LIEBESLIED

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LIEBESLIED
ADVENTIST SURRENDER
LIEBESLIED
FÜR SULAMIT
E
s war im August 2012 auf der Bibelfreizeit in Hohegrethe, wo ich
jeden Morgen ein Seminar über
Ismael und Islam in der Bibel hielt. Früh
morgens im Dämmerlicht spazierte ich
durch den Wald, um den HERRN zu suchen und Gemeinschaft mit ihm zu haben. So gut es im Halbdunkel ging, las
ich einige Texte in meiner kleinen Bibel.
Da fiel mein Auge auf ein paar Verse im
Hohen Lied und mir dämmerte plötzlich,
dass Sulamit, die Braut Salomos, eine
Tochter des Ostens gewesen sein musste.
Wie das Hohe Lied zu
verstehen ist
Wir kennen drei Auslegungen des Hohen
Liedes, eine wörtliche, die die Liebesbeziehung zwischen König Salomo und seiner Braut Sulamit beschreibt. Aber auch
zwei allegorische: die eine beschreibt die
Liebesbeziehung Gottes mit seinem Volk
Israel, die andere beschreibt die Liebesbeziehung seines Messias mit seiner Gemeinde oder dem einzelnen Gläubigen.
Ja, vielleicht kennen wir auch eine vierte,
die im Hohen Lied die Beziehung der Ad-
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ventgemeinde zu Jesus erkennt. In dieser
wird vor allem das Geschehen um 1888
mit Kapitel 5 in Verbindung gebracht,
wo Jesus an der Tür seiner Geliebten anklopft, dann aber wieder verschwunden
ist, als sie endlich die Tür öffnet.
In diesem Artikel nun möchte ich auf
eine fünfte Auslegungsmöglichkeit auf-
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merksam machen, die unter Sulamit den
Islam versteht, um den Jesus als Bräutigam wirbt.
Die anderen Auslegungen haben natürlich auch ihre Berechtigung, weil Gott
durch sein Wort schon immer dabei ist
um jeden Menschen, vor allem aber um
seine Gemeinde zu werben, sei es indem
sein Wort in Gestalt seines Engels Michael oder der Schechina im Alten Testament in Erscheinung trat oder in Gestalt
des Menschensohnes, seines Messias
Jesus.
Sulamit: Salomos
Friedensbraut
Was deutet aber darauf hin, dass Sulamit
für den Islam steht? Sulamit (Schulamit)
ist im Hebräischen die weibliche Form
von Salomo (Schlomo). Beide Namen leiten sich von dem Wort Schalom (Frieden)
her. Schalom heißt auf Arabisch Salam.
Das Wort Islam nun ist der Kausativ von
Salam, das heißt, alles, was kausal für den
Frieden ist, also Frieden bewirkt, steckt in
dem Wort Islam: Frieden schließen, sich
unterwerfen, sich ergeben, kapitulieren,
sich hingeben, preisgeben, sich gefangen nehmen lassen, sich ausliefern, Frieden stiften, sich versöhnen.
Das allein wäre aber sicherlich kein Beweis dafür, dass Sulamit für den Islam
steht. Doch lesen wir ein paar Verse über
Sulamit:
Sulamit: Ismaels
Nomadentochter
»Schwarz bin ich, aber lieblich, ihr Töchter Jerusalems, wie die Zelte Kedars.«
(Hohes Lied 1,5) Kedar war der zweite Sohn Ismaels. War Sulamit also eine
Araberin, die dunkelhäutiger war als die
Töchter Jerusalems? Kam sie aus dem
Osten, wo die Nachkommen der anderen
Söhne Abrahams lebten?
Sulamit, Keturas Wüstenund Weihrauchtochter
»Wer kommt da von der Wüste herauf? Es
sieht aus wie Rauchsäulen von brennendem Weihrauch und Myrrhe, von allerlei
Gewürzpulver der Krämer.« (3,6) Salomo
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holt Sulamit in seiner Sänfte aus der arabischen Wüste nach Jerusalem.
Diese Prozession wird mit dem Bild des
Weihrauchs beschrieben, der uns schon
bei unserem Studium über die Söhne
des Ostens ein steter Begleiter war. Abrahams dritte Frau hatte genau diesen
Namen. Sie hieß »Weihrauch«, auf Hebräisch Ketura. Ihre Söhne bildeten zusammen mit Ismael die Gemeinschaft der
Söhne des Ostens. Denn dort wohnten
sie, im Osten Israels, der arabischen Wüste. Gott gab den Israeliten später für den
Heiligtumsdienst drei Weihrauchgebote
in der Thora (fürs Räucherwerk, Speisopfer, die Schaubrote). Deshalb mussten sie
immer bei den Söhnen des Ostens einkaufen, weil der Weihrauchbaum nicht in
Israel wuchs.
Auch die Königin von Saba und die Weisen aus dem Morgenland brachten Salomo und Jesus Weihrauch als Geschenk,
und bei den apokalyptischen Posaunen
spielt der Weihrauch ebenso eine ganz
besondere Rolle. Hier steigt er gleichfalls
als Rauch aus der Wüste (dem Abgrund)
auf. Ja, Jesaja 60,6 prophezeit, dass am
Ende der Zeit die Söhne des Ostens mit
Weihrauch zum Haus Gottes kommen
werden, um ihm Lob zu bringen (siehe
auch Hohes Lied 4,6.14).
Sulamit, Edoms Felsentochter
»Meine Taube in den Felsenklüften, im
Versteck der Felsenwand.« (2,14) Fels
heißt auf Hebräisch Sela. Daher erinnert uns dieser Vers an die endzeitliche
Prophezeiung, in der Sela und Ismaels
Sohn Kedar gemeinsam erwähnt werden
(Jesaja 42,11). Sela heißt auf Griechisch
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Petra und war die Hauptstadt des Edomiterreiches; und Edom (Esau) hatte
sich ja ebenfalls den Söhnen des Ostens
angeschlossen, als er Ismaels Tochter heiratete.
Sulamit, die Heißgeliebte
»Wer ist sie, die heraufsteigt von der
Wüste und lehnt sich auf ihren Freund?
Unter dem Apfelbaum weckte ich dich,
wo deine Mutter mit dir in Wehen kam,
wo in Wehen kam, die dich gebar. Lege
mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie
ein Siegel auf deinen Arm. Denn Liebe ist
stark wie der Tod und Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich. Ihre Glut
ist feurig und eine Flamme des HERRN,
sodass auch viele Wasser die Liebe nicht
auslöschen und Ströme sie nicht ertränken können. Wenn einer alles Gut in seinem Hause um die Liebe geben wollte, so
könnte das alles nicht genügen.« (Hohes
Lied 8,5-7)
Wenn Gott Sulamit so sehr liebt, dass er
Jesus als Bräutigam zu ihr schickt, mit
welchen Gefühlen sollten wir dann eigentlich Sulamit begegnen? »Was ihr
einem dieser meiner geringsten Brüder
getan habt, das habt ihr mir getan!« (Matthäus 25,40) Weil Jesus die Menschen so
liebt, nimmt er alles persönlich, was wir
über andere Menschen denken, sagen
und wie wir ihnen begegnen!
Wo weckte Jesus Sulamits Liebe? Dort, wo
sie geboren wurde. Wo soll die Liebe der
Moslems zu Jesus erwachen? Dort, wo sie
verwurzelt sind: im Koran und in Mekka.
Ein Mensch wird sich nur geliebt fühlen,
wenn wir ihm dort begegnen, wo er ist,
und er sich richtig verstanden fühlt. Nicht
Geld, nicht Methoden werden Muslime
erreichen – allein leidenschaftliche Liebe.
Sulamit: wie Palme, Stute,
Kriegsheer und Mondsichel
Sulamit wird mit dem klassischen Baum
der Wüstenoase verglichen: »Dein Wuchs
ist der Palme gleich.« (Hohes Lied 7,8) Sie
wird auch mit einer Stute verglichen (1,9).
Pferde waren ein Zeichen militärischer
Stärke Ägyptens und Assyriens. Auch
das Araberpferd hat später Weltruhm
erreicht und wurde in der Prophetie der
fünften und sechsten Posaune sogar
vorausgesagt. Dort wird von der militärischen Stärke der muslimischen Araberund Türkenheere gesprochen. Schon
im Hohen Lied aber wird das mehrfach
angedeutet. Auch hier: »Du bist schön,
meine Freundin, … furchtgebietend wie
Heerscharen mit Kriegsbannern!« (6,4)
Eine endzeitliche Bedeutung
aller Bibelbücher?
Vielleicht stimmt es wirklich, dass jedes
Buch der Bibel endzeitliche Bedeutung
hat! So haben die Adventpioniere zum
Beispiel das Buch Esther als Prophezeiung für einen endzeitlichen weltweiten
Todesbefehl gegen Sabbathalter gedeutet. Welche endzeitliche Bedeutung hat
das Hohe Lied?
»Wer ist sie, die hervorglänzt wie das Morgenrot, schön wir der Mond, klar wie die
Sonne, furchtgebietend wie Heerscharen
mit Kriegsbannern?« (6,10) Dieser Vers
ist der einzige in der ganzen Bibel, der
von der Schönheit des Mondes spricht.
Ein Wort für Mondsichel oder Halbmond
kommt in der Bibel nicht vor. Doch der
Halbmond ist die schönste Form des Mondes. Er ist auch das Symbol des Islam, der
wie ein Halbmond die Ausbreitung Roms
verhinderte und bis heute eindämmt.
Alle diese Hinweise gemeinsam
erschweren es, eine Deutung Sulamits im Zusammenhang mit dem
Islam von der Hand zu weisen, der
bei seiner Entstehung in die direkte Nachfolge Ismaels und der Söhne des Ostens getreten ist.
Interesse am Islam
Können wir in Salomos und Jesu Lied einstimmen? Sie singen: »Du Schönste unter
den Frauen … Lass mich deine Gestalt sehen, lass mich deine Stimme hören! Denn
deine Stimme ist süß und lieblich ist deine
Gestalt … Honigseim träufeln deine Lippen, meine Braut, Honig und Milch sind
unter deiner Zunge … Dreh dich, dreh
dich, o Sulamit, dreh dich, dreh dich, dass
wir dich betrachten!« (1,8; 2,14; 4,11; 7,1)
Interessieren wir uns für Gottes Kinder
des Ostens und ihre Schönheit? Hören
wir gerne ihre Stimme, wenn sie von den
Minaretten zur Anbetung des Allmächtigen aufrufen? Bewundern wir ihre Bauwerke und ihre Kunst, die voller Achtung
Gottes Geboten gegenüber, auf bildliche Darstellungen verzichten und doch
diese Welt durch ungeahnte Schönheit
bereichern? Beugen wir uns vor der Gastfreundschaft Abrahams, die sie bis heute
pflegen? Respektieren wir die keusche
Zurückhaltung, die sie ihren Töchtern
beibringen? Staunen wir über die Hingabe, mit der sie ihre heilige Schrift auswendig lernen, rezitieren und mit der sie sich
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mehrmals am Tag vor Gott niederwerfen?
Beschäftigen wir uns mit den köstlichen
Worten, die biblische Botschaften in den
Bildern arabischer Poesie präsentieren?
Lernen wir von ihrer Selbstbeherrschung,
mit der sie einen Monat pro Jahr von Tagesanbruch bis zur Dunkelheit auf Essen
und Trinken verzichten, um Gott ihre Hingabe zu zeigen? usw.
Sulamit: verschleiert und
unerreichbar?
»Warum soll ich wie eine Verschleierte
sein bei den Herden deiner Gefährten?
… Ein verschlossener Garten ist meine
Schwester, meine Braut; ein verschlossener Born, eine versiegelte Quelle.«
(1,7; 4,12) Islamische Länder scheinen
heute die letzten Territorien zu sein, die
sich noch gegen die Sexualisierung der
Gesellschaft wehren. Viele Moslems versperren sich gegen jeglichen westlichen
Einfluss, um ihr Keuschheitsideal vor dem
Untergang zu bewahren. Zum Teil greifen sie sogar zu Mord und Massaker wie
einst die Brüder Dinas in Sichem, um der
Unmoral zu wehren. Gott weint über ihre
Taten, aber er sieht auch ins Herz, sollte
dort wirklich ein Motiv verborgen sein,
das gleich einem Saulus von Tarsus nach
Gottes Ehre trachtet. Verschlossen und
versiegelt bist du, Sulamit. Wir im Westen können dich für die Liebe des Messias
nicht aufschließen, denn wir und unsere
Väter haben furchtbar gesündigt.
Sulamits Sehnsucht
Dabei sehnt sich Sulamit mehr als die
anderen Frauen nach Salomo. Eine tiefe
Religiosität lässt sie täglich das Ange-
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sicht Gottes suchen. »Er küsse mich mit
den Küssen seines Mundes! Denn deine
Liebe ist besser als der Wein … Er lege
seine Linke unter mein Haupt und umarme mich mit seiner Rechten.« (1,2; 2,6)
Sie sehnt sich danach, Allah gehorsam
sein, der uns laut Koran sein Wort in Gestalt Jesu durch Maria sandte, um uns
das Evangelium, die Wahrheit, Heilung,
Leben, geistliche Nahrung und Auferstehung zu bringen und uns den geraden
Weg zu leiten, den schon die Thora und
die Propheten verkündigt haben.
Die einzige Stimme,
auf die sie hört
Wenn wir rufen, hört Sulamit nicht. Erst
recht nicht, wenn wir sie in »unsere« Gemeinde rufen, wo Bibeln neben Stühlen
auf dem Boden liegen, Frauen kurz und
knapp bekleidet sind, Jesusbilder an den
Wänden hängen (z. B. in Lateinamerika),
junge Pärchen Arm in Arm in den Reihen
sitzen, weltliche Lieder mit rhythmischen
Bewegungen gesungen werden, sich vor
angestrahlten Kreuzen verneigt und zu
drei verschiedenen Göttern gebetet wird
(so empfinden es Moslems), usw.
Doch wenn Jesus spricht: »Mach dich
auf, meine Freundin, komm her, meine
Schöne!« (2,10), dann ist Sulamit ganz
Ohr: »Mein Geliebter streckte seine Hand
durch die Luke; da geriet mein Herz in
Wallung seinetwegen … Ich tat meinem
Geliebten auf; aber mein Geliebter hatte
sich zurückgezogen, war fortgegangen.
Meine Seele ging hinaus, auf sein Wort;
ich suchte ihn, aber ich fand ihn nicht; ich
rief ihm, aber er antwortete mir nicht. Es
fanden mich die Wächter, welche die Runde machen in der Stadt; die schlugen mich
wund, sie nahmen mir meinen Schleier
weg, die Wächter auf der Mauer.« (5,4-7)
Verhalten wir uns so wie diese Wächter?
Es geschieht heute oft, dass Jesus Muslimen in Träumen begegnet und sie sich
deshalb für ihn interessieren. Versuchen
wir sie dann zu guten »Christen« zu machen und verletzten dabei ihre kulturellen Gefühle? Nehmen wir ihnen ihren
Schleier weg, wie der Bibelvers sagt?
Dabei hat selbst Ellen White positiv vom
Schleier gesprochen, als sie sicher wohl
auch bezugnehmend auf das Beispiel
Rebekkas in 1. Mose 24,65 sagte: »Mein
Blick wurde zurück auf Gottes Volk der
Antike gerichtet, damit ich ihre Kleidung
mit der Mode dieser letzten Tage vergleichen sollte. Was für ein Kontrast! Was für
ein Wandel! Damals waren die Frauen
nicht so dreist wie heute. Wenn sie in die
Öffentlichkeit gingen, bedeckten sie ihr
Angesicht mit einem Schleier. In diesen
letzten Tagen ist die Mode beschämend
und unanständig. Sie wird sogar in der
Prophetie erwähnt.« (Testimonies 1,188;
vgl. Zeugnisse 1, 208) Auch Rebekka
kam aus dem Land des Ostens.
Gemeinsame Sehnsucht
Sulamit spricht: »Eile, mein Geliebter,
und sei der Gazelle gleich oder dem
jungen Hirsch auf den Balsambergen.«
(Hohes Lied 8,14) »Und der Geist und die
Braut, sie sprechen: Komm!, und wer es
hört, der spreche: Komm! Und wen da
dürstet, der komme; und wer da will, der
nehme das Wasser des Lebens umsonst!«
(Offenbarung 22,16) Wenn wir uns nach
der Ankunft des Messias sehnen, wie es
auch viele gläubige Moslems tun, dann
lassen wir uns am besten von der feuri-
gen, leidenschaftlichen Liebe Jesu für
Moslems und alle anderen Menschen anstecken. Statt systematischer Methoden,
die Moslems bekehren und der westlichgeprägten Kirche einverleiben wollen,
lasst uns unaufdringlich lieben und wie
Salomo leidenschaftlich Sulamit besingen. Wenn wir uns dann wie er zuweilen
zurückziehen und rar machen, dann wird
Sulamit mit einem Hunger und einer Leidenschaft nach Jesus suchen, und er wird
sich von ihr finden lassen.
Zehntausende von Moslems in zahlreichen Ländern haben ihn schon gefunden
und wachsen Schritt für Schritt in der
Erkenntnis, ohne zu ahnen, dass es auch
Christen gibt, die Jesus treu nachfolgen
und ihre Knie nicht vor Baal gebeugt haben. Ja, wir können etwas tun, um ihre
Liebe anzufachen. Im Anschluss an ihre
einzige Aussage über den Islam als Religion empfiehlt Ellen White (siehe »Jesus
im Koran«, Versöhnungstag Sep/2011):
»Wir brauchen dringend Menschen, die
Gottes Wort durchforschen und ihm vertrauen, Menschen, die der Welt Jesus in
seiner göttlichen und menschlichen Natur vorstellen, Menschen, die vollmächtig und geisterfüllt erklären, dass ›kein
anderer Name unter dem Himmel den
Menschen gegeben [ist], in dem wir gerettet werden sollen!‹ (Apostelgeschichte 4,12) Wie sehr brauchen wir gläubige
Menschen, die Jesus heute im Leben
und Charakter darstellen, Gläubige, die
ihn vor der Welt als Ausstrahlung der
Herrlichkeit des Vaters erhöhen, und so
verkündigen, dass Gott Liebe ist.« (HM, 1.
September 1892) 
KAI MESTER
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