Meerschweinschen tiergerecht halten

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Meerschweinschen tiergerecht halten
Ratgeber: Meerschweinchen tiergerecht halten
Meerschweinchen – missverstandene Tiere
Neben Hund und Katze zählen bei den Deutschen Kleinsäuger wie Meerschweinchen zu den beliebtesten
Heimtieren. Insbesondere, wenn Kinder sich ein Tier wünschen, fällt die Wahl der Eltern nicht selten auf ein
„kleines“ Tier. Meerschweinchen und Kaninchen werden häufig angeschafft, weil sie als anspruchslos und
pflegeleicht gelten. Das fehlende Wissen über die individuellen Ansprüche bzw. über das natürliche Leben
dieser Tiere in Freiheit, führt in 90 Prozent der Fälle zu schweren Haltungsfehlern. Meerschweinchen sind
– wie alle Tiere – bei der Haltung in Gefangenschaft vollkommen auf den Menschen angewiesen. Der
Unterschied ist aber, dass Kleinsäuger wie das Meerschweinchen nur geringe Möglichkeiten haben, ihr
Unbehagen gegenüber dem Menschen auszudrücken. Somit entsteht oft der Eindruck, dass es den Tieren
gut geht, obwohl sie leiden – wenn auch stumm. In dieser Broschüre richten wir uns an
Meerschweinchenhalter und solche, die mit dem Gedanken spielen, es zu werden. Wir räumen mit weit
verbreiteten Irrtümern und falschen Informationen rund um die Meerschweinchenhaltung auf.
Das natürliche Leben eines Meerschweinchens
Trotz ihrer Domestizierung vor ca. 500 Jahren haben Meerschweinchen ihre ursprünglichen
Instinkte nicht verloren. In der Wildnis leben sie im rauen Klima der Hochebenen Südamerikas – von
Meereshöhe bis auf eine Höhe von 4.000 Metern. Daraus ergibt sich die große Anpassungsfähigkeit dieser
Tiere. Meerschweinchen leben in Kleinfamilien von drei bis zehn Tieren. Den Großteil des Tages verbringen
sie mit der gemeinsamen Nahrungssuche. Sie legen dabei große Distanzen zurück und benutzen immer die
gleichen Trampelpfade. Als wehrlose Beutetiere meiden sie offene, ungeschützte Flächen und bewegen
sich stets von einem Unterschlupf zum nächsten.
Notwendige Überlegungen vor der Anschaffung
Ein Kleinsäuger ist schnell angeschafft. Diese verantwortungsvolle Angelegenheit wird in der Regel leider
viel gedankenloser getroffen, als die Anschaffung eines Hundes oder einer Katze. Der Irrglaube, dass ein
Käfig, das richtige Futter und regelmäßige Zuneigung für die artgerechte Haltung ausreichen, ist weit
verbreitet. Doch die tiergerechte Haltung eines Kleinsäugers ist nicht weniger aufwändig als die eines
anderen Tieres.
Folgende Überlegungen sollten bei der Anschaffung im Vordergrund stehen:

Familiensituation: Ein Tier dürfen Sie nie nur auf Wunsch der Kinder anschaffen, denn die erste
Begeisterung ist immer nur von kurzer Dauer. Die Verantwortung für das Wohl eines Lebewesens
muss stets bei den Eltern liegen. Dazu kommt, dass Meerschweinchen von Natur aus Fluchttiere
sind und sich nur ungern anfassen, aufheben oder festhalten lassen. Dies stellt für sie sogar eine
regelrechte Bedrohung dar. Ist Flucht nicht möglich, so verfällt das Meerschweinchen in die so
genannte Schreckstarre – ein Totstellreflex, der vom Menschen als Ausdruck des Wohlbehagens
(„Jetzt genießt es“) missverstanden wird. Da Meerschweinchen zart gebaut sind, ist die
Verletzungsgefahr durch falsche Behandlung sehr groß. Da Meerschweinchen eine
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Lebenserwartung von bis zu acht Jahren haben, muss deren Versorgung für lange Zeit
vorausgeplant werden.

Wohnsituation: Können Sie den Tieren eine Umgebung bieten, die ihren Bedürfnissen entspricht?
Um Meerschweinchen tiergerecht zu halten, müssen Sie mehrere Tiere aufnehmen und ihnen einen
großen, gut strukturierten Lebensraum bieten. Die Pflege der Tiere bedeutet einen großen Zeitund Arbeitsaufwand.

Allergien: Gibt es Allergien in der Familie, die eine Tierhaltung ausschließen würden? Bei einer
Kleintierhaltung muss auch die Verwendung von Stroh, Heu und sonstigem Einstreu bedacht
werden, die allergische Reaktionen hervorrufen können.

Finanzielle Belastung: Tierhaltung ist immer mit Kosten verbunden wie z. B. Futter, Tierarzt, die
Errichtung eines Geheges und die Versorgung während der Urlaubszeit.
Anschaffung – aber woher?
Der Kauf eines Tieres in einer Tierhandlung muss aus Tierschutzsicht grundsätzlich abgelehnt werden. Die
Tiere werden aus reiner Geschäftemacherei gezüchtet, wobei Krankheiten und Verhaltensstörungen
bedingt durch die frühe Trennung von der Mutter, Inzucht und schlechte Haltungsbedingungen in der
Tierhandlung zum Alltag gehören. Da oftmals Meerschweinchen unüberlegt in einer Familie aufgenommen
werden, landen viele dieser Tiere schnell im Tierheim. Diesen Tieren ein neues Zuhause zu geben, ist mit
Sicherheit die beste Art, sich Meerschweinchen anzuschaffen. Ein Vorteil dabei ist auch, dass sich die Tiere
im Tierheim schon kennen und die Männchen meist schon kastriert sind. Damit ist es viel problemloser, sie
in der neuen Umgebung einzugewöhnen. Grundsätzlich sollte man von einer Anschaffung von
Meerschweinchen aus Extremzuchten Abstand nehmen. So haben beispielsweise Tiere mit überlangen
Haaren Probleme zu sehen, im Haarkleid bleibt Einstreu hängen und es verklebt sich mit Kot und Urin. Für
das Fluchttier Meerschweinchen bedeutet die notwendige Pflege großen Stress.
Sippentier
Für ein Meerschweinchen gibt es nichts Schlimmeres, als ein Leben in Einsamkeit zu verbringen. Selbst
wenn der Tierhalter sich intensiv mit dem Tier beschäftigt, wird er niemals einen Artgenossen ersetzen
können – genauso wenig wie ein artfremdes Tier (z. B. ein Kaninchen) dies kann. Sehr wichtig für das
Wohlbefinden des Tieres ist nämlich der Körper- und Sozialkontakt zu anderen Meerschweinchen. Die
zweifelhafte Rechtfertigung vieler Tierhalter, dass ein Tier in der Einzelhaltung schneller zahm wird, hat mit
Tierliebe nichts zu tun. Die Beziehung zum Menschen ist unfreiwillig und für ein Sippentier wie das
Meerschweinchen ungeeignet und nicht tiergerecht. Damit ein Meerschweinchen sein Bedürfnis nach
Sozialkontakt ausleben kann, muss es in einer Gruppe von mindestens zwei Tieren leben. Werden drei oder
mehr Artgenossen gehalten, so steigt der Aktivitätspegel deutlich. Die Tiere animieren sich gegenseitig und
leben ihren Spieltrieb besser aus – es entsteht eine lebhafte Gemeinschaft.
Bewegungs- und Fluchttier
Um dem angeborenen Drang der Tiere nach Bewegung, Nagen und Verstecken nachzukommen, müssen Sie
den Tieren genügend Platz anbieten. Wichtig ist neben der Größe auch die phantasievolle Gestaltung des
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Lebensraums. Es ist zu beobachten, wie Meerschweinchen, die jahrelang in einem Käfig gehalten wurden,
ihr gesamtes Verhaltensrepertoire in kürzester Zeit wieder ausleben – sofern sie die Möglichkeit dazu
bekommen.
Die Gestaltung des Lebensraums
Da Meerschweinchen sehr anpassungsfähige Tiere sind, kann man für diese Tiere sowohl im Haus als auch
im Freien tiergerechte Lebensbedingungen schaffen. Immer gilt jedoch: Der konventionelle Käfig ist für
jede Art der Haltung unzureichend und darf niemals – nicht einmal vorübergehend (in der Nacht, wenn es
regnet etc.) – der Lebensraum für Meerschweinchen sein.
Die Haltung im Freigehege
Eine ganzjährige Außenhaltung in einem Garten-Gehege ist für Meerschweinchen die tiergerechteste
Lebensform, weil man hier naturnahe Bedingungen schaffen kann. Anspruch und Aufwand sind jedoch
recht groß. Meerschweinchen sind bei entsprechender Gestaltung des Geheges den klimatischen
Bedingungen unserer Breiten gewachsen. Wichtig ist aber, dass sich die Meerschweinchen schon im
Sommer im Freien das notwendige Fell zugelegt haben, bevor man sie den winterlichen Temperaturen
aussetzt. Die im Handel erhältlichen Außengehege sind zu klein und für eine ständige Freilandhaltung
ungeeignet. Mit ein wenig handwerklicher Begabung können Sie aber aus Holzlatten und einem
engmaschigen Zaun bzw. Volierendraht selber ein geeignetes Gehege bauen. Dass die Haltung eines
Meerschweinchens Zeit und Geld kostet, sollte jedem vor Anschaffung der Tiere bewusst sein. Je besser das
Gehege aber geplant ist, desto weniger fällt die spätere Pflege der Tiere zur Last. Bei einer Haltung im
Freien sollte man eine Meerschweinchengruppe von mindestens drei bis vier Tieren halten.

Standort: nahe beim Haus (Sichtkontakt); halb schattig, halb sonnig; das Regenwasser muss
abrinnen können.

Größe: Der Grundsatz lautet „Je größer desto besser!“. Zwei bis drei Tieren sollte eine
Mindestfläche von 8 m² zur Verfügung stehen.

Ausbruch und Einbruch: Um einen Ausbruch zu vermeiden, sollte der Zaun in der Erde verankert
werden. Eine Überdachung schützt vor Nässe und dem Eindringen von Raubtieren. Verschiebbare
Gehege sind nie sicher.

Pflege: Um die Tiere optimal versorgen und nach ihnen schauen zu können (mehrmals täglich)
muss das Gelände leicht begehbar sein. Der Zaun des Geheges sollte mindestens 150 cm hoch sein,
damit das Gehege leicht für den Halter zu säubern ist.

Witterung: Der Futterbereich muss abgedeckt sein und zahlreiche Schattenplätze (offene Röhren,
überhängende Tannenäste etc.) zum Schutz gegen die Sonne geschaffen werden, weil
Meerschweinchen sehr hitzeempfindlich sind. Auch auf eine ausreichende Luftzirkulation in der
Hütte ist bei hohen Temperaturen zu achten. Eine wetterfeste, isolierte Hütte mit Einstreu und Heu
muss für jedes Tier zur Verfügung gestellt werden. Diese sollte aber so geräumig sein, dass mehrere
Artgenossen gleichzeitig darin Platz finden können. Maßstab für eine ausreichende Isolierung der
Hütte im Winter ist, dass das Trinkwasser nicht einfriert. Die Eingänge zu den Hütten müssen stets
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von Schnee befreit werden und mindestens die Hälfte des Auslaufs muss trocken, also überdacht
sein.

Strukturierung: Eine eingezäunte Fläche im Garten ist erst der Anfang. Das Gehege muss
abwechslungsreich gestaltet sein, damit die Tiere genügend Anregungen bekommen. Da
Meerschweinchen Fluchttiere sind, müssen Sie den Tieren auch zahlreiche Rückzugs- und
Versteckmöglichkeiten bieten. Zum Gestalten des Geheges bieten sich viele Naturmaterialien an
wie z. B. Baumstämme, Zweige, Tongefäße, Röhren (aus Ton oder aus Beton, ein ausgehöhlter
Baumstamm etc.), umgestülpte Holzkisten, Ziegelsteine, Wurzel- und Rindenstücke. Sehr gerne
werden beispielsweise Tannenäste – von oben herabhängend – von den Tieren angenommen, um
daran zu knabbern und sich darunter zu verstecken. Sie können auch Sträucher (z. B. Haselstrauch)
ins Gehege pflanzen und kleine Erdhügel aufschütten. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Damit der Lebensraum für die Tiere auf Dauer interessant bleibt, sollten Sie das Gehege immer
wieder neu strukturieren.
Die Haltung in der Wohnung
Meerschweinchen können bei entsprechender Lebensraumgestaltung auch in der Wohnung gehalten
werden. Das Platzangebot muss groß sein, weshalb ein konventioneller Zimmerkäfig als Behausung
ausscheidet. Für zwei bis drei Tiere ist eine Grundfläche von mindestens 1,5 m x 1 m nötig. Ein offenes
Vivarium (in Wannenform) aus Plexiglas hat im Vergleich zu einem Gehege aus Draht viele Vorteile: Es
ermöglicht dem Menschen einen besseren Sichtkontakt zu den Tieren, und den Meerschweinchen einen
schöneren Ausblick. Es kann sehr praktisch eingerichtet werden, ist hygienischer in der Pflege und im
Wohnbereich schöner anzusehen. Es sollte erhöht stehen, da der Mensch für die Meerschweinchen so
weniger bedrohlich wirkt, und es sollte an einem hellen und gut belüfteten, vor allem aber zentralen Ort
stehen. Wenn noch andere Tiere im Haushalt leben (z. B. Katze), so muss das Vivarium von oben gesichert
werden. Um das Platzangebot zu vergrößern, bietet es sich an, eine obere Etage einzurichten. Auch dies hat
viele Vorteile: Die Tiere können sich darunter verstecken, haben oben einen Aussichtsplattform und
bewegen sich durch diese Klettermöglichkeit mehr. Auch bei der Wohnungshaltung ist die entsprechende
Gestaltung des Lebensraumes von größter Bedeutung. Eine offene Fläche wird das Meerschweinchen nicht
nützen und somit die meiste Zeit in seiner Hütte verbringen. Die Einrichtung muss so gestaltet sein, dass
ausreichend Platz für Bewegung zur Verfügung steht, dieser aber durch schützende Unterschlüpfe
unterbrochen wird.
(Gestaltungsvorschläge: siehe „Die Haltung im Freigehege”)
Die kombinierte Haltung – Wohnung und Garten
Für Tierhalter, die sich den Anforderungen einer ganzjährigen Außenhaltung nicht gewachsen fühlen, ist
eine Kombination von Außen- und Innenhaltung eine gute Lösung. Die Tiere verbringen den Sommer im
Freien und die kalten Monate im Haus. Aber auch hier muss das Außengehege (sowie auch das
Innengehege) die gleichen Anforderungen erfüllen wie bei einer ganzjährigen Haltung im Freien. Der
Freibereich darf kein Provisorium sein (wie z. B. ein kleines Stück eingezäunte Wiese mit einer Hütte oder
gar ein Käfig). Es muss auf genügend Bewegungsmöglichkeit, eine entsprechende Strukturierung und
wetterfeste Hütten geachtet werden.
(Gestaltungsvorschläge: siehe „Die Haltung im Freigehege“)
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Die Meerschweinchengruppe
Die richtige Zusammenstellung der Meerschweinchengruppe
ist entscheidend für das positive Miteinander dieser sozialen Tiere. Auch wenn es keine festen Regeln gibt –
ausschlaggebend bei der Haltung ist nicht nur das Geschlecht, sondern auch der Charakter der einzelnen
Tiere. Entscheidend ist aber vor allem der entsprechende Lebensraum. Denn bei falscher Haltung und
Unterforderung entwickeln auch die verträglichsten Meerschweinchen Aggressionen.
Gruppengröße
Die kleinstmögliche Meerschweinchengruppe besteht aus zwei Tieren. Es gibt aber gute Gründe drei und
mehr Tiere gleichzeitig aufzunehmen und zu halten:



Mehrere Tiere regen sich gegenseitig zu aktiverem Verhalten an.
Stirbt ein Meerschweinchen oder muss ein Tier für einige Zeit in Quarantäne gebracht werden,
dann muss keines – auch nur vorübergehend – alleine bleiben.
Da Meerschweinchen revierbezogen sind, ist es einfacher, gleich eine Gruppe zusammen zu stellen,
als später Tiere neu einzugliedern.
Mögliche Gruppenzusammenstellungen:



ein kastrierter Bock und zwei bis drei Weibchen+
ein bis zwei kastrierte Böcke und zwei bis vier Weibchen
kastrierte Böcke in kleinen Gruppen
Eine reine Weibchenhaltung ist nicht optimal. Ein Bock wirkt ausgleichend und neutralisiert die
Streitigkeiten, die zuweilen unter Weibchen herrschen. In einer Weibchengruppe können die Tiere
außerdem nicht all ihre Verhaltensweisen ausleben, da die Gruppenbildung unnatürlich ist.
Außerdem zu beachten
• Kastration der Männchen: Männliche Meerschweinchen müssen – egal bei welcher
Gruppenzusammenstellung – kastriert werden. Damit vermeiden Sie einerseits die unkontrollierte
Vermehrung der Tiere und andererseits Aggressionen durch den aufgestauten Sexualtrieb.
• Alter der Tiere: Wichtig ist, dass die Tiere ungefähr im gleichen Alter sind, weil dieses auch den Grad
ihrer Aktivität bestimmt.
• Bei Neuzugängen: Wollen Sie zu einem Meerschweinchenpärchen weitere Tiere dazu nehmen,
empfehlen wir gleich zwei neue Tiere aufzunehmen. Sonst kann es passieren,
dass der Neuling zum Außenseiter wird. Auch wenn man in eine größere Gruppe neue Tiere integrieren will,
hat sich die Eingliederung von gleich zwei Meerschweinchen bewährt, weil sich so die Konzentration der
alteingesessenen auf zwei Neuzugänge verteilt.
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• Haltung von Meerschweinchen und Kaninchen: Man kann Meerschweinchen und Kaninchen zusammen
in einem großzügig angelegten Gehege halten, jedoch muss jedes mindestens einen Artgenossen zur Seite
haben. Die Beschaffenheit des Geheges muss dann jedoch auch den Anforderungen der Kaninchen
entsprechen.
Die Anpassung
Werden fremde Meerschweinchen in eine Gruppe integriert, brauchen die Tiere Zeit, um die Rangordnung
innerhalb der Sippe festzulegen. Dabei kann es – obwohl Meerschweinchen grundsätzlich sehr friedliche
Tiere sind – auch zu Kämpfen kommen. Verletzungen sehen dabei meist schlimmer aus als sie sind. Wichtig
ist, dass man die Tiere nicht wieder voneinander trennt, denn sonst müssen sie bei jedem
Integrationsversuch wieder von vorne anfangen, und das bedeutet viel Stress für die Tiere. Es heißt für den
Tierhalter Geduld und Nerven zu bewahren und nur im Extremfall einzugreifen. Helfen können Sie den
Tieren, indem Sie den Zeitpunkt der Zusammenführung nach einer gründlichen Reinigung des Geheges
ansetzen und den Tieren viele frische Materialien anbieten oder auf einen neutralen Raum ausweichen.
Dann werden alle Meerschweinchen gemeinsam ins Gehege gesetzt. Wichtig ist, dass die Tiere möglichst
viel Platz und die Möglichkeit zum Flüchten und Verstecken haben, damit sie dem (Sicht-)Kontakt der
anderen entkommen können. Außerdem hilft besonders großzügiges Futterangebot und reichlich
Nagematerial zum Ablenken und zum Umleiten von Energien. Nicht selten stellt sich nach einiger Zeit
zwischen Streithähnen, nachdem die Rangordnung festgelegt wurde, die große Liebe ein.
Die gesunde Ernährung
Wildlebende Meerschweinchen sind den Großteil ihrer Zeit mit der Nahrungssuche beschäftigt. Daher ist es
auch für ein in Gefangenschaft lebendes Meerschweinchen sehr wichtig, den ganzen Tag – verteilt in
kleinen Mengen – Futter aufnehmen zu können. In der Praxis bedeutet das mindestens drei
Fütterungszeiten täglich, wobei morgens frisches Heu gereicht wird und erst Stunden später Grünfutter,
weil dieses nur so gut verarbeitet werden kann. Erst am Abend wird Körnerfutter in kleiner Menge
angeboten.
Heu als Grundnahrungsmittel
Heu ist das Grundnahrungsmittel des Meerschweinchens. Es regt den Speichelfluss an und fördert die
Verdauung. Deshalb muss frisches Heu die erste Tagesmahlzeit eines Meerschweinchens sein und sollte
auch tagsüber zur Verfügung stehen. Gutes Heu erkennt man an seiner grünlichen Farbe, an seinem
aromatischen Duft und daran, dass es nicht staubt.
Grün- und Saftfutter
Grünpflanzen, Gemüse und wenig Obst entsprechen dem natürlichen Ernährungsbedürfnis des
Meerschweinchens und werden deshalb gerne von ihm angenommen. Grün- und Saftfutter hat einen hohen
Nährstoffgehalt und ist reich an Eiweiß, Vitaminen und Mineralstoffen. Da am Boden liegendes Futter durch
Kot und Urin verschmutzt würde, sollte es am besten in einer Raufe gereicht werden. Reste müssen nach
einigen Stunden entfernt werden. Meerschweinchen können selbst kein Vitamin C produzieren, deshalb
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muss es in entsprechender Menge verabreicht werden. Als tägliches Basisangebot eignet sich am besten
eine kleine Karotte, ein Viertel Apfel, ein Büschel Löwenzahn bzw. einige Blätter Grünkohl. Gut verträglich
sind außerdem noch:
• Futterpflanzen: Löwenzahn, Wiesengras, Wiesenkräuter
• Gemüse: Karotten, Broccoli, Chinakohl, Kohlrabi, Sellerie, Tomaten, Endivien, Chicoree, Fenchel, Gurken
• Kräuter: Petersilie, Brennnessel, Dill, Basilikum, Minze, Thymian
• Obst: Apfel, Kiwi, Mandarine, Orange, Zitrone, Melone, Birne
Körnerfutter
Dieses Kraftfutter muss sehr sparsam eingesetzt werden, da es sonst dazu kommen kann, dass das
Meerschweinchen stark zunimmt. Viel Energie benötigen Meerschweinchen nur in bestimmten
Lebenssituationen (z. B. bei der Außenhaltung im Winter, im Wachstum, trächtige Tiere). Meerschweinchen,
die in der Wohnung gehalten werden und ausreichend Heu- und Grünfutter fressen, brauchen nur sehr
wenig bis gar kein Körnerfutter.
Nagematerial
Nicht nur als Nahrungsmittel, sondern vor allem zur Beschäftigung, als Unterschlupf und zur Abnützung der
Zähne, muss dem Meerschweinchen regelmäßig Nagematerial angeboten werden. Geeignet sind frische
ungespritzte Zweige von Obstbäumen, außerdem Rinden und Wurzeln.
Flüssigkeit
Wasser muss immer zur Verfügung stehen, am besten in einer leicht erhöht stehenden Schale (z. B. auf
einem flachen Stein), damit es nicht verschmutzt. Es sollte immer frisch und nicht zu kalt sein.
Gesundheit
Die meisten Krankheiten beim Meerschweinchen sind haltungs- und ernährungsbedingt. Jede Veränderung
des Verhaltens kann Anzeichen einer Krankheit sein und sollte daher sehr ernst genommen werden. Da
Meerschweinchen Dauerfresser sind, ist eine ständig aktive Verdauung ein Muss. Frisst das Tier – auch nur
kurze Zeit – nicht, so ist der kürzeste Weg zum Tierarzt gefragt.
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Nachhaltiger Tierschutz
VIER PFOTEN verhilft Tieren, die aus wirtschaftlichen, wissenschaftlichen oder sonstigen Gründen
missbraucht werden, zu ihrem Recht auf ein Dasein, das ihren Bedürfnissen entspricht.
Unsere Kampagnen haben das Ziel, gesetzlich verankerte Verbesserungen für Nutz-, Labor-, Heim- und
Wildtiere zu erreichen und das Bewusstsein der Bevölkerung zu steigern. Eine nachhaltige Verbesserung
des Tierschutzniveaus kann nur durch die Kombination dieser beiden Ansätze erreicht werden.
In der Europäischen Union steigt die Bedeutung tierschutzrelevanter Gesetzgebung. Deshalb hat VIER
PFOTEN seine Bemühungen auf europäischer Ebene verstärkt und arbeitet daran, Tierschutzprobleme
bereits in der Entstehungsphase von Gesetzen zu beseitigen.
VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
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