeit keine Möglichkeit mehr fand ihn irgendwie aufzuhalten.
Dann stürmte der Bullterrier wie wahnsinnig vor Wut und Aggression auf das Klettergerüst
zu. Der andere schloss sich ihm an und gemeinsam sprangen sie an den Seilen hoch,
verbissen sich darin, strampelten mit den Beinen und versuchten irgendwie einen Halt zu
finden, um dort hinauf zu gelangen. Sie wollten den kleinen Jungen zu verfolgen, ihn doch
noch irgendwie zu packen kriegen.
Doch der hatte jetzt fast die Spitze des Klettergerüstes erreicht, eine Höhe, auf die er selbst
bei größter Großzügigkeit seiner Schwester niemals hätte klettern dürfen. Er hatte es
erstaunlich schnell geschafft, angetrieben von seiner ungeheuren Angst.
Von dort oben sah er die beiden Hunde und sah Jenny, die entsetzlich blutend im Dreck
des Spielplatzes lag und sich nicht mehr rührte. Er sah Hakan und Hotte, ihre vom höhnischen Lachen verzerrten Gesichter, die der beiden blonden Frauen, zu grotesker Hysterie
verzerrt.
Er hörte auch das drohende Hundegebell, das Knurren und Kläffen und ahnte, dass es das
Geräusch des Todes war, das da von unten zu ihm herauf schallte. So fest er nur konnte
klammerte er sich an die Seile, hatte seine dünnen Ärmchen darum geschlungen, um nur ja
nicht herunter zu fallen.
Keine Frage, er war unerreichbar in Sicherheit.
Das wurde jetzt auch den beiden Bullterriern klar und so jaulten sie vor Wut und ohne ein
sofort erkennbares Ziel ihrer Aggression auf, warfen Blick ringsum, sahen ihre „Herrchen“
lachen und wurden so in ihrem mordlüsternen Handeln bestätigt.
Alles, was ihnen fehlte, war eine Beute.
Doch da, auf dem Boden, da regte sich etwas. Es roch nach Blut und Todesangst, versuchte sich Zentimeter für Zentimeter in einer breiten Blutspur durch den Dreck in Richtung der
Rutsche zu entfernen, - eine leichte Beute.
Jenny hatte irgendwie ihr Bewusstsein wiedergefunden, mobilisierte mit aller Verzweiflung
ihre letzten Kraftreserven, versuchte den ungeheuerlichen Schmerz in ihrem Körper zu
verdrängen und die Sicherheit dieser abgeschabten Rutsche zu erreichen. Mit ihrem unverletzten Arm robbte sie quälend langsam über den Boden, wohl ahnend, dass sie diese
Sicherheit niemals erreichen würde.
Doch die Hoffnung stirbt zuletzt, - wie oft hatte sie diesen Spruch selber leichtfertig über die
Lippen gebracht oder von Mitgliedern ihrer Clique gehört.
Nicht einmal zwei Meter weit war sie gekommen, als sich die beiden Kampfhunde ihr wieder
zuwandten, sich auf sie stürzten.
Dieses Mal hörte sie das bösartige Knurren kaum, spürte die kräftigen Zähne in ihren
beiden Oberschenkeln. Jetzt fielen beide Hunde wie blutrünstige Monster über sie her. Sie
war längst zu schwach, sich zu wehren, empfand auch keinen wirklichen Schmerz mehr,
nur blanke Todesangst. Sie spürte nicht, wo sich die Kiefer der beiden Tiere als nächstes in
ihren Körper gruben, schmeckte nur noch Blut im Mund, auf der Zunge.
Kälte, eisige Kälte begann sie zu umhüllen, schwarze Nebel umwaberten sie, durchzogen
von blutroten Schleiern.
Jenny ahnte, dass sie jetzt sterben würde, dass ihr Leben vorbei war, dass sie nie mehr mit
ihren Freunden auf den Rheinwiesen eine Grillparty erleben würde.
Was sie nicht mehr hörte waren mehrere scharfe Knaller, den entsetzten Aufschrei von zwei
tiefen Stimmen und ein langanhaltendes grelles Kreischen von zwei blonden, vollbusigen
Friseusen.
Sie ahnte nichts von dem verzweifelten Jammern, das aus Hakan und Hotte herausbrach,
wie sie sogar weinten, weil sie unbedingt zu ihren getöteten Kampfhunden wollten.
Jenny sah nicht, wie die beiden betrunkenen Männer zu Boden gerissen und mit Handschellen gefesselt wurden. Zwei Polizisten hatten mehrfach auf die Hunde geschossen, die
sofort leblos zu Boden stürzten und die ohnehin große Blutmenge auf dem Kinderspielplatz
noch vergrößerten.
Jenny ahnte nichts von den vielen Menschen, Polizisten und Sanitätern um sie herum, wie
sie hektisch damit beschäftigt waren ihren an mehreren Stellen zerfetzten Körper zusammenzuhalten, Blutungen zu stillen und Wunden zu versorgen.
Sie spürte nicht die Infusionsnadel, die Verbände und auch nicht den Defibrillator, das Aufbäumen ihres Oberkörpers, als der Notarzt sie den gierigen Klauen des Todes wieder entriss, der sie mit zuversichtlichem Lächeln schon fest gepackt hatte, um sie mit sich zu nehmen.
Immer wieder wechselte sie zwischen den Welten, bis sie endlich soweit transportfähig war,
dass sie in die Klinik gebracht werden konnte.
Zum Erstaunen aller Beteiligten wachte sie für ein paar Sekunden auf, versuchte etwas zu
sagen, einen Namen über die Lippen zu bringen, schaffte es wahrscheinlich auch, denn sie
hörte eine Stimme, die zu ihr sagte: „Er ist hier ... direkt neben dir ... er ist unverletzt ... es
geht ihm gut ...“
Sie sah ihn nicht, sah überhaupt gar nichts, war eingehüllt in tiefe Dunkelheit.
Ein Sanitäter hatte Jonas eine Wolldecke um die Schultern gelegt. Er zitterte wie Espenlaub, stand unter schwerem Schock, aber er hatte keinen einzigen Kratzer abgekriegt.
Jenny hätte ihm gerne etwas gesagt, doch die Dunkelheit zog sie in die Tiefe und so spürte
und wusste sie gar nichts mehr.
© Hans B.
Prost Neujahr
Wissen Sie, ich such mir ganz gerne ein bisschen Streit, denn ich bin so ein unbequemer
Querdenker. Ich mach mir so meine Gedanken, so über jenes und alles, einfach so meine
eigenen Gedanken, zum Weltgeschehen, und so, und zu den kleinen Dingen des Lebens,
die alle betreffen und so ... aber eben auch mich und ... und Sie.
Na klar, nun bleiben Sie mal ruhig. Ich weiß doch selber, dass so was böse enden kann,
dass alle glauben, es wäre besser nicht zu viel zu denken, sich keine Gedanken zu
machen.
Ich bin doch nicht blöd.
Aber ich bin eben nicht wie ... na ja, wie Sie ... oder wie ihre Nachbarn, die sind ja ziemlich
blöde, wissen Sie.
Nichts für ungut, Sie sind ja wahrscheinlich ganz okay, ... es sind meistens die anderen ...
die sich keine Gedanken machen. Da ist ja auch nicht viel, außer schweigender Leere in
verbiesterten Gehirnen.
Und ich hab eben auch Spaß daran, mir Streit zu suchen, Themen gibt’s ja jede Menge.
Manchmal kann ich einfach nicht anders, das kommt einfach so, und dann kann ich nicht
wieder aufhören.
Ist wie ne Sucht ... haste mal angefangen, findste kein Ende mehr ... ohne Ende ... geht
immer weiter ... ganz von allein ... da oben im Kopf.
Iss ja auch kein Wunder......
Also die letzten Tage vor Sylvester waren ja wieder grauenhaft.
Der ganze Weihnachts-Irrsinn war noch gar nicht richtig verdaut bei mir, die fetten Braten,
die Weihnachtsgans, die vielen Süßigkeiten und der massive Alkoholkonsum, - ich war
noch ganz außerhalb meiner Standardform.
Und dann diese grässliche Vor-Sylvester-Knallerei, obwohl ja per Gesetz dieser private
Knallerkrieg erst zwei Tage vor Neujahr beginnen sollte. Aber daran hielt sich offenbar
niemand, am wenigsten die aufgeheizt aggressiven Kinder. Von Morgens bis Abends, diese
Knallerei mit Krachern, Knallfröschen und Feuerwerkskörpern aller Art, vor allem und hauptsächlich durch Asylanten-Kinder, - also jenen angeblich unterprivilegierten Nachkommen
ausländischer Arbeitnehmer oder Flüchtlinge.
Kaum einem Krieg im eigenen Heimatland entronnen, schienen sie ganz verrückt darauf zu
sein, ihn ohne größeres Risiko für das eigene Leben auf den banalen Straßen ihres derzeitigen Gastlandes fortzusetzen. Überall rannten kleine und größere Kinder mit knallenden
Pistolen, Gewehren und sogar Maschinenpistolen herum, warfen kleine Kordelbomben in
Hauseingänge und Hinterhöfe.
Erfahrungen werden nachgespielt, sagen die psychologisierten Gehirnklempner.
Doch ich glaube eher, die wollen und können einfach nicht anders. Die brauchen einfach
das Krachen und Knallen der Waffen, die berstenden Explosionen, weil sie ihnen für einen
fragwürdigen Augenblick eine gewisse Aufmerksamkeit sicherten.
In allen Straßen, an jeder Hausecke, in kleinen Parks, auf Parkplätzen und innerhalb der
Grünanlagen wurden zig-tausende Mark in grauen Pulverrauch und ohrenbetäubenden
Lärm aufgelöst. Überall saßen und standen verdreckte Kinder mit glänzenden Augen und
vor Eifer hochroten Köpfen zusammen, steckten die Köpfe zusammen, tuschelten, lachten
und schienen ohne jegliche gebotene Vorsicht ihre kleinen, höchstpersönlichen Bombenanschläge auszuprobieren.
Jedem Kind sein persönliches, intimes, lustvolles kleines Massaker, - ist wie im Fernsehen,
wie im Irak, nur echter.
Manche von ihnen flitzten schnell und in halb geduckter Haltung um die nächste Ecke, wie
sie es aus den heimatlichen Bürgerkriegen kannten, wenn sie einen besonders dicken Krachern in eine Mülltonne geworfen hatten, die kurz darauf in Flammen aufging.
Irgendwelchen ahnungslosen Passanten wurden skrupellos China-Bomben zwischen die
Beine oder einfach hinterher geworfen. Besonders bekannte oder schon einmal gesehene
Nachbarn anderer Heimatherkunft, und die Hausflure von infantil verfeindeten anderen
Nachbarskindern, schienen sie wie magisch für ihre Anschläge anzuziehen.
Ich dachte immer, die sind hierher gekommen, weil sie den Krieg absolut satt hätten, weil
sie nur noch Ruhe und Frieden wollten, - aber selbst erwachsene Asylanten, in abgerissenen Kleidern, im Geruch von Armut und Schweiß, schienen ein unbändiges Vergnügen am
privaten Bürgerkrieg zu haben.
Woher haben die eigentlich das überschüssige Geld dafür, schließlich sind doch diese
Sylvester-Bomben nicht gerade billig oder gar umsonst ?
Und dann besonders die Fußgängertunnel, Brückenunterführungen und Garagen wurden
zum Haupt-Kriegsschauplatz, zogen dieses knallwütige Potential wie magisch an. Weil dort,
durch das selbstverständlich verstärkt entstehende Echo und den Außenhall die Wucht der
Explosionen noch um ein vielfaches bedrohlicher wurden.
Ob da dann zufällig oder selbstverständlich bzw. aus naheliegenden Gründen Menschen in
der Nähe waren, oder Autos, die im dichten Rauch kaum noch auszumachen waren, schien
diese "Knaller" überhaupt nicht zu interessieren, eher noch anzustacheln.
Offene Fenster reizten die Kriegs-Spieler ebenso ungeheuer, denn von der Straße ließ sich
ohne große Mühe bis in die 2.Etage so mancher großer Schrecken verbreiten, - während
die Täter, oft noch Kinder, blitzschnell ihre Flucht um die nächste Hausecke realisieren
konnten.
Na gut, dabei konnte ein eher schlecht gezielter Kracherwurf auch schon mal die eine oder
andere Fensterscheibe zersplittern lassen, - aber im Sylvester- Krieg, wie in jedem anderen
Realkrieg auch, gibt es immer ein paar ungeplante herbe Kollateralschäden.
Hauptsache, man war verschwunden, ehe die Besitzer oder Mieter des Hauses es schafften
den Kopf voller Entsetzen und Zorn aus dem Bruchfenster zu stecken.
Bei Freunden flog auch so ein richtiger dicker Wummer mit schrillem Geheul durch das
geschlossene Fenster. Einem kleinen Mädchen wurden durch die Explosion die Haare, der
Familie insgesamt die Gardinen und ein großes Loch in den Teppich gebrannt, das neue
weihnachtsgeschenkliche Porzellan-Service größtenteils zertrümmert, - aber so sind eben
die Verluste im Krieg.
Jeder muss da ein paar Opfer bringen, jeder.
Mir hat so ein Ding die Hosenbeine angesengt, einer Freundin die Nylons zerfetzt, ein kleiner Dackel von einer Oma starb an Herzschlag, die Oma wenige Tage später vor Gram.
Alles nicht sehr extrem, aber immerhin.
Und man kann ja nie wissen, was den Kindern alles noch so einfällt, nachdem sie es schon
mit Krachern im Auto-Auspuff vergeblich versucht haben die Kiste kurzerhand in die Luft zu
sprengen.
Und Verständnis und Ausreden haben die Kinder ja schließlich jede Menge.
Woher sollen ein zehnjähriger Junge und seine pickligen Freunde letztendlich auch wissen,
was so ein kordelumwickelter Kracher in einer benzingeschwängerten Garage, oder in
unmittelbarer Nähe einer Tankstelle so alles an Katastrophen-Wahnsinn anrichten kann.
Das kennen die doch längst viel spektakulärer aus dem Fernsehen.
Da ist ein lichterloh brennender Altpapiercontainer doch nur ein milder Abklatsch.
Also mich hat diese ständige Ballerei vor, hinter und im Haus schon echt genervt.
Es hat immerzu, schon am frühen Morgen, bevor überhaupt die ersten Frühbahnen die
übersättigten Weihnachts-Malocher zur Arbeit bringen konnten, an allen Ecken den ganzen
Tag über geknallt.
Die Kinder waren schon richtig knallwollüstig.
Ist ja auch verständlich, erzählen einem die lebensfremden Pädagogen, die von Berufs
wegen für grundsätzlich alles Verständnis haben.
Ist ja fast wie echter Krieg, mit beinahe echtem Risiko.
Nicht so unpersönlich und steril und lediglich farbig bunt wie im Fernsehen, den der Vater
notfalls einfach abschalten kann.
Nein, hier konnten die Kinder endlich mal erste Grunderfahrungen mit totaler Vernichtungsgewalt machen.
Das prägt für´s Leben, und macht stark und selbstbewusst, und später viel leichter und einfacher einer klapprigen Oma für hundert Mark den Schädel einzuschlagen, oder sie beim
Handtaschen-Entreißen auf die stark befahrene Straße zu stoßen, wo sie lebensecht und
blutig unter einem Bus plattgewalzt wird.
Motzt dann doch bitte nicht die Kinder und Jugendlichen an.
Woher soll so ein Gel-Jüngling ahnen, dass gerade eine Sekunde später der Linienbus
durch genau diese Straße fahren wird. Dafür kann er nicht verantwortlich gemacht werden.
Bei jedem Spiel gibt es Verlierer, - in diesem Fall eben die Oma.
Und wie gesagt: ein bisschen Verlust gibt’s immer, - was soll´s?
Kindern kann man nicht so leicht was vormachen, - die merken sehr schnell, wo und wann
sie echtes Erwachsenen-Risiko eingehen, wo sie was für´s Leben lernen können. Und
schuld sind sowieso die Eltern, die wieder einmal mehr ihre gesetzliche Aufsichts-und
Erziehungspflicht verletzt haben.
Na ja, und die Kinder haben eben durch tägliches Training sehr schnell von uns sogenannten Erwachsenen gelernt, wie man einen Kampf oder eine Schlacht führt, wann es
sicherer ist Reißaus zu nehmen, sich so schnell wie möglich zu verdrücken, um einer möglichen Bestrafung zu entgehen. Wie man kleine Streitigkeiten heutzutage austrägt, lernen sie
sowieso entweder von uns, oder aus dem täglichen Fernsehprogramm.
Die Geschichten mit der Maus:
Wie lasse ich einen kleinen unerklärlichen Streit eskalieren, wie trage ich ihn mit möglichst
hohen Verlusten für meinen Kontrahenten aus?
Wer ist überhaupt mein Gegner?
Grundsätzlich erst einmal jeder, der sich vor mir bewegt ist ein potentieller Feind.
Auf die Bezeichnung "Blödmann" oder "Arschloch" konnte jeder jetzt sofort mit einer
Bombenattacke antworten.
Der kleinen Rempelei auf dem Bürgersteig folgte der Knallfrosch tatsächlich auf dem Fuß,
genau zwischen die Füße der oder des Feindes. Da macht dann ein mehr oder weniger
schwer verbranntes 5-jähriges Kind nur die ohnehin versaute Erziehung der Kid-Monster
perfekt. Außerdem war die Göre noch so klein, da begreifen die Schmerz noch nicht so
richtig, weil ihnen die Erfahrung fehlt.
Ich überlegte schon, wie ich darauf reagieren sollte, ob ich vielleicht selber mal eine ganze
schwere Breitseite aus China-Böllern auf die Köpfe der Mini-Terroristen unten auf der Straße aus der sicheren Deckung im 4.Stock werfen sollte. Bis die geschnallt hätten, wer ihnen
woher einen Heuler oder Knallfrosch auf die Pomaden-Locke geworfen hatte, würde ich
längst wieder vom Fenster verschwunden sein.
Aber vielleicht war es auch viel sinnvoller eine mächtige Breitseite aus Krachern einfach
mitten und quer über die Straße in eine ganze Gruppe von Knall-Süchtigen zu schleudern.
Das würde sie mit Sicherheit und mit brennenden Haaren und Füßen für eine Weile in die
Flucht schlagen.
Vielleicht konnte ich aber auch die Regierung endlich dadurch auf das drängende Problem
aufmerksam machen, indem ich, den Sylvester-Krieg eiskalt und berechnend nutzend, ein
Kind entführte. Der Großteil der Bevölkerung hätte das sicherlich gut verstanden, denn die
hatten nicht selten selber schon die Nase voll von der ewigen Rumballerei. Die Mehrheit
wäre zweifellos auf meiner Seite gewesen, und das, obwohl Kindesentführung und Gewalt
gegen Kinder zur Zeit gar nicht gut ankommt.
Kidnapping, das haben andererseits wir frustrierten und etablierten 68-er schließlich von
den Berufs-Gewalttätern gelernt, ist letztendlich auch nur eine besonders strikte Form der
Sozialisierung von Geld und Allgemeineigentum, so mit hoher Lösegeldforderung, Groß-und
Rasterfahndung.
Aber ich tat das alles nicht.
Dafür knallte, und knallte, und knallte es den ganzen Tag vor und rund ums Haus.
Dann - ist mir endlich genau die richtige Idee gekommen.
Wie ja allgemein bekannt ist, habe ich bei den Kindern und Jugendlichen im Viertel durchaus einen Schlag. Ich rede nicht so hirnverletzt verlogen und pseudo-pädagogisch erfolglos
mit ihnen wie ihre Eltern. Für die war ich einer von ihnen, - mit einer totalen Macke, aber
äußerst cool, Exot und Vertrauensperson. Kinder haben ein feines Gefühl dafür, wer es
ehrlich mit ihnen meint, wer ihr Feind ist, und wer nicht, - ganz im Gegensatz zu den meisten Erwachsenen, denen ich lediglich ein Dorn im blinden Auge war.
Nun ja, ich hatte schon eine ganze Menge kleiner Dinge, für mich ganz alltägliche Kleinigkeiten, für sie getan und Vertrauen dadurch gewonnen. Das gefiel ihnen, das kam ganz gut
an, ohne einschleimerisch zu wirken.
Also habe ich mit geringer Geistesarbeit eine "Kinder-Vernichtungs-Aktion" ersonnen und
gestartet.
Ich habe für mehr als dreihundert Euro Feuerwerkskörper gekauft, - nicht die harmlosen,
sicherheitsgeprüften und zugelassenen Produkte aus dem Supermarkt, sondern die billigen
aus Polen vom türkischen Händler, die nur auf Anfrage mehr oder weniger heimlich unter
dem Ladentisch verkauft werden, eingepackt in unauffälligen Plastiktüten.
Im Spiegel habe ich danach ohne große Mühe einen freundlichen, zuneigenden Blick geübt,
und bin dann zu ihnen runtergegangen ins "Kriegsgebiet" auf die Straße, - wo sich meine
großzügige Spende wie ein Lauffeuer rumsprach, so dass es nur wenige Minuten dauerte,
bis ich regelrecht von Kindern und Jugendlichen umlagert war.
Da unten habe ich dann die Kiste mit den Knallern, - und da waren ein paar echt riesige
Brummer dabei, schon richtige kleine Bomben mit extrem kurzer Lunte - ich habe die
schwere Kiste den Kindern übergeben und mit treuem Blick und Lächeln zu ihnen gesagt:
"Da, macht´s einmal richtig ..."
Es hat geklappt.
Vier Tote und ein Dutzend Schwerverletzte, zum Teil verstümmelt.
Doch die Kinder lieben und verehren mich seitdem noch mehr als früher.
Wenn Sie also ernsthaft verhindern wollen, dass das Neue Jahr gleich mit einem nachbarschaftlichen Massaker oder einer blutigen Tragödie beginnt, und das wollen Sie ja, denn
Sie fassen ja jedes Jahr die guten Vorsätze, die Sie dann niemals einhalten, damit Sie sich
beim nächsten Jahreswechsel erneut irgendeinen Schwachsinn fest vornehmen und wiederum nicht einhalten können, dann nehmen Sie Rücksicht auf jene Menschen, deren Humorschwelle ein wenig niedrig angesiedelt ist, die gerne unverletzt und unprovoziert das Neue
Jahr erreichen wollen, - und veranstalten Sie keinen Feuerwerkskrieg ohne zwingende
Notwendigkeit.
Jetzt haben Sie wenigstens mal wieder was, worüber Sie ausgiebig nachdenken können.
Ich denke über so was nach ... und das sollten Sie auch mal für die nächste Viertelstunde
tun.
Das schaffen Sie schon, - und wenn Sie das überleben, sind Sie im Leben schon wieder
einen Tag weiter.
©
Hans B.
Eine prima Sache
Also, was mich betrifft, ich habe eine ausgeprägte Abneigung gegen Vereine und Clubs,
Interessenverbände, Parteien und so weiter.
Ich bin kein Vereinsmeier und auch kein Anhänger von irgendwelchen wichtigen oder sogar
schlagenden "Verbindungen". Ich will in keinem Vorstand sitzen und erst einmal lange, ausgiebig und kritisch Meinungen, Standpunkte und Stellungnahmen durchdenken, bevor ich
mich für meinen ganz eigenen Gesichtspunkt in jeglicher Fragestellung entscheide.
Ganz gleich, welche Ziele Vereine und Verbindungen auch haben mögen, sie neigen sehr
schnell dazu Kritiker aus den eigenen Reihen wegzumobben und kaltzustellen. Sie dulden
nur widerwillig Mitglieder mit individualistischen eigenen Meinungen. Querdenker sind
immer und überall unbequem, aber in Vereinen sind sie völlig fehl am Platz.
Es fällt mir persönlich schon schwer für die "Aktion Sorgenkind" ein offenes Ohr zu haben,
denn diese organisierte Mildtätigkeit geht mir mit ihrem gewaltigen Verwaltungs-Apparat
mächtig auf die Nerven.
Ebenso würde ich nicht ohne lange Bedenken für das "Müttergenesungswerk" spenden,
denn Mütter waren mir schon immer von ihrer Grundlebenseinstellung her ausgesprochen
suspekt, - ich traue ihnen nicht.
Einen Kleingarten finde ich gar nicht so schlecht, würde auch gerne selber einen besitzen,
nicht kaufen, nur pachten, wenn ich mir dafür nicht den ganzen Vereinsirrsinn mit den
hirnrissigen Regeln aufhalsen müsste. Bei denen ist sogar der Aufstellpunkt für Gartenzwerge bis auf den Zentimeter genau geregelt.
Außerdem will ich keinem Verein beitreten müssen. Aber ohne Mitgliedschaft in einem
Schrebergarten-Verein gibt es eben auch keinen Kleingarten für mich zu pachten.
Wenn ich ganz ehrlich bin, will ich eigentlich nur mein Leben genießen und ansonsten
meine Ruhe haben. Gelegentlich gehe ich ganz gerne ins Kino oder schaue mir bis spät in
die Nacht mehr oder weniger dämlich spannende Filme im Fernsehen an, - immer vorausgesetzt, es gibt überhaupt mal ein paar gute.
"Miami Vice" zum Beispiel finde ich immer noch echt Klasse, auch in der zig-sten Wiederholung.
Doch das Leben ist unberechenbar, sage ich schon seit vielen Jahren.
Ob sie es glauben oder nicht, aber letzte Woche bin ich tatsächlich einem Verein beigetreten.
Ich habe mich eintragen lassen als zahlendes Mitglied.
Die Gebühr ist angemessen, ich komme dabei voll auf meine Kosten.
Die Grundidee des Vereins hat mich total überzeugt, sodass ich höchstens zwei Stunden
gezögert habe.
Es ist schlicht genial.
Dass es so etwas ähnliches nicht schon früher gegeben hat, ist für mich erstaunlich, fast
unglaublich.
Aber wahrscheinlich ist es wie mit vielen Dingen im Leben, die sich sehr rasch als wahre
Geniestreiche herausstellen: Es muss nur erst mal einer darauf kommen, - der Rest ist ein
Kinderspiel oder reine Business-Organisation.
Dennoch frage ich mich immer noch, wie eine derartig verbraucherfeindliche Marktlücke im
Big Business solange übersehen und Bürgerwünsche in dieser Richtung einfach ignoriert
werden konnten.
An den wahrhaft explosionsartig steigenden Mitgliederzahlen kann doch jeder Idiot mehr als
deutlich ablesen, dass hier der Initiator dem Wunschdenken des Otto Normalbürgers sein
Ohr geöffnet hat.
Dabei kam die Idee eigentlich aus einem notwendigerweise zwangsläufigen Zusammenschluss der Interessen von Passanten und Autofahrer-Vereinen.
Sie stillt das zwanghafte Bedürfnis vieler Millionen Menschen, bei
schweren Unfällen,
Großbränden, Flugzeugabstürzen und Katastrophen aller erdenklichen Art als Schaulustiger
dabei zu sein.
Eine Unterdrückung dieses Bedürfnisses führt, wie Soziologen und andere Wissenschaftler
schon seit mehr als 850 Jahren - und seit kurzem besonders eindringlich - erforschten und
bestätigten, zwangsläufig zu neurotischen Störungen und Depressionen besonders in
zwischenmenschlichen Beziehungen.
Somit dient der neugegründete Verein auch ganz besonders gesundheitspolitischen Zielen.
Er eröffnet die Möglichkeit, dass die Menschen eines Tages vielleicht nur noch geistig und
seelisch kerngesunde Nachbarn haben.
Steuern zahlt der Verein natürlich so gut wie gar keine, denn er wurde sofort als gemeinnützig anerkannt, wird sogar mit Mitteln der öffentlichen Hand gefördert, auch mit Informationen und Sachmitteln.
Sogar die Gesundheitsministerin, die ja eigentlich einen ziemlich kranken Eindruck hinterlässt, hat schon deutliches Interesse bekundet, und der Kanzler ist seit letzte Woche Ehrenmitglied.
Das ist ja auch völlig logisch nachvollziehbar, denn der Verein tut schließlich viel für das
Gemeinwesen, nutzt allen Menschen. Er schafft sogar ganz neue Arbeitsplätze und davon
nicht einmal wenige. In diesen schweren Zeiten ist das mehr als nützlich.
Das interessiert dann auf Dauer Politiker grundsätzlich.
Natürlich wurde vor der Gründung eine Art Grundkonzeption entworfen und durchorganisiert, ohne die die Vereinsziele und die gemeinnützige Arbeit schlicht unerreichbar wären.
Ich habe mich da mal genau informiert und war sofort beeindruckt.
Als erstes wurden Kooperationsverträge geschlossen, z.B. mit den öffentlichen Notrufzentralen, den Rettungsdiensten und den zahlreichen Polizeidienststellen, die bei eventuell in
der Nähe auftretenden Unfällen oder Katastrophen die genaue Lage und Ort an den Verein
bekanntgeben.
Polizisten, ganz gleich welchem Dienstrang sie nach Jahren endlich bekleiden, haben immer mit der Berufswahl gleichzeitig die Arschkarte gezogen, sind chronisch überfordert mit
Hunderten Überstunden und gleichzeitig unterbezahlt. Für eine kleine dezente Nebeneinnahme sind die immer leicht zu gewinnen.
Dafür werden vom Verein - unter der Hand und steuerfrei versteht sich - großzügige Honorare an die Dienstellen- und Revierleiter gezahlt. Wie die das dann intern aufsplitten, damit
alle Kollegen davon profitieren können, ist dem Vereinsvorstand nicht bekannt und auch
irrelevant, das geht niemanden etwas an.
In diesem Rahmen der Nebenkostenregelung werden natürlich auch der ADAC und andere
Straßendienste mit in die Zielrealisierung eingebunden. So können alle wirklich relevanten
Verkehrsunfälle erfasst und mit Hilfe der Radio- und Fernsehsender, die natürlich keine
Ahnung von unserer Kooperation haben, per Verkehrsmeldungen an die Öffentlichkeit
getragen werden.
So erfahren dann auch alle Vereinsmitglieder und ich von dem schrecklich blutigen Unfall
auf irgendeiner bundesdeutschen Autobahn und Landstraße. Ich kann mich dann sofort in
mein Auto setzen, mein persönliches Blaulicht mit Haftmagnet auf dem Autodach befestigen
und mit rasanter Geschwindigkeit an den Ort des Geschehens rasen.
Alle anderen Autofahrer müssen wegen meinem Blaulicht und meiner Sirene rechts ranfahren oder sonst wie die Straße freimachen. Der Verein und seine Mitglieder haben sogar
eine stillschweigend getroffene Übereinkunft aushandeln können kurze Strecken auf der
Autobahn richtungsverkehrt zu fahren, was ja wegen des Blaulichts und der Sirene kein
größeres Problem darstellt. Auch Autobahnauffahrten dürfen Vereinsmitglieder inzwischen
auf der falschen Seite nutzen.
Bei Erreichen eines Unfall- oder Katastrophenortes hänge ich mir als Vereinsmitglied die an
einer Schnur befestigte, und mit meinem Foto versehene knallrote Mitgliedskarte um den
Hals, kaum größer als eine Scheckkarte. Die berechtigt mich dazu in der vordersten Reihe
der Schaulustigen zu stehen, und aus allernächster Nähe den Ablauf aller Rettungsmaßnahmen mitzuerleben.
Polizei und Feuerwehr sehen uns mittlerweile, trotz anfänglicher Bedenken nicht ungern, da
wir uns unserem Verein und seinen Zielen verpflichtet, besonders diszipliniert verhalten. Wir
erfüllen sogar so eine Art Ordnerfunktion und halten die nichtorganisierten, primitiv neugierigen Gaffer vom hektischen Geschehen fern, drängen sie manchmal auch ab, sodass die
Hilfskräfte viel freier und ungestörter arbeiten können.
Von hinten nachträglich drängelnde Nicht-Vereins-Gaffer kommen an uns nicht vorbei, dafür
sorgen schon unsere hauptamtlichen Sicherheitsleute mit Baseball-Schläger und Muskelpaketen.
Wir vorne Stehenden können dadurch natürlich hervorragend sehen, evt. je nach Wunsch
Fotos in Farbe machen, oder bei besonders schweren Verkehrsunfällen unsere aus Seminaren sachlich geschulten Kommentare abgeben, die Helfer anfeuern und bei Stimmung
halten.
Dabei halten wir uns selbstverständlich aus allen Rettungsarbeiten heraus, selbst wenn wir
das Eine oder Andere besser handhaben würden. Aber wir wollen die eingesetzten
Rettungsbeamten ja schließlich nicht in ihrer Konzentration stören, oder womöglich die
ihnen typische Inkompetenz vor Augen führen.
Es geht schließlich hier um Menschenleben, da zählt jede Sekunde, jeder Handgriff muss
wenigstens halbwegs sitzen. Da darf es kein Zögern geben, darf kein Ablauf unterbrochen
werden, selbst wenn er noch so falsch sein sollte. Die besonders erfahrenen Vereinsmitglieder soufflieren deshalb auch schon mal den Rettungskräften, wenn die nicht sofort wissen, was sie wann machen sollten.
Unser Verein wird sicherlich sehr schnell gewaltig expandieren, wenn sich unsere hervorragende Basisarbeit erst richtig gut rumgesprochen hat.
Ich habe ja auch gleich den einen oder anderen Verbesserungs- und Ausbauvorschlag
gemacht, denn im Organisieren und Planen, da bin ich richtig gut, - hat zumindest immer
meine Ex-Ehefrau behauptet, und die muss es wissen. Ich habe es immerhin geschafft 3
Jahre lang mehrere Geliebte vor ihr durch penible Zeitplanung zu verheimlichen.
Zum Beispiel habe ich empfohlen, eine Art Kurier-und Zubringerdienst im Reisebus oder
geländegängigem Großtransporter aufzubauen. Der sollte dann 24 Stunden rund um die
Uhr durch die Gegend fahren, denn Unfälle gibt es schließlich jede Menge auf allen möglichen Straßen. Bei anfallenden Chaoszuständen wird der dann von einer Funkleitzentrale
benachrichtigt, sammelt sofort alle berechtigten Vereinsmitglieder ein und bringt sie zum
Brennpunkt des Geschehens.
Besser wäre es sogar mehrere derartige Transporter anzuschaffen und eine Telefonkette
einzurichten, damit uns kein Massenunfall durch die Lappen geht.
Noch schneller geht es mit einem mail-Versandservice über die neue Handy-Generation
oder einem SMS-Service, der die Vereins-Mitglieder an jedem Punkt der Welt über die
eingetretene Katastrophe informieren wird. So können dann alle Vereinsmitglieder schnell
und unproblematisch erreicht und mit den Großtransportern zum Brennpunkt des Geschehens gefahren werden.
Wenn dafür geländegängige Fahrzeuge gewählt werden, im Stil der Bundeswehr Unimogs,
mit etwas besserem Konfort allerdings, könnten damit dann natürlich auch abgelegene oder
nur sehr schwer zugängliche Katastrophenorte sehr schnell erreicht werden. Die Sammeltransporter fahren dann ungeachtet von Feldern und Äckern schlicht querfeldein bis zum
Unfallort. Bei Regen absolut trockenen Fußes, denn selbstverständlich bemüht sich der eingetragene Verein die Gesundheitsfürsorge seiner zahlenden Mitglieder sorgsam zu handhaben.
Ich seh das Szenario schon so richtig vor mir.
Wenn wir ein wenig Glück haben, sind wir vielleicht das eine oder andere Mal noch vor den
offiziellen Rettungskräften vor Ort. Dann können Erstfotos oder Digitalvideofilmaufnahmen
vom blutigen Schauplatz der Katastrophe gemacht werden, von zerstückelten Leichen, von
weinenden und jammernden Schwerverletzten. Wir könnten einer Mutter, die gerade ihre
beiden Kinder verloren hat, Trost und Mut zusprechen, oder sogar die Rettungstrupps
anleiten, damit sie möglichst bald und ohne Umwege zum Tatort finden.
Die Fotos und Videos ließen sich per Laptop und Satellitenverbindung hervorragend an die
Presse und Fernsehen verkaufen, und sowohl Bilder als auch Digitalfilmaufnahmen könnten
gegen geringe Nutzungs-Gebühr ins Internet für jeden User bereitgestellt werden. Das
käme dann dem Vereinsvermögen zugute, sodass schon bald eine bundesweite Transportmöglichkeit für Mitglieder leicht bezahlbar würde.
Und die, die keine Vereinsmitglieder werden wollen, oder sich das nicht leisten können, weil
sie Hartz 4 Bezieher sind, können mit höchstens 1 Stunde Zeitverzögerung das Ganze bei
einem Videoportal gegen ein paar Euros miterleben, wie aus allernächster Nähe.
Wenn uns dies ein paar mal gelänge, vor den Nothelfern vor Ort zu sein, wäre sogar eine
weltweite Vereinsausbreitung durchaus realistisch.
Denn überall in der Welt haben die Menschen ein starkes Bedürfnis Katastrophen farbig
und lebendig, bequem und übersichtlich aus sicherer, bequemer Distanz zu sehen.
Aber das ist natürlich im Moment noch Zukunftsmusik.
Es kamen natürlich außer von meiner, auch von anderen Seiten sehr sinnvolle Vorschläge,
z.B. bei unverhältnismäßig lang andauernden Katastrophenfällen, wie z.B. nach einem
schweren Erdbeben oder Überschwemmungen wie vor ein paar Jahren an der Elbe, Materialwagen mit Equipment nachzuschicken. Die können dann exclusiv für die Vereinsmitglieder transportable Behelfstribünen und Aussichtsplattformen mitbringen.
Bei kleineren, aber zeitaufwendigen Unfällen, besonders bei knapp bemessenem Platz rund
um den Ort, eventuell auch Klappstühle, denn es ist anstrengend stundenlang selbst einem
noch so spannenden Rettungseinsatz zuzusehen.
Außerdem kann es sehr gefährlich sein bei Großfeuern in Löschwasserpfützen zu stehen,
falls diese chemisch verseucht sind.
Da sind säurefeste Gummistiefel ausgesprochen nützlich.
Der Vereinsvorstand hat bereits Kontakte mit fliegenden Händlern aufgenommen, die an
einem Unfallort für das leibliche Wohl sorgen könnten. Brauereien haben ebenfalls bereits
ihr Interesse bekundet und erste Angebote gemacht, denn die Umsätze haben in den letzten Jahren doch ziemlich nachgelassen und Geld stinkt bekanntlich nicht. Hunger ist meistens wesentlich leichter zu ertragen als Durst, besonders bei Großfeuern, wo der Körper
von der gewaltigen Umgebungshitze schnell austrocknet.
Zuschauen macht erfahrungsgemäß nicht nur Spaß, sondern auch hungrig und durstig, das
weiß doch schließlich jeder. Mit heißen Würstchen, Koteletts, Pommes Frites und einer
Cola oder Bier würde sich das Vergnügen eines brennenden Mehrfamilienhauses inklusive
verbrennender Kinder noch viel mehr genießen lassen.
Natürlich müssten auch Kaffee und Tee angeboten werden, denn man weiß ja nie, wie
lange so eine Katastrophennacht dauern kann.
Das Wesentliche aber neben unserem zugesicherten Vergnügen ist, wir schaffen Steueraufkommen, Arbeitsplätze, Umsatzsteuer u.s.w.
So mancher Stadt- oder Gemeindedirektor wird sich bald wünschen, dass es mal so richtig
ausgiebig in seiner Stadt brennt, wenn er über unsere Verzehr- und Umsatzsteuer liest. Da
kann dann auch schon mal einer von denen auf die Idee kommen, einen Straßenzug von
Fachleuten der Feuerwehr selber in Brand stecken zu lassen, so im Siedlungsviertel mit
den mindestens 10-stöckigen Gebäuden. Die zu löschen, das dauert und lässt die Umsätze
an Essen und Getränke förmlich explodieren.
Der muss nur so klug sein, uns frühzeitig, noch vor Ausbruch des Feuers zu informieren.
Das wär´s doch, - wir sind schon vor Ort, bevor es überhaupt zur Katastrophe kommt, bevor
es brennt und knallt.
Wir - als gemeinnütziger Verein - schaffen - im Gegensatz zur Bundesregierung - die so
lange schon versprochenen Arbeitsplätze. Vorläufig erst mal unter voller Nutzung der Landes- und Bundeszuschüsse für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, z.B. für Tribünenaufsteller, Transportarbeiter, Straßenfeger, die den ganzen potenziellen Abfall beseitigen, den eine
Großversammlung unseres Vereins zwangsläufig zurücklässt.
Ganz zu schweigen von den vereinseigenen Ordnern, den Hilfskräften bei den Würstchenverkäufern und den Brauereien, die kurzfristig und zeitbegrenzt eine Menge Arbeitslose
einstellen müssen.
Übrigens, die Aufzeichnungen auf Digitalkameras würden dem Verein eine ganz neue,
weitere Marktlücke erschließen. Denn wir könnten mit dem Filmmaterial ja nicht nur die
verschiedenen Privat-Fernsehsender gegen gutes Honorar beliefern, die diese dann aussenden für jene, die bedauerlicherweise noch immer nicht Mitglied im Verein geworden sind
und somit die ganze Show als persönliches Erlebnis verpasst haben.
Nein, wir könnten dann auch noch in die Alters- bzw. Seniorenbetreuung ganz groß einsteigen.
Der Verein brennt davon DVD´s und zeigt die Videos als preiswerte Verleihware in Altersheimen, wodurch wir auch den Senioren, Greisen, Pflegefällen und Gebrechlichen kurz vor
dem Tod noch ihr ganz persönliches Vergnügen verschaffen. Sie können sich lächelnd ansehen, welch grausames Schicksal ihnen erspart blieb.
Das baut die Alten mächtig auf, gibt ihrem späten Leben noch mal einen letzten Kick, bereitet großes Vergnügen und befriedigt die private Schaulust.
Denn eines müssen wir denen ja zugestehen, im Rollstuhl, oder womöglich im Bett, an
einem Tropf hängend, als Schwerstpflegefall wäre es tatsächlich undurchführbar die Damen
und Herren an den Ort von Katastrophen zu bringen. Die wären sozusagen selber eine
lebende Katastrophe.
Der Verein wird dadurch eine gigantische Popularität gewinnen. Mitglieder aus dem Vorstand würden ständig und immer wieder in Talk-Shows eingeladen, selbst die ARD und
ZDF bringen einen lobenden Bericht in der Hauptsendezeit.
Die Bevölkerung begreift die Vereinsgründer als die neuen wahren Volksvertreter. Wir würden als Mitglieder in unserem sozialen Umfeld hoch angesehen und können ohne geringste
Schwierigkeiten neue Mitglieder werben, was eine nette Prämie einbringt.
Unser Arbeits-Beschaffungs-Programm wird explosionsartig expandieren, da habe ich keine
Zweifel. Wir würden gar nicht so schnell Leute einstellen können, wie wir sie brauchen.
Was als Vorschlag nicht gut ankam, war der Einsatz von großen Transporthubschraubern
zu weit abgelegenen Unfallorten, bei denen Hunderte von Kilometern zurückgelegt werden
müssen. Es wäre zwar sicherlich ausgesprochen faszinierend große Waldbrände aus der
Vogelperspektive zu beobachten, wie die riesige Feuerwalze ganze Ortschaften erreicht,
umschließt und dann niederbrennt zu schwarzer Asche.
Aber leider ist der Kostenfaktor so hoch, dass nur gut betuchte und somit reiche Mitglieder
sich diesen Luxus leisten könnten.
Das aber verstößt gegen den Vereinsgrundsatz der Gleichheit und Gleichberechtigung aller
Vereinsmitglieder, - denn Katastrophen und Massenunfälle sind nun mal für alle da.
Die Kritik von den einfachen Vereinsmitgliedern blieb prompt nicht aus.
So wurde dieser hoffnungsvolle Beginn einer ganz neuen Ära leider ein kleiner Rückschlag.
Sehr schwierig ist auch trotz aller Technik noch immer die Abwicklung bei großen Bombenattentaten, besonders gegen Wohnhäuser oder ganze Stadtviertel.
Ebenso schwierig sind gigantische Chemieunfälle und Gastankexplosionen zu händeln,
selbst kleinere Gasexplosionen in Ein- und Mehrfamilienhäusern.
Die ganze Show ist schließlich in Bruchteilen von Sekunden vorbei, und was bleibt ist ein
riesiger Schutthaufen. Da gibt es stundenlang kaum etwas anderes als zerborstene Wände
und Fußböden zu sehen. Natürlich auch eine Menge technische Helfer und Retter, aber
was wollen die denn noch erreichen. Ist doch alles vorbei, Leichen oder Verletzte sind in
diesem Schrott nicht auszumachen.
Auflockernd ist allein noch, wenn nach ein paar Stunden langweiligen Wartens die ersten
Leichen stückweise gefunden werden. Hier ein Arm, ein halber Unterkörper, ein Fuß, eine
ganze Leiche kann da manchmal regelrecht zu Begeisterungsapplaus führen.
Also Gas-und Bombenexplosionen sind wirklich sehr unbefriedigend.
Dagegen expandieren schon jetzt die Kontakte zum Ausland, zu ausländischen Vereinen
nach unserem Vorbild. Zwar können wir nicht überall rechtzeitig anreisen, um die zahllosen
weltweiten Katastrophen persönlich in Augenschein zu nehmen und unsere Bewunderung
für diese menschlichen Tragödien auszusprechen.
Wer will auch schon auf einer kugelumhagelten Tribüne im Kongo sitzen und dem
Abschlachten der jeweiligen verschiedenen Feinde zusehen?
Außerdem gibt es da immer wieder fremdartige Seuchen, die unsere Vereinsmitglieder in
Gefahr bringen könnten.
Aber wir bekommen erstklassige Digitalaufnahmen auf DVD und liefern denen auch umgekehrt unsere Tragödien Freihaus.
Nein, das ist nicht schrecklich, das sieht nur so aus. Das ist wie in einem Actionfilm, nur
eben echter und erkennbar schlechter inszeniert. Wir sehen auch keine vertrauten Gesichter, denn wir kennen da unten niemand persönlich.
Es ist ein Riesenschauvergnügen.
Jetzt kann eine Springflut, die in China oder Indonesien fast zwanzigtausend Menschen auf
einen Schlag in den Tod reißt, endlos auf dem Bildschirm wiederholt und angeschaut werden, auch in Slow Motion und Einzelbildschaltung. Eben noch die dreckige kleine Straße
hinaufgeflüchtet, eine Sekunde später unter vielen Tonnen Wasser begraben.
Das kriegt kein Hollywoodregisseur so hin.
Zum Glück hatte die Regierung den ortsansässigen Vereinsvorstand vor der Bevölkerung
auf den nahenden Tsunami hingewiesen, sodass gerade noch rechtzeitig ein Kamerateam
im sicheren Hubschrauber das ganze Szenario von oben optimal abfilmen konnte.
Endlose Kopien können von diesem Film jetzt für Mitbürger gezogen werden, die zu müde
oder abgeschlafft vom letzten Einsatz waren, um sich die Direktübertragung im Internet
oder Fernsehen anzuschauen.
Na ja, zugegeben, im Moment sind es hauptsächlich noch die totalitären Regime der Bananenrepubliken in der 3.Welt, die die finanziellen Vorteile nutzen, aber die ersten demokratischen Entwicklungsländer haben sich ebenfalls bereits bei unserem Vorstand nach den
Konditionen erkundigt, was da finanziell so alles drin läge.
Das hat schließlich global auch eine Menge Vorteile, - und wir leben im Zeitalter der Globalisierung.
Wir haben jetzt so viel Einfluss, dass wir sicherlich Gelder aus dem Entwicklungshilfefond
locker machen können, damit sich diese verarmten Hungerstaaten das nötige Equipment
leisten können, um sich am weltweiten Boom zu beteiligen, - und vor allem selber technische Großkatastrophen erst mal herbeizuführen.
Wie soll ein Land der 3.Welt von der Explosion eines großen Chemiewerks profitieren,
wenn die gar keine entsprechende Industrieinfrastruktur besitzen?
Unser Verein Hand in Hand mit den Regierungen und Völkern der 3.Welt.
Die Polizei, in Kooperation mit verschiedenen Privat-Sendern, hat unserem Vorstand übrigens jetzt ein absolutes Top-Angebot gemacht.
Bei der nächsten Geiselnahme in einer Bank oder so, werden wir live dabei sein, alles von
Tribünen verfolgen können. In der Bank werden die Überwachungs-Kameras ihre Aufzeichnung auf unsere mitgebrachten Laptops übertragen, sodass wir jede Geiselerschießung,
und natürlich auch die endliche Liquidierung der Geiselnehmer zum Ende des Geschehens
unmittelbar verfolgen können. Verfolgungsjagden, die aus Hubschraubern gefilmt werden
gibt es schließlich schon lange im Reality-TV.
Problematisch dürfte es allerdings werden, wenn sich die Geiselnehmer mit ihren Geiseln
erfolgreich auf die Flucht begeben, womöglich in einem sehr schnellen Fluchtauto.
Wie sollen wir mitkriegen, was in dem Wagen geschieht, wenn wir nicht vor Ort sind?
Da müssen wir wahrscheinlich doch wieder mit Videoaufzeichnungen vorlieb nehmen.
Es sei denn, es gelingt dem Vereinsvorstand ein befristetes Exclusivrechtsabkommen mit
solchen Straftätern zu treffen. Dann könnten die alle paar Stunden in einer anderen Stadt
anhalten, sozusagen eine Tournee quer durch die Bundesrepublik, mit vorheriger telefonischer Ankündigung des nächsten Zielortes, wo dann die Zuschauertribünen immer wieder
neu aufgebaut werden.
Vielleicht kann man sie auch mit einem zusätzlichen finanziellen Anreiz dafür gewinnen,
selbst eine Übertragungskamera zu bedienen, sozusagen als Kronzeuge des Geschehens.
Aber es besteht natürlich die Gefahr, dass die dann glauben, sie würden zu Fernsehstars,
ähnlich wie diese dämlichen Big-Brother-Kandidaten und fangen an eine Art Theater zu
spielen, worunter die Authentizität gewaltig leiden würde.
Die nachgespielte Vergewaltigung einer Geisel ist nicht annähernd so unterhaltsam, wie
eine echte, wo der Geiselnehmer dem Opfer vielleicht sogar am Ende noch einen Fausthieb
verpasst, nachdem er sich abreagiert hat.
Die Dramatik des Szenarios wäre auf jeden Fall dahin, das Vergnügen nur noch ein halbes.
Wenn ich es recht bedenke, gibt es sicherlich noch effektivere, andere und bessere Möglichkeiten die Schaulust der Bevölkerung in gesunde Bahnen zu lenken, etwas für das seelische Gleichgewicht zu tun, ohne die Satzung und Ziele des gemeinnützigen Vereins auszuhöhlen.
Die Live-Beobachtung von Massenkarambolagen, Großbränden, schweren Verkehrsunfällen, Chemieexplosionen oder Flutkatastrophen ist schließlich noch besser, als Fernsehen.
Kühl sachliche Berichterstattung in der Tagesschau ist Mega-out und antiquiert.
Jetzt kann jeder - solange er Vereinsmitglied ist und immer pünktlich seine Beiträge
entrichtet hat - von sich sagen, er wäre dabei gewesen, hat es mit eigenen Augen gesehen,
selbst die zerschmetterten Köpfe und Glieder. Er konnte die Dinge von allen Seiten betrachten - und hat auch noch sein offiziell erlaubtes Vergnügen dabei gehabt.
Das ist modernes Leben im Geist der Zeit, - das hat was.
© Hans B.
Das mit den Tattoos und so ...
Wissen Sie, ich such mir ganz gerne ein bisschen Streit, denn ich bin so ein unbequemer
Querdenker. Ich mach mir so meine Gedanken, so über jenes und alles, einfach so meine
eigenen Gedanken, zum Weltgeschehen, und so, und zu den kleinen Dingen des Lebens,
die alle betreffen und so ... aber eben auch mich und ... und Sie.
Na klar, nun bleiben Sie mal ruhig. Ich weiß doch selber, dass so was böse enden kann,
dass alle glauben, es wäre besser nicht zu viel zu denken, sich keine Gedanken zu
machen.
Ich bin doch nicht blöd.
Aber ich bin eben nicht wie ... na ja, wie Sie ... oder wie ihre Nachbarn, die sind ja ziemlich
blöde, wissen Sie.
Nichts für ungut, Sie sind ja wahrscheinlich ganz okay, ... es sind meistens die anderen ...
die sich keine Gedanken machen. Da ist ja auch nicht viel, außer schweigender Leere in
verbiesterten Gehirnen.
Und ich hab eben auch Spaß daran, mir Streit zu suchen, Themen gibt’s ja jede Menge.
Manchmal kann ich einfach nicht anders, das kommt einfach so, und dann kann ich nicht
wieder aufhören.
Ist wie ne Sucht ... haste mal angefangen, findste kein Ende mehr ... ohne Ende ... geht
immer weiter ... ganz von allein ... da oben im Kopf.
Iss ja auch kein Wunder......
Sehen Sie, da sind zum Beispiel diese Bebilderten und Klimpernden, die da draußen auf
den Straßen rumhängen, ich meine die ... die mit den Tattoos und diesen Metalldingern, so
in den Ohren, in der Lippe, Nase und Augenbrauen. Sie wissen schon, was ich meine,
komm grade nicht auf den Namen. Die finden Sie inzwischen ja überall, bei den Prolls und
bei den SchickiMickis, kleine und leitende Angestellte, Männlein und Weiblein.
Ich frage mich immer, wenn ich solche Typen sehe, ob ich das schön finde und ob die sich
wirklich gut damit fühlen, ob die genau wissen, wie sie damit aussehen, ob die sich nicht
selbst bescheißen.
Soll ja ganz schön weh tun, so ein Loch in die Lippen zu bohren, auch in der Nase, und erst
recht in ... ja ... ja, so was solls auch geben.
Ich meine, ich kenn keine, die da so´n Ding in ihrer ... na ja, Sie wissen schon, die ... die da
so´n Ding drin hat ... auch keinen Macker, der eins in seinem Ding hat.
Aber das muss doch scheiße wehtun ...
Und was ist, wenn die mal älter werden, wenn die mal ins Krankenhaus kommen oder zu
den Schwiegereltern, ... ja haben Sie etwa geglaubt, nur weil die bunt bebildert sind, hätten
die keine Schwiegereltern?
So naiv sind Sie doch wohl nicht.
Die haben welche.
Oder was ist, wenn die selber Kinder kriegen?
Ja, Sie werden es vielleicht nicht glauben oder ... auch nicht wissen, aber die kriegen
tatsächlich auch kleine Bälger, so Windelscheißer ... Kinder eben, schreiend, laut, nörgelnd,
unbequem.
Aber das ist ein anderes Thema, davon erzähl ich ein ander mal.
Was ist ein paar Jahre später, wenn die Tattoos nicht mehr neu und strahlend bunt sind,
sondern auf langsam faltiger Haut verblassen?
Ich meine, das hat ja auch praktische Seiten, für beide Geschlechter. Die lernen sich kennen, knutschen und kommen sich näher, ziehen sich aus und poppen. Ist der Liebhaber
oder die Ische eher sexuell langweilig, kann man mit etwas Glück – und guter Arbeit des
Künstlers – immerhin noch mehr oder weniger schöne Bilder auf nackter Haut betrachten,
dann wird der mechanische Sex plötzlich zur Nebensache.
Dann ist auch die Enttäuschung über die sexuelle Abreagierung nicht mehr so groß.
Die einen haben guten Sex, die anderen schauen sich gute Bilder an, - oder sogar beides.
Oder auch umgekehrt, das wäre dann besonders schlimm. Das Poppen ist eher langweilige
Pflichtübung, die Bilder grottenschlecht gestochen. Dann bist du aber mächtig am Arsch
gepackt.
Aber immerhin haben sie Kinder in die Welt gesetzt.
Was denken die sich, was wird aus denen?
Wie ich auf so was komme?
Na hören Sie mal ... machen Sie sich da etwa keine Gedanken drüber?
Kinder stehen auf knallbunte Sachen, die finden das toll, wenn sich auf Mamas Titten so ein
feuerspeiender silbergrüner Drache mit roter Zunge befindet. Kleine Kinder stecken sich ja
auch alles in den Mund, warum weiß ich auch nicht so richtig, hat aber seine Gründe. Die
bunte Mutterbrust, immer wieder ein nettes Spielzeug, knallbunt und satt wird man obendrein. Und Kinder checken ja noch nicht, was das für ein Bild ist, was es darstellt, auch
wenn es ein neunschwänziger, zähnefletschender roter Teufel ist. So was macht denen
keine Angst, für die ist das nur so richtig schön bunt, und fühlt sich irgendwie gut an.
Die denken, dass das alle Titten haben, bei allen Mamas, alle knallbunt.
Aber diese kleinen Windelscheißer werden ja auch mal älter, und schneller als man denkt.
Was wird dann aus denen?
Das sind doch ganz wichtige Fragen, die die Welt bewegen, besonders die Welt der Jungmänner.
Ja ich weiß, das sind schon oft seltsame Typen, ganz anders als Sie, als Sie ein Kind
waren, - falls Sie jemals eins waren. Es gibt ja Typen, die kommen schon als geistige
Greise auf die Welt.
Aber das ist auch wieder ein anderes Thema ...
Die kriegen doch einen Schock, wenn so ein ganz junges Mädchen sie endlich an die Brust
lässt. Besonders Jungs soll´n sich ja laut Psychologen noch sehr genau erinnern, so aus
ihrer Babyzeit, dass das Schönste war, dass es sich toll anfühlt. Und darum wollen sie ja
auch unbedingt so schnell wie möglich wieder da dran. Mami hat sie von der Brust verstoßen, weil sie zu alt geworden sind, und Milch kommt auch keine mehr.
Aber die Sehnsucht winselt nach Mamas praller Brust.
Da kommt also so ein nachgeahmter, cooler Hipp-Hopper daher, mit diesen scheußlich
unbequemen, weiten und schlecht sitzenden Hosen. Sie wissen schon, die mit diesem
merkwürdigen Schritt, der tief in den Kniekehlen hängt, womöglich noch eine glitzernde
Silberkette zwischen den Hosenbeinen gespannt. Kann man schlecht mit laufen, aber das
zählt nicht, - cool muss es sein. Dazu bunte Wollmütze oder Baseballkappe in Silber,
Schirm voll cool auf der Seite.
Jungs in dem Stadium legen da großen Wert drauf. Andere haben ersten Sex, die sind cool,
megacool.
Hat auch schon ein Tattoo, chinesische Schriftzeichen, von denen er zu wissen glaubt, was
sie bedeuten, aber in Wirklichkeit keine Ahnung. Wenn der wüsste, was da auf seinem
gestylten Oberarm wirklich steht, würden dem schlagartig die gegeelten Haare ausfallen.
Aber er weiß es nicht, und das ist gut so, belegt ja auch die PISA-Studie. Das Wichtigste in
dem Alter ist keine Ahnung und keinen Schimmer zu haben, - außer von Coolness.
Der kommt also daher, ist ausnahmsweise mal nicht damit beschäftigt neue Klingeltöne für
sein cooles Handy runterzuladen.
Ja, ist Ihnen das auch schon aufgefallen?
Gerade Jungs in diesem Alter sind ständig und stets damit beschäftigt ein gigantisches
Wettrennen um die coolsten Klingeltöne mitzumachen. Ein Handy ist schließlich nicht zum
telefonieren, es ist ein Sexsymbol, Beweis für die eigene Potenz, mit hundertundneunzehn
der neuesten Klingeltöne. Mama zahlt die Handyrechnung, wäre ja auch echt uncool und
nervend, wenn man selber für die Kosten aufkommen müsste.
Wovon denn auch ...?
So ohne Job aber mit einhundert neuen Klingeltönen mit den Jungs rumhängen, - megacool
... und echt krass, kann ich dir sagen.
Aber das ist auch ein anderes Thema und ich will ja hier nicht abschweifen.
Also der kleine Macker hat sich so richtig ins Zeug gelegt, hat rumgesülzt und rumgeschleimt, `ne Cola ausgegeben, hat imponiert und sich angestrengt, sein geklautes ZweitHandy vorgeführt, und zur Belohnung darf er - außer Rumknutschen jetzt endlich auch mal
wieder an die Brust, zurück zu Mama, - wenn auch ein bisschen anders und viel geiler.
Tja, und dann ... dann kommt der Schock.
Ja, was ist das denn?
Ausgerechnet ich hab eine Missgebildete erwischt, eine Abartige, - denkt sich der pubertierende Jüngling.
Endlich hat er auch mal was zum Protzen, könnte den anderen zeigen, was er alles schon
so drauf hat, dass die Tussen auf ihn stehen, - und dann so was. Da hören die gierigen
Finger sofort auf zu zittern. Da ist nichts, nichts als winterweiße Haut, warm zwar, aber keine Spur von bunt ... bis auf die Brustwarze.
Das ist doch ein Schock für den pubertierenden Sohn.
Stellen Sie sich das doch mal vor. Er dringt dahin vor, wo er schon lange hinwill, darf endlich und was is ...
Nix is ... eine Missgeburt.
Ich meine, mit so tiefhängenden Schritthosen ist Sex sowieso schon schwierig, und er muss
gewaltig aufpassen, damit sich sein Zungenpiercing nicht mit ihrer Zahnspange verheddert.
Und dann passiert so was ...
Da sinkt die eben noch angeschwollene Männlichkeit aber ruck zuck in die Bedeutungslosigkeit zurück.
Darüber muss man sich doch mal klar werden, da muss man doch frühzeitig dran denken,
so im Rahmen der Erziehung und so.
Da könnte die sogar richtig stramme Titten haben, eine Superfigur, geile Haare und echt
coole Markenklamotten, das hilft da auch nicht weiter. Ohne Bilder auf der Haut wird das
alles abtörnend stinklangweilig.
Die glauben das vielleicht, dass ihre vor kurzer Zeit noch so aufregende Erstürmung des
anderen Geschlechts irgendwie krank ist, nur weil sie kein Arschgeweih trägt.
Na na ... nun tun Sie mal nicht so, das kennen Sie doch ... haben Sie doch schon Dutzende
Male gesehen, bei jungen Mädchen, Frauen und fetten Weibern, die in viel zu knappen
Hosen und noch knapperen Oberteilen so einen schwarz zierenden Arschansatz aus der
Hose blitzen lassen.
Das müssen Sie mir nicht sagen.
Das weiß ich selber, dass das bei den fetten, schwitzenden Weibern nicht so toll aussieht,
wenn da die Bauch- und Hüftwülste über dem breiten Arschgeweih quellen.
Nur was wird aus unseren Söhnen?
Ich will doch keinen neurotischen Stammhalter, nur weil der das Leben plötzlich nicht mehr
versteht.
Gestern noch mit Mami in der Badewanne gekuschelt, die paar Jahre an diesen seltsamen
Flügelansatz über dem Hintern gewöhnt, an den Drachen auf der milchprallen Brust und
den Schlangenkopf unter dem Bauchnabel, den rotschwarzen Teufel auf dem Oberschenkel, den glitzernden Metallbügel im Bauchnabel, die Metallringe in den Brustwarzen, wo
man sich so schön festhalten konnte, auch wenn es Mami wehtat.
Das Blag kannte es nicht anders, sah nichts Ungewöhnliches in dem schwarz verdrehten
Zierreif am Oberarm, der inzwischen auch schon deutlich verblasst ist ... und dann das.
Eine erste intime Freundin, zarte 15 und sommersprossig, feuchte Küsse, schwitziges Fummeln unter Pullovern, äußerst knapp geschnittenen Slips und angeschwitzten T-Shirts, zwar
mit sehr kleinen Titten und piepsig alberner Stimme, ... aber antörnend ... und völlig nackt.
Nein, nein, ich meine nicht ausgezogen, so richtig nackig, sondern als sie dem Sohn endlich
einen langersehnten Blick auf die kleinen Hügel mit den rosa Nippeln gewährt, sieht der ...
rein gar nichts.
Da ist nichts.
Keine bunten Bilder, kein Drache, kein Stück Metall, außer vielleicht ein winziger Ohrring ...
aber das zählt nicht wirklich, denn der steckt viel höher am Ohr, also an der falschen Stelle.
Das ist doch ein Schock für den jungen Mann und Sohn.
Der stürzt sich doch schockiert wieder in sein Rapperleben und meidet erst mal die Tussis.
Haben Sie darüber schon mal nachgedacht?
Was soll denn aus dem frustrierten Neurotiker jetzt werden?
Ist das vielleicht die Erklärung dafür, warum gerade Jungmänner so oft die Freundin wechseln, weil sie Bekanntes von Mama vermissen, bunte Bilder auf der Brust?
Und kann es nicht sein, dass deshalb so viele junge Mädchen ganz wild auf Tattoos sind
und sich bebildern und mit Metall aller Art spicken lassen wollen, um sich den Müttern
dieser unerfahrenen Knaben wenigstens ein wenig anzunähern, ihnen ähnlicher zu werden?
Mädchen und Frauen sollen ja angeblich viel sensibler sein und viele wichtige Dinge des
Lebens viel schneller schnallen, als Jungs und Männer, sogar schneller, als sie das selber
ahnen.
Vielleicht glauben sie, dass die Jungs nicht so schnell einer anderen an die Wäsche wollen,
wenn sie auf vertraut bunter Haut rumknutschen und sabbern, und vergeblich nach Milch
saugen, wie sie das noch vor ein paar Jahren bei ihrer knallbunten Mama gemacht haben.
Menschen mögen vertraute Sachen und junge Menschen sowieso.
Und dann passiert so was.
Und was denken sich die Jungs?
Glauben die vielleicht, dass sie was falsch gemacht haben, dass die ganze Mühe umsonst
war, dass sie irgendwie im Sexualkundeunterricht nicht richtig aufgepasst haben, dass das
Mädchen abartig ist, wenn sie keine dicken Silberringe in den Brustwarzen trägt?
Bedenken sie doch, die haben oft keine Ahnung, von nichts, die Pisa-Studie hat es an den
Tag gebracht.
Das ist doch ein Schock ... das sind die doch gar nicht gewöhnt.
Was ist, wenn die vor lauter Schock nie wieder eine Frau ansehen und vielleicht ... schwul
werden?
Na, dann ist das Chaos aber richtig los, dann sind sie aber voll im Arsch.
Nur was soll man da als Vater machen ... oder als Mutter?
Sollen wir alle kleinen Mädchen am besten gleich nach der Geburt bebildern und spicken
lassen?
Das geht doch gar nicht, - völlig richtig erkannt.
Die wachsen doch schließlich noch, selbst wenn sie ihrer Tochter mit 9 Jahren eine kleine
Fliege neben den Bauchnabel tätowieren lassen. Mit ein wenig Pech sieht die ein paar
Jahre später wie ein fetter Brummer aus.
Und sich gar nicht bebildern lassen?
Vergessen Sie´s besser, denn was machen Sie, wenn der Sex wirklich entsetzlich langweilig ist?
Sie können schließlich nicht währenddessen den Playboy oder ein Comicheft aus dem
Nachttisch holen und sich da an bunten Bildchen sattsehen.
Es könnte allerdings auch eine Lösung sein, niemals im Leben Comics zu lesen, sich dem
anderen Geschlecht und dem eigenen von vornherein zu entziehen, sich auf keinerlei
Begegnung einzulassen, sprich, sie betreiben völlige sexuelle Enthaltsamkeit. Heiraten kön-
nen Sie ja trotzdem, denn dieser asexuelle Zustand findet ohnehin auch in den meisten
Ehen statt, macht also keinen großen Unterschied.
Jedenfalls haben Sie jetzt etwas, worüber Sie mal ausgiebig nachdenken sollten.
Ich denke über so was nach ... und das sollten Sie auch mal für die nächste Viertelstunde
tun.
Das schaffen Sie schon, - und wenn Sie das überleben, sind Sie im Leben schon wieder
einen Tag weiter.
© Hans B.
Abgesang an eine ehemalige Geliebte
Nein, es ist nicht wahr, - es ist einfach nicht wahr.
Viele sagen jetzt von ihr, sie sei alt, gemein, hässlich und fett geworden, eine schäbige
Schlampe mit Hängebacken und gierigen Händen.
Aber das ist gelogen, - oder zumindest nicht die ganze Wahrheit.
Sie wurde schon alt geboren und war vom ersten Tag an hässlich, ist niemals auch nur eine
Stunde wirklich ein schönes Kind und jung gewesen, sah immer ein wenig aus wie Müllwerk
oder Gerümpel, das irgend jemand vergessen hatte wegzuräumen.
Sie war schon von Geburt an reichlich dreckig, verkommen, ungepflegt, von Kinderkrankheiten gezeichnet.
Was willst du auch erwarten von einer, die beinahe knapp vor der Geburt von ihren Eltern
abgetrieben wurde. Ein ungeliebtes Kind, von niemandem mehr wirklich erwartet, spät
gezeugt von bigotten, senilen Eltern, die schwer unter ihren syphilitischen Ausfallerscheinungen gelitten haben, schwachsinnig und vom Größenwahn zerfressen, weil sie immer
etwas Besonderes sein wollten, - aber nie waren.
Alle ringsum haben das ungewollte Kind vom ersten Tag an nur mit scheelen Augen angesehen.
Nein, ich kannte ihre Eltern nicht wirklich persönlich, nur aus Erzählungen.
Aber sie sollen wohl auch nicht gerade Persönlichkeiten von moralischem Wert gewesen
sein. Trunkenbolde und Huren, Straßenräuber und Plünderer, Banditen und Mörder,
sollen in der Familienlegende die Hauptrolle gespielt haben. Tagediebe und Strolche der
allerschlimmsten Art, nur an persönlicher Bereicherung und an ihrem eigenen Vorteil
interessiert.
Ein Onkel von ihr soll ja sogar zur Zeit der Geburtsstunde im Gefängnis gesessen haben,
und wurde trotzdem erstes Familienoberhaupt, der anerkannte Patenonkel Konrad.
Obwohl sie angeblich selten krank war als Kind, sah sie immer sehr krank aus, neigte zu
Ausfällen und Epilepsie, wirkte stets etwas hohlwangig, blutarm und ausgezehrt, fast wie
die armen Opfer in den billigen Vampirfilmen.
Nein, nein, das ist wirklich nicht wahr, dass sie schon in den ersten Jahren eine Ausgeburt
an Dummheit war, eine taube Nuss, - außen schön - innen hohl.
Ich weiß, dass immer behauptet wurde zwischen ihrer deformierten Schädeldecke und dem
Hals wäre nicht viel mehr als heiße Luft gewesen, oder vielleicht auch nur fauliger Gestank.
Aber ich habe das nie wirklich geglaubt, obwohl ich zugeben muss, dass ich auch immer
darüber gelacht habe.
Zugegeben, sie roch furchtbar aus dem Mund, wenn sie ihn nur aufmachte.
Aber das lag daran, dass ihre inneren Organe nicht gesund waren, alle irgendwie angefault,
schimmlig und leicht zersetzt, schwammig und unfertig.
Und ihre Blutarmut war ja schließlich kein Geheimnis, was bei den ganzen schlimmen Erbkrankheiten der Familie und Vorfahren kein Wunder war.
Sie war krank und blutarm, von der ersten Sekunde an, wo sie das flackernde Licht der Welt
erblickte, - und sie stank zweifelsfrei aus dem Mund.
Aber trotzdem kann ich mich gut erinnern - wenn ich mich nicht irre -, dass sie schon mancher recht gern hatte.
Einige fanden sie sogar richtig schön, haben sie verehrt, respektiert und geliebt.
Na ja, das waren nicht gerade feine Leute, zugegeben, aber immerhin erschienen sie mir
nicht als Geisteskranke, wie ihre Erziehungsberechtigten.
Ja, ja leider, das ist allerdings wahr, sie hat rumgehurt, kaum dass sie die Kinderstube
verlassen hatte, rumgehurt, gelogen und betrogen und gestohlen, mit grenzenloser Schamlosigkeit alle ausgenutzt die sie liebten oder zumindest gern hatten. Sie hat ihre Jungfräulichkeit regelrecht meistbietend verschachert.
Ich kann und will nicht bestreiten, dass sie sich knapp nach ihrer ersten Reife an jeden verkauft hat, der er ihr über den Weg lief, der sie gut bezahlte. Sie nahm Geld für jedes
Entgegenkommen, für jede noch so kleine Nettigkeit, für jedes kalte Lächeln.
Aber ich glaube trotzdem nicht, dass sie im Grunde ihres Herzens eine geborene Hure war,
dass sie seelenlos und kalt handelte.
Und schon gar nicht lebens-und abenteuerlustig.
Sie konnte ein echtes Biest sein, hat alle ihre frühen Liebhaber herzlos gegeneinander
ausgespielt und aufeinander gehetzt, bis sie sich gegenseitig die Fresse blutig schlugen.
Ich glaube eher, dass sie statt einer Hure wirklich krank war, degeneriert und kaputt,
mit einem geradezu unglaublichen Selbstzerstörungstrieb.
Ist ja auch kein Wunder bei all der Lieblosigkeit, die man ihr vom ersten Tag an entgegenbrachte. Selbsthass und Selbstmitleid, Hysterie und Geltungssucht, vor allem aber diese
blinde Wut haben stets ihr Handeln bestimmt, sie unberechenbarer gemacht, von Jahr zu
Jahr mehr.
Dadurch - so glaube ich - wurde sie wirklich eine billige Nutte.
Ja, sie war käuflich und billig, liebte den Pomp und die Protzerei, was man irgendwie auch
verstehen muss. Sie kam schließlich aus der tiefsten Scheiße in die Welt, stieg langsam
höher und höher, kam aber nie in die wirklich feine und menschliche Gesellschaft.
Sich darum aufrichtig zu bemühen, hatte sie auch gar keine Zeit. Sie war stets damit
beschäftigt Geld für ihr Leben ranzuschaffen, es zu bunkern und zu vermehren, allein zum
Eigennutz, war nach viel zu kurzer Zeit sich selbst überlassen. Sie musste in eigener Regie
sehen, wie sie überlebte und klar kam.
Dir würde auch nicht der Sinn nach philosophischer Feinsinnigkeit stehen, wenn du jeden
Tag nur die Droge Geld im Kopf hast, wo du es herkriegst, egal auf welche Weise.
Und für all ihre Schandtaten, Hurereien und Affären hat sie verdammt teuer bezahlen
müssen, mit schweren inneren Infekten und dem rechten Auge, auf dem sie seit Jahren
blind ist.
Es stimmt auch, dass sie nie fair und gerecht war, - weil niemand zu ihr jemals gerecht und
fair war. Alle haben sie nur benutzt, ein billiges Vergnügen, an das sich hinterher niemand
mehr erinnern wollte. Niemand wollte sie wirklich näher kennen lernen, hat sich um sie
bemüht, oder ihr gar eine Alternative für ihren Lebensweg aufgezeigt.
Niemand hat je ein gutes Wort für sie gefunden, Anerkennung oder Lob, so was macht dich
auf Dauer einfach kaputt.
Niemand trägt allein für sein Unglück die Schuld.
Erinnere dich, wie sie noch so jung und unerfahren von diesen fetten, alten Kerlen vergewaltigt wurde. Die haben doch jedes Loch an ihr genutzt, um sie zu schänden.
Und hinterher haben sie sie angespuckt, und mit mehr als nur mit Schmutz besudelt.
Ich glaube, dass niemand ihr je gezeigt hat, was wahre Liebe ist, dass sie nie erfahren hat,
was Gefühle bedeuten, Stolz und Ehre, Aufrichtigkeit und Zuneigung, Würde und Gewissen.
Sie kannte einfach nur Schmutz und hat ihre Seele in den Dreck treten lassen, Scheiße für
teuren Kaviar gehalten.
Niemand war wirklich jemals gut zu ihr.
Sie war immer nur die billige Hure, meistbietend zu kaufen - und verachtet von ihren Freiern, die selber allesamt Heuchler sind.
Heute ist sie eben, wie sie angeblich seit ihrer Geburt immer war, alt und allein, nur verbitterter und noch einsamer, fetter, skrupelloser, schlaffer und aufgedunsen, - und noch billiger, als in ihren guten Tagen.
Schau sie dir doch an, wie sie halbblind durchs trostlose Leben strauchelt, stinkend am
ganzen Leib, verspottet von ihren Zuhältern, ohne jede Hoffnung. Pusteln und Ekzeme trägt
sie im Gesicht und auf den Händen, Geschwüre im Magen und Krebs-Metastasen in allen
Organen, die noch nicht verfault sind.
Sie wartet auf den Tod, aber selbst der lässt sie grinsend zappeln und warten, beobachtet
sie mit zynisch klinischer Neugierde, ihr Siechtum künstlich verlängernd.
Wie lange kann sie das wohl noch durchhalten?
Sie hätte vieles früher erkennen und ändern müssen, hätte moralischer und ehrlicher werden sollen, - aber sie hat nichts dergleichen getan.
Sie hat nie irgendwas begriffen oder irgend etwas dazugelernt, war immer stupid blöde und
begriffsstutzig, hat es bestenfalls noch schlimmer getrieben als vorher. Ein ganzes Leben
sinnlos vergeudet und in der Pissrinne ersäuft.
Ich weiß auch nicht, was man mit ihr tun soll, - und ich will sie auch nicht bei mir Zuhause
aufnehmen.
Ja, es tut mir leid, jedem kranken Tier hätte man längst den Gnadenschuss gegeben, dem
Elend ein Ende gemacht.
Aber sie ...
Alle warten nur auf ihren Tod, starren sie bösartig an, wie sie sabbernd alte Geschichten
von Hurenböcken neu aufwärmt und leere, hohle Phrasen drischt, die niemandem mehr
wirklich was bedeuten.
Vielleicht wäre es das Beste, sie allein und endlich sterben zu lassen ...
...statt sie hier am Tropf zu halten.
Ja, ich weiß, sie frisst immer noch graue Grütze und Dreck, aber was heißt das schon?
Das ist doch kein Leben.
Lasst sie doch einfach in Ruhe, verlacht und verspottet, beachtet sie nicht mehr.
Die Demokratie ist müde und menschenverachtend geworden.
©
Hans B.
Das wirkliche "Big Business"
Ich hatte mal wieder - wie so oft - über mich, mein Leben, meine fragwürdige Zukunft und
meine angespannt finanzielle Lage nachgedacht, als mir davon kotzübel wurde. Alles
drehte sich um mich und vor meinen Augen tanzten rote Kreise.
Da ich gerade in der Stadt spazieren ging, taumelte ich folgerichtig wie ein total Besoffener
durch die Fußgängerzone, rempelte halb umnebelt Menschen an, wurde weggestoßen und
angepöbelt, stieß torkelnd gegen Laternenmaste und Schaukästen inmitten des ganzen
üblichen Einkaufstumultes.
Beinahe wäre ich sogar richtig gestrauchelt und auf den Asphalt geklatscht, konnte mich
aber gerade noch abfangen und fand mich plötzlich im Eingang eines hippen Plattenladens
in der Flingerstraße wieder.
Noch schwer atmend und keuchend lehnte ich mich einen Augenblick an die Tür, versuchte
den wabernden Schleier vor meinen Augen loszuwerden und wieder zu Atem zu kommen.
Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass mich eine langweilig aussehende Blondine mit
grellblauem Lidschatten, leichter Akne und toupierten Haaren statt einer erkennbaren
Frisur, misstrauisch von ihrem Kassenpult kurz vor dem Ausgang beobachtete.
Mit meinen blutunterlaufenen Augen, der blass verschwitzten Haut, muss ich wohl ziemlich
seltsam ausgesehen haben.
Doch das war mir in diesem Augenblick völlig egal.
Nach ein paar Minuten, während immer noch unentwegt und völlig uninteressiert Menschen
an mir vorbei in den Plattenladen rein und rausdrängten, ging es auch mir wieder besser.
Wie aus einem bösen Traum erwachend, sah ich mich erst einmal um, bis mir richtig klar
wurde, wo ich eigentlich tatsächlich war.
Schon um das weiter wachsende Misstrauen der Blondine an der Ausgangskasse abzuschütteln, ging ich ein paar Schritte in den Laden hinein, blätterte ohne großes Interesse
zwischen den buntbedruckten zahllosen CD-Hüllen, registrierte halbbewusst ein paar
bekannte Bandnamen. Zu meinem Erstaunen fand ich hier bestätigt, was ich erst vor
kurzem gelesen hatte, dass nämlich die früher vertrauten echten Schallplatten aus Vinyl
eine beschränkte Renaissance erlebten. Sie waren zwar schon im Ausgangsmaterial viel
bunter als die früheren schwarzen Scheiben, aber unübersehbar keine digitalen Tonträger.
Die richtigen HiFi-Freaks behaupten ja, dass die Klangqualität mit der einer CD oder DVD
nicht einmal ansatzweise zu vergleichen wäre, dass Musik von einer Vinyl-LP viel mehr
Klangvolumen und Klangbreite besäße.
Mir war das ziemlich scheißegal, besonders in diesem Augenblick, aber ich konnte mein
Interesse dennoch nicht verleugnen.
Allmählich beruhigte ich mich wieder, bis ich nach einer Weile halb interessierten Blätterns
zwischen den Plastikhüllen meine mir vertraute Gelassenheit vollkommen zurückgewonnen
hatte.
Da ich zu diesem Zeitpunkt sowieso nichts Besseres vorhatte und auch keine Lust verspürte den Laden zu verlassen, sah ich mich nun ein wenig genauer um. Es war ziemlich
viel los hier, und eine Menge Leute saßen um eine Art Theke herum, an der man über
Kopfhörer verschiedene CD´s
probeweise anhören und dabei kühle Drinks genießen
konnte.
Auch davon hatte ich irgendwo gehört oder gelesen, dass viele Popmusikfans diesen Laden
ganz besonders liebten, weil sie hier vorher ihre potenzielle CD erst mal Probe hören
konnten und gleichzeitig eine Atmosphäre wie in einem angesagten Club genossen.
Der Musikindustrie, so erinnerte ich mich, gefiel so ein Geschäftsverhalten gar nicht, aber
der Laden schien gerade davon ungeheuer zu profitieren und machte beachtliche Umsätze.
Das war schon wichtig in einer Zeit, wo nahezu alle Musikfans ihre Lieblingstracks illegal
aus dem Internet herunterluden und die Musikindustrie Jahr für Jahr weltweit Milliardenverluste einstecken musste. Da musste man sich schon was einfallen lassen, um sich am
Markt zu behaupten.
Diese Idee mit dem Probehören schien ganz erfolgreich zu sein.
Da saßen mehr oder weniger echte Freaks in schrill bunten Klamotten neben gepflegt
gekleideten Anzugträgern Marke BWL-Student oder „beinahe echter Managertyp“, einen
Hocker weiter gut aussehende, sportlich gestylte Frauen in modischer Kleidung und allen
erdenklichen Farben. Alle zusammen und doch jeder für sich im ureigenen Rhythmus und
mit verzücktem Gesichtsausdruck, wackelten sie in der von leisen Stimmen unterlegten
summenden Stille scheinbar völlig unmotiviert mit dem Kopf, zuckten mit den Schultern,
schnippten mit den Fingern, wiegten sich in den Hüften und machten seltsam zuckende
Beinbewegungen auf ihren Hockern. Im Laden selber war dabei allerdings keine Musik zu
hören.
Irgendwie wirkte das auf mich reichlich grotesk.
Am Ausgang hörte ich zusätzlich das scheinbar unentwegte elektronische Klingeln der
Kasse, wechselten permanent Geld und CD´s die Besitzer, als hätten sich die Reste der
Düsseldorfer Party- und Spaßgesellschaft fest verschworen durch Plattenkäufe die Wirtschaft wieder so richtig anzukurbeln und in Schwung zu bringen.
Da musste eine Menge Geld zu verdienen sein, dachte ich noch so eine Sekunde oder
mehr über die Plattenbranche nach. Ganz spontan und weitgehend pleite beschloss ich auf
einmal mir auch irgendeine CD anzuhören, unter der irrigen Vortäuschung, dass ich eine zu
kaufen gedächte.
Es sollte meine beste spontane Entscheidung der letzten Wochen werden, die vielleicht
noch mein ganzes Leben, inclusive meiner Lebenslage, verändern sollte, - auch wenn mir
dies in dieser Sekunde nicht bewusst war. In diesem Laden fand ich den berühmt berüchtigten Weg zu Reichtum und wahrem Big Business.
Ich fragte einen pickligen und schmalbrüstigen Jüngling mit knallroter Lederhose nach einer
der besten Jahresproduktionen, die ich vielleicht kaufen wolle, und nahm auf einem gerade
freiwerdenden Hocker an der Hörtheke Platz. Der Pickeljüngling mit der Pomadenfrisur
bediente die Apparaturen dahinter, krauste einen Augenblick nachdenklich die Stirn, verzog
das ohnehin abstoßend blasse Gesicht zu einer lächerlichen Grimasse und musterte mich
abschätzend.
„Volksmukke ham wir nich ...“, zischte er mir halblaut zu, „hier gibt´s nur echten Grove ...
echten Pop ... und Superklasse ...“
„Hab ich vielleicht nach dem Musikantenstadl gefragt?“ raunzte ich deutlich lauter als er
unfreundlich zurück, „ich steh nicht auf Marianne und Michael ... du vielleicht?“
Er starrte mich erschrocken an, als hätte ich ihn zum Pistolen- oder Säbelduell herausgefordert, verzog dann wieder seine schmale Visage und schien so etwas wie nachzudenken.
Dann hatte er offenbar eine Idee, - die für mich zur Erleuchtung wurde.
Er suchte unter den verschiedenen Platten hinter sich eine schneeweiße Hülle heraus und
zeigte sie mir mit halbem Grinsen: SILENCE.
"Das Beste, was ich kenne ...", hörte ich ihn noch verschwörerisch murmeln, und schon
legte er die silberglitzernde Plastikscheibe in das Fach eines Players, drückte danach auf
einen roten Knopf und mir einen filigranen Kopfhörer in die Hand, den ich auf seine Anweisung aufsetzte. Ich schwang mich auf einen der Barhocker und begann mich beinahe schon
auf ein richtiges Klangerlebnis zu freuen.
Aus den organisch geformten Hörmuscheln ertönte ein leises, kaum hörbares Rauschen auf
mein Trommelfell.
Ich wartete.
Das leise Rauschen sickerte in meine Gehörgänge, unablässig und stetig.
Ich wartete.
Der schmalbrüstige Pickeljüngling beobachtete mich abwartend und schenkte mir ein müdes Lächeln.
Leises Rauschen erfüllte nach wie vor meine Gehörgänge.
Ich wartete.
Nach zirka fünf Minuten kam mir die Sache endlich etwas seltsam vor, und ich wies ihn
darauf hin, dass er vergessen habe meinen Kopfhörer zuzuschalten, weshalb ich nichts
hören könne.
Doch der Schmalbrüstige schüttelte nur den Kopf und lächelte mich dümmlich strahlend,
aber auch ein wenig triumphierend an.
Aus dem Kopfhörer erschallte noch immer nicht mehr als das leise atmosphärische Rauschen.
Das wurde mir jetzt zu blöd und ich wiederholte meinen Protest, so laut, dass es der halbe
Laden hören konnte.
Doch erneut schüttelte der Picklige seinen Kopf und lächelte dämlich.
"Aber das ist doch gerade das Irre!" rief er mir halblaut zu und hielt mir die Plattenhülle vor
meine Nase. Die anderen Gäste an der Theke bekamen davon offenbar wenig mit, waren
vollkommen versunken in ihre eigenen Klangerlebnisse. Ich nahm die Kopfhörer ab und
hörte von allen Seiten diese leise etwas schepprige Außengeräusch der verschiedenen
Musikproduktionen.
SILENCE - las ich, ohne zu begreifen, was dieser Möchte-gern-DJ damit sagen und beweisen wollte.
"Das ist ein wahres Kunstwerk", begeisterte sich daraufhin der Berufs-Platten-Aufleger mit
halblauter Stimme, denn er hatte natürlich längst registriert, dass ich ihn wieder klar und
deutlich verstehen konnte, „ das ist wirkliche Kunst ... Kunst als die totale Verweigerung der
Kunst an sich. Sie haben volle vierzig Minuten Stille ... ist das nicht irre!?"
Ich war mir noch immer nicht sicher, ob ich einen Geisteskranken oder einfach nur einen
geistlosen Witzbold vor mir hatte. Vielleicht war ich schlicht nicht fähig zu begreifen, in was
und wohin ich hier versehentlich geraten war.
Doch das änderte sich.
Nach ein paar Minuten zänkischer Diskussion über Sinn und Unsinn, begann sich mein Verstand einzuschalten und seine abstrakte Vorstellungskraft zurück zu gewinnen.
Schlagartig verstand ich, was ich da eigentlich hörte.
Rauschen, ganz leises, stetes, atmosphärisches Rauschen.
"Verstehen Sie doch," ereiferte sich der Jüngling hinter der Theke mit sichtbar strahlender
Begeisterung, "das ist die wirklich neue, die absolute Klangdimension. Das ist ... Future,
das ... das ist Weisheit ... das ist Wouuuhh ... das ist megageil. Wir leben in einer Welt aus
Krach und Lärm, haben Stress und allen möglichen Scheiß am Hals ... Und dann kommen
diese begnadeten Künstler und Musiker ... und lösen das alles durch fünfzig Minuten totale
Stille auf."
"Was für Musiker ...? Da ist doch gar nichts drauf ..."
"Natürlich sind sie drauf! Sie können sie nur nicht hören, weil sie ihr ... weil sie ihr affengeiles Werk eben SILENCE nennen ... fünfzig Minuten Schweigen. Begreifen Sie eigentlich,
was das künstlerisch und ... und auch gesellschaftspolitisch bedeutet?“ Der tat wirklich so,
als habe er sich schon einmal im Leben mehr als eine Sekunde Gedanken über gesellschaftspolitische Bedeutungen gemacht, der doch nicht. „Fünfzig Minuten Schweigen, totale
Verweigerung ... können Sie aber auch als Maxi-Doppel-CD haben ..."
"Aber da ist nichts ..."
"Na klar, denken Sie doch mal dran, was da für Gedanken in Gang kommen ... bei Ihnen
mit fünfzig Minuten Stille und Schweigen ... wie Ihre Fantasie zu tanzen beginnt ... wie Ihr
abgestumpftes Gehirn reagiert ... wie Ihr Geist wieder völlig klar wird.“ Er starrte mich mit
blitzenden Augen an, als wolle er mich zum Beitritt bei den Zeugen Jehovas überreden. „Sie
haben die einmalige Chance über Ihr Sein nachzudenken ... und auf Wunsch jeden Tag ...
immer wieder ... immer wieder, denn die Klangqualität bleibt endlos lange erhalten. Erst in
der Stille wächst das Bewusstsein des wahren Menschen. In der Verweigerung der Außenwelt zur Außenwelt haben Menschen die große Chance auf Veränderung der Gesellschaft,
durch konsequente Verweigerung blinden Konsums.“
Langsam begann ich zu glauben, dass der sich tatsächlich über so etwas Gedanken
machte, dass er gar nicht so geistlos dämlich war, wie er aussah.
„Jetzt haben Menschen ... durch diese geniale Komposition ... die Chance ihr abgestorbenes Gehirn neu zu beleben, eigene Fantasien in Gang zu setzen ... geniale Gedanken in
Gang zu setzen ... ganz neue Hör-und Klangwelten zu erleben - die noch gar nicht existieren ... nicht einmal in ihrem eigenen Kopf, weil sie erst durch die eigene Kraft des Geistes
und der Fantasie erfunden werden müssen.“
Der redete wirklich wie zur Verkündigung des neuen Evangeliums.
„Menschen erhalten die einmalige Chance in ihr Innerstes zu sehen, sich selbst neu zu entdecken ... ihre Seele wiederzufinden ... und das nur durch dieses geniale Werk. SILENCE
ist wahrhaftig die Musik-Komposition des Jahrhunderts, ein Jahrhundertwerk."
Ich hatte langsam das Gefühl verrückt zu werden.
War ich hier in die Außenabteilung einer Irrenanstalt geraten?
Der picklige Jüngling sah mich erwartungsvoll an, als könne er mein Begreifen damit
beschleunigen.
Ich musste mir und ihm zugestehen, dass er sehr überzeugend sein konnte, sehr engagiert
und beeindruckend. Er war offensichtlich wirklich von dieser Produktion restlos überzeugt.
Und weil ich ja ein ziemlich pragmatisch veranlagter Mensch bin, begann ich nach einer
Weile des Zweifels endlich zu begreifen.
Eine gewaltige Idee machte sich in meinem Kopf Luft und breitete sich in atemberaubender
Geschwindigkeit in meinem ganzen Denken aus.
Was für mich noch vor wenigen Minuten eine totale Verarschung der Plattenbranche gewesen war, entwickelte sich rasend zunehmend zu einer Idee der totalen, absoluten Genialität.
Ich begann - wenn auch erst ansatzweise - zu begreifen, was hinter dieser Komposition der
zukunftsweisenden Musiker ohne direkten Klanggenuss steckte, was SILENCE für mich
ganz persönlich bedeuten könnte.
Das war eine Platten-Produktion ohne Kosten für Musiker, Tonstudio und GEMA.
Es gab keinerlei Kosten für Tourneen und Management der Musiker, keine Flug- und Hotelkosten, keine für Groupies, Nutten und Getränke, lediglich Investitionen für ein paar silbrig
schimmernde CD´s mit Titelaufdruck und gleichmäßig klingender Totenstille.
SILENCE - das war die Idee, die ich brauchte, um mein ganzes Leben zu verändern.
Die Grundidee war von den Musikern angedacht, eigentlich nur entworfen worden, aber
nicht wirklich bis zum Ende. Denn da lag wesentlich mehr drin, das musste nur im ganz
großen Stil ausgeweitet, zum poppig totalen Kult gemacht werden, zu einem künstlerischen
Evangelium, zum Ziel zahlloser Kaufinteressenten.
Die Grundidee der Realisierung in mir war geboren.
Ich sprang heftig und überstürzt auf, ließ den Platten-Jüngling - der wohl einen Augenblick
glaubte, ich wolle ihn schlagen - einfach stehen und rannte wie von Furien gehetzt aus dem
Plattenladen.
Ohne mich umzusehen oder zu stoppen eilte ich in den nahen Park, suchte mir mit zitternden Beinen und Händen eine Parkbank, und gönnte mir erst einmal eine Pause. Dort wollte
ich mich in Ruhe mit dem Gedanken und meinen aufschießenden Plänen beschäftigen.
Da lagen unter Umständen Millionen für mich drin, vielleicht sogar Milliarden.
Ich musste mich ja nicht auf Platten beschränken.
Ich konnte Theaterstücke aufführen, ohne Darsteller, Intendanten und hysterische Regisseure, ohne Bühnenbild und Beleuchter.
Wie hatte der picklige Platten-Jüngling gesagt: Wirkliche Kunst als totale Verweigerung von
Konsum. Begnadete Kunst ...
Ich konnte mir ohne weiteres sofort einen Titel für ein Theaterstück vorstellen, das genau
dieser Idee entsprach: "Warten auf Licht"
Das klang richtig gut und vielversprechend.
Ich konnte mir Bücher vorstellen, ohne jeglichen Inhalt, sogar ein 50-bändiges Gesamtwerk
mit lauter leeren weißen Seiten. Vielleicht unter dem Titel: "Was wir über das Leben nach
dem Tode wissen" - eine wissenschaftliche und umfangreiche Abhandlung, ohne teure
Honorare für die Autoren. Ich würde lediglich Kosten für die Bindung und einen angemessen passablen Einband haben, ansonsten nur Papierkosten. Für ein 50-bändiges Wissenschaftswerk konnte man ohne Zögern durchaus fünftausend Euro verlangen.
Wenn etwas absolut angesagt und Kult ist, ist der Rest nur noch eine Frage des durchdachten Marketings, dann kann man schlicht alles verkaufen.
Ich konnte ein aufsehenerregendes modernes Drama im Schauspielhaus inszenieren: Die
Erwartung - kein Schauspieler würde die Ruhe auf der Bühne dabei auch nur eine Sekunde
stören. Es könnten Schilder aufgestellt werden, die absolute Ruhe auch von den Besuchern
forderten, so dass alle die Stille wahrhaft und ununterbrochen genießen konnten.
CD´s konnte ich unter einem Dutzend verschiedener, vielversprechender Titel herausbringen.
Sogar ein Film war denkbar, Titel: Die Invasion des Nichts - im internationalen Vertrieb,
zweifellos von Kunstkritikern hochgelobt. Die würden zwar anfangs auch etwas irritiert
reagieren und nicht gleich verstehen, aber wenn ich ihnen den gesellschaftspolitischen Anspruch begreifbar erklärte, dann konnten sie diese geniale Idee nachvollziehen.
Ich würde der Superstar, der Superproduzent des 21.Jahrhunderts werden.
Zweieinhalb Stunden im Kino, auf der Leinwand nur Schwärze nach dem Vorlauf-Titel, unter
dem mein Name als Produzent genannt würde. Das würde mich keine Gage für Schauspieler und zickige Stars kosten, nicht für Regisseure, Studios und Komparsen, keine aufwendigen Außendrehs. Ein kurzer, preiswerter Vorspann mit wenig Text, dann konnte der
Projektor praktisch zweieinhalb Stunden abgeschaltet werden.
Selbst die Kinobesitzer hätten deutlich gesenkte Kosten - sie würden mich abgöttisch lieben.
Ich würde Filmpreise gleich reihenweise kassieren: Oscar - Goldene Palme - Goldene
Kamera - Goldener Bär und wie sie alle sonst noch hießen.
Ähnliches ließ sich problemlos unter anderem Titel natürlich auch für´s Fernsehen produzieren, sogar als SciFi Fernseh-Serie: Die Stille des schwarzen Lochs.
Bücher wären sicherlich auch aus schwarzem Papier denkbar, um die Vielfalt voll auszuschöpfen. Bilder für die verschiedenen Staats- und Kunst-Galerien würden meine Produktion abrunden. Die würden ein wahres Vermögen kosten, als Werke aus der schwarzen,
roten, weißen und blauen Serie. Kunstkritikern, besonders denen aus der Sparte Bildende
Kunst, konnte man erfahrungsgemäß schon seit vielen Jahren alles als Kunst verkaufen,
was die ohnehin niemals verstanden.
Man musste es nur gut begründen und gute Titel präsentieren: Der leere Rahmen - oder –
Das verlorene Weiß, mit einer völlig leeren Leinwand - oder - No coment.
So was würde bei denen riesig ankommen, die Galerien würden sich um meine Bilder
reißen, schwindelerregende Preise zahlen.
Fotos für Illustrierte ließen sich natürlich auch vermarkten, ebenso Interviews mit dem
Künstler - mit mir - für gehobene Honorare, - ebenso Poster und Postkarten, um den Lieben
irgendwo einen weißen, schwarzen oder roten Gruß zu senden und gleichzeitig der Verbreitung von Kunst zu dienen, dem Absender das Image von Kunstverständigem zu geben.
Vielleicht würde ich sogar den Nobelpreis dafür bekommen.
Schwarz und Weiß wurden in diesem Moment schlagartig meine Lieblingsfarben.
Das musste ich in aller Ruhe total durchplanen, um jede Marktlücke zu erfassen und zu
nutzen.
Da durfte es keine Spur von Fehlplanung geben.
Vor mir, zum Greifen nahe, lag ein gigantisches Vermögen, praktisch unbeachtet vor mir auf
der Straße und wartete nur darauf, von mir geerntet zu werden.
Nur ein wahrer Vollidiot hätte sich diese Chance entgehen lassen.
Das war wirklich mal ein riesiges, echtes Big-Business.
© Hans B.
Intelligentes Leben.....
Wissen Sie, ich such mir ganz gerne ein bisschen Streit, denn ich bin so ein unbequemer
Querdenker. Ich mach mir so meine Gedanken, so über jenes und alles, einfach so meine
eigenen Gedanken, zum Weltgeschehen, und so, und zu den kleinen Dingen des Lebens,
die alle betreffen und so ... aber eben auch mich und ... und Sie.
Na klar, nun bleiben Sie mal ruhig. Ich weiß doch selber, dass so was böse enden kann,
dass alle glauben, es wäre besser nicht zu viel zu denken, sich keine Gedanken zu
machen.
Ich bin doch nicht blöd.
Aber ich bin eben nicht wie ... na ja, wie Sie ... oder wie ihre Nachbarn, die sind ja ziemlich
blöde, wissen Sie.
Nichts für ungut, Sie sind ja wahrscheinlich ganz okay, ... es sind meistens die anderen ...
die sich keine Gedanken machen. Da ist ja auch nicht viel, außer schweigender Leere in
verbiesterten Gehirnen.
Und ich hab eben auch Spaß daran, mir Streit zu suchen, Themen gibt’s ja jede Menge.
Manchmal kann ich einfach nicht anders, das kommt einfach so, und dann kann ich nicht
wieder aufhören.
Ist wie ne Sucht ... haste mal angefangen, findste kein Ende mehr ... ohne Ende ... geht
immer weiter ... ganz von allein ... da oben im Kopf.
Iss ja auch kein Wunder......
Ich denke manchmal, dass es schön wäre, wenn es kein intelligentes Leben gäbe. Ich
meine so außerhalb, so außerhalb der Erde, da draußen irgendwo, im Weltraum, wo ja
einige behaupten schon unheimliche Begegnungen der 3.Art gehabt zu haben.
Gibt es intelligentes Leben außerhalb unseres Planeten Erde?
Haben Sie sich da das auch schon mal gefragt?
Sehen Sie, und ich denke oft in bestimmten Momenten: Hoffentlich gibt es sie, hoffentlich
gibt’s es sie nicht, diese Außerirdischen, und hoffentlich nicht intelligent.
Denn was soll´n die denn von uns denken?
Vielleicht halten sie uns für eine besonders wilde, primitive und dumme Spezies, ohne
erkennbare Zivilisation.
Stellen Sie sich das doch mal bildlich vor, haben Sie sicher auch schon Hunderte mal im
Stadtbild gesehen, an der nächsten Ecke, direkt an der Bushaltestelle oder der Straßen-
bahn, mitten in der Fußgängerzone. Da sitzt Einer oder Eine mit etwas ungepflegtem Haar
auf einem der wenigen Plastiksitzplätze, keine Obdachlose, aber schon ziemlich ramponiert. Um sie herum wuseln Menschenmassen auf dem Weg zur Arbeit und zum Einkauf,
Touristen und Studenten. Und sie sitzt da, wartet aber nicht auf die Straßenbahn, oder auf
eine andere Linie, und beißt mit weit aufgerissenem Mund große Brocken aus einem
papierumschlungenen Weißbrotsack mit Fleischfüllung. Das Fett tropft ihr schon vom Kinn,
der Mund fettverschmiert, und sie muss den Kopf leicht schräg halten, Mund und Augen
weit aufgerissen, das Gesicht zur Grimasse verzerrt, um voller Gier überhaupt richtig aus
dieser undefinierbaren Masse aus zusammengewürfeltem Fleisch abbeißen zu können.
Nun sagen Sie doch mal ehrlich, sieht das nicht ziemlich ekelig aus?
Ich weiß, dass viele jetzt sagen „Was ist denn schon dabei?“
Aber ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen, dass wir alle über viele Generationen
erworbenen und wertvollen Zivilisationsprozesse innerhalb weniger Jahre einfach wieder ins
Nichts verstoßen. So ein Döner mit Weißbrotsack und Papierpräser sieht nicht nur wie
Essensmüll aus. Wir wissen doch spätestens seit dem letzten Fleischskandal, was da so
alles an ungenießbarem Abfall und Müll drin ist. Und die türkisch-griechischen Fleischgroßhändler und Dönerfabrikanten haben längst aus dem bundesdeutschen Geschäftsgebaren
gelernt.
Gefressen wird immer, und Hauptsache der Konsument ahnt nicht einmal, was er da in sich
reinstopft. Schlitzohrigkeit und bescheißen gehören ohnehin seit zahllosen Generationen
zum orientalischen Selbstverständnis.
Das muss ich Ihnen doch wohl nicht erzählen.
Wir stopfen uns zwischen zwei Bahnverbindungen so einen Fleischfabrikmüll rein, sehen
dabei echt abstoßend und fetttriefend aus, und werden wie die Amis wegen dem ungesund
ekligen Fraß immer fetter.
Und jetzt stellen Sie sich doch zusätzlich mal vor, uns würden die Aliens, die Außerirdischen heimlich beobachten und studieren, wie entsetzt die dann zusehen, während Sie da
auf dem unbequemen Plastiksitz schmatzend und fetttriefend ihren eigenen Döner herunterschlingen.
„Seltsam sind sie, diese Menschen“, werden die Aliens sich denken, „sehr seltsam ...“
„Ja, und ... und sie fressen aus der Hand“, wird ein anderer mit Leberwurstfarbe ergänzen,
„und sie fressen Müll ... und andere Artgenossen ...“
Das ist dann der Moment, wo ich mir mit aller Macht wünsche, dass es sie nicht gibt, dass
es kein intelligentes Leben gibt außerhalb unseres Heimatplaneten, - denn wir müssten uns
schämen für unseren Mangel an minimaler Esskultur.
Aber selbst das kann man notfalls seufzend ignorieren und sich von diesem primitiven
Fressgelage angewidert abwenden.
Doch es gibt überall in allen Lebensbereichen diesen Mangel an Zivilisation. Denken Sie
nur an das alltägliche Straßenkino, die Drängelei in den Einkaufsstraßen und Autobahnen,
die Gewaltbereitschaft in den Schulen, die skrupellose Betrügerei unserer Volksvertreter,
ihre schamlose Mitnahmementalität, die sie immer nur an ihren Wählern bemängeln und
öffentlich im Fernsehen anprangern, während sie diesen Staat erbarmungslos ausplündern, - und nie genug rauben und stehlen können, weil sie so ein enormes Raubpotenzial
besitzen.
Es ist völlig egal, in welches politische System Sie da schauen, es gibt keine wirklich demokratische Gesellschaftsform. Wir Alt-68-er hatten ja immerhin noch die fatale Illusion des
Sozialismus, mit dem beispielhaften Endergebnis, dass ausgerechnet die spießige DDR ein
Unterstützerstaat des islamischen und internationalen Terrorismus war. Die Illusionen sind
lange zerstört, auch die letzte Maske des realen Sozialismus vom Gesicht gerissen, die wiedererwachende Sowjetunion ein verbrecherisches Machtgebilde aus russischer Mafia und
machtgierigen Post-Kommunisten im Stalin-Stil.
Und die andere Seite, die sogenannte westliche Freiheitswelt a la USA steuern immer mehr
auf einen totalitär faschistischen Unrechtsstaat zu, für den Menschen- und Freiheitsrechte
keinerlei Bedeutung mehr haben, wo einige wenige Firmenbosse und skrupellose Politiker
alle Geschicke der Weltbevölkerung diktieren wollen.
Grauenhaft und beschämend, wenn das die Aliens zu sehen bekämen.
Aber das Allerschlimmste wäre, und das stellen Sie sich doch mal bildlich vor, die Aliens
würden sich aus wissenschaftlichem Interesse und zur endgültigen Bestimmung unseres
kulturellen Bildungsniveaus mal in unser Fernsehprogramm einklinken. Bei ihrer technischen Überlegenheit dürfte das kein Problem sein.
Und stellen Sie sich jetzt mal vor, die geraten versehentlich zuerst in diese Superstarshow,
wo völlig inkompetente Juroren und ein ausgebrannter Musikproduzent mit faltigen Hängebacken, gemeinsam mit den telefonisch manipulierenden Bundesbürgern einen deutschen
Superstar suchen.
Ich dachte ja nach den ersten beiden Versuchen, dass es nun genug wäre, dass die so
etwas nie wieder versuchen würden, weil dabei nichts wirklich Bleibendes herausgekom-
men ist. Ein paar hundert jugendliche singende Windbeutel, mit dem Intelligenzquotienten in
der Temperaturhöhe eines abgetauten Kühlschranks, und mindestens ebenso ungepflegt,
pausbäckig und mopsig, nicht selten skurril abgedreht, die nur selten besser singen als ich,
und ich kann wirklich nicht singen, werden zur allgemeinen Belustigung des Fernsehvolks
öffentlich zur Schau gestellt. Ich erinnere hier nur an die unerträglich quäkend kreischende
Kunststofffräse und CD produzierende Vogelscheuche Daniel Kübelböck.
Das war nicht komisch, nicht mehr als eine Sekunde lang.
Sie werden zum Affen gemacht, deprimiert und frustriert, erbarmungslos für teure Werbeverträge in der Show geknebelt und ausgebeutet, mit etwas Glück für eine oder zwei CDs
produziert, an denen fast nur die Produzenten reichlich klimpernde Kohle verdienen, also
dieser hängebackige Musikproduzent aus Tötensen, als "Superstars" tituliert, an die sich
nach einem Jahr kaum einer mehr erinnern kann – und dann auf den kurzlebigen Müll der
Fernsehgeschichte gekotzt und entsorgt für die nächstjährige Show.
Finden Sie das witzig oder sogar interessant?
Und was würden dazu wohl die Aliens sagen?
Die müssen doch glatt vor Entsetzen kotzen, wenn sie diesen geistlosen Mist aus menschlicher Produktion sehen. Die denken doch, was wir vorher an Müll gefressen haben, scheißen wir später als Fernsehprogramm wieder aus, sozusagen Familienunterhaltung direkt
aus dem Arsch. Die müssen uns doch für degenerierte Vollidioten halten, ohne jeden Stil
und Intellekt, eine Spezies zur sofortigen Ausrottung.
Und vielleicht ist das auch der Grund, warum die Aliens in Hollywoodfilmen immer so feindselig aggressiv dargestellt werden, weil die Filmbosse längst aus der täglichen Produktion
begriffen haben, dass das einen denkbar schlechten Eindruck auf Aliens machen muss. Die
sind praktisch gezwungen uns zu vernichten, um zu verhindern, dass wir womöglich noch
Schlimmeres als diesen geistigen Dünnschiss produzieren oder sogar in die Galaxis exportieren.
Ich erinnere, Big-Brother war in den ersten zwei oder drei Staffeln über mehrere Wochen
nur ein übergroßer, kameraverseuchter Wohncontainer, eine Übergangswohnstätte für
arbeitslose Bedeutungssuchende und pleitegegangene Dachdecker ohne berufliche Perspektive, mit ein wenig Sex unter der Infrarot-Kamera und ein paar anzüglichen Fummeleien vor den Augen eines eher mäßig interessierten Publikums vor den Fernsehern.
Anfangs lockte ja auch noch das neue, ungewöhnliche Fernsehformat, das es vorher noch
nie gegeben hatte. Später war es hauptsächlich die Hoffnung einiger Voyeure doch mal so
etwas wie saftig originalen Sex vor der Kamera zu sehen, was aber nicht wirklich geschah.
Ein paar gescheiterte Geltungssüchtige ohne große Perspektive wurden ohne nachvoll-
ziehbare Begründung zu "Big-Brother-Stars" hochstilisiert, und scheiterten kläglich im Versuch mit einer produzierten Gesangs-CD wenigstens ein paar Krümel von den Werbemillionen der Produzenten abzustauben.
Heute ist es bereits kein Wohncontainer mehr, denn die Arbeits- und Perspektivlosen sind
wesentlich mehr geworden, ein ganzes "Dorf" musste her, vollgestopft mit Kameras, Mikrophonen und Mitmenschen, mit denen man bei nüchterner Betrachtung nicht mal gemeinsam
eine Disco besuchen würde, mit denen man nicht unbedingt befreundet sein will, und schon
gar nicht das Bett und irgendwelche Körpergelüste teilen würde.
Doch eingesperrt in dieses potemkinsche Dorf mit den üblichen und menschlichen sexuellen Bedürfnissen poppt man auch mit jenen, die einem außerhalb eher die Nackenhaare
aufstellen würden. Man kann den hormonellen Stau ja schließlich nicht einfach ausschwitzen, irgendwo muss er entladen werden, und angesichts der überall präsenten Kameras ist
die Auswahlmöglichkeit nicht sehr groß.
Wer will schon im Abendprogramm öffentlich und allein und verlassen unter einer Infrarotkamera onanieren?
Was sind das für Menschen, wer hat denn Zeit für so etwas, außer gescheiterte Existenzen,
Arbeitslose und Menschen mit überzüchtetem Geltungsbedürfnis. Dabei sage ich gar nichts
gegen Arbeitslose, das sind meistens arme Schlucker, die sich mühsam über Wasser
halten und kaum eine Chance haben wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert zu werden.
Die haben für so einen Mist gar keine Zeit, die sind voll damit beschäftigt sich irgendeine
berufliche Perspektive zu schaffen, die sie oder eine anhängende Familie ernährt. Das ist
der gleiche Typ Zeitgenosse wie bei der Suche nach dem Superstars, ohne eine Aussicht
auf irgendetwas, das sie aus der Masse der Bedeutungslosen heraus hebt.
Aber einmal im Fernsehen sein, wenn auch nur für 5 Minuten, oder vielleicht sogar gleich
für mehrere Abendshows, sich für ein paar Stunden oder Tage bedeutend fühlen und dabei
genauso infantil und banal, so hirnlos und aussichtslos leben, wie auch außerhalb der
Plastikwelt.
Das scheint eine ungeheure Anziehungskraft zu besitzen, die einzige Perspektive, die
heutzutage viele Jugendliche überhaupt noch sehen. Darum ist es ein riesiges Geschäft mit
denen, die ohnehin fast nichts besitzen.
Abgetakelte Musiker und Moderatorinnen führen durch diese Freak-Shows der Fernsehunterhaltung, und noch immer dürfen Zuschauer am Bildschirm bestimmen, wer tränenreich
und ohne große Kohle dieses Dorf verlassen muss – oder darf, zurück in die ebenso
besinnungslose Realität des Alltags, aber für ein paar Tage ein „Big-Brother-Star“.
Was aber treibt immer noch Fernsehzuschauer dazu sich so etwas anzusehen, die banale
Alltäglichkeit eines irreal allzeit beobachteten Lebens in totaler Langeweile?
Sind wir schon soweit degeneriert, dass wir das brauchen?
Folgerichtig wäre als nächstes "Big-Brother" die Stadt dran, danach das Land. Die ganze
Bundesrepublik eine total mit Fernsehkameras überfrachtete Fernsehkulisse, und die
schauen sich dabei auch noch selber zu.
Drinnen könnte man für ein Jahr oder länger die ganzen Arbeitslosen, Sozialhilfeempfänger
verschwinden und um ihre tägliche Nahrung wettstreiten lassen. Und die brüllen dann täglich im Chor: Wir sind Deutschland ...!
Allein bei dem Gedanken wird mir kotzübel.
Der Staatshaushalt aber wäre binnen weniger Jahre saniert, und unsere zutiefst verachteten Volksvertreter könnten sich noch mehr Kohle still und leise unter den Nagel reißen.
Wer dann selbst an diesem Mist scheitert, kann noch immer als Survival-Kandidat im
australischen Dschungel sein Glück suchen und nicht finden, und es anschließend noch
einmal als längst abgewrackter Pop-Sänger versuchen und auch da erneut kläglich versagen.
Und die Aliens schauen sprachlos zu.
Da kann man verstehen, dass sie das starke Bedürfnis haben, die Menschheit auszurotten,
möglichst bevor die solche Fernsehunterhaltung in die Galaxis exportiert und sich ihre
Werberechte gesichert haben.
Das Leben ist Scheiße, sagen die, die sich in Langeweile tagtäglich durch die unsäglich
anödenden Talk-Shows schleifen lassen. Sie haben den Zuschauern nichts zu sagen, tun
es aber trotzdem, und immer noch eine Spur dümmlicher als eine Stunde zuvor, machen
sich selbst zum dressierten Affen und zum Trottel, und fühlen sich bedeutend, obwohl es
heutzutage kein Privileg mehr ist auf dem Fernsehschirm aufzutauchen. Die Warteschlangen derjenigen, die irrend von sich glauben fernsehtauglich zu sein, den Menschen außerhalb des Studios etwas zu sagen zu haben, werden immer länger.
Und ich werde den Verdacht nicht los, dass es noch Millionen von Dünnbrettbohrern gibt,
die erkennbar neidvoll noch nicht ihr banales und tristes Leben vor den Fernsehkameras
ausgebreitet haben. Plattitüden spielen da die Hauptrolle, echte Themen sind eher banale
Nebensache, die Klischees so platt und gleichzeitig lebensnah, dass es selbst hartge-
sottene Fernseh-Junkies zu Tode erschreckt und gleichzeitig langweilt. Ohne Zweifel
werden die dreist Vorgeführten sogar noch von ihresgleichen beneidet, denn die sind jetzt
im Fernsehen.
Dass dort asoziale Gräben aufgerissen und vertieft, dass dümmliche Vorurteile geschürt
werden, bleibt irrelevant. Denn in diesen oft schweren Zeiten ist es überlebenswichtig für
die korrupte Republik vielfach durchgekautes und wieder ausgekotztes Brot und Spiele zu
bieten, die am Nasenring Tanzenden gegeneinander auszuspielen, sie aufeinander zu
hetzen, - wie Julius Cäsar und der fette Nero im antiken Rom.
So bleibt den Machern im Hintergrund genügend Spielraum für ihre eigenen Interessen.
Und es gibt Themen, die sich in allen Variationen immer wieder vorzuführen lohnen, die
Zuschauerzahlen belegen es. Ihr familienfreundlicher Sender meldet sich pünktlich und tagtäglich, darauf können Sie wetten und vertrauen.
Wir hatten damals Dieter Thomas Heck und die ZDF-Hitparade, und keine Ahnung, wie
harmlos dieses von den Eltern verübelte Vergnügen war. Heute geht es wesentlich anders
und brutaler zu, wenn die verschiedenen Freak-Shows starten, mit eingespieltem Applaus
vom Band und bezahlten Anheizern, die das Studiopublikum mit schrägem Humor und ein
paar Gläsern Alkopops in Stimmung bringen, darauf hoffend eines nahen Tages eine eigene Talk-Show zu bekommen.
„Mein bester Freund poppt mit meiner Freundin, während ich für einen Hauptschulabschluss die Abendschule besuche, - heute wird abgerechnet“.
„Du bist eine Schlampe, heute werde ich es dir sagen“.
„Mein Liebstes Hobby sind poppen und gebären, ich habe insgesamt 24 Kinder von 32
Vätern – wie oft will ich mich noch schwängern lassen?“
Wozu ist eigentlich die Anti-Baby-Pille mal erfunden worden?
Das weiß ich selber, dass die nicht so gut kommt wie Extasy. Das muss ich nicht mal
persönlich ausprobiert haben. Aber immer wieder wird uns versichert, dass Jugendliche
heutzutage viel früher reif und erwachsen werden.
Nur, wie man nicht schwanger wird, dass es so etwas wie Verhütung gibt, und dass es
keinen Sinn macht, blind von einem Augenblicksgefühl und halb besoffen, sich die Seele
und das Hirn weg zu poppen, nur um für ein paar Minuten dem tristen Alltag und der
Perspektivlosigkeit zu entfliehen, scheinen diese coolen Jungerwachsenen nicht mehr
gelernt zu haben.
Wenn man den täglichen Talk-Shows glaubt, und wer will das schließlich nicht, denn das
tun Millionen, dann werden die alleinerziehenden Mütter immer jünger, Kinder bekommen
Kinder. Manche von ihnen lösen dann völlig geistlos die unausweichlich auftretenden Probleme. Vertuschen, verschweigen, still und heimlich auf irgend einem verdreckten Schulklo
gebären, blauer Müllsack auf, das blutverschmierte schreiende Baby rein, Müllsack in die
graue Tonne, - oder gleich nackt in den nächsten Mülleimer - Problem gelöst. Babyklappen
– wen interessiert denn so was?
Die Sender haben täglich wie immer weder Mühen noch Ekel gescheut um wieder hochbrisante Gäste für die Zuschauer in die Sendung einzuladen.
„Hilfe, meine Oma onaniert mit dem Fön der Badewanne – ist sie total pervers?“
Da hilft nur der Lügendetektortest, weiß die freundlich lächelnde blonde Moderatorin zu
berichten.
„Unser Wellensittich Hansi vögelt am liebsten mit Minka, unserer Hauskatze – jetzt haben
wir zehn süße Wellenkatzen. Müssen wir sie ersäufen?“
Und ab und zu auch mal ein Schocker.
„Hilfe, ich werde immer fetter, muss ich meinen Pizzabäcker ermorden?“
„Unser Opa hat sich selbst kastriert. Jetzt will er Viagra – muss ich sie ihm kaufen?“
„Die ultimative Brustvergrößerung 25 Liter Silikon auf jeder Seite. Ich kann nicht mehr aufstehen – was soll ich nur tun?“
Wir werden täglich bombardiert mit banalem Schwachsinn, und kaum einer schaltet einfach
mal die Glotze ab, während unsere Seelen bereits verkümmern und brutalisiert werden.
„Hilfe, ich bin zu fett, bin 1,70 groß und wiege immer noch mehr als 30 Kilo trotz Mini-Titten
und Ganzkörperenthaarung. Wie kann ich mindestens noch 25 KG abnehmen?“
Auf dem Konkurrenzsender veranstalten die Moderatoren eine nachmittägliche DessousShow mit schwer übergewichtigen und zellulitären Monsterfrauen, denen nichts mehr peinlich ist, selbst ein halbnackter Fernsehauftritt mit wabbelnden Oberschenkeln, erschreckenden Titten und einem bierfassgroßem Hüftumfang.
„Das Interview des Tages: IMPLODIERT sprach exklusiv mit dem Fön in der Badewanne in
der Oma.....mit Live-Bildern!“
So was schafft traumhafte Einschaltquoten, wer braucht da noch intelligente Fernsehunterhaltung.
„Hallo, hallo ist da die Irrenanstalt....?“
Zur Krönung beteuert dann Günter Jauch noch einmal: Du bist Deutschland – und kann
nicht mehr verhindern, dass ich mich im hohen Bogen erbreche.
Haben wir keinerlei Schamgefühl mehr, ist uns nichts mehr peinlich?
Was übrigens hinzukommt ist die Tatsache, dass das Meiste – wie man in mediendeutsch
sagt – ein Fake ist, ein diletantisches Schmierentheater von Laiendarstellern, von Menschen wie Sie, - nein, nicht Sie ... Sie da hinten ... und Sie. Sie rennen doch in all diese
unsäglichen Castings, nur um einmal ins Fernsehen zu kommen, für eine Stunde bedeutend zu sein. Aber glauben Sie mir, dieser Ruhm hält auch nicht viel länger als diese eine
Stunde. Schon morgen sind Sie wieder nur ein Schatten ihrer Selbst.
Dabei muss man nur wissen, wie man Fernsehen schaut, nicht was.
Wenn Sie mal etwas wirklich unterhaltsam Absurdes sehen wollen, ein Riesenspaß, dann
schalten Sie irgendeine Schlager- oder Volksmusiksendung an, gibt es ja noch immer reichlich und regelmäßig in den öffentlich rechtlichen Sendern. Schauen sie sich doch mal diese
sogenannten Volkskünstler und Schlagerfuzzis dort an, die machen auf jugendlich 25 in
grellbuntem Outfit und grauen Haaren auf der Brust, mit tiefen Falten und wulstigen Saufringen um die Augen, aufgequollene Gesichter, großporige Haut vom vielen Rauchen und
durchgemachten Nächten. Da hilft auch keine noch so gute Maskenbildnerin mehr, denn die
sehen immer noch aus wie 45, und sind in Wirklichkeit noch älter, als es der Kalender
belegt. Sie werden alle immer wieder aus dem Abseits und den billigen Absteigen auf die
Fernsehbühnen gezerrt, manchmal sogar aus dem Wohnwagen, weil sie sich nicht mal
mehr eine Wohnung leisten können. Großspurige und alkoholverseuchte Alleinunterhalter
aus dem längst verloschenen Rampenlicht der Unterhaltung, die noch immer mit Doppelkinn und Hängebacken von dem Trucker singen, der dringend mehr Geld braucht.
Nichts ist denen peinlich, nicht mal ein Auftritt des infantilen Chöre-Leiters mit Silberhaar auf
der Love-Parade mit Extasy und sinnentleertem Armgewedel. Die taugen meistens noch
nicht mal mehr für eine drittklassige Fernsehunterhaltung.
So zusammengeschnitten, wie solche Sendungen ausgestrahlt werden, da haben Sie völlig
recht, ist so ein Musikantenstadel oder Melodien für Millionen eine eher ohrenquälende
Strapaze und Beleidigung für halbwegs guten Geschmack.
Doch haben Sie schon mal konsequent versucht diese Sendung ohne Ton zu schauen?
Machen Sie das doch mal probehalber, und schon erschließt sich Ihnen eine ganz reale
Welt des absurden Irrsinns. Dann wird Ihnen die Komik der Selbstdarstellung von abgewrackten U-Stars erst richtig bewusst. Es wirkt so komisch, diese alberne Herumtänzelei in
Glitzerklamotten, dieses gequält lockere Lächeln, und kein schmalziger Wortkitsch lenkt
mehr von diesen Bildern ab. Sie werden staunend erkennen, dass die zwar scheinbar strahlend lächeln, mit extra geweißten Gebissen, - aber das ist wie eingefroren eisig, alles nur
aufgesetzt, - eben weil Sie nicht mehr von den nervenden Klangergüssen abgelenkt werden.
Ist Ihnen früher schon mal aufgefallen, wie stereotyp ähnlich die Bewegungsmotorik dieser
gescheiterten Kaufhaus-Kaffeefahrten-Entertainer und Kurbad-Künstler aussieht, dass die
sich in ihrem gekünstelten Gehabe kaum unterscheiden?
Das macht wirklich Spaß, Sie werden Tränen lachen vor Begeisterung.
Und jetzt stellen Sie sich mal vor, die Aliens schauen ebenfalls zu und sind so entsetzt wie
Sie, können nicht fassen, was menschliche Horrorhirne sich alles ausdenken.
Und die Shows in USA, Großbritannien oder Japan oder anderswo, sind oft noch viel
schlimmer und gnadenloser.
Also, wenn ich das alles so bedenke und mir das vorstelle, und auch noch vieles andere,
dann ist es mir ziemlich egal, ob es da draußen irgendwo im Weltraum, zwischen den
zahllosen Sternen und Planeten intelligentes Leben gibt, Aliens die uns interessiert beobachten und studieren, obwohl ich mir wünsche, dass es sie nicht gibt.
Viel mehr beschäftigt mich die Frage aller Fragen: Gibt’s es intelligentes Leben hier, auf der
Erde, und ist es gebildet genug, um endlich die ganz profanen irdischen Probleme zu
lösen?
Jedenfalls haben Sie jetzt etwas, worüber Sie mal ausgiebig nachdenken sollten.
Ich denke über so was nach ... und das sollten Sie auch mal für die nächste Viertelstunde
tun.
Das schaffen Sie schon, - und wenn Sie das überleben, sind Sie im Leben schon wieder
einen Tag weiter.
© Hans B.
Zeit
Zeit.
Was bedeutete dieses Wort: Zeit?
Zeit.
Zeit.
Zeit.
Er meinte sich zu erinnern, dass sie immer weiter voranschritt, war sich dessen aber nicht
sicher. Nicht, weil er es nicht wusste, sondern weil es so unendlich schwer war diese
lähmende, klebrige Masse zu durchstoßen, unter der er so etwas ähnliches wie lebte, die
ihn wie eine schwere Decke begrub, ihm das Atmen schwer machte, ihn daran hinderte zu
seinen Gedanken vorzustoßen, sie zu ergreifen und zu ergründen.
Zeit.
Zeit.
Eine klebrige, zähe Masse, unbegreifbar und doch omnipräsent.
Woher kannte er dieses Wort: omnipräsent?
Und warum kam es ihm gerade jetzt in den Sinn?
Er konnte sich nicht erinnern, vermochte seine Gedanken nicht zu fixieren und zu ordnen.
Immer wieder zog ihn dieses zähe Grau der Zeit zurück in die Tiefe des Vergessens.
Wie hieß das Wort, über das er nachdenken wollte?
Er hatte es bereits wieder vergessen, kämpfte mit einem stummen Schrei gegen sein
erneutes Einsinken, streckte den zentnerschweren Arm mit Klauenfingern hinaus ins Leben,
suchte den neuen Halt außerhalb seiner eintönigen Welt.
Stille und Zeit – sie waren eins geworden für ihn, düstere Geschwister der Verschwörung.
Sie kannten nur einen Tagesablauf, endlos und immer wiederkehrend.
„Pfffffffffffffffft… piep… pffffffffffffffffffffft… piep… pfffffffffffffffffft… piep…“
Es klang vertraut und dennoch fremd, ungewollt und dabei so persönlich an ihn gebunden.
Was bedeutete das?
Worin lag der Sinn?
Warum spürte er immer diesen leisen, beständigen Schmerz in seinem Handrücken?
Ein Gedankenfetzen tauchte für wenige Sekunden vor seinem inneren Auge auf: Ein glatt
rasierter, haarloser Handrücken mit einem festen, leicht angegrauten Verband um Hand-
gelenk und Daumen, mit dem gelben Endstück einer Kanüle, die dauerhaft in seiner Handvene verankert schien. Ein Pflaster hielt diese Kanüle in ihrer Lage und verhinderte
gleichzeitig Verschmutzung und versehentliches Herauslösen.
Was bedeutete das?
Schon war das Bild wieder verschwunden und zurück kehrte dieses Wort, das er nicht
zuzuordnen vermochte.
Zeit.
Zeit.
Was bedeutete dieses Wort: Zeit?
Zeit bestand aus …
Wieder entglitt ihm der Gedanke, tauchte ganz kurz aus diesem grauen Nebel wieder auf.
Er bekam ihn tatsächlich zu fassen.
Zeit bestand aus …
„Pfffffffffffffffft … piep … pffffffffffffffffffffft … piep … pfffffffffffffffffft … piep …“
Das war es wohl, seit Ewigkeiten ein karger zusammenhängender Gedanke, zu dem er
sogar noch eine weitere Wahrnehmung einordnen konnte. Immer wieder zupfte und hantierte eine unbekannte, gesichtslose Person, ohne jeden Geruch, mit einer leisen Stimme und
kalten Händen an diesem gelben Kanülenende herum, was ihm deutlich spürbare Schmerzen bereitete. War das endlich vorüber, tat sie noch etwas anderes, aber … aber er konnte
sich nicht erinnern, was das war.
Ganz langsam formte sich in seiner grauen, zähklebrigen Welt ein Handlungsablauf.
Zeit bestand aus: „Pfffffffffffffffft … piep … pffffffffffffffffffffft … piep … pfffffffffffffffffft … piep
…“ und eben dieser Kanüle und dieser Person, die an seinem Handrücken herumwerkelte.
Ein Schlauch … da war auch noch ein Schlauch, ein durchsichtiger dünner Schlauch mit
etwas Rotem in der Mitte … und noch etwas am anderen Ende, das so weit entfernt war,
dass es sich seinem Blick fast völlig entzog.
Zeit.
Was bedeutete dieses Wort?
„Pfffffffffffffffft … piep … pffffffffffffffffffffft … piep … pfffffffffffffffffft … piep …“
Warum wollte er das wissen?
Was bedeutete Zeit?
Was war Zeit?
War Zeit etwas anderes als leichter Schmerz im Handrücken, ein wasserklarer, dünner
Schlauch mit etwas Rotem in der Mitte und einer zäh fließenden Masse aus Grau, die ihm
das Atmen schwer machte und seine Gedanken lähmte?
Zeit hatte jegliche Bedeutung für ihn verloren, ohne dass er es wusste und verstehen
konnte. Dazu war sein Verstand zu tief eingetaucht in diese Monotonie seines Lebens.
Da war etwas, auf einem Kissen liegend, mal zur Seite geneigt, mal scheinbar völlig bewegungslos, etwas Schweres, das scheinbar Teil von etwas Ganzem war.
Für einen Lidschlag erinnerte er sich an seinen Kopf und damit eröffnete sich für wenige
Sekunden eine neue Frage.
Wenn ich einen Kopf habe, besitze ich dann auch noch einen Körper?
Ein Handrücken war zweifellos vorhanden, denn dort spürte er Tag und Nacht diesen
drückenden, leisen Schmerz der Kanüle.
Gab es irgendeine Verbindung zwischen diesem Handrücken und diesem … er hatte das
Wort schon wieder vergessen, konnte sich aber mit Mühe noch daran erinnern, dass dies
die Quelle für diese winzigen Bruchstücke flatterhafter Gedanken und Bilder war.
Doch, da war noch etwas, etwas sehr Schweres, nahezu Bewegungsloses, tonnenschwer
und schmerzhaft, besonders in der Mitte, auf der Unterseite. Manchmal spürte er zudem
noch anderes, das irgendwie zu ihm zu gehören schien, ohne dass er es gedanklich erfassen konnte. Vielleicht wäre es möglich gewesen es durch Anschauen in sein Bewusstsein
zu bringen, sich daran zu erinnern, welche Bedeutung dem zuzuordnen war. Doch wenn er
auch nur versuchte dieses lange Etwas neben sich zu bewegen, entglitt ihm sofort wieder
diese Wahrnehmung und tauchte tief ein in dieses zähe, stumpfe Grau, das ihn umgab.
Plötzlich verstand er es, war es glasklar wieder da.
Er lag auf dem Rücken, der schmerzte in seinen Lendenwirbeln und allen Muskeln, und
neben ihm unter der Decke lag ein Arm, auf dem Kissen ein Kopf, mit Haaren und einem
Gehirn, - und dann waren da noch zwei Beine, und noch ein Arm, der mit dem Handrücken
und der Kanüle.
„Pfffffffffffffffft … piep … pffffffffffffffffffffft … piep … pfffffffffffffffffft … piep …“
Wie lange mochte er schon so liegen. Es schien ihm Jahrhunderte her, dass er sich bewegt
hatte.
Konnte er sich überhaupt bewegen?
Das war seltsam. Zwar war sein linker Arm unbestreitbar nicht innerhalb seiner Sicht,
genauso wie seine Beine, aber er vermochte sie sich vorzustellen und spürte ganz deutlich,
dass sie sich nicht bewegten, so sehr er sich auch darauf konzentrierte und anstrengte dieses Ziel zu erreichen. Festliegend, wie betoniert lag er auf dem Rücken.
„Pfffffffffffffffft … piep … piep … piep pffffffffffffffffffffft … piep … piep … piep pfffffffffffffffffft …
piep … piep … piep …“
Schmerzen, unaussprechlich unaushaltbare Schmerzen, sie quälten ihn nicht, aber für
einen Herzschlag lang erinnerte er sich. Da waren viele Menschen in weißen Kitteln um ihn
herum, alle hektisch betriebsam. Sie sprachen ihn an, aber so seltsam leise, das er sie nicht
verstehen konnte, kaum ihre Stimmen hörte. Er erinnerte sich aber an seine Angst.
„Pfffffffffffffffft … piep … piep … piep pffffffffffffffffffffft … piep … piep … piep pfffffffffffffffffft …
piep … piep … piep …“
Wie lange war das her?
Ein Jahr … zwei Jahre … zehn Jahre … hundert Jahre … Ewigkeiten?
Wieder schloss sich diese graue, zähflüssige Welt um ihn, begrub alle Gedanken und
Wahrnehmungen.
Zeit.
Was bedeutete dieses Wort: Zeit?
Zeit.
Zeit.
Zeit.
Sie war völlig bedeutungslos für ihn geworden.
Hannelore …
Wer war Hannelore?
Warum verband er mit diesem Namen so ein warmes, wohltuendes Gefühl?
Kevin …
Noch ein Name ohne jede Bedeutung zuerst ... aber mit einem erwachenden Gefühl,
ähnlich und doch ganz anders.
Es war kein Gedanke, mehr ein Wunsch, eine Ahnung davon dieses Grau zu verlassen, ins
Licht zurückzukehren. Denn da war etwas, was leise mit ihm flüsterte, was lieblich klang,
wie eine ferne Erinnerung an Musik, eine Einladung, eine Zukunft, eine Hoffnung, ein Neubeginn und Ende zugleich. Wenn er sich ganz direkt, mit aller Kraft darauf konzentrierte,
dann half ihm das seine Gedanken ein winziges Stück mehr in Klarheit einzutauchen, sie zu
fassen und festzuhalten.
„Pfffffffffffffffft … piep … piep … piep pffffffffffffffffffffft … piep … piep … piep pfffffffffffffffffft …
piep … piep … piep …“
Eine Hand legte sich kühl auf seine Stirn, glitt scheinbar schwerelos an seine Schläfe. Der
Daumen zeichnete die Augenbraue nach, während die Finger sanft eine Haarsträhne
zurückstrichen.
Mama.
Er erkannte sie ohne die schweren Augen öffnen zu müssen. So hatte sie es immer
gemacht, wenn er Kummer hatte oder krank war. Sie nahm ihn sanft in die Arme, strich mit
einer Hand beruhigend über seinen Rücken, drei Mal vom Schulterblatt hinunter, hielt ihn
dann so umfangen, ungeachtet der EKG-Kabel und der dünnen transparenten Schläuche.
So etwas konnte nur sie, alles Leid, alles Schwere mit einer Umarmung auflösen, grenzenlosen Trost spenden.
Warum und wieso war sie hier wo sie eigentlich nicht sein konnte?
Die Frage war so bedeutungslos wie alles andere um ihn herum.
Ihm wurde mit einem Mal ganz leicht, die Gräue löste sich auf, die Schwere fiel von ihm ab,
lichte Helligkeit empfing ihn mit offenen Armen, aller Schmerz wich einem Lächeln.
„Verzeih mir … Hannelore …“
„Pfffffffffffffffft … piep … pffffffffffffffffffffft … piep … pfffffffffffffffffft … pffffffffffffffffffffft …
pffffffffffffffffffffft … pffffffffffffffffffffft … pffffffffffffffffffffft …“
Die Tür zu seinem Zimmer öffnete sich, eine Schwester eilte herein, an sein Bett, tastete
nach dem Puls, nickte dann, seufzte kaum hörbar und lächelte ein ganz klein wenig, ehe sie
den Monitor abschaltete und die Uhrzeit in sein Krankenblatt eintrug.
Zu diesem Zeitpunkt war er längst angekommen.
© Hans B.
Aus Erfahrung mit diesem Text weiß ich, dass er sehr oft missgedeutet und missverstanden wird. Er ist keine
Identifikation mit den Tätern, keine Rechtfertigung, keine Sicht der Täter, sondern die fast gleichgültig klingende Schilderung einer Vergewaltigung, wie sie zu Hunderten Monat für Monat in diesem Land, in dieser Gesellschaft stattfinden. Die wenigsten derartigen Verbrechen kommen zur Anzeige, und noch immer sehen viel zu
viele Mitmenschen ein solches Verbrechen eher großzügig an.
Man liest es in der Zeitung, manche machen abfällige Bemerkungen über die Opfer, dann geht es wieder in
den Alltag, mit einer Gleichgültigkeit, als wäre nichts geschehen.
Gewalt ist in dieser Gesellschaft längst zum Normalfall und Teil des Alltags geworden.
Nach vielen Gesprächen mit Opfern und Tätern, mit Polizisten/-innen und Hilfsorganisationen, nach intensiven
Recherchen und immer wieder neuen Überarbeitungen ist dieser Text entstanden, der die Gleichgültigkeit der
Gesellschaft – also unsere Gleichgültigkeit – gegenüber sexueller Gewalt widerspiegelt. Es ist wichtig für
Autoren/-innen, sich auch heikler Themen aus verschiedenen Blickwinkeln anzunehmen, und manchmal mit
dem Schreiben auch in eine Rolle zu schlüpfen, die man selbst zum Kotzen findet.
Ich mag diesen Text nicht, finde ihn sogar ekelhaft, weil derartige Taten nicht meine Sachen sind. Aber als
Autor erscheint es mir wichtig auch mal in Rollen zu schlüpfen, die rein gar nichts mit meinem Denken zu tun
haben, - und so war es wichtig und richtig diese Geschichte so zu schreiben.
"STREET FIGHTING MAN"
Stur die Straße lang in der frühen Dämmerung. Wie ein graues Band fegt der Asphalt unter
ihm weg.
Der einsame Wolf ist auf der Jagd.
Natürlich ist sein Auto schnell, männlich sportliche Lenkung, viele Pferdestärken, hohe
Beschleunigung, doch der Motor läuft erstaunlich ruhig und gleichmäßig.
Die Musik im Radio zu laut, doch nur eine Spur aggressiv.
So liebt er es.
Selbstverständlich ist er weltmännisch erfahren, selbstbewusst und progressiv, aber nicht
mehr ganz jung. Doch einen Bauchansatz wird man bei ihm nicht finden. Etwas schwammig, mit Dutzendgesicht, aber sympathisch, markante Wangenknochen, nicht uninteressant, vertrauenerweckend.
Er ist linksliberal, eher liberal, aber nicht zu deutlich in seinen Gedanken, wenn er welche
hat - und die dann auch äußert. Immer schön mitschwimmen im Strom, die Karriere fest im
Blick.
Manchmal träumt er davon so `ne Kanone zu kaufen, so ein Riesending, wie Clint Eastwood immer eine hat, so `ne 45er Magnum, obwohl eine Walther PP viel praktischer wäre,
weil er sie auch leicht im Handschuhfach verstecken könnte.
Ein anderer Traum von ihm beschäftigt sich mit Handgranaten und lässt ihn reflexartig grinsen. Was wäre das für ein Spaß bei voller Fahrt mitten auf der Autobahn plötzlich und unerwartet Handgranaten auf die Straße zu schleudern.
Das gäbe einen riesigen Schrotthaufen und zerfetzte Leiber aus Blut und Gedärmen.
Am liebsten fährt er GTI oder ähnliches. Der Wagen ist natürlich geliehen, Inter-Car, und im
Radio spielen sie
"Street Fighting Man ..."
Das ist schön, passt sehr gut in seine Stimmung.
Dann, den Daumen im Wind, das winkende Mädchen am Straßenrand. Eigentlich überhaupt nicht sein Fall, aber rothaarig. Darauf steht er ganz besonders. Ein wenig zu pummelig, mit deutlichem Hüftspeck und Reiterhosen über den Oberschenkeln. Ein wenig zu kurzbeinig, ein wenig zu luftig gekleidet, nachlässig – sexy, Gammel-Look. Kein Rasseweib,
aber ganz passabel.
"The Time is right for Revolution ..."
Sie steigt ein, lächelt dankbar unverbindlich.
Er spürt den Hauch eines Duftöls, weiß sofort, dass sie schöne feste Brüste hat, und wo sie
hin will.
So Eine ist sie also ...
Die Sorte kennt er nur zu gut.
Nein, sie will nicht rauchen, hat aber auch nichts dagegen wenn er ...
Selbst seine Zigaretten sind männlich, und beim Zurücklegen ins Handschuhfach, das hat
er oft genug geprobt, greift er ihr in die Bluse, an die Brust, fühlt für Sekunden ihre warme
feste Haut, - vielleicht sogar ihren Herzschlag, der aussetzt vor Schreck.
Sie stößt die Hand weg, protestiert sehr heftig.
Doch der einsame Wolf schüttelt sich nur lachend.
"Cause summer here and the time is right for fighting in the street Boy ..."
Sie hat plötzlich sichtlich Angst, will aussteigen. Doch er setzt viel zu schnell nach, sie zu
überfahren,
sie aggressiv ein bisschen anzumachen und ihre wachsende Angst zu schüren. Die Hand
auf dem Knie stößt sie weg, rutscht mit gehetzten Blicken ganz an die Tür, während der
Wagen deutlich beschleunigt.
Der einsame Wolf lacht leise und hämisch, genießt ihre große Angst, ihren schnellen Atem.
Er riecht den Angstschweiß unter ihren Achseln, auf ihrer Stirn perlend, in ihren Handflächen als feiner Dunst.
"Said my name is called disturbance ..."
Ihre Hände zittern, sie ist blass und macht sich ganz steif, - seiner auch, als sie endlich den
kleinen Parkplatz an der Autobahn erreichen. Sie sind allein, kein zweiter Wolf in der Nähe,
keine Familienkutsche auf Rast, kein Mensch, der ihr stummes Schreien sehen kann.
Die Türen rasch versperrt, Zentralverriegelung.
Sie kann sich vor Panik kaum rühren.
"I m the Destroyer, I m the Slayer ...i kill the King….."
Nur schwache Abwehr, ein angstvolles Wimmern, das törnt ihn an.
Er steht ihm wie eine Lanze. Wenn sie "Nein" schreit, weiß er ganz genau, dass sie "Ja"
meint, sich nur geniert wegen ihrer Geilheit, die sie wie ein wildes Tier überfällt. Das hat der
einsame Wolf oft genug erlebt, auf zahllosen Jagden. Ihre Tränen können ihn nicht täuschen.
Sie ist scharf auf ihn, will ihn und nur ihn.
Der Liegesitz klappt, tausendfach geübt, wie von selbst ganz leicht zurück, breitet die Beute
unter dem Wolf aus. Zwischen ihren Brüsten fühlt er Schweiß. Sie klemmt die Beine zusammen, stemmt sich gegen ihn, aber ohne laut zu schreien.
Doch er lässt sich nicht mehr täuschen.
Er weiß, was sie will, er muss nun wohl etwas brutaler werden. Sie will das unbedingt so,
das törnt sie an.
"But what can a poor boy do ..."
Er hat es schon vorher gewusst, ein kräftiger Faustschlag, eine blutende Nase, ein bisschen
Blut, öffnet ihm ihre Möse.
Er hat es ja gewusst. Jetzt muss er sie nur noch hart durchficken. Schließlich soll sie auch
ihren Spaß haben, er ist ja kein Spielverderber.
"I m the Destroyer, I m the Slayer ..."
Wie geil sie plötzlich aufschreit, als er mit einem Zug in sie eindringt. Ihre Heulerei ist nur
Spiel und Mache, das kennt der einsame Wolf genau. Sonst würde sie doch nicht so ordinär
lustvoll stöhnen, fast schon etwas zu vulgär für seinen Geschmack.
Und - hat er es nicht gewusst, ihre Brustwarzen sind hart. Sie ist so geil, wie wahrscheinlich
noch nie zuvor im Leben. All das kennt er, auch das Gefühl als es ihm kommt, wie aus einer
Wasserleitung.
Er atmet heftig durch, schnauft und setzt sich wieder auf, steckt seine Waffe ein und
schließt die Hose. Dann wischt er sich den Schweiß von der Stirn, und etwas von dieser
sämigen Flüssigkeit, und eine Spur Blut vom Nebensitz.
"I ll shout and scream, I ll kill the King ..."
Plötzlich ist sie aus dem Wagen raus, verschwindet wie ein Blitz zwischen den Begrenzungsbüschen, lässt nur das zerrissene Höschen zurück, und einen nassen Fleck aus
Blutgemisch auf dem teuren Sitz.
"Blöde Kuh..:" denkt der einsame Wolf, und dass sie sicher nicht gekommen ist. Er hätte sie
gerne bis zur nächsten Abfahrt gebracht.
"But what can a poor boy do ..."
Achselzuckend seufzend fährt er wieder los.
Mal sehen was noch so rumläuft auf den Straßen.
Er ist der einsame Jäger, GTI, rasanter Start, viele Pferdestärken, hohe Beschleunigung,
doch der Motor läuft erstaunlich ruhig.
Die Musik im Radio zu laut, doch nur eine Spur aggressiv. So liebt er es, der einsame
Jäger, wenn der Asphalt wie ein graues Band unter ihm wegfegt.
Und im Radio spielen sie:
"I can´t get no Satisfaction ..."
© Hans B.
Gammelfleisch – oder das Paradies der Psychopathen im Internet
Wissen Sie, ich such mir ganz gerne ein bisschen Streit, denn ich bin so ein unbequemer
Querdenker. Ich mach mir so meine Gedanken, so über jenes und alles, einfach so meine
eigenen Gedanken, zum Weltgeschehen, und so, und zu den kleinen Dingen des Lebens,
die alle betreffen und so ... aber eben auch mich und ... und Sie.
Na klar, nun bleiben Sie mal ruhig. Ich weiß doch selber, dass so was böse enden kann,
dass alle glauben, es wäre besser nicht zu viel zu denken, sich keine Gedanken zu
machen.
Ich bin doch nicht blöd.
Aber ich bin eben nicht wie ... na ja, wie Sie ... oder wie ihre Nachbarn, die sind ja ziemlich
blöde, wissen Sie.
Nichts für ungut, Sie sind ja wahrscheinlich ganz okay, ... es sind meistens die anderen ...
die sich keine Gedanken machen. Da ist ja auch nicht viel, außer schweigender Leere in
verbiesterten Gehirnen.
Und ich hab eben auch Spaß daran, mir Streit zu suchen, Themen gibt’s ja jede Menge.
Manchmal kann ich einfach nicht anders, das kommt einfach so, und dann kann ich nicht
wieder aufhören.
Ist wie ne Sucht ... haste mal angefangen, findste kein Ende mehr ... ohne Ende ... geht
immer weiter ... ganz von allein ... da oben im Kopf.
Iss ja auch kein Wunder......
Kennen Sie das noch?
Gammelfleisch – lassen Sie sich das mal auf der Zunge zergehen.
Nein, nein, ich meine nicht dieses ekelerregende Produkt krimineller Fleischgroßhändler,
die mit allen Mitteln bemüht sind den Markt für Fleich- und Wurst-Produkte und den Ruf
einer ganzen Branche restlos zu vernichten. Ich meine den eher philosophischen Ausdruck
von Menschenverachtung hinter diesem Reizwort des vergangenen Jahres.
Nicht wahr, da wird einem schon mal ganz anders wenn man begreift, dass hier skrupellose
Typen mit allen Mitteln nur an einem interessiert sind, nämlich aus Scheiße Geld zu
machen.
Keine Sorge, ich werde Sie jetzt nicht mit diesem Thema quälen das schon in allen denkbaren Variationen in den bundesdeutschen Medien hin und her gewälzt, besprochen,
gesendet und gedruckt wurde. Das kennen Sie doch alles schon viel zu gut, darauf haben
Sie schon mehr als einmal gekotzt, das haben Sie mit tiefem Unbehagen Tag für Tag zur
Kenntnis genommen und nie gewusst wie Sie darauf eigentlich richtig reagieren sollen.
Dünnschiss hilft da nicht viel weiter.
Immerhin beschränkt sich das ja längst nicht mehr auf die nächste Döner-Bude um die
Ecke, vor deren Fleischmüll ich Sie schon vor fast einem Jahr hinreichend gewarnt habe.
Wenn uns schon die islamischen Fundamentalisten nicht mit Koffer-Bomben und ungehemmtem Terror zum Islam bekehren können, wollen sie uns zumindest mit stinkendem
Fleischmüll das Geld aus den Taschen stehlen.
Inzwischen kotzen und ekeln wir uns vor Gammel-Obst und Gemüse, Gammel-Fisch und
Gammel-Backwaren. Die Fantasie der kriminellen Großhändler kennt keine Grenzen und
erst recht kein Erbarmen.
Gewöhnungsbedürftig sind da noch immer Gammel-Konzerne, die wie ein Haufen frischerbrochener Kotze stinkend an den weltweiten Börsen durch ihre Aufsichtsräte und Vorstände
maximierte Aktiengewinne einstreichen und in der globalisierten Wirtschaft ihre dreckigen
Geschäfte betreiben, in allen Medien mit ihrer Skrupellosigkeit einer staunend entrüsteten
Öffentlichkeit vorgeführt. Firmen wie z.B. Siemens, ehemals ein Markenzeichen bundesdeutscher Wertarbeit und Qualitätsprodukten auf dem elektrotechnischen Markt, heute der
Inbegriff für Korruption und illegale Preisabsprachen, für skrupellos verbrecherisches Management, ohne den Minimalkonsens wirtschaftlich-gesellschaftlicher Unternehmensverantwortung, ein Spiegelbild des Verfalls ethisch-moralischer Werte, ein Unternehmen geführt
wie die Mafia.
Natürlich, da haben Sie recht.
Der Staat oder besser die Justiz haben doch reagiert, mehr als die Hälfte des Konzernvorstandes sind verhaftet und sitzen bereits im Knast, der international gute Ruf ist ruiniert,
aber die Umsätze sind nach wie vor gestiegen wie die Aktienkurse. Am Ende wird wieder
eine außergerichtliche Vereinbarung gegen Zahlung eines lächerlichen Bußgeldes mit gut
bezahlten Anwälten, realitätsblinden Richtern und Staatsanwälten getroffen und dann heißt
es grinsend: Weiter so.
Na schön, die inzwischen fast 1 Milliarde Euro Bußgeld wegen illegaler Kartelle werden die
Bilanz etwas verhageln, aber so etwas tangiert den Aufsichtsrat nur am Rande. Siemens
wird globalisiert längst mit der gleichen Brutalität geführt wie die russische Mafia, die niedergemetzelten Opfer am Rand der Erfolgsstraße interessieren niemanden. Auf der JahresAktionärs-Versammlung hören Sie nur scheinheilige Entschuldigungsphrasen und heuchlerische Beteuerungen von konsequentem Vorgehen gegen Rechtsbrüche und Korruption im
Konzernvorstand. Der korrumpierte Aufsichtsrat erhält wie immer – wenn auch mit Abstrichen – seine geplante Entlastung, es ist alles auf einem guten Weg. Denn die Geschäfte
mit Siemens waren immerhin gut und ertragreich für die Investoren.
Das ist es doch letztendlich worauf es in der globalisierten Wirtschaft ankommt.
So etwas nennt man heute einen Gammel-Konzern, stinkend wie die ekeligen Fleischabfälle die längst wieder in den Kreislauf des Handels integriert wurden.
Und wer trägt dafür die Verantwortung?
Die Politiker, die Volksvertreter, der Staat, die Lobbyisten oder der Bundesverband der
Deutschen Industrie, der Vorstand der Deutschen Bank, die ja bekanntlich in jedem dreckigen Geschäft ihre Finger hat?
Nein, die Schuld tragen Sie selbst, Sie ganz persönlich.
Sie sind schuld, dass Siemens immer noch so verbrecherisch handeln kann, wie es das
Management unbeeindruckt von öffentlichem Protest tut.
Warum?
Sind Sie wirklich so naiv?
Wer kauft denn nach wie vor Siemens Elektrogeräte und Handys, statt diese Marke
konsequent zu boykottieren?
Ich habe keine Elektrogeräte von Siemens mehr in meinem Haushalt, und ich würde niemals ein Siemens-Handy kaufen.
Sie glauben und faseln doch sonst immer blauäugig naiv von der marktkontrollierenden
Macht der Verbraucher, die jeden Produzenten durch konsequenten Nichtkauf abstrafen
können. Das haben Sie dieses Mal aber völlig verpennt und verschlampt. Da werden Sie
sich aber anstrengen müssen, und am besten fangen Sie noch heute damit an statt erst
morgen.
Aber darauf wollte ich eigentlich nicht hinaus, denn es stinkt nicht nur ekelhaft in den Kühlhäusern der Fleischindustrie und den Vorstandsetagen der multinationalen Konzerne. Ich
habe ja den Untertitel nicht ohne Hintergedanken obenan gestellt.
Ja, ja, ja, ich weiß schon, das haben Sie mir mal wieder gar nicht zugetraut, dass ich mir
tatsächlich Gedanken mache über das was ich Ihnen da so vorsetze und schreibe. Aber ich
krieg da Geld für, und da können Sie schon von mir erwarten, dass ich mir auch Gedanken
mache.
Doch es stimmt schon, es stinkt mächtig und ekelig nach Scheiße und Kotze, und zwar im
Internet.
Ich meine damit nicht einmal die Kinderpornoseiten und die in jüngster Zeit mal wieder
enttarnten Nutzer solcher abartiger Widerwertigkeiten, die jetzt vor Gericht gestellt und wie
gewohnt milde bestraft werden. Ich meine auch nicht die fast geheimdienstlich organisierten
und Daten-sammelnden sozialen Netzwerke, obwohl die sicher einen ganzen Abschnitt
Kritik wert wären, - zumal es ein längst offenes Geheimnis ist, dass dort mit ihren ganz
intimen und persönlichen Daten illegale und fette Geschäfte getätigt werden.
Ich habe mich mal da kritisch umgesehen, wo ich mich auskenne, wo ich mich selber häufig
rumtreibe, wenn ich durchs bundesdeutsche Web surfe oder irgendwo literarische Spuren
hinterlasse.
Mein Thema sind heute – Überraschung! – die Schreib- und Autoren-Foren im Internet, also
jene Szene, wo ich mich richtig gut auskenne, die ich aber deswegen nicht weniger kritisch
betrachte, die mir mehr als einmal Kopfschütteln abverlangt, und mich immer wieder auch
zum Kotzen bringt, - und denen ich inzwischen den Rücken gekehrt habe.
Ja, ja, ich werde mich jetzt etwas zurückhalten und nicht mehr so oft von Kotze und
Scheiße schreiben.
Dass das Internet ein Sammelbecken für Psychopathen, für Kinderschänder und Abartigkeiten aller Art ist habe ich ja schon mehr als einmal geschrieben und ist hinlänglich
bekannt, darüber müssen wir nicht unnötige Worte verlieren. Die Datenautobahn war und ist
besonders für Kinderschänder der Quantensprung um endlich kaum kontrollierbar ihr
verbrecherisches Business gegen die wehrlosen Opfer planen und realisieren zu können.
Wohlwollend hingegen und sogar mit Freude betrachtet die bundesdeutsche Kultur- und
Medienszene hingegen jene kreativen Foren, wo Gedankenaustausch über alle möglichen
künstlerischen Gebiete gepflegt wird. Und eine ganze Menge davon haben sich tatsächlich
der Förderung und Entdeckung ungeahnter Talente verschrieben, sind liebevoll geführte
Interessengemeinschaften. Die meine ich auch gar nicht.
Doch darf dabei auch nicht übersehen werden, dass es jede Menge Schreib- und AutorenForen im Internet gibt, die reine Sammelbecken für völlig beziehungsunfähige Soziopathen
und pornografisch abartige Psychopathen sind, geduldet von Betreibern (Admin), die für
sich die engagierte Toleranz propagieren und dabei völlig ignorieren, was sie da anrichten,
welchen Schaden sie der Kulturszene verursachen.
Es grenzt an die Unvorstellbarkeit, was Sie da alles finden können, Sie würden sich wundern, amüsieren, ekeln und staunen, wer sich da alles unter dem löchrigen Deckmäntelchen
der Lyrik und Prosa im Dunst von übelsten Machwerken versteckt.
Nicht nur im Fernsehen, in "Deutschland sucht den Superstar", können Sie völlig talentfreie
"Möchte-gern-Künstler" erleben, die finden Sie auch zahlreich in solchen Foren. Und die
sind viel gefährlicher, als es auf den ersten Blick scheint, weil sie mit ihren Veröffentlichungen und ihren Selbstdarstellungs-Threads ein völlig verqueres Bild über die echte bundes-
deutsche Kulturszene widerspiegeln. Ich kann Ihnen hier nur Bruchstücke davon mal
vorstellen, aber selbst dann werden sich Ihnen die Haare sträuben.
Eine der unbestreitbar berüchtigtsten Figuren aus dieser Szene ist unbestreitbar jene Halbchinesin, die inzwischen aus vielen Foren wegen ihrer abartigen Porno- und Kindersexfantasien ausgeschlossen wurde, gepaart mit nationalsozialistischer Helden- und Terroristenverehrung. Sie schreibt krude Helden-Epen mit miserabler Metrik für Diktatoren wie
Oberst Mukammar alGhaddafi oder Fidel Castro, und versteht sich selbst als die "Schönste
der Schönen – Stern Asiens".
Können Sie sich gar nicht vorstellen?
Na schön, Zitat: „Gott erschuf Darkskin die Schönste der Schönen um nicht selbst
sondern durch mich die Welt zu verwöhnen. Gott nennt mich Salz der Erde ... Monte
Cassino, ein Name wie Wein, schmeckt nach Mut und Kampf, nach Blut ... stand der
deutsche Fallschirmjäger auf. Deutsche Offiziere dort, wie es sie hier heut nicht mehr
gibt ... Ghaddafi voller Güte schaust du auf dein Volk - nur eine bekommt das rote
Barett das tragen sie stolz und niemals kokett Bereit ihn zu schützen bis in den Tod
damit erfüllen sie stolz Gottes Gebot ... Heute habe ich endlich mal Gott gesehen. Er
grillt in der Hölle ... griff langsam nach seinem Schwanz, hielt ihn mit zwei Fingern,
und sagte, jetzt kannst du pinkeln ... richtete die Spitze seines Schwanzes direkt auf
mein Gesicht ... wenn du stöhnend und verschwitzt mir nicht nur ins lächelnde
Gesicht sondern in und auf mich spritzt ... lutschte und leckte ihm die Eier ab ... Ich
will erniedrigt werden, kannst mich ruhig besteigen - nur leben um zu sterben ... So
bin ich nunmal, es ist banal, ich brauch es eben, ich liebe anal." Ende Zitat.
Da kann man schon mal ins Grübeln kommen. Achten Sie jetzt nicht auf die Rechtschreibund Zeichenfehler, die habe ich original übernommen, lassen Sie lieber die abstrusen
Widersprüche und diese holprig, stolpernde Sprache auf sich wirken. Das ist Literatur, sagt
sie, und das tun auch ihre Leser/ -innen und Gleichgesinnte zu einer ihrer übelsten pornografischen Storys: „Die Geschichte ist hier in der Rubrik Erotisches und trägt nichts Verbotenes an sich ... bin ich der einzige der darin keine provokation sieht? ... ich finde ihn lustig ..."
Und die „Schönste der Schönen" antwortet dankbar und artig: „Ich bin keineswegs ein
Mädchen. Ich bin eine 26 jährige Frau und Mutter."
Da wirkt Paris Hilton mit einem Mal richtig geistreich intelligent, da kommen Sie erst recht
ins Grübeln und fragen sich, ob die staatlichen Kontrollmöglichkeiten über Erziehungsberechtigung wirklich ausreichen. Das Ganze findet zudem ganz öffentlich in einem Schreibund Autoren-Forum statt, wo Jugendliche und Kinder mitlesen, das für sich den Anspruch
erhebt eine seriöse Plattform zu sein, ein „Lyrik Forum für eure Gedichte und Geschichten",
und ist seit langer Zeit nichts anderes als ein Sammelbecken für tumbe Nazis, Schmuddelund Porno-Schreiberlinge der primitivsten Art.
Übrigens unterstützt dieses hier nicht namentlich genannte Forum, aber leicht im Internet zu
finden, eine „Aktion gegen Kindesmissbrauch". So was nennt die Bibel Pharisäertum und
der Volksmund: Den Bock zum Gärtner machen.
Und von dieser Art Foren gibt es jede Menge.
Was ist denn jetzt los?
Habe ich Sie so sehr ins Grübeln gebracht, dass Ihnen der Mund offen steht?
Da wird man richtig nachdenklich, denn da treiben übelste Geister übelstes Gedankengut.
Das drückt sich auch in Avataren und Signaturen der User und Pseudo-Autoren/-innen aus:
Sei schlau – klau beim Bau - schreibt ein völlig sinnentleerter „Autor" unter seinen Avatar
mit Hitlergruß und vollgepisster Hose.
Nein, nein, keine satirische Erfindung von mir, absolute existierende Realität.
Der behauptet auch allen Ernstes die Aneinanderreihung von verschiedenen Smilies in
mehreren Reihen wäre bereits Lyrik, und er meint ganz offensichtlich genau das, was er
sagt. Mit dem Zusatz unter seiner „Poesie": freiheit für brigitte mohnhaupt.
Da wissen Sie gleich, woher der Wind weht, von rechts, von ultrarechts, neofaschistisch aus
der Richtung dieser Verbal-Terroristen aus der stets gewaltbereiten linksautonomen Szene,
die schon längst die Schreib-Foren für sich entdeckt haben und mit hirnrissiger Argumentation unbelehrbar für ihre Gewaltinszenierungen nutzen. Denn das kennen wir doch bereits
hinlänglich von Horst Mahler, ehemaliger RAF-Aktivist, der nach seiner Haftentlassung endlich seine neue politische Heimat bei den Faschisten der NPD als ihr juristischer Berater
fand.
Sie wissen nicht, was Smilies sind?
Diese bunten runden Gesichter, manchmal mit Armen und Beinen, die Sie fratzeschneidend, grinsend, blinkend zu Millionen im World-Wide-Web finden. Was die allerdings mit
Brigitte Mohnhaupt außer ihrer Geistlosigkeit zu tun haben, konnte ich nicht herausfinden,
trotz mehrfachen Lesens.
Wenn Sie wie ich öfter in solchen Autoren- und Schreibforen unterwegs sind, kommen Sie
aus dem Staunen wirklich nicht mehr raus wie abgedreht und verquer manche Gehirne
bereits verkümmert sind. Viele dieser User sind völlig frustriert und streitsüchtig, neidzerfressen, weil sie kein wirkliches Leben außerhalb des Internet haben. So bombardieren sie
diese und andere Foren mit ihren zusammengeschriebenen, fehlerübersäten Textblöcken
und Wortsalaten, geistig umnachtet ohne Form und Sinn, verbringen dort den ganzen Tag
und glauben so, sie würden wieder am realen Leben partizipieren.
Wenn ich schon lese, dass jemand stolz darauf ist die Anwesenheitsstatistik anzuführen,
dann wundert mich rein gar nichts mehr. Dabei gibt es selbstverständlich dort auch jene
Autoren/-innen, die durchaus ihre Werke ernsthaft einem interessierten Publikum vorstellen
möchten.
Ich frage mich allerdings ob die nicht auch schon so verblödet sind, wenn sie nicht mal
mehr realisieren in welch übler Gesellschaft sie sich da befinden.
Das führt immer wieder zu unglaublichen Stilblüten, geschrieben von einer, die sich selber
als emanzipierte Autorin versteht - Zitat: „Frauen an den Kochtopf! Der Mann als
materieller Versorger, die Frau als Mitte der häuslichen Welt? Warum eigentlich
nicht? Jahrzehntelang haben Frauen um Selbstbestimmung und Berufstätigkeit mit
Familie gekämpft ... Frauen beharren auf ihrem Recht zu Hause bleiben zu dürfen und
schicken die Männer "anschaffen" ... Frauen verschleiert Euch! Frauen schützen sich
mit einer Ganzkörperverhüllung ... in Samt und Seide, um nicht länger als Lustobjekt
herhalten zu müssen ... Das wäre doch mal ein ganz anderes Bewusstsein von
Weiblichkeit ... Alle Frauen ... tragen einen Tschador oder Burkha, weil sie es wollen
und drehen das jetzige Prinzip völlig um ... schreibt eine, die noch stundenlang über
das Thema "Weibliche Umstrukturierung der jetzigen Gesellschaft" nachdenken
könnte!" – Zitat Ende.
Na, das ist doch mal ein echter Fortschritt in Richtung menschlicher Gleichberechtigung von
Mann und Frau, die sich dann ungestört den ganzen Tag im Internet verblöden lassen kann
und endlich den König der Anwesenheitsstatistik ablöst. Einmal im Monat muss Frau dann
nur noch seufzend die Beine breit machen und lustlos über sich ergehen lassen, was ihr
noch nie irgendeine Freude bereitet hat.
Ist das Leben nicht schön?
Ist das wirklich erstrebenswert oder ein Synonym für die völlig Idiotie?
So findet man plötzlich die Erklärung, warum eine Autorin auf diese Feststellung: „Du sagst,
ein Gedicht ist schlecht .. dabei ist es dies nur deiner Auffassung nach ..." antwortet: „meine
meinung ist gesetz.."
Sie können ruhig davon ausgehen, dass die genau das meint, was sie sagt. Die ist genauso
impertinent und penetrant wie diese Soziopathen, die sie auch in allen denkbaren Foren
finden, diese "Öffentlichen Magersüchtigen", die unfähig zu jeder Form von sozialen
Kontakten oder Bindungen jeden erreichbaren Leser mit ihren echten oder ausgedachten
Leidensgeschichten anöden, sich öffentlich bloßstellen, ob Sie das lesen wollen oder nicht.
In ihrer Begleitung und Nähe finden Sie stets auch die Borderline-Psychopathen, ihre literarisch talentfreien Texte übers Selbstzerfleischen, Selbst-Verstümmeln, Ritzen und Schneiden. Es gibt eigene Foren zu diesem Themenkomplex, dem ich hier absolut nicht die
Existenzberechtigung absprechen will, denn es ist ein psychosozial brennendes Thema,
deren Opfer viel Leid ertragen müssen und Hilfe, Verständnis und Unterstützung brauchen.
Doch brauchen die auch exhibitionistisch öffentliche Zurschaustellung von eigener Hand?
Berechtigt das dazu andere zur Auseinandersetzung damit zu zwingen, wenn die das gar
nicht wollen?
Was hoffen die damit zu erreichen, außer noch mehr Ausgrenzung und ignorierende Abweisung?
Natürlich haben die meisten Autoren-Foren auch Extra-Kategorien für die selbsternannten
Vampire mit ihren abgedrehten Trash-, Blut- und Ekel-Fantasien, literarisch meistens ebenso völlig talentfrei.
Das sind "Schreiberlinge", die keine Ahnung von Erzählkunst, Textstruktur und Metrik
haben, aber die Öffentlichkeit mit Texten quälen und anöden, das Internet mit hässlichen
Textblöcken überschwemmen, die sie selber für literarische Meisterwerke und neue experimentelle Lyrik halten, und von ihresgleichen darin auch noch bestärkt werden.
Wie z.B. die “Möchte-gern-Autorin” Carina Magic, aus den meisten Foren verbannt wegen
ständigen Mobbings und eine klassische Vertreterin von Füllwörter Lyrik mit herbeigeschriebenem Reim bei nahezu einem einzigen Themenbereich ohne große Variantionen,
sich anmaßend und selbstüberschätzend mit dem Ausnahmegenie Franz Kaffka vergleichend und auf eine Stufe stellend. Im Grunde nichts anderes als eine Interessengemeinschaft geistiger Onanisten.
Darf man eigentlich über diese Psychopathen auch lachen, darf man sie komisch finden?
Sie haben schon recht, lustig sind die wirklich nicht.
Die finden Sie heutzutage in Co-Existenz mit Kinderschändern und Vergewaltigern in allen
Chat-Rooms und Foren. Das Internet ist eben neben vielen nützlichen Informationen und
Interessengemeinschaften vor allem ein Paradies für jede Form von Psychopathen, ein
Haifischbecken unmenschlicher Abartigkeiten und Perversionen, von alkoholgeschwängerter Idiotie bis zu Gewalt und Terror.
Literarisches Schreiben ist eine der vielen Formen der Kommunikation, mit Regeln und
gewachsener Kultur, und auch im Internet eine Plattform für eine weitere Gruppe von
Usern, die allerdings weniger psychopathisch, als zwangsneurotisch erscheinen.
In der Kommunikation pflegt man Gedankenaustausch, gibt man Kritik und Anregungen.
Diese Gruppe der Zwangsneurotiker aber weiß mit göttlicher Unfehlbarkeit immer ganz
genau, wie und warum man Texte aller Art genauso und nicht anders schreiben muss. Sie
geben keine Anregungen, sondern erteilen Weisungen und Befehle und sind schwer beleidigt in ihrer unfehlbar päpstlichen Kompetenz, wenn man ihnen nicht blind folgt und ge-
horcht. Sie wollen nicht helfen, sondern andere User lediglich auf ihr nicht vorhandenes
Niveau herunterzuziehen.
Die sind nicht ernst zu nehmen, auch wenn man wirklich überall auf sie treffen kann. Die
haben zwar keine Ahnung, aber das pflegen sie als heiliges Evangelium und predigen es
fanatisch ohne Unterlass.
Betrachten Sie es einfach mal aus naheliegender folgender Sicht. Viele von denen haben
Germanistik studiert, sind also sozusagen Fachleute. Aber wir haben tausende von Germanistikstudenten in Deutschland. Wenn die alle begabte und hervorragende Autoren/-innen
wären, dann wäre dieses Land immer noch jenes der Dichter und Denker und würde international alles abräumen, was es an Literaturpreisen nur so gibt.
Tun sie aber nicht.
Germanistik studiert zu haben bedeutet nicht zwangsläufig einen hervorragenden Autor
heranzuzüchten, eher im Gegenteil. Die kennen meistens die Regeln des literarischen
Schreibens, verstehen eine Menge von Metrik und Stilformen, was sich andere erst mühselig erarbeiten müssen.
Aber diese Germanisten können das meistens nicht umsetzen, sind eher lausige Fachidioten, die mit etwas Glück Lokalredakteur beim Bümmersteder Käseblatt werden oder freier
Redakteur bei irgendeiner anderen Zeitung. Da schreiben sie sich dann mit wenig gelesenen Artikeln den Frust von der Seele, tauchen selten bis niemals in Anthologien auf und
wären nicht fähig eine durchgängige Geschichte zu schreiben oder ein eigenes Buch zu
verfassen.
Aber sie halten sich für literarische Universal-Genies, für die Elite der Internet-Literatur und
würden niemals vor sich selber - und erst recht nicht vor dem Rest der Welt - eingestehen,
dass sie zwar theoretisch hervorragend schreiben können, aber nicht in der Praxis, weil es
ihnen an echter Begabung fehlt.
Zum seelischen Ausgleich finden sie sich dann in solchen Schreibforen mit gehobenem,
aber bei weitem nicht erfüllten Anspruch wieder, frustrieren talentierte Einsteiger/-innen der
Literaturszene und gaukeln ihnen ihr Fachwissen vor, bombardieren sie mit Worthülsen der
Germanistik und bringen ab und zu einen halbwegs gelungenen Text in Lyrik oder Prosa
zustande.
Keine Silbe, kein Wort hat vor ihnen Bestand, weil sie als Einzige von sich ganz genau wissen, wie man so etwas besser schreiben kann, wie es geschrieben werden muss. Sie würden die Klassiker neu schreiben, die Weltgeschichte neu verfassen, die 10 Gebote und
sogar die Bibel, nur um irgendwo und überall ihre Handschrift in Werken wiederzufinden, -
um sich immer wieder die eigene Genialität zu beweisen, die zu erkennen sonst niemand in
der Lage zu sein scheint.
Einige dieser Foren werden durchaus vergleichbar wie pseudoreligiöse Sekten administriert, wie Scientology oder die Zeugen Jehovas, wo Unterwürfigkeit und blind gehorsame
Integration weit höher bewertet werden, als kreative Individualität. Hierarchische Regeln um
jeden Preis einzuhalten ist ihnen wichtiger als alles andere.
In solchen Foren schaukeln sie sich dann gegenseitig hoch, übertreffen sich wechselseitig
in germanistischen Klimmzügen und Geschwafel, bedrängen aber vor allem jeden, der sie
entlarven könnte als hohlköpfige Dummschwätzer.
Es gab und gibt zahlreiche solcher Foren, Dulcinea, Gruppe4, SchreibBar, Lyrik International, Spruchreif, Blauer Salon, u.s.w. - sind längst alle Geschichte, zerfallen an eben
genau diesen Gruppen von Egozentrikern, oftmals in ihrer Entwicklung stehengeblieben in
den 70er Jahren, mit tränenreicher Nostalgie längst beerdigten Zukunftshoffnungen nachhängend, verloren im eigenen Zynismus der Selbstverachtung. Sie bilden Spiegelbilder der
Talentlosigkeit, personell eng begrenzt, mit holpernden, ungelenken Satzungetümen und
ungeschickt geschriebenen Machwerken, Rechtschreib- und Grammatikfehler übersät,
ohne erkennbare oder nachvollziehbare Textstruktur, bar jeder logischen Chronologie in der
Handlung.
Es gibt viele aktuelle Foren dieser Machart. Immer die gleichen Autoren/-innen finden sich
in solchen Zirkeln zusammen, gründen eine neue Plattform, verteilen scheinbar gerecht ihre
Moderatoren und Supermoderatoren-Pöstchen - ehrgeizig angestrebte Schlüsselpositionen
ohne wirkliche Machtfunktion innerhalb dieser Foren - und spielen dann ihr Spiel der neu
entfachten Hoffnungen ohne jede Erfolgschance noch einmal, und noch einmal, und noch
einmal.
Unser großer Lyriker Hans Magnus Enzensberger schrieb scheinbar im Bewusstsein
solcher Typen einmal: “All diese ewigen Anfänger, die längst am Ende sind ...
Die sind zwar relativ harmlos im Vergleich zu manch anderen Usern in solchen Foren, aber
eine schwere und echte Gefahr für Talente, die im Internet auf der Suche sind nach Plattformen, wo sie ihr Talent ausbauen können und dabei auf diese Blender hereinfallen. Da
werden sie nichts lernen, denn wenn diese “Germanisten” das zuließen, würden sie sich auf
Dauer selbst ans Messer liefern, weil ihre ehemaligen “Schüler/-innen” ohne große Mühe
herausfinden würden, dass die in Wahrheit weitgehend talentfrei sind.
Es ist und bleibt aber Ihre Entscheidung, auf was Sie sich einlassen, wo Sie ihre Meinung
äußern, wo Sie sich engagieren, - aber versuchen Sie das doch mal etwas kritischer zu
betrachten und zu prüfen, mit wem Sie da Umgang treiben?
Sie sind doch nicht egal, sondern ein Mensch mit Verantwortungsgefühl für sich selbst.
Jedenfalls haben Sie jetzt etwas, worüber Sie mal ausgiebig nachdenken sollten.
Ich denke über so was nach ... und das sollten Sie auch mal für die nächste Viertelstunde
tun.
Das schaffen Sie schon, - und wenn Sie das überleben, sind Sie im Leben schon wieder
einen Tag weiter.
©
Hans B.
Familienspiele
Wissen Sie, ich such mir ganz gerne ein bisschen Streit, denn ich bin so ein unbequemer
Querdenker. Ich mach mir so meine Gedanken, so über jenes und alles, einfach so meine
eigenen Gedanken, zum Weltgeschehen, und so, und zu den kleinen Dingen des Lebens,
die alle betreffen und so ... aber eben auch mich und ... und Sie.
Na klar, nun bleiben Sie mal ruhig. Ich weiß doch selber, dass so was böse enden kann,
dass alle glauben, es wäre besser nicht zu viel zu denken, sich keine Gedanken zu
machen.
Ich bin doch nicht blöd.
Aber ich bin eben nicht wie ... na ja, wie Sie ... oder wie ihre Nachbarn, die sind ja ziemlich
blöde, wissen Sie.
Nichts für ungut, Sie sind ja wahrscheinlich ganz okay, ... es sind meistens die anderen ...
die sich keine Gedanken machen. Da ist ja auch nicht viel, außer schweigender Leere in
verbiesterten Gehirnen.
Und ich hab eben auch Spaß daran, mir Streit zu suchen, Themen gibt’s ja jede Menge.
Manchmal kann ich einfach nicht anders, das kommt einfach so, und dann kann ich nicht
wieder aufhören.
Ist wie ne Sucht ... haste mal angefangen, findste kein Ende mehr ... ohne Ende ... geht
immer weiter ... ganz von allein ... da oben im Kopf.
Iss ja auch kein Wunder......
Wissen sie was Sie mal wieder machen sollten, schon um herauszufinden, was die Familienmitglieder wirklich denken, welche verborgenen Wünsche in denen schlummern, welche
dunklen Abgründe in ihren Seelen lauern, und was sie wirklich von ihnen halten?
Einen Spieleabend.
Ja, ich weiß, dass Sie im Moment noch nicht wissen, was ich damit meine. Wissen Sie, es
gab in früheren Zeiten, als noch längst nicht jeder einen Fernseher und Computer besaß, so
merkwürdige, faltbare Pappplatten mit bunten Motiven drauf, und primitiven Plastikspielfiguren, und Würfeln und Spielregeln und ...
Ach, Sie erinnern sich.
Ja, sie liegen bei Ihnen irgendwo in den unergründlichen Tiefen des Kellers oder des Dachbodens, oder auf dem Kleiderschrank. Holen Sie sie runter, denn es müssen nicht unbedingt diese pädagogisch wertvollen Rollenspiele sein, die Sie für teures Geld in Kaufhäusern kaufen können. Allein um deren pädagogische Spielregeln zu verstehen, müssten
sie erst mal einen ganzen Abend ein dickes Handbuch lesen, - so was nervt. Und selbst
Monopoly ist am Computer nicht halb so interessant wie als reales Brettspiel auf dem
Wohnzimmertisch.
Schalten sie mal für einen Abend den Fernseher ab, lassen Sie sich nicht berieseln von
hirnzerfressenden Shows und Musikantenstadln, wenden Sie sich der Familie zu, schaffen
Sie wieder diese lang vermisste harmonische Gemeinsamkeit der Familienidylle, die es nie
gab, lernen Sie wieder zu sprechen und zu interagieren.
Ach kommen Sie, das müssten Sie doch inzwischen wissen, dass ich gerne mit intellektuellen Fremdworten jongliere. Es kommt mir auch gar nicht darauf an, dass ich weiß, was
sie bedeuten, wenn mich nur andere für ein Superhirn halten. Versuchen Sie also nicht so
vom Thema abzulenken.
Superhirn ist übrigens auch ein interessantes Spiel, für kluge Köpfe und Denker, aber
nichts, wenn Sie was über die auseinander gebrochene eigene Familie erfahren wollen.
Na klar, sie werden die anderen Mitglieder, besonders Kevin und Angela mit ein wenig
Druck überzeugen müssen. Aber das ist doch kein echtes Problem, schließlich sind Sie das
Familienoberhaupt, und so ein klares Machtwort unterstreicht mal wieder ihre längst untergegangene Autorität. Ihre Frau wird Sie vielleicht mit hochgezogenen Augenbrauen von der
Seite fixieren und etwas erstaunt sein. Aber seit wann hat es Sie jemals tangiert, was ihre
Frau meint oder denkt. Sie hat sie geheiratet, und sie erwartet förmlich von ihnen, dass Sie
sagen, wo es langgeht. Sie haben zwar nicht wirklich etwas zu sagen, tun es auch meistens
nicht, aber jetzt ist eben mal eine Ausnahme.
Ja, ein bisschen Vorbereitung muss schon sein, sonst überzeugen Sie niemanden.
Angela ist zwar ohnehin schon übergewichtig, aber 4 Tüten verschiedene Chips für so
einen Abend müssen schon sein, und für alle Fälle und für den Frust, wenn sie erwartungsgemäß verliert, eine ganze Schüssel Weingummi.
Ja, glauben Sie etwa ernsthaft ihre Tochter habe zwischen Hals und Schädeldecke genügend trainiertes Hirn um spielstrategisch denken zu können?
Dazu ist sie viel zu phlegmatisch, ihr Denken kreist allein um Tokio Hotel und ihr neues
Handy.
Bei Weingummi, da langt auch Kevin mal zu, obwohl der nicht übergewichtig ist.
Und geben Sie doch zu, Sie sind auch nicht abgeneigt, ihre Frau sowieso. Was kriegt sie
denn sonst schon an Süßem in ihrem Ehefrauenleben?
Nein, Wein ist nicht das Richtige, Cola für alle, das macht sich gut und schafft bei Angela
gute Laune. Sie hatten ihr zwar wegen der Gewichtsprobleme Cola verboten, was sie
sowieso immer ignoriert hat, - aber nicht vergessen, heute ist eben eine Ausnahme.
Na, was haben wir denn da in diesem abgeschabten und verstaubten Pappkasten?
Junge, Junge, der hat aber schon viele einsame Jahre in der Vergessenheit zugebracht. Sie
haben ja Stunden dafür gebraucht ihn zu finden.
Was?
Haben Sie jetzt völlig den Verstand verloren?
Mühle oder Dame ist doch nichts für einen Spieleabend mit der Familie, und Halma und
Mikado lösen bestenfalls gähnend lustlose Langeweile aus. Allein schon ihre Kinder wären
niemals in der Lage sich soweit zu konzentrieren, dass sie bei Mikado auch nur ein einziges
Spielstäbchen wackelfrei aus dem Haufen heraus bekämen. Die schaffen gerade mal mit
Hängen und Würgen das Minimum an schulischer Grundausbildung, und da kommen Sie
mit Mikado.
Was gibt’s denn noch da drin?
Na ja, viel ist das nicht, Hütchen hüpf kann niemanden begeistern, und Fische angeln auch
nicht, das ist eher Kleinkindspielkram. Mallefitz ist nicht übel, aber Bilder-Memory ein
schlechter Scherz.
Schade, dass Sie jahrelang nichts Neues gekauft haben. Monopoly oder Geld & Börse
würden jedem mal die einmalige Chance verschaffen sich mächtig und gut zu fühlen, als
Beherrscher über die Unfähigen und die eigene Unzulänglichkeit.
Und Risiko, Sie wissen ja nicht einmal, was das für ein Spiel ist. Die Nachbarn brauchen Sie
gar nicht erst zu fragen, die sitzen seit Jahren mit starrem Blick vor der Glotze und reden
nur noch das Allernötigste miteinander. Die könnten sich gar nicht erinnern, was das sind:
Gesellschaftsspiele. Die wittern sofort Unmoral und Sexspiele.
Knobeln – Würfeln?
Also, das wäre wirklich unfair. Angela und Kevin würden sich sofort vorgeführt fühlen wegen
ihrer mangelhaften Mathematikfähigkeiten.
Wie sollen sie das hinkriegen ständig Zahlen aus einem Würfelspiel zu addieren?
Hier, das ist was. Würfel sind genug da, kleine Spielfiguren auch. Die Spielfläche ist etwas
wellig, zerkratzt und verblasst, aber noch gut zu gebrauchen.
Ja, das wird ein lehrreicher Abend, spielen Sie mit den Lieben: Mensch ärgere dich nicht.
Die Regeln sind leicht erklärt, auch wenn Kevin das noch nie gespielt hat, eigentlich nur
Playmobil und seine Playstation kennt und wenig begeistert ist. Angela müssen sie das
schon zweimal erklären, genauso wie jedes andere Spiel. Die hat so wenig Interesse, dass
sie kaum zuhört, weil sie lieber die Superstarsuche im Fernsehen sehen möchte. Da tritt so
ein dicklicher mittelgroßer Schmachtlockenjüngling mit Bartfuseln auf, der von sich glaubt
wirklich göttlich singen zu können, - den findet sie richtig geil, und hätte gerne ein Kind von
ihm. Sie bringt zwar keine guten schulischen Leistungen, aber poppen kann sie hervorragend. Das haben ihr schon einige Ex-Freunde bestätigt.
Einen Familienspieleabend findet sie dagegen gar nicht geil.
Und ihre Ehefrau, die verbindet keine guten Erinnerungen mit diesem Brettspiel.
Ignorieren, einfach ignorieren und geduldig erklären, versteht jeder nach einer Weile, trotz
eindeutiger Ergebnisse der Pisa-Studie.
Vorsicht, ihre Frau misst Sie bereits mit Blicken, die nichts Gutes verheißen.
Glauben Sie mir, ich habe jahrelange Erfahrungen mit Familienspielabenden, ich bin
sozusagen ein Experte auf diesem Gebiet. Alles bisher, und auch das Meiste, was noch
folgt, ist völlig normal im grünen Bereich. So verhalten sich nun mal Familienmitglieder, die
sich keine Blöße geben und keine Angriffsfläche bieten wollen.
Erklären Sie nur die Spielregeln, geduldig und wiederholend, bis auch Kevin und Angela sie
verstanden haben.
Schon bevor es dann endlich richtig losgeht, entstehen schon die ersten Missstimmigkeiten.
Mehrere Familienmitglieder wollen gar nicht erst anfangen, wenn ihnen nicht zugestanden
wird, in ihrer jeweiligen Lieblingsfarbe anzutreten. Damit gewinnen sie angeblich immer, die
Farbe bringt ihnen Glück.
Das sind übrigens die Gleichen, die - wenn sie verloren haben - sofort und bedenkenlos
nach ihrer Niederlage mit einer anderen Farbe auf ein Neues starten wollen. Sie glauben
unbedingt beweisen zu müssen, dass sie mit einer anderen Farbe jederzeit genauso gewinnen oder verlieren können.
Dass andere Mitspieler eventuell auf die gleichen Farben schwören, macht die Sache nicht
leichter, aber es lässt sich in den Griff kriegen. Längst haben nämlich alle Familienmitglieder resigniert und sind unterschwellig so frustriert aggressiv, dass sie gar nicht mehr
zurück können.
Jetzt auszusteigen würde quasi bedeuten eine Niederlage schon vor der 1.Runde einzugestehen, - eine inakzeptable Schwäche, die keiner braucht oder will.
Bloß nicht das Gesicht verlieren. Angela hat längst begriffen, dass sie durchschaut wurde,
dass ihre Intelligenz als verschwindend gering eingeschätzt wird. So ein Urteil will sie auf
keinen Fall bestätigen. Vielleicht kann sie doch alle überraschen und beeindrucken.
Sie müssen das verstehen, nicht nur sehen, was um Sie herum passiert. Unsichtbar und
fast lautlos findet hier ein Selbstbehauptungskrieg statt, mit harten Bandagen und allen
denkbaren Konsequenzen. Wer sich auf so einen Abend einlässt, will dann auch wenigstens als der große Triumphator dastehen.
Stehen dann endlich die vier Spielfiguren, auf ihren Ausgangspunkten in den vier bis sechs
Eckausgangsfeldern, darf reihum gewürfelt werden. Diese Spielfiguren haben bezeichnenderweise einen kleinen, runden Kopf, und sind ansonsten eher dickleibig, - was häufig auch
auf die Mitspieler zutrifft.
Wer gleich sechs "Augen" zu werfen imstande ist, - keine Ahnung wer diesen Ausdruck für
die Punkte auf dem Würfel erfunden hat – der setzt seine erste Figur auf das Startfeld.
Er muss jetzt sehen, dass er mit möglichst vielen Augen - auch wenn er selber kaum ein
gutes eigenes hat - schnell auf der Spielfeldumlaufbahn vorwärts kommt. So viele Augen /
Punkte gewürfelt, so viele Felder vorwärts setzen.
Klingt einfach - oder?
Ist es im Prinzip auch, aber die Richtung dieser ganz persönlichen Spielerlaufbahn ist
streng reglementiert. Zurück auf dem einmal eingeschlagenen Weg darf keiner mehr, -
jedenfalls nicht aus eigener Kraft und Entschluss, und es geht für alle Mitspieler immer im
Uhrzeigersinn rund um das Spielfeld herum.
Dass man manchmal wieder von vorne anfängt, dafür sorgen schon die anderen Mitspieler,
eine verlässliche Komponente an so einem Spieleabend, und sehr lebensnah.
Aber soweit sind wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Im Moment darf der, der die sechs "Augen" geworfen hat - Sie erinnern sich sicher - erst
noch einmal würfeln, und entsprechend mit seiner Figur voranschreiten. Wirft er gleich noch
einmal eine Sechs, dann erntet er prompt den Missmut seiner Mitspieler, die sich benachteiligt fühlen, obwohl alles den Regeln des Spiels entspricht.
Sie sollten sich allerdings hüten, so viele Augen zu würfeln, dass Sie gleich über das Startfeld des folgenden lieben Mitspielers (in Wahrheit ein böser Konkurrent oder Feind) hinausziehen, außer es lässt sich aus spieltechnischen Gründen und wegen der Regeln nicht vermeiden.
Denn der Nebenmann - und ganz besonders die Nebenfrau, ihre Ehefrau - wartet nur
darauf, ihnen in den Rücken zu fallen. Sei es, weil sie wie immer schlecht drauf ist, oder
weil sie Sie und andere Männer zur Zeit nicht ausstehen kann, weil sie ihnen nicht traut,
und Sie sie meistens abwertend wie Dreck behandeln. Ein Mann neben einer Ehefrau, die
gleichzeitig eine Mitspielerin ist, bedeutet die spieltechnische Katastrophe schlechthin.
Aber das lässt sich jetzt nicht mehr vermeiden, denn wie würde das denn aussehen, wenn
Sie einen Spieleabend organisieren und dann ihre Ehefrau davon ausschließen. Sie wollen
doch nicht mit einem Schlag alle Vorurteile gegen sich bestätigen.
Lässt sich das Vorbeiziehen am Startfeld ihrer Frau nicht vermeiden, werden Sie als Ehemann ohne Fortune fast immer rausgeschmissen, kommt nahezu zwangsläufig die dafür
genau passende Augenzahl für die Mitspielerin zusammen.
Gelingt es ihr aber nicht, so bekommt ihre Frau auf jeden Fall die Bestätigung, dass Männer
– und ganz besonders Sie - sie schlecht behandeln, dass Sie Schuld haben, dass alle Männer Schweine sind.
Wenn es hingegen geklappt hat, folgt schlagartig für Sie die Katastrophe. Denn zwei Figuren auf einem einzigen Spielfeld, so dicht beieinander, das erscheint doch ziemlich unappetitlich und völlig inakzeptabel, geht gegen die Regeln, - wie im richtigen Leben.
Also wird Mann rausgeschmissen - und dies mit glänzenden Augen und einem triumphierenden Grinsen, dass Mann eigentlich nur aus verlorenen Scheidungsprozessen kennt.
Fachleute der deutschen Sprache behaupten allen Ernstes, dass die Berufsbezeichnung
"Rausschmeißer" sich von dem hier besprochenen Spiel ableite, welches - völlig zu Recht als Gesellschafts-Spiel bezeichnet wird.
Da könnte was dran sein, - obwohl die meisten "Berufs-Rausschmeißer" tatsächlich Männer
sind. An dem Schwung, mit dem dieser Rauswurf geschieht, erkennen Sie meistens sofort,
besonders in Verbindung mit dem bereits erwähnten triumphierenden Grinsen das persönliche Verhältnis der Mitspieler - also von ihnen und ihrer Ehefrau - zueinander. Aber auch
das begeisterte Kreischen der Kinder gibt Ihnen einen Vorgeschmack darauf, was ihnen in
ihrem Eigenheim noch bevorsteht, wenn die Kleinen erst mal erwachsen und sie im Nachrentenalter im Altersheim angekommen sind.
Da können und brauchen Sie gar nicht erst zu kommen mit dem Begriff der Erbunwürdigkeit.
Sogenannte Elternteile (ein völlig idiotischer Begriff, der für mich immer zerstückelte Menschen assoziiert) werden z.B. gerade von ihren eigenen Kindern so heftig hinausgeworfen
(vielleicht aus heimlich verdrängter Mordlust), dass sie nicht selten sogar völlig unter den
Tisch fallen. Da können Angela und Kevin es ihnen und ihrer Frau mal richtig zeigen, ganz
anders als im realen Leben, wo sie fast nichts gebacken kriegen.
Respektpersonen oder selbsternannte Autoritäten erkennen spätestens jetzt (meistens zu
spät), wie respektlos die anderen Mitspieler sie am liebsten behandeln würden.
Ja, hier lernen Sie ganz subtil etwas über ihr wahres Leben.
Lebensabschnittspaare oder Frischverheiratete oder -verliebte können auf der gleichen
Ebene sehr leicht erkennen, wie befriedigend ihr Sexualleben wirklich ist, wie ihr Status der
erotischen Ausstrahlung zur Zeit steht, ob die oder der Partner/-in die letzte Sauftour oder
die letzte lieblose Beischlaf-Nacht halbwegs verziehen hat, das ewige Nichtruntertragen der
Mülltüten bzw. wie harmonisch die Beziehung zur Zeit dasteht.
Muss ein Spieler den anderen, wegen besserer Ergebnisse beim Würfeln überholen, weil er
sich ansonsten gar nicht mehr bewegen kann, so steigt er beim Abzählen seiner erwürfelten
Punktzahl dem Überholten kurz auf den Kopf und trampelt sinnbildlich auf ihm herum.
Eben wie im richtigen Leben.
Einerseits um die eigene Furchtlosigkeit zu demonstrieren, andererseits aus Zorn, weil er
jetzt noch einen Konkurrenten mehr hinter sich weiß, der nur darauf lauert ihn rausschmeißen zu können. Dies ist im allgemeinen ein Gefühl wenig angenehmer Art, bei dem man
leicht ins Stolpern geraten kann. Es ist doch so, dass niemand gern mit dem Rücken zur
Wand steht, aber jeder mit dem Rücken zur Wand sitzen möchte.
Bei gut befreundeten oder gar miteinander verwandten Spielern wie ihrer Familie erfreut
sich eine Regel allergrößter Beliebtheit. Derjenige, der übersieht, dass er einen anderen
Mitspieler hätte rausschmeißen können, wird zur Strafe für seine Nachlässigkeit selber vom
Feld genommen, d.h. rausgeschmissen. Meistens ist es die Oma, die nicht aufgepasst hat
oder eingedöst ist, und nun dran glauben muss, sprich: Rausgeschmissen und abgeschoben wird. Aber die Oma ist ja bei ihnen schon lange im Pflegeheim und muss sich freuen,
wenn sie ab und zu wenigstens noch einmal Besuch bekommt oder einen Tag zu ihnen
darf.
Aber auch Ehefrauen lieben es durchaus ihre Männer mit der Nase darauf zu stoßen, dass
sie nie und auch jetzt nicht richtig bei der Sache sind.
Aber die allergrößte Spielfreude bei allen anderen Mitspielern ist zu beobachten, wenn einer
von ihnen schon so oft in seinem Spielverlauf gescheitert ist und rausgeschmissen wurde,
dass er mit all seinen Spielfiguren wieder am Ausgangspunkt steht. Damit beweist er oder
sie den anderen Spielern, dass sie nicht nur im wahren Leben die Versager sind, besonders
aber in diesem Spiel, - und das ist alles, was in diesem Augenblick zählt.
Da fühlen sich selbst Totalversager wie Kevin und Angela für eine Weile so groß, dass sie
nicht mehr unter die Teppichkante rutschen und das nur, weil es ihnen gelungen ist Sie
oder ihre Frau wieder in die Ausgangslage zu bringen.
Nicht selten findet sich dann genau so ein Familienmitglied - siehe auch unter dem Begriff
"Mitspieler" - das völlig vergessen hat, dass das alles doch nur ein Spiel sein soll, das Spaß
macht und die Zeit vertreibt, - das dann mit angespitztem Zeigefinger auf die vier gleichfarbigen Spielfiguren am Start deutet und mit spitzer, höhnischer Stimme fragt:
„Na, seid ihr alle wieder da?“
Worauf oft die anderen a capella -und mit unverhohlener Schadenfreude - Jaaaaaa antworten.
Etwas seltsam und fast merkwürdig ist allerdings, steht man kurzfristig genau auf dem
Startfeld eines Mitspielers, dass man ihm damit anscheinend auch schon zu nahe getreten
ist. Der würfelt genau in diesem Moment unter Garantie sofort eine 6 und nutzt seine Chance für einen schwungvollen Hinauswurf.
Ansonsten gelingt dem Blindfisch so ein Volltreffer im normalen Spielverlauf selbst dann
nicht, wenn er ihn aus taktischen Gründen ganz dringend brauchen würde, selbst wenn er
vorher in die Hände oder unappetitlicherweise auf den Würfel gespuckt hat. Mit Spucke
kann man doch das Glück nicht anlocken oder herbeirufen.
Das ist wesentlich freundlichere Behandlung gewohnt und lässt sich dadurch nicht beeindrucken. Eher kann man da schon mit der Methode Erfolg haben, dass man sich harmlos
verhält und stets hochkonzentriert daran denkt, nicht an das erhoffte Glück zu denken.
Dann ärgert es sich zweifellos über diese ignorante Missachtung seiner Selbst und kommt
garantiert unverhofft oft.
Manchmal allerdings auch nicht, und das beweist dann genau das Gegenteil, nämlich dass
die Methode falsch war. Es zeigt sich hier, dass selbst die raffiniert ausgeklügeltste SpielStrategie eher ein Hindernis auf dem Weg zu Erfolg und Sieg werden kann.
Immer diejenigen, von denen man es am wenigsten erwartet hätte, erreichen ihr Ziel zuerst,
während man sich selber noch auf dem eigenen Zielfeld mit den Spielfiguren selbst im Weg
steht.
Meistens und zielorientiert erwartet man in dieser beschissenen Situation nicht gerade den
ganz großen Wurf, sondern den ganz kleinen, eine 1.
Nichtsdestotrotz läuft es bei der Konkurrenz völlig reibungslos.
Sind Sie Letzter geworden, dürfen Sie auf keinen Fall lächelnd und achselzuckend sagen:
Ist ja nur ein Spiel ... oder ... Pech im Spiel, Glück in der Liebe.
Erstens zeigen Sie damit unwiderruflich, dass Sie ein schlechter Verlierer sind, zweitens
können Sie von ihrer derzeitigen Lebensabschnittsgefährtin oder eben ihrer Ehefrau postwendend und peinlich widerlegt werden, - und drittens gestehen Sie allen in der Runde
unwiderruflich, dass ihnen das bittere Gefühl der Niederlage auch sonst im Leben durchaus
recht vertraut ist, dass Sie diese Niederlage nicht überrascht.
Nicht, dass die Gefahr bestände, dass Kevin oder Angela ihre Achtung vor ihnen verlieren,
die haben sie schließlich nie besessen, aber Sie würden sie in einem Lebensgefühl des
phlegmatischen Desinteresse bestärken, das nichts Gutes für die Zukunft verheißt.
Es kann dann durchaus passieren, dass ihre Ehefrau nicht Mitleid empfindet, sondern
aufwallende Abneigung, weil ihr plötzlich klar wird, dass die Beziehung zu einem Versager
auch für sie wenig positive Zukunft hat.
Aber am allerwenigsten sollten Sie aus aufflammendem Zorn das Spiel einfach hochreißen,
auch wenn dann alles so schön durcheinander purzelt. So zeigen Sie wenig Selbstbeherrschung, denn im wirklichen, richtigen Leben - das wie inzwischen hoffentlich erkannt, die-
sem Spiel nicht unähnlich ist (wenn nicht erkannt, sollten Sie solche Spielabende in Zukunft
besser ohnehin vermeiden) – können Sie sich auch nur ganz selten wie die wilde Sau im
Rosengarten benehmen. Selbstbeherrschung und -kontrolle sollte man auf jeden Fall
behalten können.
Der sprichwörtlichen Wahrheit des Sprichwortes "Pech im Spiel - Glück in der Liebe" sollten
Sie ohnehin nicht unbedingt und blindlings vertrauen. Denn nach meiner lebenslangen Beobachtung gibt es hinreichend Beispiele von Leuten, die fast jedes Spiel verlieren, größtes
Pech auch in simpelsten Spielen für sich proklamieren, - und auch in der Liebe mit ausdauernder Beständigkeit ständig den Kürzeren und die Nieten ziehen.
Es gibt natürlich auch Beispiele dafür, dass Leute, die fast jedes Spiel - ob sie es vorher
schon mal gespielt haben oder auch nicht - mit fast unglaublicher Leichtigkeit gewinnen,
auch beim Spiel mit der Liebe und dem anderen Geschlecht, immer obenauf sind und die
dicksten Erfolge verzeichnen können. Das wiederum beweist, dass nicht allzu viel hinter
den sogenannten Volksweisheiten steckt, wenn man sie mal genau unter die Lupe nimmt.
Übrigens, nach einem Spiel folgt sehr häufig das Nächste, die Revanche, und dann noch
eins, und noch eins, weil mancher Mitspieler/-in immer wieder gerne das Gefühl auskosten
möchte es den anderen aber mal richtig gezeigt zu haben - während dem Letzten aus dem
vorangegangenen Spiel gesagt wird:
Also los, dumm fängt an ...
Das ist allerdings nicht in der Spielregel vorgeschrieben, aber eine Beleidigung, die sich die
Mitspieler oft nicht verkneifen und der Letzte nicht entziehen kann.
Es ist eben genauso ungerecht wie das wahre Leben und ihr Alltag.
Und dann - wie gesagt - fängt alles wieder von vorne an.
Na, haben Sie sich wiedererkannt, sich und ihre bucklige Verwandtschaft.
Ja, das ist kein Wunder, sondern eher zwangsläufig.
Dann haben Sie jetzt etwas, worüber Sie mal nachdenken sollten.
Ich denke über so was nach ... und das sollten Sie auch mal für die nächste Viertelstunde
tun. Das schaffen Sie schon, - und wenn Sie das überleben, sind Sie im Leben schon
wieder einen Tag weiter.
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