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Unister-Chef Thomas Wagner fiel offenbar
auf alte Betrugsmasche herein | Manuskript
Unister-Chef Thomas Wagner fiel offenbar auf alte Betrugsmasche herein
Bericht: Carina Huppertz, Björn Menzel, Heidi Mühlenberg, Christian Werner
Venedig. Hier wurde Thomas Wagner mutmaßlich abgezockt – es ging um Millionen, ein
Kreditgeschäft und einen großen Betrug. Die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt wegen eines
sogenannten Rip Deals – doch was ist während der mysteriösen Reise des UnisterGeschäftsführers geschehen?
Vertraute von Wagner berichten: Er trifft sich im Hotel Antony Palace mit einem
vermeintlich israelischen Diamantenhändler. Ihre Absprache: Wagner erhält einen Kredit,
soll als Sicherheit 1,5 Millionen in bar mitbringen. Der mutmaßliche Vertragsentwurf liegt
Exakt vor.
Die beiden tauschen die Geldkoffer. Wagner übergibt seine 1,5 Millionen Euro, erhält dafür
angeblich 12 Millionen Euro in Schweizer Franken. Er prüft einen Schein, der ist echt. Erst
später bemerkt Wagner, dass nur die obere Schicht im Koffer echtes Geld ist. Noch in Italien
erstattet er Anzeige.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden vermutet hinter dem Trick einen Rip Deal. Das
englische Wort „rip“ bedeutet sinngemäß übersetzt: jemanden ausnehmen.
Die Masche läuft fast immer gleich ab, sagt Kathlen Zink vom LKA Sachsen. Wie bei Wagner
steht am Anfang ein vermeintlich lukratives Geschäft.
Kathlen Zink, LKA Sachsen
Zum Geschäftsabschluss werden die Opfer ins Ausland gelockt. Sie bringen dann ihren Teil
des Geldes mit, die Vermittlungsgebühr oder das Sicherheitsgeld. Die Täter bringen auf der
anderen Seite das Geld mit. Das wird oft in einem Geldkoffer übergeben. Und erst nach
Austausch werden die Opfer bemerken, dass es sich nur bei dem oberen Teil des Geldes
um echtes Geld handelt, der Rest ist Falschgeld.
Seit mehr als 15 Jahren werden Geschäftsleute so um Millionen geprellt. Sogar die deutsche
Botschaft in Italien warnt auf ihrer Internetseite vor der Masche. Trotzdem: Allein in Sachsen
registrierte die Polizei im vergangenen Jahr 48 Fälle. Bundesweite Fallzahlen gibt es nicht,
doch das BKA geht von einem „größeren Dunkelfeld“ aus. Fast immer stecken ausländische
Gruppen dahinter.
Kathlen Zink, LKA Sachsen
Die Täter geben sich als vermeintliche Investoren oder als Vermittler von vermeintlichen
Investoren oder vermeintlichen Käufern aus. Sie kommen aus Europa. Wir hier im LKA
hatten dazu mal Ermittlungen, die Tätergruppierung stammte aus Serbien.
Der Drahtzieher wird später zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Gegen fünf
Beschuldigte muss das Verfahren eingestellt werden, weil sie nicht ausfindig gemacht
werden können. Kein Einzelfall – denn die Täter nutzen gefälschte Papiere und tauchen oft
im Ausland unter.
Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers
verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
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Unister-Chef Thomas Wagner fiel offenbar
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Auch Rüdiger Roller, IT-Unternehmer aus München, ist reingelegt worden. Vor elf Jahren
vermittelte er über einen Bekannten ein Kreditgeschäft an einen interessierten
Textilgroßhändler. Der sollte 80.000 Euro als Sicherheit zahlen, dafür 10 Millionen als Kredit
erhalten. Der Deal klang eigentlich zu gut, um wahr zu sein. Aber in der Not glaubt man
daran, meint er – so wohl auch Thomas Wagner.
Rüdiger Roller, Unternehmer:
Wenn sie jahrelang dann mürbe gemacht worden sind, weil sie einfach erkennen, sie
haben keinen Zugang mehr zum Kapitalmarkt, dann kann ich mir vorstellen haben die nach
jedem Strohhalm gegriffen. Das kann man nicht anders erklären. Und wenn dieses
Prozedere mal im Kopf losgetreten ist, das entwickelt eine Eigendynamik, das können sie
nicht mehr stoppen, egal was dann kommt oder passiert.
Aber auch er hatte sich auf Betrüger eingelassen. Die Geldübergabe, ursprünglich seriös in
einer Bank in Monza geplant, wurde erst in ein Café verlegt, dann an einen Straßenrand.
Dort ging alles ganz schnell.
Rüdiger Roller, Unternehmer:
Als die Kreditnehmer darauf bestanden haben, dass sie den Koffer nicht nur geöffnet
kriegen, kurz mal reingucken ob da Geld drin ist, sondern auch die Folien aufschneiden
wollten, prüfen wollten ob das wirklich echte Scheine sind oder dass es auch die Summe
ist, haben die den Koffer mit der Sicherheitsleistung aus der Hand gerissen und versucht
noch den Kreditkoffer auch mit ins Auto reinzuziehen, um eben das Beweismaterial
mitzunehmen.
Dem Textilgroßhändler blieb nur Falschgeld. Er erstattete Anzeige, auch diese Ermittlungen
wurden aber später eingestellt.
Die Geschädigten wenden sich dann oft an ihn. Josef Resch, Privatdetektiv. Beinah täglich
erhält er Anfragen, sagt er uns. Denn er hat schon Rip Dealer bei Treffen auffliegen lassen.
Josef Resch, Privatermittler:
Ich hab unter meiner Jacke hab ich so eine Tüte gehabt, und da hab ich so Papier gehabt,
als wie das Geld wäre. Das hätten 200.000 Euro sein sollen. Ne, rechts, hier war es. Und
das hab ich so gemacht dass man es sieht. Und ich hab immer genau gesehen wie er hier
her schaut. Ja, und da sagt er jetzt müssen wir doch mal zum Geld tauschen kommen. Und
ja, dann bin ich raus, ums Eck und hab das Zeichen gegeben, bin mir mit beiden Händen
durch die Haare gegangen, das heißt: Zugriff!
Einmal hat er so Geld zurückholen können. Derzeit sucht er nach einem Rip Dealer namens
„Levy“. Auch der vermeintliche Kreditgeber von Unister-Chef Wagner sollte ähnlich heißen –
„Levi V.“.
Josef Resch, Privatermittler:
Ja, Parallelen sind da. Es ist immer das gleiche. Sehr vermögend geben sie sich aus. Sie
suchen sich aus: Heute ist der Levy Diamantenhändler, morgen ist er Ölscheich,
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mal Bau-Mogul in Saudi-Arabien oder in Korea beteiligt, oder… egal was es ist. Das ist wie
Hydra. Oder Chamäleon.
Unister-Gesellschafter Daniel Kirchhof war jahrelang für die Finanzen im Unternehmen
zuständig. Für ihn ist unglaublich, dass sein ehemaliger Geschäftspartner offenbar einen
solchen Deal über die Bühne bringen wollte.
Daniel Kirchhof, Gesellschafter Unister:
Zu meiner Zeit hatten wir solche Transaktionen, wie es dort jetzt zu lesen ist überall, hat
nicht im Ansatz hat so was stattgefunden. Weil zum einen mit viel Bargeld rumreisen, das
gab es zu meiner Zeit nicht. Wer hat das geprüft? Weil, das ist auch ein untypisches
Verhalten für Thomas damals gewesen, Kreditverträge hat immer jemand geprüft.
Auf dem Rückweg von Venedig stürzt das Privatflugzeug mit Thomas Wagner an Bord ab.
Nach dem tragischen Ende der Reise ist nun auch das Unternehmen ins Trudeln geraten.
Aktuell haben sieben Unister-Gesellschaften Insolvenz angemeldet.
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