Mountainbiking und BMX:

Transcription

Mountainbiking und BMX:
LEBEN
Mountainbiking und BMX:
an erster Stelle bei koreanischen Radsportlern
Seitdem Mountainbikes in den 1980er Jahren ihren Einzug in Korea hielten,
entwickelte sich die Fahrradsportkultur des Landes v.a. rund ums Mountainbike. Bislang waren
die meisten Fahrräder für den Freizeitgebrauch in Korea Mountainbikes, doch heutzutage genießen
auch Rennräder und Minivelos große Beliebtheit und so erweitert sich die Fahrrad-Palette
in Korea je nach Geschmack und Nutzungszweck immer weiter.
Han Dong-Ok Chefredakteur der Monatszeitschrift Bicyclelife Magazine
E
s scheint ein Paradox zu sein, aber das Fahrrad ist in
unterentwickelten und in fortgeschrittenen Ländern
gleichermaßen beliebt. In den Ländern, in denen Kraftfahrzeuge und öffentliche Verkehrsmittel noch nicht weit genug
entwickelt sind, ist das Fahrrad ein wichtiges Verkehrsmittel
und in fortgeschrittenen Industriestaaten steigt die Zahl derer,
die das Fahrrad für Freizeitaktivitäten oder als Alternative im
Hinblick auf Verkehrsstaus und Umweltprobleme nutzen, Jahr
für Jahr an. Ein und dasselbe Fortbewegungsmittel wird also zu
völlig anderen Zwecken verwendet. Auch in Korea galt das Fahrrad bis zu den 1980er Jahren noch als billiges und praktisches
Verkehrsmittel. Doch mit der wirtschaftlichen Entwicklung und
steigendem Nationaleinkommen übernahm das Auto die Rolle
des Fahrrads in Verkehr und Transport und das Fahrrad rückte
auf ganz natürliche Weise in den Bereich der Freizeitkultur, wo
es sich heute bei den Koreanern größter Beliebtheit erfreut.
Das Fahrrad auf dem Vormarsch
Die Verbreitung von Fahrradfahren als Breitensport begann in
Korea um das Jahr 1990. Durch Fahrradgeschäfte wurden lokale
Klubs gegründet und es entstanden auch erste Radlerklubs im
PC-Kommunikationsservice. Mit der allgemeinen Nutzung des
Internets wurden seit Ende der 1990er Jahre die Internet-Klubs
aktiv.
Nach der Jahrtausendwende verbreitete sich dann die Fahrradkultur in rasantem Tempo. Nach Angaben des koreanischen
Zollamtes stieg das Volumen des Fahrradmarkts von 1 Mio.
Fahrrädern im Jahr 2002 auf 2,3 Mio. im Jahr 2007, d.h. die Branche konnte ihr Wachstum innerhalb von fünf Jahren mehr als
verdoppeln.
Die Zahl der Freizeitradler weist heutzutage, im Zeitalter hoher
82 Koreana | Herbst 2008
Ölpreise und steigenden Interesses am Energiesparen, einen
steilen Aufwärtstrend auf. Dieser Trend beeinflusst auch unmittelbar die Fahrrad-bezogenen Industriebranchen positiv, so dass
die Aktienwerte der Fahrrad-Unternehmen steigen und mehr
Fahrradwettbewerbe veranstaltet werden, was wiederum zu
einer noch schnelleren Verbreitung des Fahrrads und zur Verankerung der Fahrradkultur im Alltag der Koreaner führt.
Zur Verbreitung der Fahrradkultur leistet auch die heutige
Fahrrad-freundliche Politik der koreanischen Regierung und der
regionalen Selbstverwaltungseinheiten einen großen Beitrag. Es
ist eine Tatsache, dass die Straßen in Korea bislang weniger für
Nutzung und Sicherheit von Fußgängern oder Radfahrern konzipiert und verwaltet wurden, sondern eher für Kraftfahrzeuge.
An den Kreuzungen gab es Fußgängerbrücken oder Unterführungen statt Zebrastreifen und die Sicherheit der Radfahrer
war wegen gefährlicher Straßen und enger Bürgersteige nicht
gewährleistet. Doch seitdem sich die Regierung und Kommunen
um eine institutionelle Lösung der Energie- und Umweltprobleme bemühen, wird eine Förderpolitik zur Nutzung des Fahrrads vorangetrieben. Bei der Entwicklung neuer Städte ist die
Einrichtung von Fahrradwegen zur gesetzlichen Pflicht geworden und in Parks sowie entlang größeren und kleineren Flüssen
in den Städten wie in Seoul z.B. entlang des Flusses Han-gang
wurden Fahrradwege angelegt. Vor kurzem wurde auch eine
automatische Parkanlage für Fahrräder fertiggestellt und in
Betrieb genommen. Da das Fahrrad zahlreiche direkte Vorteile
und Bequemlichkeiten bietet, entscheiden sich viele Koreaner
fürs Fahrrad statt für ein anderes Verkehrsmittel. Im Bezirk
Songpa-gu in Seoul genießt der öffentliche Fahrradverleih, wo
sich die Bürger bei Bedarf Fahrräder ausleihen können, große
Beliebtheit.
© Choi Jun-keun
Koreas gebirgiges Terrain eignet sich besonder gut fürs Mountainbiking, einer Sportart,
bei der Radsportler durch abschüssiges gebirgiges Gelände ins Tal navigieren.
1
2
© Topic Photo
Korea, ein Mountainbike-Paradies
Das Zeitalter des Fahrradfahrens als Freizeitsport wurde in
Korea mit dem Mountainbike eröffnet. Seit den 1980er Jahren
wurden Mountainbikes durch MTB-Klubs (MTB: Mountainbike)
verbreitet und Mountainbiking ist auch heute noch eine der
beliebtesten Freizeitsportarten.
Darunter ist Crosscountry am populärsten. Crosscountry, Radrennen in gebirgigem Gelände, ist eine Disziplin, die gut zu den
natürlichen Gegebenheiten in Korea, das zu 70% aus Bergen
besteht, passt. Crosscountry-Fans fahren jedes Wochenende mit
ihren Mountainbikes in die nahen Berge oder machen sich in die
Provinz Gangwon-do auf, wenn sie längere Radtouren unternehmen wollen.
Neben Crosscountry gehört Downhill zu den repräsentativsten
MTB-Disziplinen. Es hat ziemlich lange gedauert bis Downhill,
Abfahrtsrennen auf steilen Bergstrecken, in Korea popularisiert
wurden, da die speziellen Downhill-Mountainbikes teuer sind
- die Leistungsfähigkeit des Mountainbikes steht in direktem
Zusammenhang mit der Sicherheit - und es Mühe kostet, das
Rad zum Berggipfel hinaufzuschleppen. Aber Downhill passt gut
zum Temperament der extrovertierten Koreaner, die gerne Herausforderungen annehmen und dynamische Sportarten genießen. Das allgemein lebhafte Wachstum des koreanischen Fahrradmarktes ist ein äußerer Faktor, der auch die Verbreitung von
Downhill förderte. Durch die Verbreitung des Internet-Shoppings
wurde es möglich, Mountainbikes auf den Internetseiten großer
ausländischer Shoppingmalls zu bestellen und der Anstieg der
Zahl der MTB-Importeure senkte die MTB-Preise auf ein vernünftiges Niveau. Außerdem gab es immer mehr MTB-Fans, die
Bikes der international berühmten MTB-Profis besitzen wollten. Zurzeit gibt es auch viele Bike-Klubs für Downhill-Fahrer.
Die Klubmitglieder sind sehr leidenschaftlich und aktiv bei der
Sache. Sie setzen sich mit Skiresorts, die nach der Wintersaison
ihre Pforten schließen, in Verbindung, legen dort Bikewege nach
ihrem Geschmack an, richten Bikeparks ein und veranstalten
auch Wettbewerbe.
Den 29-jährigen Kanadier Jeffrey, der seit zwei Jahren als
Englischlehrer in Seoul lebt, brachte das Mountainbiking nach
Korea. Als er auf der Suche nach einem Arbeitsplatz im Ausland war, faszinierten ihn die in Korea perfekten MountainbikeBedingungen und so entschied er sich ohne Zögern für einen Job
in Korea.
„Die natürlichen Bedingungen für Mountainbikes sind in Korea
geradezu fantastisch, das Land ist quasi ein Mountainbike-Paradies. Auch Großstädte wie Seoul sind von Bergen verschiedener
Größe und mit charakteristischen Anforderungen umgeben, so
dass man jederzeit in die Berge fahren kann. Für Bikefreunde ist
es ein großer Reiz, nach der Arbeit eine Radtour in den Bergen zu
machen, ohne weit aus der Stadt zu müssen.“
Jeffrey trifft sich jedes Wochenende mit koreanischen BikeFreunden und fährt in die nahe gelegenen Berge. Die Autofahrt
über enge und holprige Straßen und der Weg zum Berggipfel
seien zwar sehr anstrengend, aber im Moment der Abfahrt vom
Gipfel den Bergrücken entlang hinunter könne man den ganzen
Stress im Nu vergessen, so lobt Jeffrey das Downhill-Fahren in
Korea.
Die meisten Radsport-Veranstaltungen in Korea konzentrieren sich auf MTB-Rennen. Pro Jahr werden mehr als 20 MTBWettbewerbe veranstaltet, darunter ist das Samchuly Bicycle
MTB National Championship , das jeweils in der dritten Maiwoche
stattfindet, am bekanntesten und beliebtesten. Ein weiteres
großes Bike-Festival ist das Gangchon Challenge Championship ,
das im Sommer mit fast 2.000 Teilnehmern im Gangchon-Vergnügungspark stattfindet. In Gangwon-do und in der Autonomen
Sonderverwaltungsprovinz Jeju werden auch Hillclimb-Rennen
veranstaltet, bei denen es im Gegensatz zu Downhill darum geht,
ategorie von
© Newsbank
image
© Newsbank
image
rt-K
n fährt
1 In der Ve
Wettbewerbe
eestyle-BMXr in
Fr
e, eine
einer Halfpip
ein BMXer in
Röhre,
en
rt
ie
lb
se ha
der Längsach
r
fü
g
um Schwun
hin und her,
so
e
di
,
er
anöv
artistische M
lten.
icks, zu erha
genannten Tr
sportart,
t eine Extrem
2~3 BMX is
Parks in
er
od
raßen
für den die St
en.
ld
bi
e
hn
Bü
der Stadt die
llführen
ufelsradler vo
Die BMX-Te
igen
ze
Tricks und
verschiedene
lem
al
f
au
e
si
indem
ihr Können,
hren,
fa
er
nt
ru
he
herauf- und
etet.
was sich anbi
3
Herbst 2008 | Koreana 85
wer es am schnellsten bis zum Berggipfel schafft. Obwohl es ein
harter Wettbewerb ist, bei dem an die 20 km Steigung zurückzulegen sind, strömen jährlich viele Radsportbegeisterte zum
Hillclimb-Rennen, um den Nervenkitzel der Herausforderung und
den Rausch des erfolgreich Vollbrachten mitzuerleben.
Bicycle Motocross (BMX)
Während Mountainbiking sozusagen ein Training der Selbstüberwindung ist, das auf holprigen Gebirgswegen absolviert wird,
ist BMX ein herrlicher Extremsport, den man auf Straßen oder
in Parks, also auf Bühnen mitten in der Stadt, betreiben kann.
BMX-Räder mit denen man das Geschwindigkeitsgefühl eines
Motorrads und die Freibeweglichkeit von Inlineskates gleichzeitig
genießen kann, sind kleiner und leichter als normale Fahrräder.
Die BMX-Räder haben normalerweise 20-Zoll-Laufräder von
großer, stabiler Breite. Alle Einzelteile des BMX sind besonders
stabil konzipiert, so dass BMX-Räder eine höhere Schockabsorption aufweisen als normale Fahrräder. Der Lenker ist um 360
Grad drehbar, weshalb man mit dem BMX auch Tricks wie Sprünge und Umdrehungen vorführen kann. Daher wird dieses Rad
auch „Trick-Fahrrad“ genannt. BMX fahren hauptsächlich junge
Leute, die beim Hinauf- oder Herunterfahren unebener Wege ver-
die Zahl der BMXer weiter anstieg, gründeten die koreanischen
Fahrradhersteller BMX-Teams und förderten so die Nachfrage.
Mit der Einführung von verschiedenartigen Extremsportarten seit
der Jahrtausendwende ging die Zahl der BMX-Fans zwar etwas
zurück, aber einige repräsentative BMX-Teams halten durch ihr
Engagement die Sportart landesweit am Leben. Heutzutage sind
verschiedene BMX-Clubs aktiv und mittlerweile gibt es auch ein
auf BMX spezialisiertes Geschäft.
Rennrad-Renaissance und Minivelo-Trend
Das Rennrad ist der Prototyp des Freizeitsport-Fahrrads und
zugleich weltweit das beliebteste Sportrad. Die Rennrad-Reifen
sind dünn, haben aber einen großen Durchmesser, was sie für
hohe Geschwindigkeiten prädestiniert. Viele Rennräder haben
einen nach unten gerichteten Lenker.
Theoretisch ist es richtig, dass man auf Straßen Rennräder fährt,
aber bislang fuhren in Korea fast nur Radsportprofis Rennräder.
Freizeitradler benutzten normalerweise Mountainbikes als „Rennrad“, da die Straßenbeschaffenheit nicht optimal für Rennräder
war. Die große Popularität von Mountainbikes trug ein Weiteres
dazu bei, dass Rennräder nicht besonders beliebt waren. RennradWettbewerbe waren zudem meistens Rennen für professionelle
Radler, so dass die wenigen nicht-professionellen Rennradfreunde keine Gelegenheit
Das Zeitalter des Fahrradsports als Freizeitvergnügen wurde in Korea mit
zur Teilnahme hatten. Doch mit dem Gesindem Mountainbike eröffnet. Die natürlichen Bedingungen für Mountainbikes
nungswandel und der Erweiterung der Rennsind in Korea geradezu fantastisch, das Land ist quasi ein Mountainbike-Paradies.
radstrecken und Anlagen stieg auch die Zahl
Auch Großstädte wie Seoul sind von Bergen verschiedener Größe und mit
der Rennradfahrer und im Jahr 2005 wurde
charakteristischen Anforderungen umgeben, so dass man jederzeit in die Berge
der erste Rennrad-Wettbewerb für Amateure
fahren kann. Für Bikefreunde ist es ein großer Reiz, nach der Arbeit eine
veranstaltet. Das größte Rennrad-Wettbewerb
Radtour in den Bergen zu machen, ohne weit aus der Stadt zu müssen.
Koreas, die Tour de Korea , wurde 2007 auch
für Amateur-Radsportler zugänglich gemacht.
schiedene Techniken und Tricks vorführen wollen. Wenn MTB ein
2008 wurde die Bühne des Wettbewerbs auf Japan erweitert und
Freizeitsport zur körperlichen Ertüchtigung ist, der die Leistungsdas Rennen entsprechend in Tour de Korea-Japan umbenannt.
fähigkeit von Herz und Lunge stärkt, dann ist BMX ein FreizeitEin weiterer neuer Trend sind seit 2003 Minivelos, deren Reifensport, dessen größter Reiz für Jugendliche in dem geistigen Kick
Durchmesser unter 20 Zoll liegt, und die sich bei jungen Leuten
liegt, ihre leidenschaftliche Energie freizusetzen und ihren Willen
immer größerer Beliebtheit erfreuen. Minivelos sind von ihrer
zur Herausforderung zu entfalten.
Konzeption her viel besser für die Nutzung im Alltag geeignet als
Bei BMX gibt es zwei Disziplinen, Racing und Freestyle. BMXRennräder oder Mountainbikes. Die kleinen Reifen erleichtern
Racing ist ein Rennen auf kurvigen Fahrbahnen aus Sand usw.
die Unterbringung des Minivelo. Da es faltbar ist, ist es zudem
BMX-Freestyle wird nochmals in Vert und Street unterteilt. Bei
leicht transportierbar und kann mit in öffentliche Verkehrsmittel
Vert präsentiert man bei wiederholten Hin- und Herfahren auf
genommen werden. Zurzeit fahren viele Leute auf kurzen Streeiner Halfpipe, der unteren Hälfte einer waagrecht zerteilten
cken mit dem Minivelo z.B. zur Arbeit oder Schule. Außerdem
Röhre, verschiedene als Tricks bezeichnete Kunststücke. Bei
gibt es Minivelos in den verschiedensten Designs, so dass die
Street wird auf allem gefahren und Tricks vorgeführt, was man
Entscheidung für ein Minivelo nicht nur eine Entscheidung für ein
auf der Straße finden kann wie Treppen, Geländer, MauervorVerkehrsmittel ist, sondern auch eine für einen Modetrend.
sprünge, Wände usw.
Das Fahrrad ist mittlerweile ein Bestandteil des Alltags und FreiIn Korea begannen Ende der 1980er Jahre junge Leute mit ausgezeitlebens der Koreaner geworden, der nicht mehr wegzudenken
prägtem Willen zur Herausforderung, die von der ausländischen
ist. Mit dem steigenden Interesse am Fahrrad und der fahrradKultur beeinflusst wurden, BMX zu fahren. In den 1990er Jahren
freundlichen Politik, die nachhaltig von Regierung und Kommunen
wuchs dann die Zahl der BMX-Maniacs, die sich auf dem Yeouidovorangetrieben wird, ist zu erwarten, dass das Fahrrad in Zukunft
eine noch größere Rolle im Leben der Koreaner spielen wird.
Platz in Seoul versammelten, um ihrem Sport zu frönen. Als
86 Koreana | Herbst 2008