Arrest und einstweilige Verfügung
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Arrest und einstweilige Verfügung
Arrest und einstweilige Verfügung Fallbeispiel 1: Sie sind Rechtspfleger an der Rechtsantragstelle des Amtsgerichts Starnberg. Am Morgen des 26.11. erscheint bei Ihnen der Günther Götz und erklärt foglendes: Der Harry Hart schuldet mir aus einem Darlehensvertrag, den wir vor 5 Monaten abgeschlossen haben, noch 15.000 Euro. Er sollte seit Juni monatliche Raten von 500 Euro zurückzahlen. Dies hat er aber nie getan. Sein Büro ist inzwischen geschlossen, er hat sein Hausgrundstück hier in Starnberg im Internet zum „günstigen Verkauf wegen Notlage“ angeboten und ich weiß von Bekannten, dass er bereits in Tunesien eine Villa am Meer angemietet hat und plant, in den nächsten Wochen dauerhaft dort seinen Wohnsitz zu nehmen. Bitte helfen Sie mir, das Geld war meine Altersvorsorge, und jetzt ist es weg. Ich habe von meinem Bekannten – keine Ahnung, wie er da dran kam – sogar eine Kopie des Mietvertrags über das Haus in Tunesien. Fallbeispiel 2: Sie sind Rechtspfleger an der Rechtsantragstelle des Amtsgerichts Starnberg. Am Morgen des 26.11. erscheint bei Ihnen der Günther Götz und erklärt folgendes: Ich bin Mieter einer Dreizimmerwohnung in der Josef Sigl-Straße 78, ich wohne direkt neben Howard Carpendale. Mein Vermieter, Harry Hart, hat mir völlig unberechtigt vor 6 Wochen gekündigt. Die Räumungsklage ist vor dem Amtsgericht Starnberg anhängig. Mein Anwalt sagt, ich habe gute Chancen. Weil ich die Mietzahlung eingestellt habe hat der Hart heute morgen im Keller Wasser und Strom für meine Wohnung abgestellt. Ich habe ein kleines Kind, es ist eiskalt. Telefonisch hat mir Hart erklärt, er stelle alles sofort wieder an, sobald meine Miete bezahlt ist. Ich selbst habe keinen Zugang in den Keller. Können Sie mir helfen? Was soll ich tun? Meine Frau wartet draußen im Halteverbot, es ist also wirklich eilbedürftig. Der Antragsteller hat noch folgende Fragen: 1. Muss ich einen Gerichtskostenvorschuss leisten? Ich bin selbst gerade ziemlich klamm! 2. Was kann ich tun, wenn das Gericht meinen Antrag auf Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung ablehnt? 3. Sind von mir irgendwelche Fristen zu beachten? 4. Was kann der Gegner tun, wenn das Gericht a) die eV erlässt? b) den Arrest erlässt? Fallbeispiel 3: Sie sind Rechtspfleger an der Rechtsantragstelle des Amtsgerichts Starnberg. Am Morgen des 26.11. erscheint bei Ihnen die Helene Hilflos und erklärt folgendes: Ich war jetzt 5 Monate mit dem Zlatko Wennehrnurgang befreundet. Letzte Woche habe ich mich von ihm getrennt, es war zuletzt nicht mehr auszuhalten mit ihm. Er hat mich angeschrien, bedroht, zuletzt sogar geschlagen und getreten. Ich habe letzten Montag auch gleich die Schlösser ausgetauscht (es war meine Wohnung) und ihm seine Sachen vor die Türe gestellt. Seitdem ist der Terror unerträglich. Er ruft am Tag 70mal an und legt immer auf, wenn ich rangehe. Hin und wieder stößt er obszöne Beschimpfungen aus. Auch bekomme ich ständig beleidigende SMS, ich habe mein Handy dabei, am Tag mindestens 20 (Sch… - Flatrate). In den letzten drei Tagen lungert er ständig vor meiner Wohnung herum; teilweise geht und fährt er mir nach. Zweimal ist er bereits aus dem Auto gesprungen und hat mich auf offener Straße zu Boden geschupst und mir Schläge angedroht. Ich habe Angst, denn er neigt gerade unter Alkoholeinfluss zur Gewalttätigkeit. Was soll ich nur tun? Ich kann mich ja nicht die ganze Zeit einschließen! Ich bin bereits völlig mit den Nerven runter. Es ist blöd, dass Zlatko und ich beide hier in Starnberg wohnen. Aber Sie schauen sooo kompetent aus, Sie finden bestimmt eine Lösung für mich! Fallbeispiel 1: Überlegungen des Rechtspflegers: 1. Erstrebte Maßnahme Der Götz möchte in einem Eilverfahren die Sicherung seines (noch nicht titulierten!) Rückzahlungsanspruchs i.H.v. 15.000 Euro (ggfs. nebst Zinsen). Da es hier um die Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung geht, kommt der Arrest nach §§ 916ff ZPO in Betracht. Es ist eine Befriedigung in diesem summarischen Verfahren ausgeschlossen, aber (nur) eine Sicherung durch die „Inbeschlagnahme“ beweglichen oder unbeweglichen Vermögens möglich. In Betracht kommt hier der dingliche Arrest durch Eintragung einer Zwangssicherungshypothek (Arresthypothek…. Höchstbetragshypothek) in das Anwesen des AG in Starnberg, § 932 I 1 ZPO; §§ 866 III 1, 867 sind zu beachten, § 932 II). 2. Zuständigkeit §§ 919, 943 (802!): das Gericht, das für die Hauptsache in erster Instanz zuständig wäre… das wäre das LG Starnberg (richtiger: JEDES (Land-) Gericht, vor dem die Hauptsache in erster Instanz anhängig gemacht werden könnte); dies gilt, solange die Hauptsache noch nicht anhängig ist. Aber: nach § 919 ist wahlweise und ohne Berücksichtigung der Anhängigkeit der Hauptsache auch das AG zuständig, in der sich das mit der Arrestmaßnahme zu belegende Grundstück befindet. HIER: STA als das Gericht, in dessen Bezirk der Arrest zu vollziehen ist! Funktionell: der Antrag kann zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden, §§ 920 III, 936 ZPO. Funktionell ist der Rechtspfleger zuständig (keine Richtervorlage, § 5 gilt nicht , vgl. § 24 II, III RPflG) 3. Denkbare Anträge Da es sehr pressiert, ist ein Arrestbefehl in Form eines Arrestbeschluses, also ohne mündliche Verhandlung, anzustreben, § 922 I 1. Dies geht von Richterseite besonders schnell, da dieser nicht zu begründen ist (§ 922 I 2). Zur Lösungssumme (§923) ist im Antrag nichts zu sagen, diese setzt der Richter v.A.wg. fest. 4. Aufzunehmende Erklärungen / Formulierungsvorschlag: (1) Wegen einer Darlehensforderung des Anstragstellers gegen den Antragsgegner in Höhe von 15.000 € nebst Zinsen hieraus iHv % seit …. wird der dingliche Arrest in das gesamte Vermögen des AG angeordnet. (2) In Vollziehung des Arrests wird auf dem Grundstück des AG, Grundbuch von Starnberg, Band…. , Blatt…., eine Arresthypothek eingetragen. (3) Der Antragsgegner trägt die Verfahrenskosten. 5. Einige weitere Hinweise für die Aufnahme des Antrags und für die Vollziehung: a) Zwar wird rgm. OHNE mündliche Verhandlung entschieden. Wegen der Eilbedürftigkeit ist ein Antrag auf weitestgehende Verkürzung der Ladungsfrist für den Fall einer mdl. Verhandlungsanordnung aufzunehmen. b) Glaubhaftmachung: so weit es geht, sind Unterlagen (Darlehensvertrag, eidesstattliche Versicherungen Dritter und des Ast, behördliche Auskünfte etc. beizufügen). c) Bei erheblichen Zweifeln, ob die Glaubhaftmachung ausreichend ist, kann der Ast. selbst eine Sicherheitsleistung anbieten; dann kann das Gericht auf die Glaubhaftmachung verzichten, § 921 ZPO. d) Zur Vollziehung sind die Fristen des § 929 ZPO unbedingt einzuhalten: aa) Vollziehung = Durchführung der Vollstreckungsmaßnahme, also mindestens Beantragung beim GBA bb) Zustellung: im Parteibetrieb an Schuldner oder Bevollmächtigten: §§ 750, 751, 176 ZPO; Höchstgrenze 1 Monat, § 929 II. Diese kann auch erst NACH der Vollstreckung erfolgen („Überraschungseffekt“). Allerdings innerhalb einer Woche nach dem Vollzug UND innerhalb der Monatsfrist, 929 II, III! e) Nach Obsiegen des Ast in der Hauptsache (hier wird er aber rgm. durch einen Anwalt entsprechend beraten werden) Antrag beim GBA auf Umschreibung der Arresthypothek in eine (normale) Zwangshypothek. Fallbeispiel 2: Überlegungen des Rechtspflegers: 1. Erstrebte Maßnahme Der Götz möchte in einem Eilverfahren die schnellstmögliche Versorgung seiner Wohnung mit Wasser und Strom erreichen. Da es nicht um GELDFORDERUNGEN geht, kommt nicht der Arrest, sondern die eV in Betracht („Regelungsverfügung“). 2. Zuständigkeit Das Amtsgericht, hier AG Starnberg, da hier die Mietsache liegt und das Hauptsachegericht Starnberg wäre (ist). Der Antrag kann zu Protokoll gegeben werden, §§ 920 III, 936 ZPO. Funktionell ist der Rechtspfleger zuständig (keine Richtervorlage, § 5 gilt nicht , vgl. § 24 II, III RPflG) 3. Rechtliche Überlegungen: a) Es bedarf zunächst eines Verfügungsanspruchs, d.h. einer materiellrechtlichen Anspruchsgrundlage. Hier liegt eine verbotene Eigenmacht des Vermieters vor (widerrechtliche Besitzstörung), deren Beseitigung der Götz verlangen kann. Ferner folgt aus dem Mietvertrag als Kardinalpflicht des Vermieters (er muss die Wohnung in einem bewohnbaren Zustand zur Verfügung stellen) die Versorgung der Wohnung, jedenfalls mit Wasser (streitig bzgl. Strom). Dieser Anspruch muss glaubhaft gemacht werden, z.B. durch eine eidesstattliche Versicherung. b) Ferner bedarf es eines Verfügungsgrundes, nämlich der Eilbedürftigkeit. Diese folgt aus den Umständen (Abstellen von Strom und Wasser im kalten November; Familie in der Wohnung). 4. Denkbare Anträge § 308 I gilt nicht, daher müssen die Anträge nicht perfekt sein; der Richter kann (und wird vermutlich) hiervon abweichen. Tipp: alte EVVerfahren (es wiederholt sich immer wieder!) heraussuchen und evtl. gleich abspeichern; häufig sind nur die Namen und Daten auszutauschen. Formulierungsvorschläge: 1. Dem AG wird auferlegt, für die vom Ast benutzten Wohnung im 2. Stock des Hausanwesens Josef-Sigl-Straße 78, 82319 Starnberg, die Versorgung mit Strom und Wasser wiederherzustellen. 2. Der AG wird verpflichtet, dem Ast bis zur Beendigung des Mietverhältnisses Strom und Wasser zur Verfügung zu stellen. 3. Dem AG wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 25.000 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten angedroht. 4. Dem AG werden die Kosten des Verfahrens auferlegt. 5. Aufzunehmende Erklärungen / Formulierung: Siehe Skript, S. 17. Diesen habe ich weitgehend aus einem Anwaltshandbuch übernommen. Grundgerüst jedes Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung: (1) Einleitung (wer hat was getan…) (2) Darlegung des Verfügungsanspruchs (Anspruchsgrundlage: materiell-rechtliche Problematik… alle Tatsachen, die für die in Betracht kommende AGL relevant sind, müssen hier erfragt und im Antrag dargelegt werden) (3) Glaubhaftmachung des Verfügungsanspruchs (4) Darlegung des Verfügungsgrundes („Eilbedürftigkeit“; hier selbstverständlich). Fallbeispiel 3: Überlegungen des Rechtspflegers: 1. Erstrebte Maßnahme Schutz vor Nachstellung, Beleidung, Verletzungen der körperlichen Unversehrtheit. Geregelt im GewSchG und in §§ 210 – 216 FamFG. 2. Zuständigkeit Amtsgericht-Familiengericht. 3. Denkbare Anträge (1) Dem Antragsgegner wird verboten, - die Ast‘in zu bedrohen, zu belästigen, zu verletzen oder sonst körperlich zu misshandeln; - sich in einem Umkreis von 200 Metern um die Wohnung der Ast. aufzuhalten; - sich der Ast.in näher als 50 Meter zu nähern; - Verbindung zur Ast.in, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen; - der Ast.in aufzulauern; - Zusammentreffen mit der Ast.in herbeizuführen; - …… (je nach Gericht, evtl. Näherungsverboten bzgl. Arbeitsplatz, Angehöriger etc.) (2) Sollte es zu einem zufälligen Zusammentreffen kommen, hat der AG sofort einen Abstand von mindestens 50 Metern herzustellen. (3) Dem AG wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Anordnungen in Ziffern 1 und 2 ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro, für den Fall der Nichteinbringlichkeit Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht. (4) Die sofortige Wirksamkeit und die Zulässigkeit der Vollstreckung vor Zustellung an den AG werden angeordnet. Nicht zwingend, da vom Richter festzusetzen: (5) Die Kosten des Verfahrens trägt der AG. (6) Der Verfahrenswert wird auf 1.000 Euro festgesetzt (41, 49 I FamGKG) 4. Aufzunehmende Erklärungen / Formulierung /Aufbaumuster: Begründung: Die Beteiligten waren….. befreundet; am ….. hat die Ast.in die Beziehung beendet und den AG aus ihrer Wohnung verwiesen und hierzu auch die Schlösser ausgetauscht. Seitdem kam es zu zahlreichen Belästigungen, Beleidigungen und Misshandlungen der Ast.in durch den AG. Am… um…. in…. hat der AG….. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung der Ast.in, von Bekannten, SMS – Nachweis… Somit ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 1 GewSchG im beantragten Umfang geboten. Lösung zu den Fragen: 1. Ein Gerichtskostenvorschuss ist nicht erforderlich (wird aber angeblich teilweise anders gehandhabt; evtl. die Verfahrensweise des eigenen Gerichts erfragen). 2. Wird der Antrag auf Erlass der eV abgewiesen a) durch Beschluss: sofortige Beschwerde, Notfrist 2 Wochen ab Zustellung b) durch Urteil: Berufung 3. Sollte ein Urteil ergehen: Berufung Die Aufhebung des Arrests kann nach Zahlung der nach § 923 ZPO festzusetzenden Lösungssumme verlangt werden. Falls die eV erlassen wird: hier wird vom Gericht keine Lösungssumme festgesetzt; nur ausnahmsweise kann eine Sicherheitsleistung bestimmt werden, nach deren Erbringung die Aufhebung verlangt werden kann.