Erfahrungsbericht

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Erfahrungsbericht
Erfahrungsbericht
Praktikumsgeber: Centre International d'Antibes
Praktikumsort: Antibes (Frankreich)
Zeitraum: Mai bis September 2014
Ich habe mich relativ spontan zu diesem Praktikum in Antibes, Südfrankreich, entschieden. Ich hatte
meinen Romanistik-Bachelor mit Schwerpunktsprache Französisch in der Tasche und wollte vor dem
Master und der Aufnahme des Lehramtsstudiums mit der Kombination Französisch/Spanisch noch
einmal ins Ausland gehen. Eine gute Freundin hatte in der Sprachschule in Antibes FranzösischKurse besucht an einem Sommer und hat immer davon geschwärmt, wie schön es dort war und wie
gut es ihr an der Côte d’Azur gefallen hat und als ich dann auf eine Stelle als Praktikantin, die in
Antibes an ebendieser Sprachschule zu vergeben war, gestoßen bin, habe ich spontan zugeschlagen
und mich beworben. Vier Wochen später saß ich dann auch schon an der Rezeption des Centre
International d?Antibes, kurz CIA. Mein Posten in der Sprachschule war der an der Rezeption, als
Assistenz des Verantwortlichen der Rezeption. An sich hatte ich mir als Lehramtsstudentin erhofft,
an der Rezeption anzufangen und danach aber in den Unterricht zu dürfen, erst zum Observieren
und dann zum Unterrichten, um Erfahrung zu sammeln und mich im Lehrberuf zu testen. Doch das
Zentrum brauchte eher jemand an der Rezeption und deshalb war ich bis zum Ende meines
Aufenthalts dort. Nicht so schlimm, hätte ich aber im Nachhinein anders gemacht, mehr darauf
gepocht, in die Klassen zu gehen. Ansonsten, abgesehen davon, habe ich an der Rezeption viel
gelernt. Viele Kulturen sind auf mich zugekommen, viele Sprachen haben mich umgeben, viele
Sprach-Schüler unterschiedlicher Couleur und in allen Altersstufen konnte ich kennen lernen. Auf
Leute zugehen war noch nie wirklich ein Problem für mich, doch in diesem Praktikum habe ich
dennoch eine weitere Variante des Kontakts kennen gelernt - die des Allrounders. Damit meine ich,
dass ich gelernt habe, jegliche Art von Fragen und Problemen, Wünschen und Sorgen zu behandeln.
Selbst wenn ich persönlich keine Antwort hatte, habe ich mich um jeden einzelnen Sprach-Schüler,
der in die Rezeption kam, gekümmert und erst Ruhe gegeben, wenn jeweilige Person zufrieden und
bedient war. Also eine Art Service an den Menschen. Das hat mir gefallen. Wenn ich nicht Lehrerin
werde, dann will ich auf jeden Fall in einem sozialen Sektor arbeiten, oder in einem Bereich, in dem
man in ständigem Kontakt mit Menschen steht und versucht, Lösungen zu finden und Leute oder
auch ganze Gruppen glücklich macht. Denn was sie einem zurückgeben, die Dankbarkeit und
Herzlichkeit wenn sie gemerkt haben, dass man helfen will und freundlich und nett ist, gibt einem
sehr viel, wie ich finde. Auf jeden Fall Selbstvertrauen und noch mehr Hilfsbereitschaft. Und einen
interessanten Einblick in Kulturen, die man noch nicht kannte. Sich ein Bild über eine bestimmte
Kultur zu machen, ist nach einer Arbeit an der Rezeption eines internationalen Unternehmens wie
die des Zentrums auf jeden Fall möglich. Und vor allem sich ein persönliches, ganz eigenes Bild zu
Machen und sich ggf. von Stereotypen zu verabschieden. Ich habe viele Leute von überall auf der
Welt kennen gelernt und glaube auch, dass ich zu der ein oder anderen Person Kontakt halten
werde. Da ich selber au einer Multi-Kulti Familie komme, da meine Mutter Mexikanerin und mein
Vater Franko-Deutscher ist, habe ich auf vielen Sprachen kommunizieren können und auf diese
Weise auch nochmal einen anderen Zugang zu den Leuten gehabt. Beispielsweise mit allen
Lateinamerikanern Spanisch zu sprechen, wenn es um wichtige Dinge ging, war eine große
Erleichterung für meinen Vorgesetzten. Und für mich schön, da ich alles mag, was mit Lateinamerika
zusammenhängt - von der Mentalität bis zur Sprache selbst. Und Antibes an sich, diese Stadt finde
ich super. Eine charmante kleine Hafenstadt, nicht zu groß nicht zu klein, genau richtig für mich. Ich
habe mich da sehr wohl gefühlt, ich fand es sicher und konnte mich auch allein wohl fühlen. Von
Antibes aus habe ich viele Dinge mit Bus und Zug unternommen, da die Anbindung insgesamt sehr
gut ist. Im Umkreis von Antibes liegen viele schöne Städte wie Nizza, Cannes, Eze etc. aber auch
verschlafene mittelalterliche Dörfchen wie Cagnes-sur-Mer St. Paul de Vence und Gourdon. Je nach
Geschmack, mir haben vor allem die historischen Mauern um die alten Dörfchen gefallen und
allgemein alles, was Geschichte ausstrahlte. In der Residenz, in der ich während meines Aufenthalts
gelebt hatte, teilte ich ein Zimmer mit einer Kolumbianerin und dann mit einer Russin. Auch hier
hatte ich einen interessanten Einblick in diese Kulturen und konnte sie im wahrsten Sinne aus der
Nähe betrachten. Die Residenz Castel Arabel gehört zum Sprachzentrum CIA, genau wie die 5
Minuten entfernte andere Residenz Aragon. Ich lebte zusammen mit den Sprach-Schülern des
Zentrums, die eben weder in Aragon lebten, noch in einer Gastfamilie untergebracht waren. Wir
teilten uns eine große Gemeinschaftsküche, in der es immer ziemlich lustig zuging. Diese
gemeinsamen Kochaktionen werden mir sehr fehlen. Sie haben gar nicht erst Heimweh aufkommen
lassen, wo ich es gewohnt bin, immer im großen Rahmen zu essen, da ich eine große Familie habe.
Deshalb wollte ich auch in der Residenz nicht für mich alleine kochen und essen, im Gegenteil, je
bunter es zuging, desto wohler fühlte ich mich. Und auf diese Weise habe ich auch kulinarisch
einiges dazugelernt - von scharfer koreanischer Küche bis zu Schweizer Gepflogenheiten. Der
traurige Part an Castel Arabel war, dass ständig auch wieder Leute abreisten, das heißt man musste
gute Freunde auch wieder gehen sehen. Das war dann nicht immer leicht, doch die heutigen
Kontaktmöglichkeiten sind da schon sehr praktisch, um sich nicht sofort aus den Augen zu verlieren.
Was mir der Aufenthalt neues über mich gezeigt hat? Ich fühle mich sehr wohl unter vielen
Menschen. Je mehr Trubel und Gewusel um mich, desto besser. Ich koche und esse gerne in
Gesellschaft, besonders in internationaler, also mit vielen verschiedenen Sprachen und
Gepflogenheiten um mich herum. Ich bin sicher, Lehrerin werden zu wollen, denn beispielsweise in
Castel Arabel haben viele meine Sprach-Skills geschätzt und nicht selten fungierte ich als
Übersetzerin in den Sprachen Deutsch, Spanisch, Französisch und Englisch. Das heißt ich konnte den
didaktischen Charakter der Sprachen üben und austesten. Ich habe auch im privaten Rahmen
Konversation auf Französisch gegeben für diejenigen, denen es in der Residenz zu Englisch-lastig
war. Das hat mir auch großen Spaß gemacht, einfach in ein Café in Antibes setzen und los ging es,
natürlich dann nur auf Französisch und Tempo und Niveau an die jeweilige Person anpassen. Auch
hat mir der Aufenthalt insgesamt mehr Selbstständigkeit gegeben. Da ich noch daheim wohne, war
das Haushalten schon eine Umstellung. Dinge wie Kochen, Waschen, Einkaufen etc. konnte ich zwar
natürlich schon, doch es dann immer alleine zu tun und besonders bei Preisen der Côte d’Azur
haushalten zu können, war dann schon noch einmal etwas anderes. Allgemein in einem anderen
Land - und das obwohl ich halb Französin bin - in jeder Hinsicht alleine klarzukommen ist in der
Praxis schon eine kleine Kunst. Ich bin einmal deftig krank geworden, eine Art
Lebensmittelvergiftung von schlechten Muscheln, und musste in sehr schwachem Zustand zu einem
Arzt an einem Samstag, das war schon spannend. Was ich noch gelernt habe, in professioneller
Hinsicht, war, mit vielen verschiedenen Kollegen klarzukommen. Nicht immer einfach und man kann
nicht jeden mögen bzw. von jedem gemocht werden - alles Erfahrungswerte. Genauso wie man
lernen muss, unter einem Vorgesetzten zu arbeiten und sich dabei wohl zu fühlen. Kompromisse,
Abmachungen, Vertrauen, Selbstwertgefühl, Standhaftigkeit, Fleiß, Zuverlässigkeit, Schlagfertigkeit alles Begriffe, mit denen ich in der Zeit jongliert habe. In einem Betrieb ist man als Praktikant
natürlich manchmal das Mädchen für alles und seine Grenzen muss man dann auch mal ziehen
können. Da ist dann Selbstbewusstsein gefragt und die richtige Wortwahl etc. Alles dann
Erfahrungswerte, die man nach Hause mitnimmt. Würde ich das Praktikum so noch einmal machen?
Ja, würde ich. Man lernt fern von zuhause und in einer anderen Kultur und in einer anderen
Wohnsituation fern von allem, das einem vertraut ist, und von den Menschen, die man kennt,
unglaublich viel. Es ist ein wie ein Test. Man testet sich und seine Kapazitäten, seinen Mut, seine
Toleranz, seine Experimentierfreude und so vieles mehr. Ich empfehle es allein vom sozialen Aspekt.
So viele Menschen kennenzulernen und in einer Gemeinschaft zu leben, die noch dazu
durchwechselt aufgrund ständiger An - und Abreisen, schult die sozialen Skills. Ich habe den letzten
Rest Schüchternheit komplett abgelegt, den ich (noch) in mir trug. Das wird mir auch als Lehrerin
helfen, da bin ich mir sicher. Auch meine Orientierung ist besser geworden, jetzt ist Antibes zwar
keine Großstadt aber immerhin doch eine Stadt und ich ein Landei, eine Umstellung war es also
schon. An sich ist das Unternehmen, also die Sprachschule selbst aber nicht wirklich eine Institution,
die ich unterstütze. Ich fand insgesamt, dass es hauptsächlich, was die Firmenpolitik angeht, um
Umsatz geht und je höher, desto besser. Teure Kurse, teure Unterkünfte und dennoch nicht die
beste Qualität liefern, weder in der Schule, noch in den Unterkünften. Jetzt könnte man sagen, das
ist die Côte d’Azur, so läuft es prinzipiell, teuer und nicht ganz das, was man sich dann aber für das
Geld vorstellt. Nach dem Motto außen hui, innen pfui. Jein. Kommt drauf an. Ist aber auf jeden Fall
etwas dran. Ich würde die Preise drastisch senken, sowohl die Kurspreise, als auch die
Unterkunftspreise. Oder andersherum, die Qualität garantieren. Doch insgesamt sind die
Rahmenbedingungen, in denen ich gearbeitet und logiert habe, sehr ansprechend. Ein Katzensprung
zum Strand, nahe dem Stadtzentrum von Antibes und seiner niedlichen Altstadt, sehenswerte und
sowohl kulturell als auch architektonisch ansprechende Städtchen im Umkreis, leckere
südfranzösische Küche. Das Flair im Sommer ist schon verlockend - Märkte mit typischen und
saisonalen Produkten, Jazz-Musik in den Straßen, laue Sommerabende, Strand und Urlaubsfeeling.
Es ließ sich doch gut aushalten insgesamt.