Transfer Pricing Perspective Deutschland. Jahrbuch 2012
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Transfer Pricing Perspective Deutschland. Jahrbuch 2012
www.pwc.de/newsletter-transfer-pricing Transfer Pricing Perspective Deutschland Jahrbuch 2012 Verrechnungspreiswissen praxisnah, aktuell und kompakt www.pwc.de/newsletter-transfer-pricing Transfer Pricing Perspective Deutschland Jahrbuch 2012 Verrechnungspreiswissen praxisnah, aktuell und kompakt Von Dr. Abraham Ackerman, Anna Angerstein, Marie-Melanie Bentzien, Stephan Bock, Alexandra Burg, Stefanie Dengel, Ron Dorward, Verena Ebert, Irina Engler, Jan Feldtkeller, Kati Fiehler, Eduardo R. Flöring Junior, Julian Franck, Beate Gebken, Marianne Grabowski, Jörg Hanken, Dr. Yves Hervé, Dirk Heyne, Dr. Lee Hu, Claudia Hutten, Andre Jaekel, Dr. Michael Jakob, Claus Jochimsen, Daniela Kiel-Hammer, Alexander Kölmel, Oliver Kost, Jan Krause, Martin Lang, Lorenz Leonhardt, Oliver Liche, Hans-Peter Limbach, Holger Lorenzen, Jan Luft, Kevin Lüking, Dr. Jutta Menninger, Dr. Michael A. Müller, Frank Münch, Nicole Netto, Mirja Pollack, Katja Preker, Gerd Reinke, Martin Renz, Daniel Retzer, Dr. Isabel Ruhmer, Michael Schäfer, Guido Schepers, Britta Schmischke, Dr. Christoph Sommer, Ina Sprenger, Ronald Steinert, Henning Stemmer, Markus Straub, Susann van der Ham, Steffen Voll, Dr. Ludger Wellens, Jobst Wilmanns, Norman Wingen und Gert Wöllmann Transfer Pricing Perspective Deutschland Jahrbuch 2012 Herausgegeben von PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Von Dr. Abraham Ackerman, Anna Angerstein, Marie-Melanie Bentzien, Stephan Bock, Alexandra Burg, Stefanie Dengel, Ron Dorward, Verena Ebert, Irina Engler, Jan Feldtkeller, Kati Fiehler, Eduardo R. Flöring Junior, Julian Franck, Beate Gebken, Marianne Grabowski, Jörg Hanken, Dr. Yves Hervé, Dirk Heyne, Dr. Lee Hu, Claudia Hutten, Andre Jaekel, Dr. Michael Jakob, Claus Jochimsen, Daniela Kiel-Hammer, Alexander Kölmel, Oliver Kost, Jan Krause, Martin Lang, Lorenz Leonhardt, Oliver Liche, Hans-Peter Limbach, Holger Lorenzen, Jan Luft, Kevin Lüking, Dr. Jutta Menninger, Dr. Michael A. Müller, Frank Münch, Nicole Netto, Mirja Pollack, Katja Preker, Gerd Reinke, Martin Renz, Daniel Retzer, Dr. Isabel Ruhmer, Michael Schäfer, Guido Schepers, Britta Schmischke, Dr. Christoph Sommer, Ina Sprenger, Ronald Steinert, Henning Stemmer, Markus Straub, Susann van der Ham, Steffen Voll, Dr. Ludger Wellens, Jobst Wilmanns, Norman Wingen und Gert Wöllmann Mai 2013, 162 Seiten, 4 Abbildungen und 3 Tabellen, Softcover © PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigungen, Mikroverfilmung, die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Medien sind ohne Zustimmung des Herausgebers nicht gestattet. Die Ergebnisse der Publikation und Expertenbeiträge sind als Hinweis für unsere Mandanten bestimmt. Für die Lösung einschlägiger Probleme greifen Sie bitte auf die angegebenen Quellen und die Unterstützung der in dieser Publikation genannten Ansprechpartner zurück. Meinungsbeiträge geben die Auffassung der Autoren wieder. „PwC“ bezeichnet in diesem Dokument die PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die eine Mitgliedsgesellschaft der PricewaterhouseCoopers International Limited (PwCIL) ist. Jede der Mitgliedsgesellschaften der PwCIL ist eine rechtlich selbstständige Gesellschaft. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Vorwort Vorwort In unserem Jahrbuch Transfer Pricing Perspective Deutschland versammeln wir seit mittlerweile vier Jahren die Beiträge unseres gleichnamigen Newsletters. Dabei ist das Jahrbuch von Anfang an auf große und von Jahr zu Jahr steigende Resonanz gestoßen. Wir freuen uns über diesen Erfolg und haben die Beiträge des vergangenen Jahres im vorliegenden Jahrbuch wiederum für Sie zusammengestellt. Wir möchten Sie mit Transfer Pricing Perspective Deutschland über aktuelle internationale wie nationale Rechtsentwicklungen und Trends im Bereich Verrechnungspreise auf dem Laufenden halten. Dabei haben wir nicht nur die klassischen Themen wie die Gestaltung von Verrechnungspreisen und ihre Verteidigung gegenüber Finanzbehörden im Blick, sondern verfolgen auch spezifische Fragen, die im Verrechnungspreiskontext zunehmend an Bedeutung gewinnen. Zudem erhalten Sie interessante Einblicke in unsere Beratungspraxis sowie hilfreiche Hinweise. Eines der Schwerpunktthemen des Jahres 2012 war die Bedeutung von Verrechnungspreisen für die Steuerung von Vertriebsgesellschaften. Außerdem stand eine wesentliche Änderung des deutschen Steuergesetzes im Fokus mehrerer Beiträge: die Umsetzung des „Authorised OECD Approach“ in nationales Recht – mit weitreichenden Folgen für die Einkommensermittlung und die Besteuerung von Betriebsstätten. Wie in den Vorjahren findet sich wiederum ein Kapitel zum Thema „Brennpunkt Funktionsverlagerung und immaterielle Wirtschaftsgüter“. Und auch in der Rubrik „Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU“ lässt sich anhand der OECD-Entwicklungen ein zunehmender Schwerpunkt im Bereich immaterieller Wirtschaftsgüter in der Verrechnungspreispraxis erkennen. Das Thema Transfer Pricing und die damit verbundenen Fragen gewinnen global zunehmend an Bedeutung: Die Zahl der Beiträge zu internationalen Verrechnungspreisentwicklungen ist gegenüber den Vorjahren deutlich gestiegen. Verstärkt finden sich auch in Ländern, die hier in der Vergangenheit nicht in Erscheinung getreten sind, entsprechende Regelungen – wie etwa die Beiträge zu Albanien, den Bahamas und Panama zeigen. Wir hoffen, Ihnen auch mit diesem Jahrbuch wieder viele interessante Informationen und Denkanstöße mit auf den Weg geben zu können, und wünschen Ihnen eine anregende Lektüre. Ihr Redaktionsteam des „Transfer Pricing Perspective Deutschland“ Transfer Pricing Perspective Deutschland 3 Inhalt Inhalt Vorwort ....................................................................................................................3 A Schwerpunktthemen 2012 ................................................................................ 8 1 Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2013: Umsetzung der uneingeschränkten Selbstständigkeitsfiktion der Betriebsstätte in nationales Recht .................................................................................................9 2 Geplante Änderungen der deutschen Verrechnungspreisvorschriften.......... 13 3 Verschärfung der Dienstvorschrift Zollwertrecht in Bezug auf Verrechnungspreisbestimmungen................................................................... 16 4 Verwendung von nationalen und internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen im Rahmen der ökonomischen Verrechnungspreisanalyse ...............................................................................18 5 Interdependenzen zwischen Tax-Reporting und Managementreporting am Beispiel der Vertriebssteuerung ..........................25 6 Aussteuerung von Vertriebsgesellschaften: Praxiserfahrung und Empfehlung ..................................................................................................... 28 7 Die zunehmende Bedeutung der BRICS-Staaten und die Auswirkungen auf die OECD-Richtlinien..................................................32 8 Steuereffiziente Implementierung von Produktionsund Vertriebsstrukturen in China................................................................... 36 B Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU ............................... 41 1 OECD WP 6 – Special Session on the Transfer Pricing Aspects of Intangibles ...................................................................................... 41 2 OECD veröffentlicht einen ersten Entwurf der Leitlinien zu immateriellen Wirtschaftsgütern.................................................................... 43 3 Verrechnungspreisbestimmung ex ante und ex post – aktuelle Stellungnahme der OECD ............................................................................... 48 4 Neuer OECD-Bericht: Dealing Effectively with the Challenges of Transfer Prices ................................................................................................ 50 5 OECD-Statistik zu Verständigungsverfahren 2010.........................................54 6 EU Joint Transfer Pricing Forum plant Veröffentlichung eines Berichts zu Kostenumlageverträgen bis Ende 2012........................................57 7 Grünbuch der Deutsch-Französischen Zusammenarbeit über Konvergenzpunkte bei der Unternehmensbesteuerung ..................................... 58 C Brennpunkt „Funktionsverlagerung und immaterielle Wirtschaftsgüter“ – aus der Praxis .................................................................. 61 1 Europarechtliche Problemfelder der deutschen Funktionsverlagerungsnormen...................................................... 61 4 Transfer Pricing Perspective Deutschland Inhalt 2 Auswirkungen des EuGH-Urteils in der Rechtssache „National Grid Indus B.V.“ auf Funktionsverlagerungsfälle ..................................................... 62 3 Planungsideen im Zusammenhang mit immateriellen Wirtschaftsgütern.................................................................... 64 4 Verlagerung von Managementaktivitäten ...................................................... 66 5 Nutzung gewerblicher Schutzrechte durch Vertriebsgesellschaften ............. 68 6 Markenstudie 2012: der monetäre Wert einer Marke ....................................70 D Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht.................................................74 1 Geschäftsbeziehungen und gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen: Abgrenzung und Dokumentationspflicht..........................................................74 2 Anpassungen in einer Betriebsprüfung aufgrund fehlender schriftlicher Verträge: Anmerkungen zum Urteil des FG Hamburg vom 31. Oktober 2011 ....................................................................................... 77 3 Zeitnahe Dokumentation bei außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen und Folgen einer nachträglichen Dokumentation ..........................................81 4 Mediation bei Verrechnungspreiskonflikten.................................................. 83 5 Arbeitnehmerentsendungen ins Ausland: Verrechnungspreise und Sozialversicherung ................................................................................... 85 6 Geplante Änderungen des Versicherungsteuergesetzes und ihre Auswirkungen auf globale Versicherungsverträge........................................... 90 7 AdV-Beschluss des FG Köln: Entstrickungsbesteuerung europarechtlich zweifelhaft............................................................................. 92 E Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 .................................95 1 Europa...............................................................................................................95 1.1 Albanien: Doppelbesteuerungsabkommen ................................................95 1.2 Dänemark: Verschärfung der Dokumentationsvorschriften .....................95 1.3 Italien: EU-Initiative zum Strafzuschlagssystem ...................................... 96 1.4 Liechtenstein: Aktuelles bei den deutschen Doppelbesteuerungsabkommen............................................... 98 1.5 Niederlande: APAs für sogenannte Back-to-back-Gesellschaften in den Niederlanden – Änderungen in der Verfahrensweise der Finanzverwaltung ....................................................................................... 99 1.6 Niederlande: Grundsatzentscheidung zur Behandlung von Darlehen zwischen verbundenen Unternehmen ..................................... 100 1.7 Norwegen: keine Vertreterbetriebsstätte bei Kommissionärsstruktur – positives Urteil im „Dell-Fall“........................102 1.8 Österreich/San Marino: Auskunftsabkommen ........................................104 1.9 Russland: Einführung von APA-Richtlinien durch die russische Finanzverwaltung zum 1. Januar 2012 .....................................................105 1.10 Spanien: Grundsatzentscheidung zu Betriebsstätten ..............................106 Transfer Pricing Perspective Deutschland 5 Inhalt 1.11 Ungarn: neues DBA – Gegenberichtigungsklausel bei Verrechnungspreiskorrekturen von verbundenen Unternehmen........... 107 2 Amerika...........................................................................................................109 2.1 Bahamas: Auskunftsabkommen ...............................................................109 2.2 Der Fremdvergleichsmaßstab aus brasilianischer Sicht – ist er vereinbar mit OECD-Grundsätzen?.......................................................... 110 2.3 Panama: Auskunftsabkommen ................................................................. 113 2.4 USA – die kodifizierte Economic Substance Doctrine ............................. 114 2.5 Final US Cost Sharing Regulations ........................................................... 116 2.6 US-Gerichtsentscheidung zur Aggregation von Transaktionen und zur Segmentierung von Finanzdaten ........................................................ 119 2.7 USA: Aufhebung des Verbots von rückwirkenden Verrechnungspreisanpassungen (Zoll) .....................................................120 3 Asien................................................................................................................ 121 3.1 Australien: aktuelle Entwicklungen .......................................................... 121 3.2 China: aktuelle APA-Entwicklungen......................................................... 123 3.3 Verrechnungspreise im Fokus der chinesischen Steuerbehörden...........124 3.4 China: Fokus der Finanzverwaltung auf immaterielle Wirtschaftsgüter und deren Bewertung für steuerliche Zwecke..................................................................................... 125 3.5 Hongkong: aktuelle APA-Entwicklungen .................................................126 3.6 Großer Erfolg für internationalen Mobilfunkanbieter im Streit mit der indischen Finanzverwaltung ............................................................... 127 3.7 Verrechnungspreise in Indien – Status, Best Practice und Ausblick ......128 3.8 Einführung der other method in Indien – ein Trend für den hypothetischen Fremdvergleich? ..............................................................130 3.9 Indien: Komitee für die Umsetzung der Safe-HarbourRegelung eingesetzt ................................................................................... 132 3.10 Indien – Startschuss für APA-Programm................................................. 133 3.11 Indonesien: Überarbeitung der Verrechnungspreisrichtlinien ............... 135 3.12 Japan: Stärkung der Corporate Governance im Bereich Transfer Pricing ......................................................................136 3.13 Taiwan: erstmaliger Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens.............................................................. 137 3.14 Vietnam: Fokus auf Verrechnungspreisen in Betriebsprüfungen ...........138 F Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen ....................139 1 Die Verrechnung der Bankenabgabe zwischen verbundenen Unternehmen...........................................................................140 2 Pharmaindustrie – Zusammenfassung von Geschäftsvorfällen...................143 3 Optimale Kapitalstrukturen bei Immobilieninvestitionen ........................... 147 4 Staatliche Subventionen und Verrechnungspreise – ein politisches Thema? ...................................................................................149 6 Transfer Pricing Perspective Deutschland Inhalt G Konzepte ......................................................................................................... 153 1 Wertschöpfungsbeitragsanalyse bei Profit Splits und anderen hypothetischen Fremdvergleichssituationen mithilfe von Rankingansätzen (Teil II) .............................................................................. 153 2 PE Analyser – neues Tool zur Identifizierung von Betriebsstättenrisiken .............................................................................158 Unsere Expertise .................................................................................................160 Ihre Ansprechpartner.......................................................................................... 161 Transfer Pricing Perspective Deutschland 7 Schwerpunktthemen 2012 A Schwerpunktthemen 2012 Auch im Jahr 2012 standen Verrechnungspreisfragestellungen für global agierende Konzerne im Fokus. Dabei war von ganz besonderem Interesse die Diskussion über die geplante Ausweitung des in § 1 AStG kodifizierten Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstättensachverhalte, mit der eine Umsetzung des Authorised OECD Approach (AOA) in nationales Recht mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2013 erfolgen soll. Zudem stellt die im September 2012 erschienene Neufassung der Dienstvorschrift Zollwertrecht unter Umständen neue Anforderungen an die Ermittlung von Verrechnungspreisen, wodurch bei einer Außenprüfung durch den Zoll verstärkt mit einem Schwerpunkt auf mögliche Preisbeeinflussungen hinsichtlich des Zollwerts zwischen verbundenen Unternehmen zu rechnen ist. Ebenso bleibt die Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation ein Klassiker. Für multinationale Unternehmen stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob internationale Rechnungslegungsgrundsätze im Rahmen der ökonomischen Verrechnungspreisanalyse verwendet werden können oder aber ob das Erfordernis einiger Länder, Finanzdaten nach nationalen Rechnungslegungsgrundsätzen bei der Angemessenheitsanalyse zu verwenden, der angestrebten globalen Vereinheitlichung entgegensteht. Ein immer wichtiger werdender Erfolgsfaktor für die Akzeptanz des steuerlichen Verrechnungspreissystems ist auch die Abstimmung von Steuereffekten und Steuerungsaspekten von Verrechnungspreisen. Die Interdependenzen zwischen Tax-Reporting und Managementreporting werden ausführlich am Beispiel der Vertriebssteuerung dargestellt. Zudem ist die Aussteuerung von Vertriebsgesellschaften durch Vorgabe von Zielmargen immer häufiger Gegenstand in der Verrechnungspreispraxis, wobei diverse ertragsteuerliche und zollrechtliche Problemstellungen zu beachten sind. Die zunehmende wirtschaftliche Bedeutung von Schwellenländern, insbesondere der BRICS-Staaten, und der damit verbundene weiter wachsende Geschäftsverkehr deutscher Unternehmen mit diesen Staaten führen oftmals zu erhöhten Verrechnungspreisrisiken. Ursächlich hierfür sind eine unterschiedliche Vorgehensweise und Methodik bei der Verrechnungspreisermittlung, da Schwellenländer in der Regel keine Mitglieder der OECD sind und einer Übernahme und Anwendung der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien eher kritisch gegenüberstehen. Am Beispiel China wird gezeigt, dass im Einzelfall trotz der unterschiedlichen Vorgehensweise und Methodik bei der Verrechnungspreisermittlung aus deutscher und chinesischer Verrechnungs- 8 Transfer Pricing Perspective Deutschland Schwerpunktthemen 2012 preis-, Zoll- und Umsatzsteuersicht optimierte Produktions- und Vertriebsstrukturen möglich sind. Die nachfolgenden Beiträge geben einen Überblick über die Schwerpunktthemen des Jahres 2012. 1 Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2013: Umsetzung der uneingeschränkten Selbstständigkeitsfiktion der Betriebsstätte in nationales Recht Von Kati Fiehler, Claudia Hutten und Dr. Christoph Sommer Am 5. März 2012 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) den Referentenentwurf (RefE) eines Jahressteuergesetzes 2013 veröffentlicht. 1 Mit der im RefE geplanten Ausweitung des in § 1 AStG kodifizierten Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstättensachverhalte soll eine Umsetzung des Authorised OECD Approach (AOA) in nationales Recht mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2013 erfolgen. Der AOA sieht die Fiktion einer uneingeschränkten Selbstständigkeit der Betriebsstätte für Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung vor. Demnach sollen fiktive Geschäftsbeziehungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte zukünftig wie Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen behandelt und Verrechnungspreise entsprechend festgesetzt werden. Hintergrund und Ziel des § 1 AStG-RefE Mit dem § 1 AStG-RefE reagiert der Gesetzgeber auf die im Jahr 2010 durch den OECD-Betriebsstättenbericht 2 sowie durch die Überarbeitung des Wortlauts von Art. 7 OECD-MA 3 und dessen Musterkommentierung erfolgte internationale Novellierung des AOA. Durch die geplante Umsetzung des AOA in innerstaatliches Recht soll eine Harmonisierung der deutschen mit den OECDGrundsätzen der Betriebsstättengewinnermittlung und -besteuerung erreicht 1 2 3 Vgl. Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen – Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2013, Bearbeitungsstand 05.03.2012. Diesen finden Sie unter www.bundesfinanzministerium.de/nn_82/DE/BMF__Startseite/ Aktuelles/Aktuelle__Gesetze/Referentenentwuerfe/06-03-2012Jahressteuergesetz2013__Anlage,templateId=raw,property=publicationFile.pdf. Vgl. OECD-Betriebsstättenbericht, Paris, 22.07.2010. Vgl. OECD Model Tax Convention on Income and on Capital, Paris, 22.07.2010. Transfer Pricing Perspective Deutschland 9 Schwerpunktthemen 2012 werden. 4 Doppelbesteuerungen von Unternehmensgewinnen in DBA-Fällen (im Hinblick auf Betriebsstättenbesteuerungen) sollen so zukünftig möglichst vermieden werden. Gleichzeitig soll durch die Änderungen des § 1 AStG die nationale Besteuerung grenzüberschreitender Geschäftsvorfälle hinsichtlich der Zurechnung und Aufteilung von Unternehmensgewinnen für die unterschiedlichen Investitionsalternativen (Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften, Betriebsstätten) vereinheitlicht werden. 5 Inhalt des § 1 AStG-RefE Zum einen ist vorgesehen, den Anwendungsbereich des § 1 AStG auf Personengesellschaften und Mitunternehmerschaften durch ihre explizite Einbeziehung in die Definitionen des „Steuerpflichtigen“ und der „nahestehenden Person“ zu erweitern. 6 Zum anderen soll durch die Einführung eines neuen Abs. 5 der in § 1 AStG kodifizierte Fremdvergleichsgrundsatz auf Betriebsstättensachverhalte ausgeweitet und eine nationale Rechtsgrundlage für den AOA geschaffen werden. Diese neuen Grundsätze sollen auch bei ständigen Vertretern im Sinne des § 13 AO gelten. 7 Kern des AOA ist der sogenannte Functionally Separate Entity Approach, wonach die Ermittlung des Betriebsstättenergebnisses für steuerliche Zwecke in Deutschland zukünftig in zwei Schritten erfolgen würde. 8 Im ersten Schritt wäre die Betriebsstätte als rechtlich selbstständiges und wirtschaftlich unabhängiges Unternehmen zu fingieren. Dazu wären gemäß § 1 Abs. 5 Satz 3 AStG-RefE der Betriebsstätte die von ihrem Personal ausgeübten Funktionen (significant people functions), die hierzu betriebsnotwendigen Vermögenswerte, die übernommenen Chancen und Risiken sowie ein an- 4 5 6 7 8 Nachdem der Bundestag das unechte Vermittlungsergebnis zum Jahressteuergesetz 2013 vom 12.12.2012 am 17.01.2013 nicht angenommen und der Bundesrat am 01.02.2013 der seinerseits vom Bundestag beschlossenen Fassung des Gesetzes erneut die Zustimmung verweigert hatte, wurde die Umsetzung des AOA in § 1 AStG formulierungsgleich mit dem Entwurf des Jahressteuergesetz 2013 der Länder seitens des Bundesrates am 01.03.2013 beschlossen (BR-Drs. 139/13 [Beschluss]). Die vorgesehene Änderung des § 1 AStG soll wie bisher erstmals für den Veranlagungszeitraum 2013 anzuwenden sein. Siehe Begründung zu Art. 5 Nr. 1 des RefE. Vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 AStG-RefE. Vgl. § 1 Abs. 5 Satz 5 AStG-RefE. Vgl. auch Wassermeyer, F., IStR 2012, S. 277, 280; Wilke, K.-M., IWB 8/2012, S. 273–274; Baldamus, E.-A., IStR 2012, S. 318–319. 10 Transfer Pricing Perspective Deutschland Schwerpunktthemen 2012 gemessenes Dotationskapital zuzuordnen (Erfolgsabgrenzung dem Grunde nach). 9 Im zweiten Schritt wären dann auf Grundlage dieser Zuordnung die Arten der Geschäftsbeziehungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte zu bestimmen und Verrechnungspreise unter Beachtung der allgemeinen, bereits für verbundene Unternehmen geltenden Verrechnungspreisregelungen 10 fremdvergleichskonform festzusetzen (Erfolgsabgrenzung der Höhe nach). 11 Folglich wären in Zukunft Fallgestaltungen denkbar, in denen eine Betriebsstätte Gewinne (Verluste) erzielt, obwohl das Unternehmen insgesamt Verluste (Gewinne) erwirtschaftet. Da schuldrechtliche Beziehungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte nicht möglich sind, soll der Begriff „Geschäftsbeziehungen“ folgerichtig weiter gefasst werden und als „einzelne oder mehrere zusammenhängende wirtschaftliche Vorgänge“ 12 anstelle der bislang relevanten schuldrechtlichen Beziehungen definiert werden. Würde § 1 AStG-RefE in der jetzigen Form gesetzlich verankert, hätte dies zudem zur Folge, dass die Regelungen zur Funktionsverlagerung zukünftig auch für das Verhältnis zwischen Stammhaus und Betriebsstätte gelten würden. 13 Zudem kann es in Einzelfällen zu einem Konkurrenzverhältnis zwischen den steuerlichen Entstrickungs- und Verstrickungsvorschriften des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG bzw. des § 12 Abs. 1 KStG und dem Fremdvergleichsgrundsatz kommen. 14 Das BMF wird ferner zum Erlass einer Rechtsverordnung ermächtigt, die die neuen Regelungen, insbesondere die Gewinnaufteilung in Betriebsstättenfällen, detailliert regeln soll. 15 Ebenso wird eine Überarbeitung des Betriebsstättenerlasses notwendig werden. Zu vermuten ist, dass die indirekte Gewinnaufteilungsmethode entfällt und die Unabhängigkeitsfiktion der Betriebsstätte näher definiert wird. 9 10 11 12 13 14 15 Im Einzelfall könnte der AOA daher zu einer Abkehr von der Zentralfunktion des Stammhauses führen. Vgl. OECD-Richtlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen, Paris, 22.07.2010. Vgl. § 1 Abs. 5 Satz 4 AStG-RefE. Vgl. § 1 Abs. 4 AStG-RefE. Vgl. § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG-RefE. Vgl. § 1 Abs. 5 Satz 6 AStG-RefE. Vgl. § 1 Abs. 6 AStG-RefE. Transfer Pricing Perspective Deutschland 11 Schwerpunktthemen 2012 Zeitliche Anwendung des § 1 AStG-RefE Das Gesetz soll am 1. Januar 2013 in Kraft treten. Dabei soll die Anwendung auf Personengesellschaften und Mitunternehmerschaften bei Vorliegen der Voraussetzungen als „nahestehende Person“ für alle noch nicht bestandskräftigen Veranlagungen gelten. Die übrigen Neuregelungen des § 1 AStG sollen erstmals für den Veranlagungszeitraum 2013 zur Anwendung kommen. 16 Im Ergebnis wäre das neue Gesetz für Unternehmen, deren Wirtschaftsjahr vom Kalenderjahr abweicht, bereits vor 2013, das heißt mit dem Beginn des nächsten Wirtschaftsjahres, anzuwenden. Da die meisten deutschen Doppelbesteuerungsabkommen (DBAs) noch die alte Fassung des Art. 7 OECD-MA enthalten, ist es jedoch fraglich, ob der AOA auch ohne Änderung der DBAs gegenüber solchen Vertragsstaaten durchsetzbar sein wird. 17 Würdigung des § 1 AStG-RefE Bereits steuersystematisch erscheint die Positionierung des AOA in § 1 AStGRefE (Korrekturnorm) als problematisch. Wünschenswert wäre vielmehr eine klare Abgrenzung zwischen den Gewinnermittlungsnormen einerseits und Gewinnkorrekturnormen andererseits auch bei Betriebsstättensachverhalten. Weiter verschärfend wirkt der Umstand, dass § 1 AStG-RefE in seiner derzeitigen Fassung eine Minderung der steuerpflichtigen inländischen Einkünfte voraussetzt. 18 Dadurch würden aktuell nur Korrekturen zuungunsten des Steuerpflichtigen in Betriebsstättenfällen vorgenommen. Folge wären mögliche Doppelbesteuerungen von Unternehmensgewinnen, die unter Umständen durch Verständigungs- und Schiedsverfahren geheilt werden könnten. 19 Da der neue § 1 AStG-RefE grundsätzlich Vorrang vor bestehenden DBAs haben soll, könnten Doppelbesteuerungen auch auftreten, wenn einem abgeschlossenen DBA weder der überarbeitete Wortlaut von Art. 7 OECD-MA noch der aktuelle zugehörige Musterkommentar zugrunde liegt. Zwar sieht § 1 Abs. 5 Satz 8 AStG-RefE eine Einschränkung dieses treaty override vor, falls der Steuerpflichtige den Nachweis erbringt, (i) dass sich nach dem DBA entweder keine oder eine geringe Einkommenskorrektur ergeben würde und (ii) dass der andere Staat sein Besteuerungsrecht in Übereinstimmung mit dem bestehenden DBA ausübt. Ob aber eine Doppelbesteuerung hierdurch vermieden werden kann, bleibt für jeden Einzelfall zu prüfen. Der RefE äußert sich zudem nicht zu Konsequenzen, die sich aus aufgrund der Anwendung des AOA notwendigerweise vorzunehmenden Reallokationen 16 17 18 19 Vgl. § 21 Abs. 20 AStG-RefE. Vgl. auch Wassermeyer, F., IStR 2012, S. 277. Vgl. auch Wassermeyer, F., IStR 2012, S. 277, 282. Vgl. auch Baldamus, E.-A., IStR 2012, S. 319. 12 Transfer Pricing Perspective Deutschland Schwerpunktthemen 2012 von Funktionen, Risiken und Vermögensgegenständen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte ergeben, zum Beispiel ob dies zu einer Qualifikation als Funktionsverlagerung führen könnte. Der Abschluss verbindlicher Auskünfte mit den deutschen Steuerbehörden könnte diesbezügliche Unsicherheiten und daraus resultierende Risiken verringern. Fazit und Ausblick Die Umsetzung des AOA in nationales Recht und die geplante Ausweitung der Regelungen zu Funktionsverlagerungen auf Betriebsstätten würden grundlegende Änderungen bei der grenzüberschreitenden Besteuerung dieser Investitionsalternative in Deutschland nach sich ziehen. Die Implementierung des AOA dürfte mit zahlreichen Anwendungsproblemen in der Praxis – wie zum Beispiel der notwendig werdenden jährlichen Überprüfung der Zuordnung der Wirtschaftsgüter zwischen Stammhaus und Betriebsstätten – einhergehen. Zwar wurde der RefE noch nicht in den Deutschen Bundestag eingebracht, jedoch hat sich die Finanzverwaltung klar für die in dem Entwurf vorgeschlagenen Neuregelungen ausgesprochen. Daher ist eine entsprechende Gesetzesänderung derzeit als wahrscheinlich anzusehen. Steuerpflichtige sind somit bereits jetzt angehalten, ihre bestehenden Geschäftsmodelle und -strukturen zu überprüfen, um steuerliche Risiken aus den erwarteten gesetzlichen Änderungen zu minimieren. 2 Geplante Änderungen der deutschen Verrechnungspreisvorschriften Von Dr. Michael Jakob und Claudia Hutten Neben der im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2013 zu erwartenden Änderung des § 1 AStG, insbesondere des § 1 Abs. 5 AStG zur Einführung des OECD-Ansatzes für Betriebsstätten, plant die deutsche Finanzverwaltung verschiedene weitere Änderungen deutscher Verrechnungspreisvorschriften, insbesondere eine Rechtsverordnung, die den Fremdvergleichsgrundsatz sowie die Bereiche Vergleichbarkeit, Benchmarkanalysen und Jahresendanpassungen spezifiziert. Einführung des OECD-Ansatzes für Betriebsstätten Im vorangegangenen Beitrag haben wir bereits über die geplanten Änderungen des § 1 AStG zur Umsetzung des Authorised OECD Approach (AOA) in nationales Recht berichtet. Demnach werden Betriebsstätten und Stammhaus Transfer Pricing Perspective Deutschland 13 Schwerpunktthemen 2012 für Zwecke der Gewinnverteilung wie unabhängige rechtliche Einheiten angesehen. 20 Wie geplant, soll die geänderte Version des § 1 AStG Ende 2012 verabschiedet werden, um 2013 in Kraft zu treten. 21 Eine Rechtsverordnung, die weitere Details zur Neuregelung von Betriebsstätten enthält, wird Anfang/Mitte 2013 erwartet. Außerdem wird die Finanzverwaltung einen Erlass hinsichtlich ihrer Interpretation der neuen Vorschriften veröffentlichen und bestehende Erlasse zur Gewinnallokation bei Betriebsstätten entsprechend anpassen. Spezifizierung des Fremdvergleichsgrundsatzes Das Bundesministerium der Finanzen plant darüber hinaus die Veröffentlichung einer Rechtsverordnung zu § 1 Abs. 3 Satz 1–8 AStG mit weiteren Details zum Fremdvergleichsgrundsatz. Da bislang noch kein Entwurf dazu vorliegt, ist derzeit nicht absehbar, ob eine Rechtsverordnung noch im Jahr 2013 verabschiedet wird. Allerdings bergen bereits die derzeit diskutierten Inhalte der geplanten Rechtsverordnung hochbrisante Themen mit potenziell signifikanten Auswirkungen auf deutsche Steuerpflichtige. Derzeit befinden sich vor allem die folgenden Punkte in Diskussion: ● Einschränkung der Anwendungsfälle für datenbankgestützte Fremdvergleichsanalysen (Benchmarkanalysen) durch eine Klarstellung bzw. engere Auslegung der Akzeptanzkriterien. Eine Ausnahmeregelung wird für bestimmte Routineunternehmen wie Lohnfertiger, Agenten und Kommissionäre erwartet. Diesbezüglich soll die Verordnung die Unterscheidung zwischen Routineunternehmen und Hybridunternehmen (mit einem Funktions- und Risikoprofil zwischen einem Routineunternehmen und einem Strategieträger) klarer definieren. Es scheint beabsichtigt, Vertriebsgesellschaften nicht als Routineunternehmen zu klassifizieren. ● Präzisierung der Begriffe „uneingeschränkt vergleichbar“ und „eingeschränkt vergleichbar“ (im Zusammenhang mit durch Benchmarkanalysen identifizierten Vergleichsunternehmen) hinsichtlich ihrer unterschiedlichen rechtlichen Konsequenzen. In diesem Zusammenhang sollen auch die Vor20 21 Für weitere Details verweisen wir auf den vorangegangenen Artikel „Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2013: Umsetzung der uneingeschränkten Selbstständigkeitsfiktion der Betriebsstätte in nationales Recht“. Nachdem der Bundestag das unechte Vermittlungsergebnis zum Jahressteuergesetz 2013 vom 12.12.2012 am 17.01.2013 nicht angenommen und der Bundesrat am 01.02.2013 der seinerseits vom Bundestag beschlossenen Fassung des Gesetzes erneut die Zustimmung verweigert hatte, wurde die Umsetzung des AOA in § 1 AStG formulierungsgleich mit dem Entwurf des Jahressteuergesetz 2013 der Länder seitens des Bundesrates am 01.03.2013 beschlossen (BR-Drs. 139/13 [Beschluss]). Die vorgesehene Änderung des § 1 AStG soll wie bisher erstmals für den Veranlagungszeitraum 2013 anzuwenden sein. 14 Transfer Pricing Perspective Deutschland Schwerpunktthemen 2012 gehensweisen zur Identifikation von Vergleichsunternehmen sowie zur Einengung von Bandbreiten näher bestimmt werden. ● Generelle Ablehnung von datenbankgestützten Benchmarkanalysen für „einzigartige“ immaterielle Vermögensgegenstände. Stattdessen soll ein hypothetischer Fremdvergleich gefordert werden, der beide Perspektiven (die des Verkäufers und die des Käufers) berücksichtigt. Nichtsdestotrotz könnten mögliche Bandbreiten von eingeschränkt vergleichbaren Werten unter bestimmten Umständen als Referenz berücksichtigt werden. ● Generelle Ablehnung von Ergebnisanpassungen zum Jahresende, da diese nach Ansicht der Finanzverwaltung in einer Gewinngarantie resultieren würden, die als nicht vereinbar mit dem Fremdvergleichsgrundsatz angesehen wird. Für Routineunternehmen ist eine Ausnahmeregelung geplant. Falls die Vorschriften in ihrer momentan diskutierten Form eingeführt würden, dürften sie wohl mit ausländischen Vorschriften und der allgemeinen Praxis in Konflikt stehen. Außerdem müssten viele Steuerpflichtige ihr Verrechnungspreissystem überdenken. Beispielsweise würden Vertriebsunternehmen nach der neuen Definition nicht mehr als Routineunternehmen angesehen werden, sodass die momentan häufig angewendete transaktionsbezogene Nettomargenmethode nicht mehr anerkannt werden würde. Darüber hinaus würde die ebenfalls häufig zu sehende Praxis der auf Benchmarkanalysen basierenden Jahresendanpassungen nicht länger von der Finanzverwaltung akzeptiert werden. Weitere Themen auf der Agenda Die Finanzverwaltung plant für 2013 außerdem, bestehende Verwaltungsvorschriften 22 zu überarbeiten, um ihre Sicht auf bestimmte Sachverhalte wie Konzernfinanzierungen, Dauerverluste und die Bewertung immaterieller Vermögensgegenstände näher zu erläutern. Zwar sind die Erlasse für Steuerpflichtige nicht bindend – sie drücken lediglich die Sichtweise der Finanzverwaltung aus und stellen Anweisungen an die Betriebsprüfer dar –, dennoch empfiehlt es sich, sie bei Planungen einzubeziehen, um Konflikte in einer Betriebsprüfung zu vermeiden. 22 Insbesondere die Erlasse vom 23.02.1983 und vom 12.04.2005. Transfer Pricing Perspective Deutschland 15 Schwerpunktthemen 2012 3 Verschärfung der Dienstvorschrift Zollwertrecht in Bezug auf Verrechnungspreisbestimmungen Von Jörg Hanken, Michael Schäfer und Frank Münch Dieses Thema betrifft insbesondere deutsche Unternehmen, die Waren von verbundenen Unternehmen aus dem Drittland zollwertrechtlich „zu günstig“ importieren. Mit der im September 2012 erschienenen Neufassung der Dienstvorschrift Zollwertrecht 23 legt die Bundesfinanzverwaltung den Fokus zunehmend auf mögliche Preisbeeinflussungen zwischen verbundenen Unternehmen und stellt somit unter Umständen neue Anforderungen an die Ermittlung von Transferpreisen. Ein Großteil der Einfuhrgeschäfte wird mittlerweile zwischen verbundenen Unternehmen getätigt, die Zahl steigt stetig. Das Bundesministerium der Finanzen reagiert in der Neufassung der Dienstvorschrift nunmehr entsprechend darauf. Aus zollrechtlicher Sicht wird der anzumeldende Zollwert in den häufigsten Fällen grundsätzlich auf Basis des sogenannten Transaktionswerts ermittelt, welcher dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis bei Einfuhr in das Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft entspricht. Diese erste und am häufigsten angewendete Bewertungsmethode geht zunächst von zwei voneinander unabhängigen Vertragsparteien aus. Doch auch bei Kaufgeschäften zwischen verbundenen Unternehmen kann die Transaktionswertmethode angewendet werden, sofern dargelegt werden kann, dass der Kaufpreis durch die Verbundenheit keine Beeinflussung erfahren hat und auch von unabhängigen Käufern zu zahlen gewesen wäre. Die gängige Praxis der Ermittlung von angemessenen Verrechnungspreisen zwischen verbundenen Unternehmen, die häufig lediglich aus ertragsteuerlicher Sicht erfolgt und aus dieser Sicht vertretbar ist, kann dazu führen, dass die auf dieser Basis angemeldeten Zollwerte bei der Einfuhr nicht anerkannt werden und die Anwendung sogenannter Folgemethoden bei der Zollwertermittlung nach sich ziehen. Die Bundesfinanzverwaltung hat in ihrer aktualisierten Dienstanweisung zum Zollwertrecht nun mehrere Anhaltspunkte, die auf eine Preisbeeinflussung 23 Bundesministerium der Finanzen VSF Z5101, Dienstvorschrift Zollwertrecht, derzeitige Fassung vom 24.08.2012. 16 Transfer Pricing Perspective Deutschland Schwerpunktthemen 2012 hindeuten können, aufgelistet und geht damit erstmals ausdrücklich auf das Vorhandensein und die Interpretation von Transferpreismodellen ein. Demnach kann insbesondere dann eine preisbeeinflussende Verbundenheit zwischen Verkäufer und Käufer unterstellt werden, wenn die Transferpreise nachträglich erhöht worden sind, ohne dass das zuständige Hauptzollamt eine entsprechende Mitteilung darüber erhalten hat. Auch nachträgliche price adjustments, die in der Praxis des Öfteren zwischen verbundenen Unternehmen in regelmäßigen Zeitabständen (quartalsweise, jährlich) durchgeführt werden, können ein Hinweis auf eine aus zollrechtlicher Sicht nicht annehmbare Preisbeeinflussung sein und werden im Rahmen von Außenprüfungen zukünftig noch genauer untersucht werden. Die Zollverwaltung bedient sich beim Vergleich von Unternehmenskennzahlen an vorhandenem Datenbankmaterial, welches Auskunft über fremdübliche Vergleichsspannen zum Beispiel im Bereich von Bruttomargen geben kann. Eine im Rahmen einer Zollwertprüfung festgestellte Bruttomarge in Höhe von 35,8 Prozent würde zum Beispiel als zu untersuchende Auffälligkeit gelten, wenn sie maßgeblich von einer üblichen Vergleichsspanne (z. B. 26,5 Prozent bis 29,2 Prozent) abweichen würde. Die Anpassung des Unternehmensgewinns an eine sogenannte targeted arm’s length margin (Zielmarge) und die damit einhergehende zollwertrechtliche Problematik wurden bereits in der Ausgabe 9 von Transfer Pricing Perspective Deutschland vom Februar 2011 thematisiert und haben nicht an Bedeutung verloren. Die Anwendbarkeit von nachträglichen Preisanpassungen, die aus ertragsteuerlicher Sicht noch Akzeptanz finden können, ist aus Sicht des Zolls – aufgrund der Annahme von Preisbeeinflussung durch Verbundenheit – sehr kritisch, was die Aktualisierung der Dienstanweisung durch die erneute Anführung dieses Sachverhalts nochmals unterstreicht. Weitere Merkmale aus Sicht der Zollverwaltung für einen nicht anwendbaren Verrechnungspreis sind, wenn ● der Verkäufer dem verbundenen Käufer im Zusammenhang mit den eingeführten Waren nachträglich einen Vermögensvorteil (durch den Ansatz bzw. die Erhöhung eines Aktivpostens oder den Wegfall bzw. die Verminderung eines Passivpostens) ohne Gegenleistung zuwendet und diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat (sog. verdeckte Einlage); ● Nutzungsrechte an Warenzeichen und Urheberrechte vom verbundenen Verkäufer gewährt werden, hierfür jedoch keine Entgelte im Verkaufspreis der Waren berücksichtigt worden sind und auch keine Lizenzgebühren gezahlt werden; Transfer Pricing Perspective Deutschland 17 Schwerpunktthemen 2012 ● der verbundene Verkäufer die Kosten für Design, Entwürfe und Zeichnungen trägt, diese jedoch nicht dem Käufer weiterbelastet oder im Preis berücksichtigt hat; ● festgestellt wird, dass der Verkäufer auf Zahlungen (z. B. Lizenzgebühren, Finanzierungszinsen) verzichtet, die ihm eigentlich zustehen. Empfehlung Mit der Aufnahme der beiden neu gestalteten Absätze 31 und 32 in die oben genannte Dienstanweisung ist mit einem verstärkten Prüfungsschwerpunkt bei der Außenprüfung durch den Zoll hinsichtlich des Zollwerts zwischen verbundenen Unternehmen zu rechnen. Zur Vermeidung der angeführten Probleme ist bei der Transferpreisbestimmung schon im Vorhinein die Berücksichtigung der einschlägigen zollwertrechtlichen Aspekte empfehlenswert. Transferpreise, welche zwar aus ertragsteuerlicher Sicht anwendbar sind, jedoch beim Unternehmen zu Beanstandungen durch die Zollverwaltung führen können, sollten unbedingt vermieden werden. Eine diesbezügliche Kommunikation zwischen der Zoll- und der Steuerabteilung der Unternehmen ist dabei unabdingbar. Die aufgrund von festgestellter Preisbeeinflussung drohende Zollwertfeststellung durch sogenannte Folgemethoden (z. B. Transaktionswert gleicher oder gleichartiger Waren, deduktive Methode, Schlussmethode) ist mit einem nicht unerheblichen administrativen und unter Umständen auch monetären Mehraufwand seitens der Unternehmen verbunden. 4 Verwendung von nationalen und internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen im Rahmen der ökonomischen Verrechnungspreisanalyse Von Gert Wöllmann und Marie-Melanie Bentzien Multinationale Unternehmen verfolgen seit Jahren vermehrt das Ziel, die Erstellung der national erforderlichen Verrechnungspreisdokumentationen so weit wie möglich global zu vereinheitlichen. Neben Synergieeffekten im Rahmen der Erstellung (z. B. eines zentral erstellten Master File) gewährleistet dieser Ansatz auch eine größtmögliche globale Konsistenz in der Darstellung der Sachverhalte und Angemessenheitsanalysen, da die Dokumentation 18 Transfer Pricing Perspective Deutschland Schwerpunktthemen 2012 global koordiniert nach einheitlichen Grundsätzen erfolgt. 24 Üblicherweise werden dabei zentral verfügbare und standardisierte Daten um landesspezifische Informationen ergänzt. 25 Häufig stehen jedoch nationale Regelungen einer globalen Vereinheitlichung entgegen, wie zum Beispiel das Erfordernis einiger Länder, Finanzdaten nach nationalen Rechnungslegungsgrundsätzen bei der Angemessenheitsanalyse zu verwenden. Rechnungslegungsnormen im Rahmen der Angemessenheitsanalyse in Deutschland Die Verpflichtung zur Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation beruht auf steuerlichen Vorschriften (§ 90 Abs. 3 AO) und ist im Rahmen von Betriebsprüfungen auf Anfrage vorzulegen (§ 90 Abs. 3 Satz 6 AO). Die Mitwirkungspflicht erstreckt sich allerdings auch auf die Vorlage steuerlich relevanter Unterlagen, wozu auch die nach Grundsätzen des Handelsgesetzbuchs (HGB) zu erstellenden Unterlagen wie der Jahresabschluss gemäß § 264 Abs. 1 HGB gehören. 26 Dementsprechend werden in Tz. 2.2 der Verwaltungsgrundsätze Verfahren 27 nach lokalen Rechnungslegungsgrundsätzen erstellte Abschlüsse als vorzulegende Dokumente ausdrücklich genannt. 28 Hinsichtlich der zugrunde zu legenden Rechnungslegungsnormen bei der Angemessenheitsanalyse sind die deutschen Verrechnungspreisregelungen jedoch weniger eindeutig. In § 4 Nr. 4 d) GAufzV 29 wird lediglich auf „Finanzdaten“ unabhängiger Unternehmen verwiesen und in Tz. 3.4.12.1 der Verwaltungsgrundsätze Verfahren wird nur ausgesagt, dass der Fremd24 25 26 27 28 29 Ein Lösungsansatz hierzu ist z. B. die Erstellung von Global-Core-Dokumentationen anhand des sog. Master-File-Konzepts; vgl. Verhaltenskodex zur Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der Europäischen Union (EU TPD). EU TPD, S. 7. § 90 Abs. 3 Satz 7 AO i. V. m. § 97 Abs. 1 AO; vgl. Fiehler/Bentzien: Vorlage von Management Accounts vs. Grenzen der Mitwirkungspflichten, in: Transfer Pricing Perspective Deutschland, Ausgabe 11, August 2011. Schreiben betr. Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen nahestehenden Personen mit grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen in Bezug auf Ermittlungs- und Mitwirkungspflichten, Berichtigungen sowie auf Verständigungs- und EU-Schiedsverfahren (Verwaltungsgrundsätze Verfahren). Vgl. Tz. 2.2 Verwaltungsgrundsätze Verfahren: sowohl (i) „der zum Handelsregister eingereichte Jahresabschluss sowie der Konzernabschluss“ (§§ 290–315 HGB) als auch (ii) die nach „örtlichen Gewinnermittlungsregeln aufgestellte[n] Geschäftsberichte und Bilanzen nahestehender Unternehmen“. Verordnung zu Art, Inhalt und Umfang von Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Abs. 3 AO (Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung – GAufzV). Transfer Pricing Perspective Deutschland 19 Schwerpunktthemen 2012 vergleichsgrundsatz für Zwecke der steuerlichen Einkünfteermittlung zu beachten ist. Grundlage für Letztere ist zwar die lokale Rechnungslegung, aber das ernsthafte Bemühen, den Fremdvergleichsgrundsatz zu beachten, sollte auch auf Basis von nach internationalen Rechnungslegungsnormen ermittelten Ergebnissen erfolgen können. Kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen 30 müssen einen Konzernabschluss nach internationalen Rechnungslegungsstandards (International Financial Reporting Standards – IFRS) erstellen (§ 315a Abs. 1 HGB) 31 und können in diesem Fall auf einen HGB-Konzernabschluss verzichten. Daher werden bereits auch vermehrt Einzelabschlüsse nach internationalen Rechnungslegungsstandards erstellt. Im Gegensatz zum Konzernabschluss befreien diese jedoch nicht von der Pflicht zur Erstellung von Einzelabschlüssen nach HGB. Folglich erstellen viele deutsche Unternehmen aufgrund ihrer internationalen Kapitalmarktpräsenz neben lokalen Einzelabschlüssen (z. B. HGB) auch nach internationalen Grundsätzen global einheitliche Einzelabschlüsse (nach IFRS und/ oder United States Generally Accepted Accounting Principles – US-GAAP) 32 auf. Letztere werden zunehmend auch bei der Angemessenheitsanalyse berücksichtigt, da hierdurch für alle Transaktionspartner (tested parties) einheitliche Standards berücksichtigt werden und lokale Sonderregelungen unberücksichtigt bleiben. In der Betriebsprüfungspraxis zeigt sich, dass die deutsche Finanzverwaltung bei der Verprobung der Angemessenheit häufig zunächst auf die Einzelabschlüsse nach HGB des deutschen Transaktionspartners abstellt, aber einer global einheitlichen Berücksichtigung von internationalen Rechnungslegungsstandards zumindest ergebnisoffen begegnet. Rechnungslegungsnormen im Rahmen der Angemessenheitsanalyse in ausgewählten Ländern Um die Möglichkeiten einer international einheitlichen Verwendung von Finanzdaten besser einschätzen zu können, hat PwC in einer Umfrage die grundsätzliche Akzeptanz von internationalen Rechnungslegungsstandards 30 31 32 Gemäß § 264d HGB sind Kapitalgesellschaften auch kapitalmarktorientiert, wenn sie einen organisierten Markt im Sinne des § 2 Abs. 5 WpHG durch von ihr ausgegebene Wertpapiere im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 WpHG in Anspruch nehmen oder die Zulassung solcher Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt beantragt haben. Oder optional nach § 315a Abs. 3 HGB. Vgl. Vögele/Borstell/Engler, Handbuch der Verrechnungspreise, 3. Auflage, H58. 20 Transfer Pricing Perspective Deutschland Schwerpunktthemen 2012 (hier IFRS) im Rahmen der Angemessenheitsanalyse in 17 Ländern 33 abgefragt. Bei Ablehnung von IFRS wurde in der Umfrage zudem danach differenziert, ob gesetzliche Regelungen die Verwendung lokaler Rechnungslegungsnormen zwingend erfordern bzw. welche Konsequenzen bei abweichender Verwendung von IFRS-Finanzdaten bei der Angemessenheitsanalyse innerhalb der Verrechnungspreisdokumentation drohen (z. B. kein Schutz vor Strafzuschlägen). Aus den Umfrageergebnissen ist ersichtlich, dass in rund 70 Prozent der abgefragten Länder IFRS-Daten grundsätzlich im Rahmen von Verrechnungspreisdokumentationen akzeptiert werden. Allerdings ist in über 15 Prozent der Länder die Verwendung von Finanzdaten nach lokalen Rechnungslegungsgrundsätzen gesetzlich vorgesehen und in weiteren 30 Prozent wird deren Verwendung ohne gesetzliche Regelung bevorzugt. In über 35 Prozent der befragten Länder drohen zudem sogar Sanktionen bei Verwendung von anderen als lokalen Finanzdaten (meist unter der Voraussetzung, dass signifikante Unterschiede zwischen den Rechnungslegungsstandards bestehen). Die Ergebnisse der Umfrage sind in der folgenden Tabelle zusammenfassend dargestellt: 33 Bei der Befragung handelt es sich um keine repräsentative Umfrage (Stand 2011). Die Befragung umfasste die in der nachfolgenden Tabelle aufgeführten Länder. Transfer Pricing Perspective Deutschland 21 Schwerpunktthemen 2012 Bei der Erstellung von Verrechnungspreisdokumentationen werden … ................................................................................................................................................................................ Land ... IFRSFinanzdaten akzeptiert ... lokale Finanzdaten gesetzlich vorgeschrieben ... lokale Finanzdaten bevorzugt Sanktionen bei Verwendung von IFRS-Finanzdaten – X – ja, wenn IFRS von lokalen Finanzdaten signifikant abweichen ................................................................................................................................................................................ Argentinien ................................................................................................................................................................................ Australien AIFRS 1 – X ja, wenn IFRS von lokalen Finanzdaten signifikant abweichen ................................................................................................................................................................................ Belgien – – X ja, wenn IFRS von lokalen Finanzdaten signifikant abweichen ................................................................................................................................................................................ China X – X ja, wenn IFRS von lokalen Finanzdaten (zum Nachteil Chinas) signifikant abweichen ................................................................................................................................................................................ Dänemark X – – grundsätzlich nein Finnland X – – k. A. Frankreich X – X nein Indien – X – k. A. Italien – – X erhöhtes Risiko Korea – X – erhöhtes Risiko Österreich X – – nein Norwegen X – – nein Polen X – – nein X 2 – – nein Slowakei X 2 – – nein Südafrika X – – nein Tschechische Republik X – – k. A. ................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................ Portugal ................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................ 1 Die australischen IFRS (AIFRS) sind zum größten Teil identisch mit den IFRS. Bei einem Vorabverständigungsverfahren mit Australien ist lokal klar die Anwendung von AIFRS vorgeschrieben. 2 Vorausgesetzt, der Konzernabschluss erfolgt auch nach IFRS. 22 Transfer Pricing Perspective Deutschland Schwerpunktthemen 2012 Bereits diese kleine Länderauswahl zeigt, dass weltweit keine einheitliche Regelung zur Verwendung von nationalen oder internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen bei der Angemessenheitsanalyse besteht. Jedoch ist eine Tendenz hin zu einer stärkeren Akzeptanz von international einheitlichen Rechnungslegungsstandards (hier IFRS) bei der Beurteilung der Analyse der Angemessenheit der Verrechnungspreise festzustellen. Vor- und Nachteile einer Verwendung von internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen im Rahmen einer globalen Verrechnungspreisdokumentation Multinationale Unternehmen stehen aufgrund der vorgenannten uneinheitlichen bzw. unklaren nationalen Regelungen vor der Wahl, die Angemessenheitsanalyse in allen Ländern uneinheitlich nach lokalen Rechnungslegungsstandards durchzuführen oder soweit möglich einheitlich internationale Rechnungslegungsstandards zu verwenden. Solange internationale Rechnungslegungsstandards nicht in allen Ländern akzeptiert werden, bleibt der Ansatz aus Konzernsicht zwangsläufig inkonsistent. Für eine Verwendung internationaler Rechnungslegungsstandards sprechen aus Konzernsicht insbesondere folgende Argumente: ● zentrale Bereitstellung der Finanzdaten möglich (Effizienzsteigerung und Qualitätssicherung); ● Verwendung von weltweit einheitlichen Finanzdaten auf Basis von international anerkannten Rechnungslegungsstandards (konsistente Verwendung innerhalb des Konzerns) und damit Sicherstellung einer weltweiten Vergleichbarkeit der verwendeten Finanzdaten und Ergebnisse; ● durch die Verwendung von einheitlichen Finanzdaten zur Verprobung der Angemessenheit der Verrechnungspreise innerhalb der jeweiligen lokalen Dokumentationen der Transaktionspartner kann gegenüber den nationalen Finanzverwaltungen die einheitliche Argumentation widerspruchsfrei belegt werden; ● auch die unterjährige Steuerung der Verrechnungspreise durch Soll-IstAbgleiche der Finanzergebnisse wird durch einheitliche Standards erheblich vereinfacht und erfolgt weltweit nach einheitlichen Maßstäben; kein verbundenes Unternehmen erzielt hierbei günstigere Verrechnungspreise rein aufgrund von Unterschieden in den lokalen Rechnungslegungsstandards; ● auch die für die Erstellung von Benchmarkingstudien verwendeten Finanzdaten können somit langfristig in den Datenbanken vereinheitlicht bzw. nach einheitlichen Grundsätzen aufbereitet werden; damit sollte sich das Erfordernis der Erstellung zusätzlicher, rein lokaler Benchmarkingstudien verringern; Transfer Pricing Perspective Deutschland 23 Schwerpunktthemen 2012 ● eine konsistente Verwendung der Finanzdaten nach internationalen Rechnungslegungsstandards über die Jahre vermindert den Verdacht, dass die Wahl der Rechnungslegungsstandards in Abhängigkeit von den Ergebnissen erfolgte. Die Verwendung lokaler Rechnungslegungsstandards ist ungeachtet der vorgenannten Vorteile aus Konzernsicht insbesondere dann erforderlich, wenn nationale Gesetze oder Verordnungen dies zwingend erfordern und/oder bei Nichtbeachtung kein Schutz vor Strafzuschlägen oder ähnlichen Sanktionen besteht. Daneben zeigt sich, dass die Betriebsprüfer derzeit noch mit den Finanzdaten nach lokalen Rechnungslegungsstandards besser vertraut sind und diese daher häufig noch bevorzugen, auch ohne eine gesetzliche Grundlage hierfür. Auch fällt es der Betriebsprüfung hierbei leichter, die Einkünfte aus der Steuererklärung mit denen der Ergebnisrechnung nach nationalen Standards und der Verrechnungspreisdokumentation abzugleichen. Letztere Argumente der Gewohnheit wiegen aber die deutlichen Vorteile einer global einheitlichen Verwendung von Finanzdaten nicht auf. Erst wenn in der überwiegenden Zahl der Länder des jeweiligen Konzerns zwingend lokale Rechnungslegungsstandards gesetzlich gefordert sind, könnte dieser Konzern „einheitlich“ für alle Gesellschaften die Verprobung der Ergebnisse nach lokalen Standards vornehmen. Fazit Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die Finanzverwaltungen dem Trend zur internationalen Vereinheitlichung der Standards für Zwecke der externen Rechnungslegung (z. B. IFRS) bereits teilweise auch für steuerliche Zwecke gefolgt sind. Dies gilt insbesondere für die Akzeptanz der IFRS im Rahmen der Verrechnungspreisbildung und -dokumentation. Es bleibt zu hoffen, dass sich auch die Länder mit derzeit deutlichem Fokus auf nationale Regelungen diesem Trend zeitnah anschließen, um eine weltweit einheitliche Verwendung von Finanzdaten zu ermöglichen. Dies dürfte auch vor dem Hintergrund der verstärkt erforderlichen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Finanzverwaltungen langfristig im eigenen Interesse der Steuerverwaltungen liegen. 34 34 § 90 Abs. 2 AO; Art. 26 OECD-MA; Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2013, insbesondere Gesetz über die Durchführung der gegenseitigen Amtshilfe in Steuersachen zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU-Amtshilfegesetz). 24 Transfer Pricing Perspective Deutschland Schwerpunktthemen 2012 5 Interdependenzen zwischen Tax-Reporting und Managementreporting am Beispiel der Vertriebssteuerung Von Susann van der Ham, Dirk Heyne und Claudia Hutten Verrechnungspreise erfüllen wesentliche Funktionen sowohl im handelsrechtlichen Zahlenwerk als Basis für die steuerliche Gewinnallokation als auch im Managementreporting für Zwecke der Unternehmenssteuerung. Der folgende Artikel soll auf die Interdependenzen zwischen Steuereffekten und Steuerungsaspekten hinweisen und aufzeigen, dass deren Abstimmung einen wesentlichen Erfolgsfaktor für die Akzeptanz des steuerlichen Verrechnungspreissystems darstellt. Grundsätzlich gibt es drei Ausgestaltungsmöglichkeiten für das Verhältnis zwischen steuerlich und managementorientiertem Verrechnungspreissystem: ● identische Verrechnungspreissysteme ● getrennte Verrechnungspreissysteme ● integrierte Verrechnungspreissysteme Während in angelsächsischen Unternehmen eher getrennte Systeme verbreitet sind, streben in Deutschland vor allem mittelständisch geprägte Unternehmen häufig ein Einheitssystem (identisches Verrechnungspreissystem) an. Gründe für die weite Verbreitung des Einheitssystems in Deutschland sind in vermeintlichen Kosteneinsparungen (Effizienzgründe) zu suchen. Zudem ist davon auszugehen, dass Überlegungen zu den Alternativen aufgrund der teilweise nicht optimalen Abstimmung zwischen Steuerabteilung und Controlling gar nicht erst angestellt werden. Im Folgenden werden die unterschiedlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten sowie deren Vor- und Nachteile zusammengefasst. Identische Verrechnungspreissysteme In der handelsrechtlichen Berichterstattung sowie im Managementreporting kommen identische Verrechnungspreismethoden und -preise zur Anwendung. Wie an folgendem Beispiel der Vertriebssteuerung illustriert, führt ein identisches Verrechnungspreissystem häufig nicht zu einem Konzernoptimum. Aus steuerlicher Verrechnungspreissicht werden Vertriebsgesellschaften in der Regel auf Basis der Wiederverkaufspreismethode bzw. der transaktionsbezogenen Nettomargenmethode vergütet. Beide Methoden sollen im Ergebnis den Routine-Vertriebsgesellschaften eher geringe, aber konstante Nettomargen garantieren. Ebenso wird im Managementreporting der Ergebnisbeitrag häufig als Beurteilungsmaßstab für die Managementleistung der VertriebsTransfer Pricing Perspective Deutschland 25 Schwerpunktthemen 2012 gesellschaften herangezogen. Hier ist jedoch in der Regel ein möglichst hoher Ergebnisbeitrag der Vertriebsgesellschaft gefordert. Außerdem äußert sich die Managementleistung in volatilen Ergebnisbeiträgen. Insofern ergibt sich ein Zielkonflikt zwischen steuerlichen Zielen und Steuerungszielen. Für die Vertriebsgesellschaften besteht kein Anreiz, aktiv die Erreichung von steuerlichen Zielmargen anzustreben, gegebenenfalls besteht hier sogar ein Konflikt. Dies birgt die Gefahr hoher Plan-Ist-Abweichungen 35 und einer ungenügenden Umsetzung des steuerlichen Verrechnungspreissystems. Anpassungsbuchungen auf steuerliche Zielmargen wirken auf das Management ohne flankierende Maßnahmen zunächst demotivierend. Es besteht kein bzw. nur ein geringer Anreiz, höhere Bruttomargen zu generieren oder Vertriebskosten zu minimieren. Im Ergebnis entsprechen die steuerlichen Verrechnungspreise daher vielfach nicht konzernoptimalen Steuerungspreisen und bieten beispielsweise keine oder nur unzureichende Anreize für eine Optimierung der Profitabilität sowie eine Marktanteilserhöhung. Stattdessen können sie zu Umsatz- und Ergebnisverlusten führen und weisen zum Beispiel bedingt durch die Vollkostenorientierung Defizite bei der Erfüllung der Informationsfunktion auf. Den Nachteilen des Einheitssystems stehen jedoch Vorteile gegenüber, die vor allem in Effizienzaspekten der einheitlichen Verrechnungspreisermittlung zu sehen sind. Getrennte Verrechnungspreissysteme Hier finden in der handelsrechtlichen Gewinn-und-Verlust-Rechnung und im Managementreporting unterschiedliche Verrechnungspreise und -methoden Anwendung. Abrechnungen zwischen Konzerngesellschaften basieren auf steuerlichen Verrechnungspreisen, während im Managementreporting konzernergebnisoptimierende Steuerungspreise zur Anwendung kommen. Eine Überleitung zwischen den Methoden wäre sehr aufwendig und ist deshalb regelmäßig nicht installiert. Diese Vorgehensweise ermöglicht betriebswirtschaftlich optimierte Konzernergebnisse, impliziert jedoch Betriebsprüfungsrisiken, die entsprechend proaktiv vorbereitet werden müssen. Zwar können die steuerlichen Zielmargen im handelsrechtlichen Zahlenwerk erreicht werden, allerdings mit in der Regel abweichenden Ergebnismargen im ManagementAccounting. Es besteht das Risiko, dass die Finanzverwaltung das steuerliche Verrechnungspreissystem vor dem Hintergrund der tatsächlichen Steuerung und der resultierenden Ergebnisallokation als inkonsistent ansieht. 35 Zur Auswirkung von Plan-Ist-Anpassungen vgl. den Artikel „Aussteuerung von Vertriebsgesellschaften: Praxiserfahrung und Empfehlung“ in Ausgabe 14 von Transfer Pricing Perspective Deutschland vom Mai 2012und den Artikel „Vereinbarung von Zielmargen bei Vertriebsgesellschaften: Verrechnungspreismethodik, nachträgliche Preisanpassungen und deren zollrechtliche Implikationen“ in Ausgabe 9 von Transfer Pricing Perspective Deutschland vom Februar 2011. 26 Transfer Pricing Perspective Deutschland Schwerpunktthemen 2012 Integrierte Verrechnungspreissysteme Sowohl für handelsrechtliche als auch für Controllingzwecke wird grundsätzlich ein Verrechnungspreissystem angewendet, welches die Zielkonflikte zwischen steuerlichen Anforderungen und konzerngewinnoptimierenden Controllingvorgaben bestmöglich berücksichtigt. Ziel ist eine Erreichung von steuerlichen Zielen sowie von Steuerungszielen. Mögliche Varianten für integrierte Verrechnungspreissysteme sind die folgenden: Definition einer integrierten Logik des Verrechnungspreissystems Hier werden bereits bei der Gestaltung der Struktur des Verrechnungspreissystems die Anforderungen aus Sicht der Unternehmenssteuerung sowie die steuerlichen Anforderungen berücksichtigt. Dies impliziert die Verwendung der gleichen Methoden. Trotz dieser sich ergebenden strukturellen Verwandtschaft können auch hier Unterschiede in der Preisbildung und der Ergebnisallokation aus steuerlicher Sicht und Steuerungssicht entlang der Wertschöpfungskette auftreten. Gründe für die Verwendung unterschiedlicher Preise liegen zum Beispiel in den differenzierten Anforderungen des Vertriebs sowie des lokalen Managements hinsichtlich der Preisinformationen. Diese auf den ersten Blick konträren Anforderungen an die Informationsfunktion sowie die Koordinationsfunktion der Verrechnungspreise lassen sich durch eine geeignete Ausgestaltung der Methoden sowie Abrechnungslogiken erfüllen. Definition eines integrierten Steuerungskennzahlensystems Um die im Einheitssystem beschriebenen Zielkonflikte zu vermeiden, werden Steuerungsziele nicht bzw. nicht nur über Margenziele, sondern über differenzierte Steuerungsgrößen wie zum Beispiel Zielvorgaben und Kennzahlen in Bezug auf Marktanteile, Umsatzwachstum, Bestandsgrößen, Zahlungsziele oder Liquiditätskennzahlen definiert. Steuerungsziele und Kennzahlensysteme sollten sowohl mit der Konzernstrategie als auch mit der dem steuerlichen Verrechnungspreissystem zugrunde liegenden Funktionsund Risikoverteilung in Einklang stehen. Beispielsweise darf eine funktionsund risikoarme Vertriebsgesellschaft keine warenbezogenen Risiken übernehmen. Ein solches integriertes Steuerungskennzahlensystem ermöglicht die Einbindung der Verrechnungspreisstrategie in die Konzernstrategie und bietet eine gute Basis sowohl für eine betriebswirtschaftliche Optimierung als auch für eine effektive Umsetzung des Verrechnungspreissystems. Ein Erfolgsfaktor bei der Gestaltung eines solchen Systems ist die Einbettung in bestehende Controllingprozesse und die Berichterstattungssysteme. Etablierung von Verrechnungspreisüberleitungen Eine weitere Möglichkeit zur Berücksichtigung der Interdependenzen zwischen steuerlichen Anforderungen und den Steuerungszielen besteht in der Etablierung von Verrechnungspreisüberleitungen. Beispielsweise kann Transfer Pricing Perspective Deutschland 27 Schwerpunktthemen 2012 hierfür im Managementreporting für alle Vertriebsgesellschaften ein einheitlicher Verrechnungspreis festgelegt werden. Die buchhalterischen und damit auch steuerlichen Verrechnungspreise werden auf dieser Grundlage gemäß vorab definierten Überleitungsrechnungen, welche zum Beispiel unterschiedliche regionale Marktbedingungen berücksichtigen, ermittelt. Dieses Vorgehen ermöglicht die Erreichung von steuerlichen Zielmargen bei gleichzeitigem Steuerungseffekt des in das Managementreporting eingeflossenen Einheitspreises. Allerdings steht und fällt diese Methodik mit der Qualität der Antizipation der lokalen Marktgegebenheiten. Außerdem enthält sie keine betriebswirtschaftlichen Anreize zur Erreichung der steuerlich gewünschten Margen mit der Folge hoher Anpassungseffekte und stark schwankender Verrechnungspreise und damit verbundener steuerlicher und vor allem zollrechtlicher Risiken. Fazit Welche der dargestellten Varianten für das einzelne Unternehmen am sinnvollsten ist und wie deren konkrete Ausgestaltung aussehen sollte, ist abhängig vom Einzelfall. Wesentliche entscheidungsrelevante Parameter sind die Komplexität des zugrunde liegenden Geschäftsmodells, Praktikabilitätsanforderungen sowie Effizienz- und Transparenzüberlegungen. Zudem muss die Lösung den individuellen Compliance- und Performancemanagement-Anforderungen gerecht werden. Letztlich sollte die Verrechnungspreissystematik als Schnittstellenaufgabe zwischen Controlling, Steuern und operativen Einheiten verstanden werden. Eine Abstimmung bereits bei der Konzeption hilft sonst vorprogrammierte systemimmanente Defizite zu vermeiden. Auch im laufenden Betrieb ist deren optimale Abstimmung ein wesentlicher Erfolgsfaktor für steuer- und steuerungsoptimale Verrechnungspreise. 6 Aussteuerung von Vertriebsgesellschaften: Praxiserfahrung und Empfehlung Von Ron Dorward und Alexander Kölmel Die Aussteuerung von Vertriebsgesellschaften durch Vorgabe von Zielmargen ist ein häufig verwendetes Verrechnungspreismodell. Bereits in der Ausgabe 9 von „Transfer Pricing Perspective Deutschland“ vom Februar 2011 haben wir auf die ertragsteuerlichen und zollrechtlichen Problemstellungen hingewiesen. Da die Aussteuerung immer häufiger Thema in der Beratungspraxis ist, werden nachfolgend zwei typische Aussteuerungsmodelle auf Anwendbarkeit und Praktikabilität untersucht. 28 Transfer Pricing Perspective Deutschland Schwerpunktthemen 2012 Hintergrund Insbesondere große Konzerne gehen oft dazu über, verbundene Vertriebsgesellschaften im Ausland mittels einer vorgegebenen Zielmarge oder eines Margenkorridors auszusteuern. In den USA ist beispielsweise die Anpassung des gesamten Gewinns eines Unternehmens an fremdübliche Margen mittels der Comparable Profits Method (CPM) erlaubt. Die CPM wird aber sowohl von der OECD als auch von der deutschen Finanzverwaltung abgelehnt, da sie keinen Bezug zu einzelnen Geschäftsvorfällen aufweist. Hintergrund für die unterschiedlichen Vorgehensweisen ist, dass einige Länder wie etwa die USA stärker ergebnisorientiert vorgehen, während die Vorgehensweise in Deutschland eher (wenn auch nicht ausschließlich) transaktionsorientiert ist. Praxismodelle Rückwirkende Anpassung der Marge durch Ausgleichszahlung In dieser Variante wird die Marge der Vertriebsgesellschaft zum Ende des Wirtschaftsjahres auf Fremdüblichkeit getestet. Weicht die tatsächliche Marge der Vertriebsgesellschaft von der vorgegebenen fremdüblichen Zielmarge oder einer Bandbreite von fremdüblichen Zielmargen ab, erfolgt eine rückwirkende Anpassung durch eine Ausgleichszahlung. Dieses Modell kann bei einer deutschen Vertriebsgesellschaft nur bei Anwendung der transaktionsbezogenen Nettomargenmethode (Transactional Net Margin Method – TNMM) gerechtfertigt werden. 36 Die Anwendung der TNMM muss durch Ausschluss der Standardmethoden und durch Bestätigung einer Routinefunktion begründet werden und kann insbesondere nur transaktionsbezogen angewendet werden. Soll also die Marge der gesamten Vertriebsgesellschaft ausgesteuert werden, sollten sämtliche konzerninternen Transaktionsgruppen zwischen den ausländischen verbundenen Unternehmen und der Vertriebsgesellschaft ein vergleichbar niedriges Funktions- und Risikoprofil besitzen. Zudem vertritt die deutsche Finanzverwaltung die Meinung, dass ein Aussteuerungsmechanismus einer rückwirkenden Preisanpassung nur anzuerkennen sei, wenn dieser bereits vor der Anwendung eindeutig und klar vereinbart wurde. 37 Nach deutscher Rechtsprechung kann eine verdeckte Gewinnausschüttung bereits vorliegen, falls keine klare und von vornherein abgeschlossene Vereinbarung zugrunde liegt oder diese zivilrechtlich unwirksam ist. 38 Eingeschränkt wird diese Anforderung allerdings durch die Sperrwirkung, die Art. 9 OECD-MA gegenüber den formalen Anforderungen 36 37 38 Vgl. Tz. 3.4.10.3 Verwaltungsgrundsätze Verfahren vom 12.04.2005. Vgl. Tz. 3.4.12.8 Verwaltungsgrundsätze Verfahren vom 12.04.2005. Vgl. FG Köln, Urteil vom 22.08.2007, 13-K-647/03, mit weiteren Nachweisen. Transfer Pricing Perspective Deutschland 29 Schwerpunktthemen 2012 des deutschen Steuerrechts entfaltet. In seinem rechtskräftigen Urteil vom 22. August 2007 führt das Finanzgericht (FG) Köln aus, dass „ein Mangel an einer im Vorhinein abgeschlossenen klaren Vereinbarung der Anwendung von Art. 9 OECD-MA nicht entgegensteht“. Damit kommt es nur auf die Angemessenheit der Vergütung an. 39 Dennoch ist es in der Praxis empfehlenswert, die Vereinbarung vertraglich festzuhalten, um Diskussionen mit der Betriebsprüfung zu vermeiden. Eine schriftliche Vereinbarung kann zudem dem erforderlichen Nachweis der Fremdüblichkeit dienen. Aus Sicht der Finanzverwaltung sollte eine solche Aussteuerungsregelung sehr konkret die Zielmarge, die Bandbreite und den Korrekturmechanismus darstellen. 40 Erfahrungsgemäß sind eine solche Vereinbarung sowie die tatsächliche Umsetzung der Verrechnungspreisbildung und -korrektur Gegenstände einer Betriebsprüfung. Um die Fremdvergleichskonformität der Zielmarge zu belegen, ist die Anfertigung einer Datenbankanalyse (z. B. AMADEUS) zu empfehlen. Rückwirkende Verrechnungspreiskorrekturen können Korrekturen bei Umsatzsteuerdeklarationen und im Drittlandsverkehr eventuelle Zollwertnachmeldungen auslösen. Zur ausführlichen Diskussion verweisen wir auf die Ausgabe 9 von Transfer Pricing Perspective Deutschland vom Februar 2011, Seite 4 f. Eine rückwirkende Anpassung der Marge durch Ausgleichszahlung bietet insgesamt den Vorteil, dass die Implementierung der Aussteuerung relativ einfach erfolgen kann. Da Korrekturen lediglich einmalig am Jahresende erfolgen, ist kein unterjähriges Monitoring der Marge der Gesellschaft erforderlich und der administrative Aufwand hält sich in Grenzen. Mit einer festen Zielmarge steigt insgesamt auch die Planungssicherheit, da die vereinbarte Nettomarge des ausgesteuerten Unternehmens auch in langfristige Planrechnungen einbezogen werden kann. Allerdings können bei Zoll und Umsatzsteuer Korrekturen erforderlich sein, die vor der Implementierung genau geprüft werden sollten. Ferner müssen die 39 40 Vgl. FG Köln, Urteil vom 22.08.2007, 13-K-647/03. Vgl. Tz. 3.4.12.8 Verwaltungsgrundsätze Verfahren vom 12.04.2005. 30 Transfer Pricing Perspective Deutschland Schwerpunktthemen 2012 Transaktionen der ausgesteuerten Gesellschaft zulässig zusammenfassbar sein. 41 Zukunftsorientierte Aussteuerung durch Verrechnungspreise Alternativ besteht die Möglichkeit, die Marge der Vertriebsgesellschaft durch korrigierte zukünftige Verrechnungspreise auszusteuern. Hierbei wird der Vertriebsgesellschaft am Jahresende keine Ausgleichszahlung gewährt. Wird während des Wirtschaftsjahres festgestellt, dass die tatsächliche Nettomarge der Gesellschaft stark von fremdüblichen Zielnettomargen abweicht, werden die Verrechnungspreise so angepasst, dass sich die tatsächliche Nettomarge im Verlauf des Wirtschaftsjahres möglichst dem Ziel annähert. Diese Anpassung kann je nach geschäftsbedingter Schwankung der Marge der Gesellschaft monatlich oder vierteljährlich erfolgen. Aus Umsatzsteuer- und Zollsicht ist diese Alternative der prospektiven Korrektur vorteilhafter. Allerdings sind unterjährig eine häufigere Ermittlung und Überprüfung der tatsächlichen Nettomarge sowie gegebenenfalls häufigere Verrechnungspreiskalkulationen notwendig. Bei stark saisonalem Geschäft, insbesondere vor dem Wirtschaftsjahresende, stellt es sich als äußerst schwierig heraus, eine Margenaussteuerung mit prospektiven Korrekturen zu erreichen. Zudem ist für die unterjährige Messung der Marge ein entsprechendes ITReportingtool notwendig, das die Nettomarge der ausgesteuerten Gesellschaft darstellen kann. Können systembedingt vor Abschluss des Geschäftsjahres nur Bruttomargen (z. B. Deckungsbeitrag I) dargestellt werden, kann eine Anpassung oder Erweiterung des Systems notwendig werden. Fazit Insgesamt bieten sich für die Aussteuerung von Vertriebsgesellschaften mehr als die oben genannten zwei Gestaltungsmöglichkeiten an, die im jeweiligen Einzelfall überprüft werden sollten. Hierbei sollten die wesentlichen Aspekte Ertrag-, Umsatzsteuer, Zoll, Prozesskosten und IT/Reporting-Anforderungen bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden. Die rückwirkende Aussteuerung durch die TNMM bietet den Vorteil der Planungssicherheit und reduziert den administrativen Überprüfungs- und Anpassungsaufwand, birgt allerdings die Gefahr der Nichtanerkennung durch die deutsche Finanzverwaltung, insbesondere für den Fall, dass die Anwendung der TNMM infrage gestellt wird. Mit der zukunftsbezogenen Aussteuerung durch Verrechnungspreiskorrekturen kann die Vertriebsgesellschaft in der Regel zwar nicht exakt auf eine bestimmte Nettomarge ausgesteuert werden, aber es ergeben sich in der Regel weniger ertragsteuerliche und zollrechtliche Fragestellungen. In 41 Vgl. Tz. 3.4.10.3 b Verwaltungsgrundsätze Verfahren vom 12.04.2005 i. V. m. § 2 Abs. 3 GAufzV. Transfer Pricing Perspective Deutschland 31 Schwerpunktthemen 2012 jedem Fall ist eine sorgfältige Planung vor Implementierung des Aussteuerungsmechanismus zu empfehlen. 7 Die zunehmende Bedeutung der BRICS-Staaten und die Auswirkungen auf die OECD-Richtlinien Von Holger Lorenzen und Jan Feldtkeller Oftmals kommt es bei Geschäftsbeziehungen mit verbundenen Unternehmen in Schwellenländern zu Doppelbesteuerungen und Mehraufwand zur Minimierung dieser Steuerrisiken. Ursächlich hierfür sind nicht nur eine unterschiedliche Vorgehensweise und Methodik bei der Verrechnungspreisermittlung, sondern oftmals auch die geringere Erfahrung dieser Länder mit Verrechnungspreissachverhalten. Die Steuerung dieses Risikos ist für viele deutsche Unternehmen von zunehmender Bedeutung, da der Geschäftsverkehr mit den Schwellenländern, etwa den BRICS-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, weiter wächst. Nachfolgend sollen die Gründe für dieses erhöhte Verrechnungspreisrisiko im Geschäftsverkehr mit Schwellenländern sowie die weitere Entwicklung in diesem Bereich dargestellt werden. Der Fremdvergleich als international anerkannte Grundlage der Verrechnungspreisbestimmung Zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen hat Deutschland bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen (DBAs) mit anderen Staaten abgeschlossen. Diese legen fest, welcher Staat das jeweilige Besteuerungsrecht hat. Die deutschen DBAs basieren generell auf dem Musterabkommen der OECD (OECD-MA), das ursprünglich 1963 erstellt und seitdem stetig angepasst wurde. Das OECD-MA 2010 kodifiziert in Art. 9 den Fremdvergleichsgrundsatz (arm’slength principle – ALP) wie folgt: Wenn verbundene Unternehmen „in ihren kaufmännischen oder finanziellen Beziehungen an vereinbarte oder auferlegte Bedingungen gebunden sind, die von denen abweichen, die unabhängige Unternehmen miteinander vereinbaren würden, so dürfen die Gewinne, die eines der Unternehmen ohne diese Bedingungen erzielt hätte, wegen dieser Bedingungen aber nicht erzielt hat, den Gewinnen dieses Unternehmens zugerechnet und entsprechend besteuert werden“. 32 Transfer Pricing Perspective Deutschland Schwerpunktthemen 2012 Wie der Fremdvergleichspreis konkret zu bestimmen ist – OECDRichtlinien oftmals nicht bindend für Schwellenländer Zur Auslegung des ALP laut Art. 9 OECD-MA haben sich die Mitgliedsstaaten der OECD (überwiegend entwickelte Industrieländer) im Jahr 1995 auf die detaillierten OECD-Verrechnungspreisgrundsätze für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen (OECD-Richtlinien) geeinigt, die seitdem stetig ergänzt und weiterentwickelt wurden, zuletzt im Juli 2010. Deutschland hat als OECD-Mitglied an den OECD-Richtlinien mitgearbeitet und erkennt diese als offiziellen Kommentar zum Art. 9 der DBAs an, der bei Verständigungsverfahren oder Streitigkeiten zwischen den DBA-Vertragsstaaten heranzuziehen ist. Dementsprechend werden auch in den jüngeren BMF-Schreiben zu Verrechnungspreisen, beginnend mit den Verwaltungsgrundsätzen Verfahren vom 12. Mai 2005, ausgiebig entsprechende Textstellen der OECD-Richtlinien zitiert. Während die OECD, die oftmals auch als Organisation der entwickelten Industrieländer gesehen wird, aktuell 34 Mitgliedsstaaten umfasst, hat Deutschland derzeit 122 DBAs abgeschlossen. Der überwiegende Teil der deutschen DBAs ist also mit Staaten geschlossen worden, die nicht OECD-Mitglieder sind und die nicht in die Entwicklung der OECD-Richtlinien einbezogen worden waren. Insbesondere die am schnellsten wachsenden Länder, wie zum Beispiel sämtliche BRICS-Staaten, sind keine Mitglieder der OECD. Für diese Nicht-OECD-Staaten, die oftmals mit den Schwellenländern gleichgesetzt werden, gilt zwar oftmals das ALP entsprechend Art. 9 der mit Deutschland abgeschlossenen jeweiligen DBAs, allerdings sind für diese Staaten die OECD-Richtlinien zur Auslegung des ALP nicht verbindlich. Brasilien zum Beispiel nutzt schematische Richtwerte für Lizenzen, Umlagen und Gewinne, die dem jeweiligen Einzelfall wenig Rechnung tragen. Dies hat mit dazu geführt, dass Deutschland das DBA mit Brasilien mittlerweile gekündigt hat, da aufgrund der unterschiedlichen Auslegungen keine Rechtssicherheit mehr gegeben war. Kritische Punkte der OECD-Auslegung des Fremdvergleichsgrundsatzes aus Sicht der Schwellenländer Schwellenländer verfügen in der Regel über geringere immaterielle Wirtschaftsgüter wie Marken, Patente oder technisches Know-how. Zudem finden sich die Konzernzentralen eher in den entwickelten Ländern. Stattdessen verfügen diese Länder über Kostenvorteile, zum Beispiel geringere Lohnkosten, und über eine zunehmend kaufkräftige Konsumentenschicht, die an westlichen Markenwaren interessiert ist. Aus dieser unterschiedlichen Ausgangslage ergeben sich unterschiedliche Interpretationen des ALP. Kritische Punkte sind insbesondere: Transfer Pricing Perspective Deutschland 33 Schwerpunktthemen 2012 Standortvorteile (location savings) Schwellenländer wie zum Beispiel China vertreten oftmals die Auffassung, dass die aufgrund niedrigerer Löhne und Produktionskosten erzielten zusätzlichen Gewinne vollständig ihnen zustehen sollten. Die deutsche Finanzverwaltung und Rechtsprechung geht dagegen von einer Teilung dieser sogenannten location savings aus, die je nach Verhandlungsmacht der beteiligten Parteien ausfällt. Lokale immaterielle Wirtschaftsgüter (local marketing intangibles) Aus Sicht der Schwellenländer wird immateriellen Wirtschaftsgütern wie Technologien, Patenten und Markennamen, die oftmals den entwickelten Industrieländern gehören, ein zu großer Wert zugemessen. In China war es daher in der Vergangenheit zum Beispiel durchaus üblich, nur geringe Lizenzsätze für immaterielle Wirtschaftsgüter in der Automobilindustrie anzuerkennen. Diese Länder sehen demgegenüber in dem lokalen Kundenstamm und anderen lokalen marketing intangibles einen erheblichen Wert, der mindestens gleichrangig zu berücksichtigen sei. Hier spielt sicher auch die Idee eine Rolle, dass letztendlich die Bürger der Schwellenländer die (teuren) Preise für Markenprodukte zahlen und dementsprechend auch die Steuer für die hieraus erzielten Gewinne weitgehend im Land verbleiben sollte. Lokale Marktprämie (local market premium) Oftmals werden in Ländern wie Russland oder China höhere Gewinnmargen erzielt als in den entwickelten Industrieländern. Schwellenländer wie etwa China vertreten die Auffassung, dass diese Übergewinne der lokalen Gesellschaft allein zustünden und im Schwellenland zu besteuern seien. Auch hier spielt die Überlegung eine Rolle, dass die höheren Preise von den Konsumenten gezahlt werden und daher die Besteuerung der höheren Gewinnmarge weitgehend im Land erfolgen sollte. Aufteilung von Synergien im Konzernverbund Unternehmen in Schwellenländern arbeiten in zentralisierten und wertschöpfungskettenoptimierten Geschäftsmodellen oftmals als verlängerte Werkbank oder in anderen Routinefunktionen. Diese Tätigkeiten werden in der Regel auf Basis der Kostenaufschlagsmethode mit einem Routinegewinn vergütet. Die Residualgewinne fallen beim Entrepreneur an, der in der Regel nicht im Schwellenland ansässig ist. Dieses Entrepreneurkonzept ergibt sich direkt aus den OECD-Richtlinien, die weitgehend von einer Verteilung der 34 Transfer Pricing Perspective Deutschland Schwerpunktthemen 2012 „Vorteile der Konzernintegration“ auf die einzelnen Konzerngesellschaften absehen. 42 Schwellenländer sind demgegenüber häufig der Auffassung, dass Synergieeffekte auf alle an der Wertschöpfungskette beteiligten Unternehmen aufgeteilt werden sollten. Die Begründung hierfür ist, dass Konzerne ein anderes Geschäftsmodell haben als unabhängige Unternehmen und dass dies bei der Verrechnungspreisfestsetzung entsprechend berücksichtigt werden sollte. Wer vertritt die Interessen der Schwellenländer? Inzwischen haben sich verschiedene Organisationen der Interessen der Schwellenländer angenommen. An erster Stelle sind hier die Vereinten Nationen (UN) mit dem kürzlich veröffentlichten Practical Manual on Transfer Pricing for Developing Countries zu nennen. Dieses stellt auch auf den Fremdvergleichsgrundsatz laut Art. 9 DBA ab und folgt in wesentlichen Punkten den OECD-Richtlinien. Allerdings propagieren die UN eine stärkere Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode, um Schwellenländer an den im Konzernverbund erzielten Synergieeffekten partizipieren zu lassen. So soll die Gewinnaufteilungsmethode auch bei Dienstleistungen zur Anwendung kommen 43 und bei einfachen Transaktionen soll eine vereinfachte Form des Profit Split angewendet werden 44 . Ähnlich argumentiert Michael Durst, der frühere Direktor des IRS-APAProgramms, der die Notwendigkeit sieht, die derzeitigen Regeln grundlegend zu reformieren und auf die verstärkte Anwendung einer praxisorientierten Gewinnaufteilungsmethode auszurichten. Weitere Entwicklung Zukünftig wird es darum gehen, die OECD-Richtlinien so anzupassen, dass sich die Schwellenländer einbezogen fühlen und ihre Interessen vertreten sehen. Sowohl Joseph Andrus, seit Oktober 2011 neuer Leiter OECD Transfer Pricing, als auch seine Vorgängerin Caroline Silberztein haben erst jüngst wieder die Bedeutung der Schwellenländer und der Zusammenarbeit mit anderen Organisationen betont. Auch die Schwellenländer haben kein Interesse daran, den globalen Austausch durch unterschiedliche Verrechnungspreisregeln zu behindern. 42 43 44 Siehe Tz. 1.10 der OECD-Richtlinien 2010. Kapitel V Tz. 3 der UN-Richtlinien. Kapitel I Tz. 7.11 der UN-Richtlinien. Transfer Pricing Perspective Deutschland 35 Schwerpunktthemen 2012 Es bleibt daher zu hoffen, dass zukünftig nicht mehrere unterschiedliche Verrechnungspreissysteme nebeneinander entwickelt werden – eines für die entwickelten Industrieländer und eines für die Schwellenländer –, sondern dass eine sinnvolle Weiterentwicklung der OECD-Richtlinien beide Sichtweisen in einem einheitlichen Regelwerk zusammenführen kann. Dabei ist zu beachten, dass mit zunehmendem Entwicklungsstand eines Landes die Sympathie für die OECD-Richtlinien zunimmt, wie dies zum Beispiel bei Südkorea zu beobachten war. Zusammenfassung Die Schwellenländer, darunter die BRICS-Staaten, sind in der Regel keine Mitglieder der OECD und stehen einer Übernahme und Anwendung der OECD-Richtlinien eher kritisch gegenüber. Sie vertreten die Auffassung, dass diese im Interesse der entwickelten Volkswirtschaften der Industrieländer verfasst wurden und die originären Interessen der Schwellenländer nicht berücksichtigen. Sie beklagen, nicht bei der Abfassung der OECD-Richtlinien beteiligt gewesen zu sein, da ihr wirtschaftlicher Einfluss zum damaligen Zeitpunkt nur gering war. Deutsche Unternehmen sollten sich darüber bewusst sein, dass diese Interessengegensätze zu Änderungen an den bestehenden Regelungen führen werden und dass bis zu einer Angleichung weiterhin ein erhöhtes Verrechnungspreisrisiko bei Geschäftsbeziehungen mit Schwellenländern besteht. Insbesondere sollte derzeit möglichst vermieden werden, OECDerprobte Verrechnungspreisregelungen schematisch auf Schwellenländer zu übertragen, ohne die jeweiligen besonderen lokalen Gegebenheiten und Regelungen zu beachten. 8 Steuereffiziente Implementierung von Produktionsund Vertriebsstrukturen in China Von Susann van der Ham und Ina Sprenger Vor dem Hintergrund der zunehmenden Expansion nach Asien und insbesondere nach China stellen sich für europäische Konzerne unter anderem die Fragen, wie zum Beispiel (i) eine neue chinesische Produktionsstätte oder Vertriebseinheit in das bestehende weltweite Konzernverrechnungspreissystem integriert und (ii) die konkrete Struktur in China aufgesetzt werden soll und kann. China wendet nicht die OECD-Verrechnungspreisrichtlinien 2010 an. Aus deutscher Verrechnungspreissicht ist dies nicht unkritisch. Der vorliegende Beitrag gibt einen kurzen Überblick 36 Transfer Pricing Perspective Deutschland Schwerpunktthemen 2012 über eine aus deutscher und chinesischer Verrechnungspreis-, Zollund Umsatzsteuersicht optimierte Produktions- und Vertriebsstruktur und erläutert die jeweiligen Implikationen. Grundstruktur Für die deutsche Produktionsgesellschaft bestehen grundsätzlich zwei Alternativen, eine weitere bzw. neue Produktionsstätte in China aufzusetzen: ● als Voll- bzw. Eigenproduzent oder ● als Auftragsfertiger Mögliche Funktionsprofile der Produktionsgesellschaft Produktionsstätte als Voll- bzw. Eigenproduzent Produktionsstätte als Auftragsfertiger Deutschland Deutschland Produzent/ Auftraggeber Produzent/ Auftraggeber Rechnung in EUR (Lizenz) China Rechnung in EUR (C+) Rechnung in EUR China Produzent/ Auftragsfertiger Produzent/ Auftragsfertiger Rechnung in RMB Rechnung in RMB Kunde Warenfluss Vertriebsgesellschaft Kunde Rechnungsfluss Voll- bzw. Eigenproduzent In diesem Fall ist nachteilig, dass es entweder zu einer Funktionsverlagerung von Deutschland nach China durch Übergang des bestehenden Produktions-/ Produkt-Know-hows kommt oder dem chinesischen Produzenten vom bisherigen deutschen Produzenten eine Lizenz zu gewähren ist, die nach dem Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-China einer zehnprozentigen Quellenbesteuerung unterliegt. Transfer Pricing Perspective Deutschland 37 Schwerpunktthemen 2012 Auftragsfertiger In diesem Fall ist der Verkauf der Produkte durch den deutschen Auftraggeber an die chinesische Vertriebsgesellschaft unter den bestehenden Devisenkontrollvorschriften unter Umständen unzulässig mit der Folge, dass Kaufpreiszahlungen nicht transferiert werden dürfen. Der direkte Verkauf der Produkte durch den deutschen Auftraggeber an chinesische Kunden würde hingegen zu einem Betriebsstättenrisiko in China führen. Des Weiteren wird bei Verkauf der Produkte durch den deutschen Auftraggeber an die chinesische Vertriebsgesellschaft die Erstattung der Ausfuhrumsatzsteuer auf Ebene des Auftragsfertigers versagt, sodass die Umsatzsteuer einen effektiven Kostenfaktor darstellt. Zur Vermeidung dieser Nachteile bietet sich die Implementierung des BondedLogistics-Parks-Modells an. BLP-Modell Die sogenannten Bonded Logistics Parks (BLPs) sind von der chinesischen Finanzverwaltung eingeführte, spezielle zollrechtlich überwachte Zonen innerhalb einer oder angrenzend an eine Freihandelszone, die zunächst auf die Entwicklung der internationalen Logistikbranche abzielten. Mittlerweile existieren acht anerkannte BLPs (Wai Gao Qioa – WGQ, Qingdao, Ningbo, Dalian, Zhangjiagang, Xiamen Xiangyu, Shenzhen, Yantian Hafen und Tianjin). BLPs haben folgende Vorteile: ● idealer Standort für regionale Vertriebscenter ● Möglichkeit sogenannter Bonded-Lieferungen zwischen Produktionsstätten in China und an chinesische Kunden ● Reduzierung der Umsatzsteuerlast auf lokale Produkte (Differenz zwischen Vorsteuer und Ausfuhrumsatzsteuer-Erstattung) 38 Transfer Pricing Perspective Deutschland Schwerpunktthemen 2012 Bonded-Logistics-Parks-Modell Deutschland Auftraggeber 3 Rechnung in EUR (C+) 1 China 2 Rechnung in EUR (Servicegebühr) Ausfuhr-UStErstattung Auftragsfertiger Export Declaration Form 4 2 fremder dritter Logistikdienstleister 3 Rechnung Rechnung in EUR in EUR Vertriebsgesellschaft BLP in China Einfuhr-UStZahlung Import Declaration Form 3 Rechnung in RMB Kunde Warenfluss Rechnungsfluss Die Einschaltung eines BLP zwischen chinesischem Auftragsfertiger und chinesischer Vertriebsgesellschaft bzw. Kunden hat folgende Verrechnungspreis-, Umsatzsteuer- und Zollimplikationen: 1. Die chinesische Produktionsgesellschaft kann als Auftragsfertiger etabliert werden. Dies entspricht vielfach dem Funktions- und Risikoprofil der lokalen Gesellschaft. Know-how, Technologien und andere immaterielle Wirtschaftsgüter können der lokalen Gesellschaft ohne zusätzliches Entgelt beigestellt werden. So können quellensteuerliche Thematiken vermieden werden. 2. Durch Einschaltung des BLP können bei Einhaltung entsprechender Deklarationsvorschriften Umsatzsteuer-Erstattungen erreicht werden, sodass eine effektive Belastung mit der Ausfuhrumsatzsteuer vermieden werden kann. 3. Der Verkauf von Produkten des deutschen Auftraggebers an die chinesische Vertriebsgesellschaft unterliegt bei Einfuhr aus dem BLP unter Einhaltung entsprechender Deklarationspflichten nicht der Devisenkontrolle. Transfer Pricing Perspective Deutschland 39 Schwerpunktthemen 2012 4. In Abhängigkeit von dem Produkttypus können zollrechtliche Konsequenzen bei der Wiedereinfuhr aus dem BLP nach China weitestgehend minimiert werden. Aus chinesischer Verrechnungspreissicht ist der Auftragsfertiger auf Kostenaufschlagsbasis zu vergüten und die Vertriebsgesellschaft sollte einen Routinegewinn erzielen. Für den Fall, dass der deutsche Auftraggeber die Produkte direkt an chinesische Kunden verkauft, besteht demgegenüber ein Betriebsstättenrisiko. Fazit Die dargestellte Zwischenschaltung eines BLP kombiniert die aus deutscher Verrechnungspreissicht vorteilhafte Auftragsfertigerstruktur mit der Erstattung der chinesischen Ausfuhrumsatzsteuer. Eine Prüfung der Vorteilhaftigkeit des BLP-Modells aus deutscher und chinesischer Verrechnungspreis-, Zollund Umsatzsteuersicht sollte dabei auch die Kosten für die Einschaltung des BLP-Dienstleisters sowie den physischen Warenfluss in und aus dem BLP berücksichtigen. 40 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU B Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU Das Jahr 2012 war auf OECD-Ebene geprägt durch die Veröffentlichung verschiedener Stellungnahmen, insbesondere des mit Spannung erwarteten Entwurfs der Leitlinien zu immateriellen Wirtschaftsgütern. Darüber hinaus hat die OECD eine Stellungnahme zu zeitlichen Aspekten bei der Verrechnungspreisbestimmung (ex ante und ex post) veröffentlicht. Daneben befasste sich die OECD im Bericht Dealing Effectively with the Challenges of Transfer Pricing mit administrativen Aspekten und Vorschlägen zur Erhöhung der Effizienz in Zusammenhang mit Verrechnungspreisprüfungen. Die OECD-Statistik zu Verrechnungspreisverfahren 2010 gibt Auskunft über Bestand, Zugang, Beendigung und durchschnittliche Bearbeitungsdauer von Verrechnungspreisverfahren. Auf EU-Ebene wurden Impulse durch den Bericht des EU Joint Transfer Pricing Forum zu Kostenumlageverträgen sowie durch das Grünbuch der Deutsch-Französischen Zusammenarbeit über Konvergenzpunkte bei der Unternehmensbesteuerung gesetzt. 1 OECD WP 6 – Special Session on the Transfer Pricing Aspects of Intangibles Von Dr. Jutta Menninger Im November 2011 fand erneut ein Treffen der Working Party 6 (WP 6) der OECD mit Unternehmensvertretern in Paris statt (Special Session on the Transfer Pricing Aspects of Intangibles). Schwerpunkt dieses Treffens waren Definitionen, Markenbewertung, die Zurechnung von Zahlungsströmen sowie die Bedeutung von Synergien. Die im Vorfeld den Unternehmensvertretern gestellten Fragen sowie die Diskussion vor Ort zeigten, dass die Vertreter der OECD sich bereits sehr intensiv mit allen Fragen rund um die Verrechnungspreise von immateriellen Werten beschäftigt hatten. Transfer Pricing Perspective Deutschland 41 Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU Die Diskussion im November 2011 betraf im Wesentlichen folgende fünf Teilbereiche: ● Definition von immateriellen Werten ● Definition und Behandlung von Goodwill und Going Concern ● Definition, Bedeutung und Bewertung von Marken ● Zurechnung von Zahlungsströmen von immateriellen Werten ● Bedeutung von Unternehmenssynergien Definition von immateriellen Werten Bei dem ersten Treffen mit Unternehmensvertretern im März 2011 war bewusst auf eine Diskussion zu den schwierigen und strittigen Abgrenzungsfragen verzichtet worden, um sich zunächst vollständig auf die Bewertungsfragen konzentrieren zu können. Diese Diskussion wurde im November 2011 nachgeholt: Eine schnelle und einfache Lösung der Abgrenzungsfragen zeichnete sich allerdings wie erwartet nicht ab. In der Diskussion wurde jedoch deutlich, dass sich weder die Vertreter der Finanzverwaltungen noch die der OECD mit einer Beschränkung auf die rechtlich geschützten immateriellen Werte anfreunden können. Definition und Behandlung von Goodwill und Going Concern Joseph Andrus vom OECD Secretariat eröffnete die Diskussion mit drei spezifischen Fragen: ● Was versteht man unter Goodwill im Rahmen von Verrechnungspreisen? ● Wer ist Eigentümer des Goodwills einer Unternehmensgruppe? ● Hat der Goodwill Auswirkungen auf den Fremdvergleichspreis? Nach einer intensiven Diskussion zur Entstehung von Goodwill insbesondere im Hinblick auf die Annahmen, dass ein Going Concern vorliegt, kristallisierte sich als wesentlicher Aspekt der Diskussion die Einschätzung heraus, dass diese Frage eher im Rahmen der Regelungen zu Business Restructurings zu adressieren ist und weniger Gegenstand der Frage der Bestimmung von Verrechnungspreisen für immaterielle Werte sein sollte. Definition, Bedeutung und Bewertung von Marken Sowohl aufseiten der Unternehmensvertreter als auch der Vertreter der Finanzverwaltungen und der OECD herrschte Einigkeit, dass es wichtig sei, bei der Definition zwischen Marken und Markenzeichen zu unterscheiden. Unstrittig war unter den Teilnehmern die potenziell große Bedeutung von Marken; dies zeigte sich auch an der aktiven Diskussionsteilnahme von Ländern mit Beobachterstatus wie Indien oder China. Zur Bewertung von Marken wurden der ISO 10668 und die Anwendung eines Income Approach (wie z. B. des Incremental Cash Flow Approach) präsentiert und diskutiert. Während die Anwendung eines Income Approach nicht infrage gestellt wurde, ist nicht zu 42 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU erwarten, dass direkt auf die ISO 10668 Bezug genommen wird, sondern dass eventuell einzelne Aspekte der Norm aufgegriffen werden. Zurechnung von Zahlungsströmen von immateriellen Werten Es wurden die Begriffe legal ownership, beneficial ownership, contractual ownership und economic ownership präsentiert und diskutiert. Vor dem Hintergrund der Darstellung der Vorgehensweise der australischen Finanzbehörde zur Ermittlung der Verrechnungspreise von Marketing Intangibles wurde die Frage aufgeworfen, ob die Anerkennung eines economic ownership überhaupt notwendig sei. Die Frage blieb letztlich unbeantwortet. Bedeutung von Unternehmenssynergien Der Schwerpunkt der Ausführungen lag auf der Darstellung, welche Unternehmenssynergien es gibt und wie sie entstehen. Dabei wurde deutlich, dass es nicht um eine generelle Erfassung von Synergien geht, sondern um die Fälle, in denen Synergien direkte Auswirkungen auf die Zahlungsströme der immateriellen Werte haben. Fazit Erneut war die gemeinsame Diskussion der OECD und der Vertreter der Finanzverwaltungen mit den Unternehmensvertretern sehr konstruktiv. Die präzisen Fragestellungen und die offene Diskussion zeigten, dass das Projekt sich gut entwickelt und im Zeitplan liegt. 2 OECD veröffentlicht einen ersten Entwurf der Leitlinien zu immateriellen Wirtschaftsgütern Von Dr. Jutta Menninger und Holger Lorenzen Verrechnungspreisfestsetzungen im Zusammenhang mit immateriellen Wirtschaftsgütern sind ein kontroverses und viel diskutiertes Thema bei Betriebsprüfungen. Insofern ist es zu begrüßen, dass die OECD dieses Thema mit dem jetzt vorgelegten Diskussionsentwurf zu Verrechnungspreisaspekten von immateriellen Wirtschaftsgütern sehr aktiv und schnell weiterentwickelt. Transfer Pricing Perspective Deutschland 43 Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU Aktueller Stand des OECD-Projekts zu Verrechnungspreisaspekten von immateriellen Wirtschaftsgütern Am 6. Juni 2012 ist ein erster Diskussionsentwurf der OECD Working Party 6 zu Verrechnungspreisaspekten von immateriellen Wirtschaftsgütern erschienen. 45 Der Diskussionsentwurf stellt noch keinen Konsens der beteiligten Finanzverwaltungen dar und ist auch noch nicht vom Committee on Fiscal Affairs behandelt worden. Vielmehr ist die Veröffentlichung als Teil eines Diskussionsprozesses mit interessierten Kreisen der Öffentlichkeit zu verstehen. Schriftliche Kommentare waren bis zum 14. September 2012 bei der OECD einzureichen. Im November 2012 fand eine weitere öffentliche Konsultation statt, nach zwei vorausgegangenen Treffen im März und November 2011 46 mit interessierten Teilnehmern aus Wirtschaft und Beratung (business commentators). Der Diskussionsentwurf besteht aus zwei Elementen: ● einem allgemeinen Teil, der das bisherige Kapitel VI der OECDVerrechnungspreisrichtlinien zu immateriellen Wirtschaftsgütern (Special Considerations for Intangibles) ersetzen soll ● einem Anhang mit 22 Anwendungsbeispielen Der jetzige Diskussionsentwurf behandelt noch nicht: ● die marktspezifischen Vorteile, Standortvorteile, Konzernsynergien, den Personalbestand und ähnliche Faktoren, die im Diskussionsentwurf als Vergleichbarkeitsfaktoren (comparability factors) und nicht als immaterielle Wirtschaftsgüter behandelt werden ● aufgrund der Änderungen des Kapitels VI erforderliche Folgeänderungen der Kapitel I bis III, des Kapitels VII sowie des Kapitels VIII der OECDVerrechnungspreisrichtlinien Zu diesen Themen sollen zu einem späteren Zeitpunkt weitere Diskussionsentwürfe folgen. 45 46 Discussion Draft – Revision of the Special Considerations for Intangibles in Chapter VI of the OECD Transfer Pricing Guidelines and Related Provisions – 6 June to 14 September 2012, www.oecd.org/ctp/ transferpricing/50526258.pdf. Vgl. hierzu den vorangegangenen Beitrag. 44 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU Einige Highlights des Diskussionsentwurfs 47 Wesentlicher Kernpunkt ist, dass im Einklang mit bisherigen Stellungnahmen der OECD die Wichtigkeit einer Vergleichbarkeitsanalyse (comparability analysis) einschließlich einer Funktionsanalyse (functional analysis) betont wird. Gerade bei immateriellen Wirtschaftsgütern soll die Verrechnungspreisanalyse ein Verstehen sowohl des Geschäftsmodells des Konzerns als auch der Rolle, die die immateriellen Wirtschaftsgüter im spezifischen betrieblichen Wertschöpfungsprozess haben, ermöglichen. 48 Auch wenn es sich lediglich um einen ersten und noch nicht verbindlichen Diskussionsentwurf handelt, der sich in vielen Punkten noch ändern wird, sind folgende, aus unserer Sicht besonders wesentliche Punkte hervorzuheben: Definition von immateriellen Wirtschaftsgütern aus Verrechnungspreissicht Anstatt auf formalrechtliche oder buchhalterische Definitionen einzugehen, ist die Verrechnungspreisanalyse bei immateriellen Wirtschaftsgütern darauf zu fokussieren, was fremde Dritte unter vergleichbaren Umständen vereinbart hätten. Dementsprechend ist die Behandlung und damit auch die Definition eines immateriellen Wirtschaftsguts für Verrechnungspreiszwecke unabhängig von rechtlichen oder sonstigen festgelegten Definitionen (Tz. 5 und 6). In der deutschen Übersetzung wäre es daher eventuell sinnvoll, statt von immateriellen Wirtschaftsgütern eher etwas weiter gefasst von immateriellen Werten zu sprechen. 49 Die OECD-Verrechnungspreisrichtlinien definieren in Kapitel IX (Business Restructurings) ein intangible als etwas Werthaltiges (something of value). Diese als zu unbestimmt kritisierte Definition ist im Diskussionsentwurf konkretisiert worden. Danach bezeichnet ein intangible etwas, ● das kein materieller oder finanzieller Vermögensgegenstand ist und 47 48 49 Weiter gehende, englischsprachige Informationen finden Sie in den folgenden beiden Alerts unseres Pricing Knowledge Network: www.publications.pwc.com/Display File.aspx?Attachmentid=5755&Mailinstanceid=24719; www.publications.pwc.com/ DisplayFile.aspx?Attachmentid=5871&Mailinstanceid=25057. Vor diesem Hintergrund ist die Lektüre von Abschnitt A (Identifiying Intangibles) und insbesondere von Abschnitt A. 4 (Illustrations) empfehlenswert, weil er eine gute Beschreibung der zu beachtenden Wesensmerkmale der verschiedenen immateriellen Werte enthält. Aus Konsistenzgründen wird in Übereinstimmung mit der bisher verwendeten deutschen Terminologie in diesem Artikel weiterhin der Terminus „immaterielle Wirtschaftsgüter“ verwendet. Transfer Pricing Perspective Deutschland 45 Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU ● das Eigentum und Kontrolle unterliegen kann (Tz. 5). Dies beinhaltet grund- sätzlich eine Übertragbarkeit, gegebenenfalls in Zusammenhang mit anderen Komponenten. Bestimmte Markteigenschaften, Konzernsynergien und Ähnliches sollen nach dieser Definition keine eigenständigen immateriellen Wirtschaftsgüter darstellen, sondern im Rahmen der Vergleichbarkeitsanalyse und bei der Preisbildung berücksichtigt werden (Tz. 5, 8, 23, 24 und 124). Rechtliches versus wirtschaftliches Eigentum Neben der Identifikation der relevanten immateriellen Wirtschaftsgüter kommt eine wichtige Rolle der Identifikation der Gesellschaften zu, die unter Fremdvergleichsgesichtspunkten Anspruch auf Erträge aus der Nutzung dieser Wirtschaftsgüter haben. Der Diskussionsentwurf gebraucht nicht den Begriff des wirtschaftlichen Eigentums. Stattdessen wird zwischen dem (formalrechtlichen) Eigentümer unterschieden und demjenigen, dem der Ertrag aus dem immateriellen Wirtschaftsgut zusteht (Tz. 27). Ausgangspunkt für die Prüfung der Frage, wem der Ertrag aus dem immateriellen Wirtschaftsgut zusteht, sind weiterhin der rechtliche Schutz (z. B. bei Patenten und Marken) sowie die vertraglichen Vereinbarungen (Tz. 30 f.). Daher gehört es zur guten betrieblichen Praxis im Konzernverbund, die geplante Zuordnung der Rechte am immateriellen Wert vor Beginn der Entwicklungsaktivitäten schriftlich zu dokumentieren (Tz. 36). Grundsätzlich ist dann in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die bei der Schaffung und Werterhaltung des immateriellen Wirtschaftsguts von den jeweiligen Parteien übernommenen Funktionen, Risiken und Kosten in Übereinstimmung mit dem (formaljuristischen) Eigentum und der Zuordnung der Erträge stehen (Tz. 37). Auch unter fremden Dritten werden Funktionen ausgelagert. Jedoch soll die Konzerngesellschaft, die Ansprüche auf Erträge aus immateriellen Wirtschaftsgütern geltend macht, physisch und mit eigenen Mitarbeitern die zur Schaffung und Werterhaltung des immateriellen Wirtschaftsguts wichtigen Funktionen ausüben (Tz. 40). Je nach Sachlage sind dies zum Beispiel Design und Kontrolle von Forschungs- und Marketingprogrammen, Management und Kontrolle von Budgets, strategische Entscheidungen hinsichtlich der Entwicklungsprogramme und die laufende Qualitätskontrolle derjenigen Funktionen, die einen wesentlichen Effekt auf den Wert des intangible haben (Tz. 40). Neben der Aufsicht über die wichtigen Funktionen und damit verbundenen Risiken sowie deren Steuerung und Kontrolle schließt dies die Kostentragung mit ein (Tz. 41). 46 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU Grundsätzlicher Wert eines immateriellen Wirtschaftsguts Der einem immateriellen Wirtschaftsgut zuzuordnende Ertrag setzt sich grundsätzlich zusammen aus dem ● wirtschaftlichen Ertrag des mit dem immateriellen Wirtschaftsgut durchgeführten Geschäfts ● abzüglich der damit zusammenhängenden Kosten und ● abzüglich der Vergütung für ausgeübte Funktionen, genutzte Wirtschaftsgüter (andere als das zu betrachtende immaterielle Gut) und übernommene Risiken (Tz. 28). Dabei sollte nicht automatisch angenommen werden, dass der Residualgewinn nach Abzug von Routinevergütungen allein dem immateriellen Wirtschaftsgut zuzuordnen ist. Vielmehr sind alle Umstände des Einzelfalls wie etwa Risikotragung, spezielle Marktcharakteristika, Standort, Geschäftsstrategien und Konzernsynergien zu analysieren und zu berücksichtigen (Tz. 108). Methodenwahl Die Preisvergleichsmethode bietet sich an, wenn vergleichbare Marktpreise vorliegen, die den Vergleichbarkeitskriterien der OECD genügen. Hier kann auch ein vorhergehender Kauf des betreffenden immateriellen Wirtschaftsguts von fremden Dritten ein erster Anhaltspunkt sein (Tz. 137 und 138). Liegen keine Fremdvergleichspreise vor, kann eine Profit-Split-Methode zur Anwendung kommen, vor allem dann, wenn beide Seiten einzigartige immaterielle Wirtschaftsgüter beisteuern (Tz. 128). Wenn keine vergleichbaren Transaktionen identifiziert werden können, ist auch die Anwendung von Bewertungstechniken möglich, um einen Fremdvergleichspreis zu ermitteln (Tz. 145 und 147). Insbesondere die Discounted-Cash-FlowMethode (DCF-Methode) wird hier als nützliches Analyseinstrument erwähnt (Tz. 148). Dabei wird auf die hohen Anforderungen an Sorgfalt und Erfahrung (due diligence and judgement) bei der Schätzung der Bewertungsparameter und Annahmen sowie bei der Plausibilisierung der Prognoserechnungen verwiesen (Tz. 149 ff.). Weitere Entwicklung Nach dem ursprünglichen Zeitplan der OECD sollte erst 2013 ein erster Diskussionsentwurf zu den Verrechnungspreisaspekten von immateriellen Wirtschaftsgütern erscheinen. Die frühzeitige Veröffentlichung und die damit verbundene umfassende Einbeziehung von Anregungen aus Wirtschaft und Beratung sind zu begrüßen. Klärung und Hilfestellung auf diesem wichtigen Gebiet liegen im Interesse der Steuerpflichtigen und der internationalen Finanzverwaltungen. Es bleibt abzuwarten, wie die öffentlichen Stellungnahmen und die Diskussionen innerhalb der OECD Working Party 6 und das Transfer Pricing Perspective Deutschland 47 Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU Treffen mit Vertretern der Öffentlichkeit im November 2012 die weitere Richtung des Projekts bestimmen werden. 3 Verrechnungspreisbestimmung ex ante und ex post – aktuelle Stellungnahme der OECD Von Holger Lorenzen International finden sich zwei Ansätze zur Bestimmung von Verrechnungspreisen. Während einige Länder, wie etwa Deutschland, die Festlegung von Verrechnungspreisen weitgehend nur auf Basis der zum Zeitpunkt der Vertragsschließung vorhandenen Informationen vorsehen („ex-ante approach“), gestatten andere Länder auch die Einbeziehung späterer Erkenntnisse („ex-post approach“). Die OECD hat hierzu am 6. Juni 2012 einen „Draft on Timing Issues Relating to Transfer Pricing“ veröffentlicht. 50 Vorbemerkung Die unterschiedliche Vorgehensweise der OECD-Mitgliedsstaaten bei der Berücksichtigung von neuen Erkenntnissen führt immer wieder zu Doppelbesteuerungen für international operierende Unternehmensgruppen. Gerade in Zeiten krisenhafter Entwicklungen kann es von entscheidender Bedeutung sein, ob die Erwartungen vom Jahresanfang oder die besseren Erkenntnisse zum Jahresende zugrunde gelegt werden. So haben zum Beispiel die Finanzkrise und der Konkurs der US-Bank Lehman Brothers im Herbst 2008 eine vollständige Neueinschätzung der Ertragsaussichten zwischen Jahresanfang und Jahresende 2008 mit sich gebracht. Bisher wurde die Frage einer nachträglichen Preisfestsetzung in den Textziffern 3.67 bis 3.71 der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien 2010 angesprochen. Der jetzt vorgelegte OECD-Entwurf bringt keine grundlegenden Änderungen, stellt aber das gesamte Thema zur Diskussion. Die OECD bat die interessierte Öffentlichkeit insbesondere um Kommentare zu den Problemen, die in der Praxis aus der Existenz der verschiedenen Ansätze resultieren, und zu praktikablen Lösungsansätzen. Ein Treffen mit Vertretern der Öffentlichkeit fand im November 2012 statt. 50 Vgl. www.oecd.org/ctp/transferpricing/50519380.pdf. 48 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU Der „ex-ante approach“ („arm’s length price-setting“) Bei diesem Ansatz werden bei der Preisfestsetzung nur die Informationen und Erwartungen berücksichtigt, die den Parteien zum Zeitpunkt des Eintretens in die Transaktion bekannt waren. Dabei sind Preisanpassungsklauseln, Meilensteinvereinbarungen oder andere fremdvergleichsübliche Vertragsklauseln, wie etwa die Berücksichtigung von Rohstoffpreisschwankungen oder die Vereinbarung einer Risikoteilung, erlaubt. Dieser Ansatz entspricht der deutschen Verwaltungsauffassung, dass nach Abschluss des Geschäfts vorgenommene nachträgliche Preisermittlungen nur dann anzuerkennen sind, wenn im Vorhinein alle Preisbestimmungsfaktoren vereinbart wurden. Dies soll sicherstellen, dass die Preisermittlung allein auf bereits vorher festgelegten Rechenvorgängen beruht. 51 Der „ex-post approach“ („arm’s length outcome-testing“) Andere OECD-Mitgliedsstaaten überprüfen die Ergebnisse konzerninterner Transaktionen im Nachhinein, um deren Fremdüblichkeit nachzuweisen. Dieser Test findet regelmäßig am Ende des relevanten Wirtschaftsjahres oder zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung statt. Dabei werden die tatsächliche Geschäftslage und Marktentwicklung des abgelaufenen Wirtschaftsjahres zugrunde gelegt. Gerade vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren stärkeren Konjunkturschwankungen und der steigenden Häufigkeit krisenhafter und unvorhergesehener Entwicklungen in der Weltwirtschaft kommt diesem Ansatz verstärkte Aktualität zu. Länder, die diesen Ansatz vertreten, argumentieren, dass dies eine flexiblere Preisfestsetzung und eine Berücksichtigung aller relevanten Informationen, insbesondere auch der tatsächlich erzielten Ergebnisse von Vergleichsunternehmen im betreffenden Wirtschaftsjahr, ermöglicht. Offene Fragen, die im OECD-Entwurf gestellt werden Der vorliegende OECD-Entwurf wirft folgende Fragen auf, die der Klärung bedürfen: ● Welche nachträglichen Informationen sollen die Steuerpflichtigen und die Finanzbehörden einbeziehen dürfen und bis zu welchem Zeitpunkt sollen diese zur Verfügung stehen? ● Kann ein Konsens zwischen den OECD-Mitgliedsstaaten dahin gehend erreicht werden, dass vom Steuerpflichtigen vorgenommene nachträgliche Preisanpassungen aufgrund neuer Erkenntnisse respektiert werden? ● Soll es Finanzbehörden erlaubt sein, bei einer mit hohen Unsicherheiten behafteten Bewertung immaterieller Wirtschaftsgüter Preisanpassungsklauseln oder einen Neuverhandlungsmechanismus zu unterstellen? Die 51 Vgl. Tz. 3.4.12.8 der Verwaltungsgrundsätze Verfahren vom 12.04.2005. Transfer Pricing Perspective Deutschland 49 Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU Bewertung immaterieller Wirtschaftsgüter beruht oftmals auf unsicheren Gewinnerwartungen, sodass eine nachträgliche Berücksichtigung der tatsächlichen Entwicklung eine bessere Zuordnung des Besteuerungsvolumens zwischen den Staaten ermöglichen könnte. Soweit keine Preisanpassungsklausel vereinbart ist, sieht auch das deutsche Steuerrecht in solchen Fällen eine angemessene nachträgliche Anpassung vor, allerdings aufgrund der Platzierung in § 1 Abs. 3 Satz 11 und 12 AStG wohl nur zum Nachteil des Steuerpflichtigen. Ausblick Die konzeptionelle Klärung der aufgeworfenen Fragen hat Auswirkungen auf verschiedene Bereiche der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien, insbesondere auch auf das aktuelle OECD-Projekt zur Überarbeitung des Kapitels VI zu immateriellen Wirtschaftsgütern. 52 Es hat sich dabei gezeigt, dass die Akzeptanz von finanzmathematischen Bewertungsmethoden durch die Mitgliedsstaaten auch davon abhängt, inwieweit die zugrunde gelegten Prämissen und Gewinnprojektionen anhand der späteren tatsächlichen Entwicklung überprüft werden können und inwieweit Finanzbehörden entsprechende Anpassungsklauseln unterstellen dürfen. Beide Ansätze, der arm’s length price-setting approach (ex ante) und der arm’s length outcome-testing approach (ex post), sowie die Kombination dieser Ansätze sind in den OECD-Mitgliedsstaaten anzutreffen und für beide Konzepte gibt es gute Begründungen. Die hieraus resultierende mögliche Doppelbesteuerung bleibt ein Risiko und lässt sich gegebenenfalls nur in zwischenstaatlichen Verständigungsverfahren lösen, sofern die jeweiligen nationalen Verrechnungspreisvorschriften nicht kompatibel sind. Es bleibt abzuwarten, in welche Richtung die Entwicklung gehen wird. 4 Neuer OECD-Bericht: Dealing Effectively with the Challenges of Transfer Prices Von Marianne Grabowski und Anna Angerstein Zu Beginn dieses Jahres hat die OECD eine Studie zu administrativen Aspekten in Zusammenhang mit Betriebsprüfungen mit Fokus auf Verrechnungspreisen veröffentlicht. 52 Vgl. hierzu den vorangegangenen Beitrag. 50 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU Die Studie zeigt verschiedene Ansätze auf, um Betriebsprüfungen zukünftig effizienter und schneller durchführen zu können. 53 Auch für Finanzverwaltungen stellen Betriebsprüfungen mit Fokus auf Verrechnungspreisen (Verrechnungspreisprüfungen) häufig eine Herausforderung dar, da sie oftmals nur über begrenzte personelle Ressourcen verfügen. Verrechnungspreisprüfungen können sich über Jahre hinziehen und münden zunehmend in Verständigungs- bzw. Schiedsverfahren. Die dabei auch seitens der Finanzverwaltung entstehenden Kosten stehen in vielen Fällen in keinem Verhältnis zu den Volumina der konzerninternen Transaktionen. Das OECD Forum on Tax Administration (FTA – besetzt mit verschiedenen Vertretern der Finanzverwaltungen) hat daher eine Studie herausgegeben, die verschiedene Ansätze aufzeigt, wie Betriebsprüfungen zukünftig effizienter und schneller durchgeführt werden können. Die Studie wurde von einer Arbeitsgruppe unter Leitung von Großbritannien durchgeführt und von den Mitgliedsstaaten des FTA, aber auch von Nichtmitgliedsstaaten unterstützt. Neben den Finanzverwaltungen der unterschiedlichen Länder wurden auch Unternehmen und Steuerberatungsgesellschaften befragt. Die Kernaussagen der Studie werden im Folgenden zusammengefasst. Auswahl der Prüfungsschwerpunkte Zunächst sind die Identifikation und Bewertung möglicher Verrechnungspreisrisiken der geprüften Unternehmen bzw. der geprüften Transaktionen die wichtigsten Faktoren für den effizienten Verlauf einer Verrechnungspreisprüfung. Hierbei gilt es, den Fokus auf die wichtigen und risikobehafteten Transaktionen zu legen. Somit soll der administrative Aufwand für die Finanzverwaltungen und die geprüften Unternehmen minimiert werden sowie die Prüfung in einem angemessenen Zeitrahmen zum Abschluss gebracht werden. Der Bericht nennt unter anderem folgende Indizien für mögliche Prüfungsschwerpunkte: ● signifikante Transaktionen mit verbundenen Unternehmen in Niedrigsteuerländern ● Transfer von immateriellen Wirtschaftsgütern ● Umstrukturierungen ● Zahlungen mit hoher „Mobilität“ wie Zinsen, Versicherungsprämien und Lizenzen 53 Weiterführende Literatur in englischer Sprache zu diesem Themenkomplex finden Sie unter www.publications.pwc.com/DisplayFile.aspx?Attachmentid=5332 &Mailinstanceid=23228. Transfer Pricing Perspective Deutschland 51 Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU ● Verluste oder geringe Profitabilität ● keine oder unzureichende Verrechnungspreisdokumentation Prüfungsbeginn und Prüfungsanfragen Zunächst stellt das FTA fest, dass die Art und Weise, wie Verrechnungspreisprüfungen begonnen werden, entscheidend für den weiteren Prüfungsverlauf ist. Prüfungsanfragen sollten fokussiert und spezifisch sein und sich auf eine vorangegangene Risikobewertung stützen. Ein hinreichendes Verständnis des Sachverhalts ist Voraussetzung, bevor technische Argumente zwischen den Parteien ausgetauscht werden. Die Sachverhaltsermittlung sollte dabei gemeinschaftlich nach einem zwischen Finanzverwaltung und Steuerpflichtigem abgestimmten Zeitplan erfolgen. Ebenso ist es erstrebenswert, dass Verrechnungspreissachverhalte möglichst zeitnah geprüft werden. Hierbei hat es sich als wesentlich erwiesen, dass auch seitens der Finanzverwaltung Experten für bestimmte Branchen zur Verfügung stehen. Governance (Steuerung des Prüfungsverlaufs) Eine gute Steuerung des Prüfungsverlaufs durch die Finanzverwaltung soll sicherstellen, dass zum einen die richtigen Prüfungsschwerpunkte ausgewählt werden und zum anderen Vorgesetzte innerhalb der Finanzverwaltung stets einen umfassenden Überblick über die laufenden Betriebsprüfungen haben, um somit einen effizienten Verlauf der Prüfung sicherzustellen. Hierdurch soll eine konsistente Herangehensweise bei der Prüfung von Verrechnungspreissachverhalten sichergestellt werden. Sicherstellung von Fortschritt und Vermeidung von Verzögerungen Verzögerungen bei Verrechnungspreisprüfungen sind oftmals durch den hohen Umfang an benötigten Unterlagen und den damit verbundenen Arbeitsaufwand sowie durch Unstimmigkeiten hinsichtlich der Notwendigkeit dieser Unterlagen begründet. Eine frühe Abstimmung über den Umfang der bereitzustellenden Informationen sowie ein klarer Zeitplan für die unterschiedlichen Phasen der Betriebsprüfung in Abstimmung mit dem Unternehmen können zu einem effizienten Prüfungsverlauf beitragen. In vielen Verrechnungspreisprüfungen bleiben außerdem unterschiedliche Auffassungen zwischen Finanzverwaltung und Steuerpflichtigem auch nach intensivem Austausch bestehen. Einige Länder, beispielsweise Großbritannien, haben spezielle Konfliktlösungsprozeduren eingeführt, welche eine Einigung zwischen Finanzverwaltung und Steuerpflichtigem erreichen sollen, bevor der Klageweg und/oder der Weg in ein Verständigungsverfahren beschritten wird (alternative dispute resolution). 52 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU Entscheidungsfindung Häufig stehen Finanzverwaltungen, Steuerpflichtige und Berater vor der Frage, wann die Sachverhaltsklärung abgeschlossen ist und die Prüfung zu einem Ende kommen sollte. Hierbei ist es erforderlich, dass klare Regelungen für die Lösung von Konflikten bestehen und darüber hinaus, wann eine Verhandlungslösung angestrebt wird oder aber der Klageweg bzw. das Verständigungsverfahren eingeleitet wird. Der Bericht zeigt weiterhin Beispiele von Ländern auf, in denen interne Genehmigungsprozesse innerhalb der Finanzverwaltung eingeführt worden sind, die sicherstellen sollen, dass ein Verrechnungspreiskonflikt nur dann in eine Klage mündet, wenn aus Sicht der Finanzverwaltung hinreichend Aussicht auf Erfolg besteht. Ressourcen, Erfahrungen und Einsatz von Spezialisten Um Betriebsprüfungen effizient gestalten zu können, ist es essenziell, dass die Finanzverwaltungen über ausreichend Erfahrung sowie ein grundlegendes Verständnis des ökonomischen Umfelds der zu prüfenden Unternehmen verfügen. Einige Finanzverwaltungen versuchen dies durch gemischte Teams mit komplementären Fähigkeiten und Erfahrungen zu erreichen, während andere Finanzverwaltungen Expertenteams für bestimmte steuerliche oder industrielle Bereiche zusammenstellen. Vereinzelt werden auch externe Berater hinzugezogen, um schwierige Verrechnungspreissachverhalte effizient lösen zu können. Fazit und Ausblick Die Auseinandersetzung mit möglichen Defiziten und das Aufzeigen möglicher Verbesserungsvorschläge sind sowohl aus Sicht der Finanzverwaltungen als auch aus Sicht der Steuerpflichtigen sehr zu begrüßen, um in Zukunft Betriebsprüfungen zeit- und kosteneffizienter zu gestalten. Denn auch wenn die Mehrheit der Finanzverwaltungen angibt, dass Betriebsprüfungen in der Regel zwölf Monate dauern, liegt die durchschnittliche Dauer tatsächlich bei 540 Tagen. Basierend auf unseren Erfahrungen aus laufenden bzw. abgeschlossenen Betriebsprüfungen ist es aus unserer Sicht vor allem zu begrüßen, wenn zukünftig in Betriebsprüfungen verstärkt mit klaren Zeitplänen gearbeitet wird und Prüfungsanfragen risikoorientiert und fokussiert formuliert sowie begründet werden. Transfer Pricing Perspective Deutschland 53 Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU 5 OECD-Statistik zu Verständigungsverfahren 2010 Von Katja Preker Im Dezember 2011 veröffentlichte die OECD ihre Statistik zu Verständigungsverfahren (Mutual Agreement Procedure – MAP) 2010. 54 Die Anzahl neu eingereichter MAP-Fälle ist überraschenderweise erstmals rückläufig. Deutschland kann die Anzahl der erledigten Fälle im Vergleich zum Vorjahr um 35 Prozent steigern. Die Statistik enthält je Land Informationen zur Anzahl der noch offenen Verständigungsverfahren, zu den im Jahr 2010 zugegangenen und erledigten MAP-Fällen sowie zur durchschnittlichen Bearbeitungsdauer eines Verständigungsverfahrens. Im Jahr 2010 beteiligten sich an der Erhebung sämtliche 34 OECD-Länder. Während in den Vorjahren ein kontinuierlicher Anstieg sowohl der Bestände an offenen Verständigungsverfahren zum Jahresende als auch der Zugänge pro Jahr zu verzeichnen war, kehrte sich dieser Trend 2010 erstmals um. Die Endbestände sanken im Vergleich zum Vorjahr um 4,5 Prozent, der Rückgang bei den Neufällen 2010 fiel mit rund 25 Prozent noch deutlicher aus. Hinsichtlich der durchschnittlichen Bearbeitungsdauer eines Verständigungsverfahrens zeichnet sich ein leichter Trend zu einer steigenden Bearbeitungsdauer ab. Im Jahr 2010 lag der Durchschnitt bei etwa 26 Monaten, während ein MAP-Fall im Jahr 2007 noch innerhalb von rund 19 Monaten erledigt werden konnte. Der Fokus der weiteren Analysen liegt auf der Auswertung der Statistik für Deutschland und seine wichtigsten OECDHandelspartner Frankreich, USA und Niederlande. 55 Deutschland Das in Deutschland für Verständigungsverfahren zuständige Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) verzeichnete 2010 einen Endbestand von insgesamt 483 noch offenen Verständigungsverfahren. Im Vergleich zu 2009 entspricht dies einem deutlichen Rückgang von mehr als 10 Prozent. Ursachen dafür waren zum einen eine analog zur Gesamtbetrachtung rückläufige Anzahl von Neufällen (150 im Vergleich zu 177 im Vorjahr) sowie eine steigende Anzahl 54 55 Die OECD-Statistik finden Sie unter www.oecd.org/document/9/0,3746,en_2649_37989739_48558537_1_1_1_1,00.html. Die Außenhandelsstatistik 2010 des Statistischen Bundesamts finden Sie unter www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/ Aussenhandel/Handelspartner/Tabellen/Content100/RangfolgeHandelspartner, property=file.pdf. 54 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU erledigter Fälle. Erstmals konnte das BZSt innerhalb eines Jahres mehr als 200 MAP-Fälle (plus 35 Prozent) abschließen. Überblick MAP-Statistik Deutschland 600 500 526 542 518 476 483 400 300 212 200 180 186 136 177 185 177 2008 2009 209 153 150 100 0 2006 2007 Endbestand 31.12. Zugänge pro Jahr 2010 erledigte Fälle Da Deutschland trotz Anfrage durch die OECD keine Angabe zur durchschnittlichen Bearbeitungsdauer der Verständigungsverfahren macht, hat PwC die Bearbeitungsdauern im Folgenden exemplarisch anhand der für das Jahr 2006 verfügbaren Daten ermittelt. Mit Blick auf die 212 im Jahr 2006 neu eingereichten Fälle zeigt sich, dass der Großteil der Fälle (27 Prozent) im Jahr 2008 erledigt werden konnte und somit nach einer Bearbeitungsdauer von maximal 36 Monaten. Bedauerlich ist hingegen, dass ein Fünftel der 2006 eingereichten Fälle erst im Jahr 2010 erledigt werden konnte, während sogar 12 Prozent der Fälle zum 31. Dezember 2010 immer noch offen waren. Erledigungsquote bei im Jahr 2006 eingereichten Fällen 26,89% 20,28% 15,09% 14,62% 10,85% erledigt 2006 erledigt 2007 erledigt 2008 erledigt 2009 erledigt 2010 12,26% nach 2010 Transfer Pricing Perspective Deutschland 55 Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU Deutschland im Vergleich zu seinen wichtigsten OECDHandelspartnern Frankreich, USA und Niederlande Für Frankreich, die USA und die Niederlande zeichnen sich ähnliche Entwicklungen ab. Die Zahl der neuen Fälle ist eher rückläufig, während die Anzahl der erledigten Verständigungsverfahren pro Jahr tendenziell ansteigt. Interessant ist, dass Deutschland in den Jahren 2006 und 2007 noch einen höheren Bestand an Verständigungsverfahren als die USA verzeichnete. Dies kehrte sich in den Jahren 2008 bis 2009 um, in denen die USA hohe Zuwachsraten bei den Endbeständen zu verzeichnen hatten. Zum Ende des Jahres 2010 liegen die USA nun mit 705 offenen MAP-Fällen an der Spitze der OECDAuswertung, gefolgt von Deutschland mit 483 Fällen. Die Analyse der Bearbeitungsdauern zeigt, dass diese in den Niederlanden und den USA bereits seit 2006 weitgehend konstant bei circa zwei Jahren liegen. Frankreich konnte die Bearbeitungsdauer seiner MAP-Fälle von noch 38 Monaten im Jahr 2006 auf nur noch 22 Monate im Jahr 2009 senken. Fazit Aus der OECD-Statistik 2010 lässt sich der kurzfristige Trend einer rückläufigen Anzahl neu eingereichter Fälle ableiten. Deutschland hatte im Vergleich zu 2009 etwa 15 Prozent weniger Neufälle zu verzeichnen. Die Gründe hierfür können vielschichtig sein. Denkbar ist zum Beispiel, dass der Steuerpflichtige zu einer strittigen Verrechnungspreisfrage bereits in der Vergangenheit ein Verständigungsverfahren oder Advance Pricing Agreement geführt hat, durch das auch für die Zukunft Klarheit geschaffen werden konnte. Interessant ist, dass sich dieser Trend nicht ohne Weiteres mit unseren Praxiserfahrungen deckt. Aufseiten unserer Mandantschaft erleben wir eher eine zunehmende Bereitschaft zur Durchführung von Verständigungsverfahren, insbesondere dann, wenn die lokalen Steuerbehörden ein konzernweit praktiziertes und bereits in vielen Ländern akzeptiertes Verrechnungspreissystem angreifen. Die Statistik zeigt des Weiteren, dass die Bearbeitungsdauer im OECD-Durchschnitt bei etwas mehr als zwei Jahren liegt. Für Deutschland können diesbezüglich keine belastbaren Schlüsse gezogen werden, da die entsprechenden Angaben nicht veröffentlicht werden. Insofern wäre es in jedem Fall zu begrüßen, wenn Deutschland künftig aus Gründen der Transparenz auch diese Angaben veröffentlicht. Positiv hervorzuheben bleibt, dass Deutschland die Anzahl der erledigten Fälle im Vergleich zu 2009 um mehr als 35 Prozent steigern konnte. 56 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU 6 EU Joint Transfer Pricing Forum plant Veröffentlichung eines Berichts zu Kostenumlageverträgen bis Ende 2012 Von Irina Engler und Daniel Retzer Kostenumlageverträge (Cost Contribution Arrangements– CCAs) sind ein immer wiederkehrendes Thema in Betriebsprüfungen. Häufig werden die vereinbarten Konditionen zwischen den verbundenen Gesellschaften nicht anerkannt. Um den Steuerpflichtigen mehr Rechtssicherheit zu verschaffen und die Doppelbesteuerung bzw. Anzahl der hieraus resultierenden Schiedsverfahren zu reduzieren, hat es sich das EU Joint Transfer Pricing Forum (EUJTPF) nun zum Ziel gesetzt, bis Ende 2012 ein gemeinsames Konzept für Kostenumlageverträge für die Steuerverwaltungen der 27 EU-Mitgliedsstaaten zu entwickeln. 56 Insbesondere möchte das EUJTPF folgende Aspekte beleuchten: 1. Abgrenzung zu konzerninternen Dienstleistungsverträgen 2. Erhebung eines Gewinnaufschlags 3. Ermittlung des erwarteten Nutzens 4. Arten der zulässigen Beiträge (z. B. Bargeld, Sacheinlage) 5. Bestimmung eines angemessenen Aufteilungsschlüssels 6. Eintritt und Austritt von Teilnehmern, Beendigung von CCAs 7. Dokumentation von CCAs Der Fokus soll dabei auf CCAs mit Dienstleistungscharakter gelegt werden. Das sind CCAs, bei denen keine immateriellen Wirtschaftsgüter geschaffen werden. Da die in den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien genannten Beispiele für CCAs nicht die Komplexität tatsächlicher Fälle abbilden, könnte die Veröffentlichung einer Richtlinie seitens des EUJTPF dazu beitragen, ein einheitliches Verständnis von CCAs bei Finanzverwaltungen zu schaffen und eine größere Konsistenz in der steuerlichen Behandlung zu erreichen. Damit sollte es gelingen, zumindest zwischen den EU-Mitgliedsstaaten das Risiko einer Doppelbesteuerung zu reduzieren. 56 Der „Report on Cost Contribution Arrangements on Services Not Creating Intangible Property (IP)“ wurde im September 2012 veröffentlicht (vgl. den Beitrag in Ausgabe 17 von Transfer Pricing Perspective Deutschland vom Februar 2013). Transfer Pricing Perspective Deutschland 57 Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU 7 Grünbuch der Deutsch-Französischen Zusammenarbeit über Konvergenzpunkte bei der Unternehmensbesteuerung Von Gert Wöllmann und Dr. Christoph Sommer Bereits auf ihrem Sondergipfel am 16. August 2011 hatten Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy das ambitionierte Ziel der Einführung einer gemeinsamen deutsch-französischen Körperschaftsteuer vorgestellt. 57 Das nun veröffentlichte „Grünbuch der Deutsch-Französischen Zusammenarbeit über Konvergenzpunkte bei der Unternehmensbesteuerung“ 58 enthält konkrete Handlungsempfehlungen zur Angleichung der Unternehmensbesteuerungssysteme beider Länder. Hintergrund des Vorhabens Vor dem Hintergrund der finanz- und wirtschaftspolitischen Herausforderungen der EU und des Euroraums, ausgelöst durch die weltweite Finanzkrise und die anschließende Schuldenkrise in einigen EU-Mitgliedsstaaten, haben Deutschland und Frankreich beschlossen, ihre Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Unternehmensbesteuerung weiter zu vertiefen. Die angestrebte körperschaftsteuerliche Harmonisierung soll dabei nicht nur die steuerlichen Befolgungsund Verwaltungskosten von grenzüberschreitend operierenden Unternehmensgruppen reduzieren und einen Unterbietungswettbewerb auf dem Gebiet der Unternehmensbesteuerung zwischen Deutschland und Frankreich verhindern. Vielmehr erhoffen sich beide Länder von einer gemeinsamen Körperschaftsteuer eine positive Signalwirkung für eine stärkere wirtschaftliche Integration innerhalb der EU, eine langfristige Stabilität des Euro und damit letztendlich auch eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Binnenmarktes. 59 Inhalt und Ziel des Grünbuchs Basierend auf einer systematischen Untersuchung der Unternehmensbesteuerungssysteme in Deutschland und Frankreich werden im nun vorgelegten Grünbuch mögliche Harmonisierungsmaßnahmen identifiziert und kritisch gewürdigt. Bei der Ausgestaltung dieser Vorschläge für eine 57 58 59 Vgl. Wöllmann, G./Sommer, C., Gemeinsame deutsch-französische Körperschaftsteuer, in: Transfer Pricing Perspective Deutschland, Ausgabe 12, November 2011, S. 17–19. Vgl. Bundesministerium der Finanzen, Grünbuch der Deutsch-Französischen Zusammenarbeit über Konvergenzpunkte bei der Unternehmensbesteuerung, Stand Februar 2012. Vgl. Pressemitteilung der Bundesregierung Nr. 291 (Gemeinsamer DeutschFranzösischer Brief an EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy) vom 17.08.2011. 58 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU Konvergenz der Körperschaftsteuersätze und -bemessungsgrundlagen beider Länder wurde die politische Vorgabe berücksichtigt, dass es durch die geplante Angleichung der Besteuerungssysteme zu keiner Schlechterstellung deutscher oder französischer Kapitalgesellschaften kommen darf. 60 Gleichzeitig soll mit der Veröffentlichung des Grünbuchs der Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission zur gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) 61 unterstützt werden. Im Grünbuch identifizierte Konvergenzfelder Im Grünbuch werden im Wesentlichen folgende Konvergenzfelder identifiziert: Steuersätze, Behandlung von Dividenden und Zinsen, Verlustabzug, Abschreibungen und Gruppenbesteuerung. Die Maßnahmen zielen vor allem auf eine Senkung der effektiven Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften in Frankreich ab, da diese derzeit deutlich höher ist als in Deutschland. So soll der französische nominale Regelkörperschaftsteuersatz von momentan 33,3 Prozent schrittweise reduziert werden. Eine vollständige Harmonisierung der Steuersätze in Deutschland und Frankreich, wie ursprünglich geplant, wird nicht mehr verfolgt. Gleichzeitig wird eine Verbreiterung der körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage in Frankreich angestrebt. Konkret werden unter anderem eine allgemeine Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen ähnlich der deutschen Zinsschranke, eine Einschränkung der Anwendbarkeit der degressiven Abschreibung sowie ein Verbot der Abzugsfähigkeit der Abgabe auf den Mehrwert der Unternehmen 62 angeregt. Zudem sollen die französischen Regelungen zur Verlustnutzung überprüft und eine planmäßige Abschreibung des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts eingeführt werden. Auf deutscher Seite wird – entsprechend der derzeitigen Regelung in Frankreich – die Einführung einer Mindestbeteiligungsquote von 5 Prozent für die Steuerfreiheit von Dividenden nach § 8b KStG erwogen. Auch werden eine Erhöhung der Höchstgrenze beim Verlustrücktrag gemäß § 10d EStG auf 1 Million Euro und eine Abschaffung des Wahlrechts für Steuerpflichtige hinsichtlich der Höhe des Verlustrücktrags in Betracht gezogen. Ferner wird eine gesetzliche Regelung zur Nutzung grenzüberschreitender Verluste diskutiert. Um eine Annäherung bei der Gruppenbesteuerung beider Länder zu erreichen, könnte in Deutschland einerseits die Pflicht zum Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrags zwecks Gründung einer ertragsteuerlichen 60 61 62 Vgl. Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und dem französischen Staatspräsidenten Sarkozy am 16.08.2011. Vgl. Europäische Kommission, KOM (2011) 121. Cotisation sur la valeur ajoutée des entreprises (CVAE). Transfer Pricing Perspective Deutschland 59 Internationale Entwicklungen in der OECD und der EU Organschaft entfallen und andererseits eine Erhöhung der Mindestbeteiligungsquote von derzeit 50 Prozent auf 75 bis 95 Prozent für die Inanspruchnahme der Organschaftsregelungen vorgenommen werden. Eine Eliminierung innerkonzernlicher Transaktionen – wie bei der französischen intégration fiscale – lehnt Deutschland jedoch ab. Auswirkungen auf den Fremdvergleichsgrundsatz und die GKKB Obwohl im Grünbuch nicht explizit thematisiert, ist die geplante Überarbeitung der Regelungen zur Gruppenbesteuerung aus Verrechnungspreissicht und für die europäische GKKB-Initiative von entscheidender Bedeutung. Während beim Fremdvergleichsgrundsatz die Gewinnabgrenzung zwischen den Konzerneinheiten prinzipiell durch Einzelerfassung und -bewertung jeder einzelnen innerkonzernlichen Transaktion erfolgt, würde bei der GKKB die ermittelte konsolidierte Steuerbemessungsgrundlage einer Unternehmensgruppe auf Basis einer definierten Formel auf die EU-Mitgliedsstaaten zerlegt. 63 Zwecks Konsolidierung der steuerlichen Ergebnisse von Konzerngesellschaften wären gruppeninterne Transaktionen einschließlich der Zwischenergebnisse zu eliminieren. Nach dem derzeitigen Stand der Überlegungen zur deutsch-französischen Körperschaftsteuer, die gerade keine Eliminierung innerkonzernlicher Transaktionen für steuerliche Zwecke vorsehen, dürfte der Fremdvergleichsgrundsatz auch weiterhin für die Gewinnabgrenzung zwischen in Deutschland und Frankreich operierenden Unternehmensgruppen einschlägig sein. Die im Grünbuch bekundete Unterstützung für die GKKB kann daher aufgrund der derzeit nicht vorgesehenen Konsolidierung nur bedingt überzeugen. Fazit und Ausblick Ohne Frage haben sich Deutschland und Frankreich mit der Veröffentlichung des Grünbuchs einmal mehr als „Herz und Motor der Eurozone“ 64 präsentiert. Nach dem Willen beider Länder sollen die im Grünbuch enthaltenen Konvergenzmaßnahmen ab 2013 sukzessive gesetzgeberisch umgesetzt werden. Ob dieser ambitionierte Zeitplan tatsächlich eingehalten werden kann, darf jedoch angezweifelt werden. Insbesondere die erheblichen ökonomischen und finanziellen Auswirkungen lassen kontroverse Diskussionen auf allen Ebenen erwarten. 63 64 Vgl. vertiefend Wöllmann, G./Sommer, C., Der Richtlinienvorschlag zur GKKB – quo vadis, Konzernbesteuerung in der EU?, in: Transfer Pricing Perspective Deutschland, Ausgabe 10, Mai 2011, S. 19–22. Vgl. Bundesministerium der Finanzen, Grünbuch der Deutsch-Französischen Zusammenarbeit über Konvergenzpunkte bei der Unternehmensbesteuerung, Stand Februar 2012, S. 3. 60 Transfer Pricing Perspective Deutschland Brennpunkt „Funktionsverlagerung und immaterielle Wirtschaftsgüter“ – aus der Praxis C Brennpunkt „Funktionsverlagerung und immaterielle Wirtschaftsgüter“ – aus der Praxis Die nachfolgenden Beiträge geben einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen im Themenkomplex Funktionsverlagerungen sowie bei der steuerlichen Behandlung von immateriellen Wirtschaftsgütern. 1 Europarechtliche Problemfelder der deutschen Funktionsverlagerungsnormen Von Stephan Bock und Daniel Retzer Im Rahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 wurden spezielle Vorschriften zur Besteuerung der grenzüberschreitenden Verlagerung betrieblicher Funktionen zwischen nahestehenden Personen in § 1 AStG eingeführt. Da diese Regelungen jedoch im Inlandsfall keine Anwendung finden, stellt sich die Frage nach ihrer Vereinbarkeit mit den europäischen Grundfreiheiten. Funktionsverlagerungen im Inland Sofern eine Funktion innerhalb Deutschlands verlagert wird, greifen die in § 8 Abs. 3 KStG verankerten Rechtsinstitute der verdeckten Gewinnausschüttung bzw. der verdeckten Einlage, die grundsätzlich eine Einzelbewertung aller übergegangenen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter einschließlich eines (anteiligen) Geschäfts- oder Firmenwerts vorsehen. Darüber hinaus können unter Umständen auch Geschäftschancen mit erfasst werden, falls sich diese hinreichend konkretisiert haben. Weiter gehende Korrektur bei grenzüberschreitenden Verlagerungen Im grenzüberschreitenden Fall sind neben den Regelungen zur verdeckten Gewinnausschüttung bzw. zur verdeckten Einlage auch die entsprechenden Regelungen des § 1 AStG anzuwenden, sofern diese zu einer weiter gehenden Korrektur als § 8 Abs. 3 KStG führen. Eine solche weiter gehende Korrektur wird zumindest regelmäßig dann vorliegen, wenn im Rahmen der Funktionsverlagerung auch wesentliche immaterielle Wirtschaftsgüter übergehen und die Öffnungsklauseln des § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG nicht greifen, da der Verrechnungspreis dann pauschaliert anhand eines Ertragswertverfahrens ermittelt werden muss. Dabei sollen auch Standortvorteile und -nachteile sowie Synergieeffekte erfasst werden. Transfer Pricing Perspective Deutschland 61 Brennpunkt „Funktionsverlagerung und immaterielle Wirtschaftsgüter“ – aus der Praxis Zudem kann es bei einer Einzelbewertung aufgrund divergierender Wertmaßstäbe (Fremdvergleichspreis versus gemeiner Wert bzw. Teilwert) sowie aufgrund der Notwendigkeit eines einlagefähigen Wirtschaftsguts im Rahmen der verdeckten Einlage zu weiter gehenden Berichtigungen kommen. Folglich sind die in § 1 AStG kodifizierten Regelungen potenziell geeignet, ein inländisches Unternehmen davon abzuhalten, sich in einem anderen Mitgliedsstaat niederzulassen (vgl. Art. 49 AEUV). Fraglich ist indessen, ob diese durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses zu rechtfertigen sind. Rechtfertigungsgründe für die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) stellt insbesondere die Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedsstaaten einen geeigneten Rechtfertigungsgrund für einen Verstoß gegen europäisches Primärrecht dar. Da im Rahmen der Transferpaketbewertung durch die Berücksichtigung ausländischer Standortvorteile, Synergieeffekte und Gewinnpotenziale auch nicht in Deutschland geschaffene Werte erfasst werden, sollte eine Rechtfertigung für die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit insoweit jedoch bereits ausscheiden. Im Rahmen der Rechtfertigungsprüfung stellt sich daher die Frage, ob § 1 AStG nicht über das erforderliche Maß hinausgeht und damit aus europarechtlicher Sicht als unverhältnismäßig einzustufen ist. Fazit Auch wenn es klare Indizien dafür gibt, dass die in § 1 AStG kodifizierten Funktionsverlagerungsvorschriften gegen EU-Recht verstoßen, ist dies derzeit nicht endgültig geklärt. Mangels anhängiger Verfahren ist eine finale Entscheidung durch den EuGH in näherer Zukunft jedoch nicht zu erwarten. 2 Auswirkungen des EuGH-Urteils in der Rechtssache „National Grid Indus B.V.“ auf Funktionsverlagerungsfälle Von Stephan Bock und Daniel Retzer Am 29. November 2011 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein international viel beachtetes Urteil in der Rechtssache „National Grid Indus B.V.“ (Az. C-371/10) gesprochen. Der Tatbestand der Überführung von Wirtschaftsgütern in eine ausländische Betriebsstätte ist regelmäßig Gegenstand weitreichender Entstrickungsnormen, die auf eine Besteuerung stiller Reserven der übertragenen Wirtschaftsgüter zielen. Im Rahmen des genannten 62 Transfer Pricing Perspective Deutschland Brennpunkt „Funktionsverlagerung und immaterielle Wirtschaftsgüter“ – aus der Praxis Urteils meldete der EuGH Zweifel hinsichtlich einiger Aspekte aktueller Entstrickungsnormen an. So könnte dieses auch Auswirkungen auf die deutschen Vorschriften zu Funktionsverlagerungssachverhalten haben. Kontext der Entscheidung Der vom EuGH zu entscheidende Fall betraf die National Grid Indus B.V., eine nach niederländischem Recht gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die ihren tatsächlichen Verwaltungssitz nach Großbritannien verlegt hatte und somit ab diesem Zeitpunkt als dort ansässig betrachtet werden musste. Die National Grid Indus B.V. verfügte nach der Sitzverlegung nicht mehr über eine niederländische Betriebsstätte im Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen den Niederlanden und Großbritannien, sodass eine Sofortbesteuerung der bis zum Zeitpunkt der Sitzverlegung entstandenen latenten Wertzuwächse nach den niederländischen Entstrickungsnormen vorgenommen wurde. Diese latenten Wertzuwächse entstammten Wechselkursgewinnen im Zusammenhang mit einer von der niederländischen Gesellschaft gehaltenen Fremdwährungsforderung in Pfund Sterling gegenüber einer britischen Gesellschaft. In diesem Zusammenhang war vom EuGH zunächst zu entscheiden, ob sich eine Gesellschaft auf Art. 49 AEUV (ehemals Art. 43 EGV „Niederlassungsfreiheit“) berufen kann, wenn ihr bei einer Verlegung des tatsächlichen Sitzes von einem EU-Mitgliedsstaat in einen anderen eine „Schlussrechnungssteuer“ auferlegt wird. Die zu entscheidende Frage erlangt damit auch vor dem Hintergrund der deutschen Regelungen zu Funktionsverlagerungssachverhalten Bedeutung. In diesem Zusammenhang stellt der EuGH jedoch klar, dass zwar einerseits die Besteuerung der bis zum Sitzwechsel entstandenen stillen Reserven eine Einschränkung der Niederlassungsfreiheit bedeuten kann, da bei einer Sitzverlegung innerhalb des ursprünglichen Sitzstaats die steuerlichen Folgen in dieser Form nicht eingetreten wären. Andererseits kann dies nach Ansicht des EuGH nicht bedeuten, dass ein Mitgliedsstaat auf die Besteuerung der bis zum Zeitpunkt der Sitzverlegung entstandenen stillen Reserven verzichten muss. Sofortbesteuerung der stillen Reserven zum Überführungszeitpunkt Eine wesentliche Problematik im Fall einer Sofortbesteuerung ergibt sich daraus, dass dem Steuerpflichtigen noch keine liquiden Mittel zugeflossen sind, mit denen er die anfallende Steuer begleichen könnte. Da die deutschen Vorschriften zur Funktionsverlagerung letztlich im Veranlagungszeitraum der Übertragung einer Funktion ebenfalls eine sofortige Besteuerung vorsehen, könnte das Urteil daher durchaus auch in diesem Kontext Bedeutung erlangen. Transfer Pricing Perspective Deutschland 63 Brennpunkt „Funktionsverlagerung und immaterielle Wirtschaftsgüter“ – aus der Praxis So hat der EuGH, um einen Interessenausgleich zwischen Fiskus und Steuerpflichtigem zu erlangen, im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung für den vorgelegten Sachverhalt angeregt, dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht zwischen der sofortigen Besteuerung und der Besteuerung zum Realisationszeitpunkt zu gewähren. Während der Realisationszeitpunkt für übertragene materielle Wirtschaftsgüter relativ leicht bestimmbar sein dürfte, ist dieser hinsichtlich Transferpaketen (insbesondere aufgrund enthaltener Gewinnpotenziale) schwerer bestimmbar bzw. regelmäßig über einen Zeitraum verteilt. Weiterhin war im Rahmen des vorgelegten Sachverhalts zu beurteilen, auf welche Art Verluste bzw. Wertminderungen zu berücksichtigen sind, die nach der Sitzverlegung und somit nach dem regelmäßig für Entstrickungsnormen relevanten Besteuerungszeitpunkt liegen. Der EuGH scheint in diesem Fall jedoch zu einer Berücksichtigung der Verluste im Ansässigkeitsstaat nach Sitzverlegung zu neigen. Fazit Obwohl der EuGH im vorliegenden Fall klargestellt hat, dass eine Besteuerung stiller Reserven vor dem Realisationszeitpunkt eine Beschränkung der europäischen Grundfreiheiten nach sich zieht, ist eine direkte Auswirkung auf die deutschen Vorschriften zur Funktionsverlagerung in näherer Zukunft fraglich. Dies gilt umso mehr, als die deutschen Regelungen unter bestimmten Voraussetzungen die Annahme einer Nutzungsüberlassung zulassen und somit eine zeitliche Streckung erlauben, sodass eine Sofortbesteuerung nicht stattfände. 3 Planungsideen im Zusammenhang mit immateriellen Wirtschaftsgütern Von Dr. Ludger Wellens Immaterielle Wirtschaftsgüter (Intellectual Property – IP) haben für Unternehmen eine strategische Bedeutung. Zunächst liefern diese regelmäßig einen wesentlichen Anteil am Unternehmenswert, da sie für circa 40 bis 60 Prozent der Marktkapitalisierung verantwortlich sind. Darüber hinaus sind sie die Quelle der nicht routinemäßigen Vergütung. Der Besitz von IP bildet daher die Basis für den Anspruch am Residualergebnis. Unternehmen sollten aus diesem Grund analysieren, welche rechtlichen Einheiten im Konzern IP besitzen, und dann Strategien entwickeln, wie das IP steueroptimal eingesetzt werden kann. 64 Transfer Pricing Perspective Deutschland Brennpunkt „Funktionsverlagerung und immaterielle Wirtschaftsgüter“ – aus der Praxis Strategien können zum einen den Fokus auf möglichst steuerneutrale Verlagerungen haben, um beispielsweise IP in einem steuergünstigen Land zu zentralisieren. Sie können zum anderen den steueroptimalen Einsatz von IP verfolgen. Im Folgenden geben wir Ihnen einen kurzen Überblick über mögliche Strategien. Verlagerung von IP Grundsätzliche Behandlung bei Verlagerungen IP wird durch den Einsatz eigener Ressourcen, beispielsweise im Rahmen von Research & Development (R&D), geschaffen oder akquiriert. Bei der Übertragung bzw. der Veräußerung von IP sind daher die darin ruhenden stillen Reserven aufzudecken und einer Gewinnbesteuerung zuzuführen. Eine Planungsidee ist die Nutzung vorhandener Verlustvorträge. Es stellt sich jedoch die Frage, wie auch in Gewinnsituationen IP steueroptimal verlagert werden kann. Planungsidee zur Verlagerung von IP aus den USA nach Deutschland Nach Akquisitionen kann es beabsichtigt sein, das erworbene IP steueroptimal nach Deutschland (oder in einen anderen Staat) zu übertragen. In einer mittlerweile erprobten Planungsidee wird eine Personengesellschaft in Deutschland aufgesetzt, in die von einer deutschen Konzerngesellschaft Forderungen im gleichen Nennwert wie das US-IP eingelegt werden. Danach werden 50 Prozent der Einkünfte dem deutschen und 50 Prozent dem US-amerikanischen Gesellschafter zugewiesen. Während sich die Steuersituation in Deutschland unverändert zeigen sollte, können in den USA 50 Prozent der Steuerzahlung in Deutschland angerechnet werden. Hierdurch wird während der Mindesthaltedauer von sieben Jahren ein positiver steuerlicher Effekt erreicht. Nach der Mindesthaltedauer kann die Personengesellschaftsstruktur so aufgelöst werden, dass der deutschen Konzerngesellschaft das IP zufällt, während die Forderungen der US-amerikanischen Gesellschaft zugerechnet werden. IP-Besitz- und Verwertungsgesellschaft Mit der Struktur einer IP-Besitz- und Verwertungsgesellschaft können gewerbesteuerliche Effekte erzielt werden. IP-Gesellschaft im Inland Im Konzern gibt es regelmäßig konzerninterne und konzernexterne Lizenznehmer und damit einen existierenden Lizenzstrom. Grundsätzlich können Lizenzströme relativ leicht umgeleitet werden, indem das Eigentum an IP bzw. externe Lizenzierungen an eine andere inländische Gesellschaft als Besitz- und Verwertungsgesellschaft übertragen werden. Dies lässt sich im Inland steuerneutral darstellen. Als Planungsidee kann diese Besitz- und Verwertungs- Transfer Pricing Perspective Deutschland 65 Brennpunkt „Funktionsverlagerung und immaterielle Wirtschaftsgüter“ – aus der Praxis gesellschaft in einer Gemeinde mit einem niedrigen Hebesatz errichtet werden, wodurch sich gewerbesteuerliche Effekte gegenüber dem vorherigen Zustand erzielen lassen. IP-Gesellschaft im Ausland in der Basisstruktur Für diese Struktur wird eine Personengesellschaft im Ausland aufgesetzt. Hierfür stehen verschiedene bereits geprüfte Staaten zur Auswahl. Die Personengesellschaft übernimmt die Verwertung von vorhandenem IP, das sie von einer oder mehreren inländischen Gesellschaften lizenziert hat. Der Rückfluss an Lizenzzahlungen kann unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen bei den inländischen Gesellschaften gewerbesteuerneutral erfolgen. Hierdurch lässt sich die Steuerlast auf die Lizenzzahlungen im Inland halbieren. IP-Gesellschaft im Ausland mit Lizenz-Booster Neben der Nutzung vorhandener Lizenzströme können weitere Lizenzströme geschaffen werden. Sofern in den Verrechnungspreisen für Warenlieferungen IP eingepreist ist, kann dieses auch separiert werden. Mit anderen Worten, es werden eigenständige Vergütungswege für die Warenlieferung – über die lediglich der Produktionsprozess als solcher vergütet wird – und für die IPVergütung geschaffen. Selbstverständlich sind hierfür nicht steuerliche Gründe ausschlaggebend. Im Ergebnis kann ein erheblicher Anteil der Gewinne gewerbesteuerneutral vereinnahmt werden. Fazit Die Planung mit IP ist nicht erst seit der Diskussion innerhalb der Finanzverwaltung bzw. der OECD ein viel beachtetes Thema. Die verschiedenen Möglichkeiten der IP-Planung zu kennen und gut abzuwägen, lohnt sich einfach immer. Die in diesem Artikel dargestellten Ansätze sollen einige Möglichkeiten hierzu darstellen. 4 Verlagerung von Managementaktivitäten Von Dr. Michael Jakob und Beate Gebken Um der wachsenden Bedeutung ausländischer Staaten als Produktionsstandorte und Absatzmärkte gerecht zu werden, sehen viele Konzerne die Notwendigkeit einer stärkeren Managementpräsenz vor Ort. Dies kann jedoch vielfältige steuerliche Konsequenzen nach sich ziehen. Nicht erst seit der Finanzkrise ist bekannt, dass sich das wirtschaftliche Gewicht zunehmend von Europa und den USA in andere Teile der Welt verlagert. In 66 Transfer Pricing Perspective Deutschland Brennpunkt „Funktionsverlagerung und immaterielle Wirtschaftsgüter“ – aus der Praxis diesem Zusammenhang werden regelmäßig die BRICS-Staaten angeführt, allen voran China. Die Bedeutung dieser Staaten als Produktionsstandorte und Absatzmärkte hat zugenommen und wird voraussichtlich weiter steigen. Veränderungen in der Organisation Da die interne Organisation vieler Unternehmen, insbesondere des Mittelstands, historisch gewachsen ist, werden Managementaktivitäten traditionell zentral von Deutschland aus ausgeführt. Im Zuge ihres Wachstums im Ausland stehen die Unternehmen vor der Herausforderung, ihre Position auf den lokalen Märkten gegen Wettbewerber zu behaupten. Obwohl bereits zahlreiche deutsche Unternehmen in China meist mit funktions- und risikoarmen Produktions- und Vertriebsgesellschaften vertreten sind, sehen viele die Notwendigkeit, einen Schritt weiterzugehen und ihre Position im Land zu festigen, indem sie auch ihre Managementpräsenz vor Ort ausbauen. Die Stärkung der lokalen Managementpräsenz wird als wesentlicher Wettbewerbsvorteil gesehen, da sie ein klares Zeichen gegenüber lokalen Zulieferern und Abnehmern setzt. Ziel ist zumeist die Schaffung größerer Nähe zum Kunden und damit der Aufbau bzw. die Festigung von Kundenbeziehungen. Die Präsenz vor Ort kann auf verschiedene Weise erreicht werden. In der Praxis häufig anzutreffen ist der Auf- bzw. Ausbau von Managementaktivitäten durch kurz- oder langfristige Entsendungen. Dabei ist zunächst zu entscheiden, welche Managementfunktionen zukünftig auf lokaler Ebene ausgeführt werden sollen. In der Regel wird dies vor allem die für die Produktion und den Vertrieb notwendigen Schlüsselpositionen betreffen. Des Weiteren ist zu klären, ob die Umstellung ganze Abteilungen oder lediglich einzelne Stellen betreffen soll. Auswirkung von Entsendungen Die Erhöhung der Managementpräsenz durch kurz- oder langfristige Entsendungen wirft neben einer Vielzahl von organisatorischen Aspekten eine Reihe steuerlicher Fragestellungen auf und sollte daher sorgfältig abgewogen und beleuchtet werden. Die wesentlichen verrechnungspreisbezogenen Bereiche betreffen dabei: ● mögliche Konsequenzen aus den Vorschriften zur Funktionsverlagerung ● die Abbildung von Verrechnungen im laufenden Verrechnungspreissystem ● die Begründung von Betriebsstätten und die damit einhergehende Gewinnermittlung Im Fokus steht derzeit insbesondere die Anwendbarkeit der Regelungen zu Funktionsverlagerungen bei Entsendung von Mitarbeitern. Beim Auf- und Ausbau von Managementaktivitäten durch Entsendungen liegt eine Funktionsverlagerung insbesondere dann vor, wenn im Rahmen einer Personalentsendung das entsendete Personal seinen bisherigen Zuständigkeitsbereich Transfer Pricing Perspective Deutschland 67 Brennpunkt „Funktionsverlagerung und immaterielle Wirtschaftsgüter“ – aus der Praxis aus dem entsendenden Unternehmen beibehält und nach der Entsendung im übernehmenden Unternehmen die gleiche Tätigkeit ausübt. Dabei ist davon auszugehen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Finanzverwaltung diese einzelne Stelle als Funktion ansieht und bei einer Verlagerung ins Ausland von einer Funktionsverlagerung ausgehen wird, umso höher, je höher die Stellung des Mitarbeiters ist und je mehr Funktionen zu seinem Aufgabenbereich gehören. Diese Beurteilung drängt sich auf, wenn eine Reduktion der Funktionen der deutschen Gesellschaft stattfindet und der Mitarbeiter spezielles Know-how besitzt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob es sich lediglich um eine Routinefunktion handelt. Die Beurteilung ist letztlich vom Einzelfall abhängig und insbesondere davon, welche Managementaktivitäten in welchem Umfang verlagert werden. Fazit Als Fazit ist festzuhalten, dass die Verlagerung von Managementaktivitäten grundsätzlich integrierte Projekte mit vielen zu beachtenden Facetten mit sich bringt. Die Umsetzung erfordert eine gründliche Analyse der Ziele und Möglichkeiten sowie eine sorgfältige Planung und Implementierung, um ungewollte steuerliche Konsequenzen wie Funktionsverlagerungen oder Begründung von Betriebsstätten zu vermeiden. 5 Nutzung gewerblicher Schutzrechte durch Vertriebsgesellschaften Von Dr. Ludger Wellens und Jan Feldtkeller Beim Verkauf von Waren von einem Hersteller an Vertriebsgesellschaften ist grundsätzlich die Vergütung für die Nutzung von herstellungs- wie auch vertriebsbezogenen gewerblichen Schutzrechten (z. B. Patenten, Marken) im Warenpreis enthalten. So sieht es auch die deutsche Finanzverwaltung in ihren Verwaltungsgrundsätzen. Daneben kann es aber sinnvoll und rechtlich auch zulässig sein, dass die Vergütung des Herstellers in eine Vergütung für die „reine“ Lieferung der Ware sowie eine Vergütung für die Nutzung von vertriebsbezogenen, gewerblichen Schutzrechten, welche oftmals über eine Lizenzstruktur abgebildet wird, aufgeteilt wird. Entscheidend ist hierbei, dass es nicht zu einer Doppelverrechnung kommt, was dann nicht der Fall wäre, wenn die Gesamtvergütung (bestehend aus Produkt- 68 Transfer Pricing Perspective Deutschland Brennpunkt „Funktionsverlagerung und immaterielle Wirtschaftsgüter“ – aus der Praxis preis und Lizenz) insgesamt den Anspruch erheben kann, Fremdvergleichsgrundsätzen zu genügen. Dennoch gilt es, bei der Erhebung von Vertriebslizenzen an Vertriebseinheiten einige (erfolgs-)kritische Aspekte zu beachten. Zwei wesentliche Fallstricke bezogen auf die (Nutzungs-)Überlassung immaterieller Wirtschaftsgüter seien nachfolgend genannt. Wann erschöpfen sich herstellungs- sowie vertriebsbezogene gewerbliche Schutzrechte? Eine Auslizenzierung gewerblicher Schutzrechte wäre nicht erforderlich und eine entsprechende Lizenzgebühr somit steuerlich unzulässig, sollte der Inhaber der gewerblichen Schutzrechte – oder mit seiner Zustimmung ein Dritter – ein von diesen gewerblichen Schutzrechten erfasstes Produkt bereits in den Verkehr gebracht haben, da sich der Schutz der gewerblichen Schutzrechte dann bereits erschöpft hätte (Erschöpfungs- bzw. Konsumtionstheorie). Als „Inverkehrbringen“ ist grundsätzlich jede Handlung anzusehen, durch die eine Ware mit Zustimmung des Berechtigten aus der internen Betriebssphäre in die allgemeine Öffentlichkeit des Handelsverkehrs gelangt. Das kann somit bedeuten, dass durch die Übertragung einer mit Patenten hergestellten und einem Warenzeichen versehenen Ware auf den Händler diese patent- und schutzfrei wird und eine Verletzung des Schutzrechts durch den Händler dann nicht mehr möglich ist. Allerdings wird nach ganz herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur ein Inverkehrbringen der Ware und somit die Erschöpfung entsprechender Schutzrechte regelmäßig erst dann angenommen, wenn die Ware in den freien Handelsverkehr gebracht wird, also den Konzern verlässt. Konzerninterne Warenlieferungen sollen nicht zur Erschöpfung der Rechte führen. Welche Nutzungsrechte benötigt die Vertriebseinheit? Zum Vertrieb benötigen die Vertriebseinheiten Nutzungsrechte. Hierzu gehören markenrechtliche Nutzungsrechte, sofern es sich um „gelabelte“ Produkte handelt. Sollte allerdings in den vertriebenen Produkten auch technisches Intellectual Property (z. B. Patente, Gebrauchsmuster und entsprechende Anmeldungen) des Herstellers stecken, so benötigen die Vertriebseinheiten ebenfalls die entsprechenden Nutzungsrechte (bezüglich der zur Herstellung genutzten Patente). Das Patentrecht kennt verschiedene Nutzungshandlungen; unter anderem darf ein Erzeugnis, das Gegenstand eines Patents ist, ohne Zustimmung des Rechteinhabers nicht angeboten oder „in Verkehr gebracht“ werden. Ansonsten wäre es denkbar, dass der jeweilige Rechteinhaber Unter- Transfer Pricing Perspective Deutschland 69 Brennpunkt „Funktionsverlagerung und immaterielle Wirtschaftsgüter“ – aus der Praxis lassungs-, Auskunfts- oder Schadensersatzansprüche anmeldet. Wie oben dargestellt ist es jedoch gerade die Vertriebseinheit, welche die patentrechtlich geschützte Ware in den freien Handelsverkehr bringt. Fazit Die obigen Ausführungen zeigen, dass grundsätzlich die Vergütung für gewerbliche Schutzrechte im Warenpreis enthalten ist. Jedoch kann auch über alternative Lizenzstrukturen nachgedacht werden. In beiden Fällen muss jedoch bedacht werden, dass die Vertriebseinheit Nutzungsrechte benötigt, da sie Waren in Verkehr bringt. Daher ist sowohl bei der Ausgestaltung der Lizenzverträge als auch bei reinen Lieferverträgen Vorsicht geboten. Sollten aufgrund der Gestaltung beide Vertragstypen erforderlich sein, so sollten in jedem Fall die Liefer- und Lizenzströme in aufeinander abgestimmten Verträgen geregelt werden, um Doppelverrechnungen für auslizenzierte gewerbliche Schutzrechte zu vermeiden. 6 Markenstudie 2012: der monetäre Wert einer Marke Von Dr. Jutta Menninger Marken existieren nicht nur in den Köpfen der Konsumenten, sondern auch in den Bilanzen der Unternehmen. Doch wie gelingt es den Unternehmen, das subjektive Markenempfinden ihrer Kunden in objektiv messbare und somit bilanzierbare Markenwerte zu transformieren? Dazu haben wir die 100 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland sowie die Mitglieder des Markenverbands e. V. befragt. Die Studie wurde nach 1999 und 2005 bereits zum dritten Mal durchgeführt und ermöglicht einen Vergleich der Ergebnisse im Zeitablauf. Unternehmen schätzen den Wert ihrer Marke: Eine starke Marke gilt als der wichtigste Garant für den Unternehmenserfolg. Die Befragten beziffern den Anteil ihrer Marken am Gesamtwert des Unternehmens auf 50 Prozent, im Vergleich zu 2005 allerdings mit abnehmender Tendenz. Eine nach unserer Erfahrung eher realistische Einschätzung, da es in den meisten Unternehmen weitere wesentliche (immaterielle) Werttreiber gibt. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass hier vor allem die klassischen „Markenartikelunternehmen“ befragt wurden, das heißt, für Unternehmen anderer Branchen sehen die Werte sicherlich ganz anders aus. 70 Transfer Pricing Perspective Deutschland Brennpunkt „Funktionsverlagerung und immaterielle Wirtschaftsgüter“ – aus der Praxis Die häufigsten Anlässe für eine Markenbewertung: Transaktionen und Lizenzierung Am häufigsten werden Marken aus finanzorientierten Anlässen wie Transaktionen von Unternehmen und Lizenzierungen bewertet. Insgesamt hat es eine deutliche Verschiebung der Markenbewertungsanlässe gegeben. Marken werden nicht mehr wie in der Vergangenheit hauptsächlich für marketinggetriebene Zwecke bewertet, sondern zunehmend vor dem Hintergrund finanzorientierten Handelns mit Marken. Entsprechend hat bereits jedes dritte Unternehmen monetäre Markenbewertungen durchführen lassen. Die Bereitschaft dazu ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen – im Vergleich zu 2005 um rund 30 Prozent. Standardisierung der Markenbewertung Die Mehrheit der Unternehmen kennt die einschlägigen Standards zur Markenbewertung. Insbesondere im Vergleich zu 2005 ist die Bekanntheit des IDW S 5 65 deutlich angestiegen. Auch die erst im Jahr 2010 veröffentlichte Norm DIN ISO 10668 66 erfreut sich einer gleichermaßen hohen Bekanntheit. Über 50 Prozent der bisher durchgeführten Markenbewertungen stehen im Einklang mit diesen Standards. Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen kann sich vorstellen, Bewertungen künftig nach diesen Standards durchführen zu lassen. Relevanz der Marken bei der Einkunftsabgrenzung Ein zunehmendes Spannungsfeld sind in diesem Zusammenhang die unterschiedlichen Sichtweisen der entwickelten Länder und der Schwellenländer. Dabei wird die lokale Entwicklung einer internationalen Marke gern als Verdienst des jeweiligen Landes betrachtet und eine entsprechende Vergütung eingefordert. Beispielhaft sei der Maruti-Suzuki-Fall genannt. 67 Wenig überzeugend ist die reine Fokussierung auf die Marketingaufwendungen im Sinne eines Bright Line Test. Wovon die Markenverantwortlichen ein leidvolles Lied singen können, ist die Tatsache, dass viele Marketingaufwendungen nicht den gewünschten Erfolg erzielen. Die Marktforschung hat daher Verfahren entwickelt, die die Wirkung der Marketingaktivitäten auf die Markenattribute erfassen. Diese Messungen werden regelmäßig durchgeführt, sodass die Positionierung der Marke im Zeitablauf verglichen werden kann. Solche Informationen können zur Abwehr überzogener Vergütungsforderungen hilfreich sein. 65 66 67 „Grundsätze zur Bewertung immaterieller Vermögenswerte“, veröffentlicht im Jahr 2007 vom Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. – IDW. „Markenbewertung – Anforderungen an die monetäre Markenbewertung“, veröffentlicht vom Deutschen Institut für Normung e. V. – DIN. Maruti Suzuki India Ltd. versus ACIT Transfer Pricing Officer of New Delhi, W. P. (C) 6876/2008, Entscheidung des Supreme Court of India vom 01.10.2010. Transfer Pricing Perspective Deutschland 71 Brennpunkt „Funktionsverlagerung und immaterielle Wirtschaftsgüter“ – aus der Praxis Auch im Rahmen der Diskussionen der Working Party 6 (WP 6) der OECD 68 zu den Transfer Pricing Aspects of Intangibles wurden die Bedeutung von Marken sowie die Möglichkeiten der Wertmessung für die Bestimmung der Verrechnungspreise intensiv diskutiert. Die in der Markenstudie abgefragten Standards, wie der IDW S 5 sowie die ISO 10668, wurden dabei ebenfalls thematisiert. In den aktuellen OECD-Verrechnungspreisrichtlinien wird allgemein zwischen Marketing Intangibles und Trade Intangibles unterschieden. Das Glossar enthält für das Marketing Intangible folgende Definition: „An intangible that is concerned with marketing activities, which aids in the commercial exploitation of a product or service and/or has an important promotional value for the product concerned.“ Aufgrund der weiten Definition werden neben Marken auch erfasst: Kundenstamm, Vertriebs-Know-how, Wettbewerbsverbote etc. Die in der DIN ISO 10668 geforderte Unterscheidung zwischen Markenzeichen und Marken wurde bei der letzten öffentlichen Diskussion der WP 6 der OECD im November 2011 als sinnvoll und notwendig erachtet. Es darf daher erwartet werden, dass der Entwurf für das überarbeitete Kapitel 6 der OECD-Richtlinien eine präzisere Definition und Abgrenzung der Intangibles enthält. Dies würde einen signifikanten Beitrag für eine fundierte Diskussion möglicher unterschiedlicher Auffassungen verschiedener Länder leisten. Fraglich ist zum Beispiel die von einigen Ländern vertretene Auffassung, dass ein noch aufstrebender Markt mit einer potenziellen hohen Preisprämie bzw. mit überdurchschnittlichen Margen und einer großen Nachfrage ebenfalls als Marketing Intangible zu betrachten sei. Zutreffender erscheint vielmehr die Berücksichtigung solcher Aspekte im Rahmen der Vergleichbarkeitsanalyse. Da Marken eine Unique Selling Proposition begründen sollen, liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei Marken per definitionem um einzigartige Wirtschaftsgüter handelt, die entsprechend zu vergüten sind. Leider klaffen auch hier Anspruch und Wirklichkeit häufig auseinander. Es gibt Untersuchungen von Marktforschungsunternehmen, die belegen, dass die Mehrzahl der Marken bestenfalls als mittelmäßig zu bezeichnen ist und dass es im Falle vieler Marken nicht gelingt, die Mehrkosten für die Markenpositionierung angemessen vom Markt vergütet zu bekommen. Außerdem besitzen diese Marken meist eine begrenzte Nutzungsdauer. Es empfiehlt sich daher, bei der Vergütung für die Nutzung von Marken bzw. für einen Transfer genau hinzusehen, welchen Mehrwert diese tatsächlich generieren. Vor diesem Hintergrund stellt sich außerdem die Frage, ob grundsätzlich ein „hypothetischer Fremdvergleich“ für die Preisermittlung von Marken notwendig ist oder ob 68 Siehe hierzu die Beiträge „OECD WP – 6 Special Session on the Transfer Pricing Aspects of Intangibles“, S. 41 ff sowie „OECD veröffentlicht einen ersten Entwurf der Leitlinien zu immateriellen Wirtschaftsgütern“, S. 43 ff vom aktuellen Jahrbuch 2012. 72 Transfer Pricing Perspective Deutschland Brennpunkt „Funktionsverlagerung und immaterielle Wirtschaftsgüter“ – aus der Praxis nicht zumindest eingeschränkte Fremdvergleichspreise existieren. Wie nicht anders zu erwarten, hängt die zutreffende Antwort von dem jeweiligen Sachverhalt ab. Es gibt sicher einige Branchen und Produktmarken, für die es möglich ist, eingeschränkte Fremdvergleichspreise zu ermitteln, die auch den Vergleichbarkeitskriterien genügen. Sofern Verrechnungspreise für die Übertragung einer Marke bestimmt werden sollen, können diese mittels der Lizenzpreisanalogie errechnet werden. Ist die Vergleichbarkeit jedoch tatsächlich nicht gegeben, könnte der „hypothetische Fremdvergleich“ anhand kapitalwertorientierter Methoden, wie zum Beispiel der Mehrgewinnmethode, durchgeführt werden. Die aktuellen Diskussionen mit den Finanzverwaltungen sowie einschlägige Urteile zeigen, dass das Thema Marken oben auf der Agenda steht. Erkenntnisse aus der Praxis der monetären Markenbewertung, wie sie in der Markenstudie 2012 zusammengefasst sind, können daher an der einen oder anderen Stelle für die Analyse und Argumentation hilfreich sein. Transfer Pricing Perspective Deutschland 73 Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht D Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht Das Jahr 2012 hat gezeigt, dass sich das Betriebsprüfungsklima in Deutschland im Bereich Verrechnungspreise weiterhin verschärft. Die nachfolgenden Beiträge setzen sich schwerpunktmäßig mit Themen auseinander, mit denen Steuerpflichtige und ihre Berater in aktuellen Betriebsprüfungsfällen konfrontiert werden. Die Beiträge behandeln dabei die Fragen, ob auch gesellschaftsrechtliche Beziehungen dokumentationspflichtig sind und welche Folgen der Steuerpflichtige zu befürchten hat, wenn außerordentliche Geschäftsvorfälle nicht zeitnah dokumentiert wurden. Die Praxis von Verrechnungspreisen in der Betriebsprüfung zeigt, dass neben fachlichem Know-how vermehrt auch Verhandlungsgeschick und mediatorische Fähigkeiten eine Rolle spielen. Der Beitrag „Mediation in Verrechnungspreiskonflikten“ greift dieses Thema auf und beschreibt die nationale wie internationale Relevanz der Mediation in Verrechnungspreiskonflikten. Ein weiterer Beitrag beschäftigt sich mit der aktuellen Rechtsprechung zum Thema „Anpassung im Rahmen einer Betriebsprüfung aufgrund des Verstoßes gegen deutsche Formvorschriften“. Darüber hinaus werden die Widersprüche einer Arbeitnehmerentsendung nach Verrechnungspreisgrundsätzen und einer Entsendung im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Grundsätze dargestellt und die geplanten Änderungen im Bereich der Versicherungsteuer sowie die vom Finanzgericht Köln geäußerten europarechtlichen Bedenken gegen die deutschen Entstrickungsregelungen diskutiert. 1 Geschäftsbeziehungen und gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen: Abgrenzung und Dokumentationspflicht Von Susann van der Ham und Dr. Michael Jakob In Betriebsprüfungen sehen sich Steuerpflichtige häufig mit dem Vorwurf konfrontiert, gesellschaftsvertragliche Vorgänge nicht dokumentiert zu haben. Es werden Schätzungen und Sanktionen angedroht. Steuerpflichtige sollten gewappnet sein und ihre Dokumentationspflichten kennen – aber auch deren Grenzen. 74 Transfer Pricing Perspective Deutschland Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht Die Dokumentationspflichten für Verrechnungspreise bei Vorgängen mit Auslandsbezug ergeben sich aus § 90 Abs. 3 AO. Die in diesem Rahmen zu erstellenden Aufzeichnungen erstrecken sich auf Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 AStG. Was unter einer Geschäftsbeziehung zu verstehen ist, wird in § 1 Abs. 5 AStG erläutert. Danach ist eine Geschäftsbeziehung jede den Einkünften zugrunde liegende schuldrechtliche Beziehung, die keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung darstellt und Teil einer Tätigkeit im Sinne der §§ 13, 15, 18 oder 21 EStG ist. Der Begriff der schuldrechtlichen Beziehung wird aus § 241 BGB abgeleitet. Das Schuldverhältnis berechtigt den Gläubiger dazu, vom Schuldner eine Leistung zu fordern. Dabei sind diejenigen schuldrechtlichen Beziehungen, die zugleich gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen darstellen, keine Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Abs. 5 AStG und damit nicht dokumentationspflichtig. Grundsätzlich sind also alle schuldrechtlichen Beziehungen relevant, mit Ausnahme solcher, die – im engeren Sinne – im Gesellschaftsvertrag geregelt sind oder – im weiteren Sinne – unter diesen zu fassen sind. Allerdings reicht die bloße Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag nicht aus, um eine schuldrechtliche Beziehung zu einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung zu machen. Umgekehrt kann eine schuldrechtliche Beziehung durchaus als gesellschaftsvertragliche Vereinbarung anzusehen sein, auch wenn sie nicht im Gesellschaftsvertrag geregelt ist. Maßgeblich ist stets der wirtschaftliche Gehalt der Transaktion: Betrifft die einer Transaktion zugrunde liegende Regelung die Funktionsfähigkeit bzw. Erhaltung der Gesellschaft, dann ist sie auch dann gesellschaftsvertraglicher Natur, wenn sie nicht im Gesellschaftsvertrag selbst schriftlich verankert ist. Eine gesellschaftsvertragliche Veranlassung könnte zum Beispiel vorliegen, wenn in einem Konzern die ausländische Tochter einer inländischen Muttergesellschaft als Agent auftritt und unter Verwendung des Logos (Bildmarke) der Muttergesellschaft deren Produkte vertreibt. Der im Gesellschaftsvertrag definierte Geschäftszweck ist die Vermittlung von Handelsgeschäften auf schuldrechtlicher Basis für die Produkte der Muttergesellschaft. Die Agententätigkeit als solche ist daher als schuldrechtliche Beziehung anzusehen. Die Beistellung des Logos wird nicht explizit im Vertrag geregelt. Soweit der Agent ohne die Verwendung des Logos der Muttergesellschaft seine in der Satzung verankerte Funktion (die ausschließliche Vermittlung von Produkten der Muttergesellschaft) nicht ausüben könnte, ist davon auszugehen, dass die Beistellung des Logos gesellschaftsvertraglicher Natur ist. Dem steht nicht im Wege, dass eine konkrete Verankerung im Gesellschaftsvertrag nicht vorliegt, da es auf den wirtschaftlichen Gehalt der Transaktion ankommt. Im Transfer Pricing Perspective Deutschland 75 Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht Ergebnis liegt keine Geschäftsbeziehung „Beistellung einer Bildmarke“ nach § 1 Abs. 5 AStG vor, die dokumentationspflichtig wäre. Vielmehr handelt es sich um eine Regelung gesellschaftsvertraglicher Natur, die nicht dokumentationspflichtig ist. Selbst wenn man im vorliegenden Fall die Überlassung des Logos nicht als eine Regelung gesellschaftsvertraglicher Natur ansähe, bliebe es dennoch eine fremdübliche, unentgeltliche Beistellung einer Marke, die eindeutig der Agententätigkeit zuzurechnen und nicht als eigenständige Geschäftsbeziehung zu dokumentieren wäre. Die Beistellung der Marke wäre also implizit Bestandteil der Geschäftsbeziehung Agententätigkeit. In der Literatur wird nur die „positive“ Dokumentation diskutiert, also die Dokumentation nach § 90 Abs. 3 AO für Geschäftsbeziehungen. Es finden sich keine Hinweise darauf, dass § 90 Abs. 3 AO so auszulegen ist, dass auch im Fall des Nichtvorliegens einer Geschäftsbeziehung (also z. B. bei gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen) eine Dokumentation anzufertigen ist, und zwar auch nicht präventiv im Sinne einer Darlegung, dass bzw. warum eine bestimmte schuldrechtliche Beziehung eine nicht dokumentationspflichtige, gesellschaftsvertragliche Vereinbarung darstellt. Wenn der Steuerpflichtige davon ausgehen konnte, dass es sich um eine nicht dokumentationspflichtige, gesellschaftsvertragliche Vereinbarung handelt, kann insofern auch eine Betriebsprüfung ihm nicht vorhalten, er habe diesbezüglich keine oder eine unvollständige oder unverwertbare Dokumentation vorgelegt, und mit Schätzungen oder Sanktionen drohen. Es bleibt im Übrigen einer Betriebsprüfung unbenommen, zu einem steuerlich relevanten Sachverhalt durch konkrete Anfragen weitere Unterlagen und Informationen anzufordern, die den Sachverhalt aufzuklären helfen und die Auffassung des Steuerpflichtigen darlegen. Allerdings kann es sich für Steuerpflichtige im Einzelfall empfehlen, bereits im Rahmen der Dokumentation auch auf Transaktionen einzugehen, die nicht dokumentationspflichtig sind, um langwierige Diskussionen mit der Betriebsprüfung zu vermeiden. Fazit Als Fazit ist festzuhalten, dass eine Dokumentationspflicht dann nicht gegeben ist, wenn zwar eine schuldrechtliche Beziehung vorliegt, es sich aber um eine gesellschaftsvertragliche Regelung handelt. Zwar tendiert die Finanzverwaltung dazu, Geschäftsbeziehungen auch dort anzunehmen, wo einer Transaktion eine gesellschaftsrechtliche Regelung zugrunde liegt, und entsprechend mit Schätzungen und Sanktionen zu drohen. Dennoch besteht keine Verpflichtung des Steuerpflichtigen zu einer „Negativdokumentation“ zum Nachweis, dass eine Transaktion nicht dokumentationspflichtig ist. 76 Transfer Pricing Perspective Deutschland Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht 2 Anpassungen in einer Betriebsprüfung aufgrund fehlender schriftlicher Verträge: Anmerkungen zum Urteil des FG Hamburg vom 31. Oktober 2011 Von Holger Lorenzen und Jan Feldtkeller Bei Betriebsprüfungen kann es zu divergierenden Auffassungen darüber kommen, ob die Vereinbarungen mit verbundenen ausländischen Unternehmen bestimmten formalen Anforderungen genügen. Dem wird oftmals entgegengehalten, dass es im Fremdvergleich in erster Linie darauf ankommt, ob die Leistungen tatsächlich erbracht und angemessen berechnet worden sind. Insofern gelte der wirtschaftliche Grundsatz „substance over form“. Das Finanzgericht (FG) Hamburg hat mit aktuellem Urteil die Rechtsprechung des FG Köln bestätigt, dass ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) eine „Sperrwirkung“ gegenüber § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG entfalten kann, wenn das Finanzamt eine Gewinnkorrektur nach nationalem Recht auf rein formale Beanstandungen stützt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem Urteil vom 11. Oktober 2012 die Ansicht der Finanzgerichte mittlerweile bestätigt. 69 Sachverhalt Im Streitfall hatte eine niederländische Muttergesellschaft ihrer 100-prozentigen deutschen Tochtergesellschaft mit Rechnung vom 31. Dezember 2004 Aufwendungen von 70.826 Euro in Rechnung gestellt. Grundlage war ein bereits Ende 2003 mündlich geschlossener Vertrag über die Erbringung verschiedener konzerninterner Dienstleistungen (concern services cost-sharing agreement). Dieser Vertrag wurde erst im späteren Verlauf des Jahres 2004 schriftlich fixiert. Die Abrechnung der Konzernleistungen erfolgte nach geleisteten Stunden, wobei die Stundensätze auf Basis der Kosten der jeweiligen Konzernabteilungen mit einem Gewinnaufschlag zwischen 2 Prozent und 7 Prozent kalkuliert wurden. Hieraus ergaben sich für 2004 Stundensätze von 77 Euro (Information and Communication Technology) bis 161 Euro (Management Department). 69 Vgl. Gimmler/Lang, Sperrwirkung des Art. 9 Abs. 2 OECD-MA gegenüber Gewinnanpassungen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, in: Ausgabe 17 von Transfer Pricing Perspective Deutschland, Februar 2013. Transfer Pricing Perspective Deutschland 77 Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht Der Betriebsprüfer vertrat die Auffassung, dass die konzerninterne Dienstleistungsverrechnung gemäß § 8 Abs. 3 KStG im Streitjahr 2004 als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu berücksichtigen sei. Nach der Rechtsprechung des BFH seien Leistungen zwischen einer Gesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter nur dann anzuerkennen, wenn ihnen eine zivilrechtlich wirksame, vorherige, klare und tatsächlich durchgeführte Vereinbarung zugrunde liege. Diese Voraussetzung erfülle der erst im Nachhinein schriftlich fixierte mündliche Vertrag nicht. Entsprechende Bescheide wurden im April 2008 erlassen, der Einspruch wurde mit Entscheidung vom 2. August 2010 als unbegründet zurückgewiesen. Der im Oktober 2010 erhobenen Klage hat das FG Hamburg in vollem Umfang stattgegeben und die verbuchten Aufwendungen als Betriebsausgaben anerkannt. Nationale Rechtsprechung: vGA kann auf formale Kriterien gestützt werden Die höchstrichterliche Rechtsprechung nimmt eine vGA vor allem dann an, wenn eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (materieller Fremdvergleich). Bei einem beherrschenden Gesellschafter kann laut Rechtsprechung eine vGA auch bereits dann anzunehmen sein, wenn es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (formaler Fremdvergleich). Die obigen Kriterien sind nicht im Sinne von absoluten Tatbestandsvoraussetzungen zu verstehen, sondern vielmehr indiziell dahin gehend zu würdigen, ob sie den Rückschluss zulassen, dass die betreffenden Leistungen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind. 70 Das formale Erfordernis geht zudem nicht von einem schriftlichen Vertrag aus, auch wenn dies aus Dokumentations- und Nachweisgründen empfehlenswert ist, sondern nur von einem zivilrechtlich wirksamen Vertrag. Dafür ist die Schriftform aber in der Regel nicht zwingend. Insofern können Verträge auch mündlich abgeschlossen werden oder sich aus konkludentem Handeln ergeben. 70 Siehe BFH-Urteil vom 29.10. 1997, Az. I R 24/97. 78 Transfer Pricing Perspective Deutschland Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht Das FG Hamburg vertritt hierzu in Tz. 23 des Urteils folgende Auffassung: „Denn auch bei Geschäften zwischen voneinander unabhängigen Geschäftspartnern kommt es regelmäßig vor, dass rückwirkende Vereinbarungen getroffen und Leistungen erbracht werden, ohne dass bereits im Voraus eine Vereinbarung bzw. eine in allen Einzelheiten ausformulierte Vereinbarung abgeschlossen wurde […].“ Ein DBA kann eine Sperrwirkung gegenüber rein formalen Korrekturen begründen DBAs beschränken im Allgemeinen die nach innerstaatlichem Recht bestehenden Besteuerungsbefugnisse, indem sie festlegen, welcher der beteiligten Staaten welchen Gewinn der Besteuerung unterwerfen darf. In diesem Sinne hatte das FG Köln bereits mit Urteil vom 22. August 2007 (EFG 2008, 161) rechtskräftig entschieden, dass Art. 9 OECD-MA eine Sperrwirkung entfaltet, wenn eine Korrektur auf rein formale Beanstandungen gestützt wird. Im vorliegenden Fall des FG Hamburg wurde im mündlichen Verfahren einvernehmlich festgestellt, dass die berechneten Aufwendungen materiell nicht zu beanstanden waren, sodass eine rein formal begründete Betriebsprüfungsanpassung vorlag. Das FG Hamburg hat sich in seiner Entscheidung ausdrücklich der Auffassung des FG Köln angeschlossen. Demzufolge komme es nicht darauf an, ob die den Leistungen zwischen verbundenen Unternehmen zugrunde liegenden Bedingungen im Vor- oder erst im Nachhinein vereinbart worden seien. Dies entspreche der ganz überwiegenden Auffassung im Schrifttum, der zufolge insbesondere die formalen Sonderbedingungen der vGA nach nationaler Rechtsprechung bei grenzüberschreitend verbundenen Unternehmen im Falle eines Art. 9 OECD-MA entsprechenden DBA unberücksichtigt bleiben müssen. Folgerungen für die Praxis Der Fokus dieses Artikels und des FG-Urteils liegt naturgemäß auf der Sperrwirkung des DBA und behandelt nur am Rande die BFH-Rechtsprechung zu den Tatbestandsvoraussetzungen einer vGA. Während das gleichlautende Urteil des FG Köln vom 22. August 2007 nicht angegriffen wurde, hat die Finanzverwaltung gegen das Urteil des FG Hamburg vom 31. Oktober 2011 zwischenzeitlich Revision eingelegt (BFH I R 75/11). Mit Urteil vom 11. Oktober 2012 hat der BFH die Auffassung des FG Hamburg bestätigt, sodass der Sachverhalt nunmehr höchstrichterlich geklärt ist. Transfer Pricing Perspective Deutschland 79 Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht Aus Sicht des internationalen Steuerrechts ist die aktuelle Rechtsprechung zu begrüßen. Sie stellt erneut klar, dass ein Vertragsstaat sich nicht auf Kosten des anderen Vertragsstaats einen höheren Anteil am Unternehmensgewinn sichern kann, indem er einseitig über den DBA-Text hinausgehende formale Anforderungen setzt. Ein solches Vorgehen könnte gegebenenfalls durch eine entsprechende Gesetzgebung (treaty override) gedeckt werden, keinesfalls aber auf Grundlage einer innerstaatlichen Rechtsprechung erfolgen. Bei einer anderen Entscheidung wären zudem Auseinandersetzungen mit ausländischen Finanzverwaltungen vorprogrammiert, da diese in der Regel keine erhöhten formalen Anforderungen kennen. Im vorliegenden Fall des FG Hamburg und des dazu ergangenen Revisionsurteils des BFH wären die Niederlande kaum zu einer Gegenkorrektur bereit gewesen, da die konzerninternen Dienstleistungen unstrittig zum Nutzen der deutschen Gesellschaft angefallen waren. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass in Nicht-DBA-Fällen grundsätzlich kein Abkommensschutz besteht und dementsprechend auch formale Anforderungen zu einer vGA führen können. Erschwerend kommt in diesen Fällen hinzu, dass in der Regel auch kein Verständigungsverfahren vorgesehen ist. Auch wenn ein DBA vorliegt, ist zu prüfen, ob das entsprechende DBA eine Art. 9 OECD-MA entsprechende Klausel enthält. Aus Sicht der Praxis gilt weiterhin Folgendes: Es bleibt empfehlenswert, schriftliche Verträge im Vorhinein zu schließen. Dies ist insbesondere aus Dokumentationsgründen sinnvoll. Zudem ist in vielen Fällen eine vertragliche Risikozuordnung zwischen den Parteien erforderlich, die nur im Vorhinein vereinbart werden kann und nicht im Nachhinein, wenn sich das Risiko bereits realisiert hat. Soweit ein Vertrag lediglich mündlich geschlossen wurde, sollte dieser aus Nachweisgründen möglichst zeitig schriftlich fixiert werden. Eine tatsächliche konkludente Handhabung kann oftmals die mündliche Vereinbarung belegen. 80 Transfer Pricing Perspective Deutschland Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht 3 Zeitnahe Dokumentation bei außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen und Folgen einer nachträglichen Dokumentation Von Martin Renz und Dr. Isabel Ruhmer Außergewöhnliche Geschäftsvorfälle gemäß § 90 Abs. 3 Satz 3 AO erfordern eine zeitnahe Dokumentation und müssen der Finanzbehörde nach Aufforderung innerhalb von 30 Tagen vorgelegt werden. 71 Welche Folgen eine verspätet erstellte Dokumentation einerseits und eine verspätete Vorlage andererseits auslösen können, ist häufig Gegenstand von Diskussionen mit den Finanzbehörden. In der Praxis mehren sich die Fälle, in denen bei der Prüfung außergewöhnlicher Geschäftsvorfälle von den Finanzbehörden vorgehalten wird, eine Dokumentation sei nicht zeitnah erstellt worden und deshalb seien die entsprechenden Rechtsfolgen zu ziehen. Vor diesem Hintergrund möchten wir im vorliegenden Artikel auf die konkreten Rechtsgrundlagen sowie auf die Folgen einer nachträglichen Dokumentation von außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen eingehen. Gesetzliche Regelungen Außergewöhnliche Geschäftsvorfälle im Sinne des § 90 Abs. 3 Satz 3 der AO erfordern eine zeitnahe Dokumentation. 72 Gemäß § 3 Abs. 1 GAufzV muss eine Dokumentation innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, in dem sich der Geschäftsvorfall ereignet hat, angefertigt werden, um als zeitnah zu gelten. Die Finanzbehörde kann die Vorlage solcher Aufzeichnungen in der Regel nur im Rahmen einer Außenprüfung, dann jedoch mit einer verkürzten Frist von 30 Tagen, verlangen. 73 Wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige die Dokumentation nicht zeitnah erstellt und dadurch seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 3 Satz 3 AO verletzt hat, greifen § 162 Abs. 3 Satz 1 und 2 AO, wonach die Finanzbehörde widerlegbar vermutet, dass die tatsächlichen Einkünfte höher als die erklärten sind, und somit die Einkünfte – 71 72 73 Siehe § 90 Abs. 3 Satz 9 AO. Eine nicht abschließende Auflistung außergewöhnlicher Geschäftsvorfälle findet sich in § 3 Abs. 2 GAufzV. Diese umfasst insbesondere Abschlüsse oder Änderungen langfristiger und gewichtiger Verträge, Vermögensübertragungen im Zuge von Umstrukturierungen, die Übertragung oder Überlassung von Wirtschaftsgütern im Rahmen von Funktionsverlagerungen sowie eine erhebliche Änderung der Geschäftsstrategie. Siehe § 90 Abs. 3 Satz 6 und 9 AO. Transfer Pricing Perspective Deutschland 81 Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht gegebenenfalls unter Ausschöpfung einer resultierenden Preisspanne zulasten des Steuerpflichtigen – zu schätzen hat. Ferner hat die Finanzbehörde einen Strafzuschlag von bis zu 1 Million Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung, festzusetzen. 74 Allgemeine Anmerkungen zu den gesetzlichen Regelungen Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die oben genannten Strafzuschläge lediglich im Falle einer verspäteten Vorlage, das heißt einer Überschreitung der 30-Tage-Frist, nicht jedoch bei einer verspäteten Erstellung der zeitnahen Dokumentation festzusetzen sind. Dies ist vermutlich nicht zuletzt dadurch begründet, dass selten eindeutig festgestellt werden kann, wann Aufzeichnungen tatsächlich erstellt worden sind. 75 Hinsichtlich der aus § 162 Abs. 3 AO folgenden Schätzungsbefugnis ist anzumerken, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) in mehreren Fällen, in denen eine Schätzung der Einkünfte aufgrund einer Verletzung der Mitwirkungspflichten in Erwägung gezogen wurde, zu dem Ergebnis kommt, dass eine Schätzung des tatsächlichen Einkommens nicht zur Sanktionierung des Steuerpflichtigen genutzt werden darf. 76 Folgen einer nachträglichen Dokumentation Die deutsche Finanzverwaltung führt explizit aus, dass im Falle der verspäteten Erstellung von Aufzeichnungen für außergewöhnliche Geschäftsvorfälle deren Beweiswert unter Berücksichtigung der Tatsache der Verspätung (Indiz) zu würdigen ist. 77 Ferner wird festgehalten, dass der Zweck einer Schätzung die Ansetzung derjenigen Besteuerungsgrundlagen ist, die die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit haben und demnach der Wirklichkeit am nächsten kommen. 78 Es dürfte insofern unstrittig sein, dass auch verspätet erstellte Dokumentationen bei einer Einkommensschätzung berücksichtigt und für eine ermessensfehlerfreie Schätzung alle zum Zeitpunkt der Schätzung vorhandenen Informationen (d. h. auch verspätet erstellte sowie verspätet vor- 74 75 76 77 78 Siehe § 162 Abs. 4 Satz 3 AO. So auch Schreiber in Kroppen: Handbuch Internationale Verrechnungspreise I, Erläuterungen Verwaltungsgrundsätze zur Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen, BKV Lfg. 7, September 2005, Rn. 148. Siehe z. B. BFH-Urteil vom 15.05.2002 – X R 33/99: Die Schätzung darf nicht dazu verwendet werden, „die Steuererklärungspflichtverletzung zu sanktionieren und den Kläger zur Abgabe der Erklärungen anzuhalten“. Siehe BMF-Schreiben vom 12.04.2005 – IV B 4 – S. 1341 – 1/05, BStBl. 2005 I, S. 570 (Verwaltungsgrundsätze Verfahren, Tz. 4.6.1). Siehe Verwaltungsgrundsätze Verfahren, Tz. 4.5, sowie das dort zitierte BFH-Urteil vom 19.01.1993, BStBl. 1993 II, S. 594. 82 Transfer Pricing Perspective Deutschland Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht gelegte Unterlagen) verwertet werden müssen. 79 Im Ergebnis ist festzuhalten, dass nicht zeitnah erstellte Aufzeichnungen nicht für die Frage der Verwertbarkeit der Dokumentation, erst recht jedoch nicht für die Frage der Angemessenheit einer Preisvereinbarung unbeachtet bleiben dürfen. 80 Fazit Bei außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen besteht für den Steuerpflichtigen eine erhöhte Mitwirkungspflicht, insbesondere im Hinblick auf die zeitnahe Erstellung der Dokumentation, da sonst eine Schätzung der Besteuerungsgrundlage durch die Finanzbehörde droht. Ausschlaggebend für eventuelle Strafzuschläge bei außerordentlichen Geschäftsvorfällen ist jedoch nur die Verletzung der verkürzten Vorlagefrist von 30 Tagen, nicht aber eine Nichteinhaltung der zeitnahen Erstellung. Letztlich ist für den Steuerpflichtigen wichtig zu wissen, dass auch verspätet erstellte Aufzeichnungen von der Finanzbehörde sowohl bei der Beurteilung der Verwertbarkeit der Dokumentation als auch bei der Festsetzung des fremdüblichen Verrechnungspreises selbst Beachtung finden müssen. 4 Mediation bei Verrechnungspreiskonflikten Von Ronald Steinert und Henning Stemmer Im Zuge der aktuellen Verabschiedung des neuen Mediationsgesetzes 81 und der anhaltenden Diskussion dazu in der Fachwelt 82 möchten wir der Frage nachgehen, ob die Mediation auch für Verrechnungspreiskonflikte ein alternativer Streitbeilegungsansatz sein kann. Die Doppelbesteuerungs-Verständigungs- und EU-Schiedsverfahren sowie Advance Pricing Agreements stellen die zentralen formellen Instrumentarien zur Beilegung bzw. Vermeidung von Streitfällen über Verrechnungspreise dar. Neben diesen klassischen Instrumentarien könnte die Mediation ein alter- 79 80 81 82 So sieht es auch die einschlägige Literatur, siehe z. B. Vögele/Fügemann, in: Vögele/Borstell/Engler: Verrechnungspreise, 3. Auflage 2011, Kapitel E, Rn. 31. So auch Schreiber, a. a. O. Das Gesetz ist – mit über einjähriger Verspätung – am 22.07.2012 in Kraft getreten. Vgl. Mediationsgesetz vom 21.07.2012, veröffentlicht im BGBl. I 2012, S. 1577. Vgl. z. B. FAZ vom 11.07., 20.06. und 29.05.2012; Henssler/Deckenbrock, DB 2012, S. 159; Prütting, AnwBl. 2012, S. 204. Transfer Pricing Perspective Deutschland 83 Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht nativer Ansatz sein, um Verrechnungspreiskonflikte in der Praxis effizient und zeitnah zu lösen. 83 Mediation Mediation ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mithilfe eines Mediators oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben. Der Mediator wird von den Parteien selbst bestimmt, wobei zum Beispiel eigens dafür eingerichtete Mediationsstellen der Industrie- und Handelskammern die Parteien hierzulande bei ihrer Auswahl beraten. Der Mediator ist kein Schiedsrichter und hat keine Entscheidungsgewalt. Er begleitet die Parteien bei ihren Verhandlungen und hilft ihnen unter Anwendung bewährter Methodik, gemeinsam Lösungen zu entwickeln, die den Interessen der Parteien gerecht werden. Relevanz auf nationaler Ebene Vor allem im Rahmen steuerlicher Außenprüfungen entsteht aufgrund der Komplexität von Verrechnungspreisfällen mit ihren ökonomischen und steuerrechtlichen Facetten oftmals ein beachtliches Konfliktpotenzial, zumal das Gebiet der Verrechnungspreise in den letzten Jahren regelmäßig ein Prüfungsschwerpunkt war. In dieser Situation könnte der Einsatz der Mediation dazu dienen, verhärtete Positionen aufzubrechen und unter Vermeidung von zeit- und kostenintensiven Auseinandersetzungen eine zukunftsorientierte und tragfähige Lösung herbeizuführen. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund der Feststellung, dass die Bestimmung von Verrechnungspreisen keine „exakte Wissenschaft“ 84 ist, sondern eine Beurteilung im Einzelfall erfordert. Es gibt nicht den einen richtigen Preis und daher überreichlich Raum für Konfrontationen. Relevanz auf internationaler Ebene Die Aktivitäten und Bestrebungen der Finanzverwaltungen auf OECD- und Einzelstaatsebene zum Einsatz der Mediation bei Verrechnungspreisfällen bringen die Anerkennung der Mediation und das Bedürfnis nach diesem Mittel zur Konfliktlösung klar zum Ausdruck. 85 83 84 85 Vgl. Baumhoff/Puls, IStR 2010, S. 802. Tz. 1.13 OECD-Richtlinien 2010. Vgl. Institutionalizing Mediation in the OECD Guidelines, www.oecdguidelines.nl/wpcontent/uploads/ annex_7_boston_meeting.pdf; Nias, International Tax Journal 2010, S. 25. 84 Transfer Pricing Perspective Deutschland Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht Denkbare Auswirkungen könnten sich zukünftig vor allem im Rahmen von Verständigungsverfahren ergeben. Denn dort könnte die Mediation eine Möglichkeit zur Beschleunigung des Verfahrens sein. Relevanz auf konzerninterner Ebene Zur einvernehmlichen Lösung von etwaigen Konflikten auf konzerninterner Ebene können die Parteien in ihre Intercompany-Verträge eine Mediationsklausel aufnehmen, bei Meinungsverschiedenheiten zunächst ein Mediationsverfahren durchzuführen. Fazit Für die Mediation gibt es, nicht zuletzt aufgrund des Fehlens eines geschützten Berufsbilds, keine wissenschaftlich aufbereiteten Zahlen, doch wird die Erfolgsquote in Deutschland bei etwa 75 Prozent angesetzt. 86 Ob und inwieweit sich die Mediation als zusätzliches Instrument zur Konfliktlösung in Verrechnungspreisfällen durchsetzen wird, bleibt abzuwarten und muss in der Beratungspraxis weiter erprobt werden. 5 Arbeitnehmerentsendungen ins Ausland: Verrechnungspreise und Sozialversicherung Von Hans-Peter Limbach, Verena Ebert und Britta Schmischke Arbeitnehmerentsendungen ins Ausland gehören zum betrieblichen Alltag vieler international agierender Konzerne. Dabei spielen aus Arbeitgebersicht steuerliche, arbeitsrechtliche, sozialversicherungsrechtliche sowie damit einhergehende administrative Fragestellungen eine Rolle. Ein steuerlicher Aspekt aus Verrechnungspreissicht ist die Aufteilung der mit der Entsendung entstehenden Kosten zwischen dem entsendenden und dem aufnehmenden Unternehmen. Aus Arbeitnehmersicht ist neben der Frage nach der persönlichen Steuerpflicht insbesondere die Frage nach der Sozialversicherung von Bedeutung. Aus den zahlreichen rechtlichen Fragestellungen, die sich im Zusammenhang mit Entsendungen ins Ausland ergeben können, wird im Folgenden nur das Zusammenspiel zwischen Verrechnungspreisen und Sozialversicherungsrecht betrachtet. 86 Vgl. Engel, Collaborative Law, 2010, S. 103. Transfer Pricing Perspective Deutschland 85 Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht Verrechnungspreisgrundsätze Nach deutschen steuerlichen Grundsätzen liegt eine Arbeitnehmerentsendung dann vor, wenn ein Arbeitnehmer mit seinem bisherigen Arbeitgeber (entsendendes Unternehmen) vereinbart, für eine befristete Zeit bei einem verbundenen Unternehmen (aufnehmendes Unternehmen) tätig zu werden, und das aufnehmende Unternehmen entweder eine arbeitsrechtliche Vereinbarung mit dem Arbeitgeber abschließt oder als wirtschaftlicher Arbeitgeber anzusehen ist. 87 Die mit der Arbeitnehmerentsendung einhergehenden direkten und indirekten Kosten sind ohne Gewinnzuschlag von dem Unternehmen zu tragen, in dessen Interesse die Entsendung erfolgt. 88 Somit ist aus Verrechnungspreissicht zu prüfen, ● ob die Entsendung ausschließlich im Interesse des aufnehmenden Unternehmens liegt und die Kosten vollständig von diesem Unternehmen zu tragen sind, ● ob sie ganz oder teilweise im Interesse des entsendenden oder eines übergeordneten Unternehmens liegt und daher die Kosten von diesem Unternehmen zu tragen sind, oder ● ob sie im Interesse beider Unternehmen liegt und daher die Kosten zwischen den beteiligten Unternehmen aufzuteilen sind. Sozialversicherungsrechtliche Grundsätze Grundsätzlich richtet sich die Sozialversicherungspflicht nach dem Arbeitsort, das heißt, die Sozialversicherungspflicht besteht im Tätigkeitsstaat. 89 Bei vorübergehenden Einsätzen bestimmter Mitarbeiter im Ausland kann abweichend von diesem Grundsatz die Sozialversicherung weiterhin im Entsendestaat bestehen, wenn es sich um eine Entsendung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne handelt. Eine Entsendung im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Grundsätze liegt vor, wenn sich ein Arbeitnehmer auf Weisung seines Arbeitgebers aus dem Inland ins Ausland begibt, um dort eine Beschäftigung für diesen Arbeitgeber 87 88 89 Tz. 2.1. Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen international verbundenen Unternehmen in Fällen der Arbeitnehmerentsendung (Verwaltungsgrundsätze Arbeitnehmerentsendung) vom 09.11.2001. Tz. 2.3 und 3.1 Verwaltungsgrundsätze Arbeitnehmerentsendung. Vgl. Wellisch/Thiele, Sozialversicherungspflicht bei internationaler Mitarbeiterentsendung – Vorschriften und Gestaltungsmöglichkeiten, IStR 2003, S. 746. 86 Transfer Pricing Perspective Deutschland Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht auszuüben. 90 Dabei kommt es insbesondere darauf an, dass das deutsche Beschäftigungsverhältnis derart weiter besteht, dass der entsendende Arbeitgeber weisungsbefugt bleibt und der Entgeltanspruch gegenüber dem entsendenden Arbeitgeber besteht. 91 Dies stellt einen signifikanten Unterschied zur verrechnungspreisrelevanten Entsendung dar. Dabei ist weiterhin zu unterscheiden, ob ein Sozialversicherungsabkommen zwischen dem Entsendestaat und dem Zielstaat vorliegt 92 und ob die beteiligten Staaten der Europäischen Union angehören. Entsendungen ohne Sozialversicherungsabkommen Zur Verdeutlichung des Zusammenspiels zwischen Verrechnungspreisen und Sozialversicherungsrecht und den damit einhergehenden Besonderheiten wird von folgendem Grundfall ausgegangen: Ein deutsches Unternehmen sendet seinen Mitarbeiter für zwei Jahre zur Tochtergesellschaft nach Singapur (TG Singapur). Die TG Singapur soll die Kosten für die Entsendung tragen, da die Entsendung im wirtschaftlichen Interesse der TG Singapur liegt. Zu diesem Zweck stellt das deutsche Unternehmen den Arbeitslohn und alle mit der Entsendung zusammenhängenden Kosten der TG Singapur in Rechnung. Mit Singapur besteht kein Sozialversicherungsabkommen. Aus deutscher Verrechnungspreissicht ist der dargestellte Grundfall unproblematisch. Nach den oben genannten deutschen Verrechnungspreisgrundsätzen trägt das Unternehmen die Kosten der Entsendung, in dessen wirtschaftlichem Interesse die Entsendung erfolgt – hier die TG Singapur. Ein Gewinnaufschlag ist steuerlich nicht angezeigt, da es sich bei der Entsendung gerade nicht um eine Dienstleistung handelt. Aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht stellt sich der Sachverhalt allerdings anders dar. Eine Entsendung zu einer ausländischen Beteiligungsgesellschaft im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Grundsätze liegt nur vor, wenn die Entsendung im wirtschaftlichen Interesse des inländischen Unternehmens erfolgt, das heißt die Tätigkeit des Arbeitnehmers wirtschaftlich dem inländischen Unternehmen zugerechnet werden kann. 93 Zudem muss das Arbeitsentgelt weiterhin bei dem inländischen Unternehmen als 90 91 92 93 Tz. 3.1 der Richtlinie zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Arbeitnehmern bei Ausstrahlung (§ 4 SGB IV) und Einstrahlung (§ 5 SGB IV) vom 02.11.2010 (Aus- und Einstrahlungs-RL). Tz. 3.3 Aus- und Einstrahlungs-RL. Bilaterale Abkommen über soziale Sicherheit hat die BRD zurzeit u. a. mit Australien, China, Indien, Kanada und den USA. Vgl. Tz. 3.3.3 Aus- und Einstrahlungs-RL. Transfer Pricing Perspective Deutschland 87 Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht Betriebsausgabe steuerrechtlich geltend gemacht werden. 94 Wird das Arbeitsentgelt vom ausländischen verbundenen Unternehmen getragen, da die erbrachte Arbeitsleistung diesem wirtschaftlich zuzurechnen ist, liegt keine Entsendung im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Grundsätze vor. 95 Als Konsequenz würde der Arbeitnehmer im vorliegenden Fall nicht mehr der deutschen Sozialversicherung unterliegen und müsste eventuell Nachteile bei den Rentenansprüchen und den Ansprüchen bei Arbeitslosigkeit in Kauf nehmen. Um persönliche Nachteile für den Arbeitnehmer zu vermeiden, könnte der Arbeitgeber einen Antrag auf Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung stellen. Dieser Antrag ist zwingend vor der Entsendung einzureichen, sodass zusätzlicher administrativer Aufwand für den Arbeitgeber (das deutsche Unternehmen) anfällt. Der administrative Aufwand erhöht sich signifikant, wenn der Arbeitnehmer nicht zwei Jahre durchgehend ins Ausland entsendet wird, sondern innerhalb eines Jahres mehrmals für einige Wochen bei der ausländischen Tochtergesellschaft tätig ist. Der Antrag auf Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ist in diesem Fall vor jeder Entsendung zu stellen. Ferner wäre zu prüfen, ob im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung (Berufsgenossenschaften) eine freiwillige Auslandsunfallversicherung abgeschlossen werden kann. Der Mitarbeiter selbst kann für die Dauer der Auslandsbeschäftigung einen Antrag auf Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung stellen. Dieser Antrag ist innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der Auslandsbeschäftigung zu stellen. Wie bereits oben dargestellt, ist es aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht angezeigt, dass der Arbeitslohn während der Auslandsbeschäftigung des Arbeitnehmers als Betriebsausgabe bei dem deutschen Unternehmen steuerlich abzugsfähig bleibt. Dies könnte erreicht werden, wenn mit der ausländischen Gesellschaft eine Dienstleistungsvereinbarung geschlossen und neben den Kosten ein zusätzlicher Gewinnaufschlag berechnet wird. Hierbei bleibt jedoch zu beachten, dass es sich dabei nicht um eine Entsendung im Sinne der Verrechnungspreisgrundsätze, sondern eben um eine Dienstleistung handelt. 94 95 Vgl. Tz. 3.3.3 Aus- und Einstrahlungs-RL. Vgl. Wellisch/Thiele, Sozialversicherungspflicht bei internationaler Mitarbeiterentsendung – Vorschriften und Gestaltungsmöglichkeiten, IStR 2003, S. 746. 88 Transfer Pricing Perspective Deutschland Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht Entsendungen mit Sozialversicherungsabkommen oder ins EU-Ausland Anders gestaltet sich der Fall, wenn das deutsche Unternehmen Arbeitnehmer befristet für zwei Jahre zur Tochtergesellschaft in den USA (TG USA) bzw. in Frankreich (TG Frankreich) entsendet. Den aufnehmenden Gesellschaften sollten auch hier die Gehaltskosten sowie sonstige durch die Entsendung verursachte Kosten in Rechnung gestellt werden. Aus steuerlicher Sicht ergeben sich keine Abweichungen von dem oben dargestellten Fall. Aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht liegt nun die Besonderheit darin, dass Deutschland mit den USA ein Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat bzw. es sich bei der Entsendung zur TG Frankreich um eine innereuropäische Entsendung handelt. Auch bei Entsendungen in Länder, mit denen ein Sozialversicherungsabkommen besteht, ist es erforderlich, dass die Entsendung im wirtschaftlichen Interesse des entsendenden Unternehmens erfolgt. 96 Ob eine Entsendung im Sinne des bilateralen Sozialversicherungsabkommens vorliegt, ist nach den gleichen Grundsätzen wie bei Entsendungen in das sogenannte vertragslose Ausland (siehe ersten Fall oben) zu prüfen. Sofern das aufnehmende Unternehmen die Kosten trägt und somit eine Entsendung im Sinne des bilateralen Abkommens über soziale Sicherheit nicht vorliegt, bietet das Sozialversicherungsabkommen mit den USA (wie alle anderen bilateralen Abkommen, die Deutschland mit diversen Staaten geschlossen hat) die Möglichkeit, eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten, sofern ein begründetes Interesse des Arbeitnehmers vorliegt, im Sozialversicherungssystem des Entsendestaats zu verbleiben. 97 Durch die Beantragung der Ausnahmegenehmigung obliegen dem deutschen Unternehmen wiederum zusätzliche administrative Pflichten. In Bezug auf die bestehenden bilateralen Abkommen über soziale Sicherheit ist zu beachten, dass diese nicht immer alle Sozialversicherungszweige erfassen und daher weitere Feststellungen hinsichtlich einer weiteren Anwendung des deutschen Sozialversicherungsrechts notwendig sind. Bei Entsendungen innerhalb der EU ist es maßgeblich, dass der Arbeitsvertrag und der daraus entstehende Entgeltanspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem entsendenden Unternehmen während des Entsendezeitraums bestehen bleiben – unabhängig davon, wer die Arbeitnehmervergütung wirtschaftlich 96 97 Vgl. Wellisch/Thiele, Sozialversicherungspflicht bei internationaler Mitarbeiterentsendung – Vorschriften und Gestaltungsmöglichkeiten, IStR 2003, S. 746. Art. 6 Abs. 2 Sozialversicherungsabkommen Deutschland – USA. Transfer Pricing Perspective Deutschland 89 Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht trägt. 98 Liegt eine Entsendung im Sinne des EU-Rechts nicht vor, besteht auch hier die Möglichkeit einer Ausnahmevereinbarung, um den Mitarbeiter im deutschen Sozialversicherungsrecht zu belassen. Fazit Der Widerspruch zwischen einer Entsendung nach Verrechnungspreisgrundsätzen und einer Entsendung im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Grundsätze kann dazu führen, dass der Arbeitnehmer ungewollt aus dem deutschen Sozialversicherungssystem ausscheidet. Insofern sind die sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen bei der Ausgestaltung der jeweiligen Entsendung genau zu prüfen und die notwendigen Anträge rechtzeitig zu stellen. Alternativ kann es im Einzelfall sinnvoll sein, einen Dienstleistungsvertrag mit einer fremdüblichen Vergütung zwischen den beteiligten Unternehmen im Zusammenhang mit einer Beschäftigung von Mitarbeitern im Ausland zu vereinbaren. Allerdings liegt in einem solchen Fall keine Entsendung, sondern eine Dienstleistungsvereinbarung vor. 6 Geplante Änderungen des Versicherungsteuergesetzes und ihre Auswirkungen auf globale Versicherungsverträge Von Mirja Pollack und Gerd Reinke Die Bundesregierung hat einen Entwurf des Verkehrsteueränderungsgesetzes veröffentlicht, der wahrscheinlich ab 1. Januar 2013 unter anderem wesentliche Änderungen im Bereich der Versicherungsteuer zur Folge haben wird. 99 Die darin enthaltenen Neuregelungen können auch Auswirkungen für deutsche Konzerngesellschaften bzw. Betriebsstätten haben, die in einen globalen Versicherungsvertrag einbezogen sind. Hintergrund Durch die Gesetzesänderung ist für Versicherungsverträge mit Nicht-EU/EWRVersicherern (sog. Drittlandversicherern) eine Erweiterung der deutschen Versicherungsteuerpflicht zu erwarten. Dies betrifft unter anderem globale 98 99 Vgl. Wellisch/Thiele, Sozialversicherungspflicht bei internationaler Mitarbeiterentsendung – Vorschriften und Gestaltungsmöglichkeiten, IStR 2003, S. 746. Am 25.10.2012 hat der Bundestag den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des VerStG in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung (BT-Drs. 17/11183) beschlossen. Der Bundesrat hat diesem am 23.11.2012 zugestimmt (BRDrs. 634/12), sodass das Gesetz am 05.12.2012 verkündet werden konnte (BGBl. 2012 I, S. 2431). 90 Transfer Pricing Perspective Deutschland Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht Versicherungsverträge zwischen einem Drittlandversicherer und einem ausländischen, weltweit tätigen Konzern, der die deutschen und weitere Konzerngesellschaften bzw. Betriebsstätten abdeckt. Bisher kommt für diese Versicherungsverträge die Erhebung deutscher Versicherungsteuer nur eingeschränkt bzw. bei Vermögensschadenversicherungen (z. B. globaler Haftpflichtversicherung) gar nicht in Betracht, obwohl „deutsche Risiken“ wirtschaftlich abgesichert werden. Nach dem Gesetzentwurf reicht für die Versicherungsteuerpflicht von Verträgen mit Drittlandversicherern nunmehr der unmittelbare oder mittelbare Bezug des Versicherungsverhältnisses auf ein Unternehmen oder eine Betriebsstätte in Deutschland aus. Dadurch könnten jetzt auch Konzernversicherungen für alle Schäden erfasst werden, durch die deutsche Tochtergesellschaften bzw. Betriebsstätten mitversichert sind. Auswirkungen der geplanten Gesetzesänderung In Zukunft könnte also in den oben beschriebenen Vertragskonstellationen zusätzlich deutsche Versicherungsteuer anfallen. In Einzelfällen ist sogar eine doppelte Versicherungsteuerbelastung im In- und Drittland denkbar. Hat ein Drittlandversicherer in der EU bzw. im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) weder eine Betriebsstätte noch einen zur Entgegennahme des Versicherungsentgelts bestellten Bevollmächtigten, wäre die ausländische Konzernobergesellschaft als Versicherungsnehmerin und Steuerentrichtungsschuldnerin für die unter Umständen monatliche Anmeldung und Abführung der deutschen Versicherungsteuer zuständig. Darüber hinaus haftet sie für die deutsche Versicherungsteuer und muss nunmehr auch Aufzeichnungen führen, die bestimmte Mindestangaben zum Versicherungsvertrag und seiner deutschen versicherungsteuerlichen Behandlung enthalten (strafbewehrte Sanktionen bei Nichteinhaltung der Aufzeichnungspflichten sind bisher nicht im Gesetzentwurf vorgesehen). Tochtergesellschaften bzw. Betriebsstätten, die durch einen globalen Versicherungsvertrag Versicherungsschutz genießen, könnten ergänzend als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden. Dies ermöglicht der deutschen Finanzverwaltung direkte Zugriffsmöglichkeiten auf die deutschen Tochtergesellschaften bzw. Betriebsstätten, die ebenfalls die oben genannten Aufzeichnungen führen müssen. Handlungsbedarf Kosten für globale Versicherungsverträge werden oftmals im Rahmen einer Umlage anteilig an die Konzernunternehmen verrechnet. Bei deutschen Tochtergesellschaften und Betriebsstätten, die durch einen globalen Transfer Pricing Perspective Deutschland 91 Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht Versicherungsvertrag mit einem Drittlandversicherer Versicherungsschutz genießen, sollte deshalb Folgendes in Erwägung gezogen werden: ● Abgleich bestehender Umlageverträge, ob darin enthaltene Versicherungsprämien künftig der deutschen Versicherungsteuer unterliegen ● Information der Muttergesellschaft über die möglichen Auswirkungen der Änderungen des Versicherungsteuergesetzes für den Konzern ● Sicherstellung, dass im Falle einer zukünftigen deutschen Versicherungsteuerbelastung die notwendigen internen Compliance-Prozesse sowohl in der Muttergesellschaft als auch in der deutschen Tochtergesellschaft bzw. Betriebsstätte implementiert werden 7 AdV-Beschluss des FG Köln: Entstrickungsbesteuerung europarechtlich zweifelhaft Von Martin Renz und Daniela Kiel-Hammer Das Finanzgericht (FG) Köln hat ernstliche europarechtliche Zweifel hinsichtlich der zwangsweisen gewinnerhöhenden Auflösung eines nach den Grundsätzen des Betriebsstättenerlasses 100 gebildeten Ausgleichspostens nach Ablauf von zehn Jahren anlässlich der Überführung eines Wirtschaftsguts in eine ausländische Betriebsstätte geäußert. 101 Gegenstand der Entscheidung In dem vorliegenden Fall gründete die Klägerin eine Betriebsstätte in Belgien, der aufgrund des funktionalen Zusammenhangs im Jahr 1998 auch eine Beteiligung mit hohen stillen Reserven zugeordnet wurde. Aufgrund von Tz. 2.6.1 des Betriebsstättenerlasses wurde für steuerliche Zwecke ein Ausgleichsposten gebildet, der nach zehn Jahren (also 2008) steuerwirksam aufgelöst wurde, ohne dass die stillen Reserven realisiert wurden. Im Rahmen der Veranlagung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2008 löste das Finanzamt schließlich den gebildeten passiven Ausgleichsposten gewinnerhöhend auf. Das FG hatte gegen die zwangsweise Auflösung und entsprechende Besteuerung der stillen Reserven, ohne dass diese tatsächlich realisiert 100 101 BMF-Schreiben vom 24.12.1999: Grundsätze der Verwaltung für die Prüfung der Aufteilung der Einkünfte bei Betriebsstätten international tätiger Unternehmen, BStBl. 1999 I, S. 1076. Beschluss vom 16.11.2011, Az. 10 V 2336/11, DStRE 2012, S. 329. 92 Transfer Pricing Perspective Deutschland Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht wurden, erhebliche Bedenken, zweifelte an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts und stimmte der Aussetzung der Vollziehung zu. Konsequenzen für die nationale Entstrickungsbesteuerung Entscheidend für einen Verstoß gegen EU-Recht ist für den vorliegenden Sachverhalt, ob die nationale Entstrickungsbesteuerung die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 AEUV unverhältnismäßig beschränkt. Ausgehend vom Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Rechtssache „National Grid Indus B.V.“ widerspricht eine sofortige Besteuerung der stillen Reserven grundsätzlich der Niederlassungsfreiheit, solange die tatsächliche Realisierung der stillen Reserven noch nicht erfolgt ist. Sowohl der Betriebsstättenerlass als auch die allgemeinen Entstrickungsregelungen der § 12 KStG und § 4 Abs. 1 EStG sehen zwar keine sofortige Besteuerung vor, jedoch erfolgt die Besteuerung der stillen Reserven durch die Bildung des passiven Ausgleichspostens spätestens nach zehn Jahren bzw. nach § 4g EStG auf fünf Jahre gestreckt, auch wenn keine tatsächliche Realisierung der stillen Reserven erfolgte. Daher sind diese Regelungen nicht geeignet, einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit auszuschließen. So hatte bereits das FG Rheinland-Pfalz den Betriebsstättenerlass als unvereinbar mit der Niederlassungsfreiheit angesehen, soweit die Zuordnung eines Wirtschaftsguts zu einer Betriebsstätte im EU-Ausland – im Gegensatz zu reinen Inlandsfällen – zu einer Besteuerung der stillen Reserven führt. 102 Im anschließenden Revisionsverfahren hat der Bundesfinanzhof diese Frage allerdings offengelassen, da er nach Aufgabe der finalen Entnahmetheorie nicht mehr von einem Besteuerungstatbestand ausging. 103 Aktuelle Brisanz bekommt dieses Thema auch durch die geplante Änderung des § 1 AStG, wonach die Überführung eines Wirtschaftsguts auf eine ausländische Betriebsstätte auch in den Anwendungsbereich dieser Einkünftekorrekturnorm fallen soll. Auch wenn der Gesetzentwurf gemäß § 1 Abs. 5 Satz 6 AStG neu vorsieht, dass die Möglichkeit, einen Ausgleichsposten nach § 4g EStG zu bilden, nicht eingeschränkt werden soll, dürften im Hinblick auf die oben genannte Rechtsprechung des EuGH die geplanten Änderungen des § 1 AStG erheblichen europarechtlichen Bedenken begegnen. Das Urteil des FG Köln unterstreicht, dass diese Sichtweise offenbar auch von den deutschen Finanzgerichten geteilt wird. 102 103 Urteil vom 17.01.2008, Az. 4 K 1347/03, DStRE 2008, S. 1056. Urteil vom 28.10.2009, Az. I R 28/08, BFH/NV 2010, S. 432. Transfer Pricing Perspective Deutschland 93 Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht Fazit Welche Bedeutung der AdV-Beschluss für die nationale Entstrickungsbesteuerung haben wird, bleibt offen. Es ist abzuwarten, wie das FG Köln in der Hauptsache abschließend entscheiden wird. In Bezug auf die geplante Änderung des § 1 AStG wäre wünschenswert, dass eine entsprechende Regelung aufgenommen wird, die eine Steuerstundung bis zur tatsächlichen Realisierung der stillen Reserven vorsieht. 94 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 E Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 Die nachfolgenden Beträge fassen die wichtigsten internationalen Verrechnungspreisentwicklungen zusammen, soweit sie nicht an anderer Stelle in diesem Buch diskutiert werden. Im Fokus stehen dabei vor allem Neuerungen und Verschärfungen bei den Dokumentationsvorschriften, APA-Regimen und den Doppelbesteuerungsabkommen diverser Länder in Europa, Amerika und Asien. Daneben werden Betriebsprüfungserfahrungen, veröffentlichte verrechnungspreisrelevante Schreiben lokaler Finanzverwaltungen sowie aktuelle Rechtsprechungen in verschiedenen Ländern dargestellt. 1 Europa 1.1 Albanien: Doppelbesteuerungsabkommen Von Mirja Pollack und Verena Ebert Bereits am 6. April 2010 wurde das erste Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Albanien und Deutschland (DBA D – ALB) unterzeichnet. Das Abkommen ist am 23. Dezember 2011 in Kraft getreten und damit ab dem Veranlagungszeitraum 2012 anzuwenden. Es orientiert sich im Wesentlichen am OECD-Musterabkommen. Jedoch bestehen auch Abweichungen – zum Beispiel entsteht eine Montagebetriebsstätte bereits, wenn die Dauer von neun Monaten überschritten wird (Art. 5 Abs. 3 DBA D–ALB). Weitere Abweichungen bestehen in Zusammenhang mit Künstlern und Sportlern (Art. 17), selbstständiger Arbeit (Art. 14, Anlehnung an das UN-Musterabkommen) und bei Veräußerungsgewinnen (Art. 13 Abs. 6 DBA D–ALB). 1.2 Dänemark: Verschärfung der Dokumentationsvorschriften Von Gert Wöllmann und Jan Luft Zur Steigerung der Steuereinnahmen verabschiedete die dänische Regierung ein neues Gesetz zu Verrechnungspreisen. Transfer Pricing Perspective Deutschland 95 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 Gemäß der Neuregelung kann die dänische Steuerverwaltung, nachdem sie eine Dokumentation angefordert und geprüft hat, vom Steuerpflichtigen zusätzlich einen Bericht eines Wirtschaftsprüfers verlangen. Dieser Bericht ist innerhalb von 90 Tagen vorzulegen und soll bestätigen, dass die Transaktionen mit verbundenen Unternehmen unter Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes verrechnet wurden. Der Wirtschaftsprüferbericht ist für die Finanzverwaltung nicht bindend. Die Regelung soll jedoch nur für Unternehmen mit Verlusten in den letzten vier Jahren gelten oder für grenzüberschreitende Transaktionen mit Ländern außerhalb der Europäischen Union, die kein Doppelbesteuerungsabkommen mit Dänemark abgeschlossen haben. Bei einer unzureichenden Verrechnungspreisdokumentation oder einer Beantwortung weiterer Anfragen kann ein Bußgeld in Höhe von circa 35.000 Euro pro Wirtschaftsjahr erhoben werden zuzüglich eines Zuschlags von 10 Prozent des Mehrbetrags der berichtigten Einkünfte. Das Bußgeld kann um 50 Prozent reduziert werden, falls nach erfolgter Prüfung eine ordnungsgemäße Dokumentation nachgereicht wird. Zurzeit beträgt das Bußgeld das Zweifache der aufgrund der Nichterstellung einer Dokumentation vom Steuerpflichtigen gesparten Kosten, zuzüglich 10 Prozent auf die Einkommenskorrektur. 1.3 Italien: EU-Initiative zum Strafzuschlagssystem Von Jobst Wilmanns, Kevin Lüking und Stefanie Dengel In letzter Zeit konnten wir – neben der teilweise aggressiven Prüfungsweise der italienischen Steuerbehörden – zunehmend Probleme mit den italienischen verfahrensrechtlichen Regelungen bezüglich Strafzuschlägen bei Betriebsprüfungen beobachten. Die italienischen Steuerbehörden erheben auf die zusätzlich festgesetzte Steuer, die sich aus Einkommensanpassungen im Rahmen von Betriebsprüfungen ergibt, einen Strafzuschlag. Dieser ist derart gestaltet, dass ein Steuerpflichtiger dafür „belohnt“ wird, wenn er die von den italienischen Steuerbehörden zusätzlich festgesetzte Steuer möglichst zeitnah annimmt. Akzeptiert der Steuerpflichtige die Anpassungen der italienischen Steuerbehörden binnen maximal 90 Tagen, reduziert sich dieser Strafzuschlag auf ein Sechstel der zusätzlich festgesetzten Steuer. Wenn der Steuerpflichtige hingegen die Einkommensanpassungen der italienischen Steuerbehörden nicht akzeptiert und Rechtsmittel einlegt, in das Verständigungsverfahren nach dem Doppelbesteuerungsabkommen oder in das Verständigungs- und Schiedsverfahren nach der EUSchiedskonvention geht, erhöht sich die Strafgebühr automatisch auf 100 bis 200 Prozent. Darüber hinaus wird häufig parallel ein Steuerstrafverfahren 96 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 eingeleitet, das den Weg in das EU-Schiedsverfahren verschließt (wenn eine Verurteilung stattfindet) oder zumindest zeitlich hemmt, solange das Verfahren anhängig ist. Sollte sich im Rahmen des Gerichtsverfahrens oder des Verständigungsverfahrens bzw. Schiedsspruchs kein Ergebnis einstellen, welches das ursprünglich erklärte Einkommen des Steuerpflichtigen in voller Höhe bestätigt, muss dieser einen Strafzuschlag von mindestens 100 Prozent entrichten, was zwangsläufig zu einer Doppelbesteuerung führt. Gerade im Bereich der Verrechnungspreise, wo die von den italienischen Steuerbehörden aufgerufenen Anpassungsbeträge häufig signifikant sind und daher vom Steuerpflichtigen oft nicht zeitnah akzeptiert werden können, stellt dieses Strafzuschlagssystem ein enormes steuerliches Risiko dar und führt regelmäßig zu Doppelbesteuerungen. Argumentation gegen das italienische Strafzuschlagssystem Obwohl die italienischen Strafzuschlagsregelungen sowohl bei grenzüberschreitenden als auch bei inländischen Fällen angewendet werden, liegt möglicherweise ein Verstoß gegen geltende EU-Prinzipien vor. Es gibt gute Gründe, gerade bei Verrechnungspreisfällen gegen das italienische Strafzuschlagssystem zu argumentieren: ● Da italienische Verrechnungspreisvorschriften nur auf grenzüberschreitende Sachverhalte Anwendung finden und damit eine Einschränkung der Niederlassungsfreiheit vorliegt, könnten italienische Strafzuschläge, die auf Verrechnungspreisanpassungen zurückzuführen sind, dazu führen, dass eine steuerliche Berichtigung stattfindet, die der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 21. Januar 2010 (C-311/08) entgegensteht. Entsprechend diesem Urteil sollen steuerliche Anpassungen nicht über das hinausgehen, was als fremdvergleichskonform anzusehen ist. Die zusätzliche Erhebung von Strafzuschlägen führt dagegen regelmäßig zu einer Anpassung, die über das Fremdvergleichsniveau hinausgeht. ● Da keine Strafzuschläge erhoben werden, falls der Steuerpflichtige den Behörden rechtzeitig eine Verrechnungspreisdokumentation vorlegt, die den Vorgaben vollumfassend entspricht, können die Anforderungen an die Dokumentation ausführlicher sein, als es für eine Überprüfung der Angemessenheit notwendig wäre. In diesem Sinne könnte auch ein Verstoß gegen das genannte EuGH-Urteil vorliegen, das dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit einräumt, Beweise für etwaige wirtschaftliche Gründe für den Abschluss des Geschäfts beizubringen, ohne ihn übermäßigen Verwaltungszwängen zu unterwerfen. ● Die Inanspruchnahme eines Rechtsbehelfs gegen das Vorgehen der italienischen Steuerbehörden erhöht die angesetzten Strafzuschläge in überdurchschnittlicher Höhe, wodurch faktisch zahlreiche Steuerpflichtige davon abgehalten werden, ihre Rechte durchzusetzen. Zudem kann Italien kein faires Verfahren und somit keinen wirksamen Rechtsbehelf garantieren, Transfer Pricing Perspective Deutschland 97 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 ● Die Strafzuschläge werden ohne Rücksicht auf mögliche Entlastungstat- bestände erhoben. Infolgedessen sind die Gesetze unverhältnismäßig, da hier eine unwiderlegbare Vermutung einer Verfehlung des Steuerzahlers unterstellt wird. ● Bei Verrechnungspreisfällen hindert das italienische System mit seinen Strafzuschlägen den grenzüberschreitenden Handel sowie Investitionen im eigenen Land. Aus diesem Grund besteht ein Konflikt mit dem europäischen Binnenmarkt. 1.4 Liechtenstein: Aktuelles bei den deutschen Doppelbesteuerungsabkommen Von Mirja Pollack und Verena Ebert Zusätzlich zu dem bereits seit 2009 bestehenden Auskunftsabkommen haben das Fürstentum Liechtenstein und Deutschland am 17. November 2011 ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) geschlossen. Ziel des DBA ist es, die wirtschaftlichen Beziehungen und gegenseitigen Investitionen zu verbessern. Dies wird beispielsweise durch Verzicht auf Quellensteuern für bestimmte Dividenden, Zinsen und Lizenzen erzielt. Hinzuweisen ist insbesondere auf folgende Vereinbarungen: ● Art. 7 des Abkommens ist an Art. 7 OECD-MA 2010 angelehnt und enthält eine uneingeschränkte Selbstständigkeitsfiktion der Betriebsstätte. ● Sofern die beteiligten Staaten im Rahmen eines Verständigungsverfahrens keine Einigung zur Vermeidung der Doppelbesteuerung erzielen konnten, wird die Besteuerung im Rahmen eines Schiedsverfahrens geregelt. Das DBA Deutschland – Liechtenstein ist zum 1. Januar 2013 in Kraft getreten. 98 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 1.5 Niederlande: APAs für sogenannte Back-to-backGesellschaften in den Niederlanden – Änderungen in der Verfahrensweise der Finanzverwaltung Von Susann van der Ham, Guido Schepers und Lorenz Leonhardt Viele multinationale Unternehmen nutzen die Niederlande als Standort für ihre Back-to-back-Finanzierungs-, Leasing- und Lizenzaktivitäten. Die niederländische Finanzverwaltung ist generell daran interessiert, mit diesen sogenannten Back-to-backGesellschaften oder Durchleitungsunternehmen (unilateral) Vorabverständigungsverfahren abzuschließen. Solche Advance Pricing Agreements (APAs) verschaffen den Steuerpflichtigen im Voraus Klarheit über die Fremdvergleichskonformität der Vergütung für die niederländische Tochtergesellschaft. Unter anderem vor dem Hintergrund der erneuten Diskussion innerhalb der OECD bezüglich des Begriffs „wirtschaftliches Eigentum“ („beneficial ownership“) hat die niederländische Finanzverwaltung Ende 2011 ihre Verfahrensweise bei der Behandlung von APAs für bestimmte Arten von Durchleitungsstrukturen geändert („außerordentliche Durchleitungsstrukturen“). Im Vergleich zu den bisherigen Regelungen macht die geänderte Verfahrensweise es erforderlich, dass für diese außerordentlichen Durchleitungsstrukturen zusätzlich folgende Voraussetzungen erfüllt sind: Geschäftstätigkeit/Substanz Neben den bisherigen Substanzkriterien müssen nun zusätzlich drei neue Vollzeitarbeitskräfte eingestellt werden. Diese Bedingung ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn Mitarbeiter von bestehenden niederländischen Konzerngesellschaften entsendet oder verrechnet werden. Höheres Eigenkapital Im Einklang mit der erneuten Diskussion innerhalb der OECD über „wirtschaftliches Eigentum“ muss ein höherer Eigenkapitalbetrag ausgewiesen werden (wobei die neuen Vollzeitarbeitskräfte damit beauftragt sind, dieses erhöhte Eigenkapital zu verwalten). Hierzu hat die niederländische Finanzverwaltung allerdings absichtlich keine allgemeinen Richtlinien herausgegeben, sodass die exakte Höhe des Eigenkapitals von Fall zu Fall zu bestimmen ist. Es ist denkbar, dass die niederländische Finanzverwaltung hierfür auf die BaselRaten zurückgreifen wird. Transfer Pricing Perspective Deutschland 99 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 Höhere Vergütung Dementsprechend sollte die Vergütung für die übernommenen (Finanzierungs-) Funktionen („Bearbeitungsgebühr“) sowie für die verbundenen Risiken im Verhältnis zum Eigenkapital („Risikoprämie“) höher sein. Für einige Arten von Durchleitungsstrukturen bedeutet die Änderung der Verfahrensweise der niederländischen Finanzverwaltung eine Verkomplizierung der derzeitigen Voraussetzungen für die Gewährung eines APA in den Niederlanden. Allerdings hat die niederländische Finanzverwaltung zusätzlich aufgezeigt, dass sie im Rahmen der neuen Verfahrensweise dazu bereit ist, APAs bei Durchleitungsstrukturen abzuschließen, die bis jetzt noch nicht für ein APA in den Niederlanden infrage kamen. Beispiele solcher Strukturen sind doppelstöckige Strukturen zum Aufbau einer „Eigenkapitalmauer“ und formlose Kapitaleinlagen innerhalb der steuerlichen Organschaft. Die Änderungen in der Verfahrensweise sind unmittelbar in Kraft getreten und im Prinzip auch anwendbar, wenn bestehende APAs verlängert werden sollen. Die niederländische Finanzverwaltung empfiehlt, im Rahmen von Konsultationen die Auslegung der zusätzlichen Voraussetzungen zu klären. Dies gilt vor allem hinsichtlich der Eigenkapitalvoraussetzungen, da hier die Besonderheiten des jeweils vorliegenden Falls von Bedeutung sind. 1.6 Niederlande: Grundsatzentscheidung zur Behandlung von Darlehen zwischen verbundenen Unternehmen Von Gert Wöllmann, Jan Luft und Dr. Christoph Sommer Mit seiner erst jetzt veröffentlichten Grundsatzentscheidung vom 25. November 2011 hat der niederländische Oberste Gerichtshof zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes bei Darlehensgewährungen zwischen verbundenen Unternehmen Stellung genommen. Im zugrunde liegenden Fall gewährte eine niederländische Muttergesellschaft ihrer niederländischen (unterkapitalisierten) Tochtergesellschaft ein Darlehen, welches jedoch von dieser nicht zurückgezahlt werden konnte. Daraufhin nahm die Muttergesellschaft eine Abschreibung der uneinbringlichen Darlehensforderung vor. Die niederländische Finanzverwaltung erkannte diese Abschreibung steuerlich mit der Begründung nicht an, dass die Tochtergesellschaft als vollkommen unabhängiges Unternehmen ein vergleichbares Darlehen von einem fremden Dritten nicht erhalten habe. Das von der Muttergesellschaft gewährte Darlehen sei daher gemäß Tz. 1.65 der OECD-Verrechnungspreis- 100 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 richtlinien 104 von Fremd- in Eigenkapital umzuqualifizieren und der Betriebsausgabenabzug zu verweigern. In seinem Urteil stellte der Oberste Gerichtshof nun jedoch ausdrücklich klar, dass der Fremdvergleichsgrundsatz allein keinen Maßstab zur Umklassifizierung eines Eigenkapital ersetzenden Darlehens von Fremd- in Eigenkapital darstellt. Darlehen zwischen verbundenen Unternehmen seien allerdings als unangemessen zu beurteilen (sog. onzakelijke lening), wenn i) die vereinbarten Zinssätze dem Fremdvergleich nicht entsprächen und ii) der Darlehensgeber Risiken akzeptiere, die ein fremder Dritter unter vergleichbaren Bedingungen nicht eingehen würde. Nur in diesen Fällen sind Abschreibungen auf Darlehen, einschließlich nicht bezahlter Zinsen, steuerlich nicht anzuerkennen. Der Darlehensgeber hat dagegen Zinseinnahmen zu versteuern, die für ein vergleichbares Darlehen mit Sicherheitengestellung unter fremden Dritten zu zahlen wären. Mit dieser Grundsatzentscheidung wird in den Niederlanden eine analoge Entwicklung hinsichtlich der Beurteilung der Angemessenheit grenzüberschreitender Finanzierungsverhältnisse vollzogen wie in Deutschland. Denn auch das entsprechende BMF-Schreiben vom 29. März 2011 105 sieht vor, dass bei Darlehensverhältnissen zwischen einem inländischen beherrschenden Gesellschafter und einer ihm nahestehenden ausländischen Person das Fehlen einer Sicherheit nicht unmittelbar zur Unangemessenheit des Zinssatzes führe. 106 Begründet wird dies mit der Verbundenheit („Rückhalt im Konzern“), da diese für sich genommen bereits eine ausreichende Sicherheit darstelle. Fehlt eine Sicherheit, wird die steuerliche Anerkennung einer Teilwertabschreibung in Deutschland grundsätzlich verweigert. 104 105 106 OECD Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations, 22.07.2010. Vgl. BMF-Schreiben „Anwendung des § 1 AStG auf Fälle von Teilwertabschreibungen und andere Wertminderungen auf Darlehen an verbundene ausländische Unternehmen“, Az. IV B 5 – S 1341/09/10004. Vgl. hierzu ausführlich Wilmanns, J./Gimmler, F., Teilwertabschreibungen auf grenzüberschreitende Darlehen – neues BMF-Schreiben, in: Transfer Pricing Perspective Deutschland, Ausgabe 10, Mai 2011, S. 2–5. Transfer Pricing Perspective Deutschland 101 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 1.7 Norwegen: keine Vertreterbetriebsstätte bei Kommissionärsstruktur – positives Urteil im „Dell-Fall“ Von Jörg Hanken, Marianne Grabowski und Andre Jaekel Mit dem Urteil vom 2. Dezember 2011 hat der norwegische Oberste Gerichtshof entschieden, dass bei einer Kommissionärsstruktur mit Sitz des Kommissionärs in Norwegen und einem Prinzipal in Irland keine Betriebsstätte des Prinzipals in Norwegen vorliegt, nachdem die Vorinstanzen das Vorliegen einer Betriebsstätte bejaht hatten. Durch dieses Urteil besteht nun wieder eine einheitliche Rechtsauffassung bezüglich des Vorliegens von Vertreterbetriebsstätten bei Kommissionärsstrukturen. Sachverhalt und Urteil Streitpunkt im zugrunde liegenden Verfahren war die Interpretation von Art. 5 Abs. 5 DBA Norwegen – Irland (identisch zum OECD-Musterabkommen – OECD-MA), der die Voraussetzungen für die Begründung einer Vertreterbetriebsstätte regelt. Demnach begründet derjenige eine Vertreterbetriebsstätte, der unter anderem „im Namen“ des Prinzipals agiert und „gewöhnlich Verträge in dessen Namen“ schließt. Im zu entscheidenden Fall setzte der irische Prinzipal Dell eine norwegische Gesellschaft als Kommissionär ein, welche die Produkte des Prinzipals im eigenen Namen und auf Rechnung des irischen Prinzipals in Norwegen vertreiben sollte. Eine rechtliche Bindungswirkung gegenüber dem Prinzipal für die Geschäfte des Kommissionärs wurde zwischen dem Prinzipal und dem Kommissionär vertraglich ausgeschlossen. Die norwegischen Finanzbehörden interpretierten Art. 5 Abs. 5 DBA Norwegen – Irland dahin gehend, dass durch die Ausübung der Tätigkeit des norwegischen Kommissionärs eine „De-facto“Betriebsstätte des Prinzipals vorliegen sollte. Dabei führten die Finanzbehörden an, dass zwar der Prinzipal qua Vertrag nicht rechtlich gebunden werden konnte, der Kommissionär aber den Prinzipal faktisch gebunden hatte, weil der Prinzipal die Bestellungen nicht nachweisbar überprüft und genehmigt, und tatsächlich jede Bestellung angenommen hatte. Diese Auffassung wurde auch in erster Instanz vom norwegischen Finanzgericht mit Urteil vom 2. März 2011 geteilt. 107 Im Ergebnis hat das Gericht entschieden, dass die „Vollmacht, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen“ (Art. 5 Abs. 5 OECD-MA), 107 Vgl. Hinweis auf S. 35 im Jahrbuch 2011/2012 vom Transfer Pricing Perspective Deutschland, April 2012. 102 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 faktisch und nicht vertraglich bzw. formell auszulegen ist. Das Gericht hat ferner das positive Urteil im Fall „Zimmer“ (Kommissionär begründet keine Vertreterbetriebsstätte in Frankreich) nicht berücksichtigt, da es auf einem „alten“ Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) und der „alten“ OECD-MAKommentierung basierte. Der norwegische Oberste Gerichtshof hat nun gegen die Vorinstanz entschieden, dass die „Vollmacht, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen“, gemäß Art. 5 Abs. 5 DBA Norwegen – Irland nicht faktisch, sondern formell auszulegen sei. In der Urteilsbegründung führte der norwegische Oberste Gerichtshof an, dass das DBA Norwegen – Irland für das Vorliegen einer Vertreterbetriebsstätte zwingend eine rechtliche Bindungswirkung des Kommissionärs gegenüber dem Prinzipal fordert. Diese sei schon deshalb nicht gegeben, weil das norwegische Zivilrecht bei Kommissionärsverträgen keine rechtliche Bindungswirkung zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär im Zusammenhang mit dessen Geschäften mit Kunden vorsieht und dies weiterhin nicht zwischen den Parteien vereinbart wurde. Das Gericht orientierte sich hierbei vorrangig am norwegischen Zivilrecht und wich somit von der Kommentierung des OECD-MA ab, die sich in Teilen am im englischsprachigen Raum vorherrschenden Common Law orientiert. Des Weiteren verweist der norwegische Oberste Gerichtshof auf das französische Urteil bezüglich „Zimmer“ vom 31. März 2010 108 , bei dem der französische Oberste Gerichtshof urteilte, dass „weitere Vereinbarungen“ für die rechtliche Bindungswirkung vorliegen müssen, da ein gewöhnlicher Kommissionärsvertrag nicht ausreichend sei, eine Vertreterbetriebsstätte zu begründen. Da Dell in 15 weiteren Ländern vergleichbare Kommissisonärsstrukturen betreibt und es dort zu keinen Beanstandungen kam, wertete der norwegische Oberste Gerichtshof dies als weiteres Indiz für das Nichtvorliegen einer Vertreterbetriebsstätte. Unterschiedliche Auslegung des OECD-MA in der Vergangenheit Mit der Entscheidung des französischen Obersten Gerichtshofs in Sachen „Zimmer“ vom 31. März 2010 wurde für die Prüfung des Vorliegens einer Vertreterbetriebsstätte bei Kommissionärsstrukturen eine strenge, sich am nationalen Recht orientierende Auslegung hinsichtlich der rechtlichen Bindungswirkung des Kommissionärs gegenüber seinem Kommittenten herangezogen. Bis zum abweichenden Urteil des norwegischen Finanzgerichts vom 2. März 2011 galt die Argumentation des französischen Obersten Gerichtshofs als Hilfestellung für die Interpretation von Art. 5 Abs. 5. Daher ist es sehr zu begrüßen, dass der norwegische Oberste Gerichtshof nun gegen die Vor108 Vgl. Fiehler, K./Bentzien, M.-M., Diskussionsentwurf zu geplanten Änderungen der Definition von Betriebsstätten im Rahmen des OECD-Musterabkommens, in: Transfer Pricing Perspective Deutschland, Jahrbuch 2011/2012, April 2012, S. 35. Transfer Pricing Perspective Deutschland 103 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 instanz entschieden hat und insofern die zeitweise vorhandene Unsicherheit hinsichtlich der „De-facto“-Auslegung beseitigt ist. Klassische Kommissionärsstrukturen führen demnach grundsätzlich nicht zu Vertreterbetriebsstätten, es sei denn, es bestehen konkrete Vereinbarungen und Anzeichen, aus denen sich eine rechtliche Bindungswirkung des Kommittenten gegenüber dem Kommissionär erkennen lässt. Neukommentierung des OECD-MA Das Urteil des norwegischen Obersten Gerichtshofs vom 2. Dezember 2011 erging zeitgleich mit dem Vorhaben der OECD, die Kommentierung zu Art. 5 OECD-MA zu überarbeiten. Dazu veröffentlichte die OECD am 12. Oktober 2011 einen Diskussionsentwurf, in dem zahlreiche Fragen und Diskussionsgrundlagen enthalten sind. Zu dem überarbeiteten Diskussionsentwurf vom 19. Oktober 2012 konnte bis zum 31. Januar 2013 Stellung genommen werden. Bei der Überarbeitung des Kommentars zu Art. 5 ist mit Spannung zu erwarten, ob und inwiefern die zum Beispiel vom norwegischen Obersten Gerichtshof im Rahmen des „Dell-Urteils“ geforderten eindeutigeren Kriterien für das Vorliegen einer Vertreterbetriebsstätte bei Kommissionärsstrukturen berücksichtigt werden. 1.8 Österreich/San Marino: Auskunftsabkommen Von Mirja Pollack und Verena Ebert Es werden derzeit immer mehr Abkommen auf der Grundlage des OECD-Musterabkommens zum Informationsaustausch zwischen OECD-Staaten und Steueroasen abgeschlossen. Seit dem 1. März 2012 ist das Revisionsprotokoll vom 29. Dezember 2010 zum bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen mit Österreich, das den OECDAmtshilfestandard implementiert, in Kraft getreten. Das mit San Marino geschlossene Auskunftsabkommen ist am 23. Dezember 2011 in Kraft getreten. Hintergrund dieser Entwicklungen ist ein im Jahr 2000 begonnenes Projekt der OECD. Daraus gingen Listen mit Staaten hervor, die nicht zur internationalen Zusammenarbeit bereit sind (sog. Schwarze Liste), bzw. mit Staaten, die eine Umsetzung der international vereinbarten Regeln zwar zugesagt, aber noch nicht ausreichend vollzogen haben (sog. Graue Liste – u. a. mit Bahamas, Panama, San Marino, Österreich). Da diese Länder mit Sanktionen rechnen mussten, haben sich inzwischen alle Staaten zur Erfüllung der Standards zum Informationsaustausch verpflichtet. 104 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 1.9 Russland: Einführung von APA-Richtlinien durch die russische Finanzverwaltung zum 1. Januar 2012 Von Irina Engler und Lorenz Leonhardt Am 18. Juli 2011 wurden in Russland Ergänzungen zur Steuergesetzgebung im Bereich Verrechnungspreise beschlossen, die zum 1. Januar 2012 in Kraft getreten sind. Im Zusammenhang hiermit wurden auch erstmals Regelungen zu Advance Pricing Agreements (APAs) eingeführt. Zur Spezifizierung und Erläuterung des notwendigen Prozesses für den Abschluss eines APA hat die russische Finanzverwaltung am 12. Januar 2012 ein Schreiben (No. OA-4-13/85) mit entsprechenden Richtlinien veröffentlicht. Diese Richtlinien sind rückwirkend ab dem 1. Januar 2012 anwendbar und orientieren sich stark an den von der OECD aufgestellten und im Allgemeinen international anerkannten Verrechnungspreisprinzipien zu APAs (insbesondere Kapitel IV, Abschnitt F der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien 2010). Derzeit soll nur russischen Unternehmen, die als sogenannte größte Steuerzahler registriert sind, offenstehen, einen Antrag auf Durchführung eines APA zu stellen. Die Festsetzung von hohen Schwellenwerten ist typisch für die russische Steuergesetzgebung. Sobald die Anwendung der Regelung für eine kleine Gruppe von Steuerpflichtigen erfolgreich getestet wurde, werden die Schwellenwerte üblicherweise herabgesetzt. Die wesentlichen Inhalte der Richtlinien lassen sich wie folgt zusammenfassen: ● Es sind sowohl unilaterale als auch bi- bzw. multilaterale APA-Verfahren möglich. ● Ein APA kann entweder für eine Transaktion oder eine Transaktionsgruppe abgeschlossen werden, sodass in der Regel mehrere separate APAs beantragt und abgeschlossen werden müssen. ● In den Richtlinien sind die einzelnen Schritte für die Durchführung eines APA beschrieben. Erwähnenswert ist die Empfehlung eines Vorgesprächs (pre-filing meeting), um den Gegenstand und Inhalt des APA-Antrags abzustimmen. ● Bedarf der erste APA-Antrag aus Sicht der russischen Finanzverwaltung einer Überarbeitung, kann der Steuerpflichtige diesen ersten Entwurf entsprechend anpassen und einen erneuten Antrag stellen. ● Das APA tritt in der Regel am 1. Januar des auf das Jahr des Abschlusses folgenden Jahres in Kraft. Ein rückwirkender Beginn zum 1. Januar des aktuellen Jahres ist ebenfalls möglich, falls die vereinbarte Regelung bereits ab dem 1. Januar angewendet wurde. Transfer Pricing Perspective Deutschland 105 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 ● Der APA-Antrag ist unter Beifügung der erforderlichen Antragsunterlagen zu stellen. Den Richtlinien sind die für einen APA-Antrag notwendigen Musterformulare beigefügt, um sicherzustellen, dass der Antrag in einer einheitlichen Struktur erfolgt. Obwohl die Musterformulare einen Empfehlungscharakter haben, ist es vor dem Hintergrund, dass die russische Finanzverwaltung oft sehr formalistisch vorgeht, empfehlenswert, sich an diese und sonstige Regelungen in den Richtlinien zu halten. 1.10 Spanien: Grundsatzentscheidung zu Betriebsstätten Von Gert Wöllmann, Jan Luft und Dr. Christoph Sommer Mit dem Urteil vom 12. Januar 2012 hat der spanische Oberste Gerichtshof entschieden, dass ein Schweizer Prinzipal, der über seine Tochtergesellschaft auf dem spanischen Markt eigene Produkte verkauft, eine Betriebsstätte in Spanien begründet, der Teile der in Spanien generierten Umsätze des Schweizer Stammhauses zugeordnet werden müssen. Der zu entscheidende Fall betraf ein Schweizer Pharmaunternehmen und dessen spanische Tochtergesellschaft, die ursprünglich als Eigenproduzent und -händler agierte. Durch Umstrukturierungsmaßnahmen wurde diese zum Auftragsfertiger und Handelsvertreter ihrer Muttergesellschaft abgeschmolzen. Gleichzeitig mietete die Muttergesellschaft Lagerkapazitäten bei ihrer Tochtergesellschaft an. Die Tätigkeit als Handelsvertreter beschränkte sich ausdrücklich auf die Vermittlung von Geschäften; eine rechtliche Abschlussvollmacht wurde der Tochtergesellschaft nicht erteilt. Folge der Umstrukturierung war ein deutlicher Gewinnrückgang der spanischen Gesellschaft. Nach zwei Vorinstanzen bestätigte nun der Oberste Gerichtshof die Auffassung der Finanzverwaltung, wonach die spanische Tochtergesellschaft als Betriebsstätte des Schweizer Prinzipals zu qualifizieren sei, der Teile der Gewinne der Schweizer Gesellschaft aus dem Verkauf der Produkte im spanischen Markt zuzuordnen seien. Die Höhe der Gewinnzuordnung zur Betriebsstätte bestimmt sich dabei nach den von dieser ausgeübten Funktionen, übernommenen Risiken und eingesetzten Wirtschaftsgütern. Der Oberste Gerichtshof begründete seine Auffassung mit einer weiten Auslegung des Begriffs der Vertreterbetriebsstätte (Art. 5 Abs. 5 OECD-MA), wonach die spanische Gesellschaft durch ihre Vermittlungstätigkeit und die damit verbundene wirtschaftliche Betätigung im spanischen Markt die Schweizer Mutter- 106 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 gesellschaft – trotz fehlender rechtlicher Vollmacht – faktisch gebunden habe. Ferner sei die Tochtergesellschaft durch ihre Tätigkeit als Auftragsfertiger auch als „abhängiger Produzent“ zu qualifizieren. Mit diesem Begriff führte der Oberste Gerichtshof eine neue Betriebsstättendefinition ein. Dagegen wurde das Vorliegen einer festen Geschäftseinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 OECD-MA mit dem Verweis abgelehnt, dass das Unterhalten eines Lagers eine Hilfstätigkeit im Sinne des Art. 5 Abs. 4 OECD-MA darstelle. Das ergangene spanische Urteil dürfte insbesondere die derzeit auf Ebene der OECD geführte Diskussion hinsichtlich der Voraussetzungen der Begründung einer Betriebsstätte und des Umfangs der Einkommenszurechnung weiter beleben. Denn auch der im Herbst 2011 von der OECD veröffentlichte Vorschlag zur Änderung der Kommentierung des Art. 5 OECD-MA 109 sieht die Möglichkeit der Begründung einer Vertreterbetriebsstätte bereits bei Vorliegen einer bloßen wirtschaftlichen Vollmacht vor, auch wenn explizit keine rechtliche Vollmacht erteilt worden ist. 110 Mit Blick auf die geplante Änderung des § 1 AStG dürfte die geführte Diskussion bezüglich der Definition von Betriebsstätten auch für Deutschland von hoher praktischer Relevanz sein. Denn durch die vorgesehene Änderung des § 1 AStG beabsichtigt der Gesetzgeber unter anderem die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstättensachverhalte, um so eine Rechtsgrundlage für die Umsetzung des sogenannten Separate Entity Approach der OECD zu schaffen. 1.11 Ungarn: neues DBA – Gegenberichtigungsklausel bei Verrechnungspreiskorrekturen von verbundenen Unternehmen Von Daniela Kiel-Hammer Am 28. Februar 2011 wurde in Budapest das Revisionsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ungarn zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Vermeidung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom 109 110 Vgl. OECD, Interpretation and Application of Article 5 (Permanent Establishment) of the OECD Model Tax Convention, Paris, 12.10.2011. Vgl. hierzu auch Fiehler, K./Bentzien, M.-M., Diskussionsentwurf zu geplanten Änderungen der Definition von Betriebsstätten im Rahmen des OECD-Musterabkommens, in: Transfer Pricing Perspective Deutschland, Ausgabe 12, November 2011, S. 19–20. Transfer Pricing Perspective Deutschland 107 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 Einkommen und vom Vermögen unterzeichnet. Die Regelungen für verbundene Unternehmen enthalten nunmehr in Art. 9 Abs. 2 des Revisionsabkommens Regeln zur Gegenberichtigung. In der Praxis gibt es nicht den einzigen angemessenen Verrechnungspreis, sondern vielmehr eine Bandbreite möglicher Werte. Angesichts des vom Verrechnungspreis ausgehenden Steuersenkungspotenzials stehen diese im Fokus von Betriebsprüfungen. Im Falle von Verrechnungspreiskorrekturen in einem Vertragsstaat kann die korrespondierende Berichtigung im anderen Vertragsstaat auf Grundlage der neuen abkommensrechtlichen Bestimmungen zur Gegenberichtigung erfolgen. Die neue Regelung Voraussetzung für die Verpflichtung zur Gegenberichtigung Der andere Vertragsstaat ist allerdings nur dann zur Gegenberichtigung verpflichtet, wenn die folgenden drei Voraussetzungen erfüllt sind: ● Erstens muss die Verrechnungspreiskorrektur zu einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung führen. Diese liegt vor, wenn ein verbundenes Unternehmen eines Vertragsstaats, dessen Gewinne erhöht wurden, mit einem Gewinnbetrag steuerpflichtig wird, der bereits beim korrespondierenden verbundenen Unternehmen des anderen Vertragsstaats besteuert wurde. ● Zweitens muss der Berichtigungsbetrag unmittelbar auf einer Erstkorrektur nach den Grundsätzen des Fremdvergleichs beruhen. ● Drittens muss zwischen den Vertragsstaaten Einigkeit über den Grund und die Höhe der Erstberichtigung bestehen. Praktische Umsetzung Sollte im Rahmen einer Betriebsprüfung eines Vertragsstaats bei einem verbundenen Unternehmen eine Einkommenserhöhung aufgrund einer Verrechnungspreiskorrektur im Raum stehen, empfiehlt es sich, das korrespondierende verbundene Unternehmen unverzüglich darüber in Kenntnis zu setzen. Dieses sollte sich unter Darlegung der Feststellungen der Betriebsprüfung des anderen Vertragsstaats umgehend mit seinem zuständigen Finanzamt in Verbindung setzen, um bereits im Vorfeld eine korrespondierende Gegenberichtigung gemäß Art. 9 Abs. 2 des Revisionsabkommens abzuklären bzw. zu beantragen. Inkrafttreten Das neue deutsch-ungarische Abkommen tritt am 30. Tag nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft. Die Ratifikationsurkunden wurden am 30. November 2011 ausgetauscht. Insofern ist das neue Doppelbesteuerungsabkommen auf steuerliche Sachverhalte ab 1. Januar 2012 anzuwenden. 108 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 Vorteil gegenüber multinationalen Verständigungsund Schiedsverfahren Im Vergleich zu den Verständigungs- und Schiedsverfahren nach der EUSchiedskonvention kann die abkommensrechtliche Gegenberichtigungsklausel zu einer effizienteren und schnelleren Bewältigung von Verrechnungspreisstreitigkeiten führen. Dadurch können formalisierte, Ressourcen bindende Verständigungs- und Schiedsverfahren vermieden werden. Allerdings besteht nur im Rahmen der EU-Schiedskonvention ein Einigungszwang. Bedeutung für den Steuerpflichtigen Aus Sicht des Steuerpflichtigen ist die Einführung der Gegenberichtigungsverpflichtung grundsätzlich zu begrüßen, da hierdurch Folgen nicht angemessener Verrechnungspreise hoffentlich schneller berichtigt werden können. Bei fehlender Kompromissbereitschaft der Vertragsstaaten ist die Einleitung eines Verständigungs- und Schiedsverfahrens jedoch unumgänglich. Es bleibt daher abzuwarten, wie die neuen abkommensrechtlichen Bestimmungen zur Gegenberichtigung in der täglichen Praxis umgesetzt werden. 2 Amerika 2.1 Bahamas: Auskunftsabkommen Von Mirja Pollack und Verena Ebert Es werden derzeit immer mehr Abkommen auf der Grundlage des OECD-Musterabkommens zum Informationsaustausch zwischen OECD-Staaten und Steueroasen abgeschlossen. Das zwischen Deutschland und den Bahamas geschlossene Auskunftsabkommen ist am 12. Dezember 2011 in Kraft getreten. Hintergrund dieser Entwicklungen ist ein im Jahr 2000 begonnenes Projekt der OECD. Daraus gingen Listen mit Staaten hervor, die nicht zur internationalen Zusammenarbeit bereit sind (sog. Schwarze Liste), bzw. mit Staaten, die eine Umsetzung der international vereinbarten Regeln zwar zugesagt, aber noch nicht ausreichend vollzogen haben (sog. Graue Liste – u. a. mit Bahamas, Panama). Da diese Länder mit Sanktionen rechnen mussten, haben sich inzwischen alle Staaten zur Erfüllung der Standards zum Informationsaustausch verpflichtet. Transfer Pricing Perspective Deutschland 109 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 2.2 Der Fremdvergleichsmaßstab aus brasilianischer Sicht – ist er vereinbar mit OECD-Grundsätzen? Von Holger Lorenzen, Nicole Netto und Eduardo R. Flöring junior Im Gegensatz zu den OECD-Richtlinien, den US-Regularien wie auch den Verrechnungspreisvorschriften bedeutender lateinamerikanischer Volkswirtschaften, zum Beispiel Argentinien und Mexiko, erkennen die brasilianischen Steuergesetze den international gängigen Fremdvergleichsmaßstab nicht an. Der folgende Artikel erörtert die Vereinbarkeit des brasilianischen „Fixed profit margin“-Ansatzes mit internationalen Standards und dessen Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit multinationaler Unternehmen, die in Brasilien vertreten sind. Übersicht über die Regeln und den Hintergrund des brasilianischen Verrechnungspreismodells Brasilien führte 1996 Verrechnungspreisgesetze ein. Seitdem wurden die Verrechnungspreisgesetze und ihre Verwaltungsanweisungen mehr als 20 Mal geändert, was den Ruf Brasiliens, ein Land mit unvorhersehbarem und sich ständig veränderndem gesetzlichem Umfeld zu sein, verstärkt. Die jüngste Reform wurde im April 2012 durch die „Provisorische Maßnahme“ (MP) Nr. 562/2012 111 eingeleitet und im September 2012 durch das Gesetz Nr. 12.715/2012 112 in geltendes Recht umgesetzt. Die durch Gesetz Nr. 12.715/2012 in Kraft getretenen Änderungen sind weitreichend und novellieren nahezu alle Bereiche des Regulierungsrahmens für Verrechnungspreise. So werden beispielsweise die im Rahmen der Wiederverkaufspreismethode bislang angewendeten fixed profit margins von 20 Prozent bzw. 60 Prozent angepasst und betragen nunmehr, in Abhängigkeit von der jeweiligen Branche, 20, 30 oder 40 Prozent. Des Weiteren wird für Transaktionen mit börsengehandelten Rohstoffen festgelegt, dass die Steuer111 112 Das brasilianische Rechtssystem kennt die „Provisorische Maßnahme“ (MP) als spezielles präsidiales Dekret, das in bestimmten Rechtsbereichen Gesetzeskraft ohne vorherige parlamentarische Zustimmung erlangt. Basierend auf der Begründung der Wichtigkeit und Eiligkeit, muss die MP allerdings innerhalb von 120 Tagen durch beide parlamentarische Kammern bestätigt werden, damit sie ihre Gesetzeskraft nicht ex tunc verliert. Gesetz Nr. 12.715/2012 gilt für Transaktionen, die ab 2013 durchgeführt werden. Steuerzahler können jedoch von einem bisher noch nicht hinreichend geklärten Wahlrecht Gebrauch machen und das Gesetz auf bereits 2012 durchgeführte Transaktionen anwenden. 110 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 pflichtigen die börsenbasierten Marktpreise der Rohstoffe als Vergleichsdaten für Transaktionen mit verbundenen Unternehmen berücksichtigen müssen (PCI-Methode [Import] und PECEX-Methode [Export]). Obwohl die Änderungen nicht so weitreichend sind, dass sie den international üblichen Fremdvergleichsmaßstab und die diesem zugrunde liegende ökonomische Vernunft anerkennen, werden die fixed profit margins von den meisten Beobachtern und Analysten begrüßt, da die neuen Standards mehr Fairness für den Steuerzahler bedeuten und außerdem den oft dargestellten „Safe harbour“-Ansatz stärken. Die in der Vergangenheit für alle Industriebereiche uniform angewendeten fixed profit margins vernachlässigen die ökonomische Realität der verschiedenen Geschäftsfelder, da die Gewinnmargen zwischen diesen nicht uniform sind. In der Tat begründet Brasilien seine Verrechnungspreispolitik in verschiedenen internationalen Foren mit der Schwierigkeit, für seine Steuerbehörden die auf Basis der komplexeren internationalen Regularien erstellten Studien nachzuvollziehen. Wie vielen anderen Schwellenländern fehlen Brasilien die Ressourcen (z. B. Datenbanken für die Suche vergleichbarer Unternehmen) und die technische Expertise für das Verständnis der komplexen Dokumentationen und Berechnungen, die multinationale Unternehmen in ihren Dokumentationen verwenden. Vor Kurzem sagte Guido Mantega, Finanzminister Brasiliens, vor der UNGruppe zur Ausarbeitung eines Verrechnungspreismanuals, das die OECDRichtlinien ergänzen soll, dass Brasiliens „Fixed profit margin“-Ansatz die Notwendigkeit der Suche vergleichbarer Unternehmen beseitigt und einen einfachen, kostengünstigen Ansatz sowohl für Behörden als auch für Steuerpflichtige darstellt und so das Erfordernis reduziert, externe Berater hinzuzuziehen. Zugleich äußerte sich der Abteilungsleiter für Verrechnungspreise der zentralen brasilianischen Steuerbehörde (Receita Federal do Brasil – RFB) skeptisch über die zeitnahe Übernahme der Fremdvergleichsinterpretation der OECD durch Brasilien und argumentierte, dass der „Fixed profit margin“Ansatz die Anwendung von Methoden vereinfacht und dadurch die Länge von Betriebsprüfungen und die Anzahl der benötigten Prüfer reduziert. Erfahrungen aus der Praxis und Erwartungen Auf den ersten Blick könnte man die Logik der brasilianischen Steuerbehörden sogar unter der Annahme begrüßen, dass der „Fixed profit margin“-Ansatz dem Steuerzahler tatsächlich positive praktische Effekte bringt. Die tatsächliche Geschäftswelt der vergangenen Jahre in Brasilien widerlegt dies jedoch. Transfer Pricing Perspective Deutschland 111 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 Anstatt das angepriesene vereinfachte System zur Verminderung des Verwaltungsaufwands zu sein, verursachen die brasilianischen Verrechnungspreisvorschriften jährlich eine hohe Zahl an juristischen Auseinandersetzungen mit den Steuerbehörden und erzeugen einen Beratungsaufwand, der weltweit seinesgleichen sucht. 113 In diesem Zusammenhang kritisieren viele Verantwortliche, dass Brasiliens Versagen, internationalen Rechtsstandards zu folgen, verschiedene grenzüberschreitende Probleme mit sich bringt, die oft zu Doppelbesteuerung führen. Bis jetzt waren weder der starke Lobbyismus multinationaler Unternehmen noch die zunehmende Wichtigkeit Brasiliens in der Welt ausreichend, um ein faireres und flexibleres System mit maximaler Vereinbarkeit mit dem international gebräuchlichen Fremdvergleichsmaßstab zu fördern. Ein anschauliches Beispiel liefert die Behandlung von Advance Pricing Agreements (APAs). Während Brasiliens Verrechnungspreisvorschriften die Möglichkeit von APAs nicht explizit nennen, erlauben gesetzmäßige Bestimmungen Anträge zur Veränderung der fixed profit margins für die einzelnen Industriebereiche oder auch individuell für den Steuerzahler. In der 16-jährigen Verrechnungspreisgeschichte Brasiliens erreichte allerdings keines der Unternehmen, das einen solchen Antrag stellte, eine Lockerung der gesetzmäßig vorgesehenen Gewinnmargen. Es gibt weitere stützende Argumente dafür, dass Brasiliens Verrechnungspreisgesetze Zeichen einer unpassenden und unflexiblen Steuerpolitik sind. In Anbetracht der kompletten Vernachlässigung der wirklich akuten Themen – einschließlich der Transaktionen zwischen verbundenen Parteien – haben die brasilianischen Behörden nie versucht, royalties oder technical assistance fees zu regulieren, die immer ein Teil traditioneller Körperschaftsteuerregeln waren. 114 Ungeachtet der durch die Finanzkrise 2008/2009 verursachten 113 114 In der kürzlich von PwC veröffentlichten Studie „Paying Taxes 2012 – The Global Picture“ wurde Brasilien wegen des steuerlichen Umfelds auf dem letzten Platz eingestuft. Unter Einbeziehung aller Bundes-, Länder- und Gemeindesteuern wird geschätzt, dass brasilianische Steuerzahler durchschnittlich 2.600 Stunden im Jahr damit verbringen, steuerliche Regularien zu erfüllen. Zum Vergleich: Im Vereinigten Königreich sind es im Durchschnitt 110 Stunden und in Deutschland 221 Stunden. Die brasilianischen Steuerbehörden zeigen neuerdings verstärkt Interesse an Dienstleistungen und immateriellen Vermögensgegenständen. Die RFB veröffentlichte letzten Juni eine Verordnung, die neue Informationserfordernisse zu Servicetransaktionen mit ausländischen Unternehmen begründet. Solche Transaktionen müssen nun im „Integrierten System für ausländischen Service-Handel“ (SISCOSERV), das nützliche Daten konsolidiert, gemeldet werden. Die Daten sollen nicht nur den Behörden helfen, brasilianische Exporte von Services und immateriellen Vermögensgegenständen zu fördern, sondern auch durch Doppelprüfung Steuerhinterziehung vermeiden. 112 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 Unruhen und der Finanzierungskosten auf den internationalen Märkten änderte Brasilien erst im Dezember 2012 (mit Wirkung ab 1. Januar 2013) die Abzugsfähigkeitsregelungen der Zinsenrate für Intercompany-Darlehen. Man könnte schlussfolgern, dass Brasilien sich in seiner Rolle als „Verrechnungspreisausreißer“ genügt. Sein außergewöhnliches Steuergesetz scheint ausländische Investoren nicht abzuschrecken und die Wirtschaft Brasiliens hat einige Rekorde bezüglich Wirtschaftswachstums- oder Arbeitslosigkeitsindizes gebrochen. Gleichermaßen sind die brasilianischen Behörden zufrieden mit dem „Erfolg“ ihres Modells und möchten es durch Einfluss auf Verrechnungspreisforen außerhalb der OECD-Welt in andere Schwellenländer exportieren. Solange ausländisches Geld und die dadurch generierten Steuern nach Brasilien fließen, werden die Steuerbehörden wahrscheinlich der Versuchung widerstehen, ihre Leitlinien und Regularien an internationale Standards anzupassen. 2.3 Panama: Auskunftsabkommen Von Mirja Pollack und Verena Ebert Es werden derzeit immer mehr Abkommen auf der Grundlage des OECD-Musterabkommens zum Informationsaustausch zwischen OECD-Staaten und Steueroasen abgeschlossen. Mit Panama sollen Verhandlungen über ein Auskunftsabkommen aufgenommen werden. Hintergrund dieser Entwicklungen ist ein im Jahr 2000 begonnenes Projekt der OECD. Daraus gingen Listen mit Staaten hervor, die nicht zur internationalen Zusammenarbeit bereit sind (sog. Schwarze Liste), bzw. mit Staaten, die eine Umsetzung der international vereinbarten Regeln zwar zugesagt, aber noch nicht ausreichend vollzogen haben (sog. Graue Liste – u. a. mit Bahamas, Panama, San Marino, Österreich). Da diese Länder mit Sanktionen rechnen mussten, haben sich inzwischen alle Staaten zur Erfüllung der Standards zum Informationsaustausch verpflichtet. Transfer Pricing Perspective Deutschland 113 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 2.4 USA – die kodifizierte Economic Substance Doctrine Von Markus Straub In der Ausgabe 8 von „Transfer Pricing Perspective Deutschland“ vom November 2010 berichteten wir über die Kodifizierung der Economic Substance Doctrine (ESD) in den USA sowie ein ergänzendes Schreiben des Internal Revenue Service (IRS). Zwischenzeitlich hat die Large Business and International Division (LB&I Division) des IRS Dienstanweisungen (LB&I Directive) an die IRS-Außenprüfer zur Prüfung der Anwendbarkeit der ESD herausgegeben. Dieser Artikel gibt einen Überblick über deren Inhalte. Hintergrund Die ESD besagt, dass ein Geschäftsvorfall einem wirtschaftlichen Zweck außer der Einsparung von Steuern dienen muss, um steuerlich anerkannt zu werden, er also „wirtschaftliche Substanz“ aufweisen muss. Kann der IRS nachweisen, dass ein Geschäftsvorfall keine wirtschaftliche Substanz hat, werden auf die zu entrichtenden Nachsteuern Strafzuschläge von 40 Prozent erhoben. Hat der Steuerpflichtige den Geschäftsvorfall in seiner Steuererklärung angemessen offengelegt, reduziert sich dieser Satz auf 20 Prozent. Anwendbar sind diese Regelungen auf Geschäftsvorfälle, die nach dem 30. März 2010 stattfinden. Mit der LB&I Directive beschreibt der IRS einen vierstufigen Prozess, anhand dessen die Außenprüfer ermitteln, ob die ESD anwendbar ist. Steuerpflichtige können sich zwar nicht auf diese Dienstanweisung berufen, jedoch bieten die ersten drei Stufen einen Einblick in die Sichtweise des IRS und können für die Beurteilung hilfreich sein. Vierstufiger Prozess der LB&I Directive Im ersten Schritt soll der Außenprüfer ermitteln, ob die Fakten des Sachverhalts dafür sprechen, dass die ESD wahrscheinlich nicht anwendbar ist. Hierzu geben die Dienstanweisungen 18 Tatsachen und Umstände vor, bei deren Vorliegen die ESD tendenziell nicht anwendbar ist (z. B. die Transaktion ist at arm’s length, hat Gewinnpotenzial abseits eines Steuervorteils, forciert keine Verluste). Der zweite Schritt gibt dem Außenprüfer 17 Faktoren vor, bei deren Vorliegen die ESD tendenziell anwendbar ist. Diese Faktoren sind jeweils das Gegenteil der im ersten Schritt genannten Tatsachen und Umstände (z. B die Transaktion ist nicht at arm’s length, hat außer dem Steuervorteil kein Gewinnpotenzial, forciert Verluste). Sollte der Außenprüfer nach Durchführung dieser beiden Schritte zum Ergebnis kommen, dass die ESD wahrscheinlich anwendbar ist, muss sein Vorgesetzter in einem dritten Schritt weitere Faktoren überprüfen und der Einschätzung zustimmen. Die Dienstanweisung gibt hier 114 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 sieben Fragen vor, die in diesem Schritt berücksichtigt werden müssen. Diese Fragen geben hier wichtige Hinweise, in welchen Fällen der IRS eher abgeneigt sein wird, die ESD anzuwenden. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn es bereits einen entsprechenden Präzedenzfall gibt oder wenn eine Transaktion durch Steuererleichterungen durch den Kongress der Vereinigten Staaten gezielt gefördert wird. Im vierten und letzten Schritt muss der Director of Field Operations dem Ergebnis aus den ersten drei Schritten zustimmen. Dem Steuerpflichtigen soll hier vorher die Möglichkeit gegeben werden, Stellung zu nehmen. Fazit Aufgrund der hohen Strafzuschläge sollten Steuerpflichtige alle Transaktionen identifizieren, in denen möglicherweise die ESD anwendbar sein könnte. Die Schritte, die die LB&I Directive vorgibt, können zwar eine Orientierung geben, um Geschäftsvorfälle im Rahmen der Steuererklärung angemessen offenzulegen. Jedoch sollte bedacht werden, dass die LB&I Directive lediglich Bindungswirkung für den IRS entfaltet. Update Nach der Ausgabe der LB&I Directive haben viele Steuerfachleute argumentiert, dass der IRS die Kodifizierung der ESD verwaltungstechnisch abgeschafft habe, zumindest in Bezug auf große steuerpflichtige Unternehmen. Die Hürden des vierstufigen Prozesses der LB&I Directive seien so hoch, dass die IRS-Prüfer die ESD ganz selten verwenden könnten. Im Juni 2012 bestritt der IRS, dass er die ESD verwaltungstechnisch abgeschafft habe, und sagte, dass er den IRSPrüfern nur praktische interne Führung angeboten habe. Dennoch scheint es so, dass es ziemlich schwierig sein wird, die ESD auf große steuerpflichtige Unternehmen anzuwenden. Darüber hinaus zeigt die Entstehungsgeschichte der ESD, dass diese auf Transaktionen mit nahestehenden Personen nicht angewendet werden soll, wenn die Transaktionen unter den Verrechnungspreisregeln der USA (Internal Revenue Code § 482) fremdüblich sind. Diese Entstehungsgeschichte ist zwar kein Teil des endgültigen Gesetzes, aber trotzdem ein Hinweis darauf, dass der IRS den Internal Revenue Code § 482 anstatt der ESD für Transaktionen mit nahestehenden Personen anwenden würde. Transfer Pricing Perspective Deutschland 115 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 2.5 Final US Cost Sharing Regulations Von Norman Wingen und Dr. Lee Hu Cost Sharing Agreements (CSAs) sind für forschende US-Konzerne ein beliebtes Instrument, um ausländische Tochtergesellschaften an Forschungs- und Entwicklungskosten zu beteiligen. Durch die verabschiedeten Final Cost Sharing Regulations 2011 ergeben sich dabei einige Neuerungen, insbesondere bei der Bewertung von Ausgleichszahlungen zu einem bestehenden CSA. Am 16. Dezember 2011 wurden vom US Department of Treasury und vom Internal Revenue Service (IRS) die endgültigen Cost Sharing Regulations (im Folgenden „Final Regulations“) 115 erlassen, welche die Temporary Regulations vom 5. Januar 2009 ablösen. Die Final Regulations folgen in den Grundzügen den Temporary Regulations, wurden jedoch durch neue klarstellende Beispiele ergänzt und führen einige Änderungen bei der Anwendung der Income Method im Rahmen der Bewertung von Ausgleichszahlungen (platform contribution transactions – PCTs) zu einem bestehenden CSA ein. Ergänzt werden die Final Regulations durch neue „2011 Temporary Regulations“ 116 sowie „2011 Proposed Regulations“, 117 die am 19. Dezember 2011 veröffentlicht wurden. Grundzüge eines US Cost Sharing Agreement Ein CSA ist eine Vereinbarung zwischen verbundenen Unternehmen, Kosten und Risiken für die gemeinsame Entwicklung immaterieller Wirtschaftsgüter entsprechend dem individuell erwarteten Nutzen (reasonably anticipated benefit) aufzuteilen. Dabei existieren grundsätzlich zwei Arten von Beiträgen zu CSAs, die entsprechend den Regelungen der US Cost Sharing Regulations fremdüblich zu vergüten sind. Dies sind einerseits die laufenden gemeinsamen Entwicklungskosten (cost sharing transactions) und andererseits externe Beiträge – sogenannte PCTs. PCTs sind Ausgleichszahlungen als Kompensation für bereits vorhandene Vorteile des CSA oder für Vorteile, die ein neuer Teilnehmer in das CSA einbringt. Innerhalb eines CSA erhalten alle Teilnehmer 115 116 117 Section 482: Methods to Determine Taxable Income in Connection with a Cost Sharing Arrangement (Final regulations and removal of temporary regulations). Federal Register 76:246 (December 22, 2011), p. 80082. Section 482: Methods to Determine Taxable Income in Connection with a Cost Sharing Arrangement (Final regulations and temporary regulations). Federal Register 74:2 (January 5, 2009), p. 340. Section 482: Methods to Determine Taxable Income in Connection with a Cost Sharing Arrangement (Notice of proposed rulemaking and notice of public hearing). Federal Register 70:166 (August 29, 2005), p. 51116. 116 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 unbefristete und sich gegenseitig ausschließende Nutzungsrechte an den gemeinsam entwickelten immateriellen Wirtschaftsgütern. Des Weiteren spezifizieren die US Cost Sharing Regulations, wie die aufzuteilende Kostenbasis und der erwartete Nutzen der Teilnehmer zu bestimmen sind. Zu beachten ist darüber hinaus, dass CSAs explizite formale Voraussetzungen erfüllen müssen und dass für diese eigenständige, erweiterte Dokumentationsvorschriften bestehen. Bewertung einer PCT Investor Model Wichtigstes Prinzip bei der Bewertung einer PCT zur Vergütung von vorhandenen bewertungsfähigen Vorteilen (Ressourcen, Kapazitäten oder sonstige Rechten 118 ) bleibt das Investor Model. Nach diesem Ansatz wägt ein potenzieller Teilnehmer auf Grundlage der zum Zeitpunkt des Eintritts vorhandenen Informationen ab, ob er entsprechend dem Risiko seiner Forschungstätigkeit im Rahmen des CSA eine angemessene Rendite erwirtschaften kann oder ob es für ihn eine bessere realistische Alternative zum Eintritt in das CSA gibt. Für PCT-Zahler ist die Alternative, ein vergleichbares immaterielles Wirtschaftsgut von einem unverbundenen Dritten zu lizenzieren. PCT-Empfänger hingegen könnten alternativ das immaterielle Wirtschaftsgut auf eigene Kosten und Risiken selber entwickeln, um es anschließend zu lizenzieren. Die Final Regulations stellen in der Präambel klar, dass der betrachtete Zeitraum des Investor Model von der Nutzungsdauer der zugrunde liegenden immateriellen Wirtschaftsgüter abweichen kann. Der zu betrachtende Zeitraum entspricht dem Zeitraum, in dem aus der Teilnahme am CSA Gewinne erwartet werden. Income Method Grundsätzlich muss die Auswahl der Bewertungsmethode unter Berücksichtigung der sogenannten best method rule erfolgen. Eine mögliche Methode zur Bestimmung fremdüblicher PCTs ist die Income Method. Dabei vergleicht ein potenzieller Teilnehmer eines CSA den Barwert des erwarteten Gewinns aus der Teilnahme am CSA mit dem Barwert des erwarteten Gewinns aus der Lizenzierungsalternative. Die Differenz beider Barwerte ist die PCT-Zahlung. 118 Zu beachten ist, dass der Begriff des bewertungsfähigen Vorteils im Sinne eines CSA weiter gefasst ist als die Definition des deutschen immateriellen Vermögensgegenstands bzw. Wirtschaftsguts. Transfer Pricing Perspective Deutschland 117 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 Wesentliche Neuerungen durch die Final Regulations 119 Während laut IRS fremdübliche PCT-Zahlungen nur auf Basis des Ergebnisses vor Steuern ermittelt werden können, werden zur Schätzung der zukünftigen Gewinne und zur Ermittlung eines angemessenen Abzinsungsfaktors (discount rate) oft Ergebnisse nach Steuern verwendet. Die Final Regulations zeigen in mehreren Beispielen auf, wie aus einem Ergebnis nach Steuern PCT-Zahlungen durch einen tax gross-up von einem Ergebnis vor Steuern abgeleitet werden (Treas. Reg. 1.482-7(g)(4)(viii)). Einen Schwerpunkt bilden Hinweise zur Bestimmung eines fremdüblichen Abzinsungsfaktors. Es ist damit zu rechnen, dass dadurch der Abzinsungsfaktor in zukünftigen Betriebsprüfungen ein Schwerpunkt sein wird. Der IRS erkennt zwar grundsätzlich an, dass bei der CSA-Alternative und der Lizenzierungsalternative unterschiedliche Abzinsungsfaktoren angewendet werden können. Allerdings stellen die Final Regulations klar, dass beide Alternativen auf den gleichen, nach Wahrscheinlichkeiten gewichteten Gewinnvorhersagen basieren, mit dem einzigen Unterschied der PCT-Zahlungen bzw. der Lizenzzahlungen. Eine Differenzierung des Abzinsungsfaktors kann demnach nur aus unterschiedlichen Risiken hinsichtlich der Verpflichtung aus den PCT-Zahlungen oder den Lizenzzahlungen hergeleitet werden (Treas. Reg. § 1.482-7(g)(4)(vi) (F)(1)). Damit begegnen die Final Regulations einer möglichen Unterbewertung der PCT-Zahlungen durch eine nicht gerechtfertigte Differenzierung der Abzinsungsfaktoren. Des Weiteren wird durch den IRS in den „2011 Proposed Regulations“ eingeführt, dass mögliche PCT-Zahlungen direkt durch Ermittlung des Barwerts eines Differential Income Stream zu ermitteln sind. Dabei ist der Differential Income Stream der direkte Gewinnunterschied zwischen der CSA-Alternative und der Lizenzierungsalternative. Als einheitlicher Abzinsungsfaktor wird der Weighted Average Cost of Capital vergleichbarer Forschungsunternehmen vorgeschlagen. Einzelheiten zur praktischen Bestimmung des angemessenen Abzinsungsfaktors bleiben jedoch unklar. Es ist möglich, PCT-Zahlungen auch als Lizenz, das heißt abhängig von einer angemessenen Basis, zu strukturieren (contingent payment terms). Voraussetzung ist, dass eine solche Vereinbarung fremdvergleichskonform ist und dass die Lizenz eindeutig im Vorhinein bestimmt worden ist und die Zahlungen tatsächlich geleistet werden. Die Final Regulations stellen dazu in mehreren neuen 119 Weiterführende Informationen in englischer Sprache finden Sie unter www.publications.pwc.com/DisplayFile.aspx?Attachmentid=5244 &Mailinstanceid=22942. 118 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 Beispielen dar, unter welchen Umständen solche Lizenzstrukturen vom IRS anerkannt werden (Treas. Reg. § 1-482-7(h)(2)(iii)(C)). Fazit Die Bestimmungen zu CSAs haben zum Ziel, den Transfer von immateriellen Wirtschaftsgütern aus den USA ohne angemessene Kompensation zu erschweren. Allerdings haben die Regelungen durch den Fokus auf die bewertungstechnischen Fragen der Income Method an Komplexität zugenommen. Der deutsche Betrachter fühlt sich unweigerlich an vergleichbare Diskussionen im Rahmen der Regelungen zur Funktionsverlagerung erinnert. Es darf bezweifelt werden, dass immer komplexere bewertungstechnische Regelungen die Rechtssicherheit des Steuerpflichtigen erhöhen. Letztlich gewinnt aufgrund der erhöhten Komplexität der CSA-Vorschriften der Abschluss eines Advance Pricing Agreement an Bedeutung. 2.6 US-Gerichtsentscheidung zur Aggregation von Transaktionen und zur Segmentierung von Finanzdaten Von Gert Wöllmann und Jan Luft In dem Gerichtsverfahren zwischen Microsoft Corp. und der Bundesstaatsbehörde 120 wurde die von der Finanzverwaltung vorgenommene Aggregation aller Transaktionen und Geschäftsbereiche zu einer Transaktion als beliebig und unvernünftig verworfen. Vor allem die fehlende Separierung von Transaktionen mit fremden Dritten wurde kritisiert. Eine Bundesstaatsbehörde hatte im Rahmen der Prüfung der Verrechnungspreise ihre Analyse unter Anwendung der Gewinnvergleichsmethode vorgenommen. Hierbei wurde ein Vergleich einer Gewinn-und-Kosten-Relation von Microsoft Corp. mit der von branchenähnlichen Unternehmen vorgenommen. Dabei wurden sowohl Ergebnisse aus Transaktionen von mit Microsoft Corp. verbundenen Unternehmen als auch Transaktionen mit fremden Dritten berücksichtigt. Diese Vorgehensweise wurde damit begründet, dass Microsoft Corp. zu komplex und vielschichtig sei, um die relevanten Transaktionen im Rahmen der Angemessenheitsanalyse sachgerecht voneinander trennen zu können. 120 D.C. Office of Admin. Hearings, Case No. 2010-OTR-00012 (01.05.2012). Transfer Pricing Perspective Deutschland 119 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 In den USA kann eine Gruppierung von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen und fremden Dritten nur erfolgen, wenn diese in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Grundsätzlich dürfen Transaktionen nur zusammengefasst werden, wenn sie vergleichbare Produkte oder Dienstleistungen beinhalten. Im vorgenannten Gerichtsverfahren wurde die einheitliche Verrechnungspreisanalyse der Finanzverwaltung vom Verwaltungsgericht als beliebig und unangemessen verworfen. Das Gericht bemängelte vor allem die fehlende Analyse zur Begründung der vorgenommenen Gruppierung sowie das fehlende Bemühen der Finanzverwaltung, die Transaktionen mit verbundenen Unternehmen von denen mit unverbundenen zu trennen. Es konnte somit kein sachgerechter Vergleich der Finanzkennzahlen von Microsoft Corp. mit denen von fremden Dritten vorgenommen werden. Zudem sei Microsoft Corp. nach eigener Aussage in sieben verschiedenen Geschäftsbereichen tätig gewesen, während die Finanzverwaltung vereinfachend nur eine Aktivität (Software) bei ihrer Analyse berücksichtigt habe. Die Entscheidung regelt zwar nur den konkreten Einzelfall, dennoch wird die gängige Praxis, wie die Gewinnvergleichsmethode angewendet wird, infrage gestellt. Aufgrund der Entscheidung ist es empfehlenswert, eine detaillierte Analyse der Transaktionen vorzunehmen, mögliche Gruppenbildungen hinreichend zu begründen und das Eigengeschäft sowie Transaktionen mit fremden Dritten ebenfalls hinreichend bei der Angemessenheitsanalyse zu berücksichtigen. Am 17. Dezember 2012 entschied die Bundesstaatsbehörde, nicht gegen die Gerichtsentscheidung vorzugehen. 2.7 USA: Aufhebung des Verbots von rückwirkenden Verrechnungspreisanpassungen (Zoll) Von Gert Wöllmann und Julian Franck Die US Customs and Border Protection (CBP) hebt die Regelung des Headquarter Ruling Letter (HRL) auf, mit der die bisherigen Beschränkungen hinsichtlich rückwirkender Anpassungen von Verrechnungspreisen aufgehoben wurden. In Fällen von Warenlieferungen in die USA sind rückwirkende Anpassungen von Verrechnungspreisen und damit von Zollwerten zwischen nahestehenden Personen wieder möglich. Dies beinhaltet auch die Möglichkeit von Zollerstattungen. 120 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 Die Neuregelung bezieht sich auf den Fall von Warenlieferungen in die USA (inbound) und die damit in Zusammenhang stehenden festgesetzten Zölle. Laut Neuregelung ist eine rückwirkende Anpassung der Verrechnungspreise unter bestimmten Voraussetzungen möglich, wenn die Vereinbarung einer objective formula belegt werden kann. In dem neuen Schreiben definiert die CBP die Anforderungen an die objective formula sowie die Anwendungsvoraussetzungen, damit nachträglich angepasste ertragsteuerliche Verrechnungspreise auch für Zwecke der Zollwertermittlung bzw. -korrektur akzeptiert werden können. Hierzu gehören insbesondere eine schriftliche Verrechnungspreisrichtlinie, die Erfüllung der allgemeinen ertragsteuerlichen Verrechnungspreisvorschriften (Internal Revenue Code § 482) sowie besondere Aufzeichnungspflichten. Durch die Verwendung der objective formula ergeben sich neue Planungsmöglichkeiten und Sicherheiten im Bereich von Verrechnungspreisanpassungen, inklusive der Möglichkeit von rückwirkenden Zollerstattungen. Unternehmen sollten nach Möglichkeit ihr Verrechnungspreissystem im Hinblick auf die neuen Kriterien analysieren, um gegebenenfalls von der Neuregelung profitieren zu können. Die Verrechnungspreisdokumentation des Unternehmens sollte zudem einen ganzheitlichen Ansatz zur Optimierung für ertragsteuerliche und zollrechtliche Zwecke verfolgen. 3 Asien 3.1 Australien: aktuelle Entwicklungen Von Mirja Pollack und Verena Ebert Am 16. März 2012 hat der australische Gesetzgeber einen Gesetzentwurf (Exposure Draft 121 ) veröffentlicht, in dem der erste Teil einer Reihe von angekündigten Änderungen der australischen Verrechnungspreisregeln enthalten ist. Ausgelöst durch die für den australischen Fiskus negative Entscheidung des australischen Gerichtshofs in dem Fall SNF 122 wurde bereits am 1. November 2011 121 122 Vgl. Exposure Draft of Tax Laws Amendment – 2012 Measures No. 3 – Bill 2012: Cross Border Transfer Pricing. Weiterführende Informationen zur Rechtssache SNF finden Sie unter www.publications.pwc.com/DisplayFile.aspx?Attachmentid=4634 &Mailinstanceid=20984. Transfer Pricing Perspective Deutschland 121 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 eine umfassende Reform der Verrechnungspreisregelungen angekündigt. Ziel der Reformen ist insbesondere die Absicht, die aus dem Jahr 1982 stammenden derzeitigen australischen Verrechnungspreisregelungen (Division 13 des dritten Teils des australischen Einkommensteuergesetzes „Income Tax Assessment Act 1936“) an international bewährte Standards anzupassen, um rechtliche Unsicherheiten zu beseitigen. Des Weiteren sollen die Regelungen hinsichtlich ihrer Auswirkungen mit den von Australien abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen (DBAs) abgestimmt werden und die OECD-Verrechnungspreisrichtlinien 2010 unmittelbar zur Interpretation herangezogen werden können. Der jetzt veröffentlichte Gesetzentwurf enthält lediglich einen Teil der angekündigten Reformen und befasst sich im Wesentlichen mit der Einführung einer neuen nationalen Vorschrift zur Einkommenskorrektur (Subdivision 815 des „Income Tax Assessment Act 1997“) zusätzlich zu der geltenden Verrechnungspreisvorschrift in Division 13. Durch die neue Vorschrift berechtigt der jeweilige Artikel 9 der australischen DBAs – unabhängig von den bisherigen nationalen australischen Verrechnungspreisvorschriften – zu einer Korrektur der Verrechnungspreise. Aus Sicht des australischen Gesetzgebers hat die Einführung nur klarstellenden Charakter, sodass sich für die Anwendbarkeit der neuen Vorschrift eine rückwirkende Geltung ab dem 1. Juli 2004 ergibt. Der Hauptunterschied der Regelungen zur Einkommenskorrektur besteht in der Art der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes. Während die Vorschriften der Division 13 eine transaktionsbezogene Bestimmung der Verrechnungspreise vorsehen, stellt die neue Regelung auf die Gesamtgewinnsituation der Gesellschaft ab. Auswirkungen werden sich daher erwartungsgemäß für Konzerngesellschaften ergeben, die Verluste bzw. geringe Gewinne erzielen. Ferner können sich Effekte für Unternehmen ergeben, die bisher eine transaktionsbezogene Argumentation der Angemessenheit der Verrechnungspreise verfolgt haben und bei denen die Betrachtung der Gewinnsituation zu anderen Ergebnissen führt. Die in dem Konsultationspapier vom 1. November 2011 veröffentlichten Änderungsvorschläge wie auch der jetzige Gesetzentwurf sind von der australischen Wirtschaft und Beraterseite insbesondere aus folgenden Gründen kritisiert worden: ● Ausweitung des Besteuerungsrechts der Finanzverwaltung ● rückwirkende Geltung der Subdivision 815 ab 2004, da die Regelung nicht lediglich als Klarstellung zu verstehen ist 122 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 ● Diskriminierung gegenüber Ländern, mit denen Australien ein DBA ab- geschlossen hat, denn im DBA-Fall gibt es nun – im Gegensatz zum NichtDBA-Fall – eine weitere Einkommenskorrekturvorschrift ● Möglichkeit der Finanzverwaltung, Transaktionen mit verbundenen Unternehmen neu zu bestimmen ● Anwendung nur von ausgewählten, für die Finanzverwaltung vorteilhaften Regelungen der OECD-Verrechnungspreisgrundsätze ● Ausweitung der Unterschiede zur Ermittlung des Zollwerts, da es keine Verknüpfung der Auswirkungen beider Rechtsgebiete gibt Diese Tatsachen dürften zum einen – entgegen dem postulierten Ziel der Reformen – zu einer Erhöhung der Unsicherheiten hinsichtlich der Anwendbarkeit der Verrechnungspreisregelungen in Australien führen und zum anderen zu einer Erhöhung der Komplexität des Steuerrechts. Die nächsten Schritte zur Umsetzung der geplanten Reformen (insbesondere eine Überarbeitung der Division 13 sowie eine grundlegende Überarbeitung der Gewinnverteilung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte aufgrund der neuesten OECD-Entwicklungen, insbesondere des Separate Entity Approach werden durch weitere Gesetzentwürfe in Kürze erwartet. 3.2 China: aktuelle APA-Entwicklungen Von Gert Wöllmann, Jan Luft und Dr. Christoph Sommer Die internationale Nachfrage nach Advance Pricing Agreements (APAs) zwecks Vermeidung von Doppelbesteuerungen steigt weiter. In China wurde das erste Outbound-APA vereinbart. Der Fall betraf die Verrechnungspreisgestaltung einer chinesischen Muttergesellschaft mit ihrer Vertriebstochtergesellschaft in Europa. Neben den bereits bestehenden fast 20 bilateralen und circa 50 unilateralen APAs, die allesamt Verrechnungspreisgestaltungen zwischen ausländischen Muttergesellschaften und ihren chinesischen Tochtergesellschaften betreffen, wurde nun das erste Outbound-APA in China abgeschlossen. Hierbei wurde auch zum ersten Mal die Verwendung eines ausländischen verbundenen Unternehmens als tested party seitens der chinesischen Finanzverwaltung akzeptiert. Der Abschluss des Outbound-APA zeigt nicht nur die rapide Entwicklung der chinesischen Verrechnungspreisvorschriften, sondern spiegelt auch die Bedeutung des Exports für die chinesische Volkswirtschaft wider. Transfer Pricing Perspective Deutschland 123 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 3.3 Verrechnungspreise im Fokus der chinesischen Steuerbehörden Von Jörg Hanken und Mingzhe Ouyang Die oberste chinesische Steuerbehörde, die State Administration of Taxation (SAT), wird für 2012 ein verstärktes Augenmerk auf die in China anfallenden Gewinne multinationaler Unternehmen richten, um Steueroptimierungen aufzudecken und zu reduzieren. Das geht aus einem Artikel des „China Taxation Newspaper“ hervor. Entwicklungen im Jahr 2011 In den vergangenen Jahren haben die chinesischen Steuerbehörden die Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuervermeidungsstrategien verschärft. Nach den neuesten Statistiken stiegen aufgrund dieser Maßnahmen die Steuereinnahmen der Volksrepublik China (VR China) um 2,657 Milliarden Euro (23,9 Milliarden Renminbi 123 ) im Jahr 2011. Davon entfielen 2,312 Milliarden Euro (20,8 Milliarden Renminbi) auf „normale“ Betriebsprüfungen (d. h. alle Steuerarten), die im Nachgang der Durchsicht der Steuererklärungen und Verrechnungspreisdokumentationen angestoßen wurden. 78 Millionen Euro (0,7 Milliarden Renminbi) entfielen dabei auf die Bereiche Advance Pricing Agreement (APA) und Mutual Agreement Procedure (MAP) und 267 Millionen Euro (2,4 Milliarden Renminbi) auf spezielle Verrechnungspreisbetriebsprüfungen. Vor allem unterstützen die chinesischen Steuerbehörden nachdrücklich die Anwendung von APAs. Im Jahr 2011 haben mehr als 120 Unternehmen APAs und MAPs beantragt und die SAT verhandelte in zehn Meetings 29 Fälle mit sieben ausländischen Steuerbehörden, unter anderem mit den USA, Japan und Südkorea. Sieben dieser Fälle führten zu Vereinbarungen, fünf Fälle wurden offiziell unterzeichnet. Durch APAs und MAPs stiegen die Steuereinnahmen der VR China um 78 Millionen Euro (0,7 Milliarden Renminbi), und Doppelbesteuerungen multinationaler Unternehmen in Höhe von 356 Millionen Euro (3,2 Milliarden Renminbi) konnten verhindert werden. SAT-Fokus für 2012 „Nach Region und Industrie“ lautet der Ansatz, der von der SAT bei der Durchführung von Verrechnungspreisbetriebsprüfungen seit 2012 verfolgt wird. Die SAT hat dabei bestimmte Zielbranchen für die verschiedenen lokalen Steuer123 Zugrunde gelegter durchschnittlicher Umrechnungskurs für 2011 von 8,995997 Renmimbi/Euro. 124 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 behörden ausgewählt, um erste vorläufige Auswertungen und Ermittlungen durchführen zu können. Demnach konzentrieren sich die chinesischen Finanzbehörden bei ihren Ermittlungen derzeit vor allem auf die Automobilbranche, die Immobilienbranche, den Einzelhandel und die Transportindustrie. In Bezug auf die zu prüfenden Transaktionsarten konzentriert sich die SAT nun deutlich stärker auf die Überlassung immaterieller Wirtschaftsgüter sowie auf Finanztransaktionen. Dabei wollen die chinesischen Steuerbehörden auch für 2012 weiterhin strikt und möglichst zeitnah die angefertigten Dokumentationen und jährlich erstellten Unterlagen prüfen, die von den Unternehmen über ihre Transaktionen mit verbundenen Unternehmen erstellt werden. Diese Unterlagen sollen als solide Grundlage für branchen- und unternehmensweite Verrechnungspreisprüfungen sowie für die Verständigungsverfahren dienen. Die Abgabefrist für die Steuererklärungen 2012 sowie für die Verrechnungspreisdokumentation 2012 ist Ende Mai 2013. Die Betriebsprüfungen für 2012 beginnen ab Juni 2013. Multinationale Konzerne, die in den derzeit fokussierten Zielbranchen tätig sind, sollten bereits im Vorfeld aktiv werden und ihr Verrechnungspreissystem bzw. die Verrechnungspreisdokumentationen überprüfen und gegebenenfalls nachbessern, um Diskussionen und Anpassungen bei zukünftigen Verrechnungspreisprüfungen so weit wie möglich zu reduzieren. Auch sollten multinationale Unternehmen APAs und MAPs als eine Möglichkeit in Betracht ziehen, Doppelbesteuerungen zu minimieren. 3.4 China: Fokus der Finanzverwaltung auf immaterielle Wirtschaftsgüter und deren Bewertung für steuerliche Zwecke Von Gert Wöllmann und Julian Franck Die China State Administration of Taxation (SAT) legt ihren Fokus zunehmend auf die Prüfung des Transfers von Eigenkapital und die Bewertung von immateriellen Vermögensgegenständen. Diese Themen werden vermehrt in internen Schulungen behandelt und auch in einem speziellen Handbuch der Finanzverwaltung thematisiert, um zukünftig besser auf komplexe internationale Verrechnungspreissachverhalte vorbereitet zu sein. Die SAT wird zunehmend in Betriebsprüfungen und Verständigungsverfahren mit Fragen zum Transfer von Eigenkapital und der Bewertung von Transfer Pricing Perspective Deutschland 125 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 immateriellen Vermögensgegenständen konfrontiert. Um besser auf diese Themen vorbereitet zu sein, wurden detaillierte Schulungsunterlagen zum Thema Bewertung für die Finanzverwaltung erstellt. Diese beinhalten sowohl Grundlagen der Bewertungsmethoden als auch Hinweise zur Prüfung von Bewertungsgutachten (inklusive Fallstudien). In Zukunft ist aufgrund dieser Initiativen zu erwarten, dass die chinesische Finanzverwaltung vermehrt auch komplexere Verrechnungspreisthematiken aufgreift und kritisch hinterfragt und mit zunehmender Praxiserfahrung ihr Wissen weiter ausbauen wird. Unternehmen mit entsprechenden Transaktionen sollten sich daher auf eine intensivere und kritischere Hinterfragung der Angemessenheit einstellen und darauf vorbereiten. So sind insbesondere rein qualitative Analysen zwingend um aussagekräftige quantitative Analysen (z. B. Bewertungsgutachten) zu ergänzen. 3.5 Hongkong: aktuelle APA-Entwicklungen Von Gert Wöllmann, Jan Luft und Dr. Christoph Sommer Die internationale Nachfrage nach Advance Pricing Agreements (APAs) zwecks Vermeidung von Doppelbesteuerungen steigt weiter. Auf diese Entwicklung hat nun die Finanzverwaltung in Hongkong (Inland Revenue Department – IRD) kurze Zeit nach Abschluss des ersten APA mit der Novellierung von APA-Vorschriften reagiert. Nachdem Mitte Februar 2012 das erste APA über einen Verrechnungspreissachverhalt in Hongkong abgeschlossen worden war, wurde durch die am 29. März 2012 erfolgte Veröffentlichung der Departmental Interpretation and Practice Notes No. 48 – Advance Pricing Arrangement (DIPN 48) nun auch eine nationale Regelung zu APAs eingeführt. Die DIPN 48 umfasst das gesamte APA-Regelwerk und dient dem Steuerpflichtigen als Leitfaden bei der Antragstellung und den weiteren Verhandlungen mit dem IRD. Insbesondere sieht die DIPN 48 den Abschluss bi- und multilateraler APAs vor, was die Präferenz des IRD unterstreicht, Verrechnungspreiskonflikte möglichst im Rahmen eines Verständigungsverfahrens im Sinne des Art. 25 OECD-MA beizulegen. Aus diesem Grund ist für Steuerpflichtige aus Ländern, mit denen Hongkong kein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat (wie z. B. Deutschland), die Beantragung eines APA vorerst nicht möglich. 126 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 3.6 Großer Erfolg für internationalen Mobilfunkanbieter im Streit mit der indischen Finanzverwaltung Von Jörg Hanken und Arundhati Pandeya Der Oberste Gerichtshof Indiens hat Vodafone International Holdings BV (VIH) im Streit um mögliche Steuernachforderungen in Höhe von circa 2 Milliarden US-Dollar recht gegeben. Das Urteil legt fest, dass ein im Ausland erfolgter Transfer von Unternehmensanteilen, der indirekt zu einem Transfer von Unternehmensanteilen innerhalb Indiens führt, nicht in Indien besteuert werden kann bzw. muss. Das weltweit mit Spannung erwartete Urteil ist als ein positives Signal für ausländische Investoren zu werten. Das Verfahren drehte sich um die Übernahme des indischen Mobilfunkanbieters Hutchison Essar Ltd (HEL) durch VIH im Jahr 2007. VIH hatte die strategische Zweidrittelbeteiligung an HEL, einer Holding auf den Cayman Islands, erworben. Die indischen Steuerbehörden forderten daraufhin Quellensteuer von Vodafone, da die Transaktion ihrer Ansicht nach Vermögenswerte in Indien betraf. Vodafone hingegen argumentierte, dass Indien für die Besteuerung des Hutchison-Deals nicht zuständig sei, da die Transaktion zwischen zwei ausländischen Unternehmen stattgefunden habe. Wenn auch das Urteil festlegt, dass im Ausland getätigte Transaktionen nach derzeitiger Rechtslage nicht in Indien besteuert werden können, ist zu beachten, dass der sich in Diskussion befindliche Direct Taxes Code 2010 einen Vorschlag enthält, genau dies zu ermöglichen. Daher ist bei M&A-Transaktionen mit indischem Bezug eine sorgfältige Analyse der steuerlichen Folgen nach wie vor sehr zu empfehlen. Darüber hinaus sollten Steuerpflichtige in Indien ihre Verpflichtungen insbesondere bezogen auf eine möglicherweise anfallende Quellensteuer detailliert kennen, da diese eine Haupteinnahmequelle für die indischen Steuerbehörden geworden ist und aggressiv eingetrieben wird. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass zwar der zeitliche und finanzielle Aufwand eines Gerichtsverfahrens in Indien nicht zu unterschätzen ist, aber das Urteil in der Rechtssache Vodafone stärkt – auch für Verrechnungspreissachverhalte – sowohl die Rechte der Steuerpflichtigen als auch das Vertrauen in die Unabhängigkeit der indischen Rechtsprechung. Transfer Pricing Perspective Deutschland 127 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 3.7 Verrechnungspreise in Indien – Status, Best Practice und Ausblick Von Ron Dorward und Arundhati Pandeya Seit ihrer Einführung im Februar 2001 haben sich die Verrechnungspreisregulierung und -überwachung in Indien sehr schnell weiterentwickelt und sich inzwischen den Ruf erarbeitet, zu den strengsten und aggressivsten der Welt zu gehören. Dem steht eine unabhängige Justiz gegenüber, die in einer Reihe von (langwierigen und ressourcenintensiven) Prozessen für den Steuerzahler entschieden hat. 124 Die Auseinandersetzungen mit den indischen Steuerbehörden, in deren Rahmen grundsätzliche Fragestellungen aufgeworfen, detailliert diskutiert und geklärt werden, können hochkomplexer Natur sein. Dies betrifft zum Beispiel die Behandlung immaterieller Wirtschaftsgüter insbesondere in den Bereichen Marketing oder Managementdienstleistungen. Auf der anderen Seite finden sich Fälle mit rein Compliance-bezogenen Verstößen gegen die indischen Verrechnungspreisregeln wie zum Beispiel die Hinterfragung der Angemessenheit der herangezogenen Vergleichsunternehmen bei Benchmarkinganalysen (in Indien werden lokale Vergleichsunternehmen gefordert) oder das Nichtvorhandensein einer (adäquaten) Verrechnungspreisdokumentation. Best Practice Vor diesem Hintergrund vertreten Verrechnungspreisexperten in Indien die Meinung, dass die Harmonisierung der Zusammenarbeit des internen Steuerund Rechnungswesens und der Strategiestellen hohe Priorität genießen muss. Dies ist essenziell, um die steuerlichen Auswirkungen betriebswirtschaftlicher Entscheidungen frühzeitig zu erkennen und die regelkonforme Verrechnung und Dokumentation sicherzustellen. Die Sicherstellung einer verständlichen und allumfassenden Verrechnungspreisdokumentation ist bereits im Hinblick auf Compliance-Richtlinien unabdingbar. Zudem stellt sie eine herausragende Argumentationshilfe in Auseinandersetzungen mit den indischen Steuerbehörden dar. Die jüngere 124 Vgl. TP Week, „Victory for the tax payer in Mentor Graphics case“, 08.11.2007, www.tpweek.com/Article.aspx?ArticleID=1695387; „Indian tribunal favours taxpayer over arm’s length payment of royalty for technical services“, 08.12.2010, www.tpweek.com/ Article.aspx?ArticleID=2728589; „Special Report: everything you need to know about the Vodafone ruling“, 30.01.2012, www.tpweek.com/Article.aspx?ArticleID=2969580. 128 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 Vergangenheit zeigt, dass die weitaus größte Anzahl an Anpassungen mehrheitlich auf eine inadäquate Dokumentation zurückzuführen ist. Wichtig: Die Dokumentation sollte zeitgleich zur eigentlichen Transaktion erfolgen. Das Vorhandensein von unternehmensweit existierenden Verrechnungspreisrichtlinien und deren Befolgung schaffen keinen automatischen Schutz vor Betriebsprüfungen und daraus entstehenden Strafzahlungen in der Folge von Anpassungen. Obwohl der indische Fiskus unternehmensweit geltende Richtlinien generell anerkennt, muss separat geprüft und sichergestellt werden, dass diese global orientierten Richtlinien den lokalen indischen Gegebenheiten, den indischen Gesetzen sowie der Rechtsprechung genügen. Neben einer lückenlosen Verrechnungspreisdokumentation ist es unabdingbar, die eigene Verteidigungsstrategie zu identifizieren und zu dokumentieren. Indische Verrechnungspreis-Betriebsprüfungen können langwierig und ressourcenfressend sein, sodass es von wesentlichem Vorteil ist, die Kontrolle über den Betriebsprüfungsprozess nicht aus der Hand zu geben. Dies sollte über eine frühzeitige, klare Positionierung sowie die entsprechende transparente Kommunikation gegenüber dem verantwortlichen Betriebsprüfer erfolgen. Ausblick – APAs, Strafzahlungen und mehr Nach lauter werdenden Beschwerden indischer bzw. in Indien tätiger Unternehmen über die enormen Strafzahlungen, die aufgrund von Verrechnungspreisdisputen verhängt worden sind, ist die indische Regierung eingeschritten und hat eine Schlüsselreform auf den Weg gebracht. Im Rahmen des Finance Bill 2012 hat das Finanzministerium das Central Board of Direct Taxes (CBDT) angewiesen, das Rahmenwerk für die Einrichtung eines APA-Mechanismus zu schaffen. APA-Regelungen wurden in Indien mit Wirkung vom 1. Juli 2012 eingeführt und ermöglichen sowohl unilaterale als auch bilaterale und multilaterale APAs. Darüber hinaus enthält der Finance Bill 2012 eine Reihe von verrechnungspreisbezogenen Überarbeitungen existierender Definitionen sowie die Einführung neuer Konzepte und Strafzahlungen. 125 Eine genaue Bewertung dieser für beide Seiten (Steuerzahler und Fiskus) bedeutenden Veränderungen kann erst nach Finalisierung sowie Verabschiedung durch das CBDT erfolgen. 125 Vgl. PwC, Pricing Knowledge Network, „PKN Alert / TCDR Alert India – Union Budget 2012 – Key amendments in transfer pricing provisions (APAs introduced)“, 16.03.2012. Transfer Pricing Perspective Deutschland 129 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 3.8 Einführung der other method in Indien – ein Trend für den hypothetischen Fremdvergleich? Von Susann van der Ham, Irina Engler und Arundhati Pandeya In Indien hat das Central Board of Direct Taxes mit der Erlassung der Norm 10AB die sechste Verrechnungspreismethode („other method“) in das indische Einkommensteuergesetz eingeführt. Die Norm 10AB ist am 1. April 2012 in Kraft getreten und soll ab dem Wirtschaftsjahr 2011/2012 angewendet werden. Gemäß der neuen Regelung sind die traditionellen fünf Verrechnungspreismethoden vorrangig anzuwenden. Other method kann in Indien eine beliebige Methode sein, nach der die Preise so bestimmt werden, wie sie fremde Dritte bei gleichen oder ähnlichen Transaktionen festgelegt hätten, sofern sie unter ähnlichen Umständen alle relevanten Informationen in ihre Preisbestimmung mit einbezogen hätten. Die Einführung der sechsten Methode wird von indischen Steuerexperten begrüßt und als weitere Stärkung der Rechte der Steuerzahler angesehen. Die Experten gehen von einer häufigen Anwendung der other method in der Zukunft aus, da sie in der Praxis eine sehr hohe Flexibilität bietet und vor allem bei solchen Transaktionen angewendet werden kann, die in der Vergangenheit aufgrund ihrer Komplexität nur unzureichend mithilfe der fünf traditionellen Methoden abgedeckt werden konnten. Dies trifft insbesondere auf die Bewertung von Anteilen, immateriellen Wirtschaftsgütern, Funktionsverlagerungen und Garantien zu. Im Rahmen der other method können zukünftig Informationen wie zum Beispiel Preisinformationen aus Verhandlungen, Angebote von fremden Dritten, Ausschreibungen und Bewertungsstudien angeführt werden, die früher wegen unzureichender unbeschränkter Vergleichbarkeit von den indischen Behörden beanstandet wurden. Der Gewinn an Flexibilität geht jedoch mit einer Erhöhung des (bereits vorher schon beachtlichen) Dokumentationsaufwands einher, da in diesem Fall eine nachvollziehbare Argumentation vorgelegt werden muss, weshalb die sechste Methode zur Festlegung des Fremdvergleichspreises geeigneter als die fünf traditionellen Methoden ist. Darüber hinaus liegt die Beweislast hinsichtlich der Angemessenheit des Verrechnungspreises, die mittels einer sechsstufigen Analyse (comparability factors nach Rule 10C) nachzuweisen ist, weiterhin beim Steuerpflichtigen. Obwohl die Einführung einer sechsten Methode für Indien sicherlich einen großen Schritt hin zur Flexibilisierung der Verrechnungspreisvorschriften 130 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 darstellt, setzt die indische Finanzverwaltung hiermit keineswegs einen Trend. Vielmehr sind ähnliche Regelungen in anderen Jurisdiktionen und internationalen Richtlinien ebenfalls zu finden. In Deutschland sieht § 1 Abs. 3 AStG vor, dass, sofern weder uneingeschränkt noch eingeschränkt vergleichbare Fremdvergleichswerte festgestellt werden können, der Steuerpflichtige seine Preise nach dem hypothetischen Fremdvergleich zu bestimmen hat. Beim hypothetischen Fremdvergleich, der faktisch als die sechste Methode angesehen werden kann, handelt es sich um einen fiktiven Preisvergleich, der sich danach richtet, was voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen vereinbart hätten. 126 Auf Grundlage einer Funktionsanalyse sowie innerbetrieblicher Planrechnungen sind der Mindestpreis des Leistenden und der Höchstpreis des Leistungsempfängers festzulegen. Kann kein dem Fremdvergleichsgrundsatz mit hoher Wahrscheinlichkeit entsprechender Preis aus diesem Einigungsbereich bestimmt werden, wird der Mittelwert als der angemessene Preis angesehen. In den USA finden die sogenannten unspecified methods immer dann Anwendung, wenn diese Methoden im jeweils vorliegenden Fall als die am besten geeigneten angesehen werden können (best method rule). Diese Methoden berücksichtigen das allgemeine Prinzip, wonach unabhängige Dritte die Transaktion beurteilen, indem sie realistische Alternativtransaktionen betrachten. Auch die OECD erlaubt die Preisbestimmung anhand von other methods 127 , sofern die fünf Standardmethoden zu keinem geeigneten Preis führen. Sollte eine other method genutzt werden, muss exakt dargelegt werden, warum die Standardmethoden als nicht geeignet betrachtet werden. Zusätzlich muss aufgezeigt werden, wie der Verrechnungspreis bestimmt wurde. Die United Nations (UN) erwähnen nicht explizit die Anwendbarkeit von other methods. Sie räumen lediglich ein, dass bei verbundenen Unternehmen Preise nicht unangemessen sein müssen, falls andere Methoden als die in den OECDRichtlinien vorgeschriebenen zur Anwendung kommen. 128 Jedes der oben genannten Länder bzw. jede der genannten Institutionen gestattet in gewisser Weise die Nutzung von mindestens einer weiteren Methode zusätzlich zu den Standardmethoden. Während Indien, die USA sowie die UN und die OECD mehr Spielraum bei der Ausgestaltung der Methode 126 127 128 Becker/Kroppen, Internationale Verrechnungspreise, V 2.1.4; Vogel, Art. 9 Rn. 32. Vgl. Tz 2.9 der OECD-Richtlinien 2010. Vgl. Tz. 1.1 der UN-Richtlinien. Transfer Pricing Perspective Deutschland 131 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 erlauben, sieht der Gesetzgeber in Deutschland ein konkretes Schema zur Durchführung des hypothetischen Fremdvergleichs vor. Gemeinsam ist den Vorschriften und Richtlinien der oben genannten Länder bzw. Institutionen, dass other methods nur dann genutzt werden dürfen, wenn die Standardmethoden zu keinem zutreffenden Ergebnis führen. Fazit Alternative Methoden erlangen zunehmend praktische Relevanz, da sich die Suche nach geeigneten Fremdvergleichsdaten für die Anwendung von Standardmethoden immer schwieriger gestaltet. Es ist erkennbar, dass die Regierungen diesem Problem Rechnung tragen wollen, indem sie alternative Methoden zulassen. Es bleibt abzuwarten, ob dieser Ansatz zu einem größeren Konsens zwischen den Steuerpflichtigen und den Finanzverwaltungen führt. 3.9 Indien: Komitee für die Umsetzung der Safe-Harbour-Regelung eingesetzt Von Gert Wöllmann und Julian Franck Indien hat ein Komitee eingesetzt, das konkrete Anwendungsvoraussetzungen zur bereits 2009 eingeführten sogenannten SafeHarbour-Regelung erarbeiten soll. Ziel der Regelung ist es, Indien als Investitionsstandort für ausländische Investoren attraktiver zu gestalten. Die Safe-Harbour-Regelung gilt insbesondere für Forschungs- und Entwicklungszentren sowie den IT-Sektor. Das Komitee wurde dazu eingesetzt, diese Branchen hinsichtlich der Umsetzung der Regelung zu analysieren, um dann nach Konsultationsverfahren mit Vertretern der Unternehmen und der Finanzverwaltung Anwendungsvorschriften zur Safe-Harbour-Regelung zu entwerfen. Durch die safe harbours sollen die Verrechnungspreise für einfache Transaktionen unter bestimmten Voraussetzungen von der Finanzverwaltung ohne gesonderte Prüfung anerkannt werden. Die Finanzverwaltung kann sich dann im Umkehrschluss in Betriebsprüfungen und (Vorab-)Verständigungsverfahren vermehrt um komplexere Transaktionen kümmern. Unternehmen mit überwiegend oder ausschließlich einfacheren Transaktionen profitieren insbesondere durch Erleichterungen bei der Erstellung der Verrechnungspreisdokumentation und der steuerlichen Prüfung der Verrechnungspreise. Die Fokussierung auf komplexe Sachverhalte dürfte hingegen zu längeren Prüfungen bei diesen Transaktionen führen. 132 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 3.10 Indien – Startschuss für APA-Programm Von Ronald Steinert und Arundhati Pandeya 129 Insbesondere in Schwellenländern wie Indien rücken Verrechnungspreise vermehrt in das Blickfeld der Finanzbehörden. 130 Diese Entwicklung führt bei vielen multinationalen Unternehmen zu einem Bedürfnis nach mehr Rechtssicherheit. Vorliegend soll daher das in Indien jüngst eingeführte APAProgramm näher beleuchtet werden. Ein Advance Pricing Agreement (APA) ist eine Vereinbarung zwischen Finanzbehörde und Steuerpflichtigem, in der bestimmte Methoden zur Bestimmung eines angemessenen Verrechnungspreises vorab für einen bestimmten Zeitraum verbindlich festgelegt werden. APA-Regelungen wurden in Indien mit Wirkung vom 1. Juli 2012 eingeführt und ermöglichen sowohl unilaterale, also ohne die Einbindung der ausländischen Gegenseite, als auch bilaterale und multilaterale APAs. Verrechnungspreisklima in Indien Steuerpflichtige in Indien stehen vor der Herausforderung, ihre Verrechnungspreise in einem hochkontroversen Umfeld zu dokumentieren und zu verteidigen. Durch das indische Jahressteuergesetz 2012 (Finance Bill 2012) erfolgt in Indien eine beachtliche Verschärfung der Verrechnungspreisvorschriften. 131 Neben der Erweiterung der Dokumentationspflicht auch auf Inlandstransaktionen gehören hierzu eine Einschränkung bei der Durchführung des Fremdvergleichs und die Verschärfung von Strafzahlungen. Derzeit sind in Indien verrechnungspreisbezogene Rechtsstreitigkeiten mit einem Gesamtwert von über 600 Milliarden Rupien (ca. 8,5 Milliarden Euro) anhängig. In seiner Rede zum indischen Budget 2012–2013 wies der damalige Finanzminister Pranab Mukherjee darauf hin, dass APAs in einer globalisierten Wirtschaft mit grenzüberschreitenden Produktionsketten und weitreichenden internationalen Handelsbeziehungen helfen können, die Anzahl an Steuer- 129 130 131 Die Autoren danken Herrn Dr. Manoj Raj (PwC Frankfurt am Main) für seine Unterstützung. Zum Konfliktpotenzial durch zunehmende Bedeutung der BRIC-Staaten vgl. Lorenzen/Feldtkeller, IWB 12/2012, S. 452. Vgl. Bittner/Jann, IWB 11/2012, S. 388. Transfer Pricing Perspective Deutschland 133 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 streitigkeiten deutlich zu reduzieren und ausländischen Investoren ein sicheres Steuerumfeld zu bieten. 132 Ausgestaltung des indischen APA-Programms Das indische APA-Programm entspricht im Wesentlichen der international gängigen Praxis und Ausgestaltung. 133 So hat der Steuerpflichtige zum Beispiel – wie auch in Deutschland – die Möglichkeit, das Vorgespräch (prefiling) mit der Finanzbehörde auf anonymer Basis durchzuführen. Im Rahmen solcher Vorgespräche werden unter anderem die geplanten Verrechnungspreismethoden und der APA-Zeitraum erörtert. Für den Fall, dass der Steuerpflichtige sich gegen die Beantragung eines APA entscheidet, muss er nicht befürchten, dass im Rahmen des anonymen Vorgesprächs offenbarte Informationen in der nächsten Betriebsprüfung gegen ihn verwendet werden können. Verwendungshindernisse oder -verbote für den Fall, dass die Verhandlungen zu einem späteren Zeitpunkt scheitern, bestehen aber – wie üblich – nicht. 134 Ausdrückliche Regelungen zur Frage einer rückwirkenden Anwendung (rollback) bestehen im Gegensatz zur deutschen Rechtslage 135 in Indien nicht. Allerdings wird ein abgeschlossenes APA auch für die Behandlung der offenen Vorjahre sicherlich hilfreich sein, wie die praktischen Erfahrungen in anderen Ländern zeigen. Die Höhe der Gebühren für ein APA richtet sich seitens der indischen Finanzbehörde nach der Höhe des Transaktionsvolumens und beträgt zwischen 1 Million Rupien (ca. 14.200 Euro) und 2 Millionen Rupien (ca. 28.400 Euro). Möglichkeiten eines APA zwischen Deutschland und Indien Laut aktuellen Aussagen unserer Kollegen von PwC Indien würde ein Antrag auf ein bilaterales APA mit Deutschland von der indischen Finanzbehörde derzeit wohl abgelehnt werden, da im deutsch-indischen DBA eine dem OECDMusterabkommen (OECD-MA) entsprechende Regelung des Art. 9 Abs. 2 fehlt. Aus deutscher Sicht und nach Aussagen des Bundeszentralamts für Steuern ist 132 133 134 135 Vgl. http://articles.economictimes.indiatimes.com/2012-08-31/news/33521426_1_apainternational-transaction-tax-authorities, zuletzt eingesehen am 05.11.2012. Zu den Einzelheiten des indischen APA-Programms in englischer Sprache siehe www.publications.pwc.com/DisplayFile.aspx?Attachmentid=5987 &Mailinstanceid=25467. Vgl. Müller/Ruppert, IWB 13/2012, S. 484. BMF-Schreiben vom 05.10.2006 – IV B 4 - S1341 - 38/06, BStBl 2006 I S. 594, Tz. 7.3. 134 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 diese Bewertung nicht nachvollziehbar, zumal Rechtsgrundlage für bilaterale APAs auf Abkommensebene Art. 25 Abs. 1 und 2 OECD-MA ist. Vor diesem Hintergrund erscheint insoweit ein gewisser politischer Druck auf Indien wünschenswert. Dies gilt umso mehr, als Indien in der deutschen Wirtschaft aktuell ohnehin an Ansehen verliert. 136 Fazit Die Einführung des APA-Programms in Indien ist positiv zu werten. Es bleibt spannend zu beobachten, wie häufig APAs in der Praxis genutzt werden, insbesondere angesichts der Schnelllebigkeit der indischen Verrechnungspreisregelungen. In Bezug auf bilaterale APAs sollte Indien seine vermutlich ablehnende Haltung gegenüber den Ländern überdenken, in denen das jeweilige DBA keine entsprechende Regelung des Art. 9 Abs. 2 OECD-MA enthält. 3.11 Indonesien: Überarbeitung der Verrechnungspreisrichtlinien Von Verena Ebert und Mirja Pollack Die indonesische Steuerbehörde hat am 11. November 2011 überarbeitete Verrechnungspreisrichtlinien (PER-32) veröffentlicht, die an diesem Tag wirksam wurden. Die jetzigen Änderungen der erst 2010 herausgegebenen Verrechnungspreisrichtlinien (PER-43) haben das Ziel, die indonesische Verrechnungspreispraxis weiter an internationale Standards, insbesondere die im Jahr 2010 überarbeiteten OECD-Verrechnungspreisrichtlinien, anzupassen. Die Änderungen betreffen vor allem die folgenden Bereiche: ● Im Gegensatz zu den vorherigen Richtlinien, die eine Hierarchie der Verrechnungspreismethoden vorsahen, ermöglichen die neuen Richtlinien dem Steuerpflichtigen die Wahl der am besten geeigneten Methode. Damit wird erstmalig auch die transaktionsbezogene Nettomargenmethode (Transactional Net Margin Method – TNMM) als gleichwertige Methode anerkannt. ● Inländische Geschäftsbeziehungen zu verbundenen Unternehmen sind nunmehr von der Dokumentationspflicht ausgenommen, mit Ausnahme von solchen Geschäftsbeziehungen, bei denen die Vertragspartner mit unterschiedlichen Steuersätzen besteuert werden. 136 Vgl. FAZ vom 03.11.2012. Transfer Pricing Perspective Deutschland 135 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 ● Die Grenze für die Anwendung der Dokumentationspflicht wurde von 10 Millionen Indonesia Raya (ca. 860 Euro) pro Transaktion auf 10 Milliarden Indonesia Raya (ca. 860.000 Euro) pro Transaktionspartner angehoben. Unabhängig davon sind im Rahmen der Steuererklärung weiterhin alle Geschäftsbeziehungen mit verbundenen Unternehmen aufzuführen. ● Die neuen Richtlinien bestimmen eine Präferenz für den internen gegenüber dem externen Fremdvergleich. ● Ferner ist eine Definition von Umlageverträgen in Anlehnung an die Definition der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien für Cost Contribution Arrangements enthalten. ● Bei Fehlen von schriftlichen Verträgen wird das Vertragsverhältnis auf Basis des tatsächlichen Verhaltens der Parteien beurteilt. 3.12 Japan: Stärkung der Corporate Governance im Bereich Transfer Pricing Von Susann van der Ham und Steffen Voll Japans National Tax Agency (NTA) möchte die Corporate Governance von großen Gesellschaften durch die Einführung eines Fragebogens zur Beachtung von Verrechnungspreisgrundsätzen („Fragebogen“) stärken. 137 Damit liegt die NTA im Trend. Auch in den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen 138 aus dem Jahr 2011 wird die Wichtigkeit etablierter betrieblicher Prozesse zur Einhaltung steuerlicher Vorschriften sowie einer Zusammenarbeit multinationaler Unternehmen mit Finanzverwaltungen betont. Aufgrund der aktuellen Schwerpunktsetzung der OECD ist auch in weiteren Ländern mit ähnlichen Anstrengungen der Finanzverwaltungen zu rechnen. Der Fragebogen ist Teil eines Programms zur allgemeinen Stärkung der Corporate Governance im Steuerrecht. Er soll Aufschluss darüber geben, ob bei der Festlegung von Verrechnungspreisen die japanischen Verrechnungspreisvorschriften befolgt werden, und aufzeigen, wie große Unternehmen Verrechnungspreisthematiken organisatorisch umsetzen. Die NTA beabsichtigt, 137 138 Siehe dazu auch Yuriko Nagano NTA Official Says Survey Designed to Raise Awareness of Transfer Pricing, Tax Management Transfer Pricing Report 2012, Bloomberg BNA und PwC PKN Alert (www.publications.pwc.com/DisplayFile.aspx? Attachmentid=5846&Mailinstanceid=24966). Siehe Rn. 101/102 (www.oecd.org/daf/internationalinvestment/ guidelinesformultinationalenterprises/48004323.pdf). 136 Transfer Pricing Perspective Deutschland Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 durch die Einführung des Fragebogens das Bewusstsein für Verrechnungspreise zu stärken und die Bereitschaft zur Einhaltung der Verrechnungspreisvorschriften zu erhöhen. Der Fragebogen untergliedert sich in die folgenden sieben Themenbereiche: 1. Verständnis der japanischen Verrechnungspreisvorschriften 2. Einbindung der Geschäftsführung in Verrechnungspreisangelegenheiten 3. Identifikation von Transaktionen mit verbundenen ausländischen Unternehmen und der zugrunde liegenden Umstände 4. Erstellung einer globalen Verrechnungspreisrichtlinie 5. Herleiten von Verrechnungspreisen anhand von Verrechnungspreismethoden 6. Umgang mit Verrechnungspreisproblematiken 7. Kommunikation mit Steuerbehörden in Verrechnungspreisfragen Insgesamt beinhaltet der Fragebogen 31 Fragen, zu denen eine Selbsteinschätzung anhand einer vorgegebenen Skala vorzunehmen ist. Der Fragebogen ist von bestimmten großen japanischen Gesellschaften auszufüllen. Bislang haben etwa 26 Unternehmen an der Befragung teilgenommen. Über den Fragebogen hinaus sucht die NTA den offenen Austausch mit den Steuerpflichtigen über die Anwendung von Verrechnungspreisvorschriften. Daneben verstärkt die NTA auch ihre Bemühungen, verrechnungspreisrelevante Kenntnisse bei den Unternehmen aufzubauen, indem sie spezielle Seminare für Handels- oder Industriegruppen anbietet. Die jüngsten Entwicklungen in Japan zeigen, dass es für multinationale Unternehmen ratsam ist, effiziente Verrechnungspreisprozesse zu etablieren. Hierzu zählen insbesondere auch die Implementierung einer Verrechnungspreisrichtlinie sowie die Erstellung und regelmäßige Aktualisierung einer Verrechnungspreisdokumentation. 3.13 Taiwan: erstmaliger Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens Von Mirja Pollack und Verena Ebert Im Dezember 2011 wurde das erste Doppelbesteuerungsabkommen zwischen dem Deutschen Institut in Taipeh und der TaipehVertretung in der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet. Damit wurden die bereits im Jahr 2002 aufgenommenen Verhandlungen formell abgeschlossen. Transfer Pricing Perspective Deutschland 137 Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2012 Deutschland erkennt Taiwan nicht als souveränen Staat an und unterhält deshalb keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan. Die deutschen Interessen werden in Taipeh seit dem Jahr 2000 vom Deutschen Institut wahrgenommen. Mangels Souveränität ist das Abkommen kein völkerrechtlicher Vertrag. Das hat zur Folge, dass die innerstaatliche Umsetzung in Deutschland im Rahmen eines nationalen Steuergesetzes nicht durch Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG erfolgt. Das Abkommen basiert auf dem OECD-Musterabkommen und bedeutet daher eine Erhöhung der Rechtssicherheit sowie eine erhebliche Vereinfachung für die bereits guten bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Taiwan. Das deutsche Gesamthandelsvolumen mit Taiwan lag im Jahr 2010 bei 12,5 Milliarden Euro. Das Abkommen ist am 7. November 2012 in Kraft getreten und findet ab dem 1. Januar 2013 Anwendung. 3.14 Vietnam: Fokus auf Verrechnungspreisen in Betriebsprüfungen Von Verena Ebert und Mirja Pollack Infolge der 2011 erzielten Steuereinnahmen aufgrund von Betriebsprüfungen bei in Vietnam ansässigen ausländischen Unternehmen hat die vietnamesische Steuerbehörde ihren Fokus auf die Prüfung der Verrechnungspreise gerichtet. Die lokalen Finanzämter wurden angewiesen, verstärkt Betriebsprüfungen bei Unternehmen mit internationalen Anteilseignern durchzuführen, die in den Jahren 2008 bis 2010 Verluste oder geringe Gewinne erwirtschaftet haben. Zu diesem Zweck wurden Fragebögen an ausgewählte Steuerpflichtige versendet, um insbesondere Informationen über die Verrechnungspreispraxis und das Vorhandensein einer Verrechnungspreisdokumentation zu erlangen. Es ist zu erwarten, dass auf Basis dieser Daten eine Auswahl von zu prüfenden Unternehmen getroffen wird. Steuerpflichtige sollten darauf vorbereitet sein, ihre Verrechnungspreisdokumentation, die in Vietnam zeitnah zu erstellen ist, den Steuerbehörden auf Nachfrage innerhalb von 30 Tagen vorlegen zu können. Bei Verlusten oder bei niedriger bzw. schwankender Profitabilität sollte die Verrechnungspreisdokumentation eine fundierte wirtschaftliche Begründung enthalten. 138 Transfer Pricing Perspective Deutschland Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen F Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen International agierende Unternehmen stehen branchenübergreifend vor der Herausforderung, ihre Verrechnungspreise im Spannungsfeld volatiler Finanzund Absatzmärkte und immer aggressiver werdender Finanzverwaltungen zu bestimmen und zu verteidigen. Die nachstehenden Artikel behandeln für ausgewählte Industriezweige diesbezügliche Problemstellungen mit dem Ziel, zum einen das Problembewusstsein zu schärfen und zum anderen potenzielle Lösungsansätze vorzustellen. So stehen global agierende Banken neuerdings vor dem Problem, wie mit der zur Eindämmung der Finanz- und Eurokrise in diversen europäischen Staaten eingeführten Bankenabgabe aus Verrechnungspreissicht umzugehen ist. Um eine steuerliche Mehrfachbelastung zu vermeiden, scheint eine Harmonisierung der diesbezüglichen Regelungen zwingend erforderlich. Andernfalls drohen dem Bankensektor Wettbewerbsverzerrung oder gar Geschäftsverlagerung. Im Immobiliensektor haben die Entwicklungen an den Kapitalmärkten dazu geführt, dass externe Fremdkapitalgeber sich zunehmend die Frage nach einer betriebswirtschaftlich optimalen Kapitalstruktur für Neuinvestitionen stellen. Um den entsprechenden Nachweis zu erbringen, könnte es sich anbieten, die steuerlich notwendige Verrechnungspreisdokumentation sowohl von Inbound- als auch Outbound-Investitionen zukünftig um die Darstellung der Angemessenheit der gewählten Kapitalstruktur zu erweitern. Immer knappere Kassen führen aufseiten der Finanzverwaltung dazu, die Angemessenheit von Verrechnungspreisen verschärft unter die Lupe zu nehmen. Hierbei werden unter anderem die sogenannte Palettenbetrachtung wie auch der Einbezug von staatlichen Subventionen in die Verrechnungspreissetzung kritisch hinterfragt. Wann eine Bündelung von Geschäftsvorfällen grundsätzlich denkbar erscheint, wird dabei am Beispiel der Pharmaindustrie erörtert. Ob Subventionen bei der Verrechnungspreisfindung zu berücksichtigen sind, wird erst durch Analyse der jeweiligen Subvention und ihrer Wirkung deutlich. Die nachfolgenden Artikel zeigen jeweils mögliche Argumentationsskizzen auf. Transfer Pricing Perspective Deutschland 139 Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen 1 Die Verrechnung der Bankenabgabe zwischen verbundenen Unternehmen Von Jobst Wilmanns und Oliver Liche Um den Finanzsektor an den Kosten der Finanzkrise zu beteiligen und die zukünftige Finanzmarktstabilität zu gewährleisten, wurde auf dem G-20-Gipfel im Juni 2010 in Toronto beschlossen, eine Bankenabgabe zu erheben. Mittlerweile haben neben Deutschland auch Österreich, Zypern, Frankreich, Ungarn, Portugal, Schweden und Großbritannien die Bankenabgabe eingeführt. Andere Länder wie zum Beispiel Polen planten ebenfalls die Implementierung einer solchen Abgabe, haben dies jedoch aus unterschiedlichen Gründen aufgegeben. Da das Vorgehen und die Umsetzung zwischen den Ländern nicht abgestimmt wurden, fällt die Ausgestaltung der Bankenabgabe in allen Ländern unterschiedlich aus. In Ermangelung einheitlich koordinierter Regelungen zur Bankenabgabe durch die einzelnen Staaten kann die steuerliche Behandlung der Bankenabgabe bei Finanzierungsverhältnissen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte sowie zwischen rechtlich selbstständigen Einheiten bei einem mehrstufigen Bankenkonzern nicht einheitlich gelöst werden. Rechtliche Gestaltung der Bankenabgabe Im Folgenden wird die Verrechnung der Bankenabgabe zwischen verbundenen Unternehmen bei grenzüberschreitenden Aktivitäten erläutert. Anhand dessen wird untersucht, welche Probleme und Gefahren dies für international agierende Kreditinstitute darstellt. Besonderes Augenmerk wird – aufgrund der Bedeutung des Finanzstandorts London aus Sicht der deutschen Bankenkonzerne – auf die britischen Regelungen zur Bankenabgabe gerichtet. Nach deutschen Regelungen handelt es sich bei der Bankenabgabe um eine Sonderabgabe und keine Steuer 139 (§ 2 AO). Die Jahresbeiträge werden von den jeweiligen beitragspflichtigen Banken in den Restrukturierungsfonds eingezahlt. Anders dagegen handelt es sich bei der Bankenabgabe beispielsweise in Großbritannien um eine Steuer, 140 deren Einnahmen nicht in einen 139 140 BT-Drs. 17/3024, S. 17. „There is to be a tax called the bank levy“, Schedule 1 Part 1 des britischen Bankenabgabegesetzes. 140 Transfer Pricing Perspective Deutschland Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen gesonderten Fonds wie in Schweden und Deutschland, sondern unmittelbar in den Staatshaushalt fließen. Die Jahresbeiträge dürfen steuerlich nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden. 141 Für die Verrechnung stellt sich daher die Frage, ob der Teil der Abgabe, der auf Tätigkeiten der ausländischen Niederlassung beruht, steuerlich den Auslandsniederlassungen zugeordnet werden kann und so ein steuerlicher Abzug innerhalb der Betriebsstättenbesteuerung der ausländischen Niederlassung nach den dort geltenden steuerlichen Regelungen erreicht werden kann. Beitragsverpflichtete Kreditinstitute und Beitragshöhe Abgabenpflichtig sind in Deutschland gemäß § 2 RStruktFG: ● alle Kreditinstitute im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG mit einer aufsichtsrechtlichen Erlaubnis, einschließlich Tochterkreditinstitute ausländischer Banken ● inländische Zweigstellen von Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat, die nach § 53 KWG Bankgeschäfte im Inland betreiben Ausnahmen sind Kreditinstitute mit Sitz im Europäischen Wirtschaftsraum, die im Inland tätig sind, da sie nach § 53b KWG keine Erlaubnis nach § 32 KWG benötigen und der Jahresabschluss nicht nach der Kreditinstituts-Rechnungslegungsverordnung erstellt werden muss. Unternehmen, für die die Ausnahme nach § 2 KWG gilt, ebenso Institute, die von der Körperschaftsteuerpflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 KStG befreit sind, und andere Finanzunternehmen sind von der Abgabepflicht ausgenommen. Der jährliche Umfang der Abgaben nach Mindest- und Höchstbeträgen ist in den verschiedenen Staaten sehr unterschiedlich ausgeprägt und auch die Laufzeiten, Abgabensätze und Bemessungsgrundlagen variieren von Land zu Land. Auch die beitragsrelevanten Passiva und Derivate ausländischer Betriebsstätten werden in die Bemessungsgrundlage des deutschen Stammhauses einbezogen, da die Berechnung der Jahresbeiträge nicht auf Grundlage des konsolidierten Konzernabschlusses, sondern auf Grundlage des HGB-Einzelabschlusses vorgenommen wird. Der Betriebsstätte muss ein entsprechender Anteil am Gesamtergebnis zugeordnet werden. 142 Die Zurechnung der quotal auf die ausländische Niederlassung entfallenden Jahresbeiträge zum jeweiligen Betriebs141 142 § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 13 EStG n. F. BMF-Schreiben vom 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl 1999 I S. 1076, Tz. 2.3. Transfer Pricing Perspective Deutschland 141 Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen stättenergebnis sollte möglich sein. Dabei könnte sich die Verteilung auf Stammhaus und Betriebsstätte an den betriebsrelevanten Passiva und Derivaten orientieren. Falls der auf die Betriebsstätte entfallende Anteil des Jahresbeitrags im Ausland steuerlich abzugsfähig wäre, bedeutet dies eine Minderung der Bemessungsgrundlage für die ausländische Steuer. Das Risiko einer mehrfachen Belastung durch die Bankenabgabe im Zusammenhang mit Stammhaus, Tochtergesellschaft und ausländischer Betriebsstätte Mangels internationaler Regelungen besteht die Gefahr einer Doppelbelastung. So wird beispielsweise die britische banking levy im Gegensatz zur deutschen Bankenabgabe auch auf britische Niederlassungen im Ausland errichteter Banken erhoben. Für deutsche Kreditinstitute mit britischer Tochtergesellschaft bedeutet dies, dass die britische Niederlassung hinsichtlich des britischen Teils der Bemessungsgrundlage zweimal mit der Bankenabgabe belastet wird. Zum einen in Deutschland, da die beitragsrelevanten Verbindlichkeiten und Derivate der britischen Niederlassung dem deutschen Stammhaus gehören und in dessen Bemessungsgrundlage einbezogen werden müssen, und zum anderen in Großbritannien, da eine britische Niederlassung ausländischer Banken ebenfalls einer Bankenabgabe unterliegt. Die Bankenabgabe wird in Großbritannien auf Basis des Konzernabschlusses der abgabenpflichtigen Bankengruppe ermittelt. Tochtergesellschaften werden ebenfalls mit in den Konsolidierungskreis einbezogen. Problematisch wird es, wenn die konsolidierten Tochtergesellschaften in ihrem Heimatland oder über eine Zweigniederlassung in einem dritten Staat abgabenpflichtig sind. Das würde bedeuten, dass die Bankengruppe hinsichtlich der Zweigniederlassungen dreifach belastet wird, nämlich im Heimatstaat der Bankengruppe, im Staat der Zweigniederlassung und im Sitzstaat der Tochtergesellschaft. Anrechenbarkeit im Rahmen von Doppelbesteuerungsabkommen Eine Möglichkeit zur Vermeidung von Mehrfachbelastungen könnten Doppelbesteuerungsabkommen (DBAs) darstellen, da sie das Ziel verfolgen, steuerliche Mehrfachbelastungen zu reduzieren. Jedoch ist ihre Anwendbarkeit zweifelhaft, da die Bankenabgabe beispielsweise in Deutschland keine Steuer, sondern eine Sonderabgabe bzw. keine Steuer im Sinne der DBAs ist. Abhilfe könnte das am 7. Dezember 2011 unterzeichnete „Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei der Bankenabgabe“ leisten. 142 Transfer Pricing Perspective Deutschland Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen Das Abkommen regelt die Anrechnung der jeweiligen Bankenabgabe. Damit soll die steuerliche Belastung aus dem extraterritorialen Anwendungsbereich der nationalen Bestimmungen reduziert werden, da deutsche und britische Regelungen hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und Abgabensätze nicht deckungsgleich sind. Das Abkommen ist ein erster Ansatz, um das Problem der Doppelbesteuerung zu lösen. Fazit Das Problem der steuerlichen Mehrfachbelastung international tätiger Unternehmen durch Bankenabgaben verschiedener Staaten sollte durch Verhandlungen auf internationaler Ebene in Form von bilateralen Abkommen gelöst werden. Eine Harmonisierung der Regelungen ist dringend erforderlich, andernfalls könnte es zu Wettbewerbsverzerrung oder gar Geschäftsverlagerung der Banken kommen. Die Europäische Kommission beabsichtigte, ein EU-weites Netz von Bankenrettungsfonds zur Gewährleistung eines koordinierten Vorgehens beim Ausfallen einer Bank einzuführen. Die Ablösung der jeweiligen Einzelregelungen der Länder durch ein EU-einheitliches Konzept könnte das Problem der Doppelbesteuerung für die Zukunft lösen. Entsprechende Überlegungen sind jedoch noch nicht vorangeschritten. 2 Pharmaindustrie – Zusammenfassung von Geschäftsvorfällen Von Kati Fiehler und Jan Krause Nach nationalem Recht sind bei Sachverhalten, die Vorgänge mit Auslandsbezug betreffen, Aufzeichnungen grundsätzlich geschäftsvorfallbezogen zu erstellen. Dies entspricht im Wesentlichen der Maßgabe der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien, wonach grundsätzlich eine auf den Einzelfall bezogene Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes gefordert wird. Jedoch ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, sachlich bzw. zeitlich miteinander verbundene Geschäftsvorfälle zusammenzufassen. Von dieser Möglichkeit wird unter anderem in der Pharmaindustrie häufig Gebrauch gemacht (Basket Approach), was unter Umständen zu Diskussionen in einer steuerlichen Betriebsprüfung führen kann. Transfer Pricing Perspective Deutschland 143 Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen Hintergrund und Rechtsgrundlage Im Rahmen der Dokumentationsvorschriften 143 haben Steuerpflichtige bei Sachverhalten, die Vorgänge mit Auslandsbezug betreffen, über die Art und den Inhalt ihrer Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen 144 geschäftsvorfallbezogene Aufzeichnungen 145 zu erstellen. Diese transaktionsspezifische Betrachtungsweise führt allerdings in der Praxis zu ganz erheblichen Schwierigkeiten und administrativem Aufwand. 146 In der extremsten Interpretation würde dies dazu führen, dass für jede einzelne Produktlieferung zu dokumentieren wäre, dass die dieser Produktlieferung zugrunde liegenden Bedingungen fremdüblich sind (beispielsweise durch Nachweis einer bestimmten durch die jeweilige Produktlieferung erzielten Marge). Vor diesem Hintergrund ist es nur folgerichtig, dass der Gesetzgeber in der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung (GAufzV) die Zusammenfassung von Geschäftsvorfällen unter bestimmten Kriterien zugelassen hat. Demnach können Geschäftsvorfälle, die ● gemessen an Funktionen und Risiken wirtschaftlich vergleichbar sind und bei denen die Gruppenbildung nach vorher festgelegten und nachvollziehbaren Regeln vorgenommen wurde und gleichartig oder gleichwertig sind oder ● bei denen die Zusammenfassung auch bei Geschäften zwischen fremden Dritten üblich ist (z. B. Verkauf eines Druckers und seine Wartung) oder ● es für die Prüfung der Angemessenheit im Hinblick auf eine Geschäftsbeziehung weniger auf den einzelnen Geschäftsvorfall, sondern mehr auf die Beurteilung des Gesamtgeschäfts ankommt, zum Beispiel bei ursächlich zusammenhängenden Geschäftsvorfällen und bei Teilleistungen im Rahmen eines Gesamtgeschäfts, 147 in einer Gruppe dokumentiert werden. Auch gemäß den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien soll zunächst grundsätzlich eine auf den Einzelfall bezogene Dokumentation der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes erfolgen. 148 Es wird jedoch anerkannt, dass einzelne Geschäftsvorfälle häufig so eng miteinander verbunden sind oder so 143 144 145 146 147 148 § 90 Abs. 3 AO. Im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG. § 2 Abs. 3 GAufzV. Vgl. auch Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2004, S. 69; ähnlich auch Schlaa/Hüning, IWB Nr. 24, Gruppe 1, Fach 3, S. 2143, Kroppen/Rasch, IWB 2003, Fach 3, Deutschland, Gruppe 1, S. 1958. Tz. 3.4.13 Verwaltungsgrundsätze Verfahren vom 12.04.2005, IV B 4 – S 1341 – 1/05. Vgl. Tz. 3.1, 3.9 der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen, Juli 2010. 144 Transfer Pricing Perspective Deutschland Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen eng aufeinander folgen, dass eine sachgerechte Beurteilung jedes einzelnen Geschäftsvorfalls nicht möglich ist, sodass eine Zusammenfassung der Geschäftsvorfälle zulässig wäre. Als Beispiele führt die OECD hier unter anderem langfristige Verträge über Warenlieferungen und Dienstleistungen, Rechte auf Nutzung immaterieller Vermögenswerte und die Preisgestaltung bei einer Palette eng miteinander verbundener Produkte, für die eine gesonderte Preisermittlung für jedes einzelne Produkt oder jeden einzelnen Geschäftsvorfall nicht praktikabel ist, an. Im Rahmen der „Palettenbetrachtung“ (Portfolio Approach) 149 verfolgt der Steuerpflichtige eine Geschäftsstrategie, bei der bestimmte Geschäftsvorfälle zusammengefasst werden, um über die Gesamtheit der Geschäftsvorfälle und nicht unbedingt durch ein bestimmtes Produkt innerhalb dieses Portfolios einen angemessenen Gewinn zu erzielen. Somit können einzelne Dienstleistungen oder Produkte innerhalb des Portfolios eine sehr geringe oder gar negative Marge aufweisen, wenn dies dem Absatz von Produkten oder Dienstleistungen, mit denen eine hohe Marge zu erzielen ist, förderlich ist. Zusammenfassung von Geschäftsvorfällen in der Pharmaindustrie Für die Praxis der Pharmaindustrie ist die Gruppenbildung von großer Bedeutung. Insbesondere werden häufig sachlich oder zeitlich miteinander verbundene Geschäftsvorfälle im Rahmen der vorgenannten Palettenbetrachtung zusammengefasst. 150 Die Vor- und Nachteile aus einzelnen Lieferund Leistungsbeziehungen werden bei diesem Ansatz miteinander saldiert. Somit wird nicht auf die einzelne Liefer- oder Leistungstransaktion, sondern auf eine nach bestimmten Kriterien zusammengefasste Einheit abgestellt. Die Brutto- oder Nettomarge wird demzufolge für eine Produktpalette ermittelt, nicht jedoch für die einzelnen Produkte. 151 Dementsprechend werden häufig Geschäftsvorfälle, die – gemessen an den Funktionen und Risiken – wirtschaftlich vergleichbar sind, zu Gruppen zusammengefasst. Hierbei kann es immer wieder vorkommen, dass das Portfolio sowohl Produkte umfasst, mit denen eine hohe Marge erzielt werden kann, als auch solche, die eine niedrige oder gar negative Marge aufweisen. Hierbei spielen vor allem der Produktlebenszyklus sowie die Laufzeit des Patentschutzes eine große Rolle. Darüber hinaus werden einige Produkte aus strategischen Erwägungen in das Portfolio einbezogen, beispielsweise um einen bestimmten Marktanteil zu erreichen bzw. zu verteidigen oder um eine 149 150 151 Tz. 3.10 der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien. Vgl. auch Schreiber in Kroppen, 13. Ergänzungslieferung, Anm. 240 zu Verwaltungsgrundsätze Verfahren. Vgl. auch Eigelshoven/Kratzer, IStR 2004, S. 32. Transfer Pricing Perspective Deutschland 145 Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen Produktgruppe zu vervollständigen. Dabei wird meist auch nicht danach unterschieden, von welchem internen Konzernlieferanten ein bestimmtes Produkt geliefert wird. Somit ist die Gruppierung von Geschäftsvorfällen in der Regel betriebswirtschaftlich und nicht steuerlich motiviert. Betriebsprüfung Im Rahmen von Betriebsprüfungen wird die Gruppierung von Geschäftsvorfällen unter Anwendung der Palettenbetrachtung mitunter aufgegriffen und infrage gestellt. Uneinigkeit besteht insbesondere bezüglich der Kriterien, nach denen eine Palettenbetrachtung vorgenommen werden darf. Die Anforderungen der Finanzverwaltung sind sehr weit formuliert und unpräzise. 152 Rückschlüsse, inwieweit im Einzelfall eine Gruppierung von Geschäftsvorfällen tatsächlich zulässig ist, können kaum gezogen werden. Der Finanzverwaltung wird hierdurch ein großer Argumentationsspielraum eröffnet. Diesen nutzt sie und fordert nicht selten segmentierte oder gar produktspezifische Auswertungen an. Derartige Auswertungen sind in Unternehmen, die die Palettenbetrachtung anwenden, allerdings nicht oder nur sehr pauschaliert vorhanden und können daher nicht in einer verlässlichen Art und Weise vorgelegt werden. Ebenso müssen diese bei einer Palettenbetrachtung nicht Bestandteil der Verrechnungspreisdokumentation sein. Aufgrund der weiten und sehr allgemein gehaltenen Formulierung der Finanzverwaltung ist es im Rahmen der Verrechnungspreisdokumentation Aufgabe des Steuerpflichtigen, zu entscheiden und zu dokumentieren, ob eine Gruppierung von Geschäftsvorfällen zulässig ist. 153 Fazit Derzeit besteht in Deutschland eine hohe Rechtsunsicherheit bezüglich der Kriterien, nach denen eine Gruppenbildung möglich ist. Die Sichtweise der Finanzverwaltung ist dabei mitunter überzogen (produktspezifische Margenauswertung). Sofern der Steuerpflichtige das Prinzip der Palettenbetrachtung nachvollziehbar anwendet, ist eine solche Sichtweise der Finanzverwaltung abzulehnen. 152 153 Vgl. hierzu Fiehler, K./ Bentzien, M.-M. „Betriebsprüfung: Vorlage von Management Accounts vs. Grenzen der Mitwirkungspflichten“ in Ausgabe 11 von Transfer Pricing Perspective Deutschland vom August 2011. Vgl. auch Schlaa/Hüning, IWB Nr. 24, Gruppe 1, Fach 3, S. 2150. 146 Transfer Pricing Perspective Deutschland Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen 3 Optimale Kapitalstrukturen bei Immobilieninvestitionen Von Dr. Michael A. Müller, Dr. Abraham Ackerman und Alexandra Burg Bei grenzüberschreitenden Immobilieninvestitionen ist eine Angemessenheitsdokumentation nicht nur aus steuerlichen Gründen zwingend notwendig. Auch Banken und andere externe Fremdkapitalgeber fordern zunehmend einen Nachweis darüber, dass die konzernintern vereinbarten Konditionen angemessen sind. Dies bedeutet aber nicht nur zusätzlichen Aufwand für den Investor. Eine steuerlich notwendige Angemessenheitsdokumentation kann auch genutzt werden, um eine betriebswirtschaftlich optimale Kapitalstruktur zu ermitteln und damit die Erträge aus der Immobilieninvestition zu maximieren. Wer unterliegt den deutschen Dokumentationspflichten? Die Angemessenheit von Verrechnungspreisen für grenzüberschreitende konzerninterne Transaktionen muss durch die Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation nachgewiesen werden. Diese Dokumentationsvorschriften treffen Steuerpflichtige. Der Begriff schließt dabei sowohl unbeschränkt als auch beschränkt Steuerpflichtige mit ein. Damit unterliegen ● im Ausland ansässige Investoren, die inländische Immobilien halten, und ● im Inland ansässige Investoren, die ausländische Immobilien halten, den deutschen Dokumentationspflichten. Erleichterungen bezogen auf den Umfang der zu erstellenden Dokumentation orientieren sich allein am Volumen der konzerninternen Transaktionen. Für beschränkt Steuerpflichtige sind keine Erleichterungen vorgesehen. Welche Finanzierungen müssen dokumentiert werden? Immobilientransaktionen werden typischerweise sowohl durch externe als auch durch konzerninterne Darlehen finanziert. Bei grenzüberschreitenden konzerninternen Finanzierungen ist die Angemessenheit des Darlehens zu dokumentieren, um den gesetzlichen Dokumentationspflichten nachzukommen und damit das Risiko von Ergebnisanpassungen und Strafzuschlägen zu reduzieren. Eine Dokumentation ist jedoch oft nicht nur aus steuerlichen Gründen notwendig. Zunehmend machen Banken oder andere externe Kreditgeber die Vorlage einer Angemessenheitsdokumentation für das intern begebene Darlehen zur Voraussetzung für die Gewährung bzw. Auszahlung des externen Darlehens. Welche Finanzierungskonditionen sind angemessen? Doch nach welchen Maßstäben gelten eigentlich Darlehenskonditionen als angemessen bzw. unangemessen? Da sich die Höhe des Zinssatzes vor allem Transfer Pricing Perspective Deutschland 147 Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen an der Kreditwürdigkeit der beliehenen Immobilien orientiert, sollten bei der Ermittlung von Darlehenskonditionen insbesondere folgende Faktoren berücksichtigt werden: ● Beleihungsgrad und Kapitalstruktur ● Cashflow und Erträge ● Marktposition und Qualität der Vermögenswerte Maßgeblich für die Höhe der Zinsen ist insbesondere der sogenannte Beleihungsgrad (loan to value – LTV). Der LTV misst das Verhältnis des Gesamtdarlehensbetrags zum Wert des beliehenen Vermögens. In der Praxis sind mit zunehmendem LTV steigende Darlehenszinssätze zu beobachten. Dies liegt daran, dass mit steigendem Verschuldungsgrad das Ausfallrisiko für den Fremdkapitalgeber steigt, was sich in steigenden Darlehenszinssätzen widerspiegelt. Was ist die optimale Kapitalstruktur? Eine steuerlich notwendige Angemessenheitsdokumentation kann deshalb auch genutzt werden, um eine betriebswirtschaftlich optimale Kapitalstruktur zu ermitteln. Insbesondere im gegenwärtigen Zinsumfeld gilt, dass Eigenkapital „teurer“ als Fremdkapital ist. Anders ausgedrückt: Ein Eigenkapitalgeber fordert in der Regel eine höhere Rendite für sein Kapital als ein Fremdkapitalgeber. Dies ändert sich aber mit steigendem Verschuldungsgrad. Die vom Fremdkapitalgeber geforderten Zinssätze steigen dann allmählich an, sodass ab einem bestimmten Verschuldungsgrad Fremdkapital „teurer“ als Eigenkapital wird. Daher sollte bei der Festlegung der Finanzierungsstruktur ein Kompromiss zwischen „teurem“ Eigenkapital und – bis zu einem gewissen Grad – „günstigerem“ Fremdkapital gefunden werden. Dadurch können die Kapitalkosten minimiert und die Erträge aus der Immobilieninvestition maximiert werden. Welche Dienstleistungskonditionen sind angemessen? Typische Immobiliendienstleistungen zwischen verbundenen Unternehmen sind sogenannte Assetmanagement- und Fund-Management-Leistungen. Unter dem Begriff der Assetmanagement-Leistungen werden Tätigkeiten zusammengefasst, die sich auf die Verwaltung, Entwicklung, Nutzung bzw. Verwertung von Immobilienvermögen konzentrieren. Die Vergütung für entsprechende Tätigkeiten kann unter anderem als Prozentsatz vom Wert des verwalteten Immobilienvermögens festgesetzt werden. Fund-Management-Leistungen umfassen unter anderem Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der Ausgestaltung des Fonds, der Finanzierungsgestaltung oder des Reportings. Die Vergütungen können ähnlich ausgestaltet sein wie diejenigen für Assetmanagement-Leistungen. 148 Transfer Pricing Perspective Deutschland Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen Bei der Festlegung der Vergütung für solche Leistungen fordert die Finanzverwaltung, dass die vom Leistungserbringer voraussichtlich erzielten Erträge den übernommenen Funktionen und Risiken des Dienstleisters entsprechen. Da diese im Einzelfall sehr unterschiedlich sind, gibt es in der Praxis eine breite Vergütungsspanne. Bei der Dokumentation der Leistungsbeziehung steht die Darstellung des vom Leistungsempfänger empfangenen Nutzens im Vordergrund, da dies erfahrungsgemäß ein Schwerpunkt im Rahmen von Betriebsprüfungen ist. Fazit Typische Verrechnungspreisfragen bei grenzüberschreitenden Immobilieninvestitionen betreffen die Angemessenheit von konzerninternen Finanzierungsund Dienstleistungskonditionen. Der deutsche Fiskus und zunehmend auch externe Fremdkapitalgeber fordern, sowohl bei Inbound- als auch bei Outbound-Investitionen die Angemessenheit durch eine Verrechnungspreisdokumentation zu belegen. Eine solche Dokumentation sollte auch dazu genutzt werden, eine betriebswirtschaftlich optimale Kapitalstruktur für die Immobilieninvestition zu ermitteln. 4 Staatliche Subventionen und Verrechnungspreise – ein politisches Thema? Von Oliver Kost und Martin Lang Die stockende Energiewende, Fotovoltaik als Kapitalanlageoption, die Kritik westdeutscher Kommunen am Solidarpakt II – staatliche Subventionen und Steuerungsmaßnahmen haben oftmals kontroverse öffentliche Diskussionen zur Folge. Auch in der Betriebsprüfung können solche Subventionen für Diskussionen darüber sorgen, in welcher Form sie bei der Verrechnungspreisermittlung zu berücksichtigen sind. Staatliche Subventionen, wie zum Beispiel Forschungs- und Entwicklungszuschüsse, können als lokale Standortvorteile bzw. Marktbesonderheiten zu qualifizieren sein und zu beachtlichen Kostenersparnissen und Ergebnisbeiträgen führen. Für die zutreffende Berücksichtigung staatlicher Subventionen bei der Bestimmung von Verrechnungspreisen sind jedoch verschiedene Einflussfaktoren zu beachten. Arten und Wirkungen staatlicher Subventionen Als Lenkungsinstrumente des Staats haben öffentliche Subventionen das Ziel, das Verhalten der Haushalte und Unternehmen zielgerichtet zu steuern. Ob- Transfer Pricing Perspective Deutschland 149 Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen wohl in der Praxis zahlreiche staatliche Beihilfen existieren, sollen an dieser Stelle beispielhaft Maßnahmen zur investiven Förderung und Maßnahmen zur Nachfrageförderung betrachtet werden. Maßnahmen zur investiven Förderung (z. B. Investitionszuschüsse und -zulagen) als Mittel der kommunalen Standortpolitik zielen auf die Senkung der Investitionskosten eines Unternehmens ab. Infolgedessen kann die betriebswirtschaftliche Effizienz aufgrund geringerer Abschreibungsbeträge oder eines direkten Ausweises der Zuwendung als Ertrag gesteigert werden. Maßnahmen zur Nachfrageförderung (z. B. die Abwrackprämie oder die EEG-Umlage) zielen auf die Stimulierung des Konsums einer Ware oder Dienstleistung ab und beeinflussen das betriebliche Ergebnis des Anbieters nur in indirekter Weise. Gegenwärtiger Meinungsstand zur Berücksichtigung von Standortvorteilen Staatliche Subventionen standen in der Vergangenheit meist nicht unmittelbar im Fokus der betrieblichen Verrechnungspreisermittlung. Sie werden jedoch zunehmend von der Betriebsprüfung als Diskussionspunkt aufgegriffen, insbesondere dann, wenn die Anwendung der Preisvergleichsmethode nicht in Betracht kommt. Die Auffassung der deutschen Finanzverwaltung zu diesem Thema ist bislang indifferent, davon abhängig, ob inländische oder ausländische Standortvorteile betroffen sind. Mit Urteil des Finanzgerichts Münster vom 16. März 2006 (Az. 8 K 2348/02 E) hat sich die Rechtsprechung bei Lohnfertigern für eine (im Urteilsfall hälftige) Aufteilung von Standortvorteilen zwischen den Transaktionspartnern ausgesprochen. Darüber hinaus kann auch der Neufassung des § 1 Abs. 3 AStG bzw. § 3 Abs. 2 FVerlV – zumindest bei Fällen einer Funktionsverlagerung – die gesetzgeberische Auffassung entnommen werden, dass Standortvorteile aufzuteilen sind, da diese in die Bemessung von Transferpaketen einzubeziehen und gegebenenfalls hälftig aufzuteilen sind. 154 Die OECD führt in ihren aktuellen Verrechnungspreisrichtlinien 155 aus, dass staatliche Maßnahmen als Besonderheit des jeweiligen Marktes bei der Verrechnungspreisfindung zu berücksichtigen sind. Auch vor dem Hintergrund der vielfältigen Möglichkeiten staatlicher Einflussnahme vermeiden die OECDRichtlinien jedoch eine klare Aussage, wie staatliche Maßnahmen im konkreten 154 155 Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 FVerlV sind Standortvorteile grundsätzlich in die Ermittlung von Gewinnpotenzialen einzubeziehen. Ferner ist im Rahmen des sog. hypothetischen Fremdvergleichs der Mittelwert des Einigungsbereichs für die Bewertung des Transferpakets heranzuziehen, sofern kein anderer Wert glaubhaft gemacht werden kann. Vgl. Tz. 9.148 ff. der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen, Juli 2010. 150 Transfer Pricing Perspective Deutschland Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen Fall zu berücksichtigen sind. Die Berücksichtigung von Subventionen und die Ermittlung eines konkreten Aufteilungsmaßstabs bei der Verrechnungspreisbildung bleiben daher eine Entscheidung des Einzelfalls. Grundsätzlich kann jedoch die folgende zweistufige Betrachtung als Anhaltspunkt dienen. In der ersten Stufe sollte die Subvention im Hinblick auf ihre Wirkungsweise und auf den mit ihr beabsichtigten Effekt hin untersucht werden. Dabei ist entscheidend, ob bereits die zweckgemäße Mittelvergabe und -verwendung im Wesentlichen den gewünschten volkswirtschaftlichen Erfolg herbeiführt (z. B. Beschäftigungs- und Ansiedlungseffekte). Ist dies der Fall, so liegt es nahe, die betriebswirtschaftlichen Standortvorteile nach den im nachfolgenden Absatz benannten Kriterien den Transaktionspartnern zuzuordnen und gegebenenfalls aufzuteilen. Soweit dies nicht der Fall ist, etwa wenn der politische Lenkungswille auf die Beeinflussung von Marktmechanismen selbst abzielt, kann eine weitere differenzierte Betrachtung der staatlichen Maßnahme notwendig sein. Auf der zweiten Stufe kommt bei der Beurteilung, ob und inwieweit den Vertragspartnern die Standortvorteile zustehen, der jeweiligen Verhandlungsposition regelmäßig eine zentrale Rolle 156 zu. Diese kann beispielhaft anhand folgender Fragestellungen ermittelt werden: ● Welche Vertragspartei hat die Förderfähigkeit der Maßnahme herbeigeführt (z. B. durch eine Finanzierungs- und Investitionsentscheidung)? Hiernach könnte der Vertragspartei, die die Durchfinanzierung der Maßnahme erst ermöglicht und gegebenenfalls auch die Investitionsentscheidung trifft, ein Anteil am Standortvorteil zuzurechnen sein. ● Welcher Transaktionspartner übernimmt die Einwerbung der Fördermittel und ist für die Einhaltung der sogenannten Zweckbindungsvoraussetzungen verantwortlich? Da auch die Erfüllung der formellen Antrags- und Meldepflichten eine Voraussetzung zur Gewährung einer Subvention ist, sind die insoweit ausgeübten Funktionen und übernommenen Risiken bei der Aufteilung des Standortvorteils zu berücksichtigen. ● Welche Geschäftsstrategie verfolgen die Transaktionspartner? Grundsätzlich sollte derjenige Transaktionspartner, der die strategische Entscheidungskompetenz in Zusammenhang mit der geförderten Maßnahme innehat und somit bestimmte Funktionen ausübt sowie Risiken trägt, einen Anteil am erzielten wirtschaftlichen Vorteil beanspruchen können. Bei einem reinen Routineunternehmen als Zuwendungsbegünstigtem wird die in diesem Zusammenhang stehende strategische Einflussnahme bzw. Entscheidungskompetenz typischerweise eingeschränkt sein und daher kann dem 156 Eine Aufteilung des Standortvorteils gemäß der jeweiligen Verhandlungsposition setzt gleichwohl voraus, dass diese nicht wesentlich durch gesellschaftsrechtliche Maßnahmen verfälscht wird. Transfer Pricing Perspective Deutschland 151 Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen Strategieträger auch in diesem Fall ein Anteil der Subventionsvorteile zustehen. ● Wie sind die relevanten Angebots- und Nachfragemärkte strukturiert? Beispielhaft können Markteintrittsbarrieren, die spezifische Stellung der Unternehmen am Markt und andere Faktoren die Verhandlungspositionen der beteiligten Unternehmen beeinflussen. Fazit Der Einfluss von Subventionen bei der Verrechnungspreisfindung ist vom Einzelfall abhängig. Wichtig für einen zutreffenden Verrechnungspreis ist zunächst eine Analyse der jeweiligen Subvention und ihrer Wirkung. Insbesondere konsumorientierte staatliche Subventionen wie die EEGUmlage erfordern eine gründliche Betrachtung der volks- und betriebswirtschaftlichen Effekte. Erst dann können die identifizierten betriebswirtschaftlichen Wirkungsfaktoren quantifiziert und gegebenenfalls den Konzernteilen anteilig zugeordnet werden. 152 Transfer Pricing Perspective Deutschland Konzepte G Konzepte Die Wertschöpfungsbeitragsanalyse sowie Betriebsstättenrisiken sind nach wie vor Gegenstand anhaltenden Interesses und häufiger Diskussionen. Um die im Rahmen der Wertschöpfungsbeitragsanalyse bei hypothetischen Fremdvergleichssituationen vorzunehmenden subjektiven Einschätzungen in objektivierte und quantitativ gestützte Ergebnisse für die Verrechnungspreisbestimmung umzuwandeln sowie um unternehmensindividuelle Betriebsstättenrisiken zu erkennen und diesen projektbegleitend von der ersten bis zur letzten Phase zu begegnen, hat PwC innovative Tools und Lösungsansätze entwickelt. Diese werden in den nachfolgenden Beiträgen vorgestellt und ihr Nutzen für Steuerpflichtige aufgezeigt. 1 Wertschöpfungsbeitragsanalyse bei Profit Splits und anderen hypothetischen Fremdvergleichssituationen mithilfe von Rankingansätzen (Teil II) Von Dr. Yves Hervé In der Ausgabe 11 der „Transfer Pricing Perspective Deutschland“ vom August 2011 wurde ein Lösungsansatz skizziert, wie man in hypothetischen Fremdvergleichssituationen, bei denen die Standard-Verrechnungspreismethoden (Preisvergleichs-, Kostenaufschlags- und Wiederverkaufspreismethode) für die Fremdvergleichswürdigung ungeeignet erscheinen, gemäß den Anforderungen von § 1 Abs. 3 AStG einen wahrscheinlichsten Wert in einer großen Spannbreite zwischen Mindestpreis des leistenden Unternehmens und Höchstpreis aus Sicht des die Leistung empfangenden Unternehmens bestimmen kann. 157 In diesem Beitrag möchten wir die Vorgehensweise an einem Praxisbeispiel illustrieren. 157 Vgl. hierzu Herve, Y./Wilcke, D. „Wertschöpfungsbeitragsanalyse bei Profit Splits und anderen hypothetischen Fremdvergleichssituationen mithilfe von Rankingsätzen (Teil I)“ in Ausgabe 11 der Transfer Pricing Perspective Deutschland. Transfer Pricing Perspective Deutschland 153 Konzepte Praxisbeispiel aus der Automobilzuliefererindustrie In einer typischen Konzernwertschöpfungskette erbringt die inländische Konzernmutter M folgende Leistungen: Produktentwicklung, Werkzeugentwicklung, Key-Account-Management, Brand-Marketing. Die ausländische Konzerntochter T erbringt folgendes Leistungsbündel: Sourcing, Produktion und Produktionsplanung, Qualitätskontrolle, Supply-Chain-Management und Distribution. In einer solchen Wertschöpfungskette sind grundsätzlich verschiedene Geschäftsmodelle und Verrechnungspreissysteme vorstellbar. Wir gehen in unserem Beispiel jedoch vom Co-Entrepreneur-Modell aus. Co-Entrepreneur-Modell Die Tochter soll den Hauptanteil der Entrepreneurchancen und Risiken in der Wertschöpfungskette tragen, die Mutter aber für den Einsatz ihrer immateriellen Werttreiber vergütet werden. Als fremdvergleichskonforme Lösung dem Grunde nach wird eine umsatzabhängige Lizenzzahlung an die Mutter bestimmt. Die Höhe der Lizenzzahlung soll sich aus den Planzahlen des Unternehmens ableiten. Die Planzahlen liegen wie in der Automobilbranche meist üblich projektbezogen für einen Zeitraum von sieben bis neun Jahren vor. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass in den ersten beiden Jahren vor Beginn der Produktion (start of production – SOP) nur Akquisitions- und Entwicklungsleistungen von der Mutter erbracht werden, denen kein Umsatz gegenübersteht. Dagegen fällt nach SOP der Löwenanteil des Aufwands in den Jahren 3 bis 9 bei der Tochter an, denen bestimmte Umsatzerwartungen gegenüberstehen. Lizenzzahlungen sollen dann auch erst ab Jahr 3 an die Mutter fließen. Hypothetischer Fremdvergleich Interne und externe Preisvergleichsdaten für die Höhe der Lizenz liegen im Beispielfall annahmegemäß nicht vor. 158 Es ist daher zwingend ein hypothetischer Fremdvergleich gemäß § 1 Abs. 3 AStG durchzuführen. Im vorliegenden Fall unterstellen wir, dass alle ausgeübten Funktionen keinen Routinecharakter haben und der hypothetische Fremdvergleich zu einer Gewinnaufteilungsmethode (Profit Split) führt. Als Preisuntergrenze für die Lizenz unterstellen wir dabei, dass der Lizenzgeber mindestens seine Kosten erwirtschaften möchte. Der Höchstpreis der Lizenz wird analog bestimmt. Unter Berücksichtigung der Lizenz wird der Lizenznehmer zumindest kosten158 Nach Meinung der Finanzverwaltung (Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung) sind externe Preisvergleichsdaten im Lizenzfall regelmäßig für die Fremdvergleichsanalyse nicht anwendbar. Allerdings folgt die Praxis dieser Meinung nicht uneingeschränkt. Die Anwendbarkeit ist vielmehr einzelfallbezogen zu prüfen. 154 Transfer Pricing Perspective Deutschland Konzepte deckend operieren wollen. Im vorliegenden Beispielfall führt dies, wie der folgenden Tabelle zu entnehmen ist, zu einer Lizenzbandbreite von 13,7 bis 20,9 Prozent mit einem Mittelwert von 17,3 Prozent. Dieser Wert, der einer 50:50-Gewinnaufteilung entspricht, ist als Einigungswert für die Lizenzbestimmung heranzuziehen, sofern es nicht gelingt, zu dokumentieren, dass ein anderer Wert in der Bandbreite unter Berücksichtigung der spezifischen Transaktionsumstände wahrscheinlicher ist. Beispiel ................................................................................................................................................................................ LE ownership NPV costs ................................................................................................................................................................................ Product development M 500 Tool development M 100 Key account management M 300 Brand marketing M 50 Sum M 950 Manufacturing cost management T 3,000 Supply chain management T 200 Product quality control T 300 Sourcing T 2,000 Sum T 5,500 ................................................................................................................................................................................ (14.7%) ................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................ (85.3%) ................................................................................................................................................................................ Sum M + T 6,450 NPV sales 6,950 NPV profit 500 Minimum licence 950 (13.7%) Maximum licence 1,450 (20.9%) Mid-point licence 1,200 (17.3%) ................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................ Return on costs M 21.0% Return on costs T 3.6% ................................................................................................................................................................................ Bestimmung des wahrscheinlichsten Werts der Lizenzzahlung durch Wertschöpfungsbeitragsanalyse und Rankingtool Im vorliegenden Fall wird die 50:50-Aufteilung jedoch als unwahrscheinlich verworfen, weil sie nicht würdigt, dass die Leistungserbringer in der Wertschöpfungskette, die beide Nichtroutineleistungen ausüben, ganz unter- Transfer Pricing Perspective Deutschland 155 Konzepte schiedliche Kostenstrukturen haben. Dies würden fremde Dritte ebenso berücksichtigen wie die Tatsache, dass einige Wertschöpfungsbeiträge qualitativ höherwertiger sind als andere. Um diesen Tatsachen Rechnung zu tragen und quantitative Schlussfolgerungen zu ermöglichen, wird im Folgenden eine Wertschöpfungsbeitragsanalyse basierend auf folgendem Rankingtool durchgeführt. Die Wertschöpfungsbeitragsanalyse wird wie folgt durchgeführt: Präferenzranking von Funktionstupeln Aus der Grundgesamtheit aller Funktionen, die für die Analyse herangezogen werden (in unserem Fall acht), werden alle möglichen Paarkombinationen (Funktionstupel) gebildet und jedes Tupel wird nachher gegenüber sämtlichen anderen Tupeln in seiner qualitativen Werthaltigkeit verglichen. Die dahinterliegenden hypothetischen Fragen an die kompetenten Ansprechpartner des Konzerns lauten: ● Wenn Sie die jeweiligen Paarkombinationen direkt vergleichen, welcher Paarkombination würden Sie wirtschaftlich einen höheren Mehrwert zubilligen? ● Welche Paarkombination von Funktionen würden Sie im Zweifel eher an fremde Dritte auslagern können, wenn Sie dazu gezwungen wären? Das Ergebnis ist ein Ranking der Funktionen hinsichtlich ihres Wertschöpfungsbeitrags. Der paarweise Vergleich von Funktionen hat mehrere Vorteile: ● Unter Anwendung mikroökonomischer Ansätze der Entscheidungstheorie lassen sich die Ergebniseinschätzungen auf Konsistenz bzw. Widerspruchsfreiheit überprüfen. ● Die Form der Abfrage stellt eine gewisse Ergebnisoffenheit sicher und erhöht damit die Objektivität der Einschätzung. ● Die Objektivität der Ergebnisse lässt sich durch separate Interviews von einzelnen Funktionsverantwortlichen noch steigern. Die Ergebnisauswertung basiert dann auf der Bildung von Durchschnittswerten. Überleitung der qualitativen Ergebnisse in einen quantitativen Profit Split Beim relativen Vergleich der Funktionstupel werden den beiden Siegerfunktionen jeweils Gewinnerpunkte zugewiesen. Aus einer Auswertung aller Paarvergleiche lässt sich somit den einzelnen Funktionen nicht nur ein relatives Ranking zuweisen, sondern eine Punktzahl. Im Beispielfall befindet sich die Gesamtpunktzahl in der dritten Spalte der folgenden Tabelle. Hier ist zu erkennen, dass im Beispielfall der Produktentwicklung mit 22 Prozent der größte Wertschöpfungsbeitrag in der Zulieferer-Wertschöpfungskette beigemessen wird. Berücksichtigt man allerdings, dass mit der Funktionsausübung 156 Transfer Pricing Perspective Deutschland Konzepte sehr unterschiedliche Kostenstrukturen und Risiken einhergehen, erscheint es angemessen, den qualitativen relativen Wertschöpfungsbeitrag mit dem Anteil der relativen Kosten der Funktionen in der Wertschöpfungskette zu gewichten. Bei einem Kostenanteil von 8 Prozent in der Wertschöpfungskette reduziert sich der Wertschöpfungsbeitrag der Produktentwicklung auf 12 Prozent. Beispiel ................................................................................................................................................................................ LE ownerPoints from ship ranking analysis Point share Cost share Profit share ................................................................................................................................................................................ Product development M 336 22% 8% 12% Tool development M 176 12% 2% 1% Key account management M 163 11% 5% 3% Brand marketing M 94 6% 1% 0% LE M 51% 15% 17% Manufacturing cost management T 260 17% 47% 54% Supply chain management T 174 12% 3% 2% Product quality control T 141 9% 5% 3% Sourcing T 168 11% 31% 23% LE T 49% 85% 83% ................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................ Überleitungsrechnung in Lizenzrate Konsolidiert man die funktionalen Ergebnisse auf Legal-Entity-Ebene, ergibt sich für die Mutter ein angemessener Gewinnanteil von 17 Prozent im Vergleich zu einem relativen Kostenanteil von 15 Prozent. Dieser Wert differiert signifikant gegenüber der bisher berechneten 50:50-Gewinnaufteilung. Hier wird berücksichtigt, dass unterschiedliche Kostenstrukturen auch bei einer Verhandlung zwischen fremden Dritten berücksichtigt würden. Das Profit-Split-Ergebnis aus der Wertschöpfungsbeitragsanalyse fließt nun unter Berücksichtigung der Umsatz- und Kostenerwartungen in die Bestimmung der Lizenzsätze ein. Im vorliegenden Fall ergibt sich auf den Kapitalwert (NPV) des Umsatzes ein Lizenzwert von 14,9 Prozent – dieser ist aus den Zahlen der ersten Tabelle abzuleiten. Der tatsächliche Lizenzsatz ergibt sich dann endogen aus dem Cashflow-Forecast, der zur Bestimmung des Kapitalwerts des Umsatzes führt. Der Lizenzsatz wird umso stärker von den 14,9 Prozent nach oben abweichen, je später es in der erwarteten Zeitreihe zu Lizenzzahlungen kommt (nach SOP) und je stärker das erwartete Umsatz- Transfer Pricing Perspective Deutschland 157 Konzepte wachstum im Zeitverlauf ist (weiter in der Zukunft gelegene Umsätze sind mit einer größeren Unsicherheit verbunden und werden stärker diskontiert). Abschließende Ausführungen Der hier vorgestellte Rankingansatz erlaubt es, in hypothetischen Fremdvergleichssituationen explizite Wertansätze zu bestimmen und zu begründen, die vom Mittelwert der Einigungsbandbreite abweichen, und dabei quantitative Faktoren (z. B. Kosten) ebenso zu berücksichtigen wie qualitative Unterschiede in der Einschätzung von Wertschöpfungsbeiträgen von Nichtroutinefunktionen. Der methodische Ansatz der Wertschöpfungsbeitragsanalyse ist ergebnisoffen und schützt dabei vor dem Vorwurf, Ergebnisauswertungen zielgerichtet in eine bestimmte Richtung zu treiben. 2 PE Analyser – neues Tool zur Identifizierung von Betriebsstättenrisiken Von Claus Jochimsen, Irina Engler und Daniel Retzer Unternehmen sehen sich bei ihren grenzüberschreitenden Aktivitäten einem ständigen Risiko ausgesetzt, durch ungünstige Vertragsgestaltungen (z. B. bei Ad-hoc-Entsendungen oder Auslandsprojekten) unbeabsichtigt Betriebsstätten zu begründen. Steuerrisiken entstehen dadurch sowohl für die Unternehmen als auch für die eingesetzten Mitarbeiter. Während die Personalabteilungen diesen Aspekten üblicherweise wenig Beachtung schenken, haben die unternehmenseigenen Steuerabteilungen selten Kapazitäten für die laufende Überwachung der Auslandsaktivitäten. Teilweise fehlt es auch an einer zielgerichteten Kommunikation zwischen diesen Abteilungen, um Steuerrisiken rechtzeitig zu identifizieren. Hier setzt das von PwC entwickelte Tool PE Analyser an. Der PE Analyser zeigt die unternehmensindividuellen Risiken in diesem Bereich auf und gibt der Steuerabteilung ein Tool an die Hand, um Unternehmensaktivitäten effektiv mit den aktuellen Gesetzen und den Doppelbesteuerungsabkommen abzugleichen, Risiken zu erkennen und diesen projektbegleitend von der ersten bis zur letzten Phase zu begegnen. Vorgehensweise Zu Beginn eines Projekts wird ein vorab definierter Fragebogen ausgefüllt; dieses Ausfüllen kann entweder manuell vom Projektteam bzw. der Steuerabteilung oder automatisch mittels Schnittstelle zu einer Projektdatenbank 158 Transfer Pricing Perspective Deutschland Konzepte erfolgen. Im Anschluss erhält die Steuerabteilung eine erste Analyse hinsichtlich etwaiger Betriebsstättenrisiken. Die eingegebenen Informationen werden dabei in einer zentralen Datenbank gespeichert. Gleichzeitig können weiter gehende Prüfungsprozesse (z. B. durch externe Berater) angestoßen werden. Die Steuerabteilung übernimmt in diesem Zusammenhang die Administration der Datenbank. Sich im weiteren Projektverlauf ergebende Änderungen können wiederum automatisch oder manuell (seitens der Projektmanager) in die Datenbank eingepflegt werden. Somit wird die Steuerabteilung in die Lage versetzt, Änderungen frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Nutzen Aktivitäten des Unternehmens, die zu einer möglichen Begründung von Betriebsstätten führen, können frühzeitig erkannt werden. Analyse und fortlaufendes Monitoring helfen, steuerliche Risiken zu reduzieren bzw. zu vermeiden. Im besten Fall kann durch die Gestaltung von Verträgen bzw. von Aufgaben und Befugnissen die Begründung einer Betriebsstätte präventiv vermieden werden. Transfer Pricing Perspective Deutschland 159 Konzepte Unsere Expertise Wir PwC widmen uns seit 20 Jahren dem globalen Thema Verrechnungspreise mit dem Fokus auf Qualität, die Sie von einem der weltgrößten Dienstleistungsunternehmen zu Recht erwarten können. Unsere internationale Verrechnungspreispraxis besteht aus mehr als 200 Partnern und 1.800 engagierten Verrechnungspreisfachkräften in mehr als 70 Ländern. Unsere Spezialisten arbeiten bei jedem Projekt grenzüberschreitend eng zusammen und schöpfen aus einem weltweiten Fundus an Ressourcen, um für jedes Verrechnungspreisprojekt das geeignete Team für Ihre Anforderungen zu finden. Dies ermöglicht uns, ein weites Spektrum an konzerninternen Transaktionen in Nord-, Mittel- und Südamerika, Europa, Afrika und Asien abzudecken und dabei eine für jeden unserer Mandanten maßgeschneiderte Beratungsleistung anzubieten – angefangen bei der Planung, Umsetzung und Dokumentation von Verrechnungspreissystemen bis hin zu der Verteidigung von Verrechnungspreisen in Betriebsprüfungen und der Beratung in Bezug auf den Abschluss von Advance Pricing Agreements. Über uns Unsere Mandanten stehen tagtäglich vor vielfältigen Aufgaben, möchten neue Ideen umsetzen und suchen Rat. Sie erwarten, dass wir sie ganzheitlich betreuen und praxisorientierte Lösungen mit größtmöglichem Nutzen entwickeln. Deshalb setzen wir für jeden Mandanten, ob Global Player, Familienunternehmen oder kommunaler Träger, unser gesamtes Potenzial ein: Erfahrung, Branchenkenntnis, Fachwissen, Qualitätsanspruch, Innovationskraft und die Ressourcen unseres Expertennetzwerks in 158 Ländern. Besonders wichtig ist uns die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren Mandanten, denn je besser wir sie kennen und verstehen, umso gezielter können wir sie unterstützen. PwC. 9.300 engagierte Menschen an 28 Standorten. 1,49 Mrd. Euro Gesamtleistung. Führende Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft in Deutschland. 160 Transfer Pricing Perspective Deutschland Ihre Ansprechpartner Ihre Ansprechpartner Berlin PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Lise-Meitner-Straße 1 10589 Berlin Essen PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Friedrich-List-Straße 20 45128 Essen Lorenz Bernhardt Tel.: +49 30 2636-5204 [email protected] Carsten Hüning Tel.: +49 201 438-1153 [email protected] Düsseldorf PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Moskauer Straße 19 40227 Düsseldorf Frankfurt am Main PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Friedrich-Ebert-Anlage 35-37 60327 Frankfurt am Main Claudia Lauten Tel.: +49 211 981-5201 [email protected] Loek de Preter Tel.: +49 69 9585-5735 [email protected] Dr. Ludger Wellens Tel.: +49 211 981-2237 [email protected] Jobst Wilmanns Tel.: +49 69 9585-5835 [email protected] Susann van der Ham Tel.: +49 211 981-7451 [email protected] Dr. Yves Hervé Tel.: +49 69 9585-6188 [email protected] Harald Kuckhoff Tel.: +49 211 981-7384 [email protected] Prof. Dr. Andreas Oestreicher Tel.: +49 69 9585-6158 [email protected] Transfer Pricing Perspective Deutschland 161 Konzepte Hamburg PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft New-York-Ring 13 22297 Hamburg Stuttgart PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Friedrichstraße 14 70174 Stuttgart Kati Fiehler Tel.: +49 40 6378-1304 [email protected] Martin Renz Tel.: +49 711 25034-3107 [email protected] Karlsruhe PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Blücherstraße 17 76185 Karlsruhe Reiner Schweizer Tel.: +49 721 84002-137 [email protected] München PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Bernhard-Wicki-Straße 8 80636 München Jörg Hanken Tel.: +49 89 5790-5424 [email protected] Dr. Jutta Menninger +49 89 5790-6400 [email protected] 162 Transfer Pricing Perspective Deutschland Praxisorientiertes Kompendium für Verrechnungspreisexperten Das vierte Jahrbuch Transfer Pricing Perspective Deutschland versammelt die Beiträge des vom Verrechnungspreisnetzwerk von PwC Deutschland herausgegebenen gleichnamigen Newsletters und enthält Informationen rund um das Thema Verrechnungspreise. Die praxisorientierten Beiträge sind thematisch gegliedert und stellen internationale wie nationale Entwicklungen und Fragestellungen, branchenspezifische Lösungsansätze sowie Planungs- und Implementierungskonzepte vor. Nicht zuletzt das breite thematische Spektrum macht das Jahrbuch somit für alle, die sich in der täglichen Praxis intensiv mit Fragen des Transfer Pricing beschäftigen, zu einer wertvollen Lektüre. Nach dem Motto „Aus der Praxis für die Praxis“ stellt es somit ein hervorragendes Nachschlagewerk für Verrechnungspreisexperten dar. www.pwc.de