Rezensionen - Rainer Hampp Verlag

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Rezensionen - Rainer Hampp Verlag
Rezensionen (ZfP 3/97)
Conny H. Antoni
Teilautonome Arbeitsgruppen. Ein
Königsweg zu mehr Produktivität und
einer menschengerechten Arbeit?
Beltz, Weinheim 1996, 268 S., DM 78,--
Gruppen- bzw. Teamarbeit ist zur Zeit in aller
Munde. Sie gilt vielerorts als Synonym für
eine moderne und erfolgreiche Arbeitsorganisation und wird von ihren Auguren als
Schlüsselfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit
der Unternehmen im Kontext neuer Managementkonzepte wie Lean Production, Total
Quality Management, Kaizen, Business Process Reegineeering u.a. apostrophiert.
Antoni, der sich seit vielen Jahren sowohl
theoretisch als auch praktisch mit den vielfältigen Ansätzen und Möglichkeiten von Gruppen- und Teamarbeit beschäftigt und sich auf
diesem Gebiet bereits wiederholt als profilierter Fachmann ausgewiesen hat, warnt allerdings vor einer vorschnellen und unkritischen
Einführung. Denn Gruppenarbeit lediglich in
der Hoffnung einzuführen, schon irgendwie
von den Segnungen des (vermeintlichen) Erfolgrezepts profitieren zu können, ohne zu
prüfen, welche konkreten Anforderungen im
Einzelfall gestellt sind, kann sich schnell als
verheerender Trugschluß erweisen. Daher ist
es für Antoni unumgänglich, Konzepte vor ihrem Einsatz „auf den Prüfstand“ zu stellen,
d.h.,
die
jeweiligen
Anwendungsvoraussetzungen, Wirkungsmechanismen und Auswirkungen vorab kritisch zu
hinterfragen, um dann das neue Konzept aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse erfolgreich einsetzen und nutzen zu können.
Hierzu will Antoni mit seinem neuesten Buch
einen Beitrag leisten. Er greift dabei auf Erfahrungen und Erkenntnisse zurück, die er im
Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung
bei der Einführung von teilautonomen Arbeitsgruppen in einem Zulieferbetrieb der Automobilindustrie seit 1988 machen konnte.
Dies macht es ihm möglich, das theoretische
und empirische Forschungsdefizit, das in
scharfem Kontrast zu dem Stellenwert der aktuellen Diskussion über Gruppenarbeit steht,
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zumindest teilweise zu kompensieren und begründet Hinweise und Empfehlungen für die
erfolgreiche Einführung und Gestaltung von
teilautonomen Arbeitsgruppen zu geben.
Dementsprechend verfolgt Antoni im wesentlichen zwei Zielsetzungen: Er will zum einen
vorliegende theoretische und empirische
Überlegungen zu den Auswirkungen und
Wirkungsmechanismen teilautonomer Arbeitsgruppen bilanzieren und zum anderen einen weiterführenden Beitrag zur empirischen
Analyse der Auswirkungen und Wirkungsmechanismen leisten (S. 6).
Im Sinne dieser beiden Zielsetzungen gestaltet sich der Aufbau des Buches:
Im 2. Kapitel (S. 7-88) erläutert der Autor anschaulich und fundiert das Konzept der Gruppen- bzw. Teamarbeit und stellt verschiedene
Ausprägungsformen vor, wobei das Modell
der teilautonomen Arbeitsgruppe im Mittelpunkt steht. Als theoretischer Bezugsrahmen
zur Analyse und Gestaltung der Gruppenbzw. Teamarbeit dient der sozio-technische
Systemansatz. Auf dieser Grundlage bilanziert der Autor den Stand der bisherigen Forschung zur Effektivität teilautonomer Gruppenarbeit, wobei er zu einem insgesamt „recht
ernüchternden“ und „unbefriedigenden“ Ergebnis gelangt (S. 85).
Im 3. Kapitel (S. 89-131) beschreibt Antoni
verständlich und nachvollziehbar die Rahmenbedingungen und das methodische Vorgehen der empirischen Analyse der Wirkungsmechanismen und Auswirkungen. Mittels einer quasi-experimentellen Längsschnittuntersuchung werden zum einen die
Merkmale und Rahmenbedingungen sowie
die ökonomischen und sozialen Auswirkungen teilautonomer Arbeitsgruppen mit objektiven und subjektiven Erhebungsverfahren erfaßt und zum anderen die Zusammenhänge
analysiert, die zwischen diesen Auswirkungen
und zentralen Modellvariablen bestehen.
Die Untersuchung wurde in einem Zulieferbetrieb der Automobilindustrie durchgeführt.
Durch den immer härter werdenden Konkurrenzkampf in der Branche geriet das Unternehmen Ende der achtziger Jahre in eine pre-
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käre wirtschaftliche Situation: einerseits Kosten senken, andererseits immer mehr Produktvarianten immer kurzfristiger und mit
immer höherer Produktqualität liefern zu
müssen. In dieser extrem schwierigen und belastenden Situation des „Existenzkampfes“
begann man, alternative Fertigungs- und Organisationsformen zu erproben. Dieser Umstand macht die Studie besonders interessant
(S. 89-96).
Das 4. Kapitel (S. 132-198) enthält die Darstellung der ökonomischen und sozialen Ergebnisse der Untersuchung. Fazit: Teilautonome Arbeitsgruppen können zu einer höheren Produktivität und menschengerechteren
Gestaltung der Arbeit führen, aber diese Effekte stellen sich nicht in jedem Fall ein. So
kommt Antoni zwar in seiner Untersuchung
einerseits überwiegend zu dem Ergebnis, daß
die Gesamtleistung und die Wertschöpfung je
Arbeitsstunde gestiegen sind, die Kundenreklamationen deutlich gesunken sind, die Voraussetzungen für eine persönlichkeitsförderliche Arbeitsgestaltung sich deutlich gebessert
haben und die Mitarbeiter ihre Arbeitssituation im allgemeinen besser beurteilten. Andererseits gibt es aber auch Gruppen in dem untersuchten Unternehmen, die genau gegensätzliche Ergebnisse aufweisen.
Im abschließenden 5. Kapitel (S. 199-248)
diskutiert Antoni die Untersuchungsergebnisse und versucht, unterschiedliche und widersprüchliche Ergebnisse zu erklären. Er kommt
dabei zu folgendem Fazit: „Die Einführung
teilautonomer Arbeitsgruppen ... ist als komplexer,
dynamischer
Organisationsentwicklungsprozeß zu betrachten, dessen Wirkungselemente sich kaum isoliert quantifizieren lassen“ (S. 222). Die Auswirkungen werden einerseits beeinflußt durch organisationale Merkmale wie der Führungs- und Organisationsstruktur, dem Führungsverhalten, der
Führungs- und Organisationskultur und der
wirtschaftlichen Lage des Unternehmens, und
andererseits durch Einflußfaktoren im Umfeld
des Unternehmens wie der konjunkturellen
Entwicklung oder Merkmalen der regionalen
Wirtschafts- und Arbeitsmarktstruktur.
Rezensionen (ZfP 3/97)
Somit gibt es keinen „one-best-way“ der Einführung von Gruppenarbeit. „Es lassen sich
allenfalls allgemeine Gestaltungsprinzipien
formulieren, deren Beachtung die Wahrscheinlichkeit erhöht, daß ein für die jeweiligen spezifischen betrieblichen Anforderungen
angemessenes Gruppenarbeits- und Einführungskonzept entwickelt und umgesetzt werden kann“ (S. 246). Bis aber ein bewährtes
Modell zur Effektivität von Gruppenarbeit
präsentiert werden kann, wird es noch ein
langer Weg sein.
Die Veröffentlichung von Antoni stellt nicht
nur einen bzw. den ersten Schritt dar, sondern
macht sicherlich bereits mehrere Schritte auf
diesem Weg. Diesen müssen allerdings, wie
der Autor auch selber anmerkt, noch weitere
folgen, sollen nicht angesichts der aktuellen
Euphorie und der Suche nach dem „schnellen
Erfolg“ Gruppenarbeitskonzepte pauschal in
Mißkredit geraten und ein zweites Mal als
„unbrauchbar“ zu den Akten gelegt werden.
Gruppenarbeit ist also doch kein Patentrezept
und kein „Königsweg“, wie man häufig und
nur allzugerne glauben mag bzw. glauben
machen will. Sie ist daher nur mit äußerster
Vorsicht zu genießen, will man nicht im guten Glauben an den propagierten Erfolg scheitern. Es gibt eben nach wie vor keine einfachen Antworten auf komplexe Problemstellungen. Aber durch die Lektüre des Buches
wird so manches klarer und verständlicher.
Und das ist es, was das Buch wichtig und
wertvoll macht. Im Vergleich zu den Kosten
eines gescheiterten oder nicht so gelungenen
Gruppenarbeitsprojektes lohnt sich die finanzielle und zeitliche Investition allemal.
Remscheid, Juni 1997
*
Jochen Strasmann*
Dr. Jochen Strasmann, Diplom-Ökonom.
Inhaber der Unternehmensberatung „T/O/P
– Teamentwicklung / Organisationsentwicklung / Personalentwicklung“, Remscheid.
Arbeitsschwerpunkt: Teamentwicklung in
enger Anbindung an die Personal- und Organisationsentwicklung. Veröffentlichung
Rezensionen (ZfP 3/97)
Leo Kißler (Hg.): Toyotismus in
Europa. Schlanke Produktion und
Gruppenarbeit in der deutschen und
französischen Automobilindustrie
Campus, Frankfurt u.a. 1996, 290 S., DM 78,-
„Wurde über Lean Production nicht schon
genug gesagt und getagt“?
Nicht ohne Grund führt Leo Kißler mit dieser
Frage in den von ihm herausgegebenen Band
„Toyotismus in Europa. Schlanke Produktion
und Gruppenarbeit in der deutschen und französischen Automobilindustrie“ ein. Denn in
der Tat ist im Jahre 7 nach dem Erscheinen
der Womack/Jones/Roos-Studie „Die zweite
Revolution in der Autoindustrie“ bei vielen die
Sättigungsgrenze erreicht. Längst haben in der
Managementliteratur und auf dem Markt der
tausend Verheißungen andere Schlagworte die
Führerschaft übernommen wie „virtuelle Unternehmen“ oder „lernende Organisation“.
Aber es geht Kißler nicht um eine neue „How
to do it“-Anleitung und auch nicht (nur) um
eine weitere Diskussion der vielfältigen Implikationen der Lean Production aus kritischgewerkschaftlicher Perspektive. Die Debatte
um Lean Production hat in der Praxis in beachtlichem Ausmaß Spuren hinterlassen, besonders in der Automobilindustrie. Und es ist
mit einem time-lag von etwa 5 Jahren ein
lohnendes Unterfangen, einen Blick in die
Sphäre der praktischen Umsetzung zu werfen.
Es ist davon auszugehen, daß sich in dieser
Zeitspanne ein breiter Fundus von betrieblichen Erfahrungen angesammelt hat, den es
transparent zu machen und weiter (fundierter)
zu diskutieren gilt. Seine besondere Note gewinnt das Buch auch durch die international
vergleichende Ausrichtung, indem die Automobilindustrie Frankreichs und Deutschlands
zum Gegenstand der Betrachtung gemacht
wird. Um diese besondere – und leider noch
viel zu seltene – Akzentsetzung hat sich Leo
u.a.: Entwicklungen von und in Organisationen und deren Bedeutung für die Arbeit
mit und in Qualitätszirkeln, Peter Lang,
Frankfurt a.M. et al. 1994.
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Kißler im übrigen nicht erst seit Erscheinen
dieses Werkes verdient gemacht.
Wieder einmal ist es ihm gelungen, einen
Kreis kompetenter Expert/inn/en beider Länder aus Wissenschaft und Praxis zu einer Tagung an der Philipps-Universität Marburg zu
versammeln, deren Gegenstand er wie folgt
beschreibt: „Im Zentrum der Diskussion stand
die Frage nach den Verlaufsformen und den
Ergebnissen der bisherigen Japanrezeption in
der deutschen und französischen Automobilindustrie (vergleichende Perspektive) mit dem
Ziel, länderspezifische und/oder europäische
Alternativen eines Produktionsmodells zu erörtern, das über den ‘Toyotismus’ hinausweist“ (Vorwort, S. 9).
Die 12 Beiträge werden im Anschluß an eine
problembezogene Einleitung Kißlers zu 5
Gruppen zusammengefaßt.
Im ersten Teil werden die Strategien und Positionen der relevanten Akteure beider Länder
hinsichtlich ihrer Orientierung am „Vorbild
Japan“ thematisiert. Jean-Claude Monnet von
Renault beschreibt, inwiefern das japanische
Produktionskonzept in diesem Unternehmen
bereits in der akuten Krisensituation Mitte der
80er Jahre als Orientierungsmarke für interne
und unternehmensübergreifende Restrukturierungsprozesse diente.
Ein interessanter Kontrast ergibt sich zum
darauf folgenden Beitrag von Roland Springer, der die Veränderungsprozesse bei der
Mercedes Benz AG beleuchtet. Er zeigt auf,
daß bei Mercedes auch eigene, schon in den
70er und 80er Jahren erfolgte Maßnahmen
zur Erweiterung von Arbeitsinhalten und der
Integration direkter und indirekter Tätigkeiten
Pate für die Restrukturierung der Arbeitsprozesse in den 90er Jahren standen, wenngleich
diese Ansätze zu jener Zeit das Experimentalstudium im Grunde nicht überschritten haben.
Aus unternehmensübergreifend-gewerkschaftlicher Perspektive erörtern Isabel da Costa vom
Centre d’Etudes de l’Emploi (Paris) sowie
Siegfried Roth von der IG Metall den Tagungsgegenstand. Der Beitrag von da Costa
betrachtet dabei auch die spezifischen Pro-
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duktionskonzepte japanischer „Transplants“
in vier europäischen Ländern unter dem
Blickwinkel der Veränderung betrieblicher
Arbeitsbeziehungen.
Roth kritisiert die einseitige Interpretation der
Lean Production durch die deutsche Industrie
als reine Kostensenkungsveranstaltung und
bemängelt generell die (von Springer für
Mercedes sehr wohl konstatierte) NichtAnknüpfung an die Humanisierungstraditionen der 70er Jahre. Vehement fordert er einen
eigenen Weg, ein spezifisch deutsches Produktionsmodell zur (noch) stärkeren Abschöpfung der Qualifikations- und Produktivitätspotentiale der Facharbeit.
Der zweite Teil des Buches fokussiert die
Entwicklung der zwischenbetrieblichen Beziehungen im Zuge des Aufbaus von Hersteller-Zulieferer-Netzwerken bzw. der Distributionsmodelle über den Handel.
Der letztgenannte Aspekt steht im Mittelpunkt der Abhandlung von Jean-Jacques Charon, während Manfred Deiß aus deutscher
Sicht eine Restrukturierung der unternehmensübergreifenden Produktionsbeziehungen
beschreibt.
Der dritte Teil handelt von der Entwicklung
der betrieblichen Arbeitsbeziehungen unter
besonderer Berücksichtigung des Aspekts der
„Basispartizipation“. Volkmar Kreißig beleuchtet aufgrund umfangreicher empirischer
Erhebungen managementinitiierte Partizipationskonzepte in Betrieben der ostdeutschen
Automobilindustrie und deren Zulieferer.
Aufgrund der Nachwirkung sozialistischer
Traditionen postuliert der Verfasser einen
günstigen Nährboden für eine „echte“ Japanisierung der Arbeitsbeziehungen, etwa im Sinne einer familienähnlichen Kooperation mit
der kaum zu verkennenden Neigung zu
„äquivalenzloser Selbstausbeutung“.
Zwei Praktiker von Peugeot Mulhouse, JeanPierre Haie und Jean Hebrard, erörtern den
dort praktizierten humanressourcenorientierten Management-Ansatz, der sich maßgeblich
auf diverse Formen von – eher qualitätszirkelähnlicher – Gruppenarbeit stützt.
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Die „echte“ Gruppenarbeit in Form dauerhafter qualifizierter Teamstrukturen ist Gegenstand des vierten Teils des Buches. Dabei tun
sich interessante Blickwinkel zwischen den
Beiträgen von Michel Freyssenet, der die
Anwendung dieser Arbeitsform in RenaultWerken untersucht hat, und dem von Michael
Schumann auf, der wesentliche Ergebnisse
seines „Trendreports Rationalisierung“ zum
Besten gibt. Gemessen an hehren Ansprüchen
im Sinne einer Humanisierung des Arbeitslebens sind beide Abhandlungen ernüchternd.
Renault kommt im Grunde nicht über das „toyotistische“ Konzept hinaus, aber auch in
deutschen Unternehmen lassen sich nach
Schumanns Erkenntnissen zumeist nur strukturkonservative Varianten von Gruppenarbeit
erkennen, insbesondere in den Low-TechBereichen.
Der abschließende fünfte Teil schließt wieder
an den Ausgangspunkt des Buches an. Lassen
sich in den beiden Ländern je spezifische
Produktionskonzepte als Alternative zum
„Toyotismus“ ausmachen? Die beiden Beiträge von Danièle Linhart und Frank Deppe
gelangen dabei zu eher pessimistischen Einschätzungen, auch was die weitere Entwicklung anbetrifft.
Insgesamt hat Kißler einmal mehr einen lesenswerten Reader zu hochbrisanten und
-aktuellen Fragen der Arbeits- und Produktionsorganisation in internationaler Perspektive
zusammengestellt. Sicher ist nicht jeder Beitrag neu oder übermäßig interessant; gleichwohl findet man eine Vielzahl von wissenswerten, aus unterschiedlichen Blickwinkeln
beleuchteten und empirisch gestützten Details
vor, die wertvolle Beiträge zur Komplettierung und Verfeinerung des Bildes über die
Lean Production-Rezeption in beiden Ländern liefern. Damit ist das Werk allemal
wertvoller als die kaum mehr zu überschauende Zahl unkritischer und affirmativer „How
to do it“-Leitfäden, die sich auf dem Büchermarkt tummeln. Denn in Anlehnung an einen
der weiseren Sprüche von Lenin gilt: „Die
Wahrheit ist konkret!“
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Oldenburg, 3.4.1997
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Thomas Breisig*
Friedrich Kayser, Heinz Uepping (Hg.)
Kompetenz der Erfahrung. Personalmagement im Zeichen demographischen Wandels
Luchterhand, Neuwied u.a. 1997, 268 S., DM 84,-
Die hinlänglich bekannte demographische
Entwicklung der deutschen Bevölkerung
macht auch vor den Toren der Unternehmen
nicht halt. Haben diese im Zusammenhang
mit der Rekrutierung von Nachwuchs bereits
das Problem, scheint ein anderer Aspekt dieses gesellschaftlichen Wandels bisher weitgehend unberücksichtigt geblieben zu sein: die
Alterung der Belegschaft. Die jüngste Vergangenheit hat diesen in den Betrieben verdeckt, da im Rahmen der PersonalabbauMaßnahmen die älteren Arbeitnehmer am
stärksten vom Arbeitsplatzverlust betroffen
waren. Neben den ambivalenten sozialpolitischen Aspekten dieser Entwicklung für die
Gesellschaft, mußten die Unternehmen aber
auch registrieren, daß damit ein Verlust an
Erfahrung einherging, der gerade in harten
Wettbewerbssituationen zum Engpaß werden
kann. Unterstellt, daß der Rückgang der Jobs
in der deutschen Wirtschaft zukünftig unterproportional zur Abnahme der jüngeren Erwerbsbevölkerungsanteile verläuft, werden
die Unternehmen in zunehmendem Maß mit
steigendem Durchschnittsalter der Beschäftigten konfrontiert werden.
„Kompetenz der Erfahrung – Personalmanagement im Zeichen der demographischen
Wandels“ lautet daher der Titel einer Publika*
Prof. Dr. Thomas Breisig, geb. 1957, Carl
von Ossietzky Universität Oldenburg, Institut für Betriebswirtschaftslehre I.
Arbeitsgebiete: Personalwesen, Organisation und Management, industrielle Beziehungen. Aktuelle themenbezogene Veröffentlichung: Gruppenarbeit und ihre Regelung durch Betriebsvereinbarung, Bund,
Köln 1997.
tion, die von Friedrich Kayser und Heinz
Uepping 1997 herausgegeben wurde. „Ziel
des Buches ist es, zur Innovation der Personalentwicklung zu ermutigen, Orientierung
auf dem Weg zum ‘Human Capital’ zu sein
und die Integration unterschiedlicher Altersgruppen im Unternehmen erfolgreich zu gestalten“ (Umschlagtext). Die Herausgeber sind
ausgestattet mit langjähriger Erfahrung im
Personalmanagement von Unternehmen:
Friedrich Kayser hat eine Karriere bei IBM in
unterschiedlichen Managementfunktionen absolviert, darunter viele Jahre im Personalmanagement; heute ist er freier Berater. Heinz
Uepping war und ist insbesondere in der Beratung aktiv
Die Herausgeber haben mit ihrer Publikation
eine im Personalmanagement bisher noch
wenig thematisierte Problematik aufgegriffen.
Das Buch vereint insgesamt 17 Fachbeiträge,
fünf Statements (von N. Blüm, H. Lange, D.
Schulze, H. Böhm, E. Schulz) zur wirtschaftspolitischen Relevanz des Themas, einen Artikel zum Thema „Persönlichkeit im
Wandel“ (P. Zürn) sowie einen Epilog (von
H.-D. Hüsch). Die Fachbeiträge wiederum
sind nach den Schwerpunktfeldern Personalpolitik, -demographie, -kosten, -entwicklung
und -kapazitäten geordnet.
Im Schwerpunktfeld „Personalpolitik“ widmen sich insgesamt vier Autoren unterschiedlich breiten Themen, z.B. der Politik für ältere
Mitarbeiter in Verbindung mit der allgemeinen Personalpolitik am Beispiel des Einzelhandels (A. Wollert). W. Dostal beschäftigt
sich mit den volkswirtschaftlichen und arbeitsmarktlichen Aspekten der Alterung unserer Gesellschaft. Aus der Sicht des Mittelstandes beschreibt W.-M. Brosch die Rolle
der älteren Mitarbeiter und dabei entstehende
Herausforderungen. B. Ridder thematisiert
aus der Sicht der Versicherungsbranche den
älteren Mitarbeiter in der betrieblichen Sozialstruktur und dessen Beitrag zur Wertschöpfung. Die internationale Perspektive wird von
P. Schäfer aufgegriffen, der die Rolle von älteren Mitarbeitern in ausländischen Unternehmen analysiert.
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Der Abschnitt zur Personaldemographie umfaßt zwei Artikel von U. Lehr und V. Mai.
Lehr beschreibt in einem allgemeinen Überblick die Erkenntnisse der Altersforschung,
die keine wissenschaftlich eindeutige Grenze
für die Festsetzung einer fixen Altersgrenze
liefern kann. Sie plädiert für eine explizite politische Begründung solcher Grenzen. Mai
widmet sich in seinem Beitrag den betrieblichen Sozial- und Nebenleistungen als einem
Vergütungselement, welches noch eine Reihe
von Möglichkeiten enthält, über ein Redesign
älteren Arbeitnehmern (und nicht nur diesen)
einen höheren Nutzen zu stiften sowie größere Bedarfsorientierung bei gleichzeitiger Kostenbeachtung zu ermöglichen.
Das dritte Schwerpunktfeld „Personalkosten“
umfaßt drei Beiträge, wobei der o.g. Beitrag
von Mai eigentlich ebenfalls hierunter zu
rechnen ist. W. Kieß geht insbesondere auf
das tarifpolitische Umfeld ein und zieht hierfür Schlußfolgerungen, welche für eine Beförderung einer alterszentrierten Personalpolitik hilfreich wären. M. Altmann diskutiert eine stärkere Leistungsorientierung als Grundlage für die Vergütung und plädiert für die
Vorteile einer individuellen, leistungsadäquaten Vergütungspolitik. Im gleichen Sinn
äußert sich K. Altmann, indem er sich für Innovationen in der betrieblichen Vergütungspolitik ausspricht, die einen Beitrag zur Förderung der Motivation älterer Arbeitnehmer
leisten.
Einen großen Schwerpunkt bilden die fünf
Beiträge zur Personalentwicklung. Grundsätzliche Überlegungen zum individuellen und
betrieblichen Aspekt dieses Gebietes führt W.
Steiner aus. Über die Ergebnisse einer empirischen Erhebung zur Meinung von Unternehmen über ältere Mitarbeiter berichtet H. Sabel. M. Mölleney skizziert die Entwicklung
eines neuartigen Bildungsangebot für einen
Funktionsbereich der Lufthansa AG, mit dem
die Hoffnung verbunden wird, einen Beitrag
gegen die Diskriminierung älterer Mitarbeiter
zu leisten. H. Würth schildert die Erfahrungen, welche eine Berufsgenossenschaft mit
dem Aufbau von Personalentwicklungsmaß-
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nahmen gemacht hat und zieht daraus seine
Schlußfolgerungen im Hinblick auf die Position älterer Arbeitnehmer. Schließlich rundet
H. Uepping das Themenfeld mit einem Artikel ab, welcher ein Konzept zur Steigerung
der Wertschöpfung älterer Arbeitnehmer präsentiert. Dabei wird insbesondere auf eine
Veränderung der Aufgabenstruktur von älteren Mitarbeitern abgehoben, um deren Leistungsbeitrag für das Unternehmen zu optimieren.
Mit den Personalkapazitäten befassen sich die
Ausführungen von M. Spitzbart und W. Then.
Spitzbart schildert auf eine vergnügliche
Weise medizinisch empfehlenswerte Möglichkeiten, körperliche und geistige Fähigkeiten und Flexibilität bis ins hohe Alter zu erhalten. Then greift das Arbeitszeitmanagement als einen weiteren Beitrag auf, mit dem
neue Optionen der Beschäftigung auch für ältere Arbeitnehmer geschaffen werden können.
Erfahrungsgemäß sind Artikel in einem
Sammelband von unterschiedlicher Qualität.
Auch in dieser Publikation heben sich daher
einige hervor: An vorderster Stelle sind hier
die Beiträge von V. Mai, H. Uepping und M.
Spitzbart zu nennen. Diese Wertung folgt
dem Kriterium der unmittelbaren Verwertbarkeit für die betriebliche und persönliche Praxis. Auch in anderen Beiträgen finden sich
eine Reihe von Anregungen zur praktischen
Umsetzung, sind allerdings weniger stark elaboriert. Zudem ist anzumerken, daß der Inhalt
der Publikation erfreulicherweise über das
Feld „Innovation der Personalentwicklung“
hinausgeht und auch andere relevante personalwirtschaftliche Fragestellungen zum Thema aufgreift. In jedem Fall leistet das Buch
einen Beitrag zur stärkeren Beachtung der
zugrundeliegenden Problemstellung. Es ist
ein engagiertes Plädoyer für die bessere Integration älterer Arbeitnehmer in den Beschäftigungsprozeß, nicht aus falsch verstandener Sozialromantik, sondern aus betriebswirtschaftlichen Gründen.
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St. Ingbert, 4.4.1997
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Ingo Fischer*
Werner Schmidt: Betriebliche Sozialordnung und ostdeutsches Arbeitnehmerbewußtsein im Prozeß der Transformation
Hampp, München und Mering 1996, 416 S., DM
66,80
In seiner empirischen Studie – ursprünglich
eine Dissertation an der Universität Tübingen
– zu betrieblicher Sozialordnung und ostdeutschem Arbeitnehmerbewußtsein im Prozeß
der Transformation geht Werner Schmidt folgenden Fragen nach: Wie verändern sich die
Arbeitsbeziehungen, die Arbeitspolitik des
Managements und die betriebliche Sozialordnung in ostdeutschen Betrieben im Transformationsprozeß und wie bewältigen die ehemaligen Werktätigen den Umbruch zur Rolle
des Arbeitnehmers? Dabei versucht der Autor, sowohl die strukturelle als auch die subjektive Seite der Reorganisationsprozesse und
ihre wechselseitige Beziehung zu thematisieren. Diese ‘Dualität’ strukturiert zugleich die
gesamte Arbeit. Im einleitenden Kapitel begründet Schmidt sein theoretischen Analyseschema, er greift hierfür auf „Elemente verschiedener theoretischer Ansätze“ (13) zurück
wie: Systemintegration und soziale Integration (Lockwood), betriebliche Sozialordnung
(Kotthoff/Reindl), Rolle und Identität (Merton), Arbeitnehmerbewußtsein (Thomssen).
Die empirische Analyse basiert auf Interviews
mit Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen
sowie Managern und Betriebsräten in sächsischen Metallindustriebetrieben im Zeitraum
1992/1993, die durch Wiederholungsinterviews aus dem Jahr 1994 ergänzt und verdichtet wurden.
Den Ausgangspunkt der Arbeit bildet, gestützt auf retrospektives Interviewmaterial
*
Dr. Ingo Fischer ist Personalmanager mit
Erfahrungen in den Bereichen Grundsatzfragen, Personalentwicklung und Personalleitung.
und einschlägige (westdeutsche) DDRForschungs- und Transformationsliteratur eine detaillierte rückblickende Darstellung über
‘Arbeiten und Leben in DDR-Betrieben’. Es
wird ein Einblick in die Realität des betrieblichen Arbeitsprozesses gegeben, der beispielsweise die „geringe Arbeitsproduktivität“
(31) im Kontrast zum ‘extensiven Arbeitszeitregime’ (35), die „stillschweigenden Freistellungen“ (33) oder „extensiven Arbeitspausen“
(35) ebenso thematisiert wie die realen „Leistungsschwächen“ (37) trotz nachweisbarer
(wenngleich idealisierter) „tayloristischer
Leitbilder“ (41). Unter der Thematik ‘Kollektivität und Wettbewerb’ werden Phänomene
diskutiert wie die „doppelte Regulation der
Arbeit“ (52) durch Bürokratie und Gemeinschaft, die ‘Ambivalenz von Arbeitskollektiven in leistungspolitischer und soziokultureller Hinsicht’ (56) oder das „kollektive
Unterleben“ (63) von offiziellen, politischen
oder kulturellen Brigadeaktivitäten. Zugleich
wird auf eine „selektive Kollektivität“ (73) in
DDR-Betrieben aufmerksam macht, die sowohl randständige Beschäftigtengruppen wie
„Arbeitsscheue“, „Faule“ und „Assis“ (74) als
auch teilweise unbequeme, unangepaßte
„Querulanten“, „Außenseiter“ bzw. „völlige
Individualisten“ (75) kaum akzeptierte und
auszugrenzen versuchte (was nach der Wende
auch gelang). Nicht ganz schlüssig erscheint
die Argumentation im Bezug auf das Verhältnis zwischen Arbeitern und Angestellten. Von
egalitären Entgeltstrukturen, dem kollegialen
‘Du’ und den geringen Unterschieden in der
Kleiderordnung auf eine „insgesamt geringe
kulturelle Distanz zwischen Arbeitern und
Angestellten“ (81) zu schließen, ist nicht unproblematisch, zumal die angeführten Interviewpassagen eher die Differenz bekräftigen
und an anderer Stelle explizit auf die „stärker
individualistisch ausgeprägte Grundorientierung“ (113) der Angestellten aufmerksam
gemacht wird. Kritisch äußert sich der Autor
zum mittlerweile einschlägigen Begriff des
„Planerfüllungspaktes“ (Voskamp/Wittke); er
bezweifelt nicht, daß es informelle Formen
der Interessenabstimmung gab, konnte jedoch
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empirisch weder eine „Frontlinie“ (91) zwischen Arbeitern und Meistern noch im Management einen „eindeutigen Gegenpart“ (92)
ausmachen. Der Planerfüllungspakt wird vom
Autor daher als eine „werkstattspezifische
Fassung des allgemeinen Grundsatzes der
Täuschung“ (92) zwischen Arbeitern und Betrieb gefaßt. Die Retrospektive über den
DDR-Betrieb endet nicht mit der Beschreibung des Arbeitsprozesses, sondern wird
ebenso ausführlich auf die Aspekte ‘Lebenswelt’ bzw. ‘Sozialpolitik’ in der Arbeitswelt
ausgedehnt: Es werden hierbei sowohl die
Bedingungen von realer Kollegialität herausgearbeitet als auch die ‘Zugehörigkeit zur Institution Kollektiv als Form fremdbestimmter
Anpassung’ (112) charakterisiert. Außerdem
werden die lebensweltlichen Einflüsse auf
den Arbeitsalltag wie beispielsweise Absenz
zwecks Besorgung von Mangelwaren, Feiern
von privaten Anlässen oder Kommunikation
über nicht arbeitsnotwendige Themen beschrieben. Zur dargestellten ‘Vermischung
von Systemlogik, Arbeitswelt und Lebenswelt’ habe auch die betriebliche Sozial- und
Kulturpolitik maßgeblich beigetragen mit ihrem „Versuch, Arbeit mit Fürsorge, Freizeit
und Kultur direkt zu verkoppeln“ (119). Insgesamt treten in diesem Kapitel an einigen
Stellen Wiederholungen auf, die allerdings
nicht nur dem Systematisierungsversuch des
Autors, sondern ebenso der spezifischen ‘Integration von Politik, Ökonomie und Lebenswelt im ‘ganzheitlichen Modell DDRBetrieb’ (148) geschuldet sind (und im Gegenzug zur ausführlichen Deskription widersprüchlicher empirischer Phänomene in kauf
genommen werden können).
Im Hauptteil der Arbeit widmet sich Werner
Schmidt ausführlich dem Wandel vom Werktätigen zum Arbeitnehmer: Dabei wird zunächst folgerichtig die ‘politische Wende im
Betrieb’ (151) und die mit ihr verknüpften
Hoffnungen auf mehr Demokratie und Wohlstand als auch Verunsicherungen und Ängste
beschrieben. Gegenübergestellt werden dabei
auf der einen Seite die überwiegend passive
Haltung der meisten Beschäftigten, die die
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politische Wende zumindest im Betrieb häufig „nicht als biographischen Einschnitt“
(154) erlebten und auf der anderen Seite die
Verunsicherung, oft auch Degradierung bzw.
Entlassung von betrieblichen Kadern und politischen Funktionären in einem mehr oder
weniger rigoros geführten ‘politischen Säuberungsprozeß’ (156). Dieser Prozeß der „Depolitisierung von unten“ (159) sei besonders
durch die ersten authentischen betrieblichen
Interessenvertretungen unterstützt worden,
die sich nach Ansicht des Autors in erster Linie als politische Gremien mit dem ‘teilweise
expliziten Ziel der politischen Säuberung’
(163) der Leitungsebene konstituierten, wodurch denn auch die im Ost-West-Vergleich
abweichende personelle Zusammensetzung
erklärt würde. Dagegen ließe sich mit den Ergebnissen anderer Studien einwenden, daß es
den frühen Interessenvertretungen substantiell
um eine umfassende, mitunter auch radikale
Reorganisation der Betriebe nach ökonomisch-rationalen Kriterien unter Berücksichtigung der Arbeitnehmerinteressen ging, wobei die Beseitigung politischer Strukturen sicher den ersten, notwendigen Schritt darstellte.
Im Anschluß wird der ‘ökonomische Umbruch’ mit Zielsetzung ‘Marktfähigkeit’ in
seinen einzelnen Facetten wie Privatisierung,
Reorganisation, Personalabbau, Einführung
neuer Tarifstrukturen, Veränderung von Hierarchiestrukturen sowie deren Auswirkungen
für die innerbetrieblichen Gruppenbeziehungen und Arbeitsbeziehungen materialreich
geschildert. Ein wichtiges Fazit: trotz ähnlicher Ausgangsbedingungen unterscheiden
sich sowohl die unternehmerischen Strategien
zur Bewältigung des betrieblichen Umbruchs
als auch die Resultate mitunter sehr deutlich
voneinander. Ein Beleg dafür, daß es auch in
dieser spezifisch ostdeutschen Lage kein „one
best way“ (174) gibt. Vervollständigt wird
dieses Kapitel durch die Darlegung der gravierenden Veränderungen in der betrieblichen
Sozialpolitik und Sozialordnung: Wenig erstaunen wird hierbei die Erkenntnis, daß Art
und Weise wie auch Umfang des Abbaus be-
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trieblicher Sozialpolitik offensichtlich in starkem Maße von den „Interessen und Leitvorstellungen“ (270) der betrieblichen Akteure,
also auch von den Betriebsräten beeinflußt
werden. Während jedoch diese Demontage
als unabänderlich hingenommen wurde, vermißten die Beschäftigten dagegen die Gemeinschaftlichkeit bzw. den „lebensweltlichen Aspekt“ (285) des „integrierten Modells“ (270) DDR-Betrieb. Unter dem Stichwort der „zunehmenden Kälte“ (285) in den
zwischenmenschlichen Beziehungen wird die
generelle Tendenz zur „Entpersönlichung“
(289), zum „Nebeneinander“ (289) subsumiert. Ein weiteres Phänomen der Transformation „von einer gemeinschaftlichen“ zu einer „instrumentellen Sozialordnung“ (296) ist
die Unzufriedenheit der Beschäftigten mit
Anerkennung und Wertschätzung durch das
(westdeutsche) Management. Dies – so der
Autor – geht aber nicht nur auf das Verschwinden des Paternalismus aus DDR-Zeit
zurück, sondern ebenso auf den plausiblen
Bedarf der Beschäftigten nach gesellschaftlicher Anerkennung – wenigstens am Arbeitsort. Die Beispiele veranschaulichen zudem,
daß es für den Umbau der Sozialordnung
auch „besonderer Transformationskompetenzen des Managements bedarf, über die weder
ost- noch westdeutsche Manager per se verfügen“ (318).
Zum Abschluß werden betriebsexterne Veränderungen in Bereichen wie Konsum, Freizeit und Familie, Umgang mit Behörden,
Zeitwahrnehmung, Geld und sozialen Beziehungen sowie deren Deutung und Bewertung
durch die befragten Arbeitnehmer thematisiert. Dieses Vorgehen ist vor dem Hintergrund der ‘Verschränkung’ von Arbeits- und
Lebenswelt in den DDR-Betrieben und der
nunmehr sich vollziehenden ‘Trennung’
durchaus plausibel, fügt sich aber dennoch
nicht ganz nahtlos in die Systematik der Arbeit ein. Man erwartet an dieser Stelle eher
eine konzentrierte Zusammenfassung der umfangreichen Ergebnisse und vielleicht – vor
dem Hintergrund der rekonstruierten Vergan-
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genheit und der (unvollendeten) Gegenwart –
einen Ausblick auf die Zukunft.
Die Darstellung betrieblicher Transformationsprozesse in Ostdeutschland sowie ihrer
Folgen für die Beschäftigten und die betriebliche Sozialordnung ist nicht neu und in ähnlicher Form auch in anderen Arbeiten nachzulesen. Die besonderen Stärken dieser Arbeit
liegen jedoch in den Abschnitten, wo es um
die subjektiven Wertungen und Deutungsmuster seitens der Betroffenen und um den
Versuch ihrer Verortung im Kontext vergangener und aktueller (nicht nur) betrieblicher
Realität geht, also dort, wo die meisten Arbeiten im Rahmen der Industriesoziologie und
Transformationsforschung erfahrungsgemäß
enden. Die Herangehensweise und die Art der
empirischen Ergebnisse unterscheiden sich
merklich vom Mainstream der industriesoziologischen Forschung, die nach wie vor eher
strukturellen Phänomenen auf der Spur ist,
obwohl für den Transformationsprozeß in
Ostdeutschland die ‘mitgebrachten’ Erfahrungen, Einstellungen und Denk- und Deutungsmuster als geradezu konstitutiv ‘beschworen’, selten jedoch empirisch analysiert
werden. Die Sichtbarmachung der subjektiven
Seite des Transformationsprozesses ergänzt
und komplettiert nicht nur die umfangreichen
betrieblichen Transformationsstudien, sondern verkörpert eine ganz eigene Qualität von
betriebssoziologischen Untersuchungen, wodurch sich die vorliegende Arbeit ausdrücklich auch für ein interessiertes nichtsoziologisches Publikum empfiehlt.
Halle, 10.4.97
Silke Röbenack*
____________________________________
Ergänzungsstudium „Arbeitsrecht und
Personalwirtschaft“ an der FriedrichSchiller-Universität Jena
*
Dipl.-Soz. Silke Röbenack, Universität
Halle, Institut für Soziologie.
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An der Friedrich-Schiller-Universität Jena
gibt es ab dem Wintersemester 1997/98 ein
neues Studienangebot!
Die wirtschaftswissenschaftliche und die
rechtswissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena bieten gemeinsam ein interdisziplinäres Ergänzungsstudium
„Arbeitsrecht und Personalwirtschaft“ an. Mit
diesem Angebot, das die Fachgebiete Arbeitsrecht und Personalwirtschaft über die traditionellen Studienfachgrenzen hinweg in einem
Ergänzungsstudium integriert, soll der in der
betrieblichen Praxis vorliegenden engen Verzahnung arbeitsrechtlicher und personalwirtschaftlicher Fragen Rechnung getragen werden. Über die Vermittlung vertiefender
Kenntnisse in den Bereichen Arbeitsrecht und
Personalwirtschaft hinaus, befähigt das Ergänzungsstudium zur Analyse arbeitsrechtlicher und personalwirtschaftlicher Interdependenzen. So werden die Absolventen des Ergänzungsstudiums in die Lage versetzt, Auswirkungen arbeitsrechtlicher Vorschriften auf
die betrieblichen Entscheidungsprozesse zu
erkennen.
Das Ergänzungsstudium dauert drei Semester
und beinhaltet 28 Semesterwochenstunden.
Durch hohe Anforderungen wird gewährleistet, daß nur sehr leistungsfähige Studenten
und Studentinnen im Rahmen dieses Ergänzungsstudiums das Zertifikat „Arbeitsrecht
und Personalwirtschaft“ erhalten. Dieses Zertifikat bescheinigt den Absolventen damit eine besonders hohe Qualifikation, die es ihnen
ermöglicht, sich von Mitbewerbern auf dem
Arbeitsmarkt positiv abzuheben.
Interessant an diesem neuen Studienangebot
ist auch, daß Studierende an der FriedrichSchiller-Universität Jena auch während eines
juristischen beziehungsweise betriebswirtschaftlichen Studiums Leistungsnachweise
für das Ergänzungsstudium erwerben können.
Durch diese zusätzliche Option wird die Attraktivität eines betriebswirtschaftlichen oder
juristischen Studiums in Jena weiter gesteigert.
Rezensionen (ZfP 3/97)
Für nähere Informationen wenden Sie sich
bitte an die Friedrich-Schiller-Universität Jena, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät,
Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaft,
insbesondere Personalwirtschaft und Organisation, PD Dr. D. Alewell, Postfach, 07740
Jena.
Ihr Ansprechpartner ist Frau Richter, Tel.:
03641 63 18 93, Fax: 03641 63 18 92,
E-Mail: [email protected]
Fernstudium an der Universität Kaiserslautern: „Erwachsenenbildung“,
„Total Quality Management“, „Personalentwicklung im lernenden Unternehmen“, Medizinische Physik und
Technik“
An der Universität Kaiserslautern werden
insgesamt vier Fernstudiengänge angeboten:
Die Einschreibungen sind seit 15.5.97 möglich.
Universität Kaiserslautern, Zentrum für Fernstudien und Universitäre Weiterbildung, Erwin-Schrödinger-Str., Geb. 58, D-67663 Kaiserslautern. Tel.: 0631 2017 228 bzw. 216,
Fax: 0631 2017 193,
E-Mail: [email protected]
Internet: http://www.uni-kl.de/ZFUW