Vasektomie – Erfahrungen und Einstellungen

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Vasektomie – Erfahrungen und Einstellungen
DIAGNOSTIK + THERAPIE
ALTERNATIVEN IN DER KONTRAZEPTION
Vasektomie – Erfahrungen
und Einstellungen
Eine Untersuchung aus Bayern ermittelte Daten zur
Durchführung des Eingriffs durch Urologen sowie zu
Kenntnissen und Einstellungen von Frauen
Fabian Liedtke, Jael Backe
Weltweit wird die Vasektomie als Methode der irreversiblen
Kontrazeption beim Mann sehr häufig durchgeführt. Für
Deutschland gibt es keine verlässlichen Zahlen, doch ist das
Verfahren deutlich weniger üblich als in vielen anderen Ländern. Da der Beratungsbedarf bei diesem Eingriff hoch ist, die
Informationen der Paare dazu jedoch, wie die im Folgenden
vorgestellte Studie zeigt, bisher nur zu einem geringen Teil
aus dem ärztlichen Beratungsgespräch stammen, sind hier
die Frauenärztinnen und -ärzte in besonderem Maß gefragt.
In Deutschland befinden sich zur
Zeit 18,1 Millionen Frauen (41 % aller Frauen) im reproduktiven Alter
und haben ein potenzielles Interesse an wirksamen Methoden der Familienplanung (1). Als irreversible,
operative Maßnahmen der Kontrazeption stehen die Sterilisation der
Frau und die Vasektomie des Mannes
zur Verfügung. Der Anteil der sterilisierten Frauen im reproduktiven Alter liegt in Deutschland bei rund
8 %. Während weltweit die Vasektomie eine hohe Verbreitung und
Akzeptanz besitzt – in Indien und
China handelt es sich um 40 Millionen Männer, in den Vereinigten Staaten um 6 Millionen (9) – wurden
im deutschsprachigen Raum nur
schätzungsweise 254.000 Männer
(2 % aller Männer bis 50 Jahre)
vasektomiert (1, 6). Diese Diskrepanz geht möglicherweise auf ein
Informationsdefizit der Ehepaare zurück.
Kontrazeptionsberatungen werden in
Deutschland vorwiegend bei Frauenärzten und in speziellen Beratungseinrichtungen durchgeführt. Laut
Auskunft von „pro familia“ gibt es
tatsächlich nur wenig professionelles Informationsmaterial über die
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Vasektomie. Obwohl bei der Kontrazeptionsberatung grundsätzlich auch
die Kontrazeption des Mannes besprochen werden sollte, gehört diese bislang nicht zum üblichen Auf-
klärungsspektrum des Gynäkologen,
der sich auf die „weibliche Kontrazeption“ beschränkt.
Um den Beratungsbedarf zum Thema
Vasektomie besser einschätzen zu
können, wurde die vorliegende Untersuchung durchgeführt. Sie ermittelt die Kenntnisse, Einschätzungen und Einstellungen zur Vasektomie in einem Kollektiv von Patientinnen einer Frauenarztpraxis. Zudem
wurde die Praxis der Durchführung
des Eingriffs bei den in Bayern tätigen Urologen untersucht.
Befragung bei Urologen und
Frauenarzt-Patientinnen
Im Zeitraum von August bis September 2003 wurde allen in Bayern tätigen Urologen ein einseitiger Fragebogen zugesandt mit der Bitte um
Fax-Rückantwort. Erfragt wurden Zahl
der durchgeführten Vasektomien, Methoden, Narkoseverfahren, ambulantes versus stationäres Setting und
Komplikationen des Eingriffs.
Angaben der Urologen zu durchgeführten Vasektomien
n
%
65
43,0
3.887
3.315
572
3.875
12
83,6
16,4
99,7
0,3
44
1,1
11
11
9
7
2
1
1
1
1
0,3
0,3
0,2
0,2
0,05
0,02
0,02
0,02
0,02
vorliegende Rückantwort
durchgeführte Vasektomien (1 Jahr)
Durchführung in Lokalanästhesie
Durchführung in Vollnarkose
Durchführung ambulant
Durchführung stationär
Komplikationen
gesamt
davon:
– Epididymitis
– Hämatom
– Abszess
– Wundheilungsstörung
– nicht erreichte Azoospermie
– Nachresektion
– Entfernung eines venösen Gefäßes
– psychogene Impotenz
– Fistelbildung
Tab. 2: Ergebnisse der Befragung von 151 bayerischen Urologen.
Wenig Komplikationen,
guter Wissensstand
Von 151 befragten niedergelassenen
Urologen in Bayern antworteten 65
(43 %) mit einem ausgefüllten Fragebogen (s. Tab. 1). Insgesamt wurden
im Jahr 2002 3.887 Vasektomien
durchgeführt, von denen 83,6 %
(n=3.315) in Lokalanästhesie und
16,4 % (n=572) in Vollnarkose erfolgten. Die Mehrzahl der Eingriffe
(n=3.875) wurde ambulant durchgeführt, nur 12 (0,3 %) Vasektomien
wurden stationär operiert.
Insgesamt wurden 44 (1,1 %) Komplikationen der Vasektomie angegeben. Dabei waren die Epididymitis
(0,3 %), Hämatome (0,3 %), Abszesse (0,2 %), und Wundheilungsstörungen (0,2 %) die am häufigsten angegebenen Komplikationen. In zwei Fällen (0,05 %) wurde keine Azoospermie
erreicht und bei jeweils einem Patienten (0,02 %) musste nachreseziert
werden, wurde ein venöses Gefäß entfernt und bildete sich eine Fistel. Über
eine psychogene Impotenz wurde
ebenfalls einmal berichtet.
Von den 376 antwortenden Patientinnen der Frauenarztpraxis hatten 94 %
(n=354) bereits von der Sterilisation
des Mannes gehört (s. Tab. 2). Hauptinformationsquelle waren bei 224
(59,6 %) Patientinnen die Medien, gefolgt von Informationen durch Verwandte und Bekannte (24 %). 48
Frauen (12,8 %) waren von ihrem
Frauenarzt über die Vasektomie informiert worden und 7,2 % gaben als
Informationsquelle den Urologen,
Schule oder Universität an. 19 Frauen
(5,1 %) hatten von Arbeitskollegen,
Kenntnisse und Vorstellungen über die Vasektomie
bei den Patientinnen einer Frauenarztpraxis
ja
keine
Angabe
n
%
Von der Sterilisation des Mannes gehört
354
94,1
4
Informationsquelle
Medien
Verwandte/Bekannte
Frauenarzt
Urologe/Schule/Universität
Partner
Arbeitskollegen
Hausarzt
Beratungsstelle
224
91
48
27
25
19
7
2
59,6
24,2
12,8
7,2
6,6
5,1
1,9
0,5
24
24
24
24
25
24
24
24
Kenntnis mindestens eines Mannes
mit Vasektomie
Bekanntenkreis
Verwandter
Arbeitskollege
andere
186
145
68
20
4
50,4
78,0
36,5
10,8
2,1
7
Vorstellung von der Art des Eingriffs
Unterbindung beider Samenleiter
Entfernung beider Samenleiter
Entfernung beider Hoden
357
12
2
94,9
3,2
0,5
5
5
5
Vorstellung über die Refertilisation
nicht möglich
problemlos möglich
unter Umständen möglich
112
20
237
29,8
5,3
63,0
7
7
7
Vorstellung über die Sicherheit der Vasektomie
sehr sicher
154
sicher
204
wenig sicher
10
4
völlig unsicher
41,0
54,3
2,7
1,1
DIAGNOSTIK + THERAPIE
Im April 2003 wurden die Patientinnen einer Frauenarztpraxis unselektiert zu ihren Kenntnissen, Einstellungen und ihrer Einschätzung der
Vasektomie als Verfahren der Kontrazeption mittels eines dreiseitigen
Fragebogens befragt. Der Fragebogen wurde während der Wartezeit im
Wartezimmer aufgefüllt und anonym
abgegeben.
4
Tab. 2: Kenntnisse und Vorstellungen über die Vasektomie bei 376 befragten Patientinnen.
sieben (1,9 %) vom Hausarzt und zwei
(0,5 %) über Beratungsstellen von der
Vasektomie gehört.
Die Hälfte der befragten Frauen
(50,4 %) berichtete, mindestens
einen Mann mit Vasektomie zu kennen. Dabei handelte es sich vorwiegend um Bekannte (78 %), Verwandte (36,5 %) und um Arbeitskollegen
(10,8 %).
Die Mehrzahl der Befragten (94,9 %)
stellte sich unter der Vasektomie die
Unterbindung der Samenleiter vor,
3,2 % meinten, es handele sich um
die Entfernung beider Samenleiter.
Zwei Frauen (0,5 %) glaubten, dass
dabei beide Hoden entfernt werden
(s. Tab. 2).
Befragt zur Möglichkeit der Refertilisation nach Vasektomie, antworteten 63 % mit „unter Umständen möglich“, 5,3 % mit „problemlos möglich“ und 29,8 % mit „nicht möglich“.
Die Vasektomie wurde von 41 % der
Frauen als „sehr sicher“, von 54,3 %
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DIAGNOSTIK + THERAPIE
Vorstellungen über mögliche Folgen der Vasektomie
ja
vermutete Folge
Impotenz
Störung des Lustempfindens
Hodenkrebs
Prostataentzündung
Vergreisung
Arteriosklerose
Gewichtszunahme
Veränderung der Behaarung
psychische Veränderungen
nein
n
%
n
%
85
88
7
12
2
11
27
10
21
22,6
23,4
1,9
3,2
0,5
2,9
7,2
2,7
5,6
280
277
358
353
363
365
338
355
355
47,5
73,3
95,2
93,9
96,5
97,1
89,9
94,4
94,4
keine
Angabe
11
11
11
11
0
11
11
0
Tab. 3: Vorstellungen über die Folgen der Vasektomie bei 376 befragten Patientinnen.
als „sicher“, von 2,7 % als „wenig
sicher“ und von 1,1 % als „völlig unsicher“ eingeschätzt.
Auf die Frage, welche Veränderungen
durch die Vasektomie beim Mann auftreten können, gaben 23,4 % eine
Störung des Lustempfindens, 22,6 %
das Auftreten einer Impotenz, 7,2 %
eine Gewichtszunahme, 5,6 % psychische Veränderungen, 3,2 % eine
Prostataentzündung, 2,9 % eine Arteriosklerose und 2,7 % eine Veränderung der Behaarung an. 1,9 % der
Befragten hatten die Vorstellung,
dass Hodenkrebs nach Vasektomie
häufiger auftritt, und 0,5 % glaubten an eine vorzeitige Vergreisung
(s. Tab. 3).
Auf die Frage, ob sie glauben, dass
der eigene Partner zur Vasektomie
bereit wäre, antworteten 33,8 % der
Frauen mit „ist mir nicht bekannt“,
18,1 % glaubten „er wäre bereit“,
17,4 % glaubten „nicht bereit“ und
12,2 % gaben an: „er ist sich
unschlüssig“ (s. Tab. 4). Für 42,3 %
der Befragten kam die Vasektomie
eher nicht in Frage, bei 31,4 % kam
sie in Frage und 20,5 % waren unentschieden.
Das gesundheitliche Risiko der Vasektomie wurde von 60,4 % der Frauen als geringer im Vergleich zur Sterilisation der Frau angegeben (s. Tab.
5). Auch die Kosten des Eingriffs
schätzten 64,9 % der Befragten als
Angaben der Patientinnen
zur persönlichen Akzeptanz der Vasektomie
n
%
Annahmen zur Bereitschaft
des Partners zur Vasektomie
er wäre nicht bereit
er wäre bereit
er ist sich unschlüssig
ist mir nicht bekannt
103
68
46
127
17,4
18,1
12,2
33,8
Infragekommen der Vasektomie
eher nein
eher ja
weder noch
159
118
77
42,3
31,4
20,5
keine
Angabe
32
22
Tab. 4: Angaben von 376 befragten Patientinnen zur persönlichen Akzeptanz der Vasektomie.
470
FRAUENARZT ■ 46 (2005) ■ Nr. 6
geringer ein. Die gesundheitliche Beeinträchtigung durch die Vasektomie
hielten 49,7 % der Frauen für geringer als diejenige durch die Sterilisation der Frau, 43,9 % hielten sie für
gleich und 4,8 % für höher. Ähnlich
schätzten 58,5 % die notwendige Erholungszeit nach der Vasektomie für
geringer, 32,7 % als gleich und 6,9 %
als höher im Vergleich zur weiblichen
Sterilisation. Der Eingriff selbst wurde von 51,3 % der Frauen als gleich
schmerzhaft wie die weibliche Sterilisation angegeben, 41 % schätzen
ihn als weniger schmerzhaft und
5,9 % als schmerzhafter ein.
Komplikationen nach Vasektomie zwischen 1 und 6 %
Weltweit vertrauen derzeit rund 42
Millionen Paare auf die Vasektomie
als Methode der Familienplanung
(7). In Deutschland wurden im Jahr
1988 laut Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung 25.000
Vasektomien zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen durchgeführt,
1998 waren es 43.000 (persönliche
Mitteilung). Über die Anzahl der tatsächlich durchgeführten Vasektomien liegen lediglich Schätzungen
vor. In der vorliegenden Untersuchung gaben 65 Urologen aus Bayern an, im Jahr 2002 insgesamt
3.887 Vasektomien durchgeführt zu
haben.
In der Literatur wird die Zuverlässigkeit der Vasektomie als kontrazeptives Verfahren mit einer „Versagerquote“ von weniger als 1 % und
einer Komplikationsrate zwischen
1 % und 6 % angegeben (3, 16, 18).
Dabei berichten Leader et al. in einer Übersichtsarbeit über das Auftreten von Hämatomen in 0–18,2 %,
von Epididymitis in 0,4–6,1 %, über
skrotale Abszesse in bis zu 5,5 %,
Infektionen in 0–6 %, Spermagranulome in 4,9–15 %, Abszesse im Bereich der Ligatur sowie Verwachsungen des Ductus deferens mit der
Haut in 2,8 % und über eine Versagerquote von 0–6 % (10). In der vorliegenden Untersuchung ergibt sich
Patientinnen: Guter
Wissensstand mit einem
Schuss Unsicherheit
Der Kenntnisstand der in dieser Studie befragten Patientinnen war insgesamt hoch: 95 % wussten, dass bei
der Vasektomie die männlichen Samenleiter unterbunden werden, 63 %
gaben an, dass eine Refertilisation
unter Umständen möglich ist und
95 % schätzten die Vasektomie als
sicher bis sehr sicher ein. Die gesundheitlichen Risiken, die Kosten
und die notwendige Erholungszeit
nach Vasektomie wurde von den hier
befragten Frauen zu 50–65 % geringer eingeschätzt als bei der Sterilisation der Frau. Dies mag auf den hohen Ausbildungsstand des befragten
Kollektivs zurückzuführen sein, in
dem 54,2 % eine Oberschule und/
oder eine Hochschule besucht hatten. Dennoch fällt auf, dass 22,6 %
der befragten Frauen an eine vasektomiebedingte Impotenz und 23,4 %
an eine postoperative Störung des
männlichen Lustempfindens glaubten. 7,2 % der Frauen erwarteten eine
Gewichtszunahme, 2,9 % das Auftreten einer Arteriosklerose 2,7 % und
Veränderungen der Behaarung bei
vasektomierten Männern. Diese Daten weisen auf falsche Vorstellungen
über die Vasektomie und auf ein Informationsdefizit der Befragten hin.
Eine gewisse Unentschlossenheit
bzw. Unsicherheit in Bezug auf die
Vasektomie zeigt sich darin, dass für
42,3 % der Befragten eine Vasektomie grundsätzlich nicht in Frage
kommt und 33,8 % nicht wissen, wie
ihr Partner zur Vasektomie eingestellt ist.
Patientinnen informieren
sich nur selten beim Arzt
Die Wahl, ob eine Tubenligatur oder
eine Vasektomie durchgeführt werden soll, wird neben Faktoren der
Paarbeziehung selbst von weiteren
Faktoren beeinflusst, insbesondere
durch die Erfahrungen von Verwandten und Freunden. Dies ergab eine
Untersuchung aus Aberdeen, die bei
251 Paaren mit Tubenligatur/Sterilisation zeigte, dass mehr als ein
Fünftel der vasektomierten Männer
Brüder hatte, die ebenfalls vasektomiert waren, und dass mehr als die
Hälfte der Paare Geschwister mit einer Tubenligatur hatte (17).
Von den 376 in der vorliegenden
Untersuchung befragten Patientinnen hatten sich 60 % mittels Medien
über die Vasektomie informiert,
24 % bei Verwandten und Bekannten
und nur 13 % beim Frauenarzt. Ähnliche Daten finden sich bei Dahm:
Bei 217 vor der Vasektomie befragten Männern waren zu 56 % die
Hauptinformationsquelle Freunde
und Bekannte, gefolgt von den Ärzten (21 %), und zu 7,8 % die Medien
(3). Dies weist auf ein deutliches Beratungsdefizit auf ärzlicher Seite
hin, und zwar umso mehr, als junge
Frauen nach einer EMNID-Studie den
Frauenarzt als ihre Hauptinforma-
Einschätzung der Vasektomie im Vergleich
zur Sterilisation der Frau
ja
n
%
gesundheitliches Risiko der Vasektomie
höher
gleich
geringer
10
132
227
2,7
35,1
60,4
Kosten der Vasektomie
höher
gleich
geringer
18
106
244
4,8
28,2
64,9
gesundheitliche Beeinträchtigung
durch die Vasektomie
höher
gleich
geringer
18
165
187
6
4,8
43,9
49,7
notwendige Erholungszeit
nach der Vasektomie
höher
gleich
geringer
26
123
220
6,9
32,7
58,5
Schmerzen durch den Eingriff
der Vasektomie
höher
gleich
geringer
22
193
154
5,9
51,3
41,0
keine
Angabe
DIAGNOSTIK + THERAPIE
aus den Angaben der befragten Urologen eine auffallend niedrige Komplikationsrate, insbesondere die Hämatomrate von 0,3 % und die Abszessrate mit 0,2 % waren vergleichsweise niedrig, ebenso die
Versagerquote von 0,05 %. Eine weitere Untersuchung aus den Vereinigten Staaten, in der 3.842 vasektomierende Ärzte befragt wurden, zeigte höhere Komplikationsraten als in
der vorliegenden Studie (8). Dabei
ergab sich, dass vor allem das Risiko von postoperativen Hämatomen
in der Gruppe von ungeübteren Ärzten (1–10 Vasektomien jährlich) im
Vergleich zu den Geübteren höher
war.
7
8
7
7
Tab. 5: Einschätzung der Vasektomie im Vergleich zur Sterilisation bei der Frau.
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471
DIAGNOSTIK + THERAPIE
tionsquelle in ernsteren Situationen
bezeichnen und ein hohes Maß an
Vertrauen mitbringen (5). Rosemeier
führt dies auf die Stützfunktion der
Frauenärzteschaft in Fragen der Sexualität zurück, wobei Frauenärzte
von den Patientinnen als nicht aversiv gegenüber der Lustfunktion eingeschätzt werden (14).
Gute Beratung –
geringeres Risiko von
Fehlentscheidungen
Die Bedeutung einer ärztlichen und
frauenärztlichen Beratung über die Vasektomie wird unterstrichen durch die
Tatsache, dass bis zu 6 % der vasektomierten Männer ihre Entscheidung
bereuen (4). Es gibt mehrere Studien
zur Identifizierung möglicher Prädiktoren für dieses Bereuen des Eingriffes. Miller et al. (11) untersuchten 317
Paare vor der Vasektomie/Tubenligatur und jeweils jährlich bis zu fünf Jahre postoperativ. Als Prädiktoren für ein
späteres Bedauern des Eingriffs ermittelten sie ein niedriges Alter zum
Zeitpunkt des Eingriffs, ambivalenten
Kinderwunsch, negative Einstellung
zur Vasektomie und ein konflikthaftes
Verhältnis zum Partner.
Die gleichen Autoren (12) fanden in
einer anderen Studie bei 162 Paaren
nach Vasektomie einen latenten
Kinderwunsch, unzureichende Kommunikation zwischen den Partnern
und Dominanz eines Partners bei der
Entscheidungsfindung als ungünstige
Faktoren für die spätere Akzeptanz
der Vasektomie. Zusätzliche negative
Faktoren sind postoperative Komplikationen und kulturelle sowie religiös verankerte Aspekte (13, 15). Der
Prozess der Entscheidungsfindung zur
Vasektomie hat wichtige Auswirkungen auf die spätere Akzeptanz der
Operation. Dies wird bestätigt durch
eine Untersuchung von 63 Männern
nach Vasektomie, von denen 18 eine
erektile Dysfunktion aufwiesen. Die
erektile Dysfunktion trat dabei signifikant häufiger in der Gruppe von
Männern auf, die von ihrer Partnerin
zur Operation genötigt wurden (2).
472
FRAUENARZT ■ 46 (2005) ■ Nr. 6
Die verstärkte Thematisierung der
Vasektomie mit ausführlicher Information über Prinzip, Methode und
Komplikationsmöglichkeiten des Verfahrens wäre wünschenswert als
Basis für eine aufgeklärte Entscheidungsfindung bei der kontrazeptiven
Wahl des Paares.
Danksagung
Die Durchführung dieser Studie
wurde gefördert durch die Stiftung
Frau-Kind-Gesundheit Dr. Rockstroh.
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Autoren
Dr. cand. med. dent.
Fabian Liedtke
PD Dr. med.
Jael Backe
Frauenärztin, Medizinische
Genetik, Psychotherapie
Domstraße 12
D-97070 Würzburg
Tel. +49 931 56789
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