Ergänzungsfälle Mietrecht zur eigenständigen Bearbeitung Fall 9

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Ergänzungsfälle Mietrecht zur eigenständigen Bearbeitung Fall 9
WiederholerAG BGB II
Ergänzungsfälle Mietrecht
SS 2011
Ergänzungsfälle Mietrecht zur eigenständigen Bearbeitung
Fall 9
M ist seit 1997 Mieter einer Wohnung in Augsburg zum monatlichen Mietpreis von 900 €.
Das Wohnhaus wurde vom Vermieter A 2004 an den in Krumbach wohnhaften V veräußert.
Am 10.01.2007 fiel die Fernwärmeversorgung aus, was M dem V sofort anzeigte. Aufgrund
dessen mussten in der Wohnung des M im Februar Bauarbeiten durchgeführt werden,
sodass M bei Bekannten wohnte. Im Januar kürzte M die Miete um 2/3, im Februar zu 100
%, sodass V am 06.03. außerordentlich kündigte, dabei allerdings vergaß, die Kündigung zu
unterschreiben. M meint, er schulde nichts, zahlte aber vorsorglich am 09.03. den gesamten
Betrag nach.
Die beiden Kinder von V wollen von Krumbach nach Augsburg ziehen, da sie dort studieren.
V beauftragt seinen Sohn S, sich um diese Angelegenheit zu kümmern. S kündigt daher für V
dem M am 15.08. wegen Eigenbedarfs zum nächsten zulässigen Zeitpunkt. M weist die
Kündigung zurück, da S zu diesem Schreiben gar nicht berechtigt gewesen sei. V kündigte
daher nochmals am 19.08. zum 31.05.2008, begründete die Kündigung und wies M auf sein
Sozialwiderspruchsrecht hin. M beruft sich am 15.05.2008 auf Unzumutbarkeit.
1. Kann V von M Herausgabe der Wohnung verlangen?
2. Unterstellt das Mietverhältnis wurde wirksam beendet und M zieht am 31.10.2007 aus.
Am 15.12. hat M noch immer nicht die geleistete Kaution zurückerhalten und mahnt V an,
ihm diese unverzüglich zu überweisen. Dieser meint, die Kaution noch bis zum 29.02.2008
einbehalten zu wollen, um die bis zu M`s Auszug am 31.10. angefallenen Nebenkosten
abzurechnen und evtl. später auftretende Mängel abzusichern. Zu Recht?
Teil 1 Frage 1: Anspruch V gegen M auf Herausgabe der Wohnung
A. Mietrechtlicher Räumungsanspruch aus §§ 546 I, 549 I
I. Beendigung eines Mietverhältnisses
1. ursprüngliches Bestehen eines Mietverhältnisses, § 535 I
1
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
Ursprünglich Mietvertrag zwischen A und M

V ist gem. § 566 I als Rechtsnachfolger in dieses bestehende Mietverhältnis eingetreten
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 Ursprüngliches Mietverhältnis (+)
2. außerordentliche Kündigung am 06.03.2006 wegen Zahlungsverzugs nach §§ 543 I 1, II Nr. 3a
 Beachte den Vorrang von Abs. 2 S. 1 vor der Generalklausel des Abs. 1 S. 2 (siehe auch Fall 1)
 Vgl. zum Aufbau Fall 1: dort wurde die Kündigung unter den Prüfungspunkten (1) Kündigungsgrund
(2) Form (3) Frist (4) kein wirksamer Widerspruch geprüft. Der Aufbau hier – formelle und materielle
Wirksamkeit – soll euch eine Alternative geben; wie ihr die Kündigung letztlich prüft ist
unbeachtlich, solange alle relevanten Punkte auftauchen!
(1) Anzuwendendes Recht
Problem: Anwendbarkeit des neuen Schuldrechts, da Mietvertrag vor 2001 geschlossen wurde
 Art. 229 § 3 II: Kündigung von am 01.09.2001 bestehenden Mietverhältnisse nach altem Recht
nur bis zum 31.08.2006 möglich
 neues Recht ist anwendbar
(2) Formelle Wirksamkeit

Zwar Begründung gem. § 569 IV (+)

Aber Schriftformerfordernis §§ 568 I (-); gem. § 126 I ist auch eine eigenhändige Unterschrift
Voraussetzung
Sinn und Zweck des § 568 I: Warnfunktion und Beweissicherungsfunktion
(Rechtsklarheit und Rechtssicherheit) für beide Parteien, wobei jedoch der
Mieterschutz überwiegt
 gilt für sämtliche Angaben, zB Angabe des Kündigungsgrund
(3) Materielle Wirksamkeit: Zahlungsrückstand iSv § 543 II 1 Nr. 3 a?

Mietrückstand von 600 € für Januar und 900 € für Februar = 1.500 €, dieser ist erheblich, da er
eine Monatsmiete übersteigt, vgl. § 569 III Nr. 1  erheblicher Zahlungsrückstand hiernach (+)

Auch kein Ausschluss der Kündigung nach § 543 II 2, da M den Rückstand erst nach Ausspruch
der Kündigung beglichen hat (vgl. Wortlaut „ist die Kündigung unwirksam *…+ vorher befriedigt
wird.“

Aber: berechtigte automatische Minderung (ipso iure) gem. §§ 535 II, 536 I
 bereits kein Zahlungsrückstand
2
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
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Selbst wenn ein Zahlungsrückstand bestanden hätte wäre die Kündigung aufgrund der
Schonfristtilgung des § 569 III Nr. 2 S. 1 mit Zahlung des M am 09.03. unwirksam geworden
(4) Zwischenergebnis: Die fristlose Kündigung ist sowohl formell als auch materiell unwirksam
Eine Umdeutung in eine ordentliche Kündigung scheidet hier aus, da kein Kündigungsgrund vorlag!
3. Ordentliche Kündigung am 15.08.2007 durch S wegen Eigenbedarfs nach § 573 I 1, II Nr. 2
(1) Anwendbares Recht
Neues Schuldrecht ist anwendbar, siehe oben unter I.2. (1)
(2) Formelle Wirksamkeit

Schriftform, § 568 I iVm § 126 zu unterstellen

Angabe der Gründe für ein berechtigtes Interesse gem. § 573 III 1 nicht ersichtlich

„zum nächsten zulässigen Zeitpunkt“ ist nach der h.M. auch bestimmt genug

Vollmachtsnachweis fehlt, M hat die Kündigung aus diesem Grund auch unverzüglich
zurückgewiesen gem. § 174
 formelle Wirksamkeit (-)
(3) Zwischenergebnis: keine wirksame Beendigung des Mietverhältnisses durch die Kündigung am
10.01.2007
4. Ordentliche Kündigung am 19.08.2007 durch V wegen Eigenbedarfs nach § 573 I 1, II Nr. 2
(1) Anwendbares Recht
Neues Schuldrecht ist anwendbar, s.o. unter I.2. (1)
(2) Formelle Wirksamkeit

Schriftform, § 568 I iVm § 126 (+)

Hinweis auf Widerspruchsmöglichkeit, § 568 II (+)

Angabe der Gründe für ein berechtigtes Interesse, § 573 III 1 (+)
(3) Materielle Wirksamkeit
(+), Eigenbedarfslage berechtigt und nachvollziehbar
(4) Frist

Regelfrist § 573 c I 1: spätestens am dritten Werktag eines Monats zum Ablauf des
übernächsten Monats
 Kündigung am 19.8. gilt ab September zum Ablauf November 2007

Hier aber seit Überlassung des Wohnraums 1997 mehr als 8 Jahre vergangen
 die Kündigungsfrist verlängert sich um 6 auf 9 Monate (Vorsicht: diese Verlängerung gilt jedoch
nur für den Vermieter, vgl. Wortlaut)
 Ablauf ist der 31.05.2008
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 Frist eingehalten
Zwischenergebnis: Der Herausgabeanspruch des V gegen den M ist zum 31.05.2007 hin entstanden
(5) Entgegenstehender Fortsetzungsanspruch durch wirksamen Widerspruch, §§ 574, 574 a I 1

Widerspruchserklärung
 Die Berufung des M auf Unzumutbarkeit ist als Widerspruch auszulegen, § 133

Formelle Wirksamkeit
 Nach § 574 b I 1 erforderliche Schriftform eingehalten
 Frist nach § 574 b II 1: spätestens 2 Monate vor Beendigung (-), hier erst 2 Wochen vor
Ablauf
 eine Ausnahme von dieser Frist nach § 574 b II 2 greift nicht ein, da M ausreichend durch
V belehrt wurde gem. § 568 II

V hat sich auch auf die Einrede der Verfristung des Widerspruchs berufen
Zwischenergebnis: Die Kündigung zum 31.05.2008 ist formell und materiell wirksam, ihr steht kein
Fortsetzungsanspruch entgegen
Ergebnis: V hat einen Anspruch aus § 546 I gegen M auf Herausgabe der Wohnung am
31.05.2008
B. Sachenrechtlicher Räumungsanspruch aus § 985
Vgl. Fall 1: Über § 985 erhält der Vermieter nur den Anspruch auf Herausgabe der Mietsache im
aktuellen Zustand, während der Mieter über § 546 verpflichtet ist, die Mietsache im vertraglich
geschuldeten Zustand herauszugeben

V = Eigentümer (+), vgl. Sachverhalt

M = Besitzer, § 854 I (+) ohne Recht zum Besitz, § 986 I, da Mietvertrag beendet
 § 985 (+)
C. Bereicherungsrechtlicher Räumungsanspruch aus § 812 I 2 Alt. 1
(+), Leistungskondiktion, späterer Wegfall des rechtlichen Grundes
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Teil 1 Frage 2: Anspruch M gegen V auf Rückzahlung der Kaution
I. Anspruchsgrundlage

Gesetzliche Anspruchslage (-), insbesondere keine Erwähnung in § 551

Vertragliche Anspruchslage durch entsprechende Regelung im Mietvertrag nicht ersichtlich

Aber: ergänzend getroffene Sicherungsabrede, die der Hingabe der Kaution zugrunde liegt1
II. Inhalt bzgl. Rückzahlungszeitpunkt

hier vertraglich nicht festgeschrieben

entsprechend der Sicherungsabrede Verpflichtung zur Rückgabe, sobald Vermieter diese nicht
mehr zur Sicherung seiner Ansprüche benötigt  Frage nach Ende dieses Sicherungszeitraumes
 Grundlage: Die Mietkaution sichert alle – auch noch nicht fällige – Ansprüche des
Vermieters, die sich aus dem Mietverhältnis und seiner Abwicklung ergeben
 Mithin noch nicht automatisch mit Beendigung des Mietverhältnisses, § 271 I greift hier
nicht
 Dem Vermieter ist eine angemessene Frist einzuräumen, innerhalb der er sich zu
entscheiden hat, ob und in welcher Weise er die Kaution zur Abdeckung seiner Ansprüche
verwenden will
 Zumindest bis zum Ablauf der ihm zuzubilligenden Abrechnungsfrist (ansonsten verliert
Kaution ihre Sicherungsfunktion)
 i.Ü. abhängig von Umständen des Einzelfalles; von einer gesetzlichen Normierung wurde
deshalb bewusst abgesehen2
 in der Rechtsprechung teilweise sogar mehr als 6 Monate zugestanden, zumindest aber
bis 6 Monate aber akzeptabel, wenn Vermieter darlegen kann, dass sich bis zu diesem
Zeitpunkt noch Ansprüche ergeben können (ggf. aber auch nur Einbehalten eines Teils
der Kaution zulässig, je nach Höhe der zu erwartenden Ansprüche)

hier: Abrechnung, insbesondere für Betriebskosten, erfolgen zumeist zu Beginn des nächsten
Jahres, somit ist V der Einbehalt bis Ende Februar wohl noch zuzugestehen; für eine
unangemessene Höhe und folglich ggf. sofortigen Anspruch des M auf einen Teil der Kaution
bestehen keinerlei Anhaltspunkte
III. Ergebnis
M hat noch keinen fälligen Anspruch gegen V auf Rückzahlung der Kaution.
1
BGH vom 18.1.2006, Az.: VIII ZR 71/05 = NJW 2006, 1422 f.
Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Mietrechtsreformgesetz, BT-Drucks. 14/4553, S. 84, 99 sowie
Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/5663, S. 77.
2
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Teil 2: Vermieterpfandrecht des V am Warenbestand und am Sparbuchs
A. Warenbestand

Ein Vermieterpfandrecht nach § 562 I 1 entsteht für pfändbare Sachen, § 562 I 2

Der Warenbestand ist pfändbar, insbesondere steht § 811 I Nr. 1 ZPO nicht entgegen

H hat die Ware zudem gewollt in die Mieträume eingebracht, §§ 562 I 1, 578 II 1, I, 562 I 1
(Vorsicht: § 562 steht innerhalb des Untertitels 2 *vor § 549+ „Mietverhältnisse über Wohnraum“,
weshalb eine Vorschrift notwendig ist, die diese Vorschrift auch für andere Mietverhältnisse –
hier gewerbliche – anwendbar erklärt)

Ergebnis: Ein Vermieterpfandrecht des V an dem Warenbestand besteht
B. Sparbuch

Ein Sparbuch als Legitimationspapier iSv § 808 ist an sich nicht pfändbar, vgl. § 562 I:
Pfändungspfandrecht nur an „Sachen“, nicht an Forderungen

ZPO-Exkurs: Gepfändet werden müsste vielmehr das Sparguthaben als Forderung durch
Pfändungsbeschluss des Vollstreckungsgerichts (§ 829 ZPO), wobei das Sparbuch nach
Überweisung der Forderung gem. § 836 III ZPO herausgegeben werden muss

Ergebnis: Ein Vermieterpfandrecht des V an dem Sparbuch besteht nicht
Fall 10: Schönheitsreparaturklauseln
Teil 1
Frau V ist Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses in Augsburg. Seit dem 1.1.2004 hat sie
eine Vierzimmerwohnung an den Künstler M vermietet. Dieser nutzt die zwei grösseren
Zimmer der Wohnung als Atelier, wobei der Zugang nur über den Wohnbereich erfolgen
kann. Der Mietvertrag ist zunächst auf zwei Jahre befristet, soll sich aber jeweils um ein Jahr
verlängern, wenn er nicht bis zum 1.10. von einer Seite gekündigt wird. Die Miete beträgt
monatlich 1.000 €.
Von Beginn an zahlt M die Miete nur sehr schleppend und häufig erst nach mehrfacher
Zahlungsaufforderung. Nicht selten erhält V die Miete erst mit zweimonatiger Verspätung.
Da sich während der ganzen Zeit an dem Zahlungsverhalten des M nichts ändert, kündigt
ihm V mit Schreiben vom 29.9.2006 fristlos und verlangt Räumung bis zum 31.12.2006. In
dem Kündigungsschreiben weist V den M darauf hin, dass sie sich aufgrund seines
anhaltenden säumigen Zahlungsverhaltens und seines aktuellen Mietrückstandes von einer
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Monatsmiete nicht an die Einhaltung der Kündigungsfrist gebunden fühle. Zudem sei
aufgrund der Nutzung der Wohnung als Atelier der Kündigungsschutz für Wohnräume
ohnehin nicht einschlägig.
M weigert sich auszuziehen und beruft sich auf Kündigungsschutz. Da er zum Zeitpunkt der
Kündigung nur mit einer Monatsmiete im Rückstand ist sieht er keinen Grund für eine
außerordentliche Kündigung. Er ist der Auffassung, dass er eine für seine Zwecke so gut
geeignete Wohnung, die er auch als Atelier nutzen kann, nicht wieder bekommen wird, und
sieht daher die Kündigung als unzumutbare Härte an.
Nachdem M trotz mehrmaliger Aufforderung auch bis September 2007 nicht ausgezogen ist,
wendet sich V an Rechtsanwalt R und will wissen, ob eine zulässige Klage gegen M auf
Herausgabe der Wohnung Aussicht auf Erfolg hat.
Bearbeitervermerk:
Erstellen Sie das Gutachten des Rechtsanwalts.
Teil 2:
Der Standardmietvertrag enthält folgende Klauseln:
§ 8 Schönheitsreparaturen
(1) Die Schönheitsreparaturen während der Mietdauer übernimmt der Mieter auf eigene
Kosten.
(2) Im Allgemeinen werden Schönheitsreparaturen in den Mieträumen in folgenden
Zeitabständen erforderlich sein:

In Küchen, Bädern und Duschen alle 3 Jahre,

In Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle 5 Jahre,

in anderen Nebenräumen alle 7 Jahre.
§ 12 Beendigung der Mietzeit
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(1) Die Mieträume sind bei Auszug sauber und ohne Rücksicht auf den für
Schönheitsreparaturen in § 8 vereinbarten Zeitablauf in fachmännisch renoviertem Zustand
zurückzugeben.
Im Februar 2008 ist M endlich ausgezogen, allerdings ohne die im Mietvertrag vorgesehenen
Schönheitsreparaturen durchzuführen, da er die Klauseln für unwirksam hält. In Abweichung
von der gesetzlichen Regelung, dass der Vermieter während der Mietzeit für die
Instandhaltung der Mietsache zu sorgen habe, finde eine unzulässige Überwälzung typischer
Vermieterpflichten statt. Die Abnutzung der Wohnung sei mit der Zahlung des Mietzinses
abgegolten. Nachdem die von V gesetzte dreiwöchige Frist zur Durchführung der
Schönheitsreparaturen ergebnislos verstrichen ist, lässt V die Reparaturen selbst
durchführen. Sie möchte wissen, ob sie die hierdurch entstandenen Kosten von M ersetzt
bekommen kann und wendet sich erneut an R.
Bearbeitervermerk: Erstellen Sie das Gutachten des Rechtsanwalts.
V
§ 535
M
Teil 1: Anspruch V gegen M auf Räumung der Wohnung
A. Mietrechtlicher Räumungsanspruch aus § 546 I
I. Beendigung eines Mietverhältnisses
1. ursprüngliches Bestehen eines Mietverhältnisses, § 535 I (+)
2. Fristlose Kündigung, § 543 I 1
a. Kündigungsgrund
aa.) Zahlungsverzug an zwei aufeinander folgenden Terminen, § 543 II 1 Nr. 3 a
Anmerkung: § 543 I 2 enthält die Generalklausel zu der Voraussetzung des „wichtigen Grundes“,
§ 543 II 1 hingegen enthält Regelbeispiele. Hieraus ergibt sich der Vorrang von Abs. 2 S. 1: ist eines
der Regelbeispiele einschlägig ist ein Rückgriff auf die Generalklausel nicht mehr notwendig; deren
Vorliegen ist damit indiziert!
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
Zum Zeitpunkt der Kündigung am 29.09. (-)

auch § 569 III Nr. 1 (-) (falls Vorschriften über Wohnraummiete anwendbar sind, kann hier aber
offen bleiben da Norm ohnehin nicht eingreift)
bb.) Verzug mit einem Betrag, der die Höhe von zwei Monatsmieten erreicht, § 543 II 1 Nr. 3 b

zum Zeitpunkt der Kündigung (-)
cc.) Sonstiger wichtiger Grund, § 543 I 2
schleppende Zahlungsweise als wichtiger Grund?

zwar ähnlich den Gründen in Abs. 2

aber: da das Zahlungsverhalten gerade in § 543 II speziell geregelt ist kann es nicht Gegenstand
der Generalklausel sein
Zwischenergebnis: Die fristlose Kündigung ist unwirksam
3. Umdeutung in ordentliche Kündigung, § 140
Voraussetzungen der Umdeutung (Vgl. Wortlaut § 140):
1. Erfordernisse des Rechtsgeschäfts, in das umgedeutet werden soll, sind erfüllt
2. Bei Kenntnis der Nichtigkeit wäre die Geltung des anderen Rechtgeschäfts gewollt
a.) Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung
aa.) „Kündigungsgrund“ (aus Vertrag): Nichtverlängerung des Mietverhältnisses

Zeitmietvertrag bei Geschäftsräumen oder sonstigen Mietsachen gdst. formlos und ohne Grund
möglich, bei Wohnraum nur unter den Einschränkungen des § 575
 hier Wohnraum, da Atelier zwar größer, aber nur über den Wohnbereich zugänglich; zudem an
Wohnung als Lebensmittelpunkt besonderes Interesse

hier: § 575 I (-), keiner der numerisch aufgezählten Gründe für Zulässigkeit eines Zeitmietvertrages
bei Wohnraum einschlägig
 Rechtsfolge § 575 I 2: das Mietverhältnis gilt als auf unbestimmte Zeit geschlossen
bb.) Kündigungsgrund: Nicht unerheblich schuldhafte Verletzung vertraglicher Pflichten, § 573 II Nr. 1
(1) nicht unerhebliche Verletzung vertraglicher Pflichten:

Mietzahlung ist vertragliche Pflicht gem. § 535 II, diese hat M häufig verspätet gezahlt
 Pflichtverletzung (+)

Dieser Pflicht ist er auch sehr häufig
Zahlungsaufforderungen
verspätet und erst in Verbindung mit
nachgekommen
 nicht unerhebliche Pflichtverletzung (+), zumal schon des Öfteren die Voraussetzungen der
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außerordentlichen Kündigung erfüllt waren (2 Monate Zahlungsverzug iSv § 543 II Nr. 3 a, dann
liegt die Erheblichkeit iSv § 573 II Nr. 1 erst recht vor
(2) Verschulden: Vorsatz oder Fahrlässigkeit, § 276 I 1

Gdst. ist V beweispflichtig (keine Beweislastumkehr)

Aber: „Geld hat man zu haben“ (Beschaffungsrisiko, § 276 I 1)

Es ist zwar zum Schutz des Mieters anerkannt, dass ihn eine unverschuldete wirtschaftliche
Notsituation exkulpieren kann; M bringt hierfür allerdings nichts vor

Auch die nachträglichen Zahlungen ändern hieran nichts, diese lassen zwar die Wirksamkeit der
fristlosen Kündigung entfallen (§ 569 III Nr. 2), die ordentliche Kündigung ist hiervon jedoch nicht
erfasst
 Verschulden (+)
 Kündigungsgrund (+)
cc.) Form

Schriftform, § 568 I iVm § 126 I (+)
Sinn und Zweck des § 568 I: Warnfunktion und Beweissicherungsfunktion
(Rechtsklarheit und Rechtssicherheit) für beide Parteien, wobei jedoch der
Mieterschutz überwiegt
 gilt für sämtliche Angaben, zB Angabe des Kündigungsgrund

Hinweis auf Widerspruchsmöglichkeit nur Soll-Vorschrift, § 568 II

Kündigungsgrund enthalten, § 573 III 1 (+)
dd.) Frist
§ 573 c I 1, IV: 3 Monate (+)
ee.) Entgegenstehender Fortsetzungsanspruch durch wirksamen Widerspruch, §§ 574, 574 a I 1

Widerspruch und Fortsetzungsverlangen (+)

Härte(-), diese umfasst nur die Existenz geeigneten Wohnraums, nicht die bequeme Verbindung
mit dem Atelier
 wirksamer Widerspruch (-)
b.) Geltungswille bezüglich der ordentlichen Kündigung
V wollte in jedem Fall das Mietverhältnis beenden, daher hätte sie bei Kenntnis der Unwirksamkeit der
fristlosen Kündigung die ordentliche Kündigung gewollt  (+)
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Zwischenergebnis: Die Kündigung vom 29.9. gilt als ordentliche Kündigung zum 31.12.2006
Ergebnis: V hat einen Anspruch aus § 546 I gegen M auf Räumung der Wohnung
B. Sachenrechtlicher Räumungsanspruch aus § 985
Wichtigster Unterschied zu § 546 I:
§ 985 gibt dem Vermieter nur den Anspruch auf Herausgabe der Mietsache im aktuellen
Zustand, während § 546 auf den vertraglich geschuldeten (i.d.R. ursprünglichen) Zustand
abzielt, mithin die Entfernung der vom Mieter eingebrachten Gegenstände und ggf. die
Vornahme erforderliche Renovierungen.

V = Eigentümer (+), vgl. Sachverhalt

M = Besitzer, § 854 I (+) ohne Recht zum Besitz, § 986 I, da Mietvertrag beendet
 § 985 (+)
C. Bereicherungsrechtlicher Räumungsanspruch aus § 812 I 2 Alt. 1
(+), Leistungskondiktion, späterer Wegfall des rechtlichen Grundes
Teil 2: Anspruch V gegen M auf Ersatz der Renovierungskosten
A. Vertraglicher Anspruch aus §§ 280 I, III, 281
I. Schuldverhältnis
Mietvertrag § 535 I (+)
II. Pflichtverletzung
1. Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen

Gdst. Pflicht des Vermieters, § 535 I 2

Pflicht für M aus §§ 8, 12 des Mietvertrages?
a.) Wirksamkeit von § 8 des Mietvertrages
aa.) Vorliegen von AGB, § 305 I

vorformulierte Vertragsbedingungen (+)

für eine Vielzahl von Verträgen

von Verwender gestellt (+)
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 AGB (+)
bb.) Wirksame Einbeziehung, § 305 II

ausdrücklicher Hinweis, § 305 II Nr. 1 (+), kann mangels entgegenstehender Hinweise unterstellt
werden (lebensnahe Sachverhaltsauslegung, ein Mieter liest sich idR einen Mietvertrag vor der
Unterzeichnung durch. Keine Fehler erfinden, hier v.a. aus klausurtaktischen Gründen!)

M mit Geltung einverstanden (+)

Keine überraschenden und mehrdeutigen Klauseln, § 305 c I (+)
 Wirksame Einbeziehung (+)
cc.) Inhaltskontrolle
(1) Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit, § 309 (-)
(2) Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit, § 308 (-)
(3) § 307 II
Anmerkung: Abs. 2 ist vor Abs. 1 zu prüfen, da Abs. 2 gesetzliche Regelbeispiele nennt, während
Abs. 1 die Generalklausel der unangemessenen Benachteiligung enthält. Nach der Formulierung
„im Zweifel“ ist die Vermutung der Unwirksamkeit zwar widerlegbar, jedoch verschiebt sich die
Beweis- und Argumentationslast.

§ 307 II Nr. 1: Nichtvereinbarkeit mit Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (-), zwar hat
gdst. Vermieter Instandhaltungspflicht gem. § 535 I 2, dies ist jedoch kein wesentlicher
Grundgedanke der Wohnraummiete

§ 307 II Nr. 2: Erreichung des Vertragszwecks gefährdet (-)
(4) § 307 I
Unangemessene Benachteiligung nach Treu und Glauben?

Die Abwälzung der Schönheitsreparatur auf den Mieter ist gdst. zulässig und verstößt nicht
gegen § 307:
 ein Mieter hat letztlich ein Eigeninteresse daran, diese selbst vornehmen zu dürfen, um die
Miete geringer zu halten, denn wenn der Vermieter dies Schönheitsreparaturen
übernehmen müsste würde er sie idR durch ein Renovierungsunternehmen durchführen
lassen; diese Kosten würde er dann auf die Miete aufschlagen
 zudem hat der Vermieter ein schutzwürdiges Interesse am sorgsamen Umgang mit der
Mietwohnung; dem dient die Abwälzung dahingehend, dass ein Mieter die Wohnung
zwangsläufig sorgsamer behandeln wird, wenn er selbst für deren Instandsetzung
aufkommen muss
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Abs. 2 enthält auch keinen „starren“, sondern einen zulässigen, flexiblen Fristenplan, weil die
genannten Zeiträume nur „im Allgemeinen“ gelten sollen; damit bleibt es möglich, den
tatsächlichen Zustand der Wohnung im konkreten Fall zu berücksichtigen
 Unangemessene Benachteiligung nach Treu und Glauben (-)
Zwischenergebnis: § 8 ist für sich gesehen wirksam
b.) Wirksamkeit von § 12 des Mietvertrages
aa.) Vorliegen von AGB, § 305 I (+), s.o. unter a.) aa.)
bb.) Wirksame Einbeziehung, § 305 II (+), s.o. unter a.) bb.)
cc.) Inhaltskontrolle
(1) Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit, § 309 (-)
(2) Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit, § 308 (-)
(3) § 307 II Nr. 1, Nr. 2 (-), s.o. a.) cc.) (3)
(4) § 307 I: Unangemessene Benachteiligung nach Treu und Glauben?

Gdst. ist die Abwälzung auf den Mieter zulässig, s.o. a.) cc.) (4)

aber: hier wird M verpflichtet, die Mieträume bei Beendigung des Mietverhältnisses unabhängig
vom Zeitpunkt der Vornahme der letzten Schönheitsreparaturen renoviert zu übergeben
 Dies ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters iSv § 307 unwirksam, sog.
Summierungseffekt ((zulässige) Schönheitsreparaturklausel und Endrenovierungsklausel),
weil er danach zur Endrenovierung auch verpflichtet wäre, wenn die Vornahme der letzten
Schönheitsreparaturen erst kurze Zeit zurückliegt
 Hintergrund: die Abwälzung darf nicht dazu führen, dass der Mieter einer höheren
Instandhaltungspflicht unterliegt, als ihr der Vermieter unterläge, wenn er selbst die
Schönheitsreparaturen durchzuführen hätte, und letztere bestimmt sich eben nur nach dem
tatsächlichen Renovierungsbedarf, vgl. Wortlaut § 535 I 2. Eine Renovierungspflicht des
Mieters, die darüber hinausgeht, ist von dem Schutzgedanken, der den Vermieter zur
Abwälzung berechtigt (s.o unter a) cc) (4)), nicht gedeckt
 Unangemessene Benachteiligung nach Treu und Glauben (+)
Zwischenergebnis: §§ 8, 12 sind in ihrer Gesamtwirkung unwirksam, da sie M unangemessen
benachteiligen iSv § 307 I (§ 8 gilt aufgrund des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion nicht weiter!)
2. Ergebnis
Es besteht keine Pflicht des M zur Durchführung von Schönheitsreparaturen, nach § 306 II gelten die
gesetzlichen Regelungen, d.h. nach § 535 I 2 trägt der Vermieter die Schönheitsreparaturen
Ergebnis: Anspruch V gegen M aus §§ 280 I, III, 281 (-)
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B. Anspruch aus ergänzender Vertragsauslegung
e.A: (+) da Überwälzung auf Mieter letztlich Standard ist
h.M.: (-), da dies im Ergebnis auf eine geltungserhaltende Reduktion hinausläuft
Endergebnis:
In Teil 1 hat V einen Anspruch auf Räumung gegen M aus § 546 I, § 985 und § 812 I 2 Alt. 1;
in Teil 2 hat sie keinen Anspruch gegen M auf Ersatz der durch die Renovierung entstandenen Kosten.
Einen guter Überblick gibt: D’Alquen, Life & Law 2005, 494 ff.
Beyer – Schönheitsreparaturen: Was ist den Vermietern nach den „BGH-Tornados“ noch geblieben?
NJW 29/2008, 2065 ff.
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