Orangenduft zieht durch die Bio-Teppichwäscherei

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Orangenduft zieht durch die Bio-Teppichwäscherei
WRP Wäscherei | praxis
Hilde und Wolfgang Braun: Zusammen führen sie die Teppichpflege
Braun mit 20 Mitarbeitern und 800
Quadratmetern Produktionsfläche.
Teppichpflege Braun in Sachsenheim ist neues Mitglied im ATW
Orangenduft zieht durch
die Bio-Teppichwäscherei
Die Teppichreinigung als Sonderbereich in der Textilpflege erfordert Fachwissen, Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Über
diese Qualitäten verfügt Wolfgang Braun, Inhaber der Teppichpflege Braun in Sachsenheim. Für seinen Betrieb hat er ein
Waschverfahren entwickelt, das er mit einem eigenen Biolabel siegelt. Seit Kurzem ist er Mitglied im ATW, dem Arbeitskreis der Teppichwäscher im DTV. Der ATW gilt als Plattform für den Wissenstransfer unter Spezialisten wie Braun.
D
as Erste, was beim Betreten der Wäscherei der
Teppichpflege Braun im
schwäbischen Ochsenbach auffällt, ist der feine Orangengeruch.
„Das kommt vom Waschmittel“,
erklärt Inhaber Wolfgang Braun
beim Rundgang. Darin ist Orangenterpentin enthalten. Außerdem verwendet er zum Absäuern
ein Naturprodukt, das den fruchtigen Geruch verstärkt. Für eine
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schonende Teppichwäsche mit
weichem Griff und frischen Farben hat er sein eigenes Waschverfahren mit natürlichen Substanzen entwickelt. Er siegelt es mit
dem selbst kreierten Biolabel der
Textilpflege Braun.
Wolfgang Braun verwendet im
Betrieb auch Verfahrenstechniken, die weniger bekannt sind.
Über die diskutiert er mit sei-
nen Kollegen im Arbeitskreis der
Teppichwäscher, kurz ATW, im
Deutschen Textilreinigungs-Verband (DTV). Der offene Umgang
in diesem Kreis bei Tagungen
oder bei einem Kollegenbesuch
schafft für ihn die Basis für einen
vertrauensvollen Wissenstransfer. Zudem ist man in der Gemeinschaft erfolgreicher in der
Abwehr der „Teppichmafia“ mit
ihren Betrugsgeschäften. „Ge-
meinsam neue Marketingstrategien zu entwickeln oder neue
Themen anzugehen, bringt auch
jedem persönlich etwas“, sagt er
mit Überzeugung. Da er selbst als
Quereinsteiger vor fast 30 Jahren
in die Branche kam, ist es ihm ein
Anliegen, branchenfremde Mitarbeiter nicht nur anzulernen, sondern fachlich nachweisbar auszubilden. Das Konzept des DTV zur
Weiterbildung von Mitarbeitern
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Ibrahim Farnam ist als Teppichrestaurator und Sachverständiger für die Reparatur und Restauration der Teppiche zuständig.
Der Teppich - ein
hochsensibles Textil
Wissen, Erfahrung und Fingerspitzengefühl sind das A
und O bei der Teppichreinigung. An der Ware befinden
sich keine Pflegekennzeichen
oder Angaben zum Materialmix. Die Mitarbeiter bei Braun
kennen ihr Metier perfekt. Die
meisten sind schon über zehn,
manche sogar über 20 Jahre
im Betrieb. Der Chef kommt
deshalb zur Warenschau nur
noch bei problematischen
Fällen. Die genaue Prüfung
und Einschätzung entscheidet
über den Warenausfall, dennoch lässt sich das Ergebnis
nicht immer zu 100 Prozent
vorhersagen. Zum Beispiel
sind Farbverschiebungen und
Ausbluten ein Risiko bei mit
Naturfarben gefärbter Ware,
wenn schlechte Pigmente verwendet wurden. Zurzeit sind
Wolfgang Brauns größte Sorge
jedoch Kleberanlösungen bei
billigen Tuftings. Aber auch
Mechanik, Chemikalien, Licht
oder Schädlinge wie zum Beispiel Motten wirken über lange Zeit auf den Teppich ein.
So wird mancher Schaden erst
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nach dem Waschprozess deutlich. Sind im Vorfeld Zweifel
vorhanden, klärt Wolfgang
Braun die Erwartungshaltung
des Kunden ab.
Der Teppich - ein
emotionales Produkt
Nicht jeder Teppich kann
nach der Reinigung wie neu
aussehen. Das Alter hinterlässt Spuren, die nicht nur mit
Wasser und Seife zu entfernen
sind. Kahl- und Druckstellen
im Flor, Mottenfraß oder beschädigte Fransen sind das
Spezialgebiet des gelernten
Teppichknüpfers Ibrahim Farnam. Der Teppichrestaurator
und Sachverständige ist für
die Reparatur und Restauration der Teppiche zuständig.
Einfühlsam weiß er mit den
Ängsten der Kunden umzugehen, wenn ihr Lieblingsstück
in Gefahr ist. „Dann spielt oftmals der Preis im Verhältnis
zum Restwert kaum noch eine
Rolle“, wundert sich Wolfgang
Braun manchmal bei solchen
Gesprächen. Aus Erfahrung
weiß er, wie wichtig für Kunden die Wertschätzung ihres
Teppichs in der Warenannahme und Ausgabe ist. Auch
wenn der originäre Platz des
Teppichs am Boden ist, trifft
ein unachtsames Fallenlassen
seines Lieblingsstücks den
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unterstützt er voll. Zwei seiner
Mitarbeiter werden daran teilnehmen.
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Teppichwäsche bei Braun
Warenschau
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Jeder Teppich wird genau begutachtet, dann vermessen und fotografiert. Der Preis bemisst sich an der
Quadratmeterzahl und dem Flormaterial. Bei ungewissem Warenausfall oder sichtbaren sowie absehbaren Schäden wird der Kunde vor der weiteren Bearbeitung kontaktiert. Zu beachten ist beispielsweise,
dass Handtuft-Teppiche nicht in Wasser gereinigt
werden dürfen, da sich der Leim auflösen würde. Produkte mit umgeschlagenen Kanten machen ebenfalls
Probleme, weil sich oft der Kleber löst. Geprüft wird
auch, ob Kett- und Schussfäden des Untergewebes
aus einem Material sind. Außerdem werden die einzelnen Farben des Flors auf Farbechtheit getestet.
Schleudern
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Die zweite Entwässerungsphase reduziert die Restfeuchte im Teppich auf 30 Prozent. In der Längsschleuder wird der gerollte Teppich zentrifugiert.
„Das schont die Fasern und verhindert ein Verfilzen“,
erklärt Teppichfachmann Wolfgang Braun. Die Ware
ist nach diesem Prozess relativ trocken. Damit ist
ein farbechtes und flauschiges Reinigungsergebnis
garantiert.
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Vorwäsche
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Schonung ist oberstes Gebot. Voll waschbare Teppiche kommen zuerst in eine Wanne mit rotierenden
Paddelkufen, die den Teppich sanft bewegen. Das
Waschwasser hat eine Temperatur von etwa 8 Grad
und ist mit dem biologisch abbaubaren Wollwaschmittel und Luftblasen angereichert. Die niedrige
Temperatur verhindert Farbverschiebungen und ein
Ausbluten; die Luftblasen aktivieren zusätzlich die
waschaktiven Substanzen. Mit Hilfe der sanften Mechanik werden die Teppichfasern umspült, und der
Schmutz löst sich von beiden Seiten. Verschmutzungen werden dadurch weitgehend ausgespült,
sodass im Nachgang weniger Mechanik nötig ist.
Qualitätskontrolle
6
Beim Aufziehen des Teppichs auf die Trockenstange erfolgt die Qualitätskontrolle. Lose Wollfusseln
werden entfernt und die Fransen ausgekämmt. Sind
noch Farbschatten zurückgeblieben, gibt es eine
Spezialkur. Die Rezeptur ist ein gut gehütetes Betriebsgeheimnis. „Damit bekommen wir alle Schattierungen weg, ohne die Farbe zu beinträchtigen“,
berichtet Wolfgang Braun.
Intensivreinigung
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Der Teppich wird auf dem Boden ausgelegt. Den
Restschmutz im Flor beseitigen die Fachkräfte mit
einer rotierenden Scheibenmaschine. Die weichen
Bürsten auf den Scheiben streichen dabei durch
die Teppichfäden. Ein klarer Wasserstrahl aus dem
Schlauch spült gleichzeitig die Verunreinigungen
heraus. Bei tiefer sitzenden Schmutzpartikeln wird
der Wasserdruck etwas erhöht. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt, denn manche Fasern können sich
aufzwirnen und beschädigt werden. Antike Teppiche
und Wandbehänge werden mit Spezialgeräten von
Hand und nur mit Schaum gereinigt.
Trocknung
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Ist der Teppich sauber, wird er im Trockenraum mit
Warmluft bei rund 38 Grad über Nacht langsam getrocknet. Dicke Berber brauchen eine Nacht mehr
Zeit. Mit dieser Schontrocknung bleibe der natürliche Faserschutz durch das Lanolin erhalten und der
Teppich sei vor einer schnellen Wiederanschmutzung
geschützt, versichert der Betriebsinhaber.
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Reportage
Besitzer wie ein Stich ins Herz. Die Fahrer im
Hol- und Bringservice sowie die Mitarbeiter
bei der Annahme vor Ort sind deshalb geschult, die Ware sehr sorgsam zu behandeln
– nicht nur vor den Augen des Kunden.
Marketingideen sind Chefsache
Klarwäsche und Entwässern
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Nach der Wäsche laufen die Teppiche durch den
Spülwringer. Die Klarwäsche und das Abdrücken des
Wasserüberschusses erfolgen in einem Durchgang.
Fördergurte transportieren die Ware über eine Schräge durch eine Reihe feiner Düsen. Diese sprühen von
oben fortwährend Wasser auf den Teppich, das nach
unten abläuft und die Schäume mitnimmt. Hinter den
Düsen sind zwei Rollen, die überschüssiges Wasser
aus dem Teppich drücken. Übrig bleibt eine TeppichRolle mit zirka 60 Prozent Restfeuchte.
Endkontrolle und Expedition
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Streicht man mit der Hand über den trockenen Teppich fühlen sich die Fasern geschmeidig und weich
an. Die drei Mitarbeiterinnen in der Endkontrolle
nehmen jeden Quadratzentimeter unter die Lupe.
Manchmal müssen umgeschlagene Teppichränder
nachgeklebt werden, wenn der Kleber nicht für einen
Reinigungsprozess geeignet war. Fransen werden
nochmals ausgekämmt. Anschließend wird der saubere Teppich verpackt und geht in die Auslieferung.
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Einhunderttausend Quadratmeter Teppich
kommen bei Braun jährlich zur Pflege. Diese
Zahl ist seit mehreren Jahren konstant, doch
der Aufwand dafür steigt jährlich. Im Gegensatz zur Textilpflege kommen nicht weniger Kunden, sondern die Teppichgrößen
werden kleiner. Und der Reinigungspreis
be­misst sich nach der Fläche des Teppichs.
„Daher müssen für die gleiche Fläche heute
mehr Einzelteile rekrutiert werden“, erklärt
der Inhaber eine Besonderheit seiner Branche. Marketing und Reklamation sind deshalb Chefsache. Zusammen mit seiner Frau
Hilde nutzt er für das Marketing verschiedene Kanäle. Mit dem firmeneigenen Logo
für Bio-Teppichwäsche hat er sich ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen. Auch zur regionalen Presse pflegt er einen guten Kontakt.
Regelmäßig erscheinen in den Sonderausgaben der Regionalmedien Pressetexte zum
Unternehmen, oder es folgen Berichte zu
kreativen Events im Betrieb wie eine Hausmesse mit Weinverkostung. Wie Teppichwäsche funktioniert, erfährt der Interessierte
auf der Internetseite (www.teppichpflege.
de) oder im Firmenprospekt. Auffällig und
bekannt ist inzwischen der Smart mit der
fröhlichen Autowerbung, den Hilde Braun
auch zum Einkauf nutzt. Das lachende Kamel und die bunten Farben bringen gute
Resonanz. Ein positives Projekt war auch
die Gemeinschaftswerbung mit der Hausbank des Unternehmens. Der Flyer mit der
Präsentation der Teppichpflege Braun als
erfolgreichem Bankkunden lag in allen Filialen der Bank sowie in den Annahmestellen
der Teppichwäscherei aus.
Gefallen an der Dienstleistung, der Umgang
mit den Kunden gefiel ihm. So mietete er
kurz darauf eine Halle im Ort an, um Teppiche zu waschen. Das Unternehmen wuchs
kontinuierlich. Vor 20 Jahren baute er die
große Halle, die er im letzten Jahr energetisch modernisierte.
Seitdem ist der Trockenraum für die Teppiche mit der neuen Wärmetechnik wesentlich kostengünstiger zu betreiben: Es wurde
ein Wärmetauscher installiert, der im Gegenstrom die kalte Außenluft mit der warmen Abluft des Trockenvorgangs erwärmt.
Außerdem wird das Heizregisters im Trockenraum über eine Fernwärmezuleitung
vom Blockheizkraftwerk des Nachbarn mit
90 Grad heißem Wasser versorgt. Das Investment von 35.000 Euro für die Technik
hat sich nach Wolfgang Brauns Berechnung
in fünf Jahren amortisiert – allein durch die
Kostenersparnis beim Heizöl.
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Der Anfang war kurios
Dass er einmal ein Teppichpflegeunternehmen mit 800 Quadratmetern Produktionsfläche und 20 Mitarbeitern haben würde,
das konnte der Maschinenbautechniker
Wolfgang Braun nicht ahnen, als er 1985 aus
Gefälligkeit für einen Bekannten in seiner
Garage ein paar Teppiche wusch. Er fand
BERATUNG
UND
VERKAUF
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