Du bleibst recht armselig, solange du nicht entdeckt hast, dass man

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Du bleibst recht armselig, solange du nicht entdeckt hast, dass man
Du bleibst recht armselig,
solange du nicht entdeckt hast,
dass man nicht mit offenen Augen
am besten sieht.
Du bleibst recht naiv,
solange du nicht weißt,
dass man mit verschlossenen Lippen
ein Schweigen erzielen kann,
viel reicher
als ein Schwall von Worten.
Du bleibst solange recht ungeschickt,
als du nicht einsiehst,
dass man mit gefalteten Händen
weit mehr bewirken kann
als mit tätigen Händen,
die – ohne es zu wollen –
oftmals verletzen.
Dom Helder Camara, Mach aus mir einen Regenbogen. mitternächtliche Meditationen. Zürich 1981, 18
Sag ja
zu den Überraschungen
die deine Pläne durchkreuzen,
deine Träume zunichte machen,
deinem Tag
eine ganz andere
Richtung geben –
ja vielleicht
deinem Leben.
Sie sind nicht Zufall.
Lass dem himmlischen Vater die Freiheit,
Selber
den Einschuss deiner Tage zu bestimmen.
Dom Helder Camara, Mach aus mir einen Regenbogen. mitternächtliche Meditationen, Zürich 1981, 78
Teilst du dein Brot ängstlich,
ohne Vertrauen,
ohne Wagemut,
überstürzt,
wird es dir fehlen.
Versuch es zu teilen,
ohne in die Zukunft zu denken,
ohne zu rechnen,
ohne zu sparen,
als ein Sohn
des Herrn über alle Ernten der Welt.
Dom Helder Camara, Mach aus mir einen Regenbogen. mitternächtliche Meditationen, Zürich 1981, 84
Du bist der Vater welcher Armen?
Ohne Zweifel
der Hilfsbedürftigen,
der Unterdrückten,
der Recht- und Stimmlosen.
Aber vergiss nicht
die anderen Arten der Armut:
die Armen an Liebe,
die Armen an Träumen,
die Armen an Glaube und Hoffnung,
die Armen an Friede.
In Deiner unendlichen Barmherzigkeit
umhülle
die Ärmsten der Armen
– die reichen Armen, die
die Schatten der Macht umarmen
und durch das Leben gehen
im Glauben, intensiv zu leben,
ohne tatsächlich zu leben.
Dom Helder Camara, Mach aus mir einen Regenbogen. mitternächtliche Meditationen, Zürich 1981, 85
Irre ich mich, o Herr?
Ist der Gedanke eine Versuchung,
Du treibest mich ständig
hinzugehen und zu verkünden,
dass es notwendig ist, ja dringend,
von Deiner Gegenwart im Sakrament überzugehen
zu Deiner anderen Gegenwart,
einer ebenso realen
im Abendmahl der Armen?
Die Theologen mögen’s erörtern.
Tausend Unterscheidungen werden sie vorbringen...
Aber wehe dem, der sich von Dir nährt
und dann keine offenen Augen hat,
um Dich zu entdecken,
wie Du Dir im Müll Deine Nahrung suchst,
von überall verstoßen,
wie Du unter unmenschlichen
Bedingungen,
unter dem Zeichen
völliger Unsicherheit lebst.
Dom Helder Camara, Mach aus mir einen Regenbogen. mitternächtliche Meditationen, Zürich 1981, 100
Großer, liebevoller Gott,
wir machen uns auf einen Weg zu Dir, der uns und die Menschen um uns
herausfordert.
Wir wollen bewusst unsere materiellen Mittel beschränken, um solidarisch zu leben
mit Menschen, denen finanziell nur wenig zum Leben zur Verfügung steht.
Wir wissen noch nicht, wie wir damit zurecht kommen werden.
Begleite Du uns und erfülle uns immer wieder neu mit Deiner Liebe, die uns
Vertrauen in das Leben haben lässt. Lass uns gerade da lernen von den Armen, die
so lebendige Zeugen Deiner Botschaft der Hoffnung sind.
Hilf uns geduldig mit uns selbst und unseren Mitmenschen zu sein, um Dir in unseren
Leben Raum zu geben.
Stefanie Pittner
Mögen die Engel deine Schritte leiten
und die Heiligen deinen Weg schützen.
Mögen helfende Hände zu deiner Rechten und zu deiner Linken sein.
Markus Thüer (Hg.): Möger der Regen sanft über deine Felder streichen. Irische Segensgebete, Freiburg i. Br.
2003, S. 7
Gott gebe dir
für jeden Sturm einen Regenbogen,
für jede Träne ein Lachen,
für jede Sorge eine Aussicht
und eine Hilfe in jeder Schwierigkeit.
Für jedes Problem, das das Leben schickt, einen Freund es zu teilen,
für jeden Seufzer ein schönes Lied
und eine Antwort auf jedes Gebet.
Markus Thüer (Hg.): Möger der Regen sanft über deine Felder streichen. Irische Segensgebete, Freiburg i. Br.
2003, S. 8
Mögest du Gottes Licht
auf den vor dir liegenden Wegen sehen,
auch wenn die Straße, die du gehst, dunkel ist.
Mögest du immer
das sanfte Singen der Lerche hören,
auch in der Stunde der Sorge.
Möge die Härte dein Herz
niemals zu Stein verwandeln,
wenn die Zeiten auch hart sin.
Mögest du niemals vergessen,
auch wenn dich Schatten umgeben:
Du gehst nicht allein!
Markus Thüer (Hg.): Möger der Regen sanft über deine Felder streichen. Irische Segensgebete, Freiburg i. Br.
2003, S. 16
Segen sei mit dir,
der Segen strahlenden Lichtes,
Licht um dich her
und innen in deinem Herzen.
Sonnenschein leuchte dir
und erwärme dein Herz,
bis es zu glühen beginnt
wie ein großes Torffeuer,
und der Fremde tritt näher,
um sich daran zu wärmen.
Aus deinen Augen strahle
gesegnetes Licht
wie zwei Kerzen
in den Fenstern deines Hauses,
die den Wanderer locken,
Schutz zu suchen dort drinnen
vor der stürmischen Nacht.
Wen du auch triffst,
wenn du über die Straße gehst,
ein freundlicher Blick von dir
möge ihn treffen.
Markus Thüer (Hg.): Möger der Regen sanft über deine Felder streichen. Irische Segensgebete, Freiburg i. Br.
2003, S. 16
Den tiefen Frieden im Rauschen der Wellen wünsche ich dir.
Den tiefen Frieden im schmeichelnden Wind wünsche ich dir.
Den tiefen Frieden über dem stillen Land wünsche ich dir.
Den tiefen Frieden unter den leuchtenden Sternen wünsche ich dir.
Den tiefen Frieden vom Sohne des Friedens wünsche ich dir.
Markus Thüer (Hg.): Möger der Regen sanft über deine Felder streichen. Irische Segensgebete, Freiburg i. Br.
2003, S. 16
Texte von Anselm Grün – Zur Einstimmung auf Abende in der Fastenzeit:
Arm vor Gott, reich vor Gott
Jesus, nach Glück sehnen wir uns alle. Aber das Glück können wir uns nicht kaufen.
Du hast uns Wege gezeigt, wie unser Leben gelingt. Du hast die glücklich gepriesen,
die arm sind vor Gott.
Arm sein ist eine Haltung, die mich gar nicht anspricht. Denn ich möchte eher reich
werden. Ich möchte, dass ich nicht ständig Geldsorgen habe, sondern zufrieden
leben kann.
Doch ich weiß auch, dass Besitz besessen machen kann. Du verlangst nicht von mir,
dass ich nichts habe, sondern dass ich nicht am Äußeren hänge. Der Reichtum, den
ich außen suche, wird mich nie zufrieden stellen. Vor allem wenn ich mich mit
anderen vergleiche, werde ich nie zufrieden sein mit dem, was ich habe.
Du sprichst von dem Schatz, den wir im Himmel haben. Wenn du in mir wohnst,
dann habe ich alles, was ich brauche. Dann entdecke ich in mir einen inneren
Reichtum. Den muss ich nicht ängstlich verteidigen. Er ist in mir. Wenn ich diesen
Reichtum in mir finde, dann ahne ich, was Glück meint. Schenke mir diesen inneren
Schatz, den „kein Dieb wegnimmt“ (Lukas 12,33).
Anselm Grün, Komm in Berührung. Jugendgebete, Freiburg im Breisgau 2005, S. 78f.
Richtig leben
Ich möchte richtig leben, Jesus. Du versprichst das Glück nicht nur denen, die sich
selbst gerecht werden oder die sich gerecht gegenüber anderen verhalten. Sondern
allen, die sich nach Gerechtigkeit in dieser Welt sehnen. Die nicht ruhen, bevor nicht
auch den Menschen um sie herum Gerechtigkeit widerfährt.
Wenn ich deine Worte ernst nehme, dann kann ich mich nicht nur um mich kümmern.
Ich muss mich auch einsetzen für die Menschen, die nicht um ihr Recht kämpfen
können, die keine Stimme haben.
Das ist oft unbequem. Ich gerate dabei in Konflikte und Auseinandersetzungen. Aber
ich spüre, dass ich nur dann wirklichen Frieden finde, wenn ich meine Solidarität zu
den Menschen auch nach außen ausdrücke. Zugleich werde ich mir aber auch
meiner Grenzen bewusst. Ich kann nicht Recht für alle Menschen durchsetzen.
Jesus, zeige mir den Weg, wie ich beidem gerecht werden kann: meinen eigenen
Grenzen und den Menschen und ihrem Recht auf Leben.
Anselm Grün, Komm in Berührung. Jugendgebete, Freiburg im Breisgau 2005, S. 84f.
Ein weites Herz
Jesus, du hast Menschen nie verurteilt, sondern immer ein Herz gehabt gerade für
die, die sich arm und elend fühlen, die sich als Sünder ausgestoßen wissen. Du hast
ein Herz für uns arme Menschen. „Barmherzigkeit“ nennt das die Bibel.
Schenke mir deine Barmherzigkeit, damit ich barmherzig mit mir selbst umgehe. Ich
reagiere oft so unbarmherzig auf meine eigenen Fehler und Schwächen. Ich
verurteile mich ständig. Da sehne ich mich nach deinem Herzen, das sich erbarmt,
statt zu verurteilen.
Wenn ich mit mir selbst barmherzig bin, dann kann ich auch ein Herz haben für die
Menschen, die sich selbst nicht annehmen können.
Ich sehne mich nach einer Welt, die barmherziger ist als die unsere, in der es immer
rauer zugeht. Lass deinen Geist der Barmherzigkeit immer tiefer in mein Herz
eindringen, damit mein Herz weit wird. Damit ich mit einem weiten Herzen die
Menschen um mich herum einlade, sich selbst mit einem gütigen Auge
anzuschauen.
Anselm Grün, Komm in Berührung. Jugendgebete, Freiburg im Breisgau 2005, S. 86f.