PDF-Download - noltes theater

Transcription

PDF-Download - noltes theater
WAIBLINGERKREISZEITUNGAM8.2.2016
Perle quatscht und sucht Trost
Noltes Theater in der alten Rommelshausener Kelter – fast schon ein Familientreffen
Von unserem Mitarbeiter
Wolfgang Gleich
Kernen-Rommelshausen.
Die Parodie einer Soap-Opera, musikalisch garniert und mit Tanzeinlagen
gewürzt, die sich nebenbei auch noch
augenzwinkernd selbst parodiert: Um
so etwas zu schreiben und erfolgreich
auf der Bühne zu inszenieren, müssen
die Begleiterinnen Apollons schon
hordenweise über jemanden hergefallen sein. „Perle quatscht“ bestätigt
das Geniale an Serien: Fürs Publikum
wird das Weib zum Familienmitglied.
weitere Folge unter dem
Titel „Otto
schraubt“ - sozusagen die Rache des auf der
Bühne bisweilen eher schwach aussehenden
starken Geschlechts - hat Oliver Nolte der
Fangemeinde bereits versprochen.
Ich lass’ mich scheiden
Perle quatscht, oder von der Kunst, über
den Mann des Lebens zu reden: In Tränen
aufgelöst ist Perle aus der Wohnung gerannt. Bei einer Partnerübung, die sie in
dem Buch „Die sieben Geheimnisse der
glücklichen Ehe“ gefunden hatte, verlangte
sie von ihrem Otto, einen Brief an seinen
liebsten Menschen zu schreiben. Und Otto
schrieb: „Liebe Mutter, ich glaube, ich
komme bald zurück zu dir, hier ist es kalt.“
Weiter muss Perle nicht lesen, um einzusehen: „Es ist aus! Ich lass’ mich scheiden!“
Nun sucht Perle Trost und Zuspruch bei ih„Perle“, das von Birgit und Oliver Nolte ge- rer besten Freundin Steffi. Und für die steht
schaffene „ewige Weib“ des postmodernen fest: „Wenn es ihn zur Mama drängt, zeig’
Internet-Zeitalters. Die Aufführung von ihm, wo der Hammer hängt!“ Schließlich
„Perle quatscht“ in der Alten Kelter in mochte sie den Otto noch nie leiden!
Rommelshausen war alles andere als ein Gastspiel für „Noltes Theater“ aus ÜberlinMänner sind Amöben
gen, schon eher ein Heimspiel, wenn nicht
gar ein Familientreffen. Bei 90 bis 95 Pro- zent der Besucher der Vorstellung, schätzte Etwas Licht in die aufziehende Melancholie
Oliver Nolte, handle es sich um Stammpu- bringt die Erinnerung an den gemeinsamen
blikum. Seine Frau und er seien auch nach Schwarm vergangener Jugendtage: John
ihrem Wegzug nach Überlingen dem Rems- Travolta. Schließlich hatte Steffi einst 36tal und seinen Menschen eng verbunden ge- mal John Travolta und Olivia Newton-John
blieben. Entsprechend herzlich begrüßte er in „Grease“ im Kino angeguckt, Perle sogar
zu dieser Vorstellung auch das Publikum an 112-mal. Und hatten sie sich nicht einst soder Eintrittskasse: als liebe Gäste, über de- gar geschworen, keinen anderen Mann als
ren Besuch man glücklich sei.
eben jenen John Travolta zu lieben? Was ist
im Vergleich zu dessen Lichtgestalt schon
Perles Otto? „Der eigene Mann wird etwas
Otto zieht es zu Mutti
bleich im Vergleich mit jenem Star, dem du
schon vor dreißig Jahren die Treue geEine Nähe, die nicht weiter verwundert. schworen hast.“ Und überhaupt, die zwei
Und da zu einem Saustall, wo das Strümp- sind sich einig: Männer sind Amöben auf
felbacher Theater logierte, auch Perlen ge- Flöhen auf Ratten!
hören, entwickelten Noltes die inzwischen
Gestärkt durch einen virtuellen Besuch
vierteilige „Perle“-Reihe, in der Michael auf John Travoltas Homepage fasst Steffi
Lauenstein musikalische Akzente setzt: den Entschluss: Perle braucht einen neuen
„Perle sucht Sau“, „Perle hat Sau“, „Perle Mann! Gemeinsam tauchen die Freundinkocht“ und jetzt: „Perle quatscht“. Eine nen kopfüber ein in die virtuelle Welt der
Partnerschaftsvermittlung und Kennenlernbörsen, der Stars, Sternchen und Promis. Dort, im Algorithmen-Wunderland,
wird geschwatzt und gequatscht, getwittert
und geinstagramt, getratscht und gelästert,
gepostet und geteilt, geraten, geparshipt
und getröstet, nach dem Motto: Ich schreibe
was, was du nicht siehst. Was für ein Glück,
dass Steffi schließlich Ottos Brief zu Ende
liest, während Perle auf dem Klo auf das
Elementare im Leben zurückgeworfen wird
und erkennen muss: Es flutscht nicht!
„Ich liebe meinen Otto, Baby“, röhrt Perle schließlich in Billie-Holiday-Manier
saalfüllend dem Publikum entgegen, das
diese Erkenntnis mit stürmischem Szenenapplaus goutiert. Aber dann ist da ja noch
die Sache mit John Travolta.
Kongenial agieren Birgit Nolte-Michel
und Sabine Martin auf der Bühne als Perle
und Steffi. Sie werfen sich die Stichworte
zu, lenken die Aufmerksamkeit aufeinander, befördern sich
wechselseitig zur
Höchstleistung und stacheln sich gegenseitig an in eine sprühende Spielfreude hinein,
die schließlich auch den berühmten Funken
in die Herzen und Seelen ihres Publikums
überspringen lässt: liebe gute alte Bekannte
und treue Fans, von denen sich einige in
eine
solche Begeisterung hineinsteigern,
dass sie in der Pause einzelne Sequenzen im
Hof vor der Alten Kelter nachinterpretieren. Als ruhender Pol sitzt Michael Lauenstein links von der die Bühne als zentrale
Requisite
dominierenden
Spießercouch
hinter dem Klavier und führt die Aktricen
mit sicherer Hand durch den musikalischen
Part der Inszenierung.
Es geht weiter
� Wie Perle ihren Otto fand, erzählt
Noltes Theater am Freitag, 12. Februar, in der Alten Kelter in Rom.
� Nach der Premiere von „Perle
quatscht“ geht Noltes Theater ab Mittwoch in die zweite Kernen-Woche. Alle
Veranstaltungen starten um 20 Uhr.