Der Herr der Bausätze
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Der Herr der Bausätze
Interview | Text: Carsten Scheiper und Thorsten Enning | Illustration: Thorsten Enning Der Herr der Bausätze Phantastisches aus anderen Welten Die unzerstörbare Stahllegierung sieht reichlich mitgenommen aus. Seinen rot glühenden Augen entgeht absolut nichts und er folgt nur einem Missionsziel - John Connor - den Anführer der menschlichen Resistance zu vernichten. Wer kennt ihn nicht: den Terminator. Jene eiskalte Killermaschine, die Arnold Schwarzenegger zum Megastar des Actionkinos machte. Stolzer Besitzer dieser prachtvollen Dekoration ist Ingo Siemon aus Münster. Der Unternehmer hat es sich zur Aufgabe gemacht, ausgewählte Artikel sowie spezielle Einzelstücke rund um den phantastischen Film zum Verkauf anzubieten. Wir haben Ingo in seinen Räumlichkeiten besucht und kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus, als wir den berühmtesten Cyborg der Filmgeschichte in Originalgröße zu Gesicht bekamen. ~: Seit wie vielen Jahren verkaufst du jetzt schon Figuren, Raumschiffe u.v.m. über das Internet und wie kam es zu dieser Entscheidung ? Siemon: Zu der Entscheidung kam es, als ich mich vor beinahe 15 Jahren mit meiner Freundin bei einem Wochenendtrip in London aufhielt und ich einen Laden namens „Forbidden Planet“ betrat. Dort gab es Produkte und Artikel zu sämtlichen Filmen aus dem Horror und Science-fiction Genre. Und ich sah diese Figur des Teufels aus dem Film „Legende“ mit Tom Cruise und dachte mir dass müsste man doch auch in Deutschland anbieten können. ~: Also könnte man sagen das dort eine Initialzündung stattgefunden hat und so für dich feststand erste Gehversuche in Richtung Selbstständigkeit zu unternehmen ? Siemon: Ja genau. Zusammen mit einem Freund fuhr ich dann noch mal nach London und habe mich einfach mal nach eventuellen Preisnachlässen erkundigt, so dass am Ende etwas positives ausgehandelt wurde. Schließlich sind wir dann mit einem Reisebus erneut auf die britischen Inseln gereist und haben dann so richtig eingekauft. Wir hatten annähernd fünf bis sechs Umzugs-Kisten randvoll gepackt und mussten den Busfahrer buchstäblich beknien uns und die Kartons wieder mit nach Hause zu nehmen ( lacht! ). ~: Vor einigen Jahren konnten Sammler und Liebhaber so genannter Merchandise-Produkte auch auf eine Adresse in Münster zurückgreifen doch Läden solchen Formates sind deutlich seltener geworden.... 22 Ingo Siemon und sein Beschützer Siemon:...wegen des Internets. Ich hatte auch mal ein Geschäft hier in Münster aber wegen der laufenden und ständig steigenden Fixkosten wie etwa Miete etc. habe ich mich dann für das günstigere Internet entschieden, um so wesentlich flexibler zu sein und die Kosten drücken zu können. Darüber hinaus ist der Standort Münster auch nicht wirklich attraktiv, denn schließlich kann man sich in der Innenstadt doch eh kein Ladenlokal mehr leisten und in noch kleineren Städten schauen höchstens die Leute mal vorbei die unmittelbar in der Nähe wohnen. ~: Viele Händler sehen auf den immer populärer werdenden Film- und Comicbörsen noch ausreichend Potenzial für einen zufriedenstellenden Umsatz und einigen bereitet es sichtlich Freude morgens um vier sich einen guten Platz zu sichern und mit zwei oder drei Tapeziertischen ihr gesamtes Arsenal auf und wieder ab zu bauen, was mitunter ganz schön stressig sein kann. Hast du auch Kampferfahrungen mit hart gesottenen „Börsianern“ gemacht? Siemon: (lacht) Ja, habe ich! Aber das mach ich heute nicht mehr. Zu meinen Glanzzeiten habe ich auch schon mal zwei oder drei Börsen pro Wochenende mitgenommen. Es ist, wie bereits erwähnt, schon ganz schön stressig. Meiner Meinung nach waren die Leute damals noch erstaunt darüber was es alles zu bestimmten Filmen oder Themen zu kaufen gibt. Aber auch hier ist das Internet ganz klar der Gewinner, weil es einfach bequemer ist von zu Hause aus zu bestellen. Abgesehen davon sind die Eintrittspreise für Besucher sowie auch Standortgebühren für Händler richtig teuer geworden. ~: Bedienst du jetzt mehr aus dem Bereichen Horror, Sci-Fi, Fantasy und Action die Palette oder kommen auch Fans der japanischen Manga-Comics und Anime-Filme auf ihre Kosten? Siemon: Also ich schmeiß das mal alles in einen Topf, was der phantastische Film hergibt. Damit habe ich schließlich Der Modellbauklassiker: Alien vs. Predator angefangen. Ich nannte das zuerst Science-fiction Modellbau. Inzwischen gibt es aber auch Artikel aus erfolgreichen TV-Serien, wie z.B. ein Samuraischwert aus der Serie „Heroes“ die man kaufen kann. Japanische Artikel habe ich auch noch im Sortiment, aber nicht mehr so viele wie früher. ~: Wie ist denn so die Kundenresonanz bei dir? Mehr so die eingeschworene Fangemeinde oder wird der Kreis durch Mundpropaganda größer? Siemon: Der Kreis wird schon größer, denn durch das ganze EntertainmentBuisness kommen noch mehr Dinge aus aktuellen Produktionen auf den Markt. Das Merchandising wächst dadurch natürlich auch, weil der Markt größer wird. Das ist so ein Gegenspiel. Andererseits werden auch die Händler mehr. Früher war ich ganz alleine auf dem Markt, hier in Deutschland, was den Modellbaubereich angeht, aber heute ist der Markt überschwemmt. ~: Was ist zur Zeit der Renner? Siemon: Ja, den Renner gibt es eigentlich nicht, aber es halten sich ganz klar einige Klassiker wie z.B. der „Terminator“ oder die Kreaturen aus den „Alien“ Filmen, die einen ungebrochenen Kultstatus genießen. Es kommen aber immer noch Modelle von älteren Filmen heraus und das wird sich wahrscheinlich auch nicht so schnell ändern. Aber das gewichtige Renner oder Verkaufsschla- ger dabei sind, würde ich nicht behaupten. ~: Du hast dich schon seit einiger Zeit vom Handel mit kommerziellen Spielwarenartikeln verabschiedet und den Vertrieb von Raritäten für dich entdeckt. Versuchst du hier ganz klar eine erkennbare Linie zu ziehen ? Siemon: Absolut! Es macht mir auch wesentlich mehr Spaß mit Raritäten zu handeln. Ich kaufe die Sachen ein und halte die Preise auf Sammlerniveau. Viele haben sich damals unzählige „Star Wars“ Figuren oder Raumschiffmodelle gekauft, sie in den Schrank gelegt und nicht zusammengebaut. Es ging ihnen nur um den Besitz! Heute wissen sie nichts mehr damit anzufangen. Zusätzlich gibt es aber immer noch Leute, die diesen Sachen hinterher jagen. Teilweise werden ausgelaufene Serien von frisch lizensierten Herstellern wieder aufgelegt. ~: Richtig, denn es gibt auch so genannte Puristen die kommentieren das die kleine „Star Wars“-Figur der Javas aus der ersten Auflage noch einen schönen braunen Stoffmantel hatte, mittlerweile ist das aber durch Plastik ersetzt worden. Deshalb entscheidet man sich der Originalität willen für die Ausführung der ersten Veröffentlichung. Siehst du das ähnlich in Bezug auf den Raritätenstatus? Siemon: Im Prinzip stehen diese Leute geschlossen hinter ihrer Sammelleidenschaft, aber da ich weniger Actionfiguren vertreibe und mich mehr im Modellbaubereich bewege gibt es da nicht so viele die jetzt explizit großen Wert darauf legen. Bei den Actionfiguren ist das aber ganz anders; hier müssen die Figuren möglichst unangetastet bleiben, sich noch in der ungeöffneten Blisterverpackung befinden die selbstverständlich keinen Knick aufweisen darf. ~: Da du beruflich mit Einzelstücken und Raritäten handelst besteht doch auch die Gefahr sich selbst das eine oder andere Schmankerl in sein Heim zu holen. Worauf bist du persönlich ganz besonders stolz? Siemon: Auf meinen eigenes „Terminator“- Endoskelett. Dieses Standmodell hat die Originalgröße von Arnold Schwarzenegger, steht auf einer Fußplatte und kann einem schon richtig Respekt einflößen. ~: Wie schwer ist so etwas zusammenzubauen? Siemon: Das ist nicht schwer. Da wird ja nicht jedes kleine Detail geliefert, sondern man beschränkt sich auf Kopf, Rumpf und die Gliedmaßen. Das ist gar nicht so spektakulär. ~: Ingo, wir danken dir für das Gespräch und wünschen dir weiterhin viel Erfolg und alles Gute. # 23