Jugendschwangerschaften in Deutschland I
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Jugendschwangerschaften in Deutschland I
Jugendschwangerschaften in Deutschland I Von 2005 bis 2008 führte pro familia in Kooperation mit dem Institut für Sexualwissenschaft der Universität Hamburg eine Studie zu Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüchen bei minderjährigen Frauen durch. 2300 - etwa 20 % der in diesem Zeitraum minderjährigen Schwangeren - wurden in Beratungsstellen von pro familia und der Diakonie befragt.1) Wie häufig sind Schwangerschaften minderjähriger Frauen – nehmen sie wirklich zu? Erst seit 1996 werden Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland einheitlich und zuverlässig erfasst. Die Abbruchzahlen des Statistischen Bundesamtes für die vorangehenden Jahre können mit den heutigen Zahlen nicht verglichen werden. Doch zum Teil ist die Debatte über eine angebliche Zunahme der Jugendschwangerschaften genau hierauf zurückzuführen. Trends zwischen 1996 und 2008 Während die Zahl der Geburten zwischen 1996 und 2007 etwa konstant blieb, sind die Schwangerschaften und Abbrüche zwischen 1996 und 2001 deutlich angestiegen, um gut 3000. Seit 2002 sinken diese Zahlen kontinuierlich. Von einer Zunahme von Jugendschwangerschaften kann daher nicht die Rede sein. Gegenwärtig werden in Deutschland 7 bis 8 von 1.000 Frauen im Alter von 15 bis 17 Jahren schwanger, 3 von 1.000 bekommen ein Kind, 4 bis 5 von 1.000 entscheiden sich für einen Abbruch. 2. Das Sexualverhalten Jugendlicher hat sich verändert. Die Jugendlichen fangen früher mit dem Geschlechtsverkehr an. Die Zeit ihres sexuell aktiven Lebens vor dem 18. Geburtstag nimmt zu und damit die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft. Die Zunahme der „early starters“ trägt zu der Zunahme von Jugendschwangerschaften bei. Das veränderte Sexualverhalten macht folgende Abbildung deutlich: Prozentsatz koituserfahrener 15- und 17-jähriger Frauen nach Erhebungsjahr (1994–2005) Abb. 2 Zeitliche Trends: Prozentsatz koituserfahrener 15- und 17- jähriger Frauen, nach Erhebungsjahr (1994-2005)* Zeitliche Trends: Prozentsatz koituserfahrener 15- bis 17-jähriger Frauen, nach Erhebungsjahr (1994–2005) Abb.100 2 Zeitliche Trends: Prozentsatz koituserfahrener 15- und 17- jähriger Frauen, nach Erhebungsjahr (1994-2005)* koituserfahrene 17-jährige Frauen 100 69 50 29 15 Abb. 6 Schwangerschaften*, Geburten und Schwangerschaftsabbrüche von Abb. 6 Schwangerschaften*, Geburten und Schwangerschaftsabbrüche von 15- bis 17-jährigen Frauen, 1996-2006, RatenFrauen** per 1000 Frauen** 15- bis 17-jährigen Frauen, 1996-2006, Raten per 1000 schaftsabbrüche von 15- bis 17-jährigen Frauen** 9,1 0 9,1 7,3 5,2 3,9 3,6 3,6 3,3 3,3 3,3 3,9 Schwangerschaften* Schwangerschaften* 7,3 Schwangerschaften* 5,2 3,9 4,3 4,3 3,0 3,0 Abbrüche 4,3 Abbrüche Abbrüche Geburten 3,0 Geburten Geburten 0 0 0 '96 '96 '97'97 '98'98 '99'99 '00 '05 '06 '04 '05 '06 '96 '97'01 '98'02 '99'03 '00 '04 '01 '05 '02 '06 '03 '00 '01 '02 '03 '04 * Schwangerschaften = Geburten + Abbrüche. Überliegen Fehlgeburten liegen keine * Schwangerschaften = Geburten + Abbrüche. Über Fehlgeburten keine Daten vor. * Schwangerschaften = Geburten + Abbrüche. Über Fehlgeburten liegen keine Daten vor. Daten vor. ** Beim Abfassen dieses Berichts lag nur die Abbruchstatistik für 2007 vor. ** Beim Abfassen dieses Berichts lag nur dieAbbruchstatistik Abbruchstatistik für ** Beim Abfassen dieses Berichts lag nur die für2007 2007vor. vor. Danach lag die Abbruchquote pro 1000 15-17lag die pro Abbruchquote pro 1000 15-17-jährigen bei 4,1, also etwas niedriger als 2006. Danach lag bei dieDanach Abbruchquote 1000 15-17-jährigen also etwas niedriger als 2006. jährigen Frauen 4,1, also etwas niedriger als 2006. Frauen bei 4,1,Frauen Quelle:Bundesamt Statistisches Bundesamt Quelle: Statistisches Quelle: Statistisches Bundesamt Warum stieg die Zahl zwischen 1996 und 2001? 1. Es handelt sich wahrscheinlich um ein statistisches Artefakt. Möglicherweise dauerte es einige Jahre, bis die präzisere Erhebung durch das statistische Bundesamt durchgesetzt wurde. Dafür sprechen die Kontinuität der Häufigkeit von Abbrüchen und Schwangerschaften in den letzten Jahren, und die große Konstanz der Geburten von 1996 bis heute. Hinzu kommt: Absolute Zahlen sind kein gutes Maß für die Betrachtung zeitlicher Veränderungen, da sie die Korrelation zur Gesamtzahl der Jugendlichen in den jeweiligen Geburtsjahrgängen nicht berücksichtigen. Raten, die die Anzahl der Schwangerschaften, Geburten und Schwangerschaftsabbrüche per 1000 Frauen beschreiben, sind daher das angemessene Kriterium. © pro familia-Bundesverband www.profamilia.de 23 koituserfahrene 23 15-jährige Frauen koituserfahrene 18 1996 1996 1998 1998 2001 2001 2005 Erhebungsjahr 2005 Erhebungsjahr * Geburtsjahrgänge 1977-1991xxx * Geburtsjahrgänge 1977-1991xxx Quelle: BZgA 2006 Quelle: BZgA 2006 Hat sich das Verhütungsverhalten verändert? Verhüten junge Frauen heute schlechter als vor einigen Jahren? Die Daten der Bundeszentrale für gesundheiltiche Aufklärung (BZgA) geben dafür keine Hinweise. Auf größere Nachlässigkeit bei der Verhütung ist der Anstieg der Jugendschwangerschaften bis 2001 offenbar nicht zurückzuführen. Die folgende Grafik zeigt die Verhütung minderjähriger Frauen (nach Erhebungsjahr 1998–2005). Zeitliche Trends: Verhütung minderjähriger Frauen, Abb. 33 Zeitliche Trends: Verhütung minderjähriger Frauen, nach Erhebungsjahr (1998Abb. Zeitliche Trends: Verhütung minderjähriger Frauen, nach Erhebungsjahr (1998Abb. 3 Zeitliche Zeitliche Trends: Verhütung minderjähriger Frauen, nach Erhebungsjahr (1998Abb. 3 Trends: Verhütung minderjähriger Frauen, nach Erhebungsjahr (19982005, in %)* 2005, in %)* nach Erhebungsjahr (1998–2005) in Prozent 2005, in in %)* %)* 2005, 100 100 100 100 Verhütung Verhütung"Letztes "LetztesMal" Mal" 100 100100 100Verhütung "Erstes Mal" Verhütung "Erstes Mal" Verhütung "Erstes Mal" Verhütung "Erstes Mal" 68 68 68 68 31 31 31 31 Kondom Kondom Kondom Kondom 63 63 Pille Pille Pille Pille 63 63 33 3333 33 keine Verhütung keine Verhütung keine Verhütung keine Verhütung 12 12 1212 11 11 11 11 88 8 8 77 7 unsichere Methoden Methoden unsichere Methoden 7 00 0 unsichere unsichere Methoden unsichere Methoden 0 1998 2001 1998 2001 1998 2001 1998 2001 Verhütung "Letztes "Letztes Mal" Mal" Verhütung 71 7171 71 35 3535 35 99 9 77 97 7 2005 2005 2005 2005 737373 73 404040 40 717171 71 Pille Pille Pille Pille 7070 70 70 Kondom Kondom Kondom 4747 47 47 404040 Kondom 40 unsichere Methoden unsichere Methoden unsichere Methoden unsichere Methoden keine Verhütung keine Verhütung4 4 keine Verhütung 3 33 Verhütung 44 3keine 3 33 2 232 1 00 0 333 1 11 2 0 3 1998 2001 2005 1998 2001 2005 1998 2001 2005 1998 2001 2005 * Geburtsjahrgänge 1981-1991. Die Prozentzahlen für die einzelnen Erhebungen addieren sichsich auf mehr als 100%, da 1981-1991. DieProzentzahlen Prozentzahlen die einzelnen Erhebungen addieren sich auf mehr alsdada 100%, **Geburtsjahrgänge Geburtsjahrgänge 1981-1991. Die für die einzelnen Erhebungen addieren auf mehr als 100%, * Geburtsjahrgänge 1981-1991. DieDie Prozentzahlen fürfür diefür einzelnen Erhebungen addieren sich auf mehr als 100%, * 20% Geburtsjahrgänge 1981-1991. Prozentzahlen die einzelnen Erhebungen addieren sich auf mehr als 100%, da etwa der Frauen mit Pille undPille Kondom verhütet haben. da etwa 20% der Frauen mit und Kondom verhütet etwa 20% der Frauen mit Pille und Kondom verhütet haben.haben. etwa 20% der Frauen mit mit PillePille undund Kondom verhütet haben. etwa 20% der Frauen Kondom verhütet haben. Unsichere Methoden: Coitus interruptus, Zäpfchen, Schaum, „sichere Tage“. Unsichere Methoden: Coitus interruptus, Zäpfchen, Schaum, „sichere Tage“. Unsichere Methoden: Coitus interruptus, Zäpfchen, Schaum, „sichere Tage“. Unsichere Methoden: Coitus interruptus, Zäpfchen, Schaum, „sichere Tage“. Unsichere Methoden: Coitus interruptus, Zäpfchen, Schaum, „sichere Tage“. Quelle: BZgA 2006 Quelle: BZgA 2006 Quelle: BZgA 2006 Quelle: BZgA 2006 Quelle: BZgA 2006 1) Die Studie wurde von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufkärung (BZgA) gefördert Stand: Juni 2008 25 25 15-jährige Frauen 1994 1994 7,3 6,9 5,2 3,6 18 29 0 6,9 6,9 15 9,1 10 10 73 66 67 65 73 66 50 Abb. 6 Schwangerschaften*, Geburten und Schwangerschaftsabbrüche von 15- bis 17-jährigen Frauen, 1996-2006, Raten per 1000 Frauen** Schwangerschaften*, Geburten und Schwanger10 koituserfahrene 69 67 17-jährige Frauen 65 Vergleich mit jungen erwachsenen Frauen Auch ein Vergleich mit älteren Frauen kann die Schwangerschaftsabbruchraten von Minderjährigen ins Verhältnis setzen. Dabei muss beachtet werden, dass die Wahrscheinlichkeit einer ungewollten Schwangerschaft mit der sexuellen Aktivität einer Gruppe eng zusammenhängt. Tatsächlich haben Jugendliche unter 18 Jahren die bei weitem niedrigsten Abbruchraten. Die Raten 18- bis 29-jähriger Frauen sind mehr als doppelt so hoch. Setzt man aber die Abbruchraten ins Verhältnis zum Anteil der koituserfahrenen Jugendlichen, dann ergeben sich für die 15- bis 17-Jährigen in etwa gleich hohe oder etwas niedrigere Werte als für die 18- bis 29-Jährigen. Die folgende Grafik zeigt die Schwangerschaftsabbrüche nach Altersgruppen, 1996–2007 Abb. 10 Schwangerschaftsabbrüche nach Alter der Frauen 1996-2007, (Raten per 1000 Frauen) Schwangerschaftsabbrüche nach Alter der Frauen 1996– 2007, Raten per 1000 Frauen 15 Schwangerschaftsabbrüche nach Alter der Frauen 1996-2007, (Raten Abb. 10 per 1000 Frauen) 20- bis 24-Jährige 25- bis 29-Jährige 15 20- bis 24-Jährige 18- bis19-Jährige 25- bis 29-Jährige 10 10 18- bis19-Jährige 5 15- bis 17-Jährige 5 15- bis 17-Jährige 0 0 '96 '97 '98 '99 '00 '01 '02 '03 '04 '05 '06 '07 '96 '97 '98 '99 '00 '01 '02 '03 '04 '05 '06 '07 Quelle: Statistisches Bundesamt Quelle: Statistisches Bundesamt Regionale Unterschiede Es gibt erhebliche regionale Unterschiede im reproduktiven Verhalten minderjähriger Frauen: Schwangerschaftsraten, Abbruch- und Geburtenraten sind in den südlichen Flächenstaaten (Bayern, Baden-Württemberg, RheinlandPfalz) relativ niedrig, in den Metropolen und Stadtstaaten Berlin und Hamburg relativ hoch. Es sind vermutlich zwei Faktoren, die diese Unterschiede bedingen: der relativ hohe Anteil sozial benachteiligter Jugendlicher in den Großstädten und die größere Ver breitung unkonventioneller sexueller Verhaltensformen in den Metropolen. Deutschland im internationalen Vergleich 2,4 % aller Frauen in Deutschland werden vor ihrem 18. Geburtstag mindestens einmal schwanger. 7 bis 8 Schwangerschaften pro 1.000 Mädchen im Alter von 15 bis 17 Jahren, sind das viele oder wenige? Ein Vergleich mit anderen Ländern kann helfen, diese Zahlen ins Verhältnis zu setzen. Abb. 8 Schwangerschaften 15- bis 19-jähriger Frauen im internationalen Vergleich (Raten per 1000 Frauen) Schwangerschaften 15bis 19-jähriger Frauen im Abb. 8 Schwangerschaften 15- bis 19-jähriger Frauen im internationalen Vergleich (Raten per 1000 Frauen) internationalen Vergleich, Raten per 1000 Frauen Niederlande 12 Niederlan 14 Belgien Niederlande 12 Niederlan 16 Deutschla Deutschland 14 Belgien Slowenien 16 20 Deutschla Deutschland Finnland 20 21 Slowenien Dänemark 21 23 Finnland Schweden 23 25 Dänemark 32 Norwegen 25 Schweden Tschechie Tschechien 32 32 Norwegen 32 42 Schottland Tschechie Tschechien 42 43 Schottland Slowakei 43 45 Slowakei Kanada 45 47 Kanada England/ Wales EnglandW 47 England/ Wales EnglandW 60 Ungarn 60 Ungarn 82 Bulgarien 82 Bulgarien USA 84 USA 84 0 20 40 60 80 100 0 20 40 60 80 100 Quelle: The Alan Guttmacher Institute, 2000 Quelle: The Alan Guttmacher Institute, 2000 Deutschland hat – zusammen mit den Niederlanden und Belgien – die niedrigsten Raten von Jugendschwangerschaften. Großbritannien und Kanada liegen im mittleren Bereich, die USA an der Spitze. Die Unterschiede sind massiv. Die Rate in den USA ist viermal so hoch wie in Deutschland. Dies zeigt auch: Wo liberale Einstellungen verbreitet und die Akzeptanz von Jugendsexualität hoch sind, kommen ungewollte Schwangerschaften seltener vor. Fazit • Die Zahl der Jugendschwangerschaften in Deutschland ist rückläufig. • In den Jahren 1996 bis 2001 sind die jährlichen Raten von Schwangerschaften und Abbrüchen minderjähriger Frauen gestiegen. • Seit 2002 sinkt die Schwangerschaftsrate kontinuierlich. • Statistisch betrachtet sind Jugendschwangerschaften gegenwärtig eher selten. • Im internationalen Vergleich gehören die Schwangerschafts- und Abbruchraten von Minderjährigen in Deutschland zu den niedrigsten. Literatur und Link Ansprechpartnerin Sigrid Weiser Telefon +49 69-63 90 02 pro familia-Bundesverband Fax +49 69-63 98 52 E-Mail: [email protected] Weitere Informationen: www.profamilia.de/forschung Das Buch zur Studie: Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch bei minderjährigen Frauen, Köln 2009 www.bzga.de Informationen zu Schwangerschaft, Verhütung und Schwangerschaftsabbruch: www.profamilia.de Impressum Fakten & Hintergründe ist eine Reihe zu Themen auf dem Gebiet der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte. Sie erscheint in ungregelmäßigen Abständen. pro familia-Bundesverband, Stresemannallee 3, 60596 Frankfurt am Main, Telefon 069 63 90 02, Fax 069 63 98 52 Gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Stand: Juni 2008 © pro familia-Bundesverband www.profamilia.de