Postpubertärer Schub

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stern.de - 16.10.2004 - 10:12
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Duran Duran
Postpubertärer Schub
stern-Redakteurin Ulrike von
Bülow und ihre beste Freundin
trafen die Götter ihrer TeenieJahre: Duran Duran. Und fanden
sie immer noch aufregender als
ihre Musik.
© AP/ABC, Ida Mae Astute
Die Band: Drummer Roger Taylor,
Keyboarder Nick Rhodes, Gitarrist Andy
Taylor, Sänger Simon Le Bon und
Bassist John Taylor (v.l.)
Wir sind uns schon einmal begegnet.
Am Hamburger Flughafen war das,
Mitte der 80er Jahre, die Herren
schwebten für ein Konzert ein, und
meine beste Freundin und ich
warteten in einem Pulk restlos
überdrehter Mädchen in der
Ankunftshalle auf sie.
Vielleicht kann man das, was dann
passierte, damit entschuldigen, dass wir etwa 13 waren und Duran Duran so
was wie die Beatles der damaligen Zeit - zumindest was die Verehrung
weiblicher Teenager anging. Hysterie überall, da wollten wir wohl nicht aus
der Rolle fallen.
Ich entdeckte Simon Le Bon, den Sänger, rannte los und klammerte mich an
seiner braunen Lederjacke fest wie ein Affe an einem Ast. Er grinste,
wahrscheinlich, weil er schon den heraneilenden Security-Typen entdeckte,
der mich entfernte und zurück zu den anderen Mädchen schleifte. Wo meine
beste Freundin das Mikrofon eines Radioreporters nass machte. "Ich liebe ihn
soooo!", heulte sie und meinte John Taylor, den Bassisten.
"Echt?", fragt dieser John Taylor zwei Jahrzehnte später. Dann blättert er in
ihrem alten Tagebuch, voll gemalt mit Herzchen und grenzdebilen
Liebeserklärungen: "John ist wie ein Ring um mein Herz." Er lacht. "Gut,
dass es auf Deutsch ist."
Wir nicken. Denn meine beste Freundin und ich sind auf unsere alten Tage
doch noch da gelandet, wo wir als pubertäre Mädchen immer sein wollten: in
einem Hotelzimmer mit Duran Duran. Auch wenn wir damals eher an unsere
Entjungferung durch John oder Simon gedacht hatten. Aber dafür ist es jetzt
zu spät, insofern ist ein Interview auch okay; ich habe um diesen Termin
gebettelt und darum, dass meine beste Freundin mitkommen durfte. Aus
nostalgischen Gründen.
Duran Duran sind wieder komplett. Zuletzt bestand die Band ja nur noch aus
Simon Le Bon und Nick Rhodes, dem Keyboarder, und war überall außer in
den Charts. Aber nun ist mit "Astronaut" das erste Album seit 18 Jahren in
der ursprünglichen Besetzung erschienen. Vor uns sitzt John Taylor, 44, die
Haare schwarzblond gesträhnt, und überlegt, wer die Idee hatte, wieder
gemeinsam Musik zu machen. Er kommt auf einen, mit dem wir nicht
gerechnet hatten: "Gott", sagt er. "Oder es war die Konstellation der
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Planeten."
Wir sind verwirrt. Fragen uns, ob es zu viel Kokain war damals als
Superstar. Aber dann kriegt er die Kurve: "Simon. Er hat es am meisten
gefühlt, you know?" Neben Taylor sitzt Nick Rhodes, und der sagt jetzt, dass
sie halt alle immer noch "diese Leidenschaft für Musik" hätten. Wie 1978, als
er und Taylor die Band in Birmingham gründeten.
Duran Duran kamen daher wie von einer Kosmetikschule mit SynthesizerKurs. Trugen Kajal und Lippenstift, produzierten Plastik-Musik - und das
machte sie zu den perfekten Hochglanz-Poppern der frühen Achtziger. Sie
hatten Hits wie "The Reflex" und "The Wild Boys" und mit Prinzessin Diana
genau einen bekennenden Fan über 20. Doch dann driftete die Band
auseinander. Und nun das: "Astronaut" mag für Feuilletonisten Pop-Trash
sein - für uns ist es immer noch Kunst.
"Wir wollen bald in Berlin spiel..." - sagt John Taylor nun und hält inne.
"Look at her, she's beaming!" Er zeigt auf meine beste Freundin, die ihn
anstrahlt, als sei heute sie auf Koks. Weil er immer noch soooo sexy ist. Zum
Abschied sagt er: "See you at the show." Vor Jahren wären wir bei diesem
Satz bestimmt tot umgefallen. Aber jetzt wollen wir noch zu Simon.
Der Sänger steht ein Zimmer weiter im Bad, gurgelt und lässt sich dann in ein
Sofa fallen. Le Bon, 45, die Haare blond gesträhnt, sieht erstaunlich frisch
aus. Faltenfrei. Hat bestimmt 'ne super Hautcreme, der Mann. Aber wie war
das mit der Wiedervereinigung von Duran Duran? You know, Gott, die
Konstellation der Planeten, Simon, was war es?
"Wir waren auf einem ständigen Abstieg ", sagt er, "wenn das so
weitergegangen wäre, hätten wir irgendwann in Ferienlagern gespielt."
Respekt, so was nennt man eine ehrliche Antwort! "Die Magie von uns fünf
haben wir alle vermisst... Oh dear." Er lacht. "Und Retro ist schick. Heute
sind alle nostalgisch."
Das ist unser Stichwort. Wir erzählen, warum wir vor 20 Jahren beste
Freundinnen geworden sind: weil unsere Mütter, Lehrerinnen an derselben
Schule, feststellten, dass sie beide Töchter haben, deren Kinderzimmer
aussehen wie eine Gummizelle - bis unter die Decke mit Duran Duran
tapeziert. Und die sich mal treffen sollten, zwecks Austauschs doppelter
Poster. "Ohh" - Le Bon lächelt. Nimmt uns für ein Foto in die Mitte. Und sagt
in sehr väterlichem Ton: "Für eure Mütter."
Ulrike von Bülow und Suze Barrett
Meldung vom 16. Oktober 2004
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