Innovationsbedingungen des E-Commerce – die technischen

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Innovationsbedingungen des E-Commerce – die technischen
Ulrich Riehm
Februar 2002
6)*
Innovationsbedingungen
des E-Commerce – die technischen
Kommunikationsinfrastrukturen für den
elektronischen Handel
TAB
TAB
Hintergrundpapier Nr. 7
Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) berät das Parlament und
seine Ausschüsse in Fragen des gesellschaftlich-technischen Wandels. Das TAB ist eine organisatorische
Einheit des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) des Forschungszentrums
Karlsruhe und arbeitet seit 1990 auf der Grundlage eines Vertrages zwischen dem Forschungszentrum und
dem Deutschen Bundestag.
Inhalt
Zusammenfassung.................................................................................................3
Vorwort .................................................................................................................5
I.
Einleitung....................................................................................................7
1. Zur Definition des Begriffs E-Commerce .....................................................7
2. Hürden und Probleme des E-Commerce .......................................................8
3. Anforderungen an eine E-Commerce-Infrastruktur ..................................... 11
II.
Kommunikationsinfrastrukturen für den E-Commerce......................... 15
1. Verortung des Themas................................................................................ 15
2. Prinzipielle Architektur der Infrastruktur für den E-Commerce .................. 17
3. Das Internet als Kommunikationsinfrastruktur für den
E-Commerce .............................................................................................. 19
3.1 Alternative Zugangsnetze zum Internet ........................................................ 20
3.2 Chancen und Risiken der weiteren Entwicklung des Internets...................... 25
3.3 Vor- und Nachteile des Internets für den E-Commerce ................................ 26
4. Der Mobilfunk als Kommunikationsinfrastruktur für den
E-Commerce .............................................................................................. 27
4.1
4.2
4.3
4.4
Spezialisierte Mobilfunktechnologien .......................................................... 27
Technische Weiterentwicklung der GSM-Mobiltelefonie............................. 29
Die dritte Generation des Mobilfunks: UMTS.............................................. 34
Vor- und Nachteile der Mobilfunknetze für den E-Commerce ..................... 38
5. Digitale Rundfunk-Netze als Kommunikationsinfrastruktur für
den E-Commerce........................................................................................ 39
5.1
5.2
5.3
5.4
Rundfunkverteilkabel - breitbandig, aber nicht interaktiv............................. 39
Verkauf des Kabelnetzes durch die Deutsche Telekom ................................ 40
Technik und Marktstruktur des Kabelnetzes ................................................ 42
Vor- und Nachteile des Kabelnetzes für den E-Commerce ........................... 44
1
Inhalt
6. Breitbandzugang - Stand und Perspektiven .................................................47
6.1 EU-Studie: The development of broadband access platforms in
Europa ......................................................................................................... 48
6.2 OECD-Studie: The development of broadband access in OECD
countries...................................................................................................... 52
III.
Fazit...........................................................................................................55
1. Bewertung der technischen Infrastrukturen.................................................55
2. Ein Internet-zentriertes E-Commerce-Szenario ...........................................57
3. Ausblick und politischer Handlungsbedarf .................................................59
Literatur ..............................................................................................................63
1. In Auftrag gegebene Gutachten ..................................................................63
2. Weitere Literatur ........................................................................................63
Anhang.................................................................................................................67
1. Tabellenverzeichnis ....................................................................................67
2. Abbildungsverzeichnis ...............................................................................67
3. Abkürzungen ..............................................................................................67
2
Zusammenfassung
In diesem Bericht wird die Frage behandelt, welche der drei großen technischen
Kommunikationsinfrastrukturen, Internet, Mobilfunk und Rundfunk, für den
E-Commerce geeignet sind und wie deren zukünftige Entwicklung aussehen
könnte. Für eine mittlere Zeitspanne bis 2010 wird angenommen, dass das
Internet die dominierende Infrastruktur für den E-Commerce bleiben wird.
Für spezielle Anwendungen werden auch der Mobilfunk (mobile und raumbezogene Dienste) und die digitale, interaktive Rundfunkinfrastruktur (breitbandige
Mediendienste) eine gewisse Bedeutung haben. Die Zugangsmöglichkeiten
zum Internet werden vielfältiger, und es wird sich ein breitbandiger Zugangssektor etablieren. Die speziellen Anforderungen des E-Commerce werden von
keiner der diskutierten Technologien optimal erfüllt. Kompromisse und fallbezogene pragmatische Lösungen sind deshalb notwendig.
Unter den "neuen" Zugangstechnologien zum Internet erscheinen die xDSLTechnik und die Nutzung des Breitbandkabels über ein Kabelmodem weltweit
wie auch in Deutschland als die Technologien mit dem höchsten Verbreitungsgrad
und den größten Erfolgsaussichten. Uneinheitlich sind die Einschätzungen, ob
eher das Kabelmodem oder DSL die erfolgreichere Variante sein wird. Umstritten
ist auch, ob die Etablierung beider Technologien in Konkurrenz zueinander
deren Nutzung insgesamt eher fördern oder eher behindern wird.
Eine funktionsfähige Kommunikationsinfrastruktur für den E-Commerce ist
essenziell. Aber eine exzellente Infrastruktur allein treibt den E-Commerce
nicht automatisch in ungeahnte Höhen. Gleichwohl machen Entwicklungen im
Bereich der technischen Infrastrukturen bestimmte Segmente des elektronischen
Handels erst möglich.
Die Rolle des Staates besteht heute nicht mehr darin, die technische Kommunikationsinfrastruktur der Gesellschaft selbst zu betreiben. Wie für andere
Infrastrukturaufgaben auch, gibt es aber eine politische Verantwortung für die
Infrastrukturleistung und deren Fortentwicklung. Prioritäre Felder politischen
Handelns sind in diesem Zusammenhang 1. die politischen Initiativen zur Förderung des Internets weiterzuführen und zu verstärken, 2. eine langfristige
Breitbandinfrastrukturpolitik zu entwickeln und 3. die politisch-rechtlichen
Rahmenbedingungen für die technischen Kommunikationsinfrastrukturen im
Lichte der weiteren technischen und gesellschaftlichen Entwicklung auf ihre
Eignung zu überprüfen und anzupassen.
3
Vorwort
Jede neue Entwicklungsstufe des Handels benötigt ihre eigene Infrastruktur.
Zu den Infrastrukturen des Handels, die im Laufe der Jahrhunderte entstanden
sind, gehören, um nur einige aufzuzählen, Schiffe und Häfen, Eisenbahnen und
Bahnhöfe, Fahrzeuge und Straßen, Flugzeuge und Flughäfen, Lagerstätten und
Marktplätze, Zoll- und Poststationen, Waagen und Münzen - insgesamt ein
gewaltiges System, vielfältig verflochten und aufeinander abgestimmt, mit
erheblichem Aufwand erstellt und gepflegt. Staatliche bzw. öffentliche Akteure
sind nicht selten maßgeblich hieran beteiligt.
Die aktuellste Variante des Handels, der elektronische Handel - oder E-Commerce - erfordert nun wiederum eine angepasste und neue Infrastruktur.
•
•
•
Welche Anforderungen stellt der elektronische Handel an eine solche Infrastruktur?
Welche Technologien mit welchen Vor- und Nachteilen stehen zur Verfügung?
Welche Szenarien für die Zukunft lassen sich entwickeln?
Das sind die zentralen Fragen, die in diesem TAB-Hintergrundpapier beantwortet werden sollen.
Dieser Bericht entstand im Rahmen des TA-Projektes "Wirtschaftliche
Perspektiven des elektronischen Handels". Die weltweit wachsende Bedeutung
des elektronischen Handels und die erwartbaren Transformationsprozesse in
Wirtschaft und Gesellschaft waren Anlass für einen Vorschlag aller Fraktionen
des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Technologie, das TAB mit
einer TA-Studie zum "E-Commerce" zu beauftragen. Der für TechnikfolgenAbschätzung (TA) zuständige Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat daraufhin dieser Anregung zugestimmt. In diesem Projekt
geht es um die Innovationsbedingungen des E-Commerce, um den durch E-Commerce ausgelösten Strukturwandel im Handel, um die Verschiedenartigkeit des
E-Commerce in den unterschiedlichen Branchen sowie um die Folgen - etwa
für den Verkehr, den Arbeitsmarkt und den Verbraucherschutz. Nach einer Reihe
von Fachgesprächen zu den ersten Ergebnissen des Projektes im Frühjahr 2001
werden nun drei Hintergrundpapiere aus der laufenden Arbeit des Projektes
vorgelegt, die die Frage der Innovationsbedingungen des E-Commerce aufgreifen, ohne die Folgediskussion ganz auszublenden. Es geht dabei neben dem
hier behandelten Thema "Technische Kommunikationsinfrastrukturen für den
5
Vorwort
E-Commerce" um "Produktion und Logistik" (TAB 2002a) sowie um den "elektronischen Handel mit digitalen Produkten" (TAB 2002b). Der Abschlussbericht wird dem Deutschen Bundestag voraussichtlich im Frühjahr dieses Jahres
vorgelegt.
Dieser Bericht beruht in wesentlichen Teilen auf einem Gutachten, das die
Prognos AG (Basel) im Auftrag des Deutschen Bundestags dem Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) im Jahre 2001
vorgelegt hat. Den Autoren des Gutachtens - Holger Delpho und Hans-Georg
Sutter - sei für ihre Arbeit ausdrücklich gedankt. Im Vergleich zum PrognosGutachten wurde der damalige Recherchestand so weit wie möglich aktualisiert
und weitere Literatur mit herangezogen, gleichzeitig der Umfang des ursprünglichen Gutachtens deutlich komprimiert.
6
I.
Einleitung
Im Folgenden wird zunächst geklärt, was im gegebenen Kontext unter E-Commerce verstanden wird. Die hier verwendete E-Commerce-Definition ist in Bezug
auf die verwendete Technik neutral, in Bezug auf die Eigenschaft "Interaktivität"
jedoch nicht. Danach wird auf einige Probleme des E-Commerce eingegangen,
soweit sie in Verbindung zu bringen sind mit dem Thema technische Infrastrukturen. Daraus können Anforderungen an die technische Infrastruktur des
E-Commerce abgeleitet werden. Diese Anforderungen werden abschließend
dargestellt.
1.
Zur Definition des Begriffs E-Commerce
Unter E-Commerce werden im Kontext dieses Projektes marktbezogene Transaktionen verstanden, die den Austausch von wirtschaftlichen Gütern gegen
Entgelt begründen, und bei denen nicht nur das Angebot elektronisch offeriert,
sondern auch die Bestellung über interaktive, elektronische Medien erfolgt
(TAB 2001a, S. 23). Mit dieser transaktionsorientierten Definition lässt sich
der Gegenstand relativ präzise bestimmen und abgrenzen:
•
•
•
Unternehmensinterne Transaktionen und Geschäftsprozesse werden nicht
zum E-Commerce gezählt, sondern fallen in den Bereich des elektronischen
Geschäftsverkehrs (E-Business). Es findet kein Handel zwischen Geschäftspartnern, der über den Markt vermittelt wird, statt.
Warenangebote im Web oder auch im Fernsehen, bei denen es keine integrierte und interaktive Bestellmöglichkeiten gibt, zählen nicht zum E-Commerce, sondern zum E-Marketing oder zum Tele-Shopping.
Downloads von Musik oder Videos in Peer-to-Peer-Netzen, wie das vormalige Napster, werden auch nicht dem elektronischen Handel zugerechnet,
da es sich hierbei nicht um einen Tausch wirtschaftlicher Güter gegen Entgelt handelt.
Bei einer weitergehenden Definition des elektronischen Handels werden die
integrierte elektronische Bezahlung und Auslieferung mit einbezogen. Würde
man diese beiden Kriterien jedoch als obligatorisch in die Definition mit aufnehmen, dann wäre der Untersuchungsgegenstand "E-Commerce" kaum mehr
7
I. Einleitung
wahrnehmbar, denn das Volumen des elektronischen Handels mit integrierter
elektronischer Bezahlung und Auslieferung ist verschwindend gering:
•
•
Eine integrierte elektronische Bezahlung im elektronischen Handel ist relativ
selten. Nach Erhebungen im Rahmen des GfK-Web*Scope (2001) über den
Einkauf von Endkonsumenten im Internet in der ersten Jahreshälfte 2001 war
bei 40 % aller Kaufvorgänge die Überweisung die dominierende Zahlungsweise, gefolgt von der Lastschrift (24,7 %) und der Kreditkarte (15,8 %),
alles herkömmliche Zahlungsverfahren.
Was die direkte elektronische Lieferung angeht, ist offensichtlich, dass
elektronischer Handel heute überwiegend konventioneller Versandhandel von
traditionellen Produkten (gedruckte Bücher, CDs, Elektronik, Kleidung, etc.)
über das Bestellmedium Internet ist. Eine direkte elektronische Lieferung
ist hier gar nicht möglich. Nach dem oben bereits erwähnten Web*Scope
liegt der Anteil kommerzieller "Downloads" oder digitaler Lieferungen
elektronischer Güter, Dienste oder Anrechte am gesamten elektronischen
Handel bei weniger als einem Prozent (TAB 2002b).
Deshalb ist es sinnvoll, die integrierte elektronische Bezahlung und Lieferung
als zwei weitere, wenn auch nicht unbedingt erforderliche Kriterien in die
Definition des E-Commerce mit aufzunehmen.
Was die verwendete Technologie für den E-Commerce angeht, trifft die hier
verwendete Definition keine Festlegung. Der elektronische Handel findet zurzeit in erster Linie über das Internet statt bzw. diese Variante steht gegenwärtig
im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Aber es kommen auch andere
Technologien zum Einsatz, so z.B. - schon seit vielen Jahren - proprietäre
Netzwerke und EDI (Electronic Data Interchange) oder zukünftig mobile
Kommunikationstechnologien und das digitale, interaktive Fernsehen, worauf
wir im Folgenden genauer eingehen werden.
2.
Hürden und Probleme des E-Commerce
Betrachtet man die Hindernisse bei der Realisierung des elektronischen Handels, wie sie in Umfragen und Studien immer wieder berichtet werden, erhält
man auch Hinweise auf Hürden und Probleme, die in der genutzten technischen
Infrastruktur ihre Ursache haben. So zeigt beispielsweise die Studie "Electronic
8
2. Hürden und Probleme des "E-Commerce"
Commerce Enquete" 1 für den Business-to-Business-Bereich (B2B) die folgenden
einschlägigen "Hürden" für die Einführung des elektronischen Handels auf.
Nach Ansicht von rund der Hälfte der Befragten treffen folgende Aussagen
"voll" oder "eher zu" (Strauß/Schoder 2000, S. 34):
•
•
•
•
Die Fälschungssicherheit (Integrität) der übertragenen Information ist nicht
gewährleistet (48,1 %).
Es gibt ein Vertrauensproblem mit nicht eindeutig identifizierbaren WebTeilnehmern (47,6 %).
Die vertrauliche Kommunikation ist nicht sichergestellt (Datenschutz)
(47,3 %).
Es gibt ungeklärte rechtliche Aspekte (z.B. bzgl. Haftung, Copyright, elektronisch signierter Verträge) (46,9 %).
Immerhin noch rund ein Viertel der befragten Unternehmen unterstützten die
folgenden Aussagen:
•
•
•
•
•
•
zu schneller technologischer Wandel (25,4 %),
zu viele Standards (25,0 %),
mangelnde Kompatibilität von Hard- und Software (23,2 %),
zu komplizierte Technik (22,6 %),
keine gesicherte Verfügbarkeit von Bandbreiten (22,5 %),
zu hohe Gebühren der Internet-Zugangsprovision (20,3 %).
Vergleicht man diese Ergebnisse mit denjenigen aus der ersten "E-CommerceEnquete" von 1997, so zeigt sich, dass sich beispielsweise in Bezug auf die
Verfügbarkeit von Bandbreiten und in Bezug auf die Internet-Zugangskosten
der Problemdruck offensichtlich abgebaut, wenn auch nicht völlig aufgelöst hat
(Müller/Schoder 1999, S. 27). Die Zustimmung lag bei diesen beiden "Hürden"
1997 noch fast doppelt so hoch (mangelnde Bandbreite 40,9 %, zu hohe Gebühren
40,3 %).
Von 1997 bis 2000 nahm die Bedeutung der "Hürden" generell ab - mit den
folgenden drei Ausnahmen:
•
Die Aussage "Es gibt zu wenig Mitarbeiter mit geeigneten Realisierungskenntnissen" lag im Jahr 1997 in der Rangfolge der Hürden auf Platz 12 und
erreichte drei Jahre später den zweiten Rang (1997: 49,9 %; 2000: 52,7 %).
1
Diese "Enquete" wurde 1997 zum ersten Mal und im Jahr 2000 zum zweiten Mal für Deutschland
durchgeführt. Befragt wurden bei der Studie 1997 per schriftlichem Fragebogen 914 Unternehmensvertreter und bei der Studie 2000 in persönlichen Interviews 1.308 repräsentativ ausgewählte
Entscheidungsträger aus Unternehmen (Müller/Schoder 1999, S. 3; Strauß/Schoder 2000, S. 10).
9
I. Einleitung
•
•
Die Aussage "Die Implementierungskosten, z.B. für Betrieb und Schulung,
sind zu hoch" stieg vom 24. Rang (1997) auf den siebten Rang (2000)
(1997: 36,1 %, 2000: 44,7 %).
Die Aussage "Unsere Produkte/Dienstleistungen sind für den Electronic
Commerce nicht geeignet" lag 1997 auf dem letzten Platz der abgefragten
32 Hürden und erreichte im Jahr 2000 den 16. Platz (von insgesamt 35).
1997 waren nur 18 % der befragten Unternehmen dieser Ansicht, 2000 waren
dies mit 34,6 % fast doppelt so viele.
Diese Hürden, bei denen in der Problemwahrnehmung der Befragten ein Bedeutungszuwachs feststellbar ist, beziehen sich auf die Einführungs- und Realisierungsbedingungen des E-Commerce. Erklärt werden kann dieser Meinungswandel
mit einer breiteren Erfahrungsgrundlage im Jahr 2000. Während zum Beginn des
E-Commerce-Booms 1997 die weitere Entwicklung noch problemloser gesehen
wurde, zeigte sich im weiteren Verlauf, dass die Einführung von E-Commerce
qualifizierte Mitarbeiter voraussetzt, die Implementierungskosten relativ hoch
sind und nicht jeder Handelsbereich gleichermaßen für den E-Commerce geeignet ist.
Im zweiten wichtigen Segment des elektronischen Handels, dem Businessto-Consumer-Bereich (B2C), stehen andere Hürden im Vordergrund. Diesmal
sind es auch nicht Unternehmensvertreter, die befragt wurden, sondern die
Konsumenten. Typischerweise beziehen sich die Probleme auf die Komplexe
Nutzungsfreundlichkeit und Interaktionsgeschwindigkeit, Datenschutz und
Datensicherheit sowie die Kosten der Internetnutzung. Dies kommt auch in
den Ergebnissen zweier aktueller Studien zum Ausdruck.
•
•
10
Bei einer Befragung von 719 Online-Käufern durch die Vividence Corporation im Jahr 2001 zeigten sich die folgenden Ursachen für das Scheitern von
Online-Kaufvorgängen (Auswahl): zu hohe Lieferkosten (72 %), ein zu langwieriger Einkaufsvorgang (41 %), die Notwendigkeit, zu viele persönliche
Angaben einzugeben (35 %). Nach Expertenschätzungen werden bis zu 75 %
aller Einkaufsvorgänge im Internet abgebrochen (http://www.vividence.com,
Pressemitteilung vom 05.11.2001; vgl. zu diesem Thema auch Klietmann
2001 sowie Riehm et al. 2000).
Nach einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach (2001, S. 95) stimmten 52,0 % der Aussage zu, dass
persönliche Daten in Computernetzen nicht sicher seien. Die Zustimmung
zu dieser Aussage ist sogar bei den Online-Nutzern (56,5 %) höher als beim
Durchschnitt aller Befragten einschließlich der Nicht-Nutzer.
2. Hürden und Probleme des "E-Commerce"
Die Kosten für den Online-Zugang sind allerdings nach dieser Allensbach-Umfrage in der Wahrnehmung der gesamten Bevölkerung sowie der
Online-Nutzer kein großes Problem. Nur 17,9 % stimmen der Aussage zu
"Mir sind die Online-Dienste zu teuer".
3.
Anforderungen an eine E-Commerce-Infrastruktur
Was ergibt sich nun aus den definitorischen Abgrenzungen und den empirisch
feststellbaren Problemen bei der Einführung des E-Commerce für die Anforderungen an eine E-Commerce-Infrastruktur? Man kann acht wesentliche Anforderungen unterscheiden (in Anlehnung an Prognos 2001, S. 9):
S
S
S
S
S
S
S
S
Zuverlässigkeit,
Sicherheit und Datenschutz,
Geschwindigkeit und Bandbreite,
Flexibilität und Skalierbarkeit,
offene Standards,
Zukunftssicherheit,
Interoperabilität von Netzen und Anwendungen,
geringe Kosten.
Eine Grundanforderung ist die Zuverlässigkeit der technischen Infrastruktur,
die momentan noch nicht im ausreichenden Umfang gewährleistet ist. Ein
zeitweiliger Ausfall kritischer Komponenten einer E-Commerce-Infrastruktur,
wie dies im Jahr 2000 z.B. mehrfach bei einem der größten Online-Händler,
Amazon.com, vorgekommen war, führt nicht nur direkt zu Umsatzeinbußen,
sondern auch zu einer Akzeptanzkrise bei den Kunden (Regan 2000).
Sowohl bei den Geschäfts- als auch bei den Privatkunden ist die Sicherheit
der Kommunikationsbeziehung im Internet, wie wir den angeführten Umfragen
entnehmen konnten, von höchster Bedeutung. Dies betrifft die Unverfälschtheit,
die Vertraulichkeit und den Datenschutz der Kunden- und Transaktionsdaten.
Hier sind aus der jungen Geschichte des Internets z.B. "Einbrüche" von Hackern
in die Datenbanken großer Online-Anbieter bekannt, bei denen die dort gespeicherten Kreditkartendaten der Kunden entwendet und missbraucht wurden
(Greenberg 2000).
Die oben angeführten Befragungen weisen darauf hin, dass die Probleme mit
den Reaktionsgeschwindigkeiten im Internet ("World Wide Wait") abgenommen haben. Regelmäßige Messungen der Erreichbarkeit von Websites im
11
I. Einleitung
Internet, wie sie seit 1997 vom Unternehmen Keynote Systems durchgeführt
werden, zeigen z.B., dass sich die durchschnittlichen Zugriffszeiten auf die
Homepages großer Unternehmen, die nicht unbedingt an Endkonsumenten
gerichtet sind, von etwa zwölf Sekunden im Oktober 1997 auf etwa zwei Sekunden im Januar 2001 verbessert haben (Mills/Loosley 2001). Bei Websites
oder Portalen, die auf Endkonsumenten ausgerichtet sind, ist diese Entwicklung eher gegenläufig. So stiegen hier die durchschnittlichen Zugriffszeiten
von 14,5 Sekunden im Januar 2000 auf 17,6 Sekunden im Januar 2001 (Zona
Research 2001). In der Literatur geht man üblicherweise von der "8-SekundenRegel" aus: Bei längeren Aufbauzeiten für Web-Seiten als acht Sekunden besteht die Gefahr, dass der Nutzer den Vorgang abbricht bzw. den Server wechselt.
Hochrechnungen zeigen, dass beim "Online-Shopping" dadurch potenziell die
Hälfte des erreichbaren Umsatzes verloren gehen kann (Zona Research 2001).
Zu bedenken ist auch, dass mit der zunehmenden Online-Auslieferung von
digitalen Informationsgütern (Musik, Filme etc.) die Geschwindigkeitsanforderungen weiter ansteigen werden. Die derzeit geführte Diskussion um Breitbandanschlüsse (Kap. II.6) ist ein Ausdruck dieser Entwicklung und zeigt, dass
für den E-Commerce das Thema Bandbreiten der technischen Infrastruktur
noch keineswegs als gelöst angesehen werden kann.
Der Verkehr in Kommunikationsnetzen ist von extremen Schwankungen
geprägt ("bursts"), die durch eine entsprechende Flexibilität bewältigt werden
müssen. Flexibilitätsanforderungen und Skalierbarkeit ergeben sich auch aus
den teilweise extremen Nachfrageschwankungen im E-Commerce. Bekannt
sind die Probleme im Weihnachtsgeschäft 1999 in den USA, wo der Ansturm
der Kunden von den Netzen und Servern sowie der Auslieferungslogistik teilweise nicht bewältigt werden konnte.
Der Erfolg des Internets als Medium des E-Commerce beruht nicht zuletzt
auf seinen offenen Standards. Nur dadurch, dass diese Standards im Internet
frei zugänglich sind und ihre Nutzung nicht lizenziert wird, ist die explosionsartige Verbreitung des Internets und seiner Dienste zu erklären - man denke
z.B. an die HTML-Sprache und das World Wide Web. Proprietäre und zentral
geführte Dienste, wie das deutsche Btx- oder das französische Minitel-System,
über die auch E-Commerce betrieben wurde, bevor es dieses Wort überhaupt gab,
konnten sich demgegenüber auf Dauer nicht durchsetzen, da sie die dezentralen
technologischen und Nutzerpotenziale nicht in gleicher Weise wie in einem
offenen Netzwerk mobilisieren konnten.
Da eine E-Commerce-Strategie langfristig und komplex angelegt ist, kommt
es darauf an, dass die Planungen und Handlungen der Akteure und Unternehmen
12
3. Anforderungen an eine "E-Commerce-Infrastruktur"
im Bereich der Infrastruktur relativ überraschungsfrei sind. Nur bei einer
entsprechenden Planungs- und Zukunftssicherheit können strategische und
weitreichende Entscheidungen über den Einsatz einer Kommunikationsinfrastruktur für den Elektronischen Handel gefällt werden.
Interoperabilität meint mehr als die Forderung nach offenen Standards.
Hier geht es darum, dass ganz unterschiedliche technologische Systeme mit
unterschiedlichen Funktionen und Traditionen immer mehr zusammenwachsen
und deshalb interoperabel gemacht werden müssen. Man denke an den mobilen
Zugang zum Internet über Mobiltelefone mittels WAP.
Nicht zuletzt sind geringe Kosten eine Anforderung an eine geeignete Infrastruktur für den elektronischen Handel. Wie man den oben zitierten Umfragen
entnehmen kann, hat sich das Problem der Zugangskosten zum Internet für
Privatkunden, im Vergleich mit der Situation von vor drei bis fünf Jahren, entspannt. Bei der neuen Generation der Breitbandanschlüsse, sowohl im Geschäftsals auch im Endkundenbereich, tritt es aber erneut wieder auf.
Die Erfüllung aller Anforderungen im gleichen Ausmaß ist nicht zu erwarten.
Im Einzelfall gerät die Verwirklichung der einen Anforderung in Konflikt mit
der Verwirklichung einer anderen. Offensichtlich ist dies bei der Erhöhung der
Leistungsparameter (Bandbreiten, Zuverlässigkeit etc.) und der Kostengünstigkeit. Beides ist schwer zu vereinbaren. Aber auch Datensicherheit und Datenschutz können im Einzelfall in Konflikt geraten, wenn zum Zwecke der Nachvollziehbarkeit von Transaktionen persönliche Daten erfasst und gespeichert
werden. So wird es darauf ankommen, für den konkreten Anwendungsfall eine
E-Commerce-Infrastruktur auszuwählen, die zwar nicht alle Anforderungen in
gleicher Weise erfüllt, aber das jeweilige Optimum erreicht.
13
II.
Kommunikationsinfrastrukturen für den
E-Commerce
Nach einigen vorbereitenden Überlegungen zur Einordnung des Themas und
zur prinzipiellen Architektur technischer Infrastrukturen werden in diesem Teil
des Berichtes die aus derzeitiger Sicht für den elektronischen Handel potenziell
wichtigsten drei Kommunikationsinfrastrukturen dargestellt: das Internet, die
Mobilfunk- und die Rundfunknetzinfrastruktur.
1.
Verortung des Themas
Im Handel findet Kommunikation zwischen den beteiligten Akteuren und Austausch von Gütern, Dokumenten etc. statt. Diese kommunikative Beziehung
lässt sich prinzipiell technisch unterstützen. Dafür wird eine technische Kommunikationsinfrastruktur benötigt. Betrachtet man den einfachsten Fall einer
Handelsbeziehung zwischen nur zwei Akteuren, dem Verkäufer und dem Käufer,
dann lassen sich vier Beziehungsebenen zwischen diesen beiden Akteuren
unterscheiden (Tab. 1): die eigentliche Ebene des Handels, in dem die Inhalte
des Kaufs geklärt werden, dann die Ebenen der Rechts- oder Vertragsbeziehung,
der finanziellen Beziehung und schließlich der Logistik.
Tab. 1:
Beziehungsebenen zwischen Verkäufer und Käufer
Handel
Verkäufer
Recht
Finanzen
Käufer
Logistik
Quelle: eigene Darstellung
Die Notwendigkeit und Möglichkeit der technischen Unterstützung und ihr tatsächlicher Stand sind unterschiedlich ausgeprägt (Tab. 2). Folgt man der vorne
entwickelten Definition des elektronischen Handels, dann findet der Austausch
auf der Ebene des eigentlichen Handels in jedem Fall technisch unterstützt
statt. Hier werden die Kunden- und Verkäufer-, die Produkt- und Bestelldaten
15
II. Kommunikationsinfrastrukturen für den E-Commerce
ausgetauscht, ohne die der Handel nicht zustande käme. Dagegen kann die
Ebene des Rechts von der technischen Seite gar nicht tangiert werden. Sie
wird dann als eine Ressource außerhalb der E-Commerce-Beziehungen im engeren Sinne angesehen, auf die im Konfliktfall zurückgegriffen werden kann.
Die technisch vermittelte Authentifizierung von Handelspartnern im Netz und
die digitale Signierung von Handelsvorgängen sind jedoch Beispiele, an denen
sich zeigt, dass auch die rechtlichen Beziehungen vom Technisierungsprozess
erfasst werden können.
Tab. 2:
Beziehungsebenen im elektronischen Handel und technische Infrastruktur
Verkäufer
Handel
In jedem Fall Abwicklung über die
technische Infrastruktur.
Recht
Sowohl außerhalb der technischen
Infrastruktur möglich als auch (partiell)
innerhalb.
Finanzen
Logistik
Käufer
Bei herkömmlichen Gütern keine direkte
Nutzung der technischen Infrastruktur
möglich, bei digitalen Gütern dagegen
möglich und wahrscheinlich.
Quelle: eigene Darstellung
Ähnlich ist es bei den Finanzbeziehungen. Im elektronischen Handel werden
zurzeit überwiegend die finanziellen Transaktionen außerhalb der eigentlichen
technisch vermittelten Handelsbeziehung (die in der Regel über das Internet
abläuft) abgewickelt. Gleichwohl wird dies immer wieder als Hemmnis für den
elektronischen Handel dargestellt und die integrierte elektronische Bezahlung
gefordert (Böhle/Riehm 1998). Bei der logistischen Beziehungsebene ist die
Frage, wann die technische Infrastruktur mit ins Spiel kommt, relativ eindeutig
zu beantworten. Nur beim Handel mit digitalen Gütern kann die Auslieferung
digital und über die Netze erfolgen. Ein weiteres TAB-Hintergrundpapier beschäftigt sich mit diesem Segment des elektronischen Handels (TAB 2002b).
Bei den herkömmlichen Gütern dagegen ist die Auslieferung über Netze nicht
möglich. Hier kann die technische Unterstützung nur indirekt durch Steuerung
und Überwachung des logistischen Prozesses erfolgen. Auf die Fragen der
Logistik des E-Commerce geht ein weiteres TAB-Hintergrundpapier ein (TAB
2002a).
16
1. Verortung des Themas "technische Kommunikationsinfrastruktur"
Aus dem bisher Gesagten sollte deutlich geworden sein, das die technische
Infrastruktur keine gesonderte Beziehungsebene im elektronischen Handel
darstellt, sondern alle anderen Beziehungsebenen mehr oder weniger durchdringt.
2.
Prinzipielle Architektur der Infrastruktur für den
E-Commerce
Die technische Infrastruktur für den E-Commerce ist eine Kommunikationsinfrastruktur, über die die unterschiedlichen Akteure des elektronischen Handels
in Beziehung treten. Diese Kommunikationsinfrastrukturen sind in der Regel
nicht spezialisiert auf den E-Commerce, sondern dienen auch anderen kommunikativen Zwecken - der Unterhaltung, dem privaten Austausch, der Information
etc. Dies ist für die folgende Diskussion eine wichtige Randbedingung:
Die weitere Entwicklung dieser Infrastrukturen folgt nicht in jedem Fall und
nicht in erster Linie den Anforderungen des elektronischen Handels. Trotzdem
ist der elektronische Handel auf diese allgemeinen Infrastrukturen angewiesen,
da er auf deren Ausbau und deren Kundenstamm angewiesen ist.
Nur in wenigen Fällen gibt es (noch) hochspezialisierte handelsbezogene
Kommunikationsinfrastrukturen, z.B. im Bereich des Aktienhandels, der Börseninformation, des Finanzhandels oder branchenbezogener Netzwerke, über
die Handelsbeziehungen, z.B. auf Basis von EDI, abgewickelt werden. Diese
Netzwerke werden für keine anderen Zwecke mehr eingesetzt. Tendenziell
werden diese besonderen Infrastrukturen für einen Internet-Zugang geöffnet oder
sogar durch IP-Netzwerke (IP = Internet Protocol, einer der grundlegenden
Standards des Internets) abgelöst. Dies muss nicht unbedingt heißen, dass sich
diese Spezialnetze vollständig für das Internet öffnen, da solche IP-Netzwerke
auch als mehr oder weniger geschlossene Intra- oder Extranets betrieben werden
können.
Betrachtet man die Architektur dieser Netzwerke, dann lassen sich drei Ebenen, wie die Abbildung 1 zeigt, unterscheiden:
•
•
•
die internationalen Weitverkehrsnetzwerke ("Backbone-Networks"),
die entsprechenden nationalen Weitverkehrsnetzwerke und
der Endnutzerzugang ("Access-Networks").
Insbesondere im Bereich der Zugangsnetze ist prinzipiell eine hohe Variabilität
und Interoperabilität gegeben. So eröffnet z.B. das Mobiltelefon nicht nur den
17
II. Kommunikationsinfrastrukturen für den E-Commerce
Zugang zum Mobilfunknetz, sondern kann prinzipiell auch für die "Einwahl"
ins Internet genutzt werden, wie auch das Breitbandkabel für die Rundfunkübertragung - bei entsprechender Aufrüstung für interaktive Kommunikation den Weg ins Internet eröffnet.
Abb. 1:
Kommunikationsinfrastrukturen, Zugangs- und Weitverkehrsnetze
Quelle: Prognos 2001, S. 9
Es bestehen also prinzipiell auf allen drei Ebenen Übergänge zwischen den
unterschiedlichen Kommunikationstechnologien. Dass es dabei im Detail
Anpassungs- und Schnittstellenprobleme gibt, soll nicht unerwähnt bleiben.
Konvergente Prozesse sind beobachtbar (z.B. die Nutzung der IP-Technologie
des Internets im Rahmen von UMTS), die vielbeschworene Konvergenz der
Netze und Endgeräte wird es dagegen so schnell, wenn überhaupt, kaum geben.
Dazu sind die jeweiligen Traditionen und Profile der Technologien und der sie
betreibenden und nutzenden Akteure sowie die Anforderungen der Nutzer und
Nutzungssituationen zu unterschiedlich.
Die E-Commerce-Betreiber können ihre jeweiligen E-Commerce-Plattformen
an den unterschiedlichen Stellen der Matrix auf Abbildung 1 ansiedeln (in der
Abb. mit Punkten im Bereich der Weitverkehrsnetzwerke veranschaulicht). Eine
E-Commerce-Plattform innerhalb des Internets kann so wegen der vorhandenen
Netzübergänge trotzdem die maximale Zahl an Nutzern auch aus dem Mobilfunk und dem digitalen interaktiven Fernsehen erreichen.
18
2. Prinzipielle Architektur der Infrastruktur für den E-Commerce
In welchem Verhältnis stehen nun die technischen Kommunikationsinfrastrukturen zu den (technischen) E-Commerce-Plattformen? Zu einer E-CommercePlattform rechnen wir die spezifischen Informations- und Kommunikationsdienste für das Angebot von Gütern sowie die Dienste für den Geschäftsabschluss
und die Geschäftsabwicklung. Kommunikationsinfrastruktur und E-CommercePlattform können mehr oder weniger eng verknüpft sein. Bedient sich die E-Commerce-Plattform weitgehend der vorhandenen speziellen Dienste der jeweiligen
Kommunikationstechnologie (z.B. der Abrechnung, der Kunden- und Händleridentifikation) wird ihre Implementierung auf Basis dieser Ressourcen eher
erleichtert. Der Zugang über andere Kommunikationsinfrastrukturen könnte
dagegen eher erschwert werden. Wird sie dagegen weitgehend unabhängig von
den jeweiligen Kommunikationsinfrastrukturen mit offenen Schnittstellen realisiert, dann wird der Zugang über verschiedene Kommunikationsinfrastrukturen eher erleichtert, ihre Entwicklung aber in der Regel aufwendiger.
Der "E-Commerce" im Rahmen des Ende 2001 ganz abgeschalteten Btx-Systems ist ein Beispiel für eine sehr spezifische, mit der Kommunikationsinfrastruktur verwobene E-Commerce-Plattform, die z.B. eine integrierte Abrechnungskomponente mit beinhaltete. Ein kostenpflichtiger Abonnementdienst für
Nachrichten, der als Datenbankanwendung unabhängig von einer Kommunikationsinfrastruktur realisiert wurde und Schnittstellen zur Auslieferung über das
WWW, E-Mail, Fax oder SMS bietet, wäre in die Kategorie der unabhängigen
E-Commerce-Plattformen einzuordnen. In diesem Fall müssten z.B. Identifikations- und Abrechnungslösungen selbst entwickelt werden.
3.
Das Internet als Kommunikationsinfrastruktur für
den E-Commerce
Die Literatur zur Entwicklung und Funktionsweise des Internets steht dem
interessierten Leser in einer breiten Auswahl zur Verfügung. Die folgende
Darstellung spart deshalb die Grundlagen des Internets und seine Entwicklung
weitgehend aus und beschränkt sich im Wesentlichen auf den für den E-Commerce wichtigen Aspekt der alternativen Zugänge zum Internet sowie auf einige
mögliche Risiken der weiteren Entwicklung.
19
II. Kommunikationsinfrastrukturen für den E-Commerce
3.1
Alternative Zugangsnetze zum Internet
Spätestens seit Mitte der 90er Jahre, insbesondere mit der Verbreitung des
WWW und entsprechender Web-Browser, ist das Internet zur wichtigsten
Kommunikationsinfrastruktur für den elektronischen Handel geworden. Dabei
ist E-Commerce kein standardisierter Internetdienst, im Sinne des WWW oder
der E-Mail, sondern eine frei gestaltbare Anwendung, die sich der Ressourcen,
Protokolle und Dienste des Internets bedient.
Beim Aufbau des Internets, das ja auch als Netz von Netzen bezeichnet
wird, kann man das Kernnetz ("backbone") und das Zugangsnetz unterscheiden.
Die Gesamtheit der Netze basieren auf dem sogenannten TCP/IP-Standard
(transmission control protocol/internet protocol), dem Basis-Verbindungs- und
Übertragungsprotokoll des Internets. Das weltweite, internationale Kernnetz
(auch Weitverkehrsnetz oder Backbone-Network) besteht aus vielen an Übergabepunkten (Internet-Exchanges) zusammengeschalteten Teilnetzen der großen
Internet-Service-Provider (ISP), die sich über mehrere Länder und Kontinente
hinweg erstrecken können. Diese Netze befinden sich teilweise im Eigentum der
ISPs, basieren teilweise aber auch auf Mietleitungen oder Satelliten-Verbindungen von Telekommunikationsunternehmen. Die Qualität der Backbone-Netze
beeinflusst die Leistungsqualität, z.B. die Ausfallsicherheit und Übertragungsgeschwindigkeit, des gesamten Netzes. In der Regel ist für den Internet-Endnutzer - egal, ob es sich dabei um eine Privatperson oder ein Unternehmen
handelt - das Zugangsnetz zum Internet für die Qualität der Nutzung ausschlaggebend. Nur hier hat er auch direkte Wahlmöglichkeiten.
Das Zugangsnetz (Access-Network) verbindet die Endgeräte des Endkunden
mit dem Kernnetz des jeweiligen ISP und darüber mit dem Gesamtnetz des
Internets und den darin verfügbaren Servern (Diensterechner, z.B. für E-Mail,
WWW und vieles andere mehr). Die wichtigsten Zugangsmöglichkeiten sind in
der Tabelle 3 zusammengestellt.
Analoger Telefonanschluss und ISDN
Für die Privathaushalte ist der analoge Telefon- und der digitale ISDN-Anschluss
heute der bevorzugte Weg ins Internet. Dabei waren rund 59 % aller Telefonkanäle in der Bundesrepublik Deutschland Ende 2001 analog, 41 % digital
(ISDN) (eigene Berechnung nach RegTP 2002, S. 13). Deutschland nimmt mit
diesem hohen ISDN-Anteil weltweit eine führende Stellung ein.
20
3. Das Internet als Kommunikationsinfrastruktur für den E-Commerce
Tab. 3:
Arten des Internetzugangs und Eignung nach Marktsegmenten
Zugangsnetz
Privathaushalte KMU und SOHO
Größere
Unternehmen
Telefonanschluss, analog
ja
ja
ja
ISDN
ja
ja
ja
xDSL
ja, ADSL
ja, SDSL
ja, SDSL
ja
nein
nein
ja, selten
ja, selten
ja, z.B. Backup
Breitbandkabel (Rundfunk)
Satellit
Mobilfunk
ja (UMTS)
ja (GSM, UMTS) ja (GSM, UMTS)
Powerline
ja
noch unklar
noch unklar
WLL
nein
ja, selten
ja
Standleitungen/Mietleitungen
nein
ja, selten
ja
Quelle: Prognos 2001, S. 30
Betrachtet man die Versorgung der Haushalte mit Festnetz-Telefonanschlüssen,
dann liegt diese deutlich über 90 %, im Westen im Jahr 2000 bei 94,9 %, im
Osten bei 91,6 %. Diese Werte sind aber, insbesondere im Westen, rückläufig
(97,3 % 1997), was auf die rapide Zunahme von Mobilfunktelefonen zurückgeführt wird (Graumann et al. 2001, S. 80). Nach Daten des Instituts für Demoskopie Allensbach (2001, S. 145) für das erste Halbjahr 2001 verfügten 24,4 %
der Bevölkerung über einen ISDN-Anschluss im eigenen Haushalt.
Die erreichbare Übertragungsrate beim analogen Telefon unterscheidet sich
kaum mehr wesentlich von der des ISDN-Anschlusses. Mit einem Modem sind
über die analoge Telefonleitung 56 kbit/s, über einen einfachen ISDN-Kanal 64
kbit/s erreichbar.
Die Preise für den Internetzugang, insbesondere durch Internet-by-CallAngebote, sind in den letzten Jahren drastisch gesunken. Nach Angaben der
Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP 2001b, S. 24)
haben sich die Internet-By-Call Tarife zur Hauptzeit (Tagestarife) im Laufe des
Jahres 2000 von 5 Pf/Min. auf 2,5 Pf/Min. halbiert. Für Vielnutzer werden
Flatrates angeboten, die für eine unbegrenzte Dauernutzung bei etwa 80 DM im
Monat liegen. Der Vorteil von ISDN liegt für die Internet-Nutzung in der
etwas besseren Übertragungsgeschwindigkeit, vor allem aber in einer schnelleren Einwahl ins Internet, stabileren Verbindungen und einem zusätzlichen
21
II. Kommunikationsinfrastrukturen für den E-Commerce
Telefonkanal, der parallel zum Internet, z.B. zum Telefonieren, genutzt werden
kann. Beide ISDN-Kanäle können aber auch für den Internetzugang gebündelt
werden, womit dann eine Bandbreite von 128 kbit/s erreicht wird. Die fixen
monatlichen Kosten für den Telefonanschluss von etwa 25 DM (bei der Deutschen Telekom) verdoppeln sich in etwa beim ISDN-Anschluss.
DSL
Mit DSL (digital subscriber line) lässt sich eine deutliche Erhöhung der Übertragungsrate erreichen. Der besondere Vorteil dieser Übertragungstechnik ist,
dass keine neue Leitungen benötigt werden, sondern die vorhandenen Kupferdrahtleitungen normaler Telefonanschlüsse verwendet werden können. Die
Erweiterung der Übertragungsrate beruht darauf, dass die Kupferkabel einen
Frequenzbereich von bis zu 1,1 MHz abdecken, der gegenwärtig durch den
Sprachdienst nun in der Frequenz bis 4 kHz genutzt wird (Krisor/Löffler 1999,
S. 5). DSL nutzt diesen 250fach größeren Frequenzbereich aus.
DSL tritt in unterschiedlich entwickelten und verbreiteten Varianten auf.
Deshalb spricht man auch von xDSL, wobei "x" als Platzhalter für die verschiedenen Ausprägungen dieser Technik steht. Die momentan wichtigsten Varianten
sind ADSL (asymmetric digital subscriber line) und SDSL (symmetric digital
subscriber line) (Tab. 4):
Tab. 4:
DSL-Varianten, Bandbreiten und Kosten
ADSL (T-DSL)
SDSL
Bandbreite
Download: 128 kbit/s bis 768 kbit/s 128 kbit/s bis 2 Mbit/s in beide
Upload: 128 kbit/s
Richtungen
Kosten
ab 110 DM pro Monat inkl. T-DSL- ab 170 DM pro Monat zzgl.
Flatrate
Kosten für Übertragungsvolumen
Quelle: Prognos 2001, S. 35
Die Bandbreite der DSL-Technik hängt u.a. ab von der Entfernung des Endkundenanschlusses zum nächsten Telefonverteiler. Je kürzer diese Entfernung
ist, desto problemloser und leistungsstärker kann der DSL-Anschluss erfolgen.
Derzeit liegt die maximale Entfernung unter 5 km, neuere Entwicklungen und
Pilotanwendungen konnten den Abstand auf bis zu 10 km erhöhen. Damit
könnten in den meisten Industrieländern fast alle Telefonanschlüsse mit DSL
22
3. Das Internet als Kommunikationsinfrastruktur für den E-Commerce
bedient werden (OECD 2001, S. 9 f.). Neben der Entfernung ist auch die Art
der Verkabelung ein Faktor für die Nutzbarkeit von DSL im Telefonnetz. Prognos
(2001, S. 35) schätzt aus diesen Gründen, dass nur 60 bis 80 % der Telefonleitungen in Deutschland für DSL geeignet seien.
Der Zuwachs bei den DSL-Anschlusszahlen in den letzten Monaten war
enorm. Binnen neun Monaten hat sich die Zahl der DSL-Anschlüsse von 462.000
(Ende März 2001) auf über 2 Mio. Kunden im Dezember 2001 mehr als vervierfacht (RegTP 2001b, S. 173; Presseerklärung der Deutschen Telekom vom
18.12.2001). Allerdings sollte dieses Wachstum nicht darüber hinwegtäuschen,
dass im 1. Halbjahr 2001 erst 1,4 % der Bevölkerung (14-64 Jahre) über einen
DSL-Anschluss im Haushalt verfügten (Institut für Demoskopie Allensbach
2001, S. 153). Unter Berücksichtigung der seitdem erfolgten Steigerung der
Anschlusszahlen wird dieser Wert zum Jahresende 2001 auf ca. 5 bis 6 % angewachsen sein.
Weitere Zugänge
Der Großteil des deutschen Breitbandkabels für Fernsehen und Radio ist wegen
der mangelnden Rückkanalfähigkeit für den Internetzugang momentan nicht
geeignet. Es wird allerdings erwartet, dass diese Form eines breitbandigen Internetzugangs in den nächsten Jahren erheblich an Bedeutung gewinnen wird.
Die Satelliten-Technik eignet sich derzeit nur begrenzt für den Internetzugang,
da auch hier ein einfacher und kostengünstiger Rückkanal fehlt. Teilweise wird
dieser Rückkanal über ISDN realisiert. In Kapitel II.4 und II.5 wird auf beide
im Bereich des Rundfunks etablierten Übertragungstechniken nochmals ausführlich eingegangen.
Internetzugang über den Mobilfunk hat ebenfalls noch keine wirkliche
Bedeutung. Dies liegt an den begrenzten Übertragungsraten, die sich aber mit
GPRS und UMTS deutlich verbessern werden. Darauf wird in Kapitel II.4 näher
eingegangen.
Mit Powerline wird es ermöglicht, die Stromleitungen für die Datenübertragung zu nutzen. Die Basistechnologie ist über 100 Jahre alt (Patent 1895). Seit
den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts telefonieren die Energieversorgungsunternehmen über Hochspannungsleitungen. Neu ist nun, dass auch über die
Niederspannungsleitungen bis in die Haushalte hinein mittels Powerline eine
Datenübertragung möglich wird. Mit dieser Technologie können Bandbreiten
von 500 kbit/s bis 10 Mbit/s erreicht werden, die sich allerdings, ähnlich dem
Breitbandkabel, alle angeschlossenen Haushalte vom letzten Verteilerpunkt bzw.
23
II. Kommunikationsinfrastrukturen für den E-Commerce
Trafo teilen (shared medium). Im Falle des Stromnetzes sind dies üblicherweise
nicht mehr als 200 Haushalte (Unfried 2000). Die Powerline-Technologie steht
momentan, nach ersten erfolgreichen Pilotvorhaben, auf der Schwelle zur
Markterschließung. Eine Reihe von Energieunternehmen bzw. deren Telekommunikations-Töchter wie Tesion (Energie Baden-Württemberg), MVV Energie
AG, Ascom oder RWE bietet diese alternative Übertragungstechnologie an. So
vertreibt die MVV in Mannheim unter dem Produktnamen "Vybe" einen Internetzugang über den Stromanschluss mit einer Bandbreite bis zu zwei Mbit/s zu
einem Preis für Privathaushalte von monatlich 40 Euro für den unbegrenzten
Datentransfer (Flatrate). Powerline zielt jedoch nicht nur auf Privatkunden,
sondern auch auf Klein- und Mittelbetriebe, und das Anwendungsspektrum
beschränkt sich nicht auf den Internetzugang. Sowohl Telefonie als auch energie- und hausnahe Steuerungsleistungen (z.B. die Funktionsüberwachung von
Geräten wie Heizung oder Kühltruhe) gehören zu den diskutierten und pilotierten Anwendungsfeldern (Unfried 2000, S. 140 ff.).
Unter Wireless Local Loop (WLL) wird eine funkgestützte Anbindung von
festen Endgeräten an die nächste Vermittlungsstelle ("letzte Meile" oder "local
loop") verstanden (Fraas 2000). Da im Gegensatz zum Mobilfunk (Kap. II.4)
der Aspekt der Mobilität der Endgeräte hier keine Rolle spielt, werden diese
Technologien auch unter der Überschrift "fixed wireless networks" oder "fixed
wireless access systems" diskutiert (Clark 2000). Bei WLL handelt es sich
weniger um eine bestimmte Technologie als um eine Gruppe von Funktechnologien (z.B. Punkt-zu-Punkt- und Punkt-zu-Multipunkt-Richtfunk). Es bestand
im Kontext der Liberalisierung der Sprachdienste 1998 die Hoffnung, über
WLL den neuen Telekommunikationsbetreibern eine von der Teilnehmeranschlussleitung der Deutschen Telekom unabhängige Infrastruktur für die "letzte
Meile" zur Verfügung zu stellen. Diese Hoffnungen haben sich jedoch aus
Kostengründen nicht erfüllt. Die Anbieter von WLL richten sich heute in erster
Linie an Geschäftskunden. Die für WLL genutzten Frequenzen werden von der
Regulierungsbehörde zugeteilt, sind also nicht frei verfügbar wie beim Wireless LAN, das in Kapitel II.4 behandelt wird.
Auch DECT (Digital European Cordless Telephone) wurde als Alternative
zum Festnetzanschluss der Deutschen Telekom für die neuen Sprachdiensteanbieter diskutiert. DECT ist entwickelt worden als Standard für die schnurlose
Telefonie mit einer Reichweite bis zu 200 m und wird im Wesentlichen in
Haushalten eingesetzt. Wegen zu hoher Kosten von 1.500 bis 3.000 DM pro
Haushalt bei Nutzung von DECT für die Überbrückung der "letzten Meile" ist
man davon wieder abgerückt.
24
3. Das Internet als Kommunikationsinfrastruktur für den E-Commerce
Für das Geschäftskundensegment werden Mietleitungen (Standleitungen)
im Festnetz im Bereich von 64 kbit/s bis 155 Mbit/s und mehr angeboten. Auch
diese bieten sich bei einem entsprechend hohen Bedarf als Internet-Zugang an,
werden aber in erster Linie im Bereich der Internet-Backbones eingesetzt. Der
Trend in der Nutzung geht dabei eindeutig in Richtung breitbandiger Leitungen
im Bereich zwischen 2 und 155 Mbit/s und darüber (RegTP 2001a, S. 189).
3.2
Chancen und Risiken der weiteren Entwicklung des
Internets
Das Internet wurde bekanntlich nicht für E-Commerce entwickelt und genügt
deshalb nur in begrenztem Maße dessen spezifischen Anforderungen. Auch für
Dienste mit hohen Qualitätsanforderungen und Übertragungsraten wie der
Internettelefonie, dem Internetradio oder gar dem Internet-TV ist das Internet
ein brauchbares, aber kein optimales Kommunikationsnetzwerk. Das Internet in
seiner derzeitigen Form gilt als sehr robust, aber auch als unzuverlässig bei
hohen Anforderungen (Eberspächer 2001, S. 23). Seine Offenheit, einerseits
Voraussetzung seiner Erfolgsgeschichte, ist andererseits auch seine Achillesferse, Einfalltor für Viren und Hacker.
Ein Teil dieser Probleme soll mit dem Übergang von dem derzeit genutzten
Internetprotokoll Version 4 (IPv4) auf das neue Internetprotokoll der Version 6
(IPv6) gelöst werden (Prognos 2001, S. 21 ff.). Für die weiter wachsende Zahl
an Nutzerinnen und Nutzern sowie Endgeräten bietet das IPv6 einen ausreichend großen Adressraum (das Adressfeld wurde von 32 Bit auf 128 Bit erweitert), es erlaubt die Spezifizierung von Verbindungsmerkmalen (Quality of
Services), was insbesondere für zeitkritische Anwendungen von Bedeutung ist.
Zusätzlich sind Sicherheitsfunktionen integriert, die z.B. eine bessere Authentifizierung der Kommunikationspartner und eine Verschlüsselung von Datenpaketen ermöglichen. Während die Erarbeitung des Protokolls selbst schon
länger abgeschlossen ist, steht die Umstellung noch am Anfang. Nicht alle
Versionen des Windows-Betriebssystems unterstützen bisher IPv6, während im
Unix-Bereich und auch bei der Netzwerktechnik, den Routern und Servern, von
den meisten Herstellern IPv6-kompatible Hardware angeboten wird. Da die
Umstellung das gesamte Internet betrifft, muss man von einem längeren Umstellungszeitraum mit Parallelbetrieb der zwei IP-Versionen ausgehen. Hierzu
stehen bereits Verfahren zur Verfügung.
25
II. Kommunikationsinfrastrukturen für den E-Commerce
Aus dem Internet heraus entwickeln sich zurzeit aber auch Spezialnetze, wie
das Internet2 in den USA oder das deutsche Gigabit-Wissenschaftsnetz, die den
besonderen Anforderungen an Bandbreite und Qualität in der Wissenschaft gerecht werden, aber auch nur einem begrenzten Teilnehmerkreis offen stehen.
Hier deutet sich die Gefahr an, dass die offene Struktur des Internets zu Gunsten
von proprietären Architekturen bestimmter Hersteller und für spezialisierte
Anwendergruppen aufgegeben wird. Momentan spricht noch vieles dafür, dass
das Internet als Basistechnologie und Anwendungsplattform seinen Erfolgsweg
weiter gehen wird. Ob der im Internet bisher gepflegte eher informelle und
kooperative Entwicklungsprozess - aus dem Wissenschaftsbereich kommend auch für das von kommerziellen Interessen geprägte Internet geeignet sein wird
oder durch ein neues "Governance-Modell" ersetzt werden wird, ist durchaus
offen (Leib 2000, Jessen 2001, S. 16).
3.3
Vor- und Nachteile des Internets für den E-Commerce
Die wichtigsten Vor- und Nachteile des Internets als technische Kommunikationsinfrastruktur für den E-Commerce können zusammenfassend wie folgt
dargestellt werden.
Vorteile des Internets sind in folgender Hinsicht zu sehen:
•
•
•
•
•
Das Internet stellt heute die am weitesten verbreitete Infrastruktur für den
elektronischen Handel zwischen Unternehmen und mit Endkunden dar.
Aufgrund des dezentralen Charakters des Internets ist es relativ flexibel an
die Bedürfnisse des Marktes (z.B. Kapazitäten, Zugangsbandbreiten) anpassbar.
Die Internet-Standards und ihre freie Verfügbarkeit sind eine wesentliche
Voraussetzung für den Erfolg des Internets.
Ihre technische Fortentwicklung, primär getragen von Providern und der
Informationstechnik-Industrie, ist auch für die Zukunft zu erwarten.
Aufbauend auf den Basisfunktionen des Internets lassen sich ganz unterschiedliche Anwendungen, nicht zuletzt solche des E-Commerce, entwickeln.
Problematisch sind die folgenden Aspekte:
•
26
Das Internet ist ursprünglich nicht für kommerzielle Dienste mit hohen
Sicherheits- und Qualitätsanforderungen entwickelt worden. In beiden
Bereichen weist es deutliche Defizite auf.
3. Das Internet als Kommunikationsinfrastruktur für den E-Commerce
•
•
•
4.
Datenintensive Anwendungen oder solche mit garantierter sofortiger Übertragung ("realtime"), wie z.B. Video-on-Demand oder Web-Fernsehen, sind
im derzeitigen Umfeld des Internets nur mit Abstrichen realisierbar.
Aufgrund seiner Geschichte weist es eine besondere "Governance-Struktur"
auf, die ihre Leistungs- und Anpassungsfähigkeit im Widerstreit der politischen Interessen von Staaten und Staatenbündnissen, der wirtschaftlichen
Interessen globaler Unternehmen und der (akademischen) Nutzerinteressen
erst noch beweisen muss.
Es besteht ein gewisses, schwer abschätzbares Risiko, dass das Internet das Netz der Netze - seine Eigenschaft der Globalität, Einheitlichkeit und
Offenheit verliert und sich in spezialisierte und proprietäre Netze aufspaltet.
Der Mobilfunk als Kommunikationsinfrastruktur
für den E-Commerce
Funktechnologien für den Zugang zum Internet wurden auch im vorangegangenen
Kapitel bereits behandelt. In diesem Kapitel geht es um Funktechnologien für
den Empfang auf mobilen Endgeräten, Empfangsgeräten also, die ihre Position
im Raum verändern können. Das Mobiltelefon (oder "Handy") auf Basis des in
Europa dominierenden GSM-Standards (Global system for mobile communications) ist unter diesen Technologien die bekannteste und verbreitetste, keineswegs aber die einzige. Im Folgenden werden zunächst einige weniger bekannte,
teilweise sehr spezialisierte mobile Funktechnologien vorgestellt, dann werden
technologische Fortentwicklungen im Bereich der GSM-Netze behandelt und
schließlich wird auf den zukünftigen Mobilfunkstandard UMTS (Universal
mobile telecommunications system) eingegangen.
4.1
Spezialisierte Mobilfunktechnologien
Im Bereich der mobilen Kommunikationsdienste gibt es eine Palette unterschiedlicher Techniken und Mobilfunknetze, die jeweils für bestimmte Anforderungen
optimiert sind (Prognos 2001, S. 43). Dazu sind zu zählen der langsam aussterbende schmalbandige Funkruf, eine Form der ursprünglich rein tonbasierten
("Piepser"), dann auch textbasierten Einwegkommunikation, der über den professionellen Bereich hinaus vor wenigen Jahren als Scall-, Skyper-, Quix- oder
27
II. Kommunikationsinfrastrukturen für den E-Commerce
Telmi-Dienst bei Jugendlichen eine gewisse Popularität genossen hatte. Durch
die massenhafte Verbreitung der GSM-Mobiltelefone und SMS verschwanden
diese Dienste dann schnell wieder in der Versenkung. Weitere schmalbandige
Varianten mobiler Funkdienste sind der Betriebs- und Bündelfunk (z.B.
Chekker), die regional und auf geschlossene Benutzergruppen ausgerichtet
sind, und der Datenfunk (z.B. Modacom). Aufgrund ihrer begrenzten Verbreitung und eingeschränkten Leistungsfähigkeit sind diese mobilen Übertragungstechnologien für den E-Commerce nicht geeignet.
Für einen Entfernungsbereich von etwa 100 m wird heute verstärkt über
Wireless LAN diskutiert (Novak 2000). Im Gegensatz zu den Technologien,
die unter der Überschrift Wireless Local Loop (Kap. II.3.1) diskutiert werden,
handelt es sich bei W-LAN um die Anbindung mobiler Endgeräte (z.B. Laptops
oder Personal Digital Assistents, PDAs), bei der Funkfrequenzen (im 2,4 GHz
ISM-Band) genutzt werden, die lizenzfrei zur Verfügung stehen. Dabei werden
Übertragungsleistungen von 2 Mbit/s bis hin zu beachtlichen 11 Mbit/s erreicht.
Das bisherige Anwendungsspektrum lag in erster Linie bei Firmen- oder Campusnetzen. Nun werden auch öffentliche Angebote für den Zugang ins Internet,
u.a. in Innenstädten (Aachen), an Flugplätzen, in Hotels (z.B. dem Münchner
Kempinski) - an sogenannten "hot spots" - installiert. Mittels eines W-LANfähigen Laptops und einer Zugangskennung kann man sich innerhalb des durch
das W-LAN abgedeckte Gebiet leitungsungebunden z.B. ins Internet einwählen.
Man sollte W-LAN allerdings nicht zur Alternative zum UMTS-Netz hochstilisieren, denn für den flächendeckenden Betrieb ist es kaum geeignet. Eine
weitere beachtenswerte Funktechnologie für den Zugang zum Internet, für die
"letzte Meile" und für die in Zukunft mit Sicherheit sich ausbreitenden Netzwerke in Privathäusern ist es in jedem Fall. Zukünftig wird Wireless LAN als
HiperLAN auf Basis des fortentwickelten IEEE 802.11a Standards im 5 GHz
Frequenzbereich eine Datenrate bis zu 25 Mbit/s erreichen können.
Bluetooth nutzt das gleiche Frequenzspektrum wie Wireless LAN hat allerdings nur eine Reichweite von 0,1 bis 10 m (Novak 2000). Die Datenrate soll
700 kbit/s erreichen. Das Anwendungsspektrum liegt in der "persönlichen
Mikrozelle" (Novak), verbindet nicht nur den Laptop kabellos mit seinen Peripheriegeräten (Drucker, Modem, Maus, Headset etc.), sondern die Vorstellung
ist z.B. auch, dass das Mobiltelefon die empfangenen E-Mails gleich an den
Laptop überträgt oder die digitalen Bilddaten aus der digitalen Kamera gleich
über das Handy und das Internet auf die eigene Festplatte zu Hause geschickt
werden. Bluetooth könnte insbesondere bei der Entwicklung neuer, kommerzieller
Informationsdienste eine gewisse Rolle spielen.
28
4. Der Mobilfunk als Kommunikationsinfrastruktur für den E-Commerce
In ganz andere Dimensionen reichen die satellitengestützten, mobilen
Funksysteme. Sie überbrücken einige Tausend Kilometer und können weltweit
für Sprach- und Datendienste genutzt werden. Dabei werden im Gegensatz zu
den geostationären Rundfunksatelliten (z.B. Astra) erdnahe Satelliten eingesetzt
("LEOs", low earth orbit). Die Gründungseuphorie von Mitte der 90er Jahre
des letzten Jahrhunderts ist mittlerweile wieder deutlich abgeflacht. Einige der
damals stark beachteten Vorhaben werden gar nicht (z.B. Odyssey) oder nicht
in dem geplanten Ausmaß (Teledesic) verwirklicht. Mehr oder weniger alle
haben mit großen wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen (s. Kasten). Der
jüngste Fall einer Unternehmenspleite (Gläubigerschutz nach Artikel 11 des
US-Konkursrechts) traf den Satellitenfunkbetreiber Globalstar im Februar 2002,
der mit 66.000 Kunden und Schulden von 3,4 Mrd. US $ seine Gläubiger nicht
mehr bedienen konnte.
Iridium: Aufstieg, Fall und Wiederauferstehung
Am 17.03.2000 stellte Iridium den kommerziellen Betrieb seines weltweiten
Satelliten-Telefondienstes nach kaum eineinhalb Jahren ein. Die damaligen
50.000 Kunden reichten nicht, um das Unternehmen vor der Pleite zu bewahren. Allein die Betriebskosten beliefen sich auf 10 Mio. US $ im Monat.
Rund 5 Mrd. US $ hatten Motorola, der amerikanische Milliardär Craig
McCaw u.a. in dieses Projekt investiert. 66 erdnahe Satelliten (und 7 Ersatzsatelliten) wurden auf ihre Laufbahn um die Erde gebracht. Im November
2000 drohte Motorola die endgültige Abschaltung des Systems an. Durch eine Neugründung des Unternehmens "Iridium Satellite" verbunden mit einem
Großauftrag des US-amerikanischen Department of Defense über 72 Mio. US $
konnte dies verhindert werden. Im März 2001 wurde der öffentliche, kommerzielle Betrieb wieder aufgenommen (http://www.iridum.com).
4.2
Technische Weiterentwicklung der GSM-Mobiltelefonie
Nach dieser knappen Übersicht über eine Reihe von mehr oder weniger spezialisierten Funktechnologien gilt es, die zellularen Mobilfunknetze nach dem
GSM-Standard genauer zu betrachten. Von ihrer internationalen und nationalen
Abdeckung wie auch der massenhaften Verbreitung im Bereich des Mobilfunks
her stellen sie die derzeit zentrale Technologie dar. In Deutschland gibt es
29
II. Kommunikationsinfrastrukturen für den E-Commerce
mittlerweile mehr GSM-Mobilfunktelefone als Festnetzanschlüsse. Im Jahr 2000
verdoppelte sich die Anzahl der GSM-Kunden von 23,4 auf 48,2 Mio. Diese
Entwicklung war in erster Linie begründet im Angebot sehr günstiger Mobiltelefone für Prepaid-Teilnehmer. Der Anteil der Prepaid-Teilnehmer an allen
Handy-Nutzern stieg von 15 % im Jahr 1998 auf etwa 65 % im Jahr 2001. Im
Jahr 2001 kamen weitere 8 Mio. Kunden hinzu, so dass es Ende 2001 56,3 Mio.
Teilnehmer in den deutschen Mobiltelefonnetzen gab (RegTP 2001a, S. 191 ff.;
RegTP 2002, S. 19 f.).
Explosionsartig und weitgehend unerwartet entwickelte sich das Verkehrsaufkommen mit Kurznachrichten (SMS). Insgesamt 11,4 Mrd. Kurznachrichten
wurden im Jahr 2000 versendet. Der Anteil von SMS am Gesamtumsatzerlös
der Mobilfunkbetreiber stieg von 3 % im Jahr 1999 auf über 10 % im Jahr 2000.
Der Bereich anderer Datendienste wie HSCSD und GRPS, wir kommen darauf
gleich zurück, betrug im ersten Quartal 2001 erst 0,5 % (RegTP 2001a, S. 194.).
An der überraschenden SMS-Entwicklung zeigt sich schon, dass GSM-Telefonie mehr ist als der reine Sprachdienst, obwohl der Sprachdienst immer noch
das Nutzungsverhalten dominiert. Das liegt nicht zuletzt an den begrenzten
Bandbreiten der Datendienste, die zurzeit im GSM-Netz verwirklicht werden.
Es sind in der Regel nicht mehr als 9,6 kbit/s, unter optimalen Bedingungen
auch 14,4 kbit/s (Prognos 2001, S. 46). Damit ist die Nutzung heutiger Internetdienste nur sehr begrenzt vorstellbar. Mit WAP (Wireless application protocol)
wird ein spezieller Zugang vom Mobiltelefon ins Internet offeriert. Bisher mit
wenig Erfolg, da nicht nur die angebotenen Inhalte wenig attraktiv erscheinen,
sondern auch die Darstellung auf den kleinen Handy-Displays, die langen
Wartezeiten bei der Übertragung und die relativ hohen Kosten die Nutzer eher
abschreckten. Die Nutzerzahlen für WAP lagen am Jahresende 2000 bei geschätzten 2,5 Mio. (RegTP 2001b, S. 20).
Es sind vor allem zwei neue Technologien, die das GSM-Netz für Datendienste leistungsfähiger machen: HSCSD und GPRS (Tab. 5). Die Leistungssteigerung wird dabei im Wesentlichen durch zwei Maßnahmen erreicht. Einerseits
werden durch neue Kodierverfahren mehr Daten in einen Übertragungskanal
untergebracht; andererseits werden mehrere Übertragungskanäle gebündelt. Bei
GPRS werden zusätzlich noch "Lücken" im Datenstrom ausgenutzt (Girod
2000, S. 2 f.).
30
4. Der Mobilfunk als Kommunikationsinfrastruktur für den E-Commerce
Tab. 5:
Technische Merkmale der GSM-, GSM+- und UMTS-Technologien
Merkmale
GSMStandard
maximale
Datenrate
14,4 kbit/s
57,6 kbit/s
171,2 kbit/s
384 kbit/s
2 MBit/s
typische
Datenrate
< 9,6 kbit/s
bis zu 40
kbit/s
bis zu 40
kbit/s
128-256
kbit/s
384 kbit/s
Frequenzband
900/1800
MHz
900/1800
MHz
900/1800
MHz
900/1800
MHz
2 GHz
Verbindungsart
leitungsvermittelt
leitungsvermittelt
paketvermittelt
paket- oder
leitungsvermittelt
paketvermittelt
kontinuierlich
diskontinuierlich,
burst
diskontinuierlich,
burst
diskontinuierlich,
burst
typische An- File transfer File transfer interaktiv
wendungscharakteristik
interaktiv
interaktiv
typischer
kontinuierDatenverkehr lich
GSM-HSCSD GSM-GPRS
GSM-EDGE
UMTS
typische
Tarifbasis
Zeitdauer
Zeitdauer
Datenmenge Datenmenge Datenmenge
Always-onFunktion
nein
nein
ja
ja
ja
gering
mittel
hoch
sehr hoch
Investitionsbedarf
Quelle: nach Prognos 2001, S. 51
HSCSD (High speed circuit switched data) arbeitet leitungsorientiert, wie der
Telefondienst, im Gegensatz zur paketorientierten Verbindung, die bei GPRS
eingesetzt wird. Im ersten Fall wird über die gesamte Verbindungszeit zwischen
Sender und Empfänger eine feste "Leitung" (bzw. ein Funkkanal) reserviert.
Auch wenn keine oder nur sehr wenige Daten in diesem Kanal übertragen
werden, steht diese Übertragungskapazität für die beiden Kommunikationsteilnehmer exklusiv zur Verfügung. Dies hat den wesentlichen Vorteil, dass die
Geschwindigkeit und Güte dieser Verbindung immer garantiert ist. Bei der
paketorientierten Verbindung werden die Daten in einzelne Pakete aufgeteilt,
wie dies auch im Internet geschieht. Diese suchen sich in den Lücken der zur
Verfügung stehenden Übertragungskanäle ihren Weg zum Empfänger und werden
31
II. Kommunikationsinfrastrukturen für den E-Commerce
dort wieder zusammengesetzt. Die Ausnutzung der zur Verfügung stehenden
Funkkanäle wird dadurch optimiert, die Übertragungsgeschwindigkeit und
Übertragungsgüte ist allerdings nicht garantiert.
Bei HSCSD kann das übertragbare Datenvolumen asymmetrisch konfiguriert
werden: ein höheres Datenvolumen "downstream" zum Kunden, ein geringeres
Datenvolumen "upstream" zum Server. Theoretisch können über die Bündelung
von maximal vier GSM-Kanälen 57,6 kbit/s übertragen werden, eine Bandbreite
vergleichbar dem gegenwärtigen Modemzugang im Festnetz. In der Praxis
werden solche Werte gegenwärtig nicht erreicht. Dies hängt mit der Leistungsfähigkeit der Endgeräte, der Konfiguration der Netzbetreiber und der aktuellen
Auslastung und Qualität des Übertragungsnetzes zusammen. In Abhängigkeit
von der Verkehrslast im GSM-Netz werden die Kanäle für HSCSD dynamisch
gebündelt. Für die Nutzung von HSCSD sind neue Endgeräte und SoftwareAktualisierungen in den Vermittlungsstellen (MSC) notwendig, aber keine neue
Sendetechnik.
GPRS (General packet radio service) unterscheidet sich hinsichtlich der
Verbindungsart grundsätzlich von HSCSD (und GSM). Übertragen werden im
GSM-Netz, wie im Internet, einzelne Datenpakete. Eine dauerhafte Verbindung
zwischen Sender und Empfänger existiert nicht. Damit ist gerade bei netztypischem stark unregelmäßigem Datenaufkommen ("burst") eine effizientere
Ausnutzung des Frequenzspektrums gewährleistet. Zwei weitere wichtige
Neuerungen sind mit dieser Art der Verbindung verbunden. Das GPRS-Telefon
kann immer im Netz eingebucht sein ("always on"), da, und dies ist die zweite
Neuerung, auch die Preisstruktur eine andere ist. Es wird nicht wie bisher
zeitabhängig, sondern es werden die übertragenen Datenpakete abgerechnet.
Mit GPRS sind theoretisch Datenübertragungsraten von bis zu 171,2 kbit/s erreichbar. 2 Wie bei HSCSD werden neue Endgeräte benötigt, zusätzlich aber
auch im GSM-Netz neue Hardwareelemente, die GPRS Support Nodes. Die
Kosten für die Aufrüstung des D1-GSM-Netzes für GPRS wurden von deren
Betreiber T-Mobil mit 300 Mio. DM angegeben (Prognos 2001, S. 46 f.).
Beide noch zur zweiten Generation der Mobilfunktechnik (G2+) gerechneten
Übertragungsverfahren befinden sich in der Phase der Markterschließung. Dazu
gehört, dass die Preismodelle noch reichlich unübersichtlich sind (Tab. 6). Im
normalen GSM-Netz muss man heute für den WAP-Zugang bei einer Übertragungsrate von maximal 14,4 kbit/s in der Regel 0,39 DM pro Minute bezahlen.
2
32
Bei vollständiger Nutzung aller acht möglichen Zeitschlitze und dem CS4 Codierungsschema mit
21,4 kbit/s.
4. Der Mobilfunk als Kommunikationsinfrastruktur für den E-Commerce
Tab. 6:
Anbieter, Dienste und Tarifübersicht zu GPRS und HSCSD
Standard
Tarif
Geschwindigkeit
Grundpreis
Verbindungspreis
T-D1
GPRS
Eco
bis zu
40 kbit/s
0,49 DM pro Nutzungstag, 0,69 DM pro 10 KB
kein Monatspreis
GPRS
Pro
bis zu
40 kbit/s
19,95 DM pro Monat
WAP-Nutzung (nur WML-Seiten):
0,19 DM pro 10 KB 1 MB pro
Monat inklusiv;
Internet (mit Laptop oder PDA):
0,07 DM pro 10 KB zzgl.
0,49 DM pro Nutzungsstunde
D2 Vodafone
GPRS
World L bis zu
28 kbit/s
19,95 DM pro Monat,
11,50 DM Anschlussgebühr
0,19 DM pro 10 KB 1 MB
inklusiv
GPRS
World
by Call
kein Grundpreis, keine
Anschlussgebühren
0,69 DM pro 10 KB plus 0,04 DM
pro angefangene Stunde online
HSCSD
D2
38 kbit/s
HSCSD
1,95 DM pro Monat,
11,50 DM Anschlussgebühr
jeweiliger D2-zu-D2-Tarif
GPRS
E+
GPRS
bis zu
20 kbit/s
kein Grundpreis, keine
Anschlussgebühren
0,60 DM (Privat-Tarife), 0,69 DM
(Business-Tarife) (jeweils pro
10 KB); ab dem 101. KB 0,20 DM
pro 10 KB
HSCSD
HSMD
38 kbit/s
pro Monat 25 DM (eigen- 0,20 DM pro Minute
ständiger Vertrag) oder
15 DM (zusätzlich zum
vorhandenen Vertrag)
bis zu
28 kbit/s
E-Plus
Viag Interkom
GPRS
GPRS I bis zu
0,49 DM pro Nutzungstag 0,09 DM pro 10 KB
26,8 kbit/s
GPRS
GPRS II bis zu
19,95 DM pro Monat
26,8 kbit/s
0,06 DM pro 10 KB
Quelle: nach Tel-tarif.de (http://www.tel-tarif.de, abgerufen am 21.12.2001)
33
II. Kommunikationsinfrastrukturen für den E-Commerce
Eine weitere Fortentwicklung des GSM-Netzes stellt EDGE (Enhanced data
rates for GSM evolution) dar. Mit EDGE lässt sich die Datenrate auf bis zu
384 kbit/s steigern (Tab. 5). EDGE setzt ganz neue Kodierungs- und Modulationsverfahren ein und erfordert nicht nur neue Endgeräte, sondern auch eine
Erneuerung der Basisstationen im GSM-Netz mit den entsprechenden Kosten.
Momentan ist zweifelhaft, ob EDGE in Europa eingeführt wird. Alle derzeitigen
GSM-Betreiber setzen auf UMTS und verfügen auch über entsprechende
UMTS-Lizenzen. Offen ist derzeit ebenfalls, ob EDGE in den USA eine Rolle
spielen wird.
4.3
Die dritte Generation des Mobilfunks: UMTS
Der Neuaufbau des UMTS-Netzes (Universal mobile telecommunications
system), die dritte Generation (3G) der Mobilfunknetze, steht in den nächsten
Jahren in Deutschland auf der Tagesordnung, nachdem die Versteigerung der
sechs UMTS-Lizenzen im Sommer 2000 insgesamt 100 Mrd. DM in die Staatskassen gespült hat. Die Lizenzen sind mit der Auflage verbunden, bis Ende
2005 50 % der Bevölkerung mit UMTS zu versorgen, und laufen Ende 2020 aus
(RegTP 2001a, S. 51). Das heißt auch, dass die Zeit für die Refinanzierung
dieser Investition plus der Investitionen in den Netzaufbau - man rechnet mit
weiteren 10 bis 15 Mrd. DM pro Netz - klar begrenzt ist. Aus Tabelle 5 können
die Leistungsparameter von UMTS im Vergleich zur 2G- und 2G+-Technik
entnommen werden.
Mit UMTS kann einem einzelnen Nutzer eine maximale Datenrate von
2 Mbit/s zur Verfügung gestellt werden, allerdings nur in bestimmten ausgewählten Bereichen (Pikozellen) wie Stadtzentren, Flughäfen oder Büro-Zentren.
Auch darf der Nutzer sich bei diesen Übertragungsraten nicht zu schnell bewegen. Realistisch sind eher Datenraten von 384 kbit/s, was immer noch etwa das
Siebenfache dessen ist, was heute ein Nutzer über Modem oder ISDN am Festnetztelefonanschluss erreicht.
Nach dem Abklingen der Aktieneuphorie am Neuen Markt und der Korrektur
der übersteigerten Erwartungen in E- und M-Commerce im Jahr 2001 werden
die Chancen von UMTS teilweise sehr kritisch diskutiert. UMTS scheint, in der
Sicht mancher Experten, eingeklemmt zwischen dem noch längst nicht ausgeschöpften Potenzial der GSM- und 2G+-Netze, der bereits in der Entwicklung
befindlichen noch leistungsfähigeren vierten Generation (4G) der Mobilfunktechnik und der Suche nach einem tragfähigen Geschäftsmodell.
34
4. Der Mobilfunk als Kommunikationsinfrastruktur für den E-Commerce
Allein die Kapitalbelastung wird pro (potenzieller) Kunde auf 20-30 DM pro
Monat geschätzt (an de Meulen 2000). Nach Angaben von MobilCom, einem
der sechs Lizenznehmer, werden monatliche Einnahmen pro UMTS-Nutzer von
160 DM benötigt. Dabei ist die Vorstellung, dass der Kunde 100 DM über
direkte Gebühren bezahlt und 60 DM über Werbung und Provisionen der Industrie eingespielt wird (com!online 1/2001, S. 158). In dieser Größenordnung
liegt tatsächlich auch der Preis, mit dem die japanische NTT Docomo mit ihrem
Foma genannten UMTS-Dienst im Herbst 2001 nach einigen Verzögerungen im
Großraum Tokio als erste auf den Markt gegangen ist. Das Monatsabonnement
für Foma kostet 220 DM, die Endgeräte kosten zwischen 750 und 1.100 DM
(Computerwoche 28(2001)41, S. 10). Generell geht man davon aus, dass Japan
im Mobilfunkbereich deutlich vor Deutschland und Europa führt, während die
USA noch hinter Europa zurückliegen.
Die Überlegungen von MobilCom zeigen schon, dass das Geschäftsmodell
für UMTS nicht mehr allein auf dem reinen Telefoniedienst beruhen kann. Das
macht UMTS als E-Commerce-Plattform interessant. Neben Kommunikationsdiensten, zu denen sowohl Sprach- als auch multimediale Nachrichtendienste
(MMS) gehören, treten Inhalte (content) und Transaktionsdienste (M-Commerce)
hinzu. Die Hoffnung, die eine bahnbrechende "Killerapplikation" für UMTS zu
finden, hat sich bisher jedoch noch nicht erfüllt.
Nach einer bundesweiten Expertenumfrage des Internet-Verbands Eco wurden das Telefonieren mit der parallelen Übertragung persönlicher Bilder - also
eine Art abgespeckte Bildtelefonie - und multimediale Nachrichtendienste
(MMS) mit 71 % als besonders erfolgsversprechend gewertet. 63 % setzen auf
"intelligente" Stadtpläne, 50 % auf Videoclips und 38 % auf digitale Fotoalben.
50 % der Befragten erwarten, dass sich UMTS ab 2005 im Markt entwickeln
wird, 25 % sehen allerdings schon heute in UMTS einen Flop (ECIN Spotlight
12.09.2001). Andere Dienste für UMTS sind z.B. Informationsdienste aller Art,
Organisationsanwendungen wie Kalender, Projektkoordination, Aufgabenlisten,
der Verkauf von Flug-, Fahr- und Eintrittskarten, bankbezogene Dienste aller
Art, interaktive Spiele, Fernüberwachung und Ferndiagnose (Expertenrat). Ein
Teil dieser Anwendungen ist auch ohne UMTS auf Basis von GPRS oder
HSCSD vorstellbar. Für das "Streaming" von Filmen gilt UMTS dagegen als
noch zu schwach entwickelt, die Übertragung von Radioprogrammen, Musik
und Hörbüchern könnten dagegen weitere interessante Anwendungen sein (an
den Meulen 2000).
Auf absehbare Zeit wird UMTS GSM nicht einfach ablösen, sondern ergänzen.
Nur auf Basis der Mitnutzung der GSM-Abdeckung und mit Mobiltelefonen,
35
II. Kommunikationsinfrastrukturen für den E-Commerce
die beide Standards unterstützen, ist eine flächendeckende Erreichbarkeit gewährleistet (Kreutzer 2001). Dabei sind die Ausgangsbedingungen für die sechs
Lizenznehmer extrem unterschiedlich. Vier von ihnen verfügen bereits über ein
GSM-Netz und einen entsprechenden Kundenstamm. Ihnen wird es leichter
fallen, das UMTS-Netz mit dem vorhanden Netz zu verknüpfen, vor allem aber
auch ihre Kundenbasis für den Übergang auf UMTS vorzubereiten. Die "alten"
Mobilfunkbetreiber haben allerdings auch ein Interesse daran, ihre Investitionen
in die Aufrüstung der GSM-Netze mit HSCSD und GPRS solange zu vermarkten,
bis sie sich ausgezahlt haben, bevor mit UMTS bereits eine neue Innovationswelle über die vielfach überforderten Verbraucher hereinbricht. Aus diesem Lager
kommen vereinzelt auch Stimmen, dass man mit der Einführung von UMTS
lieber noch etwas hätte warten sollen. Die restlichen zwei Lizenznehmer sind
neu im Mobilfunkgeschäft. Für sie kommt es darauf an, den Markt mit interessanten Funktionen möglichst früh zu besetzen.
Für die hier zu diskutierende Frage, welche E-Commerce-Plattform auf
welcher Kommunikationsinfrastruktur sich etablieren wird, ist das Betreibermodell für UMTS-Dienste von großer Bedeutung. Im Prinzip stehen sich zwei
Modelle gegenüber: einerseits ein geschlossenes, zentrales Modell, wie wir es
von Btx oder dem erfolgreichen japanischen I-Mode kennen, andererseits eine
dezentrale, offene Struktur, vergleichbar dem Internet. Mit "Portalen" a la
Jamba wird versucht, ein mobiles Diensteangebot aus einer Hand zu etablieren
und den Nutzer nicht zuletzt auch durch technische Maßnahmen - trotz der
prinzipiellen Offenheit des mobilen Netzangebots - an dieses Portal zu binden
(s. Kasten).
Mobile Portale: Der nächste Hype oder die Zukunft?
Auszüge aus einem Interview mit Oliver Samwer, Mitbegründer von Jamba!
COMPUTERWOCHE Nr. 49 vom 08.12.2000
CW: Was für Inhalte bieten Sie Ihren Kunden?
Samwer: Auf unserem Portal kann der mobile Web-Zugang personalisiert werden.
Der eine will beispielsweise Nachrichten oder Informationen von "Focus" oder
"Handelsblatt" und möchte im Shopping-Bereich vielleicht noch auf Amazon.com
für den Einkauf von Büchern zugreifen. Ein anderer Nutzer bevorzugt die MTVNews, den Party-Radar und vielleicht Klingeltöne und Logos.
CW: Ist das Portal schon in Betrieb?
Samwer: Das Portal steht. Es ist das in Deutschland derzeit umfassendste WAPund SMS-Portal. Wir haben ungefähr 180 WAP-Dienste und 400 SMS-Kanäle.
36
4. Der Mobilfunk als Kommunikationsinfrastruktur für den E-Commerce
Das "Handelsblatt" liefert journalistische Inhalte, Onvista erlaubt dem Handy-User,
Börsencharts anzuschauen etc. Mit Onvista etwa entwickeln wir ein PortfolioInstrument, das den Kunden über WAP oder SMS einmal pro Woche oder jeden
Abend oder wann immer sie wollen ihren Depotauszug übermittelt. Außerdem gibt
es einen Link zu einem Broker, damit Transaktionen abgewickelt werden können.
CW: Vorhandenen Content für den Konsum übers Handy aufzubereiten gilt als eine
Sisyphusarbeit...
Samwer: Sie können allen Content, der heute im Internet verfügbar ist, in die
Tonne werfen. Sie müssen richtig umschreiben.
CW: Im Markt für mobile Portale gibt es ein Hauen und Stechen. Jeder möchte
das Yahoo im Handy- und Handheld-Markt werden.
Samwer: Das stimmt, aber nur sehr wenige können das schaffen. Unser Portal ist
auf vielen Handies, die Sie im Laden kaufen können, voreingestellt. Sie legen die
SIM-Karte ein, drücken auf Menü und Services, dann kommen Sie auf das Portal.
CW: Können Anwender ihre Startseite dann nicht beliebig wechseln?
Samwer: Wenn auf einem Gerät ein Portal wie die Jamba-Startseite vorinstalliert
ist, müssten Sie sehr viel klicken und dann noch etliche Daten eingeben, um das
zu ändern. Homepage, Connection Type, Security, Dial-up-Nummer, IP-Adresse,
Authentifizierung und vieles mehr.
CW: Wie lässt sich mit einem mobilen Portal Geld verdienen? Bisher ist die Bereitschaft, für Online-Informationen zu zahlen, nicht besonders ausgeprägt. Und
der Werbekuchen dürfte ebenfalls schnell verteilt sein.
Samwer: Der Vorteil am Mobiltelefon ist, dass die Kunden eine simple Rechnung
zugestellt bekommen. Die trudelt per Post ein, und der Kunde zahlt. Auf Einzelposten achtet er weniger, das geht schon mal unter. Klingelton für 99 Pfennig, da
überlegen junge Handy-Besitzer nicht lange. Anders als im E-Commerce wird der
Kunde über seine Telefonnummer identifiziert, er authentifiziert sich mit der PIN
und kauft darüber ein - wir werden das im Januar zeigen. Dann wird es bei uns so
laufen, dass zum Beispiel das Spiel Schiffe versenken über WAP-GPRS 20 Pfennig kostet.
CW: Inwieweit unterscheiden sich die Surf-Gewohnheiten von Internet-Nutzern
am PC und am Handheld?
Samwer: Auf die Dienste wird sehr oft zugegriffen, aber immer nur sehr kurz.
Das wird nicht wie im Internet sein, wo man sich abends hinsetzt und eine Stunde
surft. Man fragt kurz ab, was es im Kino gibt, wie Bayern München gespielt hat
etc. Es werden im Jahr 2003 sicher nicht sehr viele Leute im Café sitzen und sich
per Handy bei Amazon.com durchwühlen, um ein Buch zu bestellen. Vielmehr
werden die Leute digitalen Content nutzen. Einmal den Platow-Brief lesen kostet
20 Pfennig. Digitale Güter, besonders zeitkritische und lokalisierte Informationen,
werden konsumiert. Da spielt sich M-Commerce wirklich ab. Der Handel mit physischen Gütern wird im M-Commerce viel geringer sein.
Abschließend soll auf ein Thema im Zusammenhang mit Mobilfunk, insbesondere auch mit UMTS hingewiesen werden: die Strahlenbelastung durch die
Endgeräte und an den Antennenstandorten. Die Diskussionslage erscheint bisher
als noch relativ unübersichtlich und der Forschungs- und Erkenntnisstand als
37
II. Kommunikationsinfrastrukturen für den E-Commerce
noch ungenügend. Der sich derzeit formierende Widerstand in der Bevölkerung
gegen den massiven Ausbau neuer Antennenstandorte könnte sich auch zu einer
generellen Akzeptanzkrise ausweiten. Eine offene Informationspolitik und eine
Strahlenschutzpolitik, die sich am Vorsorgeprinzip orientiert, erscheinen in
jedem Falle angebracht. Ein Monitoring-Vorhaben des TAB widmet sich diesem
Thema und wird im Herbst 2002 erste Ergebnisse vorlegen.
4.4
Vor- und Nachteile der Mobilfunknetze für den
E-Commerce
Die wichtigsten Vor- und Nachteile der Mobilfunknetze als technische Kommunikationsinfrastruktur für den E-Commerce können zusammenfassend wie
folgt dargestellt werden (in Anlehnung an Prognos 2001, S. 81 f.).
Vorteile der Mobilfunknetze ergeben sich in folgender Hinsicht:
•
•
•
•
•
Hauptvorteil der Mobilfunknetze, der ihn vor den anderen Kommunikationsinfrastrukturen auszeichnet, ist die Möglichkeit der mobilen Nutzung von
E-Commerce-Angeboten.
Das Mobilfunknetz kann sowohl als reines Zugangsnetz zum Internet dienen
als auch eine eigene E-Commerce-Plattform bilden.
Im Mobilfunk gibt es einen sich relativ klar abzeichnenden Entwicklungspfad von der 2. Mobilfunkgeneration über die 2,5. hin zur 3. Generation
mit UMTS, was die Planungssicherheit erhöht.
Die im Mobilfunk üblichen Authentifizierungsverfahren (SIM-Chipkarte)
sind in gewissem Umfang auch für E-Commerce-Anwendungen nutzbar.
Mit UMTS erhält M-Commerce eine Infrastruktur, die in erster Näherung
bei voller Mobilität die Bandbreite des heutigen Festnetzzugangs bietet.
Diese Plattform wird voraussichtlich ab 2005 in ausreichender Flächendeckung zur Verfügung stehen.
Problematisch sind die folgenden Aspekte:
•
•
•
38
Der Mobilfunk ist, was die Bandbreite angeht, dem Internet via Festnetzzugang unterlegen. Dies gilt heute und auch für die Zukunft.
In Abhängigkeit von den Anwendungen, Nutzungssituationen und Endgeräten
(z.B. Handy, Laptop) wird die Aufbereitung der Anwendungsoberflächen
und Inhalte in verschiedenen Formen erfolgen müssen.
Nicht jede Variante des E-Commerce, die im Internet möglich ist, lässt sich
auch in Mobilfunknetzen sinnvoll verwirklichen.
4. Der Mobilfunk als Kommunikationsinfrastruktur für den E-Commerce
•
•
•
•
5.
Die Nutzungs- und Zahlungsbereitschaft für mobile E-Commerce-Dienste
sowie ihre genaue Profilierung ist unsicher.
Im Mobilfunk gibt es unterschiedliche, teilweise konkurrierende Technologien und Entwicklungspfade. Das Risiko, dass eine dieser Technologien
am Markt scheitert, ist immer gegeben.
Der Bereich des Mobilfunks ist stark politisch reguliert (z.B. Frequenzvergabe). Dies kann für die autonome Entwicklung des Bereiches eine
Störgröße darstellen.
Noch ungeklärte Risiken des mit dem Mobilfunks verbundenen "Elektrosmogs" (elektromagnetische Unverträglichkeit) sind ein Unsicherheitsfaktor
für die weitere Entwicklung des Mobilfunkmarktes.
Digitale Rundfunk-Netze als Kommunikationsinfrastruktur für den E-Commerce
Die als dritte Infrastruktur zu betrachtenden Rundfunk-Netze unterscheiden
sich von den beiden vorherigen in einer Beziehung grundlegend: Die Rundfunk-Netze, egal ob terrestrisch (über die Haus- oder Zimmerantenne), Kabel
oder Satellit, sind reine Verteilnetze, die von einer Sendezentrale die gleichen
Inhalte zur gleichen Zeit an viele Teilnehmer senden ("broadcast"). Eine
Kommunikation zwischen Sender und Empfänger, wie dies für das Internet und
die Mobilfunktechnologien typisch ist, findet nicht statt. Dies wäre aber Voraussetzung dafür, dass die Rundfunk-Netze für den E-Commerce genutzt werden
könnten.
5.1
Rundfunkverteilkabel - breitbandig, aber nicht interaktiv
Eine interaktive Aufrüstung mit einem "Rückkanal" ist am ehesten im Breitbandkabel vorstellbar. Über das Kabel werden auch die meisten Haushalte
versorgt. Nach Umfragen des Instituts für Demoskopie Allensbach (2001, S. 141)
betrug der Anteil der Haushalte mit Fernsehempfang 98,8 %. 53 % sind an das
Kabelnetz angeschlossen, 42 % erhalten via Satellit ihre Fernsehprogramme
und nur noch 6,5 % sind normale Antennenempfänger (terrestrisch). 3 Die folgende Darstellung konzentriert sich deshalb auf das Breitbandkabel.
3
Mehrfachantworten möglich, deshalb mehr als 100 %.
39
II. Kommunikationsinfrastrukturen für den E-Commerce
Dass heute die Übertragung im Kabel (und vom Satellit) immer stärker digital
erfolgt, ändert an der grundlegenden Verteilstruktur zunächst nichts. Mit der
Digitalisierung wird nur eine andere Kodierung der gleichen Inhalte erreicht,
die allerdings den wichtigen Vorteil hat, dass sie die zur Verfügung stehenden
Übertragungskapazitäten erheblich sparsamer nutzt. Durch die Komprimierung
der digitalen Fernsehsignale nach dem MPEG-Standard und durch angepasste
Modulationsverfahren lässt sich die Kanalzahl im Kabel etwa um den Faktor 6
erhöhen. Durch eine Erweiterung des genutzten Frequenzspektrums könnten so
die alten analogen Fernseh- und Rundfunkprogramme (jeweils ca. 30) und
zusätzlich bis zu 650 digitale Fernsehprogramme übertragen werden (Böttle
2000, S. 115).
Interaktion über das Kabelnetz ist kein neues Thema. Bereits im Vorfeld
der Einführung des Kabelnetzes in Deutschland gab es in den 70er Jahren die
Propagierung des "Rückkanals", ein "Mythos", wie sich herausstellte, der damals
weder technisch realisierbar war noch wirklich gewollt wurde (Kleinsteuber
1994). Das Rundfunkkabelsystem wurde dann ab 1983 als reines Breitbandverteilnetz auf Basis eines Kupfer-Koaxialkabels im Eigentum der damaligen
Deutschen Bundespost großflächig ausgebaut. Damit weist Deutschland heute
im europäischen Vergleich mit 72 % anschließbaren Haushalten nach Belgien,
den Niederlanden, der Schweiz und Dänemark eine Spitzenposition auf. Mitte
der 90er Jahre - vor der dann folgenden Internet- und E-Commerce-Euphorie lebte die Diskussion um das interaktive Fernsehen unter der Überschrift "Multimedia" erneut wieder auf (Riehm/Wingert 1995). Gedacht war an Video-onDemand und die ganze Palette der interaktiven Dienste, die heute auch wieder
auf der Tagesordnung stehen. Die teilweise großangelegten Pilotversuche zum
interaktiven Fernsehen wurden wieder eingestellt (z.B. Time Warners Full Service Network in Orlando, Texas) oder kamen, wie in Stuttgart, gar nicht erst in
den Betrieb (Riehm 1997 sowie weitere Beiträge im Schwerpunkt "Theorie und
Praxis der Informationsgesellschaft" der TA-Datenbank-Nachrichten).
5.2
Verkauf des Kabelnetzes durch die Deutsche Telekom
Was hat sich seitdem geändert, warum sollte es heute anders laufen? Abgesehen
von technischen Fortschritten, die das eine oder andere technische Hindernis
aus dem Weg geräumt haben, unterscheidet sich die Situation heute von der
Situation Mitte der 90er Jahre strukturell. Die Deutsche Telekom, als Nachfolgerin des staatlichen Monopolbetriebs Deutsche Bundespost, verfügte damals
40
5. Digitale Rundfunk-Netze als Kommunikationsinfrastruktur für den E-Commerce
noch sowohl über das (schmalbandige, aber interaktive) Telefon-Vermittlungsals auch das (breitbandige, aber nicht interaktive) Rundfunk-Verteilnetz (auch
Breitbandkabelnetz, kurz: BK-Netz). Diese Situation, dass ein Unternehmen
praktisch flächendeckend über die beiden wichtigsten Kommunikationsinfrastrukturen eines Landes verfügt, war im internationalen Vergleich relativ einmalig. Da ein aufgerüstetes BK-Netz auch für den Sprachdienst (Telefonie)
zum Einsatz kommen und darüber die Wettbewerbssituation beim Zugang zum
Endkunden ("letzte Meile") entscheidend verbessert werden könnte, machte die
Europäische Kommission die Auflage, dass die Deutsche Telekom sich von
ihrem BK-Netz trennen müsse. Diese "Entflechtung" wurde im Sommer 2001
mit der Veräußerung der letzten regionalen Kabelnetz-Gesellschaften der Deutschen Telekom an einen privaten Investor, Liberty Media, abgeschlossen (Tab. 7).
Tab. 7:
Käufer des deutschen Kabelnetzes
Käufer
Liberty Media, Denver
(John Malone)
Unternehmensnamen
unbekannt
Abdeckung
alle Bundesländer au- Hessen
ßer Hessen, NRW und
Baden-Württemberg
NRW, BadenWürttemberg
Anteile des
Käufers
100 %
65 %
55 %
geschätzter
Kaufspreis
5,5 Mrd. Euro
1 Mrd. Euro
4,6 Mrd. Euro
Versorgung 14,8 Mio. anschließvon Wohnbar, 10,4 Mio. angeeinheiten auf schlossen
Netzebene 3
Klesch, britisches
Konsortium unter
Führung von NTL
Iesy (eKabel - Kabel
Hessen GmbH Co.
KG)
Callahan Associates,
Denver/London
Ish, ehemals Kabel
NRW GmbH und
Kabel Baden-Württemberg GmbH
1,6 Mio. anschließbar, 9,4 Mio. anschließbar,
1,2 Mio. angeschlossen 6,5 Mio. angeschlossen
Bemerkungen laufendes Kartellver- Aufrüstung für Inter- Aufrüstung für Interfahren; keine Aufrü- netzugang und Kabel- netzugang und Kabelstung für Internetzu- telefonie
telefonie
gang und Kabeltelefonie geplant
Quelle: Woldt 2002; Meldungen in den Printmedien und im Internet
41
II. Kommunikationsinfrastrukturen für den E-Commerce
(Allerdings stand die kartellrechtliche Genehmigung bis Redaktionsschluss
dieses Berichtes im Februar 2002 noch aus und erscheint momentan sogar
als fraglich.) Die neuen Besitzer der Breitbandkabelnetze in Deutschland, im
Wesentlichen große amerikanische bzw. englische Medienunternehmen, können
nun ihre eigenständigen Interessen unabhängig von den Planungen der Telekom verfolgen (kritisch hierzu Hege 2001). Die Entflechtung der beiden Netze
soll den bisher nur schwach entwickelten Wettbewerb im Telefondienst im
Ortsbereich anregen. Das Breitbandkabel, eine entsprechende Aufrüstung vorausgesetzt, brächte den zweiten, vom Telefonfestnetz der Telekom unabhängigen Zugang zum Endkunden für die Wettbewerber. Schließlich, und damit
zusammenhängend, werden breitbandige Zugänge zum Internet gesucht. Das
aufgerüstete Breitbandkabel stellt prinzipiell eine Lösung für diese Anforderung zur Verfügung.
5.3
Technik und Marktstruktur des Kabelnetzes
Betrachten wir das Breitbandkabel von seiner Technik und von seinen Marktgegebenheiten her etwas genauer (Prognos 2001, S. 69 ff.).
Die Kabelnetze haben eine hierarchische, baumartige Struktur. Sie bestehen
heute meistens aus Glasfaserkabel in den Weitverkehrsübertragungsstrecken
und Kupfer-Koaxialkabel im Nahbereich (HFC, hybrid fiber coax). Etwa 500
Haushalte hängen an einem gemeinsamen Koaxialkabelstrang ("shared medium").
Mehrere Koaxialkabel enden in einem Verteilpunkt, der mit einem Knoten (für
mehrere Verteilpunkte) verbunden ist. Hier findet meistens der Übergang vom
Koaxialkabel zur optischen Faser statt. In Kopfstellen werden die Daten, sprich
die Rundfunkprogramme, ins Kabelnetz eingespeist. Deren Zulieferung erfolgt
über Satellit, Kabel oder Richtfunk. An dieser Stelle könnte auch die Verbindung zu E-Commerce-Servern oder zum Internet hergestellt werden.
Die Anschlussleitungen zu den Haushalten haben bisher nur eine Kapazität
von 470 MHz, die bereits vollständig mit den analogen Fernseh- und Rundfunkprogrammen belegt sind. Durch die Digitalisierung des sogenannten Hyperbandes in den 90er Jahren können zusätzlich einige digitale Fernsehkanäle verbreitet werden. Für interaktive Dienste (z.B. Internetzugang, Kabeltelefonie),
Video-on-Demand und weitere digitale TV-Programme müsste die Bandbreite
des Netzes von 470 MHz auf bis zu 862 MHz erweitert werden. Dies erfordert
die Erneuerung der Kopfstellen, der Austausch der Zwischenverstärker und der
Kabel zu den Haushalten durch 862-MHz-Kabel. Die dafür notwendigen Inves-
42
5. Digitale Rundfunk-Netze als Kommunikationsinfrastruktur für den E-Commerce
titionen - man rechnet mit Kosten von 1.000 DM und mehr pro Haushalt - lassen
sich nur über einen längeren Zeitraum und durch neue Geschäftsmodelle amortisieren (Prognos 2002, S. 69 f.).
Für die Telekom warf der Betrieb des Breitbandkabels noch nie einen Gewinn ab. 1998 konnte sie einen Umsatz von 3,5 Mrd. DM erzielen - bei einem
Verlust von 635 Mio. DM (Computerwoche 2/2001, S. 28). Dies verstärkt den
Zwang zum Ausbau der Kabelnetze für neue interaktive Dienste durch die neuen
Eigentümer. Die Alternative, verstärkt auf Einnahmen durch Pay-TV zu setzen,
was keinen Rückkanal erfordern würde, stellt sich gerade in Deutschland bei
dem im europäischen Vergleich außerordentlich vielfältigen Angebot im
"Free-TV" als besonders schwierig dar (BAH 2000, S. 111 ff.; Pospischil 2001,
S. 154 ff.; TAB 2001b, S. 183 ff.).
Das deutsche Kabelnetz weist eine weitere Besonderheit auf. Die Betreiber
der Netzebene 3 (Kabelverteilnetze bis zur Grundstücksgrenze) und der Netzebene 4 (Hausverteilanlagen) sind in vielen Fällen nicht identisch. 4 Auf der
Netzebene 3 hatte die Telekom das nationale Monopol, nun abgelöst durch
regionale Monopole der oben aufgeführten Unternehmen. Auf der Netzebene 4,
die mit dem Zugang zum Endkunden verknüpft ist, verfügt die Deutsche Telekom (und in deren Folge die neuen Kabelbesitzer) nur über rund ein Drittel
(6,1 Mio. Haushalte) der Kabelanschlüsse, während die restlichen zwei Drittel
(12 Mio. Haushalte) von "privaten" Kabelnetzbetreibern und großen Wohnungsgesellschaften bewirtschaftet werden (Braun 2000; Hanekop/Wittke 2001;
Pospischil 2001; Woldt 2002, S. 36). Die Betreiber der vierten Ebene - zu den
wichtigsten mit jeweils mehr als 1 Mio. Kunden gehören u.a. Telecolumbus,
TSS, Bosch und Primacom - sind bei allen technischen und geschäftlichen
Maßnahmen mit einzubeziehen. Für diese eröffnet sich nun aber auch eine
neue Alternative zum Monopolanbieter der Ebene 3. Durch die Installation
eigener Kopfstationen, die via Satellit oder durch neue City-Carrier gespeist
werden, können diese Kabelnetzbetreiber der Netzebene 4 sich gegebenenfalls
den Vorlieferanten aussuchen (Braun 2000, S. 79). In dieser komplizierten
Situation ist es nicht verwunderlich, dass die neuen großen Kabelbetreiber der
Ebene 3 versuchen, ihren Endkundenkontakt und die Kontrolle über das gesamte
Netz durch Aufkäufe von Betreibern der Ebene 4 auszuweiten.
4
Zur Netzebene 1 gehören die Fernseh- und Hörfunkstudios und zur Netzebene 2 die Verteilwege
über Rundfunksender, Satelliten und Richtfunk sowie die Rundfunkempfangsstelle zur Bündelung der Programme (Woldt 2002, S. 34).
43
II. Kommunikationsinfrastrukturen für den E-Commerce
Momentan kommt der Kabelausbau in den Gebieten besonders gut voran, in
denen die Kabelnetzbetreiber der Ebene 3 auch weitgehend die Ebene 4 kontrollieren oder wo die Betreiber der Ebene 4 regional eine so starke Position
besitzen, dass sie eigenständig diese Aufgabe in Angriff nehmen können
(Hanekop/Wittke 2001, S. 167).
Tabelle 8 gibt eine Übersicht der wichtigsten derzeit verfügbaren Angebote
mit einem schnellen Internet-Zugang über das Kabelnetz. Ende 2001 hätten
prinzipiell etwa 750.000 Haushalte solche breitbandigen Internetzugänge über
die Kabelfernsehnetze nutzen können; tatsächlich angeschlossen waren jedoch
nur etwa 30.000 Haushalte (RegTP 2002, S. 15).
Tab. 8:
Internet per Kabel in Ballungszentren und großen Städten
Unternehmen
Verfügbarkeit
Grundgebühr/Monat
Geschwindigkeit
Ish
Düsseldorf, Neuss,
Köln
78 DM
2 Mbit/s downstream,
512 kbit/s upstream
TeleColumbus/Infocity
Berlin, Bochum,
Cottbus, Düsseldorf,
Gelsenkirchen, Gladbeck, Köln, Rostock
60 DM
1.024 kbit/s downstream, 256 kbit/s
upstream
PrimaCom
Leipzig, Chemnitz,
Magdeburg, Aschersleben, Naumburg,
Mainz, Wiesbaden
48 bis 77 DM
256-1.024 kbits/s
downstream, 128-256
kbit/s upstream
Kabel Medien München
Service
55 bis 90 DM
150-550 kbit/s downstream, 150-400 kbit/s
upstream
DDkom
30 bis 90 DM
1 Mbit/s downstream,
512 kbit/s upstream
Dresden
Quelle: Schmidt 2001
5.4
Vor- und Nachteile des Kabelnetzes für den E-Commerce
Die wichtigsten Vor- und Nachteile eines Ausbaus der Kabelnetze für den E-Commerce können zusammenfassend wie folgt dargestellt werden.
Für die Kabelnetze sprechen folgende Aspekte:
44
5. Digitale Rundfunk-Netze als Kommunikationsinfrastruktur für den E-Commerce
•
•
•
•
•
•
Das Kabelnetz verfügt über eine hohe Verbreitung bei den Privathaushalten.
Für die Übertragung steht eine relativ große Bandbreite zur Verfügung.
Das Kabelnetz kann den Zugang zum Internet herstellen und als eine eigene
E-Commerce-Plattform etabliert werden.
Die Verschlüsselung von Daten und Diensten ist eine etablierte Praxis,
schon im analogen Pay-TV.
Das ausgebaute Kabelnetz ermöglichte neue Bereiche der Wertschöpfung,
insbesondere für den breitbandigen Internetzugang, für Sprachdienste, E-Commerce und echtes Video-on-Demand.
Mit DVB (Digital Video Broadcasting) und MHP (Multimedia Home Platform) stehen weithin akzeptierte Standards für digitales Fernsehen und
interaktive Dienste zur Verfügung. 5
Problematisch sind die folgenden Faktoren:
•
•
•
•
•
•
Die Aufrüstung der Kabel für interaktive Dienste ist relativ teuer.
Es stehen für den schnellen Internet-Zugang (und damit für E-Commerce)
einige konkurrierende Technologien zur Verfügung.
Die Besitzstruktur und die damit verbundenen Interessenlagen in den Kabelnetzen sind relativ kompliziert, so dass es zu Umsetzungshindernissen
kommen kann.
Reine digitale Pay-TV-Dienste, auch Video-on-Demand, haben es in Deutschland bei der Fülle der frei empfangbaren Fernsehsender schwer.
Unternehmen sind üblicherweise nicht ans Kabelnetz angeschlossen.
Das Kabel unterliegt den besonderen Kompetenzen der Rundfunk-Regulierungsinstanzen (Hege 2000).
Abschließend, auch im Hinblick auf die hier nicht weiter behandelten Entwicklungen im Bereich der terrestrischen und Satelliten-Übertragung, sei darauf
hingewiesen, dass die Idee eines integrierten Rückkanals keineswegs zwingend
ist. Technisch weniger elegant, aber mit erheblich geringerem Aufwand, sind
Formen der Interaktion im Bereich des Fernsehens durch Hinzuziehung anderer
Medien denkbar. Teleshopping, die relativ erfolgreichen Verkaufssendungen
bei H.O.T. und QVC im deutschen Fernsehen, funktioniert genau so: Die Ware
wird über das Fernsehen angeboten, der Kunde bestellt über das Telefon. Da
ein Medienbruch stattfindet und keine echte Interaktion möglich ist, erfüllt dies
nicht die hier verwendete "strenge" Definition für den elektronischen Handel.
5
Vergleiche zu diesem Komplex, der in diesem Bericht nicht weiter vertieft wurde, etwa ALM
2000, S. 290 ff. sowie Prognos 2001, S. 63 ff.
45
II. Kommunikationsinfrastrukturen für den E-Commerce
Doch die Wirklichkeit hält sich bekanntlich nicht an Definitionen, sondern sucht
ihren eigenen, praktikablen Weg. Unter Hinzuziehung insbesondere von ISDNAnschlüssen lassen sich auch im Bereich der Fernseh-Satelliten-Übertragung
oder im herkömmlichen Fernsehkabel gewisse Formen der Interaktivität realisieren, die für bestimmte Anforderungen des E-Commerce ausreichend sind.
46
6. Breitbandzugang - Stand und Perspektiven
6.
Breitbandzugang - Stand und Perspektiven
Die bisherigen Betrachtungen der Kommunikationsinfrastrukturen wurden unter
dem Blickwinkel ihrer Eignung für den E-Commerce vorgenommen. Es sollte
aber ein Missverständnis dadurch nicht entstehen: E-Commerce stellt zwar eine
wichtige Anwendung und einen wichtigen Sektor der Wertschöpfung für die
jeweiligen Infrastrukturen dar, die Entwicklung dieser Infrastrukturen wird
aber durch E-Commerce (im engeren Sinne) nicht allein bestimmt. Es ist der
Wettbewerb im Sektor der Kommunikationsdienste, insbesondere auch des
Telefons, es sind Entwicklungen im Rundfunk und Medienbereich, es sind
Anwendungen im privaten, wissenschaftlichen und geschäftlichen Umfeld und
es ist die technologische Entwicklung selbst, die die weitere Entwicklung ebenfalls maßgeblich beeinflussen.
Momentan konzentriert sich die Diskussion im Bereich technischer Infrastrukturen auf den breitbandigen Zugang zum Internet und zu Medien- und
Kommunikationsdiensten wie Video-on-Demand oder Videotelefonie. Die
nächste Welle in der technischen Ausstattung von Privathaushalten - nach dem
PC und dem Online- und Internetzugang - wird der Breitbandzugang sein. Auf
Basis welcher Technologie, mit welchen Anwendungen, zu welchen Preisen
und in welchem Zeitraum dies geschehen wird, ist allerdings offen. Eine Reihe
von Studien zu den technischen, ökonomischen und regulatorischen Aspekten
der Breitbandnetze und des Breitbandzugangs ist erschienen, bei denen Fragen
des E-Commerce meist nur am Rande behandelt werden. Es werden hier eine
Studie der OECD und eine im Auftrag der EU-Kommission herausgegriffen,
die relativ aktuell und umfassend angelegt sind und im Gegensatz zu den
Studien von Beratungsunternehmen wie Forrester, Jupiter MMXI oder Gartner
frei zugänglich sind. Aus drei Gründen ist diese "Abschweifung" sinnvoll:
1. Was bisher im Wesentlichen für die Situation in Deutschland dargestellt
wurde, kann in einen internationalen Kontext eingeordnet werden.
2. Der zu einseitige Blick auf die Entwicklung der technischen Infrastrukturen
durch die "E-Commerce-Brille" kann erweitert werden.
3. Es werden die Ergebnisse von Studien zweier internationaler Institutionen
berücksichtigt, die im Bereich technischer Kommunikationsinfrastrukturen
und Informationsgesellschaft ausgesprochen ausgewiesen und anerkannt sind.
47
II. Kommunikationsinfrastrukturen für den E-Commerce
"Breitband" ist ein schillernder Begriff. Die Planungen zum integrierten
breitbandigen Fernmeldenetz (IBFN) der Deutschen Bundespost aus den 80er
Jahren sahen eine Anschlussbandbreite von 155 Mbit/s vor (Jessen 2001, S. 11;
vgl. auch Riehm 1996). Davon kann heute überhaupt keine Rede sein. "Breitband" wird heute im Wesentlichen relativ zu den gegenwärtig weit verbreiteten
Datendiensten im Festnetz, Modem und ISDN gebraucht, also im Sinne von
"mehr als" 64 kbit/s oder bei Kanalbündelung "mehr als" 128 kbit/s. Die OECDStudie definiert "broadband" als eine Technologie, die im "downstream" zum
Kunden mindestens 256 kbit/s und im "upstream" vom Kunden mindestens
64 kbit/s erreicht (OECD 2001, S. 6). Sie orientiert sich damit an verfügbaren
Technologien, wie der xDSL-Technik (Kap. II.3.1). Die Studie im Auftrag der
EU-Kommission (BDRC 2001) nimmt keine so eindeutige Grenzziehung vor,
orientiert sich aber in der Bewertung einzelner Technologien daran, ob eine
Bandbreite von 2 Mbit/s überschritten wird.
6.1
EU-Studie: The development of broadband access
platforms in Europa
In dieser im August 2001 veröffentlichten und von dem Beratungsunternehmen
BDRC, London, durchgeführten Studie (BDRC 2001), wurde eine umfassende
Bestandsaufnahme für Europa, die einzelnen europäischen Länder und die USA
und Japan, sowie eine Bewertung einzelner Technologien und eine Abschätzung der weiteren Marktentwicklung vorgenommen.
Betrachtet man den Internet-Zugang, dann dominierte im Juni 2001 in den
15 EU-Mitgliedsländern mit 25,4 % aller Haushalte die normale Telefonleitung.
6,3 % aller Haushalte nutzten für den Internet-Zugang ISDN, 1,2 % ADSL und
3,3 % den Kabelzugang. Wie nicht anders zu erwarten, gibt es deutliche Unterschiede zwischen den europäischen Ländern, was das generelle Niveau der
Nutzung des Internets angeht und was die jeweils genutzte Technologie betrifft.
Zu den Ländern, die im breitbandigen Kabelzugang zum Internet führend sind,
gehören die Niederlande mit einer Haushaltspenetration von 10,8 %, Österreich
und Belgien mit 6,4 %, Großbritannien mit 5,8 %, Schweden mit 4,4 % und Italien mit 4,2 %. Deutschland liegt mit 2,8 % im unteren Mittelfeld. 6 Führend in
6
48
Diese Zahl bezieht sich offensichtlich auf den Empfang digitaler Fernsehprogramme und nicht
auf den Internetzugang über das Breitbandrundfunkkabel. Der Interzugang über Kabel liegt tatsächlich unter 0,1 % aller Haushalte (RegTP 2002, S. 15).
6. Breitbandzugang - Stand und Perspektiven
der ADSL-Nutzung sind die Länder Belgien und Dänemark mit 3,9 %, Österreich mit 3,3 % sowie Deutschland mit 1,9 % (BDRC 2001, S. 8).
In einer Vorausschau der Nutzung von Zugangsplattformen für Privathaushalte und Klein- und Mittelbetriebe bis ins Jahr 2010 wird für Europa erwartet,
dass DSL-Techniken mit einem Anteil von 28 % an der Spitze liegen werden,
gefolgt vom Koaxialkabel (Breitbandrundfunkkabel) (20 %), kombinierten Netzen aus Glasfaser und Koaxialkabeln (HFC, hybrid fiber coax) (17 %), reinen
Glasfasernetzen (FTTH, fiber to the home) (16 %) und dem normalen Telefonanschluss mit noch immerhin 12 %. Die folgende Tabelle 9 und Abbildung 2
geben einen Überblick über den erwarteten Auf- und Abstieg der einzelnen
Technologien im Zeitablauf.
Tab. 9:
Breitbandtechnologien in Europa bis 2010
2000
2002
2004
2006
2008
2010
Andere
0
1
1
1
1
1
Satellit
0
0
1
1,5
2
2
WLL
0
1
4
6
5
4
Glasfaser
0
1
2
4
6
16
HFC
0
2
5
11
16
17
Koaxial
4
5
16
20
24
20
DSL
1
4
25
36
32
28
ISDN
11
15
5
0
0
0
Telefon
84
71
41
20
14
12
Summe
100
100
100
100
100
100
Quelle: BDRC 2001, S. 15
49
II. Kommunikationsinfrastrukturen für den E-Commerce
Abb. 2:
Breitbandtechnologien in Europa bis 2010
100
90
80
Telefon
70
60
DSL
50
40
Koaxial
30
20
HFC
ISDN
Glasfaser
10
WLL
0
2000
2002
2004
2006
Satellit
Andere
2008
2010
Quelle: nach BDRC 2001, S. 15
Ein Vergleich Japan, USA und Europa (EU15) zeigt die USA im Jahr 2000
mit 4,9 % Breitbandanschlüssen in den Haushalten und Klein- und Mittelbetrieben an der Spitze, gefolgt von Japan (1 %) und Europa (0,8 %). Nach Ansicht
der Forscher von BDRC können die USA bis ins Jahr 2003 ihren Vorsprung
weiter ausbauen mit dann 22 % Breitbandanschlüssen. Europa wird dann allerdings mit 11,1 % Japan überholt haben (7,5 %). Die führende Position der USA
wird im Wesentlichen mit dem dort besser ausgebauten und breiter genutzten
Kabelnetz erklärt. Europa holt besonders durch seine starke Position bei DSL
auf (BDRC 2001, S. 139 f.).
Interessant ist die Bewertung einiger Technologien für den Breitbandzugang. Keine Bedeutung für den Breitbandzugang (hier definiert mit mindestens
2 Mbit/s) in drei Jahren habt danach das digitale, terrestrische Fernsehen
(DTT) mit einer Bandbreite von 6 Mbit/s und einem Rückkanal über das Telefon. Ohne wirkliche Chance seien auch Satelliten-Dienste mit bis zu 2 Mbit/s
mit einem integrierten Rückkanal oder mit dem Telefon als Rückkanal. UMTS
entfällt wegen der zu geringen Übertragungsrate. Es wird davon ausgegangen,
dass mit UMTS auf absehbare Zeit nur eine Übertragungsrate von einigen
50
6. Breitbandzugang - Stand und Perspektiven
100 kbit/s zu verwirklichen ist und damit die 2-Mbit/s-Schwelle nicht erreicht
wird. Es wird aber auch generell die Frage gestellt, ob die Anforderung nach
breitbandiger, mobiler Datenübertragung an jedem Ort und zu jeder Zeit notwendig sei. Eine alternative Lösung könnten "hot spots" mit sehr hoher Bandbreite sein, in denen die benötigten Daten auf mobile Geräte heruntergeladen
werden, auf die dann (offline) unterwegs zugegriffen werden kann. Ebenfalls
aus Gründen einer zu geringen Datenrate (maximal 1 Mbit/s) wird Powerline
als Breitbandmedium keine Chance eingeräumt (BDRC 2001, S. 40 f., 141).
Technisch die optimale Lösung in Bezug auf Bandbreite, Zuverlässigkeit
und Zukunftssicherheit ist die Glasfaserverbindung bis zum Endkunden
(FTTH, fibre to the home). Nicht aus technischen, sondern aus finanziellen
Gründen wird sich der Glasfaseranschluss nicht auf breiter Grundlage durchsetzen können, so die Aussage der EU-Studie. Nur Japan gilt als Ausnahme. In
Japan hatte die Regierung bereits 1996 einen nationalen Plan für ein Glasfasernetz, das alle Haushalte und Unternehmen erreicht, verkündet. Das ehemalige
staatliche und auch nach der Privatisierung den Markt beherrschende Telekommunikationsunternehmen NTT verfolgt diesen Plan weiter. Dabei erleichtert eine japanische Besonderheit dieses Vorhaben: Die Kabel werden in den
Wohngebieten nicht unterirdisch, sondern über (vorhandene) Masten verlegt, was
die Kosten der Neuverkabelung deutlich senkt (BDRC 2001, S. 136 f. u. 141).
In Europa, so die Autoren, sei der Breitband-Markt stark zersplittert, was
eine Gefahr, aber auch eine Stärke sein kann. Die starke Zersplitterung des
Marktes könne zu weitgehend fragmentierten Breitbandinseln führen, was für
eine offene und interoperable Breitbandinfrastruktur und die darauf angewiesenen Märkte schädlich wäre. Aus der Zersplitterung könne aber auch eine Vielfalt im Wettbewerb stehender Angebote erwachsen, möglichst mit Übergängen
auf den unterschiedlichen Netzebenen, die für die Kunden ein breites Spektrum
an Angeboten zu günstigen Preisen eröffnen. Die Entwicklung des BreitbandMarktes, so die BDRC-Forscher, wird aber nicht durch das Zugangsgeschäft
bestimmt, sondern durch die Vermarktung von Inhalten. Der populärste Inhalt ist das Fernsehen; aber auch Filme, Spiele, Radio, Musik und das Web
sind vermarktbarer "Content" für die Breitbandnetze. Nur wenn interessante
Inhaltsangebote die Nutzung von Breitbandnetzen stimuliert, werde sich eine
ausreichende Nachfrage nach Breitbandzugang ergeben (BDRC 2001, S. 142).
51
II. Kommunikationsinfrastrukturen für den E-Commerce
6.2
OECD-Studie: The development of broadband access in
OECD countries
Im Mittelpunkt der OECD-Studie steht eine Betrachtung der derzeit nach
Ansicht der Autoren wichtigsten Breitbandtechnologien: DSL und Breitbandrundfunkkabel. Der Bericht enthält ausführliche Länderübersichten und eine
detaillierte Preisübersicht für DSL und den Breitbandzugang zum Kabelmodem
und diskutiert Regulierungsaspekte unter dem Gesichtspunkt der Förderung von
Breitbandtechnologien. Eine Prognose der kommenden Entwicklung wie in der
EU-Studie wird nicht vorgenommen.
Die OECD sieht die Probleme in der Entwicklung eines breitbandigen Zugangs zu den Netzwerken nicht nur auf technischer, sondern vor allem auch auf
struktureller und regulatorischer Ebene. Oft gäbe es nur eine, höchstens aber
zwei Anbindungen der Haushalte an die Netze. In einigen Fällen kämen beide
Zugangstechnologien aus einer Hand. Die wichtigste Bedingung aber, um die
Breitbandentwicklung zu fördern, sei die Etablierung von Wettbewerb zwischen verschiedenen Technologien und ihren Anbietern. In all jenen Fällen, in
denen dominante Netzbetreiber den Markt kontrollierten, sollte der Zugang für
die Mitnutzung dieser Netze für Wettbewerber (durch "unbundling" und "line
sharing") ermöglicht werden. Auch der offene Zugang zu den Kabelnetzen
müsste, je nach Marktbedingungen, gewährleistet werden (OECD 2001, S. 4).
Bei einer Untersuchung der Verbreitung der beiden zurzeit dominierenden
breitbandigen Zugangstechnologien, DSL und Kabelmodem, zeige sich ein
deutlicher Zusammenhang: Je stärker die eine Technologie verbreitet ist, desto
besser konnte sich auch die konkurrierende etablieren. Die OECD-Forscher
folgern daraus, dass die beste Bedingung für die Förderung des Breitbandzugangs die Schaffung von Wettbewerb zwischen Anbietern und Technologien
sei (OECD 2001, S. 7 ff.). 7
Bei einer Diskussion weiterer Breitbandtechnologien, von Powerline über
FTTH bis zu UMTS, kommen die Autoren zum Ergebnis, dass in einer mittelfristigen Perspektive Kabelmodems und DSL die beherrschenden Technologien
bleiben werden (OECD 2001, S. 19 f.).
Insgesamt hatten knapp 2 % der Bevölkerung in den OECD-Ländern Mitte
2001 einen breitbandigen Internetzugang (265 kbit/s downstream, 64 kbit/s
7
52
Gegen diese Technologie-Konkurrenz-These wird verschiedentlich argumentiert, dass die zahlungsbereite Nachfrage nach Breitbandtechnologien nicht groß genug ist, um den Betrieb konkurrierender Breitbandnetze zu finanzieren (Daum 2001, S. 6).
6. Breitbandzugang - Stand und Perspektiven
upstream). Es führte im Juni 2001 Korea mit 13,9 %, gefolgt von Kanada
(6,2 %), Schweden (4,5 %) und den USA (3,2 %). Die Spitzenstellung Koreas
wird auf eine den Wettbewerb fördernde Regulierungspolitik zurückgeführt.
Eine Reihe unabhängiger DSL-Netzwerkbetreiber konkurrieren gegen Kabelbetreiber (OECD 2001, S. 14 u. 16). Ein besonderer Erfolg in Korea sei IPTelephonie, das Telefonieren vom PC über das Internet zu einem anderen PC
oder einem normalen Telefonanschluss. Der entsprechende Dienst "DialPad"
hat binnen eines Jahres über 4 Mio. Nutzer gewonnen. Die Hauptattraktion ist
der günstigere Preis für das Telefonieren gegenüber der normalen Festnetztelefonie (OECD 2001, S. 33). Dass die "Killerapplikation" für den Breitbandzugang in Korea der "normale" Telefondienst ist, ist durchaus eine Überraschung
und zeigt, wie unterschiedlich die Bedingungen in den einzelnen Ländern
sind. 8 Diese Einsicht ergab sich auch schon, gerade auch für die Länder der
EU, aus der BDRC-Studie.
8
Auch in Großbritannien und den USA entwickelt sich die "Kabeltelefonie" zu einer echten Konkurrenz zum klassischen Festnetztelefon. In den USA gab es Anfang 2001 bereits 1 Mio. Privathaushalte, die über die Breitbandkabel telefonierten. In Großbritannien haben die Kabelnetzbetreiber einen Anteil von 15 % an allen Telefonanschlüssen (Neumann 2001).
53
III.
Fazit
In diesem abschließenden Teil wird zunächst eine zusammenfassende Bewertung
der drei Infrastrukturen vorgenommen, dann ein Blick in die weitere Zukunft
geworfen und schließlich auf den möglichen politischen Handlungsbedarf eingegangen.
1.
Bewertung der technischen Infrastrukturen
In Kapitel I.3 wurden die acht Anforderungskriterien an eine technische Kommunikationsinfrastruktur für E-Commerce aufgestellt und diskutiert. Tabelle 10
enthält nun eine zusammenfassende qualitative Bewertung der im Teil II diskutierten drei Infrastrukturen im Lichte dieser Anforderungen. Dabei kann angesichts der technologischen Fortschritte innerhalb jeder der drei Infrastrukturen
und angesichts der potenziell engen Verflechtung der Netze nur auf markante
übergreifende Unterschiede eingegangen werden.
Es zeigt sich, dass keine der drei Kommunikationsinfrastrukturen die definierten Anforderungen umfassend erfüllen kann. Während in Bezug auf Zuverlässigkeit und Sicherheit das Internet Defizite, in Bezug auf Flexibilität, offene
Standards, Interoperabilität und Kosten aber auch deutliche Vorteile aufweist,
ist die technische Leistungsfähigkeit (im Bereich Zuverlässigkeit und Geschwindigkeit) im Mobilfunksektor schlechter als beim Internet mit Festnetzzugang.
Dafür bietet der Mobilfunk Vorteile bei der Sicherheit (durch Verschlüsselung und Authentifizierung). Über den Mobilfunk soll ein neues Potenzial von
mobilen kommerziellen Diensten ("M-Commerce") erschlossen werden, dessen
genaue Ausprägung aber noch unklar ist. Die erwartbaren Kosten stehen unter
dem Vorbehalt bestimmter unsicherer Annahmen über die Kundenakzeptanz.
Das digitale, interaktive Fernsehen über die Breitbandkabel steht in ähnlicher Weise unter einem Finanzierungsvorbehalt. Die notwendigen hohen Investitionen müssen sich am Markt amortisieren, der wiederum nur erschlossen
wird, wenn die Kosten für den Endkonsumenten sein gegenwärtiges "Medienbudget" nicht wesentlich übersteigen. Verbessert hat sich die Lage durch den
Verkauf der Kabelnetze an von der Telekom unabhängige Investoren. Größtes
Plus gegenüber den beiden anderen Infrastrukturen stellt die Zuverlässigkeit
und hohe Bandbreite des ausgebauten Kabelnetzes dar. Die komplexen Akteursund Besitzstrukturen und die geringe Offenheit der Netze erschweren allerdings
eine koordinierte, zielgerichtete Ausbaustrategie.
55
III. Fazit
Tab. 10: Vergleichende Bewertung der drei E-Commerce-Infrastrukturen
Kriterien
Internet/Festnetz
Mobilfunk/UMTS
Digital-TV, interaktiv
Zuverlässig- Redundanz vorhankeit
den, aber Performance sinkt bei hoher Last, zukünftig
mit IPv6 verbessert
bei quasistationärer potenziell hoch
Nutzung hoch, bei
schneller Bewegung
gering
Sicherheit
und Datenschutz
auf Infrastrukturebene gering, Sicherheitsfunktionen sind
auf Anwendungsebene zu lösen, zukünftig Verbesserungen mit IPv6
teilweise gegeben
durch Verschlüsselung auf der Luftschnittstelle, eigene
Vermittlungstechnik und Authentifizierung via SIM
Geschwindigkeit und
Bandbreite
heute mittel, zukünf- heute gering,
tig hoch
zukünftig mittel
Flexibilität
und Skalierbarkeit
Flexibilität und Ska- wie Internet, wenn je nach Ausbaustand
lierbarkeit hoch
IPv6 in UMTS-Netz
implementiert wird
offene
Standards
ja
ja
teilweise vorhanden, aber
noch nicht etabliert
Zukunftssicherheit
der Planungen
grundsätzlich gegeben, aber durch dezentrale Akteure bei
Details Unklarheiten
grundsätzlich gegeben, aber durch Informationspolitik
der Akteure Unklarheiten
Planungen und Absichtserklärungen vorhanden, aber
negative Erfahrungen aus
der Vergangenheit; komplexe Akteursstruktur
Interoperabilität von
Netzen und
Anwendungen
zusammengeschaltete Teilnetze bilden
das Internet, Probleme aber beim flexiblen Zugang zur
Teilnehmeranschlussleitung
technisch möglich
und notwendig,
aber nicht automatisch gegeben
technisch möglich, aber
nicht zwangsläufig gegeben; meist regionale Infrastrukturmonopole; Wettbewerb auf Dienste/Programmebene staatlich reguliert
geringe
Kosten
mittel
vermutlich deutlich nicht bekannt, für schnelle
teurer als Festnetz Penetration niedrige Kosten
erforderlich
Quelle: nach Prognos 2001, S. 83 f.
56
Verschlüsselung und Conditional Access ist Teil der
Systemtechnik, für interaktiven E-Commerce teilweise nutzbar, Lösungen
auf Anwendungsebene
möglich
zukünftig sehr hoch
2. Ein Internet-zentriertes E-Commerce-Szenario
2.
Ein Internet-zentriertes E-Commerce-Szenario
Auf Basis der Bewertung der konkurrierenden Infrastrukturen sowie auf Grundlage weiterer Annahmen, wie zur Bevölkerungsentwicklung, zu den zeitlichen
und finanziellen Medienbudgets der Nutzer und zur allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung, entwickelte die Prognos AG ein Szenario eines Internetzentrierten E-Commerce. Alternative Szenarien, etwa mit Dominanz im Bereich
des Mobilfunks oder des interaktiven, digitalen Fernsehens, werden als weniger
wahrscheinlich angesehen und werden deshalb hier im Einzelnen nicht vorgestellt. Die Autoren gehen von den folgenden Entwicklungen innerhalb eines
Zeithorizontes bis 2010 aus (Prognos 2001, S. 84 f. u. 89 f.):
Das Internet wird die dominierende Infrastruktur für E-Commerce
•
•
•
•
•
•
•
Der PC bleibt bis 2005 das wichtigste Endgerät für den Internetzugang und
für E-Commerce. Die Ausstattung der Haushalte mit PCs wird von 42 % im
Jahr 1999 auf 70 % im Jahr 2005 anwachsen.
Die Anzahl der Haushalte mit Internetzugang wird, ausgehend von 20 % im
Jahr 1999, auf 55 bis 60 % im Jahr 2005 anwachsen.
Es erfolgen im betrachteten Zeitraum bis 2010 wesentliche Verbesserungen
in Performance, Kapazitäten und Servicequalität durch Implementierung
von IPv6.
Die Nutzer haben die Auswahl unter verschiedenen Zugangsnetzen verschiedener Bandbreite inkl. mobilem Zugang.
E-Commerce über Internet hat sich im B2B-Bereich weitgehend etabliert,
sofern Interoperabilitäts- und Sicherheitsprobleme auf Anwendungsebene
gelöst sind.
Der Preisverfall bei den Standleitungen ins Internet wird zukünftig auch für
eine bessere Internetanbindung der Klein- und Mittelbetriebe sorgen.
Die Etablierung im B2C-Bereich wird durch die Fokussierung auf PC-Nutzer
und Nutzer neuer Internet-Endgeräte (inkl. Internet-Terminals, Web-TV
etc.) begrenzt. Die erzielbare Penetration wird bis 2010 grob auf 70-80 %
der Haushalte geschätzt.
57
III. Fazit
Durch die Digital-TV-Plattform werden Zusatzpotenziale erschlossen
•
•
•
•
•
Die Anzahl der Haushalte mit Digital-TV (mit und ohne Rückkanal) wird
von 4 % im Jahr 1999 auf 25 % im Jahr 2005 ansteigen.
Der Anteil von interaktivem digitalen Fernsehen wird unter den gegebenen
Verhältnissen bis 2005 gering bleiben, und dieses wird deshalb als Infrastruktur für den E-Commerce nur von untergeordneter Rolle sein.
Digital-TV als Plattform für E-Commerce - und nicht lediglich als Zugangstechnik zum Internet - wird sich bis 2010 aufgrund der Performance
und Qualitätsvorteile bei Video- und Broadcast-orientierten Anwendungen
(z.B. Video-Downloads, Video-on-Demand) etablieren.
Die Digital-TV-Plattform erzeugt Innovationsdruck für die Internet-Weiterentwicklung, sofern sie international operiert.
Die im B2C-Bereich erschließbaren Zusatzpotenziale führen schätzungsweise zu einer Gesamtpenetration (Internet + iDTV) von 85-95 % der
Haushalte in Deutschland.
Mobiler E-Commerce über UMTS etabliert sich als wichtige Ergänzung
zum Internet-Festnetz
•
•
•
•
Die derzeit mehr als 56 Mio. Mobilfunkteilnehmer bilden ein bedeutendes
Basispotenzial für den zukünftigen M-Commerce via UMTS-Plattform.
Eine ohnehin hohe Erneuerungsrate der Endgeräte im Mobilfunk führt in
Verbindung mit der etablierten Preispolitik der Mobilfunkbetreiber zu einer
schnellen Endgeräteausstattung für UMTS.
Auch die E-Commerce-Anbieter haben großes Interesse an einer mobilen
Plattform mit hoher Kapazität und Kundenreichweite. Dies macht eine
rasche Etablierung von UMTS wahrscheinlich.
Es erscheint daher durchaus als realistisch, dass bis 2010 der Großteil der
Mobilfunkteilnehmer zumindest in geringem Umfang bzw. gelegentlich
M-Commerce-Angebote via UMTS (oder GSM/GPRS) nutzt. Grobe Schätzungen gehen für 2010 von 50-70 Mio. Nutzern in Deutschland aus. Diese
Nutzer sind aber nicht additiv zu den Internet-Nutzern zu sehen, sondern
überschneiden sich mit diesen. Der Anteil der "Nur Festnetz"-, "Nur-Mobil"bzw. "Doppel"-Nutzer ist derzeit noch nicht abschätzbar.
Eine kritische Bedingung dieses Szenarios ist, ob das Internet seine Leistungsfähigkeit in ausreichendem Maße weiterentwickeln kann oder ob es an seine
58
2. Ein Internet-zentriertes E-Commerce-Szenario
Grenzen stößt. Dies könnte sich z.B. in der mangelnden Verbesserung der Performance, der steigenden Unübersichtlichkeit der Dienste und der ungenügenden Ausschöpfung des Kundenpotenzials durch einseitige Fokussierung auf die
PC-Nutzer niederschlagen. Digitale TV-Plattformen und UMTS würden dann
an Attraktivität gewinnen. Aber auch die angenommenen Entwicklungen im
Mobilfunk- und Rundfunksektor sind keineswegs ohne Risiken.
3.
Ausblick und politischer Handlungsbedarf
In diesem Bericht wurde die Frage behandelt, welche der drei großen technischen Kommunikationsinfrastrukturen, Internet, Mobilfunk und Rundfunk, für
den E-Commerce geeignet sind, welche technologischen Entwicklungspfade in
den jeweiligen Infrastrukturbereichen absehbar sind und wie ein Technologiemix aussehen könnte, der für den elektronischen Handel einerseits geeignet ist
und worauf er sich andererseits einzustellen hat.
Für eine mittlere Zeitspanne bis 2010 wird angenommen, dass ein sich ständig
weiter entwickelndes Internet die dominierende Infrastruktur für den E-Commerce bleiben wird, ergänzt für spezielle Anwendungen um Mobilfunk (mobile
und raumbezogene Dienste) und die digitale, interaktive Rundfunkinfrastruktur
(breitbandige Mediendienste). Die Zugangsmöglichkeiten zum Internet werden
vielfältiger, und es wird sich ein breitbandiger Zugangssektor etablieren. Die
speziellen Anforderungen des E-Commerce werden von keiner der diskutierten
Technologien optimal erfüllt. Kompromisse und fallbezogene pragmatische
Lösungen sind deshalb notwendig.
Unter den "neuen" Zugangstechnologien zum Internet erscheinen die xDSLTechnik und die Nutzung des Breitbandkabels über ein Kabelmodem weltweit
wie auch in Deutschland und in einem mittleren Zeitraum als die Technologien
mit dem höchsten Verbreitungsgrad und den größten Erfolgsaussichten. Uneinheitlich sind die Einschätzungen, ob eher das Kabelmodem oder DSL die erfolgreichere Variante sein wird. Umstritten ist auch, ob die Etablierung beider
Technologien in Konkurrenz zueinander deren Nutzung insgesamt eher fördern
oder eher behindern wird. Die Dominanz von DSL und Breitbandkabel schließt
Sonderentwicklungen in einzelnen Länder und Regionen oder für einzelne Nutzer- und Anwendungssegmente nicht aus.
Eine funktionsfähige Kommunikationsinfrastruktur für den E-Commerce ist
essenziell. Aber eine exzellente Infrastruktur treibt den E-Commerce nicht
59
III. Fazit
automatisch in ungeahnte Höhen. Die Entwicklung des elektronischen Handels
ist vielmehr von weiteren Faktoren abhängig. Gleichwohl machen Entwicklungen
im Bereich der technischen Infrastrukturen bestimmte Segmente des elektronischen Handels erst möglich. Man denke an Video-on-Demand oder andere
audiovisuelle Dienste im Internet oder auch an mobile zeit- und ortsbezogene
Informationsdienstleistungen und Handelsangebote.
Wesentliche nicht-technische Faktoren der Entwicklungen im Bereich der
technischen Kommunikationsinfrastrukturen sind die Verwertungsinteressen an
den bestehenden und den potenziell neuen Infrastrukturen, der Wertschöpfungsmix zwischen Infrastrukturdienstleistung und Anwendungen bzw. Inhalten, die
Branchenstruktur und die Eigentumsverhältnisse sowie der regulatorische
Rahmen. Nur wenn man diese berücksichtigt, kann z.B. erklärt werden, dass
teilweise in anderen Ländern nicht in erster Linie Internet, E-Commerce oder
Video-on-Demand zur Hauptanwendung einer neuen technischen Kommunikationsinfrastruktur werden, sondern die altehrwürdige Sprachtelefonie.
Deutschland nimmt in Bezug auf die technischen Kommunikationsinfrastrukturen im internationalen Vergleich keine schlechte Position ein (Bitkom
2002). Deutschland ist führend beim Einsatz von ISDN und DSL. Die Haushalte
in Deutschland sind über das Telefonnetz hinaus, auf dem ISDN und DSL beruht, fast flächendeckend an das Breitbandrundfunkkabel anschließbar. Auch
dies ist im internationalen Vergleich eine gute Position. Bei der Nutzung des
Kabels für den Fernseh- und Hörfunkempfang nimmt Deutschland im internationalen Vergleich eine mittlere Position ein. In Bezug auf die Modernisierung
des Breitbandkabels für interaktive Dienste weist Deutschland einen beträchtlichen Nachholbedarf auf, was zur Folge hat, dass beim breitbandigen Zugang
zum Internet über Kabelmodems Deutschland auf einen der letzten Plätze liegt.
Mit dem Verkauf der Kabelnetze an neue von der Telekom unabhängige Betreiber gibt es aber nun eine Chance, dass Deutschland diesbezüglich aufholt.
Im Bereich des Mobilfunks hat Deutschland in den letzten Jahren seine
schlechte Position deutlich verbessert und liegt jetzt vor den USA und Japan,
wenn auch immer noch leicht unter dem westeuropäischen Durchschnitt. Mit
der Versteigerung der UMTS-Lizenzen ist auch in Deutschland die Richtung
für den weiteren Ausbau des Mobilfunks vorgegeben, ein Weg, der aufgrund der
im internationalen Vergleich sehr hohen Lizenzkosten, nicht risikolos sein wird.
Die Rolle des Staates besteht heute nicht mehr darin, das ist weitgehend
unumstritten, selbst die technische Kommunikationsinfrastruktur zu betreiben.
60
3. Ausblick und politischer Handlungsbedarf
Auf "Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft" 9 kann es der Politik
aber, nimmt sie das Ziel der Informationsgesellschaft ernst, nicht gleichgültig
sein, ob die technische Kommunikationsinfrastruktur Buckelpiste oder Autobahn ist. Wie für alle Infrastrukturaufgaben gibt es auch hier eine politische
Verantwortung für die Infrastrukturleistung und ihre Fortentwicklung. Welcher
politische Handlungsbedarf ergibt sich aus dem bisher Dargestellten? Es sollen
hier drei Aspekte abschließend besonders hervorgehoben werden.
Die politischen Initiativen zur Stärkung des Internets, wie sie in internationalen Gremien, in Gesetzen und Programmen oder in gesellschaftlichen Initiativen (z.B. der Initiative D21) zum Ausdruck kommen, sollten weitergeführt
und verstärkt werden. Die folgenden Themen stehen dabei in erster Linie auf
der Tagesordnung:
•
•
•
•
•
•
die Förderung eines erfolgreichen Migrationsweges zum Übergang auf das
neue Internetprotokoll IPv6 und die Sicherung der Offenheit und Einheitlichkeit des Internets,
die Sicherung und Fortentwicklung der besonderen Art der Steuerung des
Internets unter Berücksichtigung der besonderen Tradition des Internets
und seiner dezentralen Struktur,
die Sicherung und Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit
des Internets,
der Schutz des Internets gegen kriminelle Angriffe,
der Schutz der Privatsphäre der Nutzerinnen und Nutzer des Internets,
der Abbau der "digitalen Spaltung" in der Gesellschaft, aber auch Maßnahmen für die Sicherung der gesellschaftlichen Teilhabe für diejenigen
gesellschaftlichen Gruppen, die am Internet nicht teilhaben können oder
wollen.
Über den Horizont des gegenwärtigen Internets hinaus sollte geprüft werden,
ob sich die Politik in einer längerfristigen Perspektive nicht für eine Breitband-Initiative stark machen sollte:
•
Die noch in den 80er Jahren geführten Diskussionen über eine einheitliche
breitbandige Kommunikationsinfrastruktur sind weitgehend zum Erliegen
gekommen.
9
So der Untertitel der Enquete "Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft" des 13. Deutschen Bundestages sowie eines Sammelbandes von Tauss et al. aus dem Jahr 1996.
61
III. Fazit
•
•
Bedarf, technische Realisierbarkeit und ökonomische Finanzierbarkeit wären
im Lichte der neuen Erfahrungen mit Internet, Mobilfunk und E-Commerce
neu zu analysieren.
Die viel deutlicher akzentuierten Breitbandpolitiken in Japan und den USA
sollten genauer erkundet und auf ihre Übertragbarkeit auf die deutsche
bzw. europäische Situation geprüft werden.
Die politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen für die technischen Kommunikationsinfrastrukturen sind im Lichte der weiteren technischen und gesellschaftlichen Entwicklung auf ihre Eignung zu überprüfen.
•
•
•
•
62
Die weitere Vereinfachung und Vereinheitlichung der Regulierungsebenen
im Telekommunikations- und Rundfunkbereich sind auf deutscher wie europäischer Ebene zu prüfen.
Die Sicherstellung des offenen Zugangs zu den technischen Kommunikationsinfrastrukturen ist zu gewährleisten.
Der Wettbewerb im Bereich der technischen Kommunikationsinfrastrukturen
sollte gefördert und Monopole sollten verhindert werden.
Insbesondere ist darauf zu achten, dass die Betreiber technischer Kommunikationsinfrastrukturen nicht gleichzeitig auch die Kommunikationsinhalte
und die Anwendungen kontrollieren und bestimmen können.
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(http://www.keynote.com/downloads/Zona_Need_For_Speed.pdf)
66
Anhang
1.
Tabellenverzeichnis
Tab. 1:
Tab. 2:
Tab.
Tab.
Tab.
Tab.
Tab.
Tab.
Tab.
Tab.
Beziehungsebenen zwischen Verkäufer und Käufer ................................. 15
Beziehungsebenen im elektronischen Handel und technische Infrastruktur ................................................................................................. 16
3: Arten des Internetzugangs und Eignung nach Marktsegmenten ................ 21
4: DSL-Varianten, Bandbreiten und Kosten ................................................ 22
5: Technische Merkmale der GSM-, GSM+- und UMTS-Technologien ........ 31
6: Anbieter, Dienste und Tarifübersicht zu GPRS und HSCSD .................... 33
7: Käufer des deutschen Kabelnetzes .......................................................... 41
8: Internet per Kabel in Ballungszentren und großen Städten ....................... 44
9: Breitbandtechnologien in Europa bis 2010 .............................................. 49
10: Vergleichende Bewertung der drei E-Commerce-Infrastrukturen ............. 56
2.
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Kommunikationsinfrastrukturen, Zugangs- und Weitverkehrsnetze .......... 18
Abb. 2: Breitbandtechnologien in Europa bis 2010 .............................................. 50
3.
ACTA
ADSL
API
B2B
B2C
BK-Netz
CI
DAB
DECT
DNS
DSL
DTAG
DTT
Abkürzungen
Allensbacher Computer- und Telekommunikationsanalyse
Asymmetric digital subscriber line
Application programming interface
Business-to-Business
Business-to-Consumer
Breitbandkabel-Netz
Common interface
Digital audio broadcasting
Digital European Cordless Telephone
Domain name system
Digital subscriber line
Deutsche Telekom AG
Digital terrestrial television
67
Anhang
DVB
EDGE
EDI
EPG
FCC
FOMA
FTP
FTTH
FUN
GEZ
GHz
GPRS
GSM
H.O.T.
HFC
HSCSD
HTML
IBFN
IEEE
IP
IPv4
IPv6
ISDN
ISO
ISP
kbit/s
KMU
LAN
LEO
Mbit/s
MHP
MHz
MMS
Mp3
MPEG
MSC
NTL
OECD
OSI
PC
PDA
PIN
POP
QVC
RegTP
RFC
68
Digital video broadcasting
Enhanced data rates for GSM evolution
Electronic Data Interchange
Electronic programming guide
Federal Communications Commission
Freedom of mobile multimedia access
File transfer protocol
Fibre to the home
Free universal network
Gebühreneinzugszentrale
Gigahertz
General packet radio service
Global system for mobile communications
Home order television
Hybrid fiber coax
High speed circuit switched data
Hypertext markup language
integrierte breitbandige Fernmeldenetz
Institute of Electrical and Electronics Engineers
Internet protocol
Internet protocol version 4
Internet protocol version 6
Integrated services digital network
International Standards Organisation
Internet-Service-Provider
Kilobit pro Sekunde
Kleine und mittlere Unternehmen
Local area network
Low earth orbit
Megabit pro Sekunde
Multimedia home platform
Megahertz
Multimedia messaging service
MPEG Layer 3
Motion picture experts group
Mobile Switching Center
National Transcommunications Limited
Organisation for Economics Co-operation and Development
Open systems for interconnection
Personal Computer
Personal digital assistant
Personal identification number
Point-of-Presence
Quality Value Convenience
Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post
Request for comments
3. Abkürzungen
SDSL
SIM
SMS
SOHO
TCP
UMTS
VAN
WAN
WAP
WLL
WWW
xDSL
Symmetric digital subscriber line
Subscriber identification module
Short message service
Small office, home office
Transmission control protocol
Universal mobile telecommunications system
Value Added Network
Wide Area Network
Wireless application protocol
Wireless local loop
World Wide Web
Sammelbegriff für verschiedene DSL-Techniken
69
TAB-Hintergrundpapier Nr. 7 – Innovationsbedingungen des E-Commerce
TAB

Documents pareils