2010 Campact eV Verden

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2010 Campact eV Verden
Universität Bremen
Fachbereich 8
Praktikumsbericht
Praktikum
bei
Campact e.V
11.01. - 12.03.2010
Gliederung
1. Campact e.V
1.1
Einleitung: Praktikumsbewerbung
1.2
Kurzbeschreibung von Campact e.V
1.3
Struktur und Arbeitsweise
1.4
PraktikantInnen bei Campact e.V
2.
Routineaufgaben
3.
Eine Kampagne von Anfang bis Ende
4.
Eine Offlineaktion: Tanz des Todes
5.
Fazit
1. Campact e.V
1.1 Praktikumsbewerbung
Die Prüfungsordnung für Integrierte Europastudien beinhaltet ein achtwöchiges Pflichtpraktikum. Ich überlegte lange, ob ich mein Praktikum eher bei einer kulturellen Einrichtung oder im politischen Bereich absolvieren wollte.
Als ich mich im Internet über politische und kulturelle NGOs informierte und die Internetplattform von Campact genauer durchsah, entdeckte ich nicht nur, dass diese sich für
Themen engagiert, die auch mich interessieren, sondern auch, dass sie immer wieder
Praktikanten suchen. Ich beschloss, mich näher zu informieren und wurde auf eine
Kurzbewerbung hin sofort zu einem Gespräch mit Hausführung eingeladen.
1.2 Kurzbeschreibung von Campact e.V
Der Name „Campact“ steht kurz für „Campaigning and Action“. Die deutsche Übertragung liest sich “Demokratie in Aktion”.
Das Anliegen von Campact e.V ist, politische Entscheidungen, die auf der Kippe stehen,
im Sinne der Mehrheit der Bürger und der Interessen des Gemeinwohls zu beeinflussen.
Dies wird immer angestrebt, indem Appelle, die die NewsletterempfängerInnen und
User der Seite campact.de online unterschreiben können (Onlineaktion), in kreativen,
öffentlichkeits- und medienwirksamen Aktionen (Offlineaktion) an die politischen Entscheidungsträger übergeben werden.
Campact e.V wurde von seinen Geschäftsführern Dr. Günter Metzges, Dr. Felix
Kolb und Christoph Bautz, die bereits bei der Entstehung von Attac beteiligt waren,
2004 gegründet. Die Büroräume befinden sich im Ökozentrum der Stadt Verden, an dessen Konzept und Entwicklung die Geschäftsführer ebenfalls mitgewirkt hatten. Das
Team besteht aus etwa 20 Angestellten, die Teil- und Vollzeit in verschiedenen Aufgabenbereichen arbeiten. Die Finanzierung geschieht hauptsächlich über Spenden der UserInnen, desweiteren erhält der Verein immer wieder Zuwendungen in Form von Stiftungsgeldern und Ähnlichem. Campact e.V arbeitet unabhängig und überparteilich.
1.4 Struktur und Arbeitsweise
Das Front-Office-Team besteht aus der Geschäftsführung, den CampaignerInnen und
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den OrganizerInnen. Im Back-Office garantieren Sekretärin, Fund-Raiser, der Zuständige fuer Pressearbeit, der bei Bedarf auch als Campaigner einsetzbar ist, Systemadministrator, Grafiker, Anwenderbetreuer, Spendenbetreuerin, Buchhalter und PraktikantInnen,
dass das Alltagsgeschäft reibungslos abläuft.
Die Geschäftsführung entscheidet, für welche Themen sich Campact einsetzt und eine
Kampagne startet. Eine aktuelle Kampagne wird meist in Form eines Newsletters den
Newsletterempfängern, den sogenannten UserInnen, präsentiert. Es wird ein Appell an
die zuständigen Politiker formuliert, an dem sich die UserInnen in Form einer digitalen
Unterschriftenliste, auch Signer genannt, beteiligen können. Dieser wird auf der Webseite von campact.de gehostet. Bei manchen Themen gibt es statt des Signers einen sogenannten Mailer, das heißt, einen vorformulierten Emailtext, den die UserInnen ebenfalls über campact.de in seiner ursprünglichen Form oder selbstständig umformuliert an
die Politiker schicken können.
Die Campaigner sind dafür zuständig, die Themen inhaltlich zu recherchieren und aufzuarbeiten, Forderungen an die Politik zu formulieren und ihre Ergebnisse in einem
Newsletter für die UserInnen von campact.de zu präsentieren. Zudem liegt es in ihrem
Aufgabenbereich, eventuelle Kooperationspartner (Umweltschutzorganisationen u.ä.)
anzufragen, über Art und Weise der Bewerbung ihrer Themen zu entscheiden. Zur Zeit
ist jedem/jeder CampaignerIn ein Spezialgebiet zugeordnet. Es gibt eine Campaignerin
für den Bereich Atompolitik, eine Campaignerin, die ihren Schwerpunkt auf Gentechnik
und Gesundheitsthemen hat, einen Campaigner für Klima- und Kohlepolitik und einen
Campaigner, der sich hauptsächlich mit Bürgerrechten und Rundfunkfreiheit beschäftigt. Kennt sich ein Geschäftsführer besonders gut in einem neuen Themengebiet aus,
kann es mitunter vorkommen, dass er die Rolle eines Campaigners übernimmt.
Haben viele UserInnen den Signer gezeichnet bzw. eine Email an den oder die Politiker
gerichtet, wird der öffentliche Druck, der dadurch bereits aufgebaut worden ist, noch
einmal verstärkt, indem die Unterschriften gebündelt in Printform im Rahmen einer
meist recht kreativen, öffentlichkeits- und medienwirksamen Aktion an die zuständigen
politischen Akteure übergeben werden. Die Übergabe fällt in den Aufgabenbereich von
CampaignerInnen und der Geschäftsführung. Handelt es sich um einen Mailer, wird
ebenfalls eine medienwirksame Aktion organisiert, zumeist an dem Termin, an dem die
politische Entscheidung angesetzt ist.
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Sowohl Onlineaktionen als auch Offlineaktionen werden über Pressemitteilungen und
-einladungen angekündigt. Außerdem werden die UserInnen, die eine Adresse angegeben haben in der Region, in der eine Aktion geplant ist, über einen speziellen Newsletter, sprich ein Mailing, dazu aufgerufen, bei der Aktion präsent zu sein und für das Anliegen, das sie mit ihrer Unterschrift bzw. Email unterstützen, zu demonstrieren.
Für den Inhalt der Newsletter, Mailings, Signer und Mailer sind Geschäftsführung und
der/die jeweils zuständige CampaignerIn verantwortlich. Über den aktuellen Stand eines
Themas, politische Reaktionen und über den Ablauf einer durchgeführten Aktion berichten die CampaignerInnen zeitnah über Blogeinträge.
Die OrganizerInnen sind verantwortlich für die organisatorischen und technischen Aufgaben. Sie fügen die Texte der CampaignerInnen auf der Homepage, in Newsletter, Signer etc ein. Zudem koordinieren und planen sie die Aktionen. Diese müssen angemeldet werden, eine Genehmigung muss eingeholt werden, Material gekauft und bearbeitet,
Elemente in Auftrag gegeben, An- und Abfahrt des Teams geregelt, Schauspieler motiviert, ein Fotograf engagiert, Bühnenelemente und Lautsprecher angemietet werden
usw.
Nur wenn eine Aktion genau vorbereitet und durchorganisiert ist, kann sie sich zum
ernstzunehmenden politischen Druckmittel entwickeln.
Im Back-Office wird dafür gesorgt, dass genügend Ressourcen zur Verfügung stehen,
um On- und Offlineaktionen durchführen zu können, die Daten von NewsletterempfängerInnen und SpenderInnen müssen gepflegt werden, Anfragen und Vorschläge von
UserInnen wollen entgegengenommen, beantwortet beziehungsweise weitergeleitet
werden. Auch die Technik braucht Wartung. Campact besitzt einen eigenen Server, Kopiergeräte, Computer und eigens für Campact entwickelte Software. Da mit der Anzahl
der UserInnen und SpenderInnen auch das Team zusehends wächst, müssen Arbeitsplätze erweitert und technische Kapazitäten erhöht werden. Außerdem ist es sehr wichtig,
dass die Kommunikation innerhalb des Teams, vor allem zwischen Front- und Back-Office stimmig ist und jedes Teammitglied auf dem neuesten Stand der wichtigsten Informationen ist.
Ideen für Themen bzw. Aktionen werden zuerst in der sogenannten Campaignersitzung
besprochen, in der die CampaignerInnen und die Geschäftsführung sich beraten. Erst
danach werden sie an das gesamte Team kommuniziert.
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Alle betreffende Informationen werden über einen Emailverteiler an das gesamte Team
versendet. Auch die Graphiker und Programmierer, die nicht ständig präsent sind, sondern eher als freie Mitarbeiter fungieren, werden so auf dem Laufenden gehalten. Fragen zu den neuesten Informationen, Entscheidungen der Geschäftsführung und wichtige
Entwicklungen werden nochmals in den wöchentlichen Teamsitzungen angesprochen,
beziehungsweise haben dort eine Plattform für Rückfragen.
1.4 PraktikantInnen bei Campact
Eigentlich gibt es einen Praktikumsplatz und einen Vollzeitplatz im Rahmen eines Freiwilligen sozialen Jahres Politik bei Campact. Da sich für das Freiwillige Jahr niemand
gefunden hat, wird diese Stelle zur Zeit als Praktikumsstelle ausgeschrieben. Campact
darf das Fair-Work-Certificate führen und erfüllt somit besondere Bedingungen: Es dürfen keine HochschulabsolventInnen als PrakikantInnen eingestellt werden und das Praktikum darf eine maximale Dauer von 3 Monaten nicht überschreiten. Eine/e Studierende/r im Praktikum muss angemessen entlohnt werden. Bei Campact bekommt man 200
Euro netto, außerdem ein biologisches Mittagessen im Restaurant, das sich ebenso wie
die Räumlichkeiten der NGO im Ökozentrum Verden befindet, im Wert von 5,50 € an
jedem Arbeitstag im Büro. Bei Einsätzen außer Haus gibt es Spesen. Desweiteren müssen die PraktikantInnen angemessen betreut werden. Dies geschieht bei Campact persönlich durch eine Organizerin. Sie führt die Bewerbungsgespräche, weist die PraktikantInnen grundlegend ein, macht sie mit Struktur und Arbeitsweise von Campact vertraut, ist Ansprechpartnerin und achtet darauf, dass den PraktikantInnen abwechslungsreiche Tätigkeiten von ihr und vom Rest des Teams aufgetragen werden. Außerdem
führt sie nach den ersten Tagen und nach der ersten Hälfte des Praktikums jeweils ein
längeres Gespräch mit dem/der Praktikanten/Praktikantin, in dem Kritik und Verbesserungsvorschläge Raum haben, gegenseitiges Feedback stattfindet und die Arbeitsweise
bei Bedarf gemeinsam analysiert werden kann.
Ich habe mich während meines gesamten Einsatzes rundum versorgt und betreut gefühlt. Die Organizerin stand für Fragen jederzeit zur Verfügung und ich konnte mich immer an sie wenden, wenn ich mit den Aufgabenstellungen unzufrieden war. Insgesamt
war ich mit einer guten Mischung aus anspruchsvolleren und weniger anspruchsvollen
Tätigkeiten, die mir aber auch als Regenerationsphasen zu Gute kamen, betraut.
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Die Organizerin äußerte mehrmals die Sorge, dass sie mir und meinem Praktikumskollegen nicht genug Aufmerksamkeit widmete und sie äußerte die Besorgnis,
nicht genug Zeit für uns zu haben bzw. der Praktikantenbetreuung zu geringe Priorität
einzuräumen. Da ich meist mit meinen Aufgaben zufrieden war und bei den wenigen
Ausnahmen sofort ein offenes Ohr bei ihr fand, konnte ich dies nicht bestätigen. Die Besonderheit an meiner Praktikumssituation war, dass mein Praktikumskollege bereits seine 5. Woche absolvierte, als ich ins Praktikum eintrat. Deshalb konnte er mir sehr viele
Tipps und Tricks weitergeben, die mir die Arbeit erleichterten und Fragen beantworten,
mit denen ich mich sonst an die zuständige Organizerin hätte wenden müssen. Auch die
Sekretärin, mit der sich die PraktikantInnen ein Büro teilen, stand uns immer hilfsbereit
mit Rat und Tat und Schokolade zur Seite. Außerdem wurde mir bereits beim Vorstellungsgespräch, das ungefähr 4 Monate vor meinem Praktikumsbeginn stattgefunden
hatte, verdeutlicht, dass Eigenverantwortlichkeit und Eigeninitiative gern gesehen werden. So zog ich es auch vor, erst einmal selbst auszuprobieren, wie weit ich mit einer
schwierigen Aufgabe komme und mir selbst eine Strategie zu überlegen und diese auszuprobieren, ehe ich auf die Hilfestellung der Hauptamtlichen zurückgriff. Ich empfand
es als Vorteil, dass zwar erwartet wurde, dass jeden Aufgabe angemessen erledigt wird,
aber kein enges Zeitfenster dafür vorgegeben wurde und es nicht darauf ankam, dass
beim ersten Versuch gleich alles funktionierte.
2. Routineaufgaben
Bei Campact gibt es tägliche und wöchentliche Aufgaben, deren routinemäßige Erledigung die PraktikantInnen übernehmen. Neben ganz praktischen Tätigkeiten, zum Beispiel die Mineralwasserkästen, an denen sich das Team bedienen darf, aufzufüllen, gibt
es auch inhaltliche Aufträge.
Die erste Tätigkeit an jedem Morgen ist die Newsrecherche. Man muss eine Presseschau
zu den Themen zusammenstellen, die gerade als On- oder Offlineaktion laufen, in Planung sind oder in die engere Auswahl für zukünftige Kampagnen fallen. Für die E-Paper der großen überregionalen Tageszeitungen hat Campact einen Account. Dort sowie
in der Google-Newssuche wird nach bestimmten Stichwörtern, die in Absprache mit der
Geschäftsführung und den CampaignerInnen ausgewählt werden, nach relevanten Artikeln gesucht. Diese werden später in einer Email, gesammelt und nach den Themenge-
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bieten sortiert, sowie mit Quelle und dazugehörigem Link versehen, an das Team verschickt. So kann sich jede/r einen Überblick verschaffen, welche Entwicklung und öffentliche Rezeption die aktuellen Themen gerade haben.
Ich fand diese Aufgabe stets interessant, da man sehr schnell lernte, Artikel zu überfliegen und auf bestimmte Kriterien abzuklopfen. Die Kriterien sind unter anderem, dass
der Artikel eine wirkliche Neuigkeit oder eine neue Sichtweise auf das jeweilige Thema
vorweist und kein rein wissenschaftlicher Artikel ist. Mit der Zeit fiel es mir leichter zu
entscheiden, welche Artikel für die News geeignet sind. Zudem bekam ich ganz nebenbei mit, welche Topics die Seite 1 der jeweiligen Tageszeitung beherrschten.
Eine weitere Routineaufgabe ist die Bearbeitung der Post. Diese muss vorsortiert, gestempelt und an die Empfänger verteilt werden. Unterschriftenlisten werden gesammelt
und die Unterschriften auf extra Listen gezählt. Sind neben den Namen auch die Emailadressen und damit verbunden der Wunsch nach dem Newsletterempfang eingetragen,
werden die diese aussortiert und an ein Datenerfassungsunternehmen weitergeleitet bzw.
von den PraktikantInnen selbst in MOVE, der Campact-eigenen Datenbank, eingetragen. Dort werden nicht nur neue Daten eingetragen, sondern auch so genannte Importe
abgeglichen: Campact.de speichert aus Datenschutzgründen keine Cookies und PC-IDs.
Wenn nun UserInnen ihre Daten eingeben, um sich für den Newsletter einzutragen, an
einer Onlineaktion teilzunehmen oder eine Spende zu tätigen, registriert MOVE diese
Daten und gleicht sie mit bereits vorhandenen Datensätzen ab. Ähnliche Datensätze
werden als Importe gespeichert und müssen manuell abgeglichen werden. Es kommt
oftmals vor, dass ein/e UserIn umzieht und somit unter gleichem Namen und gleicher
Emailadresse, aber neuer Postadresse und somit neuem Datensatz bei MOVE angelegt
wird. Wenn zu einer Person mehrere Datensätze gehören, müssen diese von Hand zu einem einzigen verschmolzen werden. Diese Arbeit ist auf den ersten Blick nicht sehr anspruchsvoll, allerdings bedarf es großer Sorgfalt, da ein Buchstabe schon den entscheidenden Unterschied macht und es sich bei Bankverbindungen von SpenderInnen um
sensibles Material handelt. Zudem sind die UserInnen das tragende Element von Campact. Da ihre Zahl täglich zunimmt, steigt auch der Arbeitsaufwand zur Pflege der zugehörigen Daten stets. Als schönen Nebeneffekt meines Praktikums habe ich jetzt einen
Nebenjob als Aushilfe für MOVE bekommen und kann diese Arbeit über das Internet
erledigen.
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Wöchentlich anstehende Termine sind die Sitzungen. In der Regel finden diese dienstags statt. Vormittags finden sich die Geschäftsleitung mit den CampaignerInnen zusammen und nachmittags trifft sich das gesamte Team. Die PraktikantInnen dürfen daran
nicht nur teilnehmen, sondern sich auch einbringen über Meinungsäußerungen und Ideenvorschläge. Außerdem muss für jede Sitzung ein Ergebnisprotokoll erstellt und per
Email dem Team zugänglich gemacht werden.
Die Sitzungen der Geschäftsleitung mit den CampaignerInnen finde ich sehr spannend,
da meist diskutiert wird, welche möglichen Entwicklungsprozesse bei den Themen, für
die Campact sich gerade einsetzt, sich abzeichnen und wie man bei welcher Möglichkeit
am geschicktesten vorgeht.
Es stehen immer wieder Themen auf der politischen Agenda, die im tagespolitischen
Geschehen Brisanz haben, das heißt, in den Massenmedien präsent sind, die öffentlichen Debatten bestimmen bzw. das Potential haben, sich zu solchen zu entwickeln und
bei denen es Anzeichen gibt, dass die Entscheidungsträger den Interessen einer bestimmten Lobby folgen, beziehungsweise das Allgemeinwohl und den Willen der Bevölkerung kurzfristigen Erfolgen, Vorteilen oder Gewinnen gegenüber hintanstellen. Die
Fragen, mit welchen Mitteln und welcher Taktik man dem am geschicktesten entgegenwirken kann und wo Campact mit seinen begrenzten Kapazitäten überhaupt eine Chance hat, Einfluss zu nehmen, stehen im Mittelpunkt jeder Sitzung.
Die Geschäftsführung entscheidet letztendlich, welche Thematik ihre NGO aufgreifen
bzw. weiterverfolgen wird. Ist ein Thema gesetzt, beginnt eine kreative Suche nach dem
Titel der neuen Kampagne, nach eingängigen Visualisierungen und realisierbaren Umsetzungen derselben in Offlineaktionen. Wie eine neue Kampagne aus der Wiege gehoben wird, ist immer ein sehr spannender und spannungsgeladener Prozess und ich finde
es sehr gut, dass den PraktikantInnen Einsicht gewährt wird.
Die Ergebnisse der Sitzung vom Vormittag werden auf der Sitzung des gesamten Teams
vorgestellt und es wird Feedback gesammelt. Außerdem werden auf der Teamsitzung
Termine angekündigt, beispielsweise von den nächsten Offlineaktionen, Veränderungen
in der Struktur und Besetzung des Teams angekündigt und neue Ideen bezüglich der
Fortentwicklung von Campact als NGO und der Arbeitsroutine vorgestellt.
3. Besondere Aufgaben
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Das Team tauscht viele Informationen über die Groupware „Kontact“ aus. Man empfängt und versendet Emails über „Kontact“ und kann in verschiedenen Ordnern Emails
einsehen, die andere dort abgelegt haben. Außerdem kann man die Kalenderfunktion
nutzen und hat Zugriff auf ein von Campact geführtes Adressbuch, in dem die Kontaktdaten von Kooperationspartnern und Unternehmen, die bei der Vorbereitung von Aktionen wichtig sind, aufgelistet sind. Hat man sich erst einmal mit diesem Programm vertraut gemacht, kann man mit der Arbeit loslegen.
Ein/e PraktikantIn begleitte oftmals eine Kampagne von Anfang bis Ende. Wie schon
erwähnt, entsteht eine Kampagne meist in den Sitzungen von Geschäftsführung und
CampaignerInnen. Hat der/die zuständige/r CampaignerIn die Arbeit aufgenommen und
seine/ihre Ergebnisse und Schlussfolgerungen in Absprache mit der Geschäftsführung in
einem Newslettertext und eine Appell verfasst, beginnt die spannende Phase.
Eine immer wiederkehrende, aber dennoch besondere Aufgabe ist das Gegenlesen von
Newslettern, die am darauffolgenden Tag versandt werden. Die Versionen der Newsletter werden per Email ausgetauscht. Beim Korrekturlesen geht es vor allem um Rechtschreib- und Kommafehler, aber auch Wiederholungen, inhaltliche Sprünge usw.
Während der Newsletter versandt wird, was bei über 200.000 Empfängern einige Stunden dauert, muss die dazugehörige Onlineaktion, ein Signer oder Mailer, schon bereit
stehen. Beim Programmieren eines solchen Onlineformulars entstehen immer wieder
Schwierigkeiten. Deshalb haben die PraktikantInnen die Aufgabe, jede Onlineaktion zu
testen: Man muss in verschiedenen Durchläufen herausfinden, ob alle Funktionen abrufbar sind. Zeichnet ein/e UserIn einen Signer oder Mailer, muss er/sie entweder bei campact.de registriert sein und sich einloggen oder einen Bestätigungslink, den er/sie nach
dem Zeichnen per Mail erhält, betätigen, damit die Unterschrift verifiziert ist und als
gültig gezählt werden kann oder die Email, die er via Mailer an den/die PolitikerIn senden will, wirklich abgeschickt werden kann. Beim Testen wird nun nachgeprüft, ob diese Bestätigungsemail wirklich ankommt, ob der/die UserIn mit der korrekten Anrede
angeschrieben wird, ob der Bestätigungslink funktionstüchtig ist und auf die Recommend-Seite, mithilfe derer UserInnen ihre Freunde auf die aktuelle Kampagne aufmerksam machen können, führt und danach auf eine Seite, auf der um eine Spende geworben
wird bzw. eine Einzugsermächtigung gegeben werden kann, weiterführt. Erst wenn nach
mehreren Testdurchläufen alles funktioniert, wird der Signer oder Mailer freigegeben.
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Die Kampagnen werden im Internet und in Printmedien beworben. Der Fundraiser hat
mich im Praktikum gelehrt, wie über Google AdWords eine Onlineaktion beworben
werden kann. Die IT kann nachprüfen, wie viele UserInnen über einen Klick auf die
Campact-Anzeige neben einem Google-Sucherergebnis zu dem Mailer/Signer gekommen sind und dann auch die Aktion gezeichnet haben. Die Ergebnisse zeigen, dass
Google AdWords ein sehr effektives Werbemittel sind.
Die Graphiker von Campact stellen vorgefertigte Banner auf die Homepage, die von
den Kooperationspartnern auf ihren eigenen Seiten eingebunden werden und ebenfalls
viele InternetnutzerInnen zu den Aktionen von Campact führen.
Neben dieser Form von Werbung musste ich mich im Rahmen eines Rechercheauftrages
auch mit der Anzeigen und Beilagen in Printmedien auseinandersetzen. Ich habe herausgefunden, wie viel Geld welche Tages- und Wochenzeitung sowie Magazine für Anzeigen und Beilagen mit bestimmten Maßen verlangen, wann welche Fristen gesetzt sind
und welche Besonderheiten bei manchen Medien zu berücksichtigen sind. Bei diesem
Auftrag habe ich gelernt, was es bei einer Telefonrecherche zu beachten gilt und welche
Fragen ich meinen Gesprächspartnern stellen muss, um möglichst schnell eine umfangreiche, genaue Informationslage zu erarbeiten, damit der/die CampaignerIn eine gute
Vergleichsgrundlage hat und schnell entscheiden kann, wie eine Aktion in den Printmedien beworben werden soll.
Eine von ihrer Form her etwas ungewöhnliche Kampagne ist die sogenannte Ballonaktion. Dabei werden Postkarten ausgelegt, die Interessenten ausgefüllt zurückschicken
können. Pro ausgefüllter Postkarte wird Campact in einigen Wochen einen CO2-Ballon
starten. Alle Ballons sollen als Symbol für die Gefahr einer möglichen „radioaktiven
Wolke“, die von den Kernkraftwerken ausgeht, zusammen in ein paar Wochen in die
Luft steigen. Um die Postkarten unter die Leute zu bringen, wurden sie als Beilagen in
Zeitungen und Magazinen ausgeteilt und ich erhielt den Auftrag, BetreiberInnen von
Ökokisten, die erfahrungsgemäß den Zielen von Campact gegenüber sehr aufgeschlossen sind, zu bitten, unsere Postkarten an ihre Kunden zu verteilen. Dazu habe ich mir
Adressen und Telefonnummern von Bioland-Ökokisten herausgesucht und diese abtelefoniert. Ich musste die Zuständigen davon überzeugen, dass es sich um eine „gute Sache“ handelt und dass ihnen dabei keine Kosten entstehen.
Ist eine Kampagne erst einmal in Gang, gilt es abzuwarten, welche Resonanz sie unter
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den UserInnen hervorruft. Nähert sich das Datum der politischen Entscheidung, auf die
die Kampagne Druck ausüben soll, wird ein Termin für eine Übergabe der gesammelten
Unterschriften festgelegt und die Presse darüber informiert. Der Termin richtet sich danach, wann die betreffenden PolitikerInnen wo sein werden, z.B. wann sie auf dem Weg
in eine wichtige oder gar entscheidende Sitzung sind oder einen öffentlichen Auftritt haben. Wichtig ist auch, ob der Termin für die Presse gut nutzbar ist. An Nachmittagsterminen sind Journalisten eher weniger interessiert, da sie den Bericht dann oft nicht mehr
in der Ausgabe des kommenden Tages veröffentlichen können und in der darauffolgenden Ausgabe die Aktion schon von wichtigeren, aktuelleren Ereignissen überholt sein
könnte. Steht ein Termin, treten die OrganizerInnen auf den Plan. Als Praktikantin war
ich an zwei Offlineaktionen beteiligt und unterstützte die Organizer, was ich unter Punkt
4 noch genauer erläutern möchte.
Nach einer abgeschlossenen Kampagne ist die Arbeit für die PraktikantInnen noch lange
nicht zu Ende: Mehrmals durfte ich die Rückmeldungen und Meinungen der UserInnen
zusammenfassen und auswerten. Die Sekretärin ist zuständig für die Anfragenbeantwortung. Jeden Tag treffen circa 200 Mails und 20 Anrufe von UserInnen ein, die Vorschläge, technische oder inhaltliche Fragen haben, eine Spendenquittung brauchen, Unmut
oder Lob äußern. Die Mails werden thematisch geordnet abgelegt. Läuft die Onlinebeteiligung an einer Aktion besonders gut oder schlecht, werden die jeweiligen Mails ausgewertet. Ich hatte zweimal den Auftrag, die entscheidenden Lob- und Kritikpunkte in
den Mails zusammenzufassen und an den/die CampaignerIn weiterzuleiten, der/die für
die Kampagne verantwortlich war. Es war spannend, das Feedback der UserInnen zu lesen, ihre Argumente zu sammeln und mich damit auseinanderzusetzen.
Aber auch damit muss eine Kampagne noch nicht abgeschlossen sein. Bei einem Mailer
wurde definitiv um eine Antwort des Politikers/ der Politikerin gebeten. Die UserInnen
hatten die PolitikerInnen in ihrem eigenen Wahlkreis angeschrieben. Nach und nach leiteten die UserInnen uns die Antworten ihrer PolitikerInnen weiter und ich pflegte die
Antworten auf der Campact-Homepage ein, so dass alle UserInnen sie lesen und vergleichen konnten. Um die Antworten auf die Site zu stellen, musste ich lernen, mit dem
Campact html-Linux-Hilfsprogramm LUKI umzugehen. Die zugesandten Texte mussten in LUKI „übersetzt“ und neue Seiten für die Texte angelegt werden. Ich bekam dazu
Redakteursrechte für campact.de und eine sorgfältige Einweisung durch die Praktikums-
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betreuerin. Da sich über 80 Antworten angesammelt hatten, die eingepflegt werden
mussten, war ich einige Tage mit dieser Arbeit beschäftigt. Aber es hat mir viel Spaß gemacht, das für mich noch ganz neue Terrain der IT ein wenig zu erkunden.
Ist einige Zeit nach einer Kampagne vergangen und sind keine Berichte in der Presse
mehr zu erwarten, fällt zumeist den PraktikantInnen die Aufgabe zu, einen Pressespiegel
zu erstellen. Ein Unternehmen schickt alle Presseartikel, in denen ‚Campact‘ erwähnt
wird, sowie Hinweise auf Funk- und Fernsehsendungen mit entsprechendem Inhalt.
Auch Online-Berichte und Presseeinladungen und -mitteilungen werden eingearbeitet.
Um einen Pressespiegel zu erstellen, müssen die Artikel chronologisch und nach Kampagne bzw. Aktionen in einem Inhaltsverzeichnis geordnet werden. Zeitintensivster Arbeitsschritt ist die digitale Aufbereitung der Texte. Printartikel müssen gut leserlich
gescannt und in ein Schreibprogramm eingepasst werden. Onlineartikel werden meistens per Screenshot festgehalten und eingefügt. Zu jedem Text gibt es Kopfzeilen mit
Titel, Quelle und Erscheinungsdatum. Bei der Recherche nach Audio- und Videofiles
bin ich schnell an die Grenzen des Machbaren gestoßen. Lizenzen verhindern oft, dass
man die Kopie eines Files in einen Pressespiegel einbinden darf. Dann muss man sich
mit dem Programmhinweis zufrieden geben. Nach einer Arbeitswoche hatte ich einen
200-seitigen Pressespiegel zusammengestellt, der den GroßspenderInnen von Campact
und Förderern/Förderinnen der betreffenden Kampagne geschenkt wurden.
4. Offlineaktion: Tanz des Todes
Die Highlights meiner Zeit als Praktikantin waren eindeutig die Offline-Aktionen, an
denen ich mitwirken durfte. Die Aktion „Tanz des Todes“ wurde recht spontan aus dem
Boden gestampft, erst drei Tage vorher wurde mit der Planung begonnen. Ich hatte mich
sehr gefreut, als ich gefragt wurde, ob ich bereit sei, mit zum Aktionsort Berlin zu fahren und einen Part zu übernehmen. Die Aktion wurde gestartet, weil bekannt geworden
war, dass Kanzleramtschef Pofalla sich mit den Chefs der Energieriesen Eon, EnBW,
Vattenfall und RWE zu Gesprächen über Laufzeitverlängerungen der Kernkraftwerke
treffen würde. Die Gespräche wurden bis dato dementiert. Campact wollte die Pläne der
Regierung, die Verhandlungen möglichst sang- und klanglos und weitestgehend unter
Ausschluss der Öffentlichkeit und der öffentlichen Meinung zu führen, durchkreuzen.
Der Plan war, die Gespräche durch eine kreative und satirische Aktion in das öffentliche
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und mediale Interesse zu transportieren. Dies gelang folgendermaßen: Am Morgen des
für die Gespräche angesetzten Tages rollten wir ca. 200 Fässer, die aussahen wie Atommüllfässer, vor das Bundeskanzleramt und eine kleine Bühne wurde aufgebaut. Nach
und nach kamen Menschen mit „Atomkraft – Nein, danke!“-Fahnen, andere hielten vorher bereitgestellte Plakate mit Sprüchen gegen Atomkraft in die Höhe. Als die zuständige Campaignerin die Leute um 11 Uhr zur Campact-Aktion begrüßte, hatten sich ungefähr 200 Leute vor der kleinen Bühne versammelt. Unter Buh-Rufen betrat schließlich
Angela Merkel, dargestellt durch eine junge Frau mit einer überdimensionalen Maske,
die eindeutig die Gesichtszüge der Kanzlerin trug, die Bühne. Tangoklänge erfüllten den
Platz und vier in Ganzkörper-Skelettkostüme gekleidete Menschen, jeder ein Logo der
vier großen Stromkonzerne an die Brust geheftet, sprangen auf die Bühne und baten die
Kanzlerin zum Tanz. Die ließ sich nicht lange bitten und die Pressefotographen freuten
sich über Bilder, die die Kanzlerin beim Flirten und Tanzen mit den Skeletten zeigten.
Zwischendurch traten die Tänzer mit ihrer Angebeteten auf die Seite und gaben den
Blick frei auf eine Reihe Menschen, die plötzlich einzelne Buchstaben in die Höhe hielten, welche zusammen einen Anti-Atom-Spruch ergaben. Drehten die Leute ihre Schilder mit den Buchstaben auf die Rückseite, erschienen neue Buchstaben und ergaben
einen anderen Spruch. Schließlich betrat Gerd Rosenkranz von der Deutschen Umwelthilfe die Bühne und hielt eine Rede zur gegenwärtigen Atom-Politik der Regierung.
Auch Sigmar Gabriel erkannte seine Chance und kam zur Campact-Bühne, um den Reportern ein paar weise Worte in ihre Mikrofone zu sprechen.
Nach einer Stunde war der Spuk vorbei, die Menge zerstreute sich wieder, die Bühne
wurde abgebaut und die Fässer wurden weggerollt. Abends widmeten Tagesschau und
Heute-Journal der Aktion einige Sekunden und am nächsten Tag fand die Aktion Erwähnung in diversen Tageszeitungen. Somit hatte sie ihren Zweck erfüllt. Welcher Aufwand
es ist, eine solche Aktion durchzuführen, bekam ich als Praktikantin hautnah mit. Mir
wurde die Merkel-Maske vorgelegt mit dem Auftrag, ein Gestell zu bauen, sodass die
Maske auf dem Kopf der Trägerin fest saß und diese beide Hände frei hatte zum Tanzen.
Dies bewerkstelligte ich mit Hilfe eines Fahrradhelmes, viel Gaffer-Tape und Styropor.
Am Gewicht der Maske konnte ich leider nichts ändern und so musste ich hoffen, dass
meine Konstruktion stabil war und mit ansehen, wie anstrengend es für die Trägerin
war, sich mit der Maske zu bewegen. Weitere wichtige Vorbereitungsarbeiten waren das
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Drucken und Bekleben der Plakate, das Organisieren der Skelettkostüme und die Beschriftung mit den Logos. Der Kooperationspartner „ausgestrahlt“ wurde angefragt und
schlug vor, sich um das sogenannte „Buchstabenballett“, das Aktionselement, bei dem
hochgehaltene Buchstaben einen Spruch bildeten, zu kümmern. Der Organizer musste
die Genehmigungen einholen, Bühne und Anlagentechnik buchen, ein Fahrzeug bestellen usw. Am Vortag wurde ein kleiner Transporter mit dem benötigten Material beladen
und da uns die Nachricht erreichte, dass die ARD noch am Abend ein kleines Interview
mit Christoph Bautz von der Geschäftsführung haben wollte und dazu Aufnahmen, die
zeigen sollten, wie die Merkel-Maske und die Atommüllfässer am Kanzleramt ankommen und ausgeladen werden, mussten sich der Organizer und ich mit dem Transporter
schleunigst auf den Weg nach Berlin machen. Nach dem Dreh fand noch eine Besprechung der Aktion statt und die Skelette übten mit der Merkel-Darstellerin ihren Tanz.
Da ein Schauspieler ausfiel, übernahm ich bei der Aktion die Rolle des EnBW-Skeletts.
Insgesamt war es sehr aufregend, an der Aktion beteiligt zu sein. Viele Kleinigkeiten
mussten bedacht werden, damit alles wie geplant über die Bühne gehen konnte. Neben
Einfallsreichtum und Kreativität, wie beim Bau der Masken-Halterung und beim Auftritt als Skelett, waren auch praktische Fähigkeiten gefordert. So fuhr ich auf dem Rückweg nach dem „Tanz des Todes“ zum ersten Mal einen Transporter und das gleich mehrere hundert Kilometer über die Autobahn. Besonders eindrucksvoll war die Stimmung
bei der Kundgebung. Die Demonstranten, die erschienen waren, hatten gute Laune, waren hochmotiviert und sehr freundlich.
6. Fazit
Ich habe sehr viele neue, positive Erfahrungen während meines Praktikums sammeln
können - vom Arbeiten mit einer großen Datenbank über den Umgang mit dem
Graphikprogramm Gimp bis zum Verhandeln mit Leuten am Telefon und dem schauspielerischen Auftritt als Skelett.
Doch was haben Integrierte Europastudien und Campact miteinander zu tun? Ich muss
zugeben, dass das Praktikum nicht genau in mein Studienprofil mit kulturhistorischem
und osteuropäischem Schwerpunkt passt.
Andererseits ist es sehr bezeichnend, dass ich durch eine Pflichtveranstaltung des Moduls POL-M6 im WS 2008/2009 auf Campact aufmerksam gemacht worden bin. In Be-
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zug auf die Themengebiete Zivilgesellschaft, Trittbrettfahren und politisches Engagement erwähnte die Dozentin für die Vorlesung „Einführung in die vergleichende Politikwissenschaft“ Campact als niedrigschwellige Möglichkeit für Bürger, sich in einer Demokratie mit wenig Aufwand politisch zu engagieren.
Ich habe durch mein Praktikum und durch Gespräche mit den Geschäftsführern, CampaignerInnen und OrganizerInnen einen sehr interessanten und erhellenden Einblick in
die Entstehung, Entwicklung und Strukturen hinter den offensichtlichen Strukturen einer NGO erhalten. Auch wie Leitlinien und Vorgehensweisen ausgehandelt werden und
durch innere und äußere Bedingungen und Veränderungen immer in Frage stehen, war
spannend zu beobachten. Ich habe gesehen, wie engagiert die „Campacties“ bei der Sache waren und war mitunter auch darüber erschrocken, wie kräftezehrend es werden
kann, wenn man sich in die Planung und Durchführung einer Aktion vertieft. Doch die
Begeisterung der Aktiven in Berlin oder ein paar Wochen später der Erfolg nach einer
Kampagne gegen die Kürzung von Subventionen bei der Gebäudedämmung - es wurden
400 Mio. Euro weniger gestrichen als ursprünglich geplant - sind eine tolle Entschädigung dafür und eine Bestätigung, dass Campact einen wichtigen Einfluss gewonnen hat
und unsere Demokratie zumindest punktuell mit mehr Leben füllt.
Das Internet ist das entscheidende Arbeitswerkzeug von Campact. Bei den ganzen Debatten um die virtuelle Welt, von der „sozialen Parallelwelt“ über die „YoutubeBerichterstattung“ bei den Unruhen in Iran bis zum „Google-Krieg gegen China“ wird
immer deutlicher, wie sehr die Bedeutung des Internets mit seinen Möglichkeiten, Gefahren und Interessenskonflikten weltweit zunimmt. Deshalb könnte ich mir gut vorstellen, dass auch die gerade entstehenden Zivilgesellschaften im osteuropäischen Raum
immer mehr ihre internen Vernetzungsmöglichkeiten über das Internet für sich entdecken und als Anknüpfungspunkt für eine Fortentwicklung ihrer Demokratie und demokratischen Mitbestimmungsrechte zu nehmen lernen werden.
Wird dies der Fall sein, so kann ich mir vorstellen, mich irgendwann auf wissenschaftlicher und/oder beruflicher Ebene mit dieser Entwicklung auseinanderzusetzen.
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