Übersicht: Ausführung der Gesetze (=Verwaltung)

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Übersicht: Ausführung der Gesetze (=Verwaltung)
Übung bei Wiss.Ang. Mathis Bader
Folien
Einheit 10 – 17.1.2008
Übersicht: Ausführung der Gesetze (=Verwaltung)
A) Die drei Ausführungstypen
Grundsatz1:
Ausführung als landeseigene Angelegenheit, Art. 30, 83, 84 GG
 Länder führen Gesetze unter beschränkter Aufsicht des Bundes aus
Ausnahmen2:
Bundesauftragsverwaltung, Art. 85 GG
 Länder führen Gesetze unter umfassender Aufsicht des Bundes aus
Bundeseigene Verwaltung
 Bund führt Gesetze selbst aus
B) Die Überwachung der Ausführung durch den Bund
I. Umfang
Länderangelegenheit,
Art. 30, 83, 84 III 1, V GG
Bundesauftragsverwaltung,
Art. 85 III, IV GG
(Beschränkte) Rechtsaufsicht
(Umfassende) Fachaufsicht
=
=
Kontrolle der Gesetzmäßigkeit
1
2
Zuständigkeitsvermutung, „Residualkompetenz“ der Länder
Numerus clausus der Ausnahmen im Grundgesetz
Kontrolle der Gesetzmäßigkeit
und Zweckmäßigkeit
II. Kompetenzen
Sachkompetenz3:
Wahrnehmungskompetenz4:
Vor Weisung
Nach Weisung
Land
Land
Bund
Land5
III. Prüfung einer Weisung
=> Vom Aufbau her im Prinzip wie Grundrechte/Wahlrechte:
- Recht des Landes zum Gesetzesvollzug
- Verfassungsmäßige Einschränkung dieses Rechts durch Weisung
- Formelle Verfassungsmäßigkeit der Weisung
- Materielle Verfassungsmäßigkeit der Weisung
C) Verfassungsgrundsätze der Verwaltungsorganisation
- Verbot der Mischverwaltung
 Gesetzesausführung durch Bund und Länder gleichzeitig grds.
unzulässig
- Gesetzgebungskompetenzen als Grenze der Verwaltungskompetenzen
 Bund kann Verwaltung niemals regeln, wenn er keine
Gesetzgebungskompetenz hat
- Keine Flucht ins Privatrecht
 Staatsverwaltung kann sich öffentlich-rechtlichen Pflichten nicht
durch privatrechtliche Organisationsformen entziehen
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= Entscheidungskompetenz
= Ausführungskompetenz
5
=> Die Wahrnehmungskompetenz steht den Ländern also unentziehbar zu; nur beim sog. Selbsteintritt, den
das GG nicht kennt, zieht die überwachende Ebene Sach- und Wahrnehmungskompetenz an sich.
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Fall 11
Bund-Länder-Streit der Landesregierung H gegen die
Bundesregierung gem. Art. 93 I Nr. 3 GG, §§ 13 Nr. 7, 68ff
BVerfGG
A) Zulässigkeit
I. Beteiligtenfähigkeit, § 68 BVerfGG
 Bundesregierung für Bund
 Landesregierung für H
II. Antragsgegenstand, Art. 93 I Nr. 3 GG, § 69 i.V.m. § 64 I BVerfGG
= rechtserhebliche Maßnahme oder Unterlassung, deren Grundlage in GG-Regeln
bzgl. Bundesstaatsverhältnisses liegen
 insb. Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten des Bundes und der
Länder bei der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder und bei der Ausübung
der Bundesaufsicht, vgl. Art. 93 I Nr. 3 GG
 H streitet mit dem Bund über Weisung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung
 Antragsgegenstand (+)
III. Antragsbefugnis, § 69 i.V.m. § 64 I BVerfGG
 Geltendmachung, dass Bund / Land, durch Maßnahme des Antragsgegners in
eigenen Rechten aus dem Bundesstaatsverhältnis nach dem GG verletzt oder
unmittelbar gefährdet ist
 Darlegung reicht aus, wenn Verletzung/Gefährdung nicht von vorneherein rechtlich
oder faktisch ausgeschlossen ist, sondern möglich erscheint (Möglichkeitstheorie)
 Verletzung der Bundestreue durch B?
=> Nur subsidiär zu geltenden Regeln / originär für andere konkrete Pflichten
=> Bloße Berufung auf Verletzung der „Bundestreue“ genügt nicht
 Verletzung atomrechtlicher Vorschriften?
=> Verletzung einfachgesetzlicher Normen genügt nicht
 Verletzung der Länderkompetenz zur Gesetzesausführung, Art. 30, 83, 85 GG?
 Könnte durch Weisung verletzt sein
 Antragsbefugnis (+)
IV. Frist und Form, § 69 i.V.m. §§ 64 II, III, 23 I BVerfGG
 Antrag müsste schriftlich, begründet, mit Nennung der potentiell verletzten Norm und
innerhalb von 6 Monaten ab Erlass der Weisung gestellt werden
V. Ergebnis
 Zulässigkeit (+)
B) Begründetheit
 Gem. § 69 i.V.m. § 67 S.1 BVerfGG(+), wenn Bund mit Weisung gegen GG-Regeln
über das Bundesstaatsverhältnis verstoßen hat
 Verstoß gegen Art. 30, 83, 85 GG?
I. Recht des Landes H zur Einholung eines Sachverständigengutachtens
 Rechtsverletzung durch Weisung zum Unterlassen des Gutachtens setzt Recht des
Landes H zum Gutachten voraus
1. Recht zur Einholung des Gutachtens gem. Art. 76 I GG
 Gutachten = politische Maßnahme?
= selbstverständlich zulässige Vorbereitung einer Gesetzesinitiative
gem. Art. 76 I GG zum „Ausstieg aus dem Ausstieg“
 Jedoch: Daten als Grundlage für verwaltungsrechtliches Genehmigungsverfahren
 Frage des Gesetzesvollzugs
2. Recht zur Einholung des Gutachtens gem. Art. 30, 83, 85 GG
 Art. 30, 83 GG: Gesetzesvollzug immer Ländersache
=> inkl.: Prüfung aller Sach- und Rechtsfragen, auch durch
Gutachten
 Gilt auch für Bundesauftragsverwaltung gem. Art. 85 GG
=> Atomrecht = Bundesauftragsverwaltung gem. Art. 87c GG i.V.m. § 24 I AtG
=> Hier nur strengere Aufsicht, aber trotzdem Ländervollzug
 Recht der H zur Einholung des Gutachtens gem. Art. 30, 83, 85 GG grds. (+)
II. Verfassungsmäßige Einschränkung der Landeskompetenz zum
Gesetzesvollzug
 Atomrecht = Bundesauftragsverwaltung
 Gesetzesvollzug der Länder gem. Art. 85 III GG durch Weisungen des Bundes
einschränkbar
 Verfassungsmäßigkeit der Weisung?
1. Formelle Verfassungsmäßigkeit der Weisung
a) Zuständigkeit des Anweisenden und richtiger Weisungsadressat
 Zuständigkeit des G als sachlich zuständiger oberster Bundesatomminister gem.
Art. 85 III 1 GG (+)
 D als sachlich zuständiger oberster Landesatomminister auch richtiger Adressat der
Weisung gem. Art. 85 III 2 GG
b) Verfahren
 Bundestreue
 - Gelegenheit zur Stellungnahme für Angewiesenen (+)
=> hat D bekommen
- Erwähnung der Weisung als Möglichkeit vor ihrem Erlass (+)
=> hat G erwähnt
- Begründung der Weisung (+)
=> hat G geliefert
c) Form
 Schriftform str., aber jedenfalls (+)
2. Materielle Verfassungsmäßigkeit der Weisung
a) Prüfungsmaßstab
 Keine eindeutige Aussage in Art. 85 III GG
 Wesen der Bundesauftragsverwaltung:
- Wahrnehmungskompetenz immer beim Land
- Sachkompetenz6 nur beim Land, bis Bund sie an sich zieht
=> Entzug durch Bund jederzeit und ohne Begründung möglich
=> Nach Entzug der Sachkompetenz:
- Sachkompetenz kein möglicher Gegenstand einer Rechtsverletzung des Landes
=> Keine Rechte des Landes betroffen, da:
=> Bundesminister politisch verantwortlich
=> Kosten gem. Art. 104a II, V GG beim Bund
- Land muss nach dem Entzug der Sachkompetenz sogar nach
eigener Einschätzung rechtswidrige Weisungen ausführen
=> Ausn.: Grober Verfassungsverstoß (folgt aus Art. 20 III GG)
- Land haftet für Weisungsvollzug (=> als Klagegegner)
 Prüfungsmaßstab bei materieller Verfassungsmäßigkeit einer Weisung:
- Weisungsgegenstand Teil der Sachkompetenz?
- Klarheit und Verständlichkeit der Weisung?
- Grober Verfassungsverstoß?
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= Entscheidungskompetenz
b) Erfüllung der Anforderungen durch G
- Weisungsgegenstand Teil der Sachkompetenz (+)
=> vgl. Art. 87 c GG i.V.m. § 24 I AtG
- Klarheit und Verständlichkeit der Weisung (+)
=> Sehr präzise Anweisung, kein Gutachten einzuholen
- Kein grober Verfassungsverstoß (+)
=> Nichts hierfür ersichtlich, Umsetzung des Atomausstiegs unbedenklich
=> Materielle Verfassungsmäßigkeit der Weisung (+)
3. Ergebnis
 Formelle und materielle Verfassungsmäßigkeit der Weisung (+)
 Verstoß gegen Art. 30, 83, 85 GG (-)
C) Ergebnis
 Antrag des Landes H zulässig, aber unbegründet