vollständige PDF Ausgabe - Deutsche Gesellschaft für
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Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Schwerpunkt Martina Roes, Anneke de Jong, Ines Wulff Implementierungs- und Disseminationsforschung – ein notwendiger Diskurs Implementation and Dissemination Research – a necessary discourse Methods of implementation and its theoretical references, concepts of knowledge circulation, and criteria for assessment of implementation and dissemination processes are established subjects of implementation and dissemination science. Due to the foundation of the research group ‚Knowledge Circulation and Implementation’ at the German Center for Neurodegenerative Diseases (DZNE) in 2010 and the ‘Section Dissemination and Implementation (SDI)’ in the German Society of Nursing Science (DGP) in 2012, the national and international discourses of the implementation and dissemination research has been more deeply thematized. This paper focusses on ‘knowledge and behaviour’, and ‘adaptation and sustainability’ as well as indications for the contribution of the implementation and dissemination research for nursing science. Keywords Implementation and Dissemination Research; Black-Box-Phenomena, evidence-basedpractice, knowledge circulation, adaptation Implementierungsmethoden sowie deren theoretische Bezüge, Konzepte der Wissenszirkulation, oder auch Ergebnismaße zur Bewertung von Implementations- und Disseminationsprozessen sind etablierte Gegenstandsbereiche der Disseminations- und Implementierungswissenschaft (DIW). Mit der Einrichtung einer Forschungsgruppe „Wissenszirkulation und Implementierung1“ am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) 2010 und der Gründung der „Sektion Dissemination und Implementierung (SDI)“ (Buscher et al. 2011, 2012) in der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft (DGP) 2012 wird dem nationalen und internationalen Diskurs der noch jungen Disziplin Implementierungs- und Disseminationsforschung auch in Deutschland verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt. Im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen „Wissen und Handeln“ und „Adaptation und Nachhaltigkeit“ sowie Hinweise auf den Beitrag der Implementierungs- und Disseminationsforschung für die Pflegewissenschaft. Schlüsselwörter Implementierungs- und Disseminationsforschung, Black-Box-Phänomene, Evidence-informed Practice, Wissenszirkulation, Adaptation 1 Seit Januar 2013 lautet der Titel dieser Gruppe „Implementierungs- und Disseminationsforschung“ eingereicht 24.04.2013 akzeptiert 04.06.2013 197 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 1. Einleitung Täglich sieht sich die Pflegepraxis mit neuen Anforderungen konfrontiert: einmal sind es Assessmentinstrumente, die im Rahmen der nationalen Expertenstandards einzuführen sind, ein anderes Mal neue Biografiebögen, veränderte Vorgehensweisen in der Verwendung von Wundmaterialien oder neue gesetzliche Vorgaben. Jedes Mal sehen sich sowohl die Pflegenden als auch die Organisation, in der sie tätig sind, damit konfrontiert, zu überlegen WIE sie diese Änderungen in den Alltag rasch und nachhaltig integrieren können, immer davon ausgehend, dass mit jeder Änderung auch eine Qualitätsverbesserung einhergeht. Gleichzeitig stehen alle Beteiligten vor der Herausforderung, dass einerseits die Neuerungen in der Regel nicht auf ihre spezifische Einrichtung oder Klientel ausgerichtet sind, sondern Anpassungen erforderlich werden. Andererseits ist oft unklar, wie sie eine erfolgreiche Umsetzung nachweisen können. Diese oder ähnliche Situationen haben zu der Entwicklung der Implementierungs- und Disseminationswissenschaft geführt, die seit etwa Mitte der 1990er weltweit immer mehr an Aufmerksamkeit gewinnt, vor allem über den Umweg der Qualitätsdebatte bzw. der Unzufriedenheit mit dem erreichten Qualitätsniveau. International wird unter Implementierung die Umsetzung bzw. Integration evidenzbasierter Interventionen in einem spezifischen Setting verstanden (National Institutes of Health 2011, Rabin et al. 2012) und unter Dissemination die Verbreitung dieser Interventionen (Lomas 1993, Rabin et al. 2012) sowie aktive und geplante Bemühungen, um Zielgruppen zu überzeugen, eine Innovation anzuwenden (Greenhalgh et al. 2004). Dissemination geht damit über die Implementierung hinaus. Diffusion wird als Prozessschritt auf dem Implementierungs- und Disseminations-Kontinuum verstanden, der aber relativ unstrukturiert erfolgt (Lomas 1993, Rogers 2003) bzw. eher einer passiven Verbreitung unterliegt (Greenhalgh et al. 2004). Nachhaltigkeit kann im Sinne Kurt Lewins als Ablösung alter Routinen bzw. die Etablierung neuer Routinen durch die Implementierung von Innovationen verstanden werden (3-Phasen-Modell: unfreezing, moving, refreezing, Ullrich 2005). Implementation- und Disseminationsforschung wird definiert als Analyse der Strategien und Prozesse die dazu beitragen, evidence-based Interventionen oder auch Innovationen in die Handlungsroutine zu integrieren (Proctor et al. 2009). Innovation wird teils mit dem Neuheitscharakter für Handelnde (Rogers 2003) und teils mit einer Intervention inklusive Effektivitätsnachweis (Rabin et al. 2012) assoziiert. Adaptation wird als verbindliche Aussage hinsichtlich der Umsetzung einer evidenzbasierten Intervention verstanden (Rogers 2003). Wie sich im Verlauf des Artikels (und auch der Beiträge von Quasdorf et al. und Roes et al. in dieser Ausgabe) zeigt, werden die Begriffe nicht immer trennscharf verwendet. Der Fokus dieser noch jungen Wissenschaftsdisziplin liegt dabei mehr und mehr sowohl auf der Analyse von Einflussfaktoren, wie z. B. Kontextfaktoren (Kultur, Führungsstil, Umgang mit Evaluationsergebnissen) und bedingende Faktoren (Ressourcen), als auch subjektiver Faktoren (Einstellung, Annahmeverhalten). Mit dieser Feinjustierung wurde auch eine Abkehr von monokausalen Wirkprinzipien zugunsten einer kritischen Reflektion bisher realisierter Transferkon198 Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Schwerpunkt zepte eingeläutet. Über die systematische Analyse von Implementierungs- und Disseminationsprozessen entsteht u. a. Wissen darüber, wie das Vernetzen von objektivem und subjektivem (Fach-/Experten)Wissen gelingen oder scheitern kann oder auch darüber, wie die Ergebnisse einer Intervention mit der Art und Weise der Implementierung bzw. Dissemination korrespondieren. Wissenschaft ist gekennzeichnet insbesondere durch Theoriegenerierung, konzeptionelle Entwicklung und Forschung. Übertragen auf eine Implementations- und Disseminationswissenschaft (IDW) bedeutet dies, dass einerseits theoretische Begründungen für Implementierungs- und Disseminationsmodelle formuliert werden und andererseits Evidenz für die theoretischen Modelle und/oder die Effektivität der Implementierungsstrategie vorhanden sind (van Achterberg et al. 2008). Ein Beispiel hierfür ist das Consolidated Framework For Implementation Research (CFIR) von Damschroder und Kollegium (2009), welches eine Typologie für die Entwicklung und Verifizierung von Implementierungstheorien liefert. Teil eins des Artikels befasst sich mit einer (inter)nationalen Verortung der Implementierung und Dissemination. Erläutert werden insbesondere mit der Implementierungs- und Disseminationswissenschaft korrespondierende Herausforderungen im Sinne eines Black-Box-Phänomens. Im Mittelpunkt steht die Erläuterung von zwei Black-Box-Phänomenen: „Wissen und Handeln“ sowie „Adaptation und Nachhaltigkeit“. Abschließend wird begründet formuliert, warum Implementierungs- und Disseminationswissenschaft (IDW) für die Disziplin Pflegewissenschaft notwendig ist: Denn es gibt zum jetzigen Zeitpunkt keine deutschsprachige Literatur, die sich mit den theoretischen und methodischen Grundlagen, die eine IDW kennzeichnen, befasst und die für die Pflegewissenschaft in Deutschland relevant wären. Texte, Studien und / oder Projekte im deutschsprachigen Raum beziehen sich – wenn überhaupt – auf im Ausland entwickelte Implementierungs- und Disseminationskonzepte. Aus unserer Sicht sind diese Studien somit im Prozess der anwendungsorientierten Übersetzung zu verorten. Teils lassen sich Evaluationen zur Einführung von Interventionen identifizieren, wenngleich der Blick häufiger auf den Gegenstand dessen, was implementiert wird, und nicht auf die Art und Weise der Implementierung gerichtet wird. Das heißt, die Implementierung wird nicht als Intervention betrachtet; gleichzeitig wird in der Regel nicht unterschieden zwischen patientenbezogenen Outcomes und Ergebnissen die sich aus der Implementierung ergeben. Demnach repräsentiert die gegenwärtige deutschsprachige Literatur nicht Teil eines Diskurses zur Theorie-/ Modell-/ Methodenentwicklung einer bundesdeutschen Implementierungs- und Disseminationswissenschaft. 2. Implementierung und Dissemination – oder die Beschäftigung mit dem Black-Box-Phänomen Grundsätzlich stellt sich die Frage, warum es notwendig ist, sich explizit mit den Themen „Implementierung und Dissemination“ aus pflegewissenschaftlicher Perspektive 199 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 zu befassen. Festinger (1985) würde dies damit begründen, dass eine Konsistenz besteht zwischen dem, was eine Person weiß bzw. glaubt und dem, was sie tatsächlich tut; gleichwohl besonders interessant diejenigen Momente sind, die von diesem Muster abweichen. Als Beispiel führt er an, dass eine Person zwar weiß, dass Rauchen sich ungünstig auf die eigene Gesundheit auswirkt, sie dennoch weiterraucht. Die Berücksichtigung der individuellen Perspektive führe am ehesten zur Annahme einer Intervention (hier: des Nichtraucher-Programms). Kernfrage ist: Wie werden Implementierung und Dissemination realisiert? Konzepte der Wissenszirkulation (u. a. Fox 2010, Greenhalgh 2010, Greenhalgh et al. 2004, Mitton et al. 2007) und der Einflussnahme sowohl der Individuen als auch der Organisation prägen die Gestaltung von Implementierungs- und Disseminationsprozessen. Die Komplexität des Themas fordert jedoch eine Fokussierung auf ausgewählte Aspekte. Vor dem Hintergrund der Zielsetzung dieses Artikels wird eine Eingrenzung vorgenommen. Diese beruht auf der Tatsache, dass zwei Phänomene immer wieder thematisiert werden: (a) die Black-Box „Wissen und Handeln“ (oft mit dem Konzept der Wissenszirkulation assoziiert) und (b) „Adaption und Nachhaltigkeit“ (sowohl auf Ebene des Individuums als auch der Organisation). Die Autorinnen gehen davon aus, dass mit der Skizzierung dieser beiden Phänomene der Diskurs um die Notwendigkeit einer Implementierungs- und Disseminationsforschung im Kontext der Pflegewissenschaft deutlich wird. 2.1 Black-Box Phänomen „Wissen und Handeln“ Festinger (1985) verwies darauf, dass Wissen oft gleichgesetzt wird mit Meinung, Einstellung und Haltung bzw. dass das Vorhandensein eines inneren Zwiespaltes einer wahrgenommenen Problemsituation das Suchen nach Informationen beeinflusst. Er regte deshalb an, sich intensiver damit zu befassen, welches Verständnis von Wissen einem Diskurs zugrunde liegt oder auch für welche Argumentationen auf welches Wissen (eher theoretisches oder Erfahrungswissen) zurückgegriffen wird. Zudem plädierte er für eine Auflösung der Hierarchisierung zwischen theoretischem und praktischem Wissen zugunsten einer Integration und Anerkennung von Erfahrungswissen. Wichtig ist, dass Erfahrungswissen, Einstellung und Haltungen sowie der Kontext – aus Sicht der Person, die sich „verändern soll“ – mindestens ebenso schwer wiegen wie neue Informationen oder relevante Forschungserkenntnisse, deren proklamierte positive Auswirkungen noch nicht selbst erfahren wurden. Festinger (1985) führte zwei Thesen an, die erste Hinweise auf eine Bereitschaft liefern, das Handeln unter Rückgriff auf theoretisches und Erfahrungswissen (nicht) zu verändern: - Erste These: Das Empfinden von Dissonanz wird auf einer psychischen Ebene als Unwohlsein wahrgenommen und motiviert eine Person dazu, dies zu verändern. Im Diffusionsmodell von Rogers (2003) korrespondiert dies beispielsweise mit der Idee, dass eine Innovation als kompatibel mit dem sozialen Umfeld und der eigenen Positionierung innerhalb dieses Kontextes zu betrachten ist. Greenhalgh (2010) verweist darauf, dass das, was eine Person weiß auch damit korrespondiert, was die Gemeinschaft 200 Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Schwerpunkt (hier verstanden als Zugehörigkeit zu einer Profession, einer Institution oder einem Team) weiß und wie sich allgemeines Wissen zu spezifischen Fragebedarfen einer Organisation, eines Teams oder einer Person verhält. - Zweite These: Wenn eine Person Unwohlsein aufgrund erlebter Dissonanz empfindet und gleichzeitig versucht, diese Gefühle zu verändern, wird sie aktiv Situationen und Informationen vermeiden, die das Gefühl des Unwohlseins verstärken könnten. Die Annahme, dass Informationen zur Reduktion oder Steigerung der Dissonanz führen können, beeinflusst auch die Art und Weise der Informationssuche (z. B. Informationen über negative Auswirkungen des Rauchens bewusst zu ignorieren oder bewusst nach Anti-Raucherprogrammen zu suchen). Vor diesem Hintergrund ist nachvollziehbar, warum dem Aspekt „Awareness“ bezogen auf erwartbare und messbare Veränderungen in den meisten Implementierungs-/ Disseminationsmodellen eine herausragende Rolle zukommt (Chaudoir et al. 2013). Das Black-Box-Phänomen „Wissen und Handeln“ bzw. Wissenszirkulation (knowledge transfer and exchange) wird also in erster Linie als interaktiver Prozess verstanden (u.a. Fox 2010, Greenhalgh 2010, Mitton et al. 2007), wenngleich laut Mitton et al. (2007) nicht klar ist, welche Art des Austausches in welchem Kontext verwendet werden sollte. Der Diskurs um die Wissenszirkulation dreht sich – so Greenhalgh (2010) – um ein zentrales Problem: Wie kann etwas verändert werden und welche Rolle kommt dabei dem Wissen aller Beteiligten zu? Je nachdem welche Perspektive eingenommen wird, wirkt sich dies auf die Vorgehensweise aus, d. h. steht eher die Veränderung orientiert am Individuums bzw. der Organisation im Vordergrund oder die zu implementierende Intervention. Greenhalgh (2010) kritisiert jedoch, dass die Summe aller systematischer Reviews zur Wissenszirkulation nicht dazu führte, grundsätzliche Probleme der Implementierung und Dissemination zu lösen. Dies gilt auch für die hier in Deutschland durchgeführten Forschungsaktivtäten zum „Wissenstransfer“ – deren Rezipierung den Rahmen dieses Artikels überschreiten würde. Zugleich wurden die Erkenntnisse dieser vielfältigen Projekte nicht genutzt, einen Diskurs im Sinne der Etablierung einer theoriegestützten und forschungsbasierten Implementierungs- und Disseminationswissenschaft zu fördern. Evidence based / informed Practice als Beitrag zur Vernetzung von Wissen und Handeln Seit Sackett et al. 1996 für die Mediziner die Wichtigkeit einer forschungsbasierten Praxis betonte und definierte, wurde dies von der Pflegeprofession aufgegriffen und spezifisch als evidence based nursing definiert. Drei Bereiche sind hierbei zentral: (1) relevante Forschungsergebnisse (d. h. die Entscheidung, ob sie relevant ist für den Patienten), (2) die klinische Expertise (d. h. Fähigkeiten und Beurteilungsvermögen der Pflegenden, entwickelt durch ihre Erfahrungen in der Praxis) sowie (3) die Einbindung der Patientenpräferenzen (Cullum et al. 2008, Haynes et al. 1996, de Jong et al. 2012, DiCenso et al. 1998). Grundlage von evidence based nursing sind (u.a. Brown 2001, van Meijel et al. 2004, Kuiper et al. 2012, de Jong et al. 2012): das Wissen über Erfah201 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 rungen und Erlebnisse von Patienten im Rahmen ihrer (chronischen) Krankheitsbewältigung und damit einhergehende Veränderungen im Alltag, Wissen über auf Pflegesituationen passende Strategien und Interventionen und instrumentell-technisches Wissen. Die Annahme ist, wie Bircumshaw schon 1990 formulierte, dass davon auszugehen ist, dass (a) die Pflege der Patienten auf Grundlage einer wissensbasierten Vorgehensweise eine bessere Qualität aufweist, (b) die Pflege als Berufsgruppe professioneller wird und somit Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen kann, und (c) dass die Kosten der Pflege sinken (Bircumshaw 1990). Demnach wurde konstatiert, dass die Qualität der Forschung (hier die identifizierte Evidence) das Ergebnis pflegerischen Handelns (in)direkt beeinflusst: je besser die Qualität der Forschung, umso höher die Chance, dass die patient outcomes ebenfalls hoch sind – vorausgesetzt, die Umsetzung ist stimmig (Kitson et al. 1998,Rycroft-Malone et al. 2002, Rycroft-Malone 2004, Kitson et al. 2008). Die erste Frage ist dann, was die Qualität der Forschung bestimmt. Ein Diskussionsthema ist der Stellenwert von evidence für die Praxis (u. a. Street 1992, Grypdonck 2006, 2004, Estabrooks et al. 2005): Einerseits, weil die Fachliteratur einseitig fokussiert ist auf empirisches Wissen als Hauptquelle für gute Praxis und andere, vor allem nicht-empirische Wissensquellen außer Acht lässt (Grypdonck 2004, 2006, Estabrooks et al. 2005, Estabrooks 2007). Andererseits, weil es innerhalb der Wertschätzung von Forschungsmethoden eine Rangordnung2 gibt, das heißt, Randomised Controlled Trials (RCTs) stehen in ihrer Wertigkeit an oberer Stelle, und es wird als zwingend erachtet, diese Ergebnisse in die Umsetzung in der Praxis zu bringen. Ergebnisse anderer Forschungsmethoden (insbesondere qualitative Forschung) werden als Wissen von niedriger Qualität gesehen (Street 1992, Ray et al. 2001, Grypdonck 2004, 2006, Schnepp 2009). Zum Thema RCTs wird eine Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse problematisiert. Grypdonck (2004) argumentierte, dass nur, wenn genau die gleichen Umstände bzw. eine identische Vorgehensweise vorgesehen ist, vergleichbare Ergebnisse erreicht werden. Rolfe (1998) stellte dazu fest, dass auf diese Art und Weise ermittelte evidence für Entscheidungen über passende, an der Person und Situation orientierte Interventionen keine Hilfe für die klinische Entscheidungsfindung sind. Ein Ansatz zur Lösung dieses Problems ist, laut angelsächsischer Implementierungsforscher, sich damit zu befassen, wie die Praktiker Forschungserkenntnisse betrachten: Sehen sie Nachweise von evidence durch Forschung als Absolut an und wie bewerten sie diese Ergebnisse? Oder betrachten sie diese Forschungsergebnisse als Teil ihrer Entscheidungsfindung, schätzen die Ergebnisse als wertvoll für ihr Handeln ein und akzeptieren die Unsicherheit, die mit den Ergebnissen einhergehen (Kitson et al 1998, Rycroft-Malone 2004)? Hinsichtlich der Qualität der Forschung lehnten Rycroft-Malone et al. (2004) eine Hierarchisierung von Forschungserkenntnissen ab, sondern fragen vielmehr, ob die Forschungsfra2 siehe hierzu: http://www.evidence2practice.org/magnified/rec_process/rec_process8.html 202 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 gen angemessen waren, ob das Forschungsprojekt konsistent aufgebaut war und durchgeführt wurde. Der Diskurs um Evidence aus Sicht der Zirkulation von Wissen betrachtet zeigt, dass in vielen Studien unter den Stichworten practice-theory-gap (u. a. Rafferty et al. 1996, Rolfe 1998), später knowledge transfer (u. a. Salsali et al. 2009), knowledge translation (u. a. Lockyer et al. 2004, Kitson et al. 2008), knowledge-to-action-cycle (u. a. Kitson et al. 2010), knowledge circulation (u. a. HBO-Raad 2004) oder integration of theory and praxis (z.B. McCaugherty 1991) die Wichtigkeit der Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Praxis thematisiert wurde. Der Begriff evidence based medicine/nursing/practice entwickelte sich über Jahre von research based practice über evidence based practice hin zu einem Verständnis von evidence informed practice und best (good) practice. Grund dafür war, dass schon bald deutlich wurde, dass Entscheidungen über die Behandlung und Pflege von Patienten nicht ausschließlich über Forschungsergebnisse erfolgen kann, denn dafür ist die Realität der Patienten und Professionellen zu komplex. Individuelle Patienten passen nicht in das Schema, welches laut evidence report notwendig wäre. Wurde anfangs die klinische Expertise sowie die Patientenpräferenzen in der Definition von evidence based practice eingebunden, stellte sich später heraus, dass dennoch nicht die Komplexität pflegerischen Handelns abgebildet werden konnte. Brown (2001) skizzierte in ihrer best practice health care map (Abbildung 1), wie mehrere Faktoren auf die klinische Entscheidung Einfluss nehmen. Clinical Assessment Patient Data Clinician’s Experiential Knowledge Research Research Findings TQM Evaluative Setting Data System Management System’s Policies & Resources Pointof-Care Design Best Practice Patient Outcome Prespecification Design Abb. 1: Best Practice Health Care Map (Brown 2001) 203 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Ob etwas „Best practice“ ist, wird gemessen an den Ergebnissen auf Patientenebene. D. h. es sind die professionellen Akteure, die vorab entscheiden, ob Forschungsergebnisse relevant für diesen Patienten in dieser spezifischen Situation sind (point of care design). Diese Entscheidung gründet sich auf einer Vielfalt von Daten: patientenbezogene Daten, objektives und Erfahrungswissen der professionellen Akteure, Forschungsergebnisse sowie Daten aus der Organisation oder bezogen auf politische Bedingungen. Ein Teil dieser Daten kann vorab (pre-specification design) festgelegt werden, z. B. im Form von Standards, Leitlinien oder klinischen Behandlungspfaden. Die Pfeile im Model von Brown (2001) zeigen wie eine Entscheidung (point of care design) getroffen wird und passende Interventionen festgelegt bzw. durchgeführt werden. Deutlich wird, dass es keine direkten Pfeile von den Forschungsergebnissen direkt in Richtung Patientenoutcomes gibt. Für die Diskussion darüber, Forschungsergebnisse in der Praxis umzusetzen, bedeutet diese Perspektive, dass die Implementierung neuen Wissens sich als Hilfsmittel in der Entscheidungsfindung präsentiert. Genau diese Komplexität und Vielfalt an Faktoren motivierte Wissenschaftler wie Grypdonck (2004) dazu, den Begriff „Evidenz informierte Praxis“ einzuführen, und damit auch zu signalisieren, dass es in der Praxis um mehr geht als nur das 1:1 Umsetzen von Forschungsergebnissen. 2.2 Black-Box Phänomen „Adaptation und Nachhaltigkeit“ Ein Blick in die (inter)nationale Literatur zeigt, dass Implementierung(sforschung) hinsichtlich Adaptation und Nachhaltigkeit vor allem ein Thema der Qualitätssicherung bzw. der Ergebnismessung (u. a. Alexander et al. 2011, Chaudoir et al. 2013, Frommelt et al. 2010, RAND 2011) – und damit Bestandteil der Debatte um Evidence-based-Practice ist. Implementierungsforschung bezieht sich dabei auf Konzepte der Wissenszirkulation (siehe oben), der Analyse von Einflussfaktoren (u. a. Harvey et al. 2002, Hoben 2013, 2010, Quasdorf 2013, Quasdorf et al. in dieser Ausgabe) sowie Implementierungseffekten (u. a. Bowmann et al. 2008, Chaudoir et al. 2013, Gagnon et al. 2011, Grimshaw et al. 2004, Grol et al. 2003; Grol et al. 2005, Harvey et al. 2002). Insbesondere die Analyse von Einflussfaktoren zeigt, dass neben einem grundsätzlichen Verständnis von Wissenszirkulation es auch darum geht, sich intensiver mit der Art und Weise des Umgangs von Anforderungen an Verhaltensänderung bzw. der Einstellung zur Innovation der beteiligten Akteure zu beschäftigen. Es gibt, so Festinger (1985), eine starke Tendenz dahingehend, von Personen Informationen anzunehmen, welche mit eigenen Einstellungen und Haltungen übereinstimmen. Dem sozialen Umfeld fallen zwei scheinbar widersprüchliche Funktionen zu: einerseits Ursache für innere Dissonanz zu sein und andererseits treibende Motivation, innere Dissonanzen zu beseitigen oder zu reduzieren. Dies korrespondiert mit dem Phänomen der „persönlichen versus öffentlichen Einstellungsänderung“. Letzteres bezeichnete Festinger (1985) als ‚forced compliance’, d. h. keine oder eine nur teilweise Verhaltensänderung bei gleichbleibender Einstellung. 204 Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Schwerpunkt Wenn man den Zusammenhang zwischen Implementierungsgrad und Zeit herstellt, wird deutlich , dass über den Zeitraum von knapp drei Jahren eine Spannbreite von vollständiger Integration der Innovation in den Routinealltag (‚full use’) bis hin zur unvollständigen Integration (‚incomplete use’) oder gar Ablehnung (discontinued / replaced) denkbar ist. Sowohl aus Sicht der Praktiker als auch der Wissenschaftler steht jedoch eine effektive und nachhaltige Implementierung im Mittelpunkt aller Bemühungen mit dem Ziel, die Versorgungsqualität hoch zu halten, d. h. Integration in den Routinealltag. In der Implementierungs- und Disseminationsforschung erhalten insofern die Prozessgestaltung (vom Zeitpunkt der Initiative bis hin zur Dissemination) sowie Fragen der Anpassung der Intervention und ihrer Testung unter Realbedingungen eine herausragende Bedeutung (u. a. Wiltsey Stirmann et al. 2012). Greenhalgh et al. (2010) gehen im Idealfall von einer Kombination aus Innovation, Diffusion, Adaptation und Dissemination aus. Translational Research als Beitrag zur Realisierung von Adaption und Nachhaltigkeit Lenfant (2003) formulierte, dass „Translation“ (allgemein gesprochen die „Übersetzung“) immer dann notwendig wird, wenn Wissen vom Labor in die Praxis gelangen soll, damit es dort an Relevanz gewinnt und eine Verquickung von objektivem und intuitivem Wissen gelänge. National Institutes of Health (2009) beschreiben zwei Forschungsrichtungen die für Translational Research von Relevanz sind: (1) Translation von im Labor bzw. in Vorstudien entstandenen Ergebnissen sowie die Entwicklung von Studien am / mit Menschen, und die Richtung (2) fokussiert die Adaptation von ‚best practice’ (aus Schritt 1). Translationale Forschung kann demnach an drei Stellen verortet sein (siehe Abbildung 2). Interessant für einen translationalen Ansatz im Kontext der Implementierungs- und Disseminationsforschung im pflegewissenschaftlichen Kontext sind sowohl T1, T2 als auch T3: - T1 sofern möglich werden neue Interventionen im Rahmen von RCTs validiert; Forscher sehen sich – mit Blick auf Interventionseffekte – u. a. mit Fragen der ‚Verfahrenstreue’ (fidelity) konfrontiert. Dabei kommt der Praxis der Status eines ‚Labors’ (d. h. kontrollierte Bedingungen) zu - T2 die Übersetzung der Erkenntnisse aus T1 in einen Versorgungskontext (z. B. stellt die Entwicklung eines nationalen Expertenstandards die Übertragung von bisher getrennt betrachten Studienergebnissen in einen Versorgungskontext dar.) - T3 steht für die Anpassung der nationalen Expertenstandards (T2) an die Realbedingungen der Einrichtung sowie deren konkrete Integration in den Routinealltag. 205 Schwerpunkt T1 Bedsite Forschung Translation vom Labor zum Menschen Grundlagenforschung Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 T2 T2 Colditz (2012) Praxisforschung (clinical trails / observation etc.) Praxis T3 Entwicklung Q-Niveaus/ Leitlinien Systematic Review Meta-Analysen Implementierungsund DisseminationsForschung Translation zur Versorgung Translation zur Praxis Abb. 2: Verortung von Translational Research (die 3-T’s)3 (DGP Tagung vom 22. Feb. 2013) Implementierung und Dissemination bezieht sich allerdings üblicherweise nur auf den letzten Schritt (also T3) in dieser Kaskade und bezieht sich auf die nachhaltige Etablierung effektiver4 Interventionen (u.a. Colditz 2012, Green et al. 2009). Kritisiert wird deshalb, dass die Beachtung von „translational research“ Ansätzen bisher noch unterrepräsentiert ist – sowohl in der Interventions- als auch Implementierungsforschung (u.a. Rahmann et al. 2012). Die Praxis, kritisierte Lenfant (2003), benötigt keine weiteren Studien, um Effektivität und Effizienz zu demonstrieren, sondern vielmehr die „Übersetzung“ dieser Erkenntnisse in Versorgungs- und Praxisanforderungen. Im Mittelpunkt steht die Beantwortung der Frage, ob eine Intervention für eine institutionalisierte Implementierung und Dissemination geeignet ist. Trifft dies zu, kann auch das Ziel der nachhaltigen Implementierung erreicht werden. In der Implementierungs- und Disseminationsforschung wird allgemein betrachtet zwischen drei Typen von Outcomes unterschieden (Proctor et al. 2011): Implementierungsergebnisse (u. a. Adaptation, Verfahrenstreue, Nachhaltigkeit etc.), Ergebnisse basierend auf der Intervention (u. a. Effektivität, Patientenzentrierung, Sicherheit etc.) und Klienten bezogene Ergebnisse (u. a. Zufriedenheit, Funktionalität etc.). Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden ein Ansatz vorgestellt, der im Kontext des hier skizzierten translationalen Forschungsverständnisses strukturierte Antworten auf die Komplexität der Implementierungs- und Disseminationsforschung liefern kann und dabei sowohl das Phänomen „Wissen und Handeln“ als auch „Adaptation und Nachhaltigkeit“ bedient. Darüberhinaus kommt der aktiven Partizipation aller 3 Dieses Modell bildet u.a. die Basis für National Institutes of Health (USA, 2009) 4 siehe hierzu die Definitionen zu Beginn des Artikels, gleichwohl die Debatte um das Konzept „evidence“ verdeutlicht, dass ein monolineares Verständnis von Wirkzusammenhängen nicht die Komplexität der Realität abbildet. 206 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Akteure eine besondere Rolle zu. Dieser Ansatz ist auch vor dem Hintergrund interessant, da die Differenzierung von Interventions- und Implementierungseffekten mitschwingt. Der hier vorgestellte Ansatz steht für die Vernetzung von Forschungs- und Praxisnotwendigkeiten und zeigt beispielhaft auf, wie Translational Research realisiert werden kann und somit das Verständnis von Implementierungs- und Disseminationsforschung mit beeinflusst. Das PARIHS-Model (Kitson et al. 1996,Harvey et al. 2002, McCormack et al. 2002, Rycroft-Malone et al. 2004, Rycroft-Malone 2004, Kitson et al. 2008) PARiHS steht für „Promoting Action on Research Implementation in Health Services“. Das Model wird als Rahmen gesehen und verstanden als ein Hilfsmittel für eine Arbeitsfeldanalyse, zur Feststellung, welche Faktoren Einfluss auf die ImplementieEvidence (Strong) Ideal situation for implementation of evidence into practice F1 Context (Weak) Context (Strong) F2 F3 Evidence (Weak) Abb. 3: Die PARiSH Diagnose und Evaluation Matrix (Kitson et al. 2008, S. 592) rung der evidence nehmen werden. Das Model kann darüber hinaus auch als Evaluationshilfsmittel angewendet werden (Abbildung 3). In der Matrix wird sichtbar, dass das Quadrat oben rechts (F4) den wünschenswerten Zustand darstellt, d.h. überzeugende Evidence und gute Rahmenbedingungen. Es identifiziert drei Hauptkategorien: - evidence: aktueller Stand des Wissens unter Einbindung von Forschungsergebnissen, Erfahrungswissen und Präferenzen der Patienten, - context: Rahmenbedingungen, die die Implementierung mit beeinflussen wie z. B. Leadership, lernende Organisationspotentiale, Monitoring, Evaluation und Feedback - facilitation: Optionen einer flankierenden Unterstützung, deren Art und Weise da207 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 von abhängt, welchen Grad der Vorbereitung eine Einrichtung vor Umsetzung der Innovation erreicht hat („state of preparedness“) Die Entwicklerinnen (Kitson et al. 2008) gehen von einem ‚Support-Kontinuum’ aus, welches sich auf der Bandbreite von „etwas für andere tun“ bis hin zu „Empowerment“ bewegt (Kitson et al. 2008). Dem Facilitator (Support-Person) kommt in diesem Modell auch die Aufgabe der „Übersetzung“ zu. In mehreren Forschungsprojekten wurde dieses Implementierungs-Modell erforscht und bestätigt (Meijers et al. 2006, Bathsevani et al. 2007, Cummings et al. 2007, 2010, Rycroft-Malone et al. 2012, Roberge et al. 2013, Rycroft-Malone et al. 2013). Der hier skizzierte Ansatz gibt einen Einblick in die Komplexität sowohl der Implementierung und Dissemination als auch der Forschung über diese Prozesse. Er zeigt Begründungszusammenhänge auf und integriert sowohl Aspekte der Phänomene „Wissen und Handeln“ als auch „Adaptation und Nachhaltigkeit“. Er dient der Erklärung der den Implementierungs- und Disseminationsprozess bestimmenden Variablen sowie deren Beziehung zueinander. Gleichwohl liefert die Erforschung dieser Prozesse vertiefende Einblicke in Mechanismen von Änderungsprozessen sowie Hinweise zu erfolgreichen und weniger erfolgreichen Implementierungs- und Disseminationsstrategien. 3. Fazit und Ausblick Laut Dearing und Kee (2012) befindet sich international betrachtet, die Implementierungs- und Disseminationsforschung in der Phase der Aktionsorientierung, d. h. der Expansion sowohl quantitativer als auch qualitativer Implementierungs- und Disseminationsforschung sowie der Entwicklung konzeptioneller Frameworks. Zukünftig wird es, so die Autoren weiter, vor allem darum gehen, die Implementierungs- und Disseminationsforschung in den Wissenschaftskanon zu integrieren und eine allgemeine Anerkennung als Wissenschaftsdisziplin zu erreichen. Vor dem Hintergrund vielfältiger Änderungen, die kontinuierlich auf die Pflegepraxis einwirken, und mit der Perspektive, Versorgungsqualität auf hohem Niveau zu erbringen, kommt auch die pflegewissenschaftliche Disziplin nicht umhin, sich mit Rahmenkonzepten (wie z. B. PARiSH von Kitson et al 2008); Änderungstheorien (z. B. Diffusion of Innovation von Rogers 2003) und Modellen zur theoretischen Erklärung und Verifizierung von Zusammenhängen (z.B. CFIR von Damschroder et al. 2009) intensiver auseinander zu setzen, will sie auch zukünftig „mit definieren“, welche Versorgungsqualität wie nachhaltig erreicht werden kann. Drei den Diskurs um Implementierungs- und Disseminationswissenschaft beeinflussende Aspekte bedürfen noch weiterer Klärung: (1) teils wenig trennscharfe Begrifflichkeiten und wenig ausgeprägte theoretisch begründete Implementierungs- und Disseminationsmodelle, (2) noch unzureichende Thematisierung des Verhältnisses von Interventions- und Implementierungsoutcomes sowie (3) Fragen der interdisziplinären Zusammenarbeit, auch mit politischen Entscheidungsträgern. Da es sich noch 208 Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Schwerpunkt um eine im Aufbau befindliche Wissenschaftsdisziplin handelt, sind diese Aspekte von besonderer Relevanz. Die DZNE Gruppe „Implementierungs- und Disseminationsforschung“ und auch die SDI verstehen sich als Gruppen aus Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen sowie Praktikerinnen und Praktikern, die sich – im Kontext der bundesdeutschen Pflegewissenschaft dieser Thematiken systematisch und strukturiert sowie diskursiv und empirisch annehmen. Dieser Artikel möchte einen Beitrag zu dem Diskurs um die junge Implementierungs- und Disseminationswissenschaft im deutschsprachigen Raum liefern. Literatur Achterberg, T. van / Schoonhoven, L. / Grol, R. (2008): Nursing implementation science: how evidencebased nursing requires evidence-based implementation. In: Journal of Nursing Scholarship 40(4), 302-310 Alexander, J.A. / Hearld L.R. (2011): The Science of Quality Improvement Implementation Developing Capacity to Make a Difference. In: Med Care 49, 6-20 Bahtsevani, C. / Willman, A. / Khalaf, A. / Östman, M. 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Jg. 2013 H.3 Schwerpunkt nability of new programs and innovations: a review of the empirical literature and recommendations for future research. In: Implementation Science 7, 17 Prof. Dr. Martina Roes (Korrespondenzadresse) Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE)/ Standort Witten, AG Leitung „Implementierungs- und Disseminationsforschung“, Postfach 62 50, Stockumer Str. 12, 58453 Witten, [email protected] Sektion Dissemination und Implementierung (SDI) der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft (DGP), [email protected] Anneke de Jong, MScN Universität Witten/Herdecke, Fakultät Gesundheit, Department für Pflegewissenschaft, Postfach 62 50, Stockumer Str. 12, 58453 Witten, [email protected] Sektion Dissemination und Implementierung (SDI) der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft (DGP), [email protected] Dr. cand. Ines Wulff, Diplom Pflegewirtin (FH), RN Dieter Scheffner Fachzentrum für medizinische Hochschullehre und evidenzbasierte Ausbildungsforschung (DSFZ), Charité - Universitätsmedizin Berlin, Virchowweg 23, 10117 Berlin, [email protected] Martina Roes, Ines Buscher und Christine Riesner Implementierungs- und Disseminationswissenschaft – Konzeptionelle Analyse von Gaps zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis Implementation and Dissemination Science – Analysis of Gaps between knowledge, politics and practice There are many known barriers, which influence and delay the implementation of evidence based/evidence informed innovations in practice. One reason for this lies in a controversial debate between the different stakeholders (research, practice and politics). In this article we focus on three gaps: (1) between research and politic, (2) between politic and practice and (3) between practice and research in the context of nursing care. A discourse about these three gaps is understood as an important step to discuss three major questions: (1) How do we include discussions about implementation and dissemination in nursing science? (2) How do political decision become part of a scientific discourse? (3) How does nursing science include implementation questions coming from a practice point of view? Keywords gap-trias; political decisions, research-practice-gap; policy-practice-gap; research-policyeingereicht 23.04.2013 akzeptiert 03.06.2013 213 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 gap; quality; working group dissemination and implementation Eine Vielzahl von Barrieren führt dazu, dass (evidence1 basierte) Innovationen teilweise mit starken zeitlichen Verzögerungen in pflegerische Handlungsroutinen überführt werden. Eine Ursache hierfür sind partiell kontroverse Denkrichtungen resp. ein mangelndes Verständnis zwischen den am Versorgungsprozess beteiligten Akteuren, Wissenschaft, Praxis und Politik. In diesem Beitrag werden die Gaps2 (Lücken) zwischen (1) Wissenschaft und Politik, (2) Politik und Praxis und (3) Praxis und Wissenschaft konzeptionell analysiert und anhand von pflegeassoziierten Beispielen veranschaulicht. Die dargestellten für den Implementierungs- und Disseminationsdiskurs wichtigen drei Gaps münden in eine Auseinandersetzung mit der Bedeutung des Diskurses für die Pflegewissenschaft in Deutschland. Diskutiert werden die folgenden Fragestellungen: (1) Wie wird Implementierung und Dissemination zum jetzigen Zeitpunkt in der Pflegewissenschaft aufgegriffen? (2) Wie werden politische Entscheidungen zum Gegenstand eines Wissenschaftsdiskurses? (3) Wie werden praxisrelevante Fragestellungen im Pflegewissenschaftsdiskurs aufgegriffen? Schlüsselwörter Gap-Trias, politische Entscheidungen, Wissenschaft-Praxis-Gap, Praxis-Politik-Gap, Wissenschaft-Politik-Gap, Qualität, Sektion Dissemination und Implementierung (SDI) Einleitung Bis zu 20 Jahre können vergehen, bis Innovationen, hier verstanden als Neuheit für den Handelnden (unabhängig davon, wann die Innovation entwickelt wurde), die tägliche Versorgungspraxis nachhaltig verändert haben (Rogers 2003). Lange Zeit war sicher auch eine fehlende pflegewissenschaftliche Forschungsinfrastruktur in Deutschland hinderlich (Behrens et al. 2012); dies bedeutete, dass fast ausschließlich auf Erkenntnisse aus dem englischsprachigen Ausland (inklusive notwendiger Übersetzungsschleifen) zurückgegriffen werden konnte. Zwei Barrieren sind dabei zu benennen: Zum einen lassen sich Erkenntnisse von Studien aus dem Ausland nicht 1:1 auf den deutschen Kontext übertragen (u. a. da sie in unterschiedlichen Gesundheits-/ Pflegesystemen entwickelt wurden), zum anderen stehen Ressourcen und Kompetenzen, um systematisch und strukturiert Implementierungsprozesse zu gestalten, oft nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung. Damit korrespondieren wichtige Phänomene im pflegewissenschaftlichen Diskurs (Abbildung 1): (1) die Frage der Wissenszirkulation sowie Zugang, Verfügbarkeit und Bewertung wissenschaftsbasierten Wissens; im englischen als „knowledge-to-practicegap“ (Gross & Pujat 2001) und im deutschsprachigen Gebrauch oft als „Theorie-Praxis“ bezeichnetes Gap. (2) die Frage der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und 1 Evidence und Evidenz sind nicht gleichzusetzen; Evidence bedeutet, dass eine Aussage belegt und bewiesen ist (Sacket et al. 1996). Evidenz bedeutet im deutschen Sprachgebrauch ‚eine überwiegende Gewissheit’ zu haben (Schmidt 2010). In diesem Artikel wird der Definition Evidence der Vorzug gegeben. Siehe zudem auch die Ausführungen zur evidence-informed practice von Roes, de Jong, Wulff in diesem Heft 2 Im folgenden Artikel wird der Begriff „Gap“ beibehalten: Einerseits weil wir uns abgrenzen möchten von der bisherigen Debatte um Lücken, die sich vorwiegend auf die Lücken im Theorie-Praxis-Transfer beziehen. Andererseits wird „Gap“ als Begriff international für die hier thematisierten Lücken verwendet und bietet sich daher für diesen Artikel an. 214 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Politik sowie (3) Einflussbereiche zwischen Politik und Praxis. Insbesondere die Zusammenarbeit zwischen politischen Entscheidungsträgern bzw. deren Stellvertretern (hier u. a. die Selbstverwaltung analog Sozialgesetzbuch) wird davon beeinflusst, dass politische Akteure andere Schwerpunkte setzen (müssen). Zwei Typen von Barrieren (Bell 2010; Palmer 2000; Pawson 2009) lassen sich diesbezüglich in der Literatur finden: (a) Komplexität politischer Entscheidungsprozesse, die in der Regel mehr als ‚nur’ wissenschaftliche dargelegte evidence erfordern (u. a. Einbindung der Perspektiven von Kostenträgern, Selbstverwaltungsorganen, Bürgern etc.) und (b) wenn Forschungsergebnisse nicht zielgruppenadäquat aufbereitet werden und dadurch nicht einfach mit den eigenen Handlungszusammenhängen verschränkt werden können. Gray (1997) hatte formuliert, dass eine evidence-based Praxis auch bedeutet, dass Politik sich von einer meinungsbildenden hin zu einer wissenschaftsbasierenden Entscheidungsfindung zu entwickeln hat. O’Connor und Netting (2011) kritisieren, dass allzu oft politischen Entscheidungsprozessen ein monokausales Denkmodell zugeschrieben wird, welches allerdings kaum der Realität entspricht und gleichzeitig auf die Schwierigkeit verweist, Ergebnisse politischer Diskurse nachzuvollziehen. Im Folgenden werden wir auf die drei Gaps etwas detaillierter eingehen: (1) Gap zwischen Wissenschaft und Politik; (2) Gap zwischen Politik und Praxis sowie (3) Gap Praxis W sc Po li en tik iss ha ft GAP - TRIAS Praxis Wissenschaft Politik Abb. 1: Gap-Trias (SDI 2013) zwischen Praxis und Wissenschaft sowie die gewonnenen Erkenntnisse im Kontext einer Weiterentwicklung der Pflegewissenschaft in Deutschland betrachten. „Wissenschaft-Politik-Gap“ Gesundheitspolitische Entscheidungen und wissenschaftliche Erkenntnisse werden von gesellschaftlichen, gesamtpolitischen und wirtschaftlichen Strömungen beeinflusst und bestimmt. Gesellschaftlich werden Ressourcen anhand aktueller Themen und Trends bewertet (Innvaer 2002). So nimmt beispielsweise aufgrund demografischer Szenarien die Sorge um die Ressourcenverfügbarkeit in der Gesellschaft zu. Fra215 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 gestellungen zur Bekämpfung der großen Volkskrankheiten rücken aufgrund dieser Szenarien zunehmend in den Fokus politischer Interessen. Fördervolumen für Forschungsvorhaben auf diesem Gebiet werden demzufolge ausgeweitet (BMBF 2013). Die Verfügbarkeit der zu verteilenden Ressourcen wird dabei jedoch wirtschaftlich ebenso durch verschiedene, teilweise rivalisierende Akteure (Pharmaindustrie, Medizin und Pflege), wie auch durch ihre Bedingungen, Regeln und Märkte bestimmt. So fließt ein Großteil der Forschungsgelder beispielsweise in die medizinische Grundlagenforschung und in die Entwicklung von ambient assisted living systems (AAL) und weniger in die pflegerische Versorgungsforschung (Behrens et al. 2012). Die Vergabe von Forschungsgeldern wird dabei durch politische Gremien wie beispielsweise das Bundesministerium für Forschung (BMBF) und die Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG) gesteuert. Sie bestimmen im Wesentlichen, welche Forschungsthemen mit wie viel Geldern gefördert werden und bestimmen so auch die Voraussetzungen mit, zu welchen Themen überhaupt wissenschaftliche Ergebnisse gewonnen werden könn(t)en. Wissenschaftler zeigen beispielsweise mit der Pflegeforschungsagenda 2020 fehlende Förderstrukturen für bestimmte Forschungsgebiete (hier die Pflegeforschung) auf und fordern die geldgebenden Gremien auf, verlässliche und kontinuierliche Fördermitteln für ihr Forschungsgebiet zur Verfügung zu stellen. Durch die Priorisierung von Forschungsthemen in der Forschungsagenda soll die Relevanz und Aktualität dieser Themen aus der Forscherperspektive für die politischen Gremien hervorgehoben werden (Behrens et al. 2012). Der damit intendierte Diskurs zwischen Wissenschaft und Forschungsförderung kann aber nur einen ersten Schritt darstellen, um wissenschaftliche Erkenntnisse in die gesetzgebenden politischen Gremien zu überführen. Die gesetzgebenden politischen Entscheidungsträger konstatieren hingegen, dass Forschung nicht immer die gewünschte Aktualität und Relevanz aufweist und die Verwertbarkeit von Forschungsergebnissen aufgrund fehlender Handlungsempfehlungen bisweilen erschwert ist (Innvaer 2002). Diese Bezüge werden auf Seiten der Forschung bisher nicht hinreichend reflektiert. In dieser Rahmung entsteht ein Gap zwischen dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand und den gesundheitspolitischen Anforderungen (Abbildung 2). Es ergibt sich a) durch eine fehlende Unterstützung bei der Umsetzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Versorgungspraxis (Kitson 2009) und b) besonders in Deutschland durch eine nur in Teilen vorhandene wissenschaftliche Evaluation von pflegepolitischen Entscheidungen (GKV 2011; Rothgang 2010). Im Spannungsfeld des Gaps bewegt sich die Versorgungspraxis als umsetzende Instanz von sowohl wissenschaftlichen wie auch gesundheitspolitischen Anforderungen (Abbildung 2). Aus der Perspektive der Versorgungspraxis ist festzustellen, dass auf Seiten politischer Entscheidungsträger wissenschaftliche Erkenntnisse im besten Fall in sozialgesetzliche Forderungen überführt werden, wie beispielsweise die Verankerung der Expertenstandards im SGB XI (§113a). Die für die Umsetzung notwenigen finanziellen und strukturellen Ressourcen werden dabei jedoch nicht automatisch geschaffen. Hinzu kommt, dass es von Seiten der Wissenschaft an fundierten Aussagen zur Umsetzbarkeit neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere unter Realbedingungen mangelt. Zudem 216 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Praxis iss sch Po li en tik W Wissenschaft aft GAP - TRIAS Praxis Herausforderung Politik Unabhängigkeit der Forschung State of the Art Strategie Interesse Verwertung der Forschung GAP Forschung Umsetzung von Erkenntnissen Politik Evaluation von Entscheidungen Entscheidungsfindung Meinungsbildung Auf Seiten der Forschung werden neutrale und marktwirtschaftliche Bezüge nicht hinreichend reflektiert. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden nicht in politische Entscheidungen einbezogen (u. a. Entlassungsmanagement, Versorgungsmanagement). Auftragsforschung zeichnet Ergebnisse bereits vor. Gesundheitspolitische Entscheidungen werden nur bedingt auf Grundlage wissenschaftlicher Kriterien reflektiert (u a. Lebensqualität als Ergebnisindikator, Pflegebedürftigkeitsbegriff im SGB XI). Politik sieht nicht die Notwendigkeit, die Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse zu unterstützen. Demnach wird auch die systematische Implementierung wissenschaftlicher Erkenntnissen nicht gefördert (u. a. Expertenstandards). Gesundheitspolitische Entscheidungen werden nicht auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse getroffen, sondern auf Basis unbekannter meinungsbildender Kriterien (u. a. Pflegestützpunkte und Pflegeberatung). Versorgungsqualität Abb. 2: Wissenschaft-Politik-Gap (Auszug Poster Roes & Buscher 2013) bleibt eine zielgruppengerechte Aufbereitung von Forschungsergebnissen, d. h. deren Transformation in einen Versorgungskontext, oft aus. Während die Versorgungspraxis die Verpflichtung hat, wissenschaftliche Ergebnisse umzusetzen, sollten sich sowohl politische Gremien wie auch wissenschaftliche Institutionen in der Verpflichtung sehen, die Umsetzbarkeit zu unterstützen. Im Hinblick auf die Finanzierung von Forschung stellt sich als Herausforderung für die Wissenschaft dar, dass aus forschungsethischer Perspektive Forschungsprozesse unabhängig und frei von Interessenkonflikten sein sollten, auf der anderen Seite aber die Vergabe von Forschungsgeldern politisch und/oder wirtschaftlich gesteuert wird. Wissenschaftler konstatieren, dass Auftragsforschung im Sinne einer politischen Erwünschtheit Ergebnisse dadurch bereits vorzeichnet (Nikolic 2011). Darüber hinaus werden Forschungsprozesse durch wissenschaftliche Standards, Strategien und Interessen mit bestimmt (Breimaier et al. 2011; Grol et al. 2005). Beispielsweise werden für die Karriere von Wissenschaftlern Publikationen in internationalen wissenschaftlichen Journals zunehmend gefordert, während nationale deutschsprachige Publikationen wie z. B. Abschlussberichte für die geldgebenden Ministerien weniger einfluss217 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 reich für die Karriereentwicklung erscheinen. Diese Bedingungen können die Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Versorgungspraxis wie auch in die Gesundheits- und Sozialpolitik verzögern. Hinzu kommt, dass eine systematische Implementierung wissenschaftlicher Erkenntnisse kaum finanziell gefördert wird, insbesondere weil die Notwendigkeit der politischen Unterstützung dieses Prozesses nicht erkannt wird, wie das später skizzierte Gap zwischen Politik und Praxis beispielhaft darstellt. Implementierungswissenschaftliche Forschungsförderung im deutschsprachigen Raum bleibt damit weitgehend unterbelichtet (Buscher & Roes 2012). Auf Seiten der Politik erscheinen Entscheidungs- und Meinungsfindungsprozesse intransparent. Gesundheits- und sozialpolitische Entscheidungen werden meist nicht auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse getroffen, während wissenschaftliche Erkenntnisse nicht genug in politische Entscheidungen einbezogen werden (Buscher & Roes 2012; Innvaer et al. 2002). Als Gründe sind u. a. mangelnde Aktualität und Relevanz der Forschung, Budgetkämpfe und eine wechselnde Besetzung der Regierung zu nennen (Innvaer et al. 2002). Forschungsergebnisse werden eher dann in die politische Entscheidungsfindung und Argumentation einbezogen, wenn sie hohe politische Aktualität und Relevanz aufweisen, gesellschaftlichem Druck folgen, klare forschungsbasierte Handlungsempfehlungen enthalten und/oder die aktuellen politischen Interessen und Trends bestätigen (Innvaer et al. 2002). Diese Zusammenhänge sollen im Folgenden anhand des Fallbeispiels „Einführung der Pflegestützpunkte und Pflegeberatung in Deutschland“ skizziert werden. Hintergrund für die Einführung von Pflegestützpunkten und Pflegeberatung in Deutschland sind bestehende Qualitäts- und Kostenprobleme, die zu Fehl-, Über und Unterversorgung führen (KDA 2010; MDS 2007; MDS & SEG 2009; SVR 2000/2001). Die Einführung der Pflegeberatung nach § 7a SGB XI verfolgt dabei das Ziel, durch eine bedarfsgerechte Infrastruktur, die Vernetzung und Abstimmung lokaler Beratungsangebote und durch den Ausbau der Zusammenarbeit von Kosten- und Leistungsträgern die individuelle Pflegeberatung zu verbessern (GKV 2011; Roes 2011). Hierzu können auf Landesebene Pflegestützpunkte (§92 c SGB XI) eingerichtet werden. Diese wiederum sollen eine „umfassende und unabhängige Beratung, die sektorübergreifende Koordination aller Hilfs- und Unterstützungsangebote einschließlich der Hilfestellung, deren Inanspruchnahme sowie die Vernetzung aufeinander abgestimmter pflegerischer und sozialer Versorgungs- und Betreuungsangebote“ wohnortnah realisieren (KDA 2008:7). Sowohl auf politischer Seite als auch auf Seiten der Wissenschaft und Praxis wurde die Einführung der Pflegestützpunkte im Hinblick auf Mehrkosten infolge von Doppelstrukturen, fehlende Klärung von Aufgabenverteilungen sowie verfassungsrechtliche Schwierigkeiten kontrovers diskutiert. Auf der anderen Seite wurde auf positive Erfahrungen mit bestehenden Beratungsangeboten (u. a. Schaeffer et al. 2004) und auf Möglichkeiten zum Ausbau regionaler Strukturen verwiesen (Penzlien 2008). Im Rahmen des vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geförderten Modellprojektes „Werkstatt Pflegestützpunkte“ wurden in insgesamt 15 Bundesländern 218 Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Schwerpunkt 16 Pilot-Pflegestützpunkte eingerichtet und evaluiert (KDA 2010). Obwohl in der Pilot-Phase keine eindeutige wissenschaftliche Beweislage für den Nutzen der Pflegestützpunkte vorlag, wurden parallel weitere 312 Pflegestützpunkte außerhalb des Modellprojektes in Deutschland eingerichtet (KDA 2010). Bis 2011 wurden bundesweit insgesamt 378 Pflegestützpunkte in Betrieb genommen und weitere 192 geplant (GKV 2011). Mit Abschluss der Werkstatt Pflegestützpunkte und der Evaluation der Pflegeberatung nach § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB XI der GKV gibt es mittlerweile eindeutigere wissenschaftliche Hinweise, dass Pflegstützpunkte und insbesondere das Fallmanagement zur Verbesserung der Pflegesituation zu Hause beitragen können (GKV 2011; KDA 2008, 2009, 2010; Roes 2011). Auch gibt es laut Zwischenbericht des KDA keine Anzeichen für die befürchteten Doppelstrukturen (KDA 2008). Aber es bestehen Unsicherheiten hinsichtlich der Sicherstellung einer langfristigen Finanzierung, da die Anschubfinanzierung mittlerweile beendet ist. Zudem ist unklar, wie eine flächendeckende und nachhaltige Implementierung analog der Bedarfe der Ratsuchenden realisiert werden kann (GKV 2011). Fehlende Unterstützungsangebote für die Umsetzung neuer Strukturen und Konzepte (hier §7a und §2 c SGB XI) sowie nicht zuletzt auch karriereorientierte Publikationsstrategien führen dazu, dass wissenschaftliche Ergebnisse und gesundheitspolitische Anforderungen oft in einem Gap der praktischen Umsetzbarkeit münden. Dies wiederum hat einen erheblichen Einfluss auf die Versorgungsqualität der Betroffenen. Zwischenfazit Aus der Diskrepanz zwischen den wissenschaftlichen Erkenntnissen und denjenigen Maßnahmen, die politisch gefordert und gefördert werden, ergeben sich für die Versorgungspraxis Folgen: Zum einen besteht die Gefahr, dass Fragestellungen, die zum Gegenstand der Forschung gemacht werden, weniger von praxisrelevanten Problemen und mehr von (forschungs-)politischen Interessen bestimmt werden (Nikolic 2011). Zum anderen sind gesundheitspolitische Entscheidung nicht immer durch wissenschaftliche Erkenntnisse abgesichert, sondern werden teilweise durch andere meinungsbildende Kriterien beeinflusst (Innvaer et al. 2002). Es besteht das Dilemma, dass die Realbedingungen in den Gesundheitseinrichtungen ausgeblendet werden und sowohl neue wissenschaftliche wie auch gesundheitspolitische Handlungsempfehlungen und -richtlinien an den aktuellen Bedarfen und Ressourcen der Praxis vorbeigehen. Hinzu kommt derzeit ein Mangel an gegenstandsorientierten Qualitätsindikatoren (GKV 2011). Der Einfluss neuer wissenschaftlicher oder gesundheitspolitischer Handlungsempfehlungen und -richtlinien auf Patienten, Bewohner und Klienten bleibt damit unklar und die immer wieder konstatierte Fehl-, Unter- und Überversorgung bleibt unbeeinflusst (KDA 2010; MDS 2007; MDS & SEG 2009; SVR 2000/2001). Insgesamt kann zur Diskussion gestellt werden, ob Papiere wie die Pflegeforschungsagenda ausreichen oder ob 219 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Wissenschaft und Politik als Akteure darüber hinaus in der Verantwortung stehen, in einen aktiven Diskurs miteinander zu treten. Das „Politik-Praxis-Gap“ Um nachvollziehen zu können, warum ein Gap zwischen politischen Entscheidungsträgern und der Pflegepraxis konstatiert wurde, ist es hilfreich zu verstehen, wie Politik sich wissenschaftlichen Erkenntnissen gegenüber verhält. Vor diesem Hintergrund ist auch festzuhalten, dass wissenschaftliche Erkenntnisse teils über den Umweg politischer Entscheidungen in der Praxis ankommen (wie die Skizzierung des ersten Gaps zeigte). In einem Systematischem Review (Innvaer et al. 2002) wurden Artikel analysiert, die sich mit der Frage befassten, ob und inwiefern politische Entscheidungen auf publizierten Wissenschaftserkenntnissen beruhen. Die Ergebnisse dieses Reviews zeigen u. a., dass Entscheidungen vorwiegend auf persönlichen Kontakten zu Wissenschaftlern basierten und zugleich ein Mangel an direkten Kontakten die größte Barriere darstellt. Weiterhin sind auch der Zeitpunkt einer Publikation sowie deren Koppelung an aktuelle politische Entscheidungsprozesse von Relevanz. Grundsätzlich sehen sich politische Entscheidungsträger im Dilemma zwischen Unsicherheit hinsichtlich Bewertung der vorliegenden Erkenntnisse als auch der Bewertung der Innovation an sich (Bell 2010; Lindblom & Cohen 1979). Immer wieder ist zudem festzustellen, dass diejenigen Instanzen, die von einer evidence-basierten Praxis ausgehen, dazu beitragen, dass die vermeintlich evidence basierten Ergebnisse dann unter anderem im Rahmen einer externen Qualitätssicherung erfasst werden, und damit indirekt Qualität definieren. Zugleich werden diese externen Qualitätskriterien als Aufforderung an die Praxis verstanden, dass sie dort entsprechend umzusetzen seien. Die Frage ist, welche Konsequenz sich hieraus für die Versorgungspraxis ableiten. Der „two-community-thesis“ (Innvaer et al. 2002) folgend handelt es sich hierbei um zwei Gruppierungen, denen die Fähigkeit fehlt, die Realität oder Perspektive des jeweils anderen einzunehmen. Politische Entscheidungsträger sehen sich eher als Pragmatiker und handeln aktionsorientiert (Caplan 1997; Caplan et al. 1975; Pawson 2009), während sich die Pflegepraxis eher als Rezipient politischer Entscheidungen mit wenig oder gar keiner Möglichkeit direkter Einflussnahme sieht. In Abbildung 3 stellt sich die Perspektive des Praxis-Politik-Gap als eine Kombination aus verschiedenen Einflussbereichen dar: Seitens der Pflegepraxis als ein Konglomerat aus professionellem Handeln und Laienpflege, sektorspezifisch und -übergreifend oder auch von Erster Hilfe bis hin zur Palliativpflege und alle Lebensaltersgruppen und Lebensphasen reichend. Seitens politischer Entscheidungsträger (hier verkürzt Gesetzgebung genannt) als die Entwicklung und Verabschiedung rechtlicher Vorgaben, die in zwei verschiedenen Ministerien (BMG bzw. BMFSFJ) in der Regel weitestgehend unabhängig voneinander erfolgt; deren Entscheidungen in der Praxis jedoch wieder zusammentreffen (u. a. in Situationen der Prävention und Behandlung in der ambulanten Pflege). Für ein Fallbeispiel zur Erläuterung der „two-community“ These ist der Qualitätsdiskurs geeignet. Ganz allgemein gesehen kann Qualität aus zwei Perspektiven betrachtet werden: (1) der Qualitätsdarlegung und (2) der Qualitätsfeststellung. 220 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Po li Praxis xis tik Wissenschaft a Pr Pflegepraxis Pflege Praxis Professionell Privat Ambulant / Stationär … GAP - TRIAS Wissenschaft Politik Dilemmata Praxis GAP Gesetzgebung SGB I-XI Altenpflegegesetz Krankenpflegegesetz Krankenhausfinanzierungsgesetz Haftungsrecht … Politik Selbstbestimmte Pflegebedürftige Kontrolle und Standardisierung Politischer Wille Gesetzliche Wirkung Würde des Menschen Knappe Ressourcen Partizipativer Aushandlungsprozess in der Pflege hierarchisches/patriarchales Gesundheitssystem Abb. 3: Gap Politk - Praxis (Auszug Poster Frommelt & Buscher 2013) Schritt eins liegt in den Händen der Wissenschaft und besteht aus professioneller Bewertung vorliegender, im Rahmen von Studien identifizierte Evidenz, Interpretation von Metanalysen, Entwicklung von Leitlinien oder nationaler Expertenstandards, verstanden als Synthese verschiedener als relevant erachteter Studien. Eine wissenschaftsbasierte Qualitätsdarlegung stellt einen wichtigen Beitrag für die Profession dar. Die notwendigen methodischen Schritte der Qualitätsdarlegung werden in Methodenpapieren ausführlich erläutert und sind allen Interessierten öffentlich (Internet) zugänglich (z.B. DNQP 2011 oder IQWiG) . Schritt zwei besteht in der Festlegung dessen, welche Qualität wie gemessen werden soll. Dieser Schritt gestaltet sich oft als Prozess, der außerhalb der Reichweite wissenschaftlicher Entscheidungen liegt bzw. sich als Kombination wissenschaftlicher Erkenntnisse (z. B. die Identifikation von Indikatoren zur Erfassung der Ergebnisqualität) und politischer Prozesse (z. B. Einflussnahme durch die im Sozialgesetzbuch verankerten Selbstverwaltungsorgane) darstellt. Die methodischen Schritte zur Festlegung von Qualitätskriterien mit Relevanz für die externe Qualitätssicherung im SGB V sind in Methodenpapieren ausführlich erläutert öffentlich (Internet) zugänglich (z. B. AQUA 2010); dies gilt allerdings nicht für die verpflichtenden externen Qualitätsprüfungen und die derzeit verwendeten Prüfinstrumente, die sich aus den Vorgaben des SGB XI ergeben bzw. im Auftrag der Politik u. a. vom MDS/MDK entwickelt werden. Daraus folgt, dass der Prozess der Auswahl und Festlegung derjenigen Qualitätskriterien, die Grundlage der verpflichtenden Qualitätssicherung in der am221 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 bulanten und stationären Pflege wurden, für Außenstehende (hier für die Leistungserbringer der ambulanten und stationären Pflege) nicht transparent ist. Exemplarisch demonstriert sich dies an der Umsetzung der Kriterienebene der nationalen Expertenstandards des DNQP in die Qualitätsprüfrichtlinie (GKV 2009) bzw. in die Pflegetransparenzkriterien (PTV) für die ambulanten und stationären Bereiche (Pflegeweiterentwicklungsgesetz von 2008 in SGB XI 2011). Zu beachten ist, dass es sich hierbei um eine Delegation politischer Entscheidungskompetenz an Selbstverwaltungsorgane handelt. Ein weiteres Beispiel mit unmittelbarer Konsequenz für die Praxis ist die Entscheidung, das Thema Kontrakturprophylaxe mit in die Bewertungskriterien (PTV) aufzunehmen. Ausgehend vom Verständnis, dass die Auswahl geeigneter Qualitätsprüfkriterien durch vorliegende Evidenz bedingt ist, stellt sich u. a. die Frage, wie die Aufnahme dieses Themas ohne konkret vorliegende Evidenz – welche Maßnahmen effektiv sind – und ohne vorliegende Synthetisierung von Studienergebnissen begründet wird. In einem Systematischen Review (2011) konnte beispielsweise auf Grundlage der Bewertung von 25 Studien festgehalten werden, dass regelmäßiges Strecken der Extremitäten bei neurologisch Erkrankten nicht zu klinisch relevanten Änderungen (u. a. Steigerung der Mobilität) führt. Die Praktiker sehen sich somit in einem Dilemma: Einerseits sind sie aufgefordert, sich mit der Implementierung wissenschaftlicher Erkenntnisse (z. B. nationale Expertenstandards) zu befassen und diese mit ihrer Praxis zu verbinden. In diesem Falle können sie zugleich auf Informationen zur Qualitätsbewertung zurückgreifen (u. a. durch Audit-Instrumente bzw. Referenzwerte, die die Spannweite erreichbare Qualitätsniveaus darstellen). Andererseits ergeben sich aus den extern verpflichtenden Qualitätsprüfanforderungen Konsequenzen für den Alltag, die es zu erfüllen gibt. Teils sehen sie sich hierbei mit der Situation konfrontiert, dass Erkenntnisse zu effektiven Maßnahmen und damit Hinweise auf Qualitätsverbesserungen nicht vorliegen. Die Wahrnehmung dessen, was wie gemessen werden kann, steht für zwei paradigmatisch differente Herangehensweisen hinsichtlich der Qualitätsmessung. Version 1: Fokus auf wenige, dafür signifikante und für das praktische Handeln hoch relevante Kriterien mit dem Ziel der konkreten Qualitätsverbesserung in ausgewählten (nationalen) Problembereichen. Version 2: Fokus auf viele Daten, deren Interpretation sich auf frühere Daten bezieht bzw. auf einrichtungsübergreifende Daten innerhalb des definierten Messzeitraums. Daraus ableitend wird ein quantitativer Vergleich ermöglicht, gleichwohl dieser in der Regel dekontextualisiert interpretiert wird, sich auf Einzelaspekte komplexer Handlungen bezieht und nicht eindeutig bezüglich dessen statistischer Signifikanz für die Qualitätsverbesserung ist (u. a. Chassin et al. 2010; Meyer et al. 2012; Porter & Teisberg 2006). Gerade in der Auswahl und Festlegung geeigneter Messmethoden und -parameter liegt jedoch die Herausforderung (u. a. Li at al. 2009), wie auch der Diskurs zur Identifikation von Parametern zur Messung von Ergebnisqualität (BMG & BMBF 2011) zeigt. Die Debatte um die Festlegung, welche Outcomes gemessen werden sollen, wird noch verstärkt durch die Annahme, dass darüber hinaus ein Gap zwischen „best practi222 Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Schwerpunkt ce“ aus Sicht der Forschung und dem besteht, was in der Praxis tatsächlich getan wurde (Boström et al. 2008; Boström et al. 2011; Estabrooks et al. 2009; Grol & Grimshaw 2003; Masso & McCarthy 2009). Dieses Phänomen korrespondiert auch mit Fragen der Differenz von Interventions- und Implementierungsoutcome. Momentan fehlen allerdings noch longitudinale Implementierungsstudien sowie Studien zu möglichen Implementierungsbiases (Alexander & Herald 2011), um diesen Zusammenhang im Kontext einer verpflichtenden externen Qualitätsprüfung adäquat interpretieren zu können. Auch die Entwicklung von mehr Transparenz durch verpflichtende Veröffentlichung ausgewählter Ergebnisse im Internet (SGB XI, 2011), die auf politischer Ebene entschieden wurde, ignoriert, dass bis heute immer noch unklar ist, ob und wenn ja, inwiefern dies von den intendierten Lesern (Leistungsempfängern und -erbringer) gelesen bzw. in deren Entscheidungsprozesse eingebunden wird (u. a. Mukamel et al. 2008). Interessant wäre beispielsweise eine kritische Analyse des sichtbaren Annahmeverhaltens (insbesondere bei bundesweit ähnlichen Prüfergebnissen von 1,0 bis 1,2), nachdem anfangs aufs Heftigste gegen das PTV protestiert wurde. Zwischenfazit An dieser Stelle kann konstatiert werden, dass sich der Qualitätsdiskurs sehr gut eignet, das Gap zwischen politischen Entscheidungen und den Entscheidungen von in der Pflegepraxis Tätigen zu skizzieren. Am Beispiel der Frage, worauf sich Qualitätskriterien verpflichtender externer Prüfinstanzen stützen bzw. an den Herausforderungen, wie Messparameter identifiziert werden, konnte exemplarisch gezeigt werden, dass noch einige Aspekte unklar sind und die Praxis in Sachzwänge bugsiert: einerseits eine evidence-informierte Praxis zu realisieren und sich andererseits mit Prüfkriterien auseinander setzen zu müssen, deren Begründungszusammenhang nicht diesen Prinzipien folgt. Darüber hinaus wurde angemerkt, dass sich zum jetzigen Zeitpunkt auch Forschungsbedarfe aus den Zusammenhängen zwischen Implementierung und Qualitätsergebnissen entwickeln. Zum Beispiel konnte Ende 1990 in einer groß angelegten Studie erstmalig aufgezeigt werden, dass Implementierungsprozesse einer strukturierten und systematischen Unterstützung bedürfen, um Qualitätsverbesserungen zu erreichen (u. a.A. Kitson et al. 1998; Kitson et al. 2008). Bisher verläuft lediglich die modellhafte Implementierung nationaler Expertenstandards nach einem strukturierten Schema (DNQP 2011). Wie sich zukünftig der Implementierungsprozess gestalten wird, seit der Begriff „Expertenstandard“ in den §113 Abs. 1 und 2 SGB XI aufgenommen wurde (und damit auch die ursprüngliche sektorübergreifende Intention verloren geht), bleibt abzuwarten. Das „Wissenschafts-Praxis-Gap“ Das Gap zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und ihrer Umsetzung in praktisches Handeln ist bekannt. Während der Fundus wissenschaftlich gesicherter Erkenntnisse auch in der Pflege kontinuierlich anwächst, wird allerdings auch das Gap zwi223 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 iss en Pr ax W is Politik sc ft Wissenschaft ha GAP - TRIAS Politik Praxis Herausforderung GAP Praxis Wissenschaft Art des Wissens bzw. der Innovation Studienplanung Fragestellungen der Praxis Studiendurchführung Veränderungsbereitschaft der Organisation Dissemination der Studienergebnisse Übernahme der Innovation in Handlungsroutine Abb. 4: Grafik – Gap Wissenschaft - Praxis (Auszug Poster Riesner & Mazzola 2013) schen vorhandenem Wissen und seiner Anwendung stetig größer (siehe Abbildung 4). Bedacht werden muss, dass die Überführung oder Translation von Wissen ein in mehrfacher Hinsicht komplexes Geschehen ist (Dewe et al. 2006): - „Wissenschaft“ als erste Ebene des Gap wirkt in verschiedenen Phasen wissenschaftlichen Arbeitens auf die Transformation generierten Wissens (Graham & Tetroe 2009) ein. Grundsätzlich kann, auch wenn Wissenschaft breit aufgestellt ist, in einer interventionsbezogenen Studienplanung gefragt werden: Wird die Implementierung in Interventionsstudien bezogen auf den konkreten Kontext ausreichend geplant? Wird die Implementierung einer Innovation unter Praxisbedingungen geprüft? Wird die Praxis differenziert betrachtet, wenn Innovationen entwickelt werden (RycroftMalone 2004)? Bei der Studiendurchführung ist u. a. zu fragen: Wird die tatsächlich erfolgte Implementierung in Interventionsstudien ausreichend überprüft (Huis et al. 2013)? Wird die Innovation interdisziplinär überprüft? Bei der Dissemination von Studienergebnissen lauten die Fragen: Wird im Rahmen des wissenschaftlichen Outputs die Frage beantwortet, ob dies eine Innovation für die Praxis ist? Wird der wissenschaftliche Output praxisnah publiziert? - Die „Innovation“ selbst bildet ein Einflussbündel (Graham & Logan 2004), denn nicht jedes Wissen oder jede Neuerung wird gleich schnell und gleich gut ihren Weg in die praktische Alltagsroutine finden. Gefragt werden muss, wie komplex sich die Innovation gestaltet und ob sie aus Sicht der Praktiker glaubwürdig ist, d. h. hält sie, was sie 224 Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Schwerpunkt verspricht? Weiter entscheiden Praktiker, ob sie durch die Übernahme neuen Wissens profitieren bzw. wer davon profitieren kann. Die bestehenden Handlungsabläufe oder Routinen bilden ein wertvolles stabilisierendes Gerüst des Praxis-Alltags. - „Praxis“ ist ein ausgesprochen differenziertes Feld (McCormack et al. 2002). Sie unterscheidet sich nicht nur in Praxis-Disziplinen oder Sektoren, sondern muss bezogen auf das Wissenschaft-Praxis-Gap noch viel kleinteiliger zergliedert werden. Einer Organisation können unterschiedliche Praxisbereiche angehören, weil sich die Fragestellungen, die beteiligten Individuen und z. B. die Kompetenz der Wissensaneignung unterscheiden. Weitere Fragen sind: Wie befördert das Management die Übernahme einer Innovation? Wie gestaltet sich generell der Zugang zu und die Verfügbarkeit von neuem Wissen? Welcher Wert wird kritischem Denken und Veränderungsbereitschaft gegeben? Die Implementierung der Innovation Dementia Care Mapping (DCM) soll als Praxisbeispiel einen Teil dieser Zusammenhänge erläutern. Die Darstellung wurde in die drei bereits benannten Gliederungsebenen (a) Wissenschaft, (b) Innovation und (c) Praxis unterteilt. Zu a) Wissenschaft Das Beobachtungsassessment DCM ist in den 1990er Jahren durch die Arbeit von Kitwood und Bredin (1992) entstanden, um Wohlbefinden bei Personen mit Demenz zu erfassen und die pflegerische Praxis zu entwickeln. Der Entwicklung des Instrumentes ging die theoretische Konzeptionierung personzentrierter Pflege (Kitwood 2000) voran. DCM ist daher ein theoriegeleitetes Instrument zur Bestimmung von Wohlbefinden und Pflegequalität. Es wurde auf seine Fähigkeiten, prozesshaft die pflegerische Praxis zu entwickeln, überprüft (Brooker et al. 1998; Ervin & Koschel 2012; Innes & Surr 2001). DCM wird in unterschiedlichen kulturellen Kontexten eingesetzt und beforscht (Chenoweth & Jeon 2007; Suzuki et al. 2008). Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen, Standort Witten untersucht momentan in einer quasi-experimentellen Studie die Effekte und Einflussfaktoren der Implementierung von DCM in Deutschland3. DCM wird als ein Instrument zur Bestimmung von Wohlbefinden als Ausdruck der Lebensqualität bei Demenz angesehen (Brooker, 2005; Fossey et al. 2002), welches das evidence-basierte Potential für Entwicklungen der Praxis besitzt (WHO 2012) und als komplexe Intervention angesehen wird (Edelman et al. 2004; Kuiper et al. 2009). Zu b) Die Innovation DCM DCM ist ein regelgeleitetes Beobachtungsassessment zur prozesshaften Entwicklung (Einführung, Durchführung, Feedback, Handlungsplan). Ethische Empfehlungen in Handbuch und Begleitmaterialien unterstützen die Implementierung4. In der Praxis 3 Leben-QDII Studie, trail number ISRCTN43916381 4 Z. B. soll DCM nicht gegen den Widerstand im Team angewendet werden. Es erfordert den ongoing consent des beobachteten Teilnehmers. Die Beobachtungsdaten stehen in Gänze dem Team, aber nicht automatisch dem Management zur Verfügung. 225 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 zeigt sich einerseits eine große Akzeptanz, wenn der personzentrierte Ansatz angenommen wird und das Instrument aus Sicht der Anwender hält, was es verspricht (Radzey 2005; Seitz 2007). Wenn andererseits die Ergebnisse belastend sind, kann bei den Mitarbeitern der Eindruck entstehen, durch den Einsatz von DCM nicht zu profitieren. Auch kann die Diskrepanz zwischen bestehender Routine und den Rückmeldungen der DCM-Ergebnisse zu groß erscheinen (Innes & Surr 2001; Riesner 2005). Die Implementierung von DCM wird daher auch davon beeinflusst, wie sicher und reflektiert DCM-User das Instrument in einem bestimmten Kontext anwenden. Die Anwendung des DCM erfordert die Teilnahme an einem DCM Basic UserKurs, dessen Inhalte festgelegten Abläufen folgen und der durch eine standardisierte schriftliche Prüfung abschließt. Ein Handbuch und Anwendungsinformationen stehen den Teilnehmern zur Verfügung. Der Abschluss des Basic User-Kurses befähigt dazu, „den Umgang [...] in komprimierter Form [...] zu erlernen, um dann zeitnah praktische Erfahrungen [...] zu sammeln“ (http://www.dcm-deutschland.de/). Der Ansatz, ein komplexes Instrument nach drei Tagen Training anwenden zu können, gelingt aus der Erfahrung der DCM-Trainer nur insofern, als dass eine Sicherheit in der korrekten Kodierung und Anwendung der Kodierungsregeln erreicht werden kann. Die wesentlich komplexere Praxisanwendung wird in dieser Art des Trainings nur im Rahmen von theoretischen Übungen aufgegriffen. Zu c) Praxis Die Innovation DCM als umfangreiches Instrument soll als komplexe Intervention in einen Praxiskontext überführt werden. Der Erfolg hängt neben verschiedenen Organisationsfaktoren auch davon ab, wie gut die DCM Basic User in der Lage sind, innerhalb dieser Komplexität zielgerichtet zu agieren. Der dargelegte Basic User Trainingsansatz zeigt hier eine deutliche Tendenz zur Pragmatik, denn theoretisches Wissen schwindet schnell, wenn keine unmittelbare Praxisanwendung erfolgt (Wahl 2002). Ebenso können sich Praxisbarrieren auftun (Hennig et al. 2003). So wird es den gegebenen Praxisbedingungen und beteiligten Individuen überlassen, DCM erfolgreich oder möglicherweise auch schädigend anzuwenden (Riesner, 2005). Verbesserung der Implementierung der Innovation DCM Vor über einem Jahr wurde die Kursstruktur des DCM Basic User-Kurses in Deutschland verändert, um die Praxisanwendung des Instrumentes schon während des BasicKurses zu gewährleisten. Die Kursstruktur wurde in zwei Teile gegliedert. Die erste Theorie-Einheit dauert nun zwei Tage. Danach erfolgt eine etwa achtwöchige Praxisphase, in der die Kursteilnehmer DCM anwenden und das Kodieren in einem konkreten Praxisfeld praktisch üben. Das Ziel dieser Phase ist die Befähigung, eine etwa vierstündige Beobachtung mit drei Teilnehmern (Personen mit Demenz) durchführen zu können. In der zweiten Theorie-Einheit des Basic User-Kurses findet eine Auseinandersetzung mit folgenden Themen statt: Kodierungsfragen, Datenanalyse, beobachtete Pflegequalität, zu Rückmeldungen an das Team und zu Reaktionen von Team und 226 Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Schwerpunkt Leitung. Die abschließenden/letzten Theorie-Einheit orientiert sich an dem standardisierten Kursprogramm (Einführungsübung, Feedbackübung, Abschlussprüfung). Die bisherigen Erfahrungen mit der Theorie-Praxis-Theorie-Abfolge des DCM Basic User-Kurses sind eindeutig positiv. Die tatsächliche Kapazität für die Übungen ist vorhanden, und es erfolgt eine differenzierte Auseinandersetzung mit den jeweiligen Schwerpunkten. Die überarbeitete Struktur scheint zu einer Verbesserung der Sicherheit in der Anwendung zu führen, dies sind allerdings eher wahrgenommene Tendenzen. Zwischenfazit Die Implementierung der Innovation DCM wurde durch die Innovation der TheoriePraxis-Theorie Struktur des Basic User Kurses augenscheinlich erleichtert, eine Untersuchung dieser Annahme steht noch aus. Die wissenschaftliche Untersuchung von Maßnahmen der Dissemination und Implementierung, z. B. durch die Veränderung einer Ausbildungsstruktur, wird in Deutschland bisher zu wenig durchgeführt. Ebenso sind wenig Kenntnisse zum Nutzen weiterer flankierenden Maßnahmen der Implementierung, wie Netzwerkstrukturen z. B. für DCM User sowie Lernplattformen für den Implementierungsprozess mit ergänzendem Wissen und Instrumenten zur Unterstützung der Implementierung vorhanden (vgl. die interaktive Plattform www.gembeta.org/Public/Home.aspx zum interdisziplinären Austausch). Ein konkretes Einsatzgebiet der Implementierung und Dissemination besteht in der Unterstützung von Praktikern, die eine Innovation in die Praxis einführen sollen, wie dies im PARIHSModel von Rycroft-Malone (2004) als facilitation beschrieben wird. Bedeutung für einen Diskurs in der bundesdeutschen Pflegewissenschaft Die bisher dargestellte Gap-Trias ist wichtig für den Implementierungs- und Disseminationsdiskurs. Sie mündet nun in die Auseinandersetzung um die Bedeutung dieses Diskurses für die Pflegewissenschaft in Deutschland. Dies lässt sich anhand von drei Fragen skizzieren: 1. Wie wird Implementierung und Dissemination zum jetzigen Zeitpunkt in der Pflegewissenschaft aufgegriffen? Ein Blick in den internationalen Pflege- und Gesundheitsraum hat gezeigt, dass Forschung über Implementierung und Dissemination teils in der Pflege-/Gesundheitsforschung etabliert ist (insbesondere Kanada und Großbritannien; wenngleich deren Schwerpunktsetzung variiert). Demnach liegen auch vielfältige Studien zu der oben genannten Gap-Trias vor; wenngleich insbesondere eine Debatte der Einbindung politischer Entscheidungsprozesse auch dort noch relativ neu ist. In der kürzlich erschienenen Pflegeforschungsagenda 2020 werden Gaps zwischen Forschung, Wissenschaft und Politik angedeutet, in dem sie u. a. auf fehlende nachhaltige Förderstrukturen für die Pflegeforschung hinweist und damit auch an frühere Kritik anknüpft (u. a. Bartholomeyczik 2011). Als Entscheidungsgrundlage für die künftige Förderung von Pflege227 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 forschung stellt die Pflegeforschungsagenda für einen Zeitraum von zehn Jahren prioritäre Forschungsthemen vor und fordert die Politik auf, künftig verlässlich und kontinuierlich Fördermittel für diese Forschungsthemen zur Verfügung zu stellen. Neben der klinischen Pflegeforschung weist sie auf die dringende Notwendigkeit hin, die pflegerische Versorgungsforschung und die (Pflege)Systemforschung auszubauen, die sich u. a. mit der Frage befasst, warum allgemein akzeptierte Forderungen nicht umgesetzt werden und welche Barrieren hier wirken (Behrens et al. 2012). Darüber hinaus formuliert sie die Forderung, die Personen- und Nutzersicht stärker in den Fokus zu nehmen und bedarfsgerechte Antworten zu finden bzw. „Interventionen zu vermeiden, die an den Problemen der Erkrankten bzw. Pflegebedürftigen vorbei- und deswegen fehlgehen“ (Behrens et al. 2012:7). Kritisch anzumerken ist, dass in der Pflegeforschungsagenda 2020 zwar die Entwicklung tragfähiger Strategien für den Theorie-Praxis-Transfer gefordert wird, dies wird aber ausschließlich in einen Bildungskontext verankert und bleibt damit hinter dem internationalen Diskurs der Implementierungs- und Disseminationswissenschaft zurück. Positiv bleibt anzumerken, dass mit einer Verankerung im Abschnitt Bildung der Pflegeforschungsagenda 2020 ein zentrales Element (das Lernen) erfolgreicher Implementierungs- und Disseminationsprozesse in den Blick der Pflegeforschung rückt. 2. Wie werden politische Entscheidungen zum Gegenstand eines Wissenschaftsdiskurses? Eine andere Perspektive des Zusammenspiels politischer Entscheidungen und wissenschaftlicher Tätigkeit ist die Frage danach, wie politische Entscheidungsträger mit wissenschaftlichen Erkenntnissen umgehen. Das zuvor genannte Stichwort „politische Konsensfindung“ erhält eine besondere Konnotation. Pawson (2009) verweist darauf, dass die Einbindung der Politik in Wissenschaftsdiskurse nach Vereinfachungen fragt. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, sind die auch in Deutschland bekannten MetaAnalysen, wie sie beispielsweise das IQWiG oder DIMDI5 erstellt. In dem Bestreben, klare Antworten zu finden (wenn A dann B ohne C) liegt jedoch auch eine Falle, wenn nur noch die Zusammenfassungen der Kernergebnisse gesehen werden und damit der Blick auf den Selektions- und Bewertungsprozess, also der Komplexität des Geschehens, verloren geht. Die im Kontext der Gap-Trias vorgestellten Beispiele zeigen auf, wie unterschiedlich Interaktionsprozesse zwischen den am Diskurs beteiligten Akteuren gestaltet werden. Einerseits erfolgen politisch-wissenschaftliche Dialoge wie die politische Initiative Pflegeberatung bundesweit und regional verortet als verpflichtende Struktur einzuführen mit nachträglich geliefertem „positiven empirischen Nachweis zur Sinnhaftigkeit und Nutzen“. Oder: es liegen diverse wissenschaftlich fundierte (inter)nationale Erkenntnisse zur Konzeption der Qualitätstransparenz und deren Relevanz für avisierte Zielgruppen vor, jedoch scheinbar ohne Wirkungen auf politische Entscheidungen. Ganz allgemein gesprochen haben politische Entscheidungsträ5 DIMDI = Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information; betreibt u. a. Informationssysteme für Arzneimittel, Medizinprodukte und zur Bewertung gesundheitsrelevanter Verfahren (Health Technology Assessment, HTA) und bietet die Recherche in Fachartikeln und Fakten aus der Medizin an. http://www.dimdi.de/static/de/index.html 228 Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Schwerpunkt ger im Fall der PTV erreicht, was anfangs nicht für möglich gehalten wurde. Dieses Szenario ist es, welches eine kritische Analyse der Gap-Trias im Kontext einer Implementierungs- und Disseminationswissenschaft so wichtig macht (u. a. Bell 2010; O’Connor und Netting 2011). 3. Wie werden praxisrelevante Fragestellungen im Wissenschaftsdiskurs aufgegriffen? Der in diesem Kontext zu führende Diskurs ist die am stärksten beachtete Debatte, die sich vor allem in der Auseinandersetzung um den sog. „Theorie-Praxis-Transfer“, und insbesondere in Ausbildungszusammenhängen wiederfindet (Adolph & Görres 1997; Dewe et al. 2006; Görres et al. 2002; Schaeffer 2006). Ein Diskurs, der hier nicht ein weiteres Mal erläutert werden soll. Das im Rahmen dieses Artikels vorgestellte Praxisbeispiel korrespondiert einerseits mit zwei zentralen Komponenten erfolgreicher Implementierungsansätze: dem Lernen in einem pädagogischen Kontext. Andererseits sieht es sich mit der Herausforderung‚ vom Denken zum Handeln konfrontiert, u. a. Fragen der notwendigen Unterstützung in der Anfangsphase von Veränderungsprozessen (Kitson et al., 1998; Roes, 2004 ). In einem kürzlich publizierten Systematischen Review (Chaudoir et al. 2013) entwickeln die Autoren ein Modell, in dem vier Kernbereiche mit Vorhersagepotential hinsichtlich Implementierungsergebnissen identifiziert wurden. Es handelt sich dabei um folgende Kernbereiche: Annahme, Veränderungsgrad der Intervention, Durchdringungsgrad, Kosten der Implementierung und Nachhaltigkeit. Mit ihrer Fokussierung auf die Überprüfung von Implementierungen bzw. dem Versuch, relevante Messparameter zu identifizieren, haben sie auch dazu beitragen, das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Praxis zu thematisieren; welches sich durch ihre wechselseitige Einflussnahme definiert. Ausblick Die in diesem Artikel vorgestellte Thematik der Gap-Trias ist sehr komplex, wie die Skizzierung gezeigt hat, ebenso bestehen verschiedene Denkrichtungen in den benannten drei Bereichen (Wissenschaft, Politik, Praxis). Es braucht Zeit und kontinuierliche diskursive Auseinandersetzungen, um ein Verständnis zu den jeweils anderen Bereichen zu entwickeln sowie die Bereitschaft, den politischen Entscheidungsdiskurs nicht gänzlich zu ignorieren. Notwendig ist ein integrierendes Verständnis hinsichtlich gemeinsamer Aufgaben und Ziele. Daraus ergibt sich großer Forschungsbedarf, deren Themenbereiche mit der Disseminations- und Implementierungswissenschaft korrespondieren. Wie sinnvoll eine Verankerung im pflegewissenschaftlichen Diskurs sein kann, wurde sowohl in diesem als auch in den anderen beiden thematisch relevanten Artikeln (Quasdorf & Hoben sowie Roes, deJong, Wulff in dieser Ausgabe) gezeigt. Die AG Implementierungs- und Disseminationsforschung des DZNE / Witten und die Sektion Dissemination und Implementierung der DGP wollen einen Beitrag dazu leisten, diesen hier skizzierten Diskurs in der Pflegewissenschaft zu platzieren. Die SDI versteht sich als Plattform für diejenigen Personen und Organisationen, die bereits ein 229 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Interesse gezeigt bzw. eine Umsetzung der genannten Themen begonnen haben. So könnte die Aufmerksamkeit auf die skizzierten Bedarfe fokussiert und kontinuierlich erhöht werden. Literatur Adolph, H., & Görres, S. (1997): Umsetzungsbarrieren im Wissenstransfer innovativer Pflegekonzept. In: Zeitschrift für Geriatrie und Gerontologie, 30(2), 100-108 Alexander, J. A., & Herald, L. R. (2011): The Science of Quality Improvement Implementation - Developing Capacity to Make a Difference. Med Care 2011(49), 6 - 20 AQUA, Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH. (2010): Allgemeine Methoden im Rahmen der sektorenübergreifenden Qualitätssicherung im Gesundheitswesen nach § 137a SGB V Version 2.0. Stand: 30. 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(DZNE), Standort Witten, Postfach 62 50, Stockumer Str. 12, 58453 Witten, [email protected] Sektion Dissemination und Implementierung (SDI) der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft (DGP), [email protected] Ines Buscher, Diplom-Pflegewissenschaftlerin (FH), RN Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE)/ Standort Witten, Universität Witten/Herdecke, Fakultät Gesundheit, Department für Pflegewissenschaft, [email protected] Sektion Dissemination und Implementierung (SDI) der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft (DGP), [email protected] Dr. Christine Riesner (CR), MScN, RN Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE)/ Standort Witten, Universität Witten/Herdecke, Fakultät Gesundheit, Department für Pflegewissenschaft, chris- Tina Quasdorf, Matthias Hoben, Christine Riesner, Martin Nikolaus Dichter, Margareta Halek Einflussfaktoren in Disseminations- und Implementierungsprozessen Influencing factors in dissemination and implementation processes Due to the requirement of an evidence-based nursing practice, nursing homes constantly have to deal with innovations and associated processes of change. The implementation of such innovations is often highly complex and subject to numerous factors that can inhibit or facilitate it. This paper provides an overview of factors influencing implementation processes as discussed in the international literature. The particular importance of organizational context factors is pointed out. Furthermore, the impact of the care team, as an integral part of the organizational context of nursing facilities, and its impact on implementation processes is illustrated and discussed, drawing on examples of the LebenQD II study. These point out that teams with different characteristics act in different ways and also have different capabilities for successful dissemination and implementation processes. To sum up it becomes apparent, that systematically analyzing and considering factors which influence dissemination and implementation processes is required to facilitate their success. Keywords implementation, dissemination, influencing factors, team Die Forderung nach einer evidenzbasierten Pflegepraxis führt dazu, dass Pflegeeinrichtungen sich beständig mit Neuerungen und damit einhergehenden Veränderungsprozeseingereicht 22.04.2013 akzeptiert 03.06.2013 235 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 sen auseinandersetzen müssen. Die Implementierung von Neuerungen ist häufig hochkomplex und unterliegt zahlreichen Einflussfaktoren, die sie begünstigen oder hemmen können. In diesem Beitrag wird ein Überblick über Einflussfaktoren von Implementierungsprozessen gegeben, die in der internationalen Literatur diskutiert werden. Die besondere Bedeutung von Organisationskontextfaktoren wird hervorgehoben. Als wesentlicher Bestandteil des Organisationskontextes von Pflegeeinrichtungen werden darüber hinaus das Pflegeteam und sein Einfluss auf Implementierungsprozesse anhand von Beispielen aus der Leben-QD II-Studie dargestellt und diskutiert. Hier wird deutlich, dass Teams mit unterschiedlichen Merkmalen unterschiedlich agieren und unterschiedliches Potenzial für gelungene Disseminations- und Implementierungsprozesse aufweisen. Insgesamt wird deutlich, dass für die erfolgreiche Umsetzung von Disseminations- und Implementierungsprozessen eine systematische Auseinandersetzung mit deren Einflussfaktoren notwendig ist. Schlüsselwörter Implementierung, Dissemination, Einflussfaktoren, Team 1. Einleitung Implementierungsprozesse sind eine Herausforderung. Da diese dazu tendieren, eher chaotisch als kontinuierlich-linear zu verlaufen und somit nicht gänzlich berechen-, plan- und steuerbar sind, entpuppen sich selbst scheinbar kleine, einfache Veränderungen schnell als hochkomplex (Greenhalgh et al. 2005; Greif et al. 2004; Kitson 2009; van Achterberg et al. 2008). Nicht zuletzt im Zuge der Forderung nach einer evidenzbasierten Pflegepraxis (Behrens et al. 2010; DiCenso et al. 2005) sind Pflegeeinrichtungen fortlaufend damit befasst, sich diesen Herausforderungen zu stellen und Neues einzuführen (z. B. Expertenstandards) bzw. bestehende Routinen zu verändern (etwa den Umgang mit Menschen mit Demenz). Viele dieser Prozesse scheitern oder bringen unerwünschte Auswirkungen mit sich, wie z. B. Enttäuschung, Überforderung, Unzufriedenheit, Demotivation, Burnout, Teamkonflikte oder Verschlechterung anstatt Verbesserung der Qualität (Fläckman et al. 2009; Höhmann et al. 2010; Jones 2009). Die Disseminations- und Implementierungswissenschaft (DIW) untersucht solche Prozesse daher auf verschiedene Weise mit dem Ziel, sie besser zu verstehen und erfolgreich zu beeinflussen (s. auch Roes, de Jong, Wulff in diesem Heft: 197-213). Die Erforschung von Einflussfaktoren in Disseminations- und Implementierungsprozessen (im Folgenden kurz: DI-Prozesse) ist ein wichtiger Fokus der DIW. Zur Frage, welche Bedingungen für den Erfolg dieser Prozesse förderlich und welche hinderlich sind, liegt international ein umfangreicher Fundus empirischer und theoretischer Arbeiten vor. Gemessen daran beziehen im deutschsprachigen Raum nur wenige Arbeiten diesen internationalen Wissensbestand in ihre Argumentation ein (Ausnahmen sind Bartholomeyczik 2008; Brandenburg 2005; Meyer et al. 2012). Auch wenn einzelne Studien zu Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren in DI-Prozessen im deutschen Sprachraum existieren (Breimaier et al. 2011; Saxer 2002; Schubert et al. 2009; Walker 236 Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Schwerpunkt Schlaefli 2005), sehen die Autoren dieses Artikels die kritische Auseinandersetzung mit den internationalen Befunden als wichtig für den hiesigen Diskurs an. Keinesfalls soll damit außer Acht gelassen werden, dass auch ein Rückgriff auf Erkenntnisse der Arbeits- und Organisationswissenschaft (wie vorgeschlagen von Höhmann 2008) die deutschsprachige DIW zu bereichern vermag. Erforderlich, so unsere Ansicht, ist beides. Im vorliegenden Artikel wollen wir uns zunächst auf den internationalen Stand der Diskussion beziehen. Ziel ist, einen Überblick zu geben über ausgewählte Eckpunkte der internationalen Forschung zu Einflussfaktoren in DI-Prozessen. Hierbei handelt es sich nicht um eine systematische Übersichtsarbeit. Aufgrund langjähriger, intensiver Auseinandersetzung mit der internationalen DIW-Literatur haben die Autoren Einblick in einen umfangreichen Fundus systematischer Übersichtsarbeiten, auf den hier zurückgegriffen wird. Hierbei erfolgt bewusst eine Konzentration auf internationale Befunde, da diese bisher in deutschsprachigen Diskursen wenig thematisiert werden. Die internationalen Befunde werden diskutiert und die besondere Relevanz von Organisationskontextfaktoren wird herausgearbeitet. Anhand von Fallbeispielen aus einem Forschungsprojekt wird das Pflegeteam – als ein spezifischer und für die Pflege besonders relevanter Aspekt von Organisationskontextfaktoren – betrachtet und diskutiert. 2. Einflussfaktoren von Implementierungsprozessen 2.1 Ergebnisdimensionen Vor der Diskussion von Einflussfaktoren empfiehlt es sich zu klären, was beeinflusst wird bzw. woran man eine Beeinflussung festmacht – also die Ergebnisdimension(en). Hier sind zwei Ebenen zu unterscheiden (vgl. zum Folgenden Carroll et al. 2007; Fixsen et al. 2005; Graham et al. 2010; Proctor et al. 2012): Erstens Ergebnisdimensionen, an denen sich die Auswirkungen einer ausreichend umgesetzten Neuerung/Intervention messen lassen – z. B. die Dekubitusrate bei Pflegebedürftigen, Kompetenz oder Zufriedenheit bei Pflegenden oder Kosten auf Institutionsebene. Wir bezeichnen diese Ergebnisse hier kurz als „Wirksamkeit“. Die zweite Ebene umfasst Ergebnisdimensionen, an denen sich erkennen lässt, ob und in wie weit eine Neuerung/Intervention ausreichend umgesetzt ist – ob sie also z. B. von allen Personen angewendet wird, die sie anwenden sollen, bei allen Personen, die zur Zielgruppe gehören (und nur bei diesen), auf die vorgesehene Weise (Häufigkeit, Anlass/Zeitpunkt, Dauer, Vollständigkeit, Korrektheit ...) etc. Diese zweite Art von Ergebnissen bezeichnen wir als „Umsetzungserfolg“. Insbesondere, wenn sich eine Neuerung/Intervention im Sinne der ersten Ebene als unwirksam erweist, stellt sich die Frage, ob sie trotz Umsetzung unwirksam ist oder ob sie schlicht nicht ausreichend umgesetzt wurde. Bei der Frage nach Einflussfaktoren beziehen wir uns im Folgenden nur auf solche, die den Umsetzungserfolg beeinflussen. 2.2 Arten von Einflussfaktoren In einer kürzlich erschienenen systematischen Übersichtsarbeit untersuchten Chaudoir et al. (2013), welche standardisierten englischsprachigen Instrumente zur Erfassung 237 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 von Einflussfaktoren verfügbar sind. Zur Unterteilung der Einflussfaktoren entwickelten sie ein theoretisches Modell (Abbildung 1), das die Argumentation dieses Artikels leiten wird. Dieses Modell basiert auf zwei systematischen Übersichtsarbeiten von Durlak & Dupre (2008) (Übersicht über empirische Studien zu Einflussfaktoren) sowie Damschroder et al. (2009) (Synthese von Implementierungstheorien und -modelle). Das Modell von Chaudoir et al. (2013) enthält Faktoren auf Ebene der Pflegebedürftigen, der Pflegenden1, der Innovation, der Organisation und der Struktur- bzw. Umweltbedingungen. Chaudoir et al. (2013) plädieren dafür, nicht wie bislang oft üblich eine Sorte von Einflussfaktoren isoliert zu betrachten. Aufgrund der Komplexität von DI-Prozessen sei es ratsam, Faktoren aller Ebenen in ein komplexes Mehrebenenmodell einzubeziehen. Abb. 1: Einflussfaktoren 2.2.1 Ebene der Pflegebedürftigen Während in der Wirksamkeitsforschung sehr häufig Merkmale der Pflegebedürftigen oder Patienten erfasst werden, um festzustellen, in wie weit diese die Wirksamkeit einer Intervention beeinflussen, wurden solche Einflussfaktoren bisher wenig daraufhin untersucht, in wie weit sie auch für den Umsetzungserfolg in DI-Prozessen relevant sind (Chaudoir et al. 2013). Vorwiegend wird in diesem Zusammenhang die Frage diskutiert, welche Faktoren beeinflussen, ob Pflegebedürftige oder Patienten selbst die Therapie/Intervention (z. B. Medikamenteneinnahme, Diätvorgaben, Lebensstiländerungen, Hilfsmittelnutzung) so umsetzen, wie erhofft – überschrieben mit Begriffen wie Compliance, Adherence oder Concordance (Aronson 2007; Bissonnette 2008). Soziale Unterstützung durch Bezugspersonen, gesundheitsbezogene Bildung, Wissen über die eigene Situation und die Therapie/Intervention sowie diesbezügliche Einstellungen und Überzeugungen (z. B. Einschätzung von Risiken oder Erfolgsaussichten) 1 Chaudoir et al. (2013) sprechen von Patienten und Anbietern – das Review bezog sich nicht ausschließlich auf die Pflege, sondern auf das gesamte Gesundheitswesen. Im vorliegenden Artikel fokussieren wir den Pflegebereich und sprechen daher von Pflegebedürftigen und Pflegenden. 238 Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Schwerpunkt spielen hier eine Rolle (Chaudoir et al. 2013; Feldstein et al. 2008). Nun sind, wie Chaudoir et al. (2013) zurecht hervorheben, Pflegebedürftige oder Patienten aktive und mit den professionell Helfenden interagierende Teilnehmer in DI-Prozessen. Es ist daher anzunehmen, dass es auch einen Zusammenhang gibt zwischen den Eigenschaften der Pflegebedürftigen und dem Handeln der professionell Helfenden. Wenn Pflegebedürftige wissen, was in einer bestimmten Situation angebracht ist, wie das entsprechende Vorgehen zu erfolgen hat und wenn sie selbstbewusst genug sind – so die Hypothese – werden sie ihre Bedarfe eher äußern bzw. Versäumnisse der Pflegenden eher erkennen und reklamieren und so die Pflegenden beeinflussen. Dies wurde verschiedentlich überprüft, indem versucht wurde, den Umsetzungserfolg in DI-Prozessen mittels so genannter patient-mediated Interventions (Mäkelä et al. 1999) zu erhöhen. Dabei werden Patienten auf verschiedenste Weise informiert, beraten oder geschult. Wie systematische Übersichtsarbeiten und Metaanalysen zeigen, weisen diese Interventionen durchaus Erfolgspotenzial auf, wenngleich eindeutige Aussagen aufgrund methodischer Limitationen und unzureichender Beschreibung der Intervention bzw. der DI-Prozesse nicht möglich sind (Grimshaw et al. 2001; Grimshaw et al. 2004; Legare et al. 2010). 2.2.2 Ebene der Pflegenden In ihrem wegweisenden metanarrativen Review über die Diffusion, Dissemination und Verstetigung von Innovationen im Gesundheitswesen identifizierten Greenhalgh et al. (2005) eine Vielzahl psychologischer Faktoren, die bei der Entscheidung eine Innovation zu akzeptieren oder abzulehnen, eine Rolle spielen. Dazu gehören Persönlichkeitseigenschaften, Kompetenzen, Einstellungen, Überzeugungen, Motivation, subjektive Wahrnehmungen, Werte, Bedürfnisse, Ziele, Faktoren in Zusammenhang mit der Innovation (z. B. Gewahrsein, dass diese überhaupt existiert, Grad der Informiertheit über Zweck, Handhabung sowie potenzielle Nutzen und Risiken) oder Größe und Zusammensetzung der sozialen Netzwerke der Individuen (Greenhalgh et al. 2005). So sehr es intuitiv einleuchtet, dass all diese Faktoren den individuellen Umgang mit der Innovation beeinflussen, so wenig lässt sich jedoch aus der verfügbaren Evidenz ableiten, welche dieser Eigenschaften das Handeln auf welche Weise prognostizieren (Greenhalgh et al. 2005). Dies hängt damit zusammen, so Greenhalgh et al. (2005), dass viele dieser individuellen Charakteristika beeinflusst werden durch situative Bedingungen, soziale Interaktion mit Kollegen und Vorgesetzten und weitere kontextuelle Gegebenheiten. Zum gleichen Schluss kommen auch Estabrooks et al. (2003) und Squires et al. (2011), die in systematischen Übersichtsarbeiten den Forschungsstand zu individuellen Merkmalen Pflegender und deren Einfluss auf die Nutzung von Forschungswissen in der Praxis aufzeigen. In den eingeschlossenen Artikeln wurden nahezu 100 verschiedene Merkmale untersucht, die sieben Kategorien zugeordnet wurden: Überzeugungen und Einstellungen, Beteiligung an Forschungsaktivitäten, Informationsbeschaffung, Bildung, berufsbezogene Merkmale, soziodemografische und sozioökonomische Merkmale und kritisches Denken. Einzig für das Merkmal „Einstellung zur Nutzung von Forschungswissen“ liegt eine ausreichende Zahl Studien vor, die 239 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 zu einheitlichen Ergebnissen kommen und so eine klare Aussage erlauben: Zwischen positiver Einstellung und vermehrter Nutzung von Forschungswissen besteht ein signifikanter positiver Zusammenhang (C. A. Estabrooks et al. 2003; Squires et al. 2011). 2.2.3 Ebene der Innovation Die bekannteste Kategorisierung dieser Faktoren wurde von Rogers (2003) geprägt. Nach seinen Erkenntnissen hängt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Innovation akzeptiert und genutzt wird, ab von folgenden Innovationseigenschaften: relativer Nutzen im Vergleich zur vorherigen Praxis, Kompatibilität mit vorhandenen Fähigkeiten, Routinen, Überzeugungen etc., Komplexität, Testbarkeit und Beobachtbarkeit der Auswirkungen (Rogers 2003). Greenhalg et al. (2005) erweiterten diese Kategorien auf Basis ihrer Literaturstudie um weitere: Adaptierbarkeit2 (Möglichkeit, die Innovation anzupassen und zu modifizieren), wahrgenommenes Risiko durch die Anwendung, Grad, in dem die Innovation als Hilfe beim Erledigen der Aufgaben und Verbesserung der Ergebnisse angesehen wird, Ausmaß, in dem das erforderliche Wissen greifbar, gut erschließbar und in andere Bereiche transferierbar ist sowie Support bei der Anwendung. Diese Eigenschaften sind, wie Greenhalgh et al. (2005) feststellen, weder stabil, da es sich um subjektive Zuschreibungen handelt, noch sichere Prädiktoren für den Umsetzungserfolg. Erneut heben sie in diesem Zusammenhang die komplexe Interaktion zwischen Individuen, Innovation und Kontextbedingungen hervor. 2.2.4 Ebene der Organisation Faktoren dieser Ebene, die sich in verschiedenen Übersichtsarbeiten als bedeutsam für Disseminations- und Implementierungsprozesse erwiesen, sind: Führungsqualität, Organisations- und Veränderungskultur, Organisations- und Veränderungsklima, systematisches Monitoring relevanter Daten und deren Rückmeldung, DI-spezifische Ressourcen (z. B. Daten-/Informationsmanagementsysteme, Fachliteratur, Fort- und Weiterbildungsangebot etc.), allgemeine Ressourcen (z. B. Zeit, Personal, Räumlichkeiten), Kompetenz und Kapazität, neues Wissen aufzunehmen (z. B. Vorerfahrungen mit Veränderungsprojekten, systematisches Wissensmanagement, Schulungs- und Trainingsaktivitäten), Projektmanagement und Unterstützung der Akteure bei der Integration und dem Umgang mit der Innovation sowie soziale Interaktion (Glisson 2002; Greenhalgh et al. 2005; Kaplan et al. 2010; Meijers et al. 2006). Den Faktoren dieser Ebene kommt im Rahmen von DI-Prozessen eine besondere Bedeutung zu: Während sich individuelle Charakteristika wie z. B. Berufserfahrung oder Ambiguitätstoleranz oder globale Faktoren wie die politische Situation nicht so einfach modifizieren lassen, sind die genannten Organisationsfaktoren relativ gut beeinflussbar (C. A. Estabrooks et al. 2007; Carol A. Estabrooks et al. 2008; C. A. Estabrooks et al. 2009; 2 Die von Greenhalgh et al. (2005) referierten Kategorien Re-Invention und Fuzzy Boundaries wurden hier zusammengefasst, da sie beide den Aspekt der Adaptierbarkeit ansprechen. 240 Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Schwerpunkt Greenhalgh et al. 2005). Gleichzeitig beeinflussen Organisationsfaktoren wiederum die Einstellungen (z. B. gegenüber Forschungswissen oder Neuerungen im Allgemeinen), die Situation (z. B. Belastung, Stress, Arbeitszufriedenheit) sowie das Handeln (z. B. Nutzung von Forschungserkenntnissen) der Pflegenden (Aarons et al. 2012; Glisson 2002; Greenhalgh et al. 2005; Kaplan et al. 2010; Meijers et al. 2006). Mittels statistischer Mehrebenenmodelle konnte gezeigt werden, dass sich diese individuellen Charakteristika zwischen verschiedenen Institutionen bzw. Wohnbereichen/Stationen stärker unterscheiden als innerhalb einer Institution bzw. eines Wohnbereichs/einer Station (Aarons et al. 2012; Cummings et al. 2010; C. A. EstabrooksSquiresHayduk et al. 2011; C. A. EstabrooksSquiresHutchinson et al. 2011). Mit einer Veränderung dieser Faktoren lassen sich somit nicht nur einzelne Individuen, sondern ganze Teams beeinflussen – ein Ergebnis, zu dem auch qualitative Studien gelangen (Berta et al. 2010; Dopson et al. 2005; Rycroft-Malone et al. 2013). 2.5 Struktur- bzw. Umweltebene Neben den allgemeinen politischen, gesetzlichen, ökonomischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen spielt hier die Vernetzung von Organisationen eine besondere Rolle (Greenhalgh et al. 2005): Ein wichtiges Entscheidungskriterium dafür, eine Neuerung einzuführen, ist oft, wie viele andere ähnliche Institutionen die fragliche Innovation bereits eingeführt haben oder dies planen und ob die Innovation als „Norm“ oder „Standard“ eingeschätzt wird. Wird eine Innovation gesetzlich vorgeschrieben, so Greenhalgh et al. (2005), erhöht sich die Zahl der Institutionen, die diese einführen – interessanterweise verändern sich die dafür nötigen Kompetenzen und Ressourcen jedoch kaum. Eher führt dies dazu, dass Organisationen das grade eben Nötige unternehmen, um die Vorschriften zu erfüllen und Sanktionen zu vermeiden. Eine Verankerung der Innovationsziele im Selbstverständnis der Organisation findet nicht statt. Die Umsetzung der Vorschriften bindet zudem Ressourcen, die dann internen Entwicklungsbedarfen nicht mehr zur Verfügung stehen (Greenhalgh et al. 2005). Einige globale Faktoren, die die Nutzung wissenschaftlicher Evidenz durch Pflegende beeinflussen, werden z. B. von Meyer & Köpke (2012) auf Basis der systematischen Übersichtsarbeit von Solomon & Spross (2011) diskutiert: (1) die ausbildungsbedingt unzureichenden Kompetenzen der Pflegenden, Evidenz zu recherchieren, sich zu erschließen, kritisch zu bewerten und für ihre Praxis nutzbar zu machen, (2) fehlende bzw. widersprüchliche oder methodisch limitierte Evidenz für wichtige Fragestellungen der Praxis und (3) Sprachbarrieren, da eine Vielzahl potenziell relevanter Studien nur in englischer Sprache vorliegen und von den Pflegenden nicht verstanden werden. 2.6 Zwischenfazit Die hier präsentierten Ergebnisse sind vorsichtig zu interpretieren, handelt es sich doch nicht um eine systematische Literaturübersicht. Die meisten der Arbeiten entstammen zudem dem angloamerikanischen Kulturraum bzw. beziehen mehrheitlich Studien aus 241 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 diesem Raum ein. Insofern ist sicherlich auch die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf unseren Kulturraum nicht ohne Einschränkung möglich. Gleichwohl sind nach Ansicht der Autoren folgende Erkenntnisse erwähnenswert: Faktoren auf Ebene der individuellen Akteure oder der Innovation isoliert zu betrachten greift, wie die bisherigen Ausführungen zeigen, zu kurz. Individuen übernehmen einen aktiven Part in DI-Prozessen – sie „suchen sich Innovationen mehr oder weniger aus (auf jeweils unterschiedliche Weise in verschiedenen Kontexten), experimentieren damit, bewerten sie, empfinden sie als mehr oder weniger sinnvoll und bedeutsam, entwickeln positive oder negative Gefühle dafür, fordern sie heraus, hinterfragen sie, sorgen sich darum, beschweren sich darüber, arbeiten damit, unterhalten sich mit anderen darüber, entwickeln entsprechendes Know-how, passen sie speziellen Gegebenheiten und Bedürfnissen an und streben nach Weiterentwicklung oder Modifikation derselben – häufig (und meist erfolgreich) im Dialog mit anderen Anwendenden“ (Greenhalgh et al. 2005: 113). Eine systemische Herangehensweise, die das komplexe Zusammenspiel zwischen Individuen, Innovation und Organisationskontext berücksichtigt, scheint demnach erfolgversprechend (Greif et al. 2004; Kitson 2009; Rycroft-Malone et al. 2013), insbesondere auch deshalb, weil – wie ausgeführt – der Organisationskontext relativ gut kurz- bis mittelfristig beeinflussbar ist. Im Licht der interaktiven Komponente in DI-Prozessen erweist sich deshalb das Team, das in pflegerischen Settings ein wesentlicher Bestandteil des Organisationskontextes ist, als Organisationsfaktor, der eine besondere Aufmerksamkeit verdient hat. Im Folgenden wird daher das Team als Einflussfaktor in Implementierungsprozessen näher betrachtet. 3. Das Pflegeteam im Implementierungsprozess Viele Organisationen der Industrie und des Dienstleistungssektors weisen Strukturen auf, die in Teams organisiert sind. Hier gab es in der Vergangenheit umfangreiche Forschung, die sich unter anderem mit den Mechanismen der Teamperformance und der Frage danach, welche Bedingungen die Effektivität von Teams beeinflussen, auseinandersetzt (Bettenhausen 1991; Hackman et al. 1975; Katzenbach et al. 1993). Auch im Gesundheitswesen und in der Pflege sind Teamstrukturen verbreitet und die Zusammenarbeit in Teams gilt als grundlegende Voraussetzung für hohe Versorgungsqualität (Borril et al. 2002; Burns et al. 2012). DI-Prozesse in pflegerischen Settings betreffen daher häufig diese Pflegeteams. Sie müssen von ihnen in den Pflegealltag eingebracht werden und setzen nicht selten Anpassungsprozesse im Team voraus. In der Diskussion um die erfolgreiche Umsetzung von DI-Prozessen in der Gesundheitsversorgung rückt das Team als wesentlicher Einflussfaktor daher zunehmend in den Fokus der Aufmerksamkeit, gleichwohl bislang unzureichend wissenschaftliche Erkenntnisse hierzu vorliegen (Holleman et al. 2009; Timmermans et al. 2012). Dabei ist davon auszugehen, dass die Effektivität des Teams einen deutlichen Einfluss auf das Gelingen von Implementierungsprozessen hat. Effektive Teams zeichnen sich dadurch aus, dass sie dazu in der Lage sind, gegebene Aufgaben und Ziele erfolgreich zu bewältigen (Forsyth 2010), und sie gelten als Erfolgsindikator für erfolgreiche Implementierungsprozesse (Borril et al. 2002; Ferlie et al. 2001). 242 Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Schwerpunkt Was macht aber nun ein Team effektiv? In der Literatur werden im Zusammenhang mit dieser Frage zahlreiche Faktoren beschrieben, die einen Einfluss auf die Teamperformance haben. Theoretische Modelle, die Teamperformance und -effektivität beschreiben, bedienen sich häufig der Input - Prozess - Output - Struktur (Borril et al. 2002; Forsyth 2010). Hackman et al. (1975) stellen diese Struktur und ihre Zusammenhänge in ihrem IPO-Modell of Teamperformance wie folgt dar ( Abbildung 2): Input Prozess Faktoren auf individueller Ebene Faktoren auf Teamebene Output Outcome: Grad der Implementierung Interaktionsprozess Andere Outcomes Faktoren auf Umweltebene Abb. 2: Input - Prozess - Output - Struktur - Input: vorbestehenden Bedingungen auf individueller, Team- oder Kontextebene, unter denen ein Team agiert (z. B. Qualifikationsniveau, Rollenstrukturen, Vernetzung in der Einrichtung) - Prozess: Abläufe im Team, die Inputfaktoren mit den Teamoutcomes verbinden (z. B. Interaktion, Führungsverhalten). - Outputs: Konsequenzen der Teamaktivitäten (z .B. Leistung, die ein Team erbringt) Anhand des Modells wird deutlich, dass Teamprozesse komplex sind und dass eine erfolgreiche Teamperformance von unterschiedlichen Faktoren und deren Zusammenhängen bestimmt wird. Vor diesem Hintergrund müssen bei der Untersuchung von DI-Prozessen in Pflegesettings die versorgenden Pflegeteams, ihre Merkmale und deren Zusammenhänge in den Blick genommen werden. Anhand von Fallbeispielen sollen daher im Folgenden zwei Teams im Implementierungsprozess skizziert werden. 3.1 Fallbeispiele Die beiden Fallbeispiele gehen aus der Studie „Leben-QD II – Lebensqualität von Menschen mit Demenz stärken“, die seit 2011 am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Witten durchgeführt wird, hervor. Die kontrollierte Studie untersucht die Wirksamkeit und die Implementierung von Dementia Care Mapping (DCM), einem Beobachtungsverfahren zur Förderung der personzentrierten Haltung von Versorgungsteams von Menschen mit Demenz (MmD) (Halek et al. 243 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 2013). Ziel von DCM ist es, Wohlbefinden und Lebensqualität von MmD zu erhalten, bzw. zu verbessern. DCM ist prozesshaft angelegt und beinhaltet verschiedene Kernelemente (Beobachtung der MmD zur Erfassung ihres Wohlbefindens, Datenanalyse, Feedback an das Versorgungsteam, eine daraus resultierende Handlungsplanung und deren Umsetzung) (Brooker 2005; BSI – British Standards Institution 2010). Demzufolge ergibt sich die Notwendigkeit, das Team für die Untersuchung der Implementierung von DCM in den Blick zu nehmen, weil DCM auf Entwicklungsprozesse des Teams abzielt und weil die erfolgreiche Anwendung von DCM maßgeblich durch das Pflegeteam geleistet werden muss. Im Rahmen der Leben-QD II-Studie wird daher, neben anderen Faktoren, der Einfluss des Pflegeteams auf die DCM-Implementierung untersucht. Die hier aufgeführten Fallbeispiele beziehen sich ausschließlich auf diese teambezogenen Ergebnisse. 3.1.1 Methode An der Leben-QD II-Studie nehmen Teams von neun Wohnbereichen aus neun verschiedenen Einrichtungen der stationären Altenhilfe teil, von denen 6 DCM umsetzen und 3 das Instrument Qualidem (Ettema et al. 2007) zur Erfassung der Lebensqualität als Vergleichsintervention nutzen. Für die Darstellung der Fallbeispiele in diesem Artikel werden Daten von zwei Teams genutzt, die DCM implementieren. Da das Team im Implementierungsprozess, wie zuvor beschrieben, ein komplexes Phänomen ist, wurde ein multimethodischer Ansatz der Datenerhebung gewählt. Als theoretischer Hintergrund zur Untersuchung des Teameinflusses auf die DCM-Implementierung dient das zuvor beschriebene IPO-Modell of Teamperformance (Hackman et al. 1975). Die dargestellten Ergebnisse beziehen sich auf Daten aus Interviews, die im Rahmen der Basisdatenerhebung mit den Teamleitungen geführt wurden und aus Beobachtungen der Teaminteraktion, die mithilfe des standardisierten Instrumentes SYMLOG (Systematic Multiple Level Observation of Groups) (Bales et al. 1982) während des ersten und zweiten DCM-Feedbacks durchgeführt wurden. Die Interviews waren leitfadengestützt, wobei der Leitfaden unterschiedliche Aspekte aufgreift, die sich der Input-Ebene des IPO-Modells zuordnen lassen, also Merkmale des Teams beschreiben (z. B. Rollenverteilungen, Führungsstrukturen, Stabilität). Die Interviews wurden mit den Leitungskräften der Projektteams oder deren Stellvertretern geführt. Sie wurden aufgezeichnet und transkribiert. Die Analyse erfolgte mithilfe der Software MaxQDA im Rahmen einer qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring 2003), wobei die Auswertungskategorien der Logik des Leitfadens folgen. Die Beobachtungen fanden während der DCM-Feedbackgespräche mit dem Team statt, die Bestandteil des DCM-Prozesses sind. Im Hinblick auf das IPO-Modell fokussieren sie auf die Prozess-Ebene des Teams. SYMLOG ist ein Beobachtungssystem zur Analyse der Interaktion in Kleingruppen (Bales et al. 1982). Mithilfe des sogenannten Adjektivratingbogens3 wird retrospektiv ein Gesamteindruck jedes Individuums einer 3 Hier in deutscher Übersetzung nach Schneider und Orlik (Bales et al. 1982) 244 Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Schwerpunkt Kleingruppe im Hinblick auf die Interaktion dokumentiert (Heinze et al. 2009; Marx 2000). Der Adjektivratingbogen beinhaltet 26 Items mit verhaltensbeschreibenden Adjektiven, die drei Dimensionen widerspiegeln: - freundlich – unfreundlich - zielorientiert – das Ziel nicht unterstützend - dominant – passiv Die Analyse der SYMLOG-Daten folgt dem durch Bales et.al. (1982) beschriebenen Verfahren zur Erstellung von Felddiagrammen. Das Verfahren wurde seit den 1980er Jahren in unterschiedlichen Feldern der Forschung und Beratung angewendet, überprüft und weiterentwickelt (Heinze et al. 2009) Für die Leben-QD II-Studie liegt ein positives Votum der Ethikkommission der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft vor. 3.1.2 Ergebnisse Die beiden Fallbeispiele beziehen sich auf Ergebnisse der Interviews mit Teamleitungen und der Beobachtungen dieser Teams. Die Auswahl der Fallbeispiele erfolgte aufgrund der kontrastreichen Ergebnisse für diese beiden Teams. Mithilfe der Interviews konnten prägnante Merkmale der Teams aus Sicht der Teamleitung identifiziert werden. Vor allem im Hinblick auf Rollenakzeptanz und Verantwortungsübernahme scheint es Unterschiede zwischen den beiden Teams zu geben. Während Team I in sich harmoniert und Strukturen geklärt scheinen, bestehen in Team II Konflikte, die auf unklare Rollenstrukturen zurückzuführen sind. Folgende Merkmale der Teams konnten durch die Interviews mit den Teamleitungen herausgearbeitet werden: Team I: - Hohe Identifikation mit dem Wohnbereich: die Mitarbeiter arbeiten gerne auf dem Wohnbereich und identifizieren sich mit den besonderen Arbeitsinhalten eines Wohnbereiches zur Versorgung von Bewohnern mit Demenz - Positive Haltung der Mitarbeiter zu DCM - Flache Hierarchien - Gute Kommunikationsstrukturen - Keine wesentlichen Konflikte - Formale Funktion der Teamleitung im Projektkontext - Übernahme von Projektverantwortung durch die Teamleitung (fühlt sich verantwortlich für die gelungene Umsetzung) Team II: - Geringe Identifikation mit dem Wohnbereich: Mitarbeiter empfinden die Versorgung von Bewohnern mit Demenz teilweise als belastend 245 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 - Keine ablehnende Haltung zur Intervention, aber wenig Wissen - Hierarchiekonflikte zwischen Hilfs- und Fachkräften aufgrund von Kommunikationsschwächen der Fachkräfte - Keine formale Funktion der Teamleitung im Projekt - Keine Übernahme von Projektverantwortung durch die Teamleitung (hat sich bislang nicht mit möglichen Verantwortungen im Projektkontext auseinandergesetzt) Insgesamt machen die Interviewergebnisse deutlich, dass die beiden Teams aus der Sicht der jeweiligen Teamleitung sehr unterschiedliche Merkmale aufweisen und entsprechend mit unterschiedlichem Potenzial in den Implementierungsprozess gehen. Die Ergebnisse der Beobachtungen aus dem ersten und zweiten Interventionszyklus sind in Felddiagrammen dargestellt (s. Abbildung 3 und 4). Jeder Kreis im Felddiagramm entspricht einer beteiligten Pflegekraft. Je größer der Kreis ist, desto dominanter verhält sich die Pflegekraft. Die anderen beiden Verhaltensdimensionen werden über die horizontale und vertikale Ausrichtung abgebildet. Es zeigt sich deutlich, dass die beiden Teams unterschiedlich interagieren. Die Ergebnisse der ersten Beobachtung zeigen, dass Team I heterogen ist. Unterschiedliche Mitarbeiter mit unterschiedlichen Qualifikationsniveaus nehmen in unterschiedlicher Weise Einfluss auf den Interaktionsprozess. Die Teamleitung agiert in besonderem Maße zielgerichtet. In Team II wird die Interaktion maßgeblich von einer Pflegehilfskraft dominiert. Hilfskräfte verhalten sich insgesamt freundlicher und etwas zielgerichteter als die Fachkräfte. Die Teamleitung hebt sich nicht vom Team ab. Auffällig ist, dass die Pflegefachkräfte sich kaum einbringen und ihr Verhalten im Vergleich zur Gruppe weniger freundlich und zielorientiert ist. Im zweiten Interventionszyklus zeichnet sich Team I durch ein der Gruppe zugewandtes, freundliches Verhalten aus. Die Fachkräfte bringen sich aktiv in die Interaktion ein und die Teamleitung weist weiterhin die am meisten zielgerichtete Haltung auf. In Team II wird die Interaktion wiederum von der gleichen Pflegehilfskraft dominiert wie in der ersten Erhebung. Sie agiert allerdings wenig zielgerichtet. Die Teamleitung bringt sich kaum in die Interaktion ein, lediglich eine weitere Pflegehilfskraft zeigt eine zielorientierte Haltung. Als wesentliches Ergebnis dieser Beobachtung ist festzuhalten, dass außer der Teamleitung keine Fachkräfte am DCM-Feedbackgespräch teilnehmen. Die Zusammenführung der Ergebnisse aus Interviews und Beobachtungen zeigt, dass die beiden Teams sich vor allem im Hinblick auf ihre Rollenstrukturen unterscheiden. Die projektbezogene Interaktion in Team I spiegelt die im Interview erfassten Merkmale eines harmonierenden Teams mit deutlicher Rollenakzeptanz und klaren Verantwortungen wider. In Team II hingegen bestätigen die Ergebnisse der Beobachtungen die bereits im Interview beschrieben Konflikte, die zwischen Fach- und Hilfskräften bestehen. Obwohl Kausalitäten anhand des Materials kaum belegt werden können, weisen die Ergebnisse darauf hin, dass die Merkmale, die die Teams auf InputEbene aufweisen, dazu führen, dass die Teams im Implementierungsprozess unter246 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 das Ziel nicht unterstützend Team 1 freundlich freundlich unfreundlich zielorientiert unfreundlich zielorientiert das Ziel nicht unterstützend Wohnbereichsleitung Fachkraft Hilfskraft das Ziel nicht unterstützend Team 1 Wohnbereichsleitung freundlich freundlich unfreundlich zielorientiert unfreundlich zielorientiert Team 2 das Ziel nicht unterstützend Fachkraft Hilfskraft Team 2 Abb. 3 und 4: Ergebnisse der Beobachtungen aus dem ersten und zweiten Interventionszyklus schiedlich agieren (Prozess-Ebene). Gleichzeitig weisen sie damit ein unterschiedliches Potenzial für das Gelingen der DCM-Implementierung auf (Output-Ebene). 3.2 Zwischenfazit Die vorgestellten Fallbeispiele stellen lediglich Auszüge der Ergebnisse der Leben-QD II-Studie dar. Mit ihnen lässt sich beispielhaft verdeutlichen, dass Teams mit unterschiedlichen Merkmalen in unterschiedlicher Weise im Implementierungsprozess interagieren. Während bei den vorgestellten Teams Unterschiede im Hinblick auf Rollenakzeptanz und Verantwortungsübernahme festzustellen sind, unterscheiden sich die weiteren, hier nicht beschriebenen, Projektteams z. B. hinsichtlich der Teamstabilität, der Arbeitskultur und der Führungsstrukturen. Die hier aufgearbeiteten Zusammen247 Schwerpunkt Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 hänge zwischen derartigen Teammerkmalen und der damit verbundenen Interaktion im Team lässt annehmen, dass auch diese weiteren Merkmale von Teams einflussnehmend für die Team-Interaktion wirken können. Die zum jetzigen Zeitpunkt im Projektverlauf ausstehenden Daten zum Umsetzungserfolg (Output-Ebene), werden dabei helfen, diejenigen Merkmale von Teams zu identifizieren, die einen entscheidenden Einfluss auf das Gelingen, bzw. Nicht-Gelingen der Implementierung von DCM haben. Bereits die hier dargestellten Beispiele machen jedoch deutlich, dass im Zusammenhang mit der Planung und Umsetzung von DI-Prozessen die beteiligten Teams berücksichtigt werden sollten, um so ihre Potenziale nutzen und an möglichen Defiziten arbeiten zu können. 4. Zusammenfassung und Diskussion Im ersten Teil des Artikels wurde dargestellt, dass unterschiedliche Faktoren förderlich oder hemmend in DI-Prozessen wirken. Diese Faktoren sind unterschiedlichen Ebenen, wie der Innovation selbst, den Attributen der beteiligten Akteure (Patienten/Pflegebedürftige, Pflegende), der Organisationsebene oder der Struktur- und Umweltebene zuzuordnen. Die besondere Bedeutung der Organisationskontextfaktoren wurde herausgearbeitet. Es wurde weiterhin festgehalten, dass bestehendes Wissen zu DI-Prozessen vornehmlich auf internationaler Ebene angesiedelt ist. Empirische Arbeiten in Deutschland, die sich mit DI-Prozessen befassen sind hingegen rar, und es wird nur selten ein Bezug zum bestehendem internationalen Wissensbestand der DIW hergestellt. Eine intensivere Auseinandersetzung mit diesem internationalen Wissensbestand, eine kritische Diskussion der Übertragbarkeit sowie eine systematische Berücksichtigung der relevanten Erkenntnisse in DI-Prozessen sind daher aus Sicht der Autoren für den deutschsprachigen Raum anzustreben. Vor diesem Hintergrund wurde das Pflegeteam, das im Rahmen pflegerischer Versorgung ein grundlegender Bestandteil des Organisationskontextes ist, näher betrachtet. Zusammenhänge der Teamperformance wurden erläutert, und Beispiele der Leben-QD II-Studie veranschaulichten, dass Pflegeteams, die unterschiedliche Merkmale aufweisen, in unterschiedlicher Weise in DI-Prozessen agieren. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Einfluss von Pflegeteams in DI-Prozessen scheint empfehlenswert. Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass das Pflegeteam lediglich einen spezifischen von vielen Organisationskontextfaktoren darstellt, der in diesem Beitrag zu Illustrationszwecken beispielhaft aufgegriffen wurde. Im Bestreben eines besseren Verständnisses und einer optimierten Gestaltung von DI-Prozessen muss jedoch neben der isolierten Betrachtung einzelner Einflussfaktoren gerade auch dem komplexen Zusammenspiel ganz unterschiedlicher Einflussgrößen Rechnung getragen werden. 248 Beltz Juventa. Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Schwerpunkt Grundsätzlich ist für den deutschsprachigen Raum sicherlich eine zunehmende Auseinandersetzung mit Fragen der DIW wünschenswert. Bereits vorhandene Erkenntnisse zu Einflussfaktoren von DI-Prozessen können hierbei richtungsweisend für eine systematische Annäherung an Fragen der Implementierung in Forschungsprojekten sein. Projekte, wie die Leben-QD II-Studie, stellen sich dieser Herausforderung und machen deutlich, dass gerade auch bei der Durchführung von Interventionsstudien Aspekte der Implementierung nicht vernachlässigt werden dürfen. Nur so können systematische Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie Neuerungen erfolgreich in die Pflegepraxis eingebracht werden können und haltbare Aussagen zu deren Wirksamkeit im Hinblick auf die angestrebten Outcomes getroffen werden. Literatur Aarons, G. A., Glisson, C., Green, P. D., Hoagwood, K., Kelleher, K. J., & Landsverk, J. A. 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Maastricht, Aarau: Fachbereich Pflegewissenschaft, Fakultät der Gesundheitswissenschaften, Universität Maastricht; Weiterbildungszentrum für Gesundheitsberufe (WE’G) Aarau Tina Quasdorf (TQ),1,2,5,* MScN, RN Matthias Hoben (MHo),3,4,5,* MScN, Dipl.-Pflegewirt (FH), RN Dr. Christine Riesner (CR) 1,2,5, MScN, RN Martin Nikolaus Dichter (MND) 1,2, MScN, RN Dr. Margareta Halek (MHa) 1,2, MScN, RN *These authors contributed equally 1 Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Standort Witten 2 Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Gesundheit, Department für Pflegewissenschaft 3 Graduiertenkolleg Demenz, Netzwerk AlternsfoRschung (NAR), Universität Heidelberg 4 Graduiertenkolleg „Teilhabe als Ziel von Pflege und Therapie“, Internationale Graduiertenakademie, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 5 Sektion Dissemination und Implementierung (SDI) der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft (DGP) Korrespondenzadresse: Tina Quasdorf, Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE), Standort Witten, Postfach 62 50, Stockumer Str. 12, 58453 Witten, [email protected] Beitrag der Autoren: - Konzeption des Artikels: TQ, MHo - Manuskripterstellung: - Literaturübersicht (Kapitel 1-2): MHo - Darstellung des Teams im Implementierungsprozess (Kapitel 3-4): TQ - Revision und Endredaktion des Manuskriptes: TQ, MHo, CR, MND, MHa - Konzeption und Durchführung der Leben-QD II- Studie: TQ, CR, MND, MHa (Projektleitung) Trial-ID Leben-QD II: ISRCTN43916381 252 Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Beiträge Manuela Bergjan, Dorothea Tegethoff Klinische Kompetenzentwicklung in der Pflegeausbildung als Herausforderung für Forschung und Entwicklung Developing Clinical Competences in Nursing Education – Research and Development Challenges Internationally efforts are made to systemize and scientifically substantiate the development of clinical competences in health professions - especially in nursing. These developments are put into effect in light of an extensive change of demands in healthcare. It is an evident problem that the acquirement of clinical competences in nursing education has been outshone by the theoretical part of the curriculum up to now. This paper identifies the development and research challenges in nursing education via literature based approach. Two basic ideas are essential for this: the orientation towards patients as well as students. As a result the field ‘development of clinical competences’ can be structured in four perspectives which are also suitable for interprofessional discussions: 1. professional and non-professional actors in the learning process 2. social and organizational requirements of learning environments 3. learning strategies, e. g. simulations or involvement of students into a „community of practice“ 4. assessment and feedback as means to determine the current stage of learning and to plan steps to be made next. Keywords development of clinical competences, preceptorship, learning environment, learning strategies, assessment International gibt es intensive Bemühungen um eine Systematisierung und wissenschaftliche Fundierung der klinischen Kompetenzentwicklung der Gesundheitsprofessionen – so auch der Pflege. Diese Entwicklungen vollziehen sich vor dem Hintergrund eines weit reichenden Anforderungswandels in der Gesundheitsversorgung. Als problematisch erweist sich, dass die Aneignung klinischer Kompetenzen in der Primärqualifizierung von Pflegenden1 bislang im Schatten der theoretisch orientierten Ausbildungsanteile stand. Dieser Beitrag identifiziert mittels einer literaturgestützten Annäherung Entwicklungs- und Forschungsanliegen im Bereich der klinischen Kompetenzentwicklung der Pflege. Hierfür sind zwei Leitgedanken unverzichtbar: die Orientierung an den Patien- 1 Mit dem Begriff Pflegende sind in diesem Beitrag stets Personen mit mindestens dreijähriger Ausbildung oder einem Bachelor-Abschluss gemeint. eingereicht 02.01.2013 akzeptiert 25.03.2013 253 Beiträge Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 ten und an den Lernenden. Als Ergebnis wird eine Gliederung des Feldes „klinische Kompetenzentwicklung“ in vier Perspektiven vorgestellt, die sich ebenso für interprofessionelle Diskurse eignet: 1. professionelle und nicht professionelle Akteure im Lernprozess 2. Lernumgebungen im personal-sozialen wie im organisatorischen Sinne 3. Lernstrategien wie Simulationen, aber auch Konzepte zur Einbindung der Lernenden in die „community of practice“ 4. Assessment und Feedback, wodurch der Lernstand sichtbar gemacht und anstehende Lernschritte geplant werden können. Schlüsselwörter Klinische Kompetenzentwicklung, Praxisanleiter, Lernumgebung, Lernstrategien, Assessment 1. Einleitung International gibt es seit geraumer Zeit Bemühungen um eine Systematisierung und wissenschaftliche Fundierung der klinischen Kompetenzentwicklung der Gesundheitsprofessionen. Lange Zeit eher erfahrungsgestützt und in Form quasi natürlicher Habitualisierungsprozesse angegangen (Fotheringham 2010), erfährt die Frage, wie die in diesen Professionen geforderten klinischen Kompetenzen systematisch erworben werden können, zwischenzeitlich auch hierzulande mehr Aufmerksamkeit – nicht zuletzt befördert durch die sich beschleunigende Akademisierung der Gesundheitsprofessionen, insbesondere der Pflege, um die es in diesem Beitrag gehen soll. Diese Entwicklungen vollziehen sich vor dem Hintergrund eines weit reichenden Anforderungswandels in der Gesundheitsversorgung. Die Art der Leistungserbringung muss auf langfristige und komplexer werdende Herausforderungen abgestimmt, die betroffenen Menschen und ihr soziales Umfeld müssen als aktive Partner in das Versorgungsgeschehen eingebunden und die arbeitsteilige Gesundheitsversorgung insgesamt patientenund ergebnisorientierter gestaltet werden (Ewers/Schaeffer 2012). Beispielhaft sei hier auf die Herausforderungen in der häuslichen Intensivversorgung – etwa dauerbeatmungspflichtiger Patienten2 (Ewers 2012) – oder in der ambulanten und stationären Palliativversorgung hingewiesen (Ewers/Schaeffer 2005). Auch die Dynamik des Versorgungsgeschehens im Akutbereich trägt zu einer Veränderung der Ausbildungsanforderungen bei, z. B. durch den medizintechnischen Fortschritt und die damit einhergehende Reduzierung der Verweildauer und die Zunahme an gemeindenahen Arbeitsund Lernorten (Robert Bosch Stiftung 2007, SVR 2009). Den Lernenden wird dabei hohe Ambiguitätstoleranz abverlangt. So wissen sie beispielsweise um die Notwendigkeit geteilter klinischer Entscheidungsfindung, finden aber hierarchische Strukturen vor. Ebenso erleben sie Situationen, die im Spannungsfeld divergierender Interessen (vgl. Meyer 2005) z. B. zwischen Patientenorientierung und Ökonomie stehen. Ins Blickfeld rücken klinische Ausbildungs- und Studienphasen in der Primärqualifizierung von Pflegenden und die Frage, wie diese zu gestalten sind. Als problematisch erweist sich dabei, dass der Erwerb klinischer Kompetenzen lange Zeit im Schatten der 2 Zur besseren Lesbarkeit wird auf die Ausschreibung Patienten/Patientinnen, Schüler/Schülerinnen verzichtet. Das jeweils andere Geschlecht ist mitzudenken. 254 Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Beiträge theoretisch orientierten Ausbildungsprogramme und deren didaktischer Legitimation stand und in seiner Bedeutung für die Kompetenzentwicklung der angehenden Gesundheitsprofessionen unterschätzt wurde.3 Erst langsam dringt ins Bewusstsein, dass die Begegnung der Lernenden mit klinischen Anforderungen – sei es in Übungen mit speziellen Hilfsmitteln, mit Simulations- oder realen Patienten – konzeptionelle und methodische Herausforderungen birgt, die es bildungswissenschaftlich reflektiert und evidenzbasiert zu beantworten gilt. Der bisherige Kenntnis- und Forschungsstand zu Fragen der klinischen Kompetenzentwicklung in der Pflege ist gemessen an diesen Forderungen unbefriedigend – insbesondere in Deutschland. Der vorliegende Diskussionsbeitrag dient – anknüpfend an internationale Entwicklungen und Bezug nehmend auf den skizzierten Problemhintergrund – dazu, mittels einer literaturgestützten Annäherung unter besonderer Berücksichtigung von Übersichtsarbeiten aus einschlägigen Fachzeitschriften abgrenzbare Forschungsperspektiven im Bereich der klinischen Kompetenzentwicklung der Pflege herauszuarbeiten. Ferner sollen durch die Strukturierung des Feldes Impulse für die forschungsgestützte Auseinandersetzung im Bereich der gesundheitswissenschaftlichen (Aus-)Bildungsforschung gesetzt werden. Hierzu werden exemplarisch entsprechende nationale und internationale Studien und Fachbeiträge herangezogen. 2. Klinische Kompetenzentwicklung – zwei Leitgedanken: Patienten und Lernende Im letzten Jahrzehnt ist Kompetenz als Ergebnis von Lernprozessen zum wesentlichen Steuerungsfaktor im Bildungssystem geworden. Mit Blick sowohl auf die Patientenorientierung als auch auf die professionelle Entwicklung von Pflegenden sollte darauf geachtet werden, dass der Kompetenzbegriff vom eher funktionalen Begriff der Qualifikation abgegrenzt wird, insbesondere wenn es um eine Auseinandersetzung mit klinischer Kompetenzentwicklung geht. Ein Verständnis von Handlungsfähigkeit, das ohne die zentral Beteiligten auszukommen meint, greift hier zu kurz, versteht man doch pflegerisches Handeln als eine Form sozialen Hilfehandelns in existentiell bedeutsamen Situationen, dessen zentraler Gegenstand kommunikatives und körperzentriertes Handeln ist (Friesacher 2008: 236). Mit einem Verständnis von Kompetenz, das dies berücksichtigt, umfasst der Blick auch das lernende Subjekt in seiner situationsbezogenen Relation zur Umwelt, also der Arbeits- und Lernwelt (Ertl-Schmuck/Fichtmüller 2009: 66). In der pflegerischen Ausbildung können Kompetenzen nicht losgelöst von konkreten beruflichen Anforderungen und Bedingungen entwickelt werden (ebd.). Aus diesem Grunde sind klinische Ausbildungsphasen (für die Gesundheitsprofessionen) so wertvoll, das Lernen ist aber auch herausfordernd und ‚anders’: nicht nur vom Lernen im theoretischen Unterricht unterscheidet es sich, sondern auch vom praktischen Lernen in Berufen ohne Patientenbezug. Im Bereich der klinischen Kompetenz3 Ertl-Schmuck/Fichtmüller (2010:227ff.) belegen in einer Übersicht das Gewicht theoriebezogener Fragestellung in der Pflegedidaktik. 255 Beiträge Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 entwicklung muss stets eine doppelte Subjektorientierung, am Patienten und am Lernenden, berücksichtigt werden. Kompetenzen in diesem Bereich werden „klinischleiblich“ und „klinisch-situiert“ angeeignet (Friesacher 2008: 236, Ertl-Schmuck 2010: 73). Klinisch heißt in diesem Zusammenhang „im Kontakt mit Patienten“. Es ist nicht der Lernort Klinik gemeint, sondern alle Teile der Pflegeausbildung, in denen die Schüler und Studierenden4 „mit Patienten“ (Gaberson/Oermann, 2007) oder in simulierten Pflegesituationen lernen. Für eine Betrachtung des Feldes sind also zwei Leitgedanken unverzichtbar: die Orientierung an den Patienten und an den Lernenden, oder anders ausgedrückt an der pflegerische Versorgung und an der Ausbildung. Die Erfordernisse dieser Aufgaben sind oftmals widersprüchlich. Für die Pflege sind Sicherheit und Effizienz erforderlich, der Patient steht im Mittelpunkt. Diese Ansprüche stehen ohne Zweifel auch in klinischen Settings, in denen Ausbildung stattfindet, an erster Stelle. Aus der Sicht der Lernenden geht es daneben um Lerngelegenheiten und -begleitung sowie darum, dass diese ihrem jeweiligen Lernstand angepasst sind. Mit Blick auf die zukünftigen Herausforderungen in der Versorgung gehört es aber auch zum Interesse des Patienten, dass eine hochwertige klinische Ausbildung gewährleistet wird (Fotheringham 2010). 3. Klinische Kompetenzentwicklung – Ein Überblick aus vier Perspektiven Im Folgenden soll das Feld der klinischen Kompetenzentwicklung in vier Perspektiven beschrieben werden, die sich bei der Auseinandersetzung mit dem Thema als Struktur herauskristallisieren: Akteure im Lernprozess, Lernumgebung, Lehr-/Lernstrategien und Assessment/Feedback. 3.1 Akteure im Lernprozess Die Rollen verschiedener Akteure in der klinischen Ausbildung empirisch zu untersuchen, ist ein dringliches Forschungsdesiderat. Eine Vielzahl von (1) professionellen und (2) nicht professionellen Akteuren ist in die klinische Kompetenzentwicklung in der Pflege involviert. (1) Professionell an der klinischen Kompetenzentwicklung beteiligt sind insbesondere Praxisanleiter, die das deutsche Krankenpflegegesetz ausdrücklich mit einer Weiterbildung vorsieht. In internationalen Publikationen werden Praxisanleiter (z. B. preceptor5, mentor, supervisor) als zentrale Ressource im Lernprozess verstanden, da sie ein Repertoire an vermittelnden Unterstützungsangeboten bereithalten (Lewin 2007) und 4 In diesem Beitrag geht es um alle Lernenden in primärqualifizierenden Bildungsprogrammen an Berufsfachschulen und Fachhochschulen. 5 Preceptorship: “placement supervision during a defined and salaried period. Nurse preceptors are clinicians employed in the unit, experienced in the type of practice and often have a further training” (Budgen and Gamroth, 2008). 256 Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Beiträge für vertrauliche Auswertungssituationen sorgen, in denen Lernende ihre Erfahrungen im klinischen Setting reflektieren können (Saarikoski 2003). Praxisanleitung fördert die Entwicklung der Lernenden im Praxiseinsatz (Allen et al. 2008) und stellt insofern eine Säule der klinischen Kompetenzentwicklung dar. Allerdings stellt sich die Frage, wie die Praxisanleiter ausgebildet sind, welche Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten sie haben und in welchem Umfang sie neben der Betreuung der Lernenden auch in die üblichen Versorgungsprozesse eingebunden sein sollten. Die Funktion eines Zwischengliedes zwischen der theoretischen und der praktischen Ausbildung nehmen sog. Praxisbegleiter ein. Neben der fachlichen und didaktischen Unterstützung der Praxisanleiter besteht ein wesentlicher Auftrag für Praxisbegleiter darin, Koordinations- und Kooperationsmodelle zu entwickeln (Radtke 2008, DBR 2010:14). Hierzu gehören z. B. Abstimmungsprozesse mit allen beteiligten Partnern, damit sich wechselseitige Anforderungen der Lernorte konkretisieren und sich Lernchancen unter den Restriktionen der Praxis nicht zerschlagen. Die verbindliche Vorschrift, klinische Ausbildung durch weitergebildete Mitarbeiter durchführen zu lassen, muss nicht nur Vorteile haben, denn die Delegation der Betreuung von Lernenden an Praxisanleiter kann auch eine Zurückweisung dieser Aufgabe durch andere Teammitglieder zur Folge haben, insbesondere in Zeiten hoher Arbeitsbelastung. Lernprozesse, welche zur Handlungssicherheit beitragen und zur Reflexion der Praxis anregen, gelten als zeitintensiv (DBR 2004: 8). Die steigende Arbeitsbelastung des Teams in der Patientenversorgung wird daher als wesentliches Problem für die Bereitschaft und Möglichkeit zur Anleitung gesehen (Croxon/Maginnis 2009). Demnach muss empirisch überprüft werden, ob und wie sich die gesetzlich vage definierten Aufgaben der Praxisanleiter und Praxisbegleiter tatsächlich ausfüllen lassen. Zu fragen ist, inwieweit Mitglieder des professionellen Teams sich nicht zurückziehen, sondern Mitverantwortung für die Lernenden übernehmen und welche Ressourcen hierfür zur Verfügung stehen sollten (Benner et al. 2010: 226). Für die Entwicklung hin zu einer „lernenden Gesundheitsprofession“ (Schaeffer 2006) bedarf es v. a. der Bereitschaft der Berufsangehörigen, selbst zu lernen und ihr Wissen und Können zu teilen. Daher sind unterschiedliche Einflüsse auf diese Bereitschaft, z. B. ökonomische Zwänge oder die eigene Lernbiografie, wichtige Untersuchungsgegenstände. Die qualifikatorischen Anforderungen an anleitende Pflegefachpersonen sind zu untersuchen: zu klären wäre, wie sich Anleitung durch klinisch versierte Mitarbeiter ohne didaktische Kenntnisse von der durch pädagogisch qualifizierte Lehrkräfte, die nur selten in der klinischen Praxis tätig sind, unterscheidet. Durch die Akademisierung sind die Lernvoraussetzungen heterogener geworden. Welche zusätzlichen „Vermittlungskompetenzen“ auf Seiten der Praxisanleiter hier notwendig sind und wie diese erworben werden können, ist konzeptionell offen und empirisch unerforscht. Für die sich abzeichnenden Schnittstellenprobleme zwischen den Lernorten ist es zielführend, mehr über gegenseitige Rollenerwartungen und Kommunikationsbarrieren zu erfahren. (2) Damit Patienten und ihre Angehörigen ins Zentrum gerückt und ihre Perspekti257 Beiträge Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 ven zum zentralen Organisationsprinzip erhoben werden können, bedarf es entsprechender Bildungsprozesse in der Pflege. Diese Prozesse im Rahmen der klinischen Kompetenzentwicklung anzulegen und die Patienten womöglich auch als relevante Akteure und nicht nur als „Lernobjekte“ in klinische Lernprozesse, z. B. praktische Lernsequenzen, einzubinden („patients as teacher“), wird international diskutiert (exempl. Jha et al. 2009, Suikkala et al. 2008, Salminen et al. 2010). Das Thema erfährt hierzulande aber noch nicht die gebührende Aufmerksamkeit. Jha et al (2009) identifizieren in einer Literaturarbeit Möglichkeiten der Einbindung von Patienten in die medizinische Ausbildung. Aktuell werden Patienten insbesondere als „Experten ihrer Erkrankung“, weniger im Bereich des Assessment oder der Curriculumentwicklung involviert. Langzeitergebnisse zu den Auswirkungen liegen nach Jha et al. allerdings noch nicht vor. Die „peers“, also die Mitlernenden, sind eine weitere bedeutsame Personengruppe. Unter „peer assisted learning“ versteht man den Erwerb von Wissen oder Fertigkeiten durch die aktive Unterstützung von einer statusgleichen oder -ähnlichen Person, dem „peer“ (Topping/Ehly 1998). Peer teaching Arrangements kommen vielfach in der medizinischen und pflegerischen Ausbildung zur Anwendung (Yu et al 2011, Secomb 2008). Es zeigt sich, dass sich „peer assisted learning“ günstig auf die kognitive Entwicklung, die Entwicklung von Fertigkeiten, auf Teamwork und -kommunikation sowie das Selbstvertrauen auswirkt (Secomb 2008: 710ff., Rush et al. 2012). Anknüpfend an diese internationalen Ergebnisse und Erfahrungen ist eine forschungsgestützte Entwicklung und Implementierung von Konzepten, die Patienten und „peers“ stärker beteiligen, für die Pflegeausbildung in Deutschland wünschenswert. 3.2 Lernumgebungen Internationale Publikationen (Hall 2006; Lewin 2007, Brown et al 2011) verweisen darauf, dass nicht alle klinischen Praktika gleichermaßen geeignet sind, Lernende in ihrer Kompetenzentwicklung zu fördern. Zwar werden Schülerinnen und Studierende offiziell nicht als volle Arbeitskräfte eingesetzt, dennoch wird die klinische Praxis selten ausdrücklich als Lernumgebung verstanden. Die Herstellung eines Settings, das in erster Linie didaktischen Erwägungen folgt, ist im Feld des klinischen Lernens unmöglich. Das darf nicht dazu führen, diese Erwägungen gänzlich zu vernachlässigen. Besonders relevant sind die Betrachtung der personal-sozialen Bedingungen in der klinischen Praxisgemeinschaft (1), aber auch der organisatorischen Bedingungen und deren Passung zu den Möglichkeiten des klinischen Settings (2). (1) Als wichtige Voraussetzung für eine gelingende pädagogische Beziehung im klinischen Feld erachten Lernende „Sicherheit“. Diese entsteht, wenn in einer fairen Atmosphäre gelernt wird, Probleme zu lösen und Fragen zu stellen (Dunn/Hansford 1997). Ein kooperativer Führungsstil, flache Hierarchien und ein positiver Teamgeist schaffen eine Atmosphäre, in der sich Lernende bei der Bewältigung von „Unsicherheiten“ (Wilson-Barnett et al. 1995, Dunn/Hansford 1997) bzw. „Handlungsproblematiken“ 258 Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Beiträge (Fichtmüller/Walter 2007) unterstützt fühlen. Dies zeigt die Notwendigkeit, in den klinischen Lernumgebungen soziale Voraussetzungen zu schaffen, die angstfreies Lernen ermöglichen. Im Konzept „community of practice“ (COP) (vgl. Lave/Wenger 1991) sehen einige Autoren gute Chancen, diesen Anforderungen näher zu kommen (Abrandt Dahlgren et al. 2004, Evans et al. 2006). Eine COP konstruiert und teilt ihr Wissen und Können im sozialen Kontext „Pflegepraxis“ mit Lernenden und hat als gemeinsames Ziel, die Versorgungspraxis der Patienten zu verbessern (Hall 2006). Dem Konzept der COP geht es also nicht um spezialisiertes Training einzelner Fertigkeiten, sondern um Erfahrungen und Fähigkeiten, die durch Teilhabe an der Praxis entwickelt werden (Evans et al 2006). Der Fokus wird von den individuellen zu den sozialen Komponenten des Lernens verschoben, die eingelassen sind in die klinische Tätigkeit, situiert in der Kultur der Lernumgebung und der sozialen und biografischen Situation der Lernenden. Es geht nicht nur um die Internalisierung sozial geteilten Wissens, sondern um die Teilhabe an der sozialen Praxis der Patientenversorgung als solcher, in der Lernende als Ressource verstanden werden und innovative Impulse geben können (Hall 2006, Field 2004). Daher ist zu erforschen, wie die Innovationsbereitschaft der Praxisgemeinschaften erschlossen werden kann und welche fördernden bzw. hemmenden Faktoren für einen kulturellen Wandel in COPs vorliegen. (2) Lernende in der Pflege erkunden das Berufsfeld nicht, wie in anderen Berufen und Professionen üblich, von peripher nach zentral (Benner et al. 2010: 41ff.), sondern werden von Beginn an mit konkreten Versorgungssituationen und den weit reichenden Folgen ihres Handelns konfrontiert. Dies zieht neben konzeptionellen auch organisatorische Überlegungen nach sich. Diskurse über Organisationsmodelle für klinische Ausbildungs- und Studienphasen werden international intensiv geführt. Budgen und Gamroth (2008) z. B. identifizieren 10 Modelle, die die Verantwortlichkeiten für die klinische Ausbildung zwischen Ausbildungseinrichtung und klinischem Einsatzort sowie den Status der Lernenden regeln. Sie plädieren für eine flexible Auswahl von Organisationsmodellen, um Arbeits- und Lerndynamiken verschiedener Settings adäquat berücksichtigen zu können. Überlegungen über die Ziele und Aktivitäten in den klinischen Abschnitten, den Lernstand der Lernenden, die personelle Ressourcen der Lehrenden, die Partizipationsbereitschaft des Teams und die Art des klinischen Settings mit jeweils besonderen Versorgungsherausforderungen sollten demnach die Auswahl eines Modells leiten. Es wird deutlich, dass es nicht ein Organisationsmodell für alle klinischen Ausbildungsphasen geben kann. Mit der modellhaften Erprobung und systematischen Evaluation verschiedener Organisationsmodelle z. B. für unterschiedliche Ausbildungsstufen und klinische Settings ließen sich nützliche Erkenntnisse für eine wissenschaftlich fundierte Neuordnung der klinischen Ausbildungsphasen erzielen. Die für solche Untersuchungen notwendigen Evaluationsinstrumente liegen zumindest teilweise vor. Die deutsche Version der „Clinical Learning Environment and Supervison and Nurse Teacher Scale“ (CLES+T-Scale) fragt Lernende sowohl nach personal-sozialen als auch organisatorischen und konzeptionellen Bedingungen in klinischen Ausbildungsphasen6. Das Instrument kommt bereits in etlichen europäischen 259 Beiträge Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Ländern zum Einsatz (Saarikoski et al. 2008; Warne et al. 2010; Bergjan/Hertel 2012). 3.3 Lehr-/Lernstrategien Mit Lehr-/Lernstrategien sind in diesem Beitrag methodische Instrumente oder Konzepte gemeint, die die Gestaltung der klinischen Ausbildungsphasen ermöglichen. Wie eingangs geschildert, gehen mit den klinischen Phasen einige Besonderheiten einher, die es auch im Hinblick auf die Auswahl geeigneter Aneignungs- bzw. Vermittlungsstrategien zu bedenken gilt. Auf diese Besonderheiten kann in „geschützten Räumen“ wie Skills-labs vorbereitet werden (1), denn sicheres „Handling“ entlastet in komplexen klinischen Situationen und setzt Aufmerksamkeit frei für die Kontaktgestaltung mit dem Patienten. Eine Vorbereitung ersetzt jedoch nicht die wertvollen Lerngelegenheiten der Pflegepraxis (2). Dafür sind wiederum andere Strategien und Konzepte von Belang. (1) Mit Blick auf die Aneignung von so genannten „hands on“ Fertigkeiten, sprich handlungspraktischen Kompetenzen, hat sich ein Trend zu Fertigkeiten- und Simulationstrainings ergeben, in denen geplant und strukturiert, vor allem aber ohne Beeinträchtigung des Versorgungsablaufs und „echter Patienten“ gelernt werden kann (Benner 2010: 162f, Ricketts 2011). Insbesondere pflegerische Fertigkeiten und Abläufe, aber auch klinische Entscheidungsfindung und die Kommunikation mit den Patienten und anderen Gesundheitsprofessionen werden hier eingeübt. Dabei variiert der Grad der Komplexität von Einzelhandlungen bis hin zu aufwendigen Simulationen pflegerischer oder interprofessioneller Betreuungssituationen. International existiert ein erheblicher Erfahrungsvorsprung zum Einsatz klinischer Fertigkeitentrainings (skillslab) in simulierten Settings (Ricketts 2011). Allerdings ist das pädagogische Paradigma überwiegend lehrerzentriert ausgerichtet (Wellard et al. 2007, Kaakinen & Arwood 2009). Im Zuge der Akademisierung der Pflege in Deutschland werden an den Hochschulen mehr und mehr Skillslabs eingerichtet, ohne dass deren Auswirkungen auf die klinische Kompetenzentwicklung geklärt sind. Die Ergebnisse verschiedener Studien sind durchaus widersprüchlich, wie Ricketts (2011) in einem Literaturreview zeigt. Eine übergreifende Bewertung ist zudem schwierig, da Simulationsprogramme bislang stark im Kontext der einzelnen Bildungseinrichtung stehen und damit kaum vergleichbar sind (Nestel et al. 2011). Übergreifende Forschungsstrategien sind daher in diesem Zusammenhang unverzichtbar. Für eine konzeptionelle Fortentwicklung ergibt sich als Forschungsdesiderat die weitere empirische Identifikation exemplarischer „Handlungsproblematiken“ (vgl. Fichtmüller/Walter 2007) Lernender im Zusammenhang mit der Aneignung klinischer Fertigkeiten im Feld. Für die Konzeption entsprechender Simulations-Szenarien werden darüber hinaus empirische Erkenntnisse über den Einfluss von Phänomenen wie Schmerz, Angst, Scham etc. benötigt. 6 Hierzu zählen die pädagogische Atmosphäre, das Betreuungsverhältnis und die Qualität der Anleitung, der Führungsstil der Stationsleitung, das erlebte Pflegeverständnis auf der Station sowie die Rolle der praxisbegleitenden Lehrkräfte (Saarikoski et al. 2008; Bergjan/Hertel 2012). 260 Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Beiträge (2) Mit Blick auf „learning opportunities“ (Stuart 2007), also Lerngelegenheiten im klinischen Setting, sind geplante von ungeplanten Lerngelegenheiten zu unterscheiden. Für erstere ist ein Repertoire an methodischen Instrumenten nützlich, durch die möglichst forschungsgestützt klinische Situationen strukturiert werden, in denen neben der „Pflege“ „Lehre“ gleichermaßen als professioneller Auftrag besteht. Eine Systematisierung vorhandener empirischer Belege zur Wirkung von einzelnen Lehr-/Lernstrategien (z. B. Lernaufgaben, Fallstudien, „problem-based learning in clinical practice“ etc.) und eine lerntheoretische Einordnung scheinen sinnvoll, insbesondere im Zusammenhang mit der Qualifizierung von Praxisanleitern. Unvorhergesehene Lerngelegenheiten in individuellen Pflegesituationen gelten als besonders herausfordernd und verlangen den Praxisanleitern oder anleitenden Pflegenden immer wieder neu die Beachtung der doppelten Subjektorientierung (Patienten und Lernende) ab. Bei unvorhergesehenen Lerngelegenheiten sind methodische Instrumente nicht gleich „zur Hand“ oder sie lassen sich nicht an die konkrete Versorgungssituation des Patienten anpassen. Hierfür sind vielmehr übergreifende Konzepte zu diskutieren, von denen exemplarisch zwei vorgestellt werden. Holoch schlägt eine mit Elementen des situierten Lernens bzw. des Gedankens der COP verknüpfte Form der „cognitive apprenticeship“ vor (2002: 147ff.). Dabei wird aus dem Konzept der COP das Vorbild einer Gemeinschaft von Praktikerinnen (anstatt einer einzelnen Meisterin) übernommen, was den Lernenden den Vergleich und die Suche geeigneter Vorbilder ermöglicht. Die ausdrückliche und geplante Anleitungssituation wird durch die prinzipielle Bereitschaft, in der Patientenversorgung Neulinge am Wissen der Könnerinnen teilhaben zu lassen, ersetzt. Letztere sind ausdrücklich in den Lernprozess einbezogen, indem sie Impulse von den Lernenden aufnehmen und in ihre eigenen Reflexionen einbeziehen. Empirisch erprobt wurden drei Lernsituationen mit exemplarischem Charakter7. Mit dem Konzept einer „clinical educational unit (CEU)“ oder „interprofessional clinical learning unit (ICLU)“ (Sommerfeldt et al. 2011) wird ein international diskutierter Ansatz aufgegriffen, der eine besondere Möglichkeit eröffnet, in die COP hineinzuwachsen. Dieses Konzept ist nicht zu verwechseln mit bisweilen in Deutschland praktizierten „Schulstationen“, auf denen „Lernende für einen begrenzten Zeitraum unter Anleitung eine Station übernehmen“. Mit dem Konzept CEU oder ICLU werden neben den Lernenden auch explizit die professionellen Teammitglieder und die Lehrenden Blick genommen, wie die folgenden Zielstellungen verdeutlichen (Lindahl et al 2009: 5): - Entwicklung von Praxisanleitung und Supervision für Lernende und das professionelle Team - Entwicklung einer Lernumgebung, die zur Reflexion, Kooperation und Personalentwicklung beiträgt 7 Narrativa zu Fürsorgesituationen, Erstgespräch als Lernsituation und Interaktion in komplexen Pflegesituationen (Holoch 2002) 261 Beiträge Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 - Integration von klinischen Fertigkeiten und theoretischem Wissen - Unterstützung der Lernentwicklung durch Anknüpfen an Vorwissen und -erfahrung - Erfahrungslernen und ‚gelebtes’ Wissen - Entwicklung einer besseren Pflegequalität und Patientenpartizipation - Entwicklung einer gemeinsamen Perspektive im Hinblick auf die Pflege von Patienten (Entwicklung eines gemeinsamen Pflegeverständnisses) - Entwicklung einer Evidenz basierten Praxis und Sicherung der Lernqualität - Entwicklung interprofessioneller Kooperation Zugleich steht im Sinne des professionellen Auftrags der Patient mit seinem Erleben und seinen Erfahrungen im Fokus. Das Konzept kommt dem Verständnis nahe, das Schaeffer (2006) mit dem Begriff „lernende Gesundheitsprofession“ geprägt hat, und zeigt sich aufgrund der Zielstellung und der Integration unterschiedlicher Akteure (Pflegeexperten, Lernende, Patienten) tragfähig für eine Initiierung von Entwicklungsprojekten, die durch mehrperspektivische Begleitforschung zu flankieren wären. 3.4 Assessment und Feedback Assessment und Feedback verfolgen in klinischen Ausbildungs- und Studienphasen das Ziel, den individuellen Lernstand und die Effekte ganzer Bildungsprogramme sichtbar zu machen und kommunizieren zu können. Letztlich dienen sie dazu, qualitativ hochwertige Pflege und die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten. Sowohl national als auch international muss festgestellt werden, dass im Bereich der Kompetenzdiagnostik ein großer Forschungsbedarf besteht. Neben bestehenden Unklarheiten zum Begriff „Kompetenz“ fehlt es v. a. an der Begründung von Messverfahren durch Kompetenzmodelle, die sowohl theoretisch als auch empirisch abgesichert sind und die Interdependenzen schulischer und klinischer Ausbildungsabschnitte berücksichtigen (Darmann-Finck/Glissmann 2011). Die Autorinnen stellen in einer systematischen Literaturarbeit fest, dass für die deutsche Pflegebildung und auch international z. Zt. weder für die Kompetenzerfassung einzelner Lernender noch für die Evaluierung ganzer Bildungsprogramme validierte Instrumente vorhanden sind. Für klinische Ausbildungs- und Studienphasen ist bislang offen, in wie weit die Anforderungen, welche an vergleichende Kompetenzdiagnostik gestellt werden, also Objektivität, Reliabilität und Validität hier überhaupt zu realisieren sind. Dies ist jeweils für Verfahren mittels Simulation (1) und für Verfahren im klinischen Feld (2) zu untersuchen. (1) Als standardisiertes Verfahren mittels Simulation stehen OSCEs (Objective Structured Clinical Examinations) zur Verfügung, bei denen die Lernenden eine Reihe von Stationen durchlaufen, an denen unterschiedliche Kompetenzen, vorrangig klinische Fertigkeiten, in simulierten (Pflege-) Situation anhand von Checklisten beurteilt werden. Diesem Verfahren liegt primär eine kriteriale Bezugsnorm zugrunde, es ermöglicht den Vergleich zwischen Lernenden. Gegenüber Beobachtungen in reellen Situa262 Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Beiträge tionen haben OSCEs den Vorteil, dass die Bedingungen und die Inhalte der Prüfung gut kontrollierbar sind (Darmann-Finck/Glissmann 2011). Auf der anderen Seite verhindert die Zergliederung der Handlungsabläufe in Prüfstationen die Beurteilung übergreifender Kompetenzen. Diesem Problem wird durch die Entwicklung von OSCEs mit wenigen, dafür aber komplexeren Stationen begegnet (Smith et al 2012). Trotz der hochgradigen Standardisierung wird auch bei OSCEs in der Literatur der fehlende Nachweis der Validität und Reliabilität beklagt (Yanhua/Watson 2011). Walsh et al. (2009) verweisen in einem Studienüberblick explizit auf Schwächen in Assessmentinstrumenten und in der Wahl der Stichprobengröße. (2) Assessmentverfahren im klinischen Feld, welche die pädagogische Funktion in den Mittelpunkt stellen, gewinnen an Bedeutung. Solche Verfahren dienen dazu, den Lernenden bestehenden Lernbedarf aufzuzeigen und weitere Lernschritte zu planen. Sie erfolgen im Sinne einer Lernbegleitung, indem neben der kriterialen auch eine individuelle Bezugsnorm zugrunde gelegt wird. Aus dem Spektrum von „Prüfungsformaten“, die in klinischen Ausbildungsphasen unter Beteiligung von Patienten zur Anwendung kommen, werden v. a. zwei Verfahrensweisen diskutiert: workplace based assessment und Portfolios. Aus dem Bereich der medizinischen Aus- und Weiterbildung liegen Instrumente für das „workplace based assessment“ (z. B. mini-CEX, mini-clinical evaluation exercise; DOPS, direct observation of procedural skills; MSF, Multisource Feedback) vor, die bei ausreichend regelmäßiger und sachgemäßer Anwendung reliable Beurteilungen der gemessenen Kompetenzen ergeben und sich positiv auf das Engagement beim Lernen und den Lernstand auswirken. Allerdings erweist sich die Bereitstellung personeller und zeitlicher Ressourcen für ein kontinuierliches Feedback an die Lernenden als schwierig. Auch die Qualität des Feedbacks, das bei den genannten Assessmentinstrumenten gegeben wird, ist sehr unterschiedlich. So wird in vielen Fällen die Planung von Lernschritten vernachlässigt, was den Wert des Feedbacks für die Lernentwicklung mindert (Norcini/Burch 2007). Ein Spezifikum des MultiSource Feedback ist es, dass die Lernenden selbst „Bewerter“ auswählen, und zwar Angehörige unterschiedlicher Professionen und auch Patienten. Dieses Vorgehen berücksichtigt durch eine anonymisierte Rückmeldung der Bewertungen die emotionale Herausforderung, die das persönliche Feedback in der klinischen Ausbildung bedeuten kann. Portfolios sind zielgerichtete Sammlungen von Nachweisen über Lernschritte und deren Reflexion. Sie dienen damit sowohl dem Lernen selbst als auch der Messung des Lernerfolgs (Sowter et al 2011). Sie erfreuen sich aktuell großer Beliebtheit, obwohl es eine Reihe offener Fragen gibt. Portfolios können unterschiedlich strukturiert sein und verschiedene Anforderungen an die Lernenden stellen. Portfolios mit engen Vorschriften sind bürokratisch, während sehr offen gehaltene Portfolios zur Selbstverantwortung und Kreativität beim Lernen anregen, aber kaum vergleichbar sind. Insgesamt wird für die Bewertung von Portfolios eine geringe Reliabilität und Validität angenommen, was z. B. an einer unklaren Anleitung der Lernenden zum Erstellen des Portfolios 263 Beiträge Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 aber auch an unzureichenden Maßstäben bei der Beurteilung liegen kann (Yanhua/Watson 2011, Sowter et al. 2011). Die Objektivität und Reliabilität von offenen, realitätsnahen Assessmentverfahren ist durch die unterschiedlichen Voraussetzungen der am Verfahren beteiligten Akteure (Praxisanleiter, Lehrende, Pflegende, Patienten, Lernende) und die Vielfalt von Pflegesituationen, in denen Kompetenz erfasst werden soll, eingeschränkt. Gerade eine solche Multiperspektivität und unmittelbare Praxisanbindung beim Feedback birgt aber ein erhebliches Lernpotential. Zusammenfassend kann man schließen, dass die Kombination verschiedener Verfahren eine sinnvolle Option darstellt (Darmann-Finck/Glissmann 2011, Yanhua/Watson 2011) und dass für alle Verfahren, auch für das populäre OSCE, weiterer Forschungsbedarf besteht. 4. Fazit und Ausblick Dieser Beitrag schlägt eine Strukturierung des Feldes „klinische Kompetenzentwicklung“ in vier Perspektiven vor. Aus diesen Blickwinkeln zeigen sich erhebliche Forschungs- und Entwicklungspotentiale, die hier noch einmal thesenartig zusammengefasst sind und zur Diskussion gestellt werden. - Unterschiedliche professionelle und nicht professionelle Akteure der klinischen Praxis nehmen Einfluss auf die Kompetenzentwicklung der Lernenden. Ihre Rollen und Einstellungen sowie ihr Zusammenwirken sind zu untersuchen. Insbesondere für professionelle Akteure bedarf es weiterer Erkenntnisse über Qualifikationserfordernisse. - Die klinische Praxis ist nicht primär eine Lernumgebung, sondern eine dynamische Arbeitsumgebung mit eigenen kulturellen Besonderheiten. Forschungsdesiderate sind hier die Identifikation förderlicher bzw. -hemmender Faktoren im Kontext der Entwicklung von „COPs“ in sich wandelnden klinischen Versorgungssettings. Ebenso ist eine Differenzierung verschiedener Organisationsmodelle sowie deren Erprobung und Evaluation im Hinblick auf die klinische Kompetenzentwicklung von Lernenden von Interesse. - Lehr-/Lernstrategien oder -konzepte können sehr unterschiedlich aussehen, wie die Beispiele „Skills lab“ und „CEU“ zeigen. Die Implementation bekannter oder neuer Aneignungs- bzw. Vermittlungsstrategien ist durch Forschung zu begleiten und ihre Auswirkungen auf die Kompetenzentwicklung sind zu untersuchen. - Für das Assessment klinischer Kompetenzentwicklung muss sowohl auf standardisierte Instrumente als auch auf individuelles Feedback zurückgegriffen werden. Die Entwicklung und Validierung standardisierter Instrumente sollte vorangetrieben werden. Außerdem sind multiperspektivische Verfahren praktikabler formativer Lernbegleitung in klinischen Settings weiter zu entwickeln und zu untersuchen. 264 Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Beiträge Für jede einzelne der genannten Perspektiven wäre als erster Schritt die systematische Sichtung der deutschen wie der internationalen Literatur zum Stand der Forschung und Entwicklung wünschenswert (vgl. Darmann-Finck/Glissmann 2011 für den Bereich Assessment), um die Forschungsaktivität weiter zu bündeln und zu strukturieren. Die Dynamik, welche durch die Akademisierung der Pflegeausbildung entstanden ist, kann als Chance gesehen werden, Herausforderungen der klinischen Ausbildung kritisch zu diskutieren und dem Reformbedarf zu begegnen. Schließlich bildet dieser Teil der Ausbildung bzw. des Studiums als gemeinsamer Nenner weiterhin einen entscheidenden Qualitätsfaktor für eine patientenorientierte Ausrichtung der Ausbildung. Ziel ist es, die Entwicklung der Pflege als Profession insgesamt voranzutreiben. In diesem Sinne wäre ein übergreifendes (bundesweites, internationales) Netzwerk für die Konzeptentwicklung wünschenswert, das die zersplitterte Forschung und Entwicklung bündelt und anschlussfähig macht. Schließlich erscheint es sinnvoll, interprofessionelle Synergien zu nutzen. Interprofessionelles Lernen ist im Hinblick auf das Ziel einer integrierten Patientenversorgung interessant. Hier besteht in Deutschland erheblicher Nachholbedarf gerade im Hinblick auf die Anforderungen integrierter Versorgungsmodelle, die interprofessionelle Kooperation voraussetzen. Die in diesem Beitrag vorgeschlagene Strukturierung des Feldes der klinischen Kompetenzentwicklung in der Pflege kann auch für andere Gesundheitsprofessionen als Anhaltspunkt für Entwicklung und Forschung dienen. Die herausgearbeiteten Perspektiven können die Diskussion nicht nur innerhalb, sondern auch zwischen den Gesundheitsprofessionen anregen. Literatur Abrandt Dahlgren, M./Richardson, B./Sjöström, B. (2004): Professions as communities of practice. In: Higgs, J/Richardson, B./Abrandt Dahlgren, M. (Hrsg.): Developing Practice Knowledge for Health Professionals. Oxford: Butterworth-Heinemann, 71-89 Allen, HT./Smith PA./Lorenzon, M. (2008): Leadership for learning: Literature study of leadership for learning in clinical practice. 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To contribute to the education section This article discusses fields of research within professional eduction based on the development of a national reserach agenda for nursing science. Hence current positions and statements are analysed using the structure of a matrix for professional education research. In conclusion the article presents major reserach needs for future professional education. Keywords Vocational Education Research, nursing education, Nursing Research Agenda Ausgehend von den Entwicklungen einer Agenda Pflegeforschung wird in diesem Beitrag ein Instrument zur Erfassung der Berufsbildungsforschung in der Pflege dargestellt. Es werden unter Berücksichtigung einer Strukturmatrix zur Berichterstattung in der Berufsbildungsforschung exemplarisch aktuelle Positionen und Befunde zusammengetragen und hieraus künftig prioritär zu berücksichtigende Forschungsfragen abgeleitet. Schlüsselwörter Berufsbildungsforschung, Pflegebildung, Agenda Pflegeforschung 1. Einleitung und Problematisierung Ausgehend von den Aktivitäten der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft (DGP) haben sich die Autoren, angeregt durch die Arbeit in der Sektion Bildung der DGP1, Fragen der Berufsbildungsforschung in der Pflege zugewendet. Die DGP hatte für Februar 2011 Mitglieder zu einer Konferenz Agenda Pflegeforschung eingeladen. Ziel war die Erarbeitung einer Grundlage für die Kontinuierung der Forschungsförderung und die Steigerung der Bedeutung von Pflegeforschung. Der Agenda Pflegeforschung war der Anlass zu folgenden Fragen: - Was verstehen wir unter Bildungsforschung? Welcher Bildungsforschungsbedarf besteht und ist gegenwärtig aktuell? Wie kann der Bedarf erfasst und besser kommuniziert werden? Wie ist der Stand der Bildungsforschung bzw. wie kann der Stand der Forschung ermittelt, systematisiert und - wie können zukünftige Forschungsergebnisse transparenter gemacht werden? 1 Wir bedanken uns bei den Mitgliedern der Sektion Bildung für die kritischen Anmerkungen zu diesem Beitrag. eingereicht 26.09.2012 akzeptiert 30.11.2012 268 Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Beiträge Nicht zuletzt ist die Auseinandersetzung mit dem Thema darauf zurückzuführen, dass die Sektionsmitglieder sich für eine Agenda Pflegeforschung (mit dem Untertitel Bildung) ein deutliches Mehr an bildungstheoretischer respektive pflegedidaktischer Begründung wünscht. Sicher ist, die Berufsbildungsforschung im Berufsfeld Pflege gilt als entwicklungsbedürftig (Darmann/Keuchel 2005), eine systematische Berufsbildungsforschung (Keuchel 2005: 253) soll die theoretisch begründeten und empirisch ermittelten Grundlagen für eine professionelle Bildungsarbeit schaffen und kontinuierlich weiterentwickeln. Unser Beitrag soll also erstens die Sensibilität erhöhen und die Aufmerksamkeit dafür schärfen, dass parallel zur Professionalisierung der Pflegeberufe eine Bildungsreformdiskussion zu führen ist. Bislang heben Diskussionen in ihren Argumentationen meistens auf einen veränderten qualitativen und quantitativen Pflegebedarf ab. Pflegebildung steht jedoch nur indirekt im Dienst der Bewältigung gesundheitlicher Versorgung, sondern verfolgt einen eigenen gesellschaftlichen Auftrag, der über bloße berufliche Qualifizierung weit hinausreicht. Zweitens möchten wir eine Strukturmatrix nach Kell (2000, 2010) zur Darstellung von Berufsbildungsforschung in der Pflege vorstellen, welche zukünftig dabei helfen könnte, zur Systematisierung und Transparenz von Bildungsforschung in der Pflege beizutragen. Unser Beitrag kann und soll allerdings nicht eine systematische Bestandsaufnahme zur Berufsbildungsforschung und zu Forschungsdesideraten leisten, sondern ist allenfalls als Vorarbeit zu werten. Eine methodisch planvolle Literaturanalyse bzw. eine Berücksichtigung der gesamten relevanten Literatur zur Bildungsforschung in der Pflege wird nicht erbracht. Es wird lediglich ein mögliches Instrument zur Berichterstattung vorgelegt, um zu einer Perspektivenerweiterung im Rahmen einer Agenda Pflegeforschung gelangen. Dazu haben wir Arbeiten herangezogen, die uns offenkundig zu helfen versprachen, unser Vorhaben zu veranschaulichen und mögliche Forschungsdesiderate zu fixieren. 2. Ein bildungstheoretischer Orientierungsrahmen Wenn wir mit der Agenda Pflegeforschung und darüber hinausgehend betonen wollen, dass Berufsbildungsforschung in der Pflege über bloße berufliche Qualifizierungsinteressen hinausreichend eines bildungstheoretischen Rahmens bedarf, vor dem die Fragen zu stellen sind, dann war es an uns, einen solchen Rahmen in den Blick zu nehmen: Eine professionelle Pflegebildung impliziert unseres Erachtens den reflexiven Umgang mit beruflichen und gesellschaftlichen Verhältnissen und deren Bedeutung für Bildung und Arbeit (Keuchel 2005, Ertl-Schmuck/Fichtmüller/Böhnke 2007). Das heißt, eine Durchdringung berufs- und arbeitsbezogener Zusammenhänge ist seitens der Berufsbildungsforschung zu intensivieren (Spöttl 2009) und um gegenwärtige und zukünftige gesellschaftliche, technische, personenbezogene, soziale Implikationen zu erweitern. Eine reduzierte Betrachtung der Berufe in der Pflege, die sich allein auf die Qualifikationsanforderung der gegenwärtigen Pflegepraxis konzentriert, greift dem269 Beiträge Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 nach zu kurz. Es gilt Praxis-Wissen von Pflege zu entdecken und zum Gegenstand pflegerespektive berufswissenschaftlicher und auch arbeitswissenschaftlicher sowie sozialwissenschaftlicher Reflexion zu machen. Vorrangig arbeitsplatznahe Qualifikationen, wie sie eine zu enge Auslegung der Pflegebildung nahe legt, hingegen lehren, nicht nur berufs- und arbeitsmäßige Rahmenbedingungen und nicht nur „den Arbeitenden als Individuum“ (Spöttl 2009: 4), sondern auch den Lernenden als Individuum auszublenden. Die Fragen, für welches Handeln Pflegende kompetent sein sollen oder welche (Aus-)Bildung die Pflege braucht und wofür, d. h. für welche Pflegesituationen und Pflegehandlungen Pflegende ausgebildet werden sollen, sind weitere wesentliche Orientierungspunkte für die Forschung. Keuchel (2005) reflektiert in diesem Zusammenhang mehrere Positionen eines bildungstheoretischen Orientierungsrahmens: die Bedeutung des Berufsprinzips der Pflege, kritische gesellschaftliche Auseinandersetzungen, Lernen, Lernorte, Lernkulturen und Bildungsinstitutionen. Sie expliziert, dass pflegeberufliche Bildung sich zunehmend als Initialbildung versteht, die nicht mehr für die Pflege als Lebensberuf ausbildet, sondern auf einen pflegeberufsbiografischen Entwicklungsprozess vorbereitet, auf dem kontinuierlich weitergelernt wird. Hier eröffnen sich Fragen der konzeptionellen Verknüpfung von Aus- und Weiterbildung, der didaktischen Strukturierung von Arbeit und Lernen, des systemischen Zusammenhangs von Arbeit und Bildung. Auch kann die Fähigkeit zur kritisch reflektierenden Auseinandersetzung mit Freiheit, Verantwortlichkeit, Werten und Normen in einer zunehmend pluralen Gesellschaft nur erlangt werden, wenn pflegeberufliche Lernprozesse Raum für entsprechende Bildungserlebnisse eröffnen und lebenslanges Lernen nicht als lebenslange Anpassung an ökonomische Prozesse reduziert wird (ebd.). Pflegeberufliches Lernen wird sich in seinen Lernanlässen und Lernbegründungen, in Lernorten und Lernkontexten differenzieren und pluralisieren. Zukunftsorientierte Lernprozesse als gesellschaftliche Dimension sind abhängig von Alter, sozialer Lage und Bildungsvoraussetzungen. Für all dies hat das pflegerische Bildungssystem eine gesellschaftliche Verantwortung, nämlich diese Verhältnisse im Rahmen eines pflegerischen Gesamtbildungssystems einzufangen und konstruktiv zu gestalten (ebd.). Die Institutionen des Bildungssystems, in denen Pflege gelehrt und gelernt wird, werden sich ausdifferenzieren. Mit dieser Ausdifferenzierung sind auch Veränderungen der Lehr- und Lernkultur, der Ausbildungsinhalte, der Bedeutung des Wissens, des Funktionsverständnisses der Lernorte, der Lernorganisation und der Personalentwicklung verbunden. Inhaltlich geht es um die Herausbildung auch von Lebenswissen und umfassender Persönlichkeitsentwicklung. Hierzu „müssen sich die Akteure pflegeberuflicher Bildung von ihren Kontroll- und Steuerungsansprüchen lösen und ihr Handeln auf die Befähigung zum Selbstlernen und zur Selbstbildung ausrichten. Hier zeigt sich die grundlegende Kongruenz von Pflege und Lehre, die in ihrem Kern darauf ausgerichtet sind, das Gegenüber in eine größtmögliche Selbstständigkeit und Eigenverantwortung zu entlassen“ (Keuchel 2005: 157). 270 Beiträge Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 3. Systematisierung der Berufsbildungsforschung Auch nach Kell (2000, 2010) untersucht Berufsbildungsforschung die Bedingungen, Abläufe und Folgen der Entwicklung fachlicher Qualifikationen mit ihren personalen und sozialen Einstellungen und Orientierungen. Zur Konkretisierung und Systematisierung des Gegenstandsbereichs der Berufsbildungsforschung ist von Kell (2010) eine Strukturmatrix erarbeitet worden. Die Strukturmatrix hilft Wechselbeziehungen zwischen horizontaler und vertikaler Ebene zu verorten bzw. zu erforschen sowie Befunde und Positionen zuzuordnen und damit einen Beitrag zur Berichterstattung über Berufsbildungsforschung zu leisten (Kell 2010). Diese Strukturmatrix wird in diesem Beitrag für eine weiter zu entwickelnde Berufsbildungsforschung im Berufsfeld Pflege aus Gründen der Übersichtlichkeit und Systematisierung zugrunde gelegt. Die Spalten 1 bis 5 von Tabelle 1auf der Horizontalen bilden die vorberufliche (1), nichtakademische (2) und akademische (3) berufliche Bildung ab, ferner die berufliche (4) und wissenschaftliche (5) Weiterbildung. Auf der vertikalen Ebene werden die vier theoretischen Zugriffe Mikrosystem als berufliches Lehren und Lernen (1), Mesosystem als Organisationen und Institutionen (2), Exosystem als Gestaltung und Politik (3) sowie Makrosystem als Reflexion und Theorie (4) zu Grunde gelegt. 1. Vorberuf- 2. Nichtakade- 3. Akademische 4.Berufliche 5. Wissenliche mische Berufs- BerufsausbilWeiterbildung schaftliche Bildung ausbildung dung Weiterbildung 1. Berufliches Lehren 1.1 und Lernen (Mikrosystem) 1.2 1.3 1.4 1.5 2. Organisationen und Institutionen (Mesosystem) 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 3. Gestaltung / Plitik 3.1 (Exosystem) 3.2 3.3 3.4 3.5 4. Reflexion / Theorie (Makrosystem) 4.2 4.3 4.4 4.5 4.1 Tab. 1: Strukturmatrix zur thematischen Verortung von Forschungsarbeiten in der Berufsbildungsforschung (Kell 2010: 358) „Auf der Mikro-Systemebene sind die Forschungen über berufliche Lehr- und Lernprozesse zu verorten, die von organisatorischen und institutionellen Strukturen auf der Meso-Systemebene beeinflusst werden, die wiederum durch die (Berufsbildungs-)Politik auf der Exo-Systemebene gestaltet werden. Alle drei Systemebenen werden von der Makro-Systemebene überwölbt – von gesellschaftlichen Strukturen, Kulturen, Weltanschauungen, Ideologien, wissenschaftlichen Theorien –, aus denen für die wissenschaftliche Bearbeitung von Problemen der Berufsbildung vor allem die Einflüsse aus wissenschaftlichen Reflexionen und Theorien relevant sind“ (Kell 2000: 160, Hervorhebung im Original F.A./E.B.). 271 Beiträge Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 4. Positionen und Bestandsaufnahme 4.1 Ebene Mikrosystem Auf der Ebene des Mikrosystems, also der Gestaltung beruflichen Lehrens und Lernens, ist zu konstatieren, dass eine systematische Strategie zum Aufbau pflegedidaktisch relevanter Forschung derzeit in Deutschland nicht zu erkennen ist und entsprechende Forschungsverbünde etc. fehlen (Darmann-Finck 2010a, Dieterich/Kreißl 2010). Pflegedidaktische Forschung wird von Darmann-Finck (2010a) in Unterrichtswirksamkeitsforschung und Unterrichtsforschung unterschieden. Erkenntnisinteresse der Unterrichtswirksamkeitsforschung ist die Identifizierung von Unterrichtsmethoden und Lehrerverhaltensweisen, mit denen ein definiertes Lernziel besser als mit anderen Methoden und Verhaltensweisen zu erreichen ist. Erkenntnisinteresse der Unterrichtsforschung ist die Beschreibung von Handlungsmustern sowie die Identifizierung der immanenten Handlungslogiken bzw. Deutungsmuster. Zum Stand pflegedidaktisch relevanter empirischer Forschung in der nichtakademischen Berufsausbildung in Deutschland kommt Darmann-Finck (2010b) zu dem Ergebnis, dass Unterrichtsforschung und darüber hinaus Schulforschung welcher Couleur auch immer im Feld der Pflegebildung in den deutschsprachigen Ländern bislang kaum vorhanden ist. Der geringe Grad und Umfang pflegedidaktisch empirischer Forschung führt dazu, dass in der Lehreraus-, fort- und -weiterbildung, so Darmann-Fink (2010a), fast ausschließlich normative Handlungsregeln zu Grunde gelegt werden, deren Wirkung und Wirksamkeit aber nicht bewiesen ist. Das heißt Lehrende sollen ihre Entscheidungen auf Ergebnisse der empirischen Lehr-/Lernforschung stützen können. Dazu sind pflegedidaktische Modelle stärker als bisher empirisch zu begleiten, zu überprüfen und zu begründen. Ebenso ist eine für die Berufsbildung vereinbarte Kompetenzorientierung, zum Beispiel vor dem Hintergrund eines nationalen Kompetenzrahmens, fachlich zu diskutieren und zu konkretisieren (Darmann-Finck 2010a, DarmannFinck/Glissmann 2011). Auch Reiber (2010) konnte mit einer empirischen Untersuchung zur Unterrichtskultur in der nichtakademischen Pflegeausbildung belegen, dass die theoretischen Diskurse in der Berufs- und Pflegepädagogik über Handlungsorientierung und Subjektorientierung noch nicht durchgängig diskutiert und für den Pflegeunterricht und damit in den Verhaltenserwartungen der Lehrenden angekommen sind. Vor diesem Hintergrund ist auch die Lehrerbildung zu untersuchen, es bedarf qualifizierter Lehrender, die über Lehrkompetenz verfügen und über Können, um die Bildungsprozesse zu initiieren und zu begleiten (Neuweg 2010, vgl. auch Bischoff-Wanner/Reiber 2008, Pflege&Gesellschaft, Heft 1/2007, Hülsken-Giesler/Böhnke 2007). Neben der Forschung pflegeberuflichen Lehren und Lernens im Unterricht ist auch das Lernen und Forschen in der beruflichen Praxis stärker in den Blick zu nehmen (Fichtmüller/Walter 2007). Hier liegen bereits einige wenige Befunde zur Gestaltung der praktischen Ausbildung in der nichtakademischen Berufsausbildung z. B. im Rahmen der Praxisanleitung (Fichtmüller/Walter 2007, Roes 2004) sowie zum Wissenstransfer vor (Görres et al. 2002, Holoch 2002). Pflegedidaktische Erkenntnisse zur Ge272 Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Beiträge staltung der Praxisbegleitung in der nichtakademischen Berufsausbildung liegen bislang kaum vor (Arens 2012). Erste Befunde zum Lehren und Lernen in der vorberuflichen Bildung legen nahe, dass eine „Didaktik der Berufsfachschule das Strukturmoment der Beziehungsgestaltung“ (Darmann 2000: 121) sowie übergreifende Kompetenzen und Fähigkeiten stärker zu berücksichtigen habe, als eine enge Orientierung an beruflichen Zusammenhängen aus den Pflegeberufen (Darmann 2000). Zum Lehren und Lernen in der akademischen Ausbildung liegen bisher Befunde in sehr geringem Umfang vor, z. B. für die klinisch-praktische Ausbildung von Pflegestudierenden (Loewenhardt et al. 2009). Ebenso für das Lehren und Lernen in der beruflichen Weiterbildung, z. B. zur Wirksamkeit des Problemorientierten Lehrens und Lernens in der Weiterbildung Anästhesie- und Intensivpflege (Darmann-Finck 2008) sowie zum informellen Lernen in der nichtakademischen Berufsbildung (Kirchoff 2007, Bohrer 2012). 4.2 Ebene Mesosystem Auf der Ebene des Mesosystems, also der Organisationen und Institutionen, ist es heute eine zentrale Aufgabe des pflegerischen Bildungssystems, den Auf- bzw. Ausbau eines pflegepädagogischen Profils zu leisten und einen Gestaltungsfreiraum durch Berufsbildungsforschung zu erwirken. Das in einer Zeit, in der sich das gesamte öffentliche Bildungssystem in einer tiefgreifenden Umbruchsituation befindet. Seine Teilsysteme ringen um neue Zuordnungen und Ausgestaltungen. Stichworte sind die Fragen der Verortung der Pflegeausbildung an Schulen im Gesundheitswesen, im öffentlichen berufsbildenden System und der Hochschule, Fragen auch der Stellung der Weiterbildungen, die teilweise – wie die Berufsbildung – durch hochschulische Bildung ersetzt, ergänzt und auch überholt werden. Hier stellen sich grundlegende legitimatorische und inhaltliche Herausforderungen an das gesamte pflegerische Bildungssystem, welche nicht nur durch Reformen auf der pädagogischen Praxisebene bewältigt werden können, sondern vor allem von wissenschaftlicher Seite unterstützt werden müssen. Dazu muss die Berufsbildungsforschung in der Pflege verstärkt (Keuchel 2005) werden, auch indem die Pflegebildung in all ihren Facetten im Hinblick auf ihre institutionelle Verortung im Bildungssystem systematisch beobachtet und ausgewertet wird. 4.3 Ebene Exoystem Auf der Ebene des Exosystems, also der Gestaltung und Politik, werden Positionen und Befunde zur Qualifikationsforschung, zur Modellversuchsforschung, zur beruflichen Sozialisationsforschung sowie zur Lehrerbildungsforschung skizziert. 273 Beiträge Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 4.3.1 Qualifikationsforschung Eine berufswissenschaftliche Qualifikationsforschung untersucht den Zusammenhang zwischen den im beruflichen Handeln enthaltenen Kompetenzen, der Entwicklung von Berufsbildung und der Auswahl und Legitimation von Zielen, Inhalten und Strukturen beruflicher Bildung (Darmann-Finck/Foth 2011). Ohne verlässliche empirische Informationen können Curricula sich jedoch nicht auf Erkenntnisse der Forschung stützen. Je weniger wissenschaftlich argumentiert werden kann, desto mehr ist damit zu rechnen, dass Praxisentwicklungen in Beruf und Berufsausbildung zu wenig reflektiert, analysiert und letztlich auch zu wenig gesteuert werden. Schon die Grundlage, eine kontinuierliche und ausführliche Berufsbildungsberichterstattung für das Berufsfeld Pflege, existiert nicht. Sie würde eine Fakten-Basis für weitere Berufsbildungsforschung bieten. Doch der Berufsbildungsbericht berührt die Pflegeausbildung nur am Rande (Darmann-Finck/Foth 2011, Slotala/Evers 2012). Initiativen zur Qualifikationsforschung sind also notwendig, um eine Informationsbasis für zukunftsweisende Ausbildungskonzeptionen und Curricula zu schaffen. So ist beispielsweise zu fragen, welchen Beitrag Pflegende unterschiedlicher Qualifkationsniveaus zur Pflegearbeit leisten können und wie eine Neuaufteilung der Verantwortungsbereiche in der Zusammenarbeit aussehen kann, welchen Beitrag neue Berufsbilder zur gesundheitlichen Versorgung leisten können und welche Kompetenzen und Qualifikationen für neue Handlungsfelder und Aufgaben entwickelt werden müssen. 4.3.2 Modellversuchsforschung Im Rahmen der empirischen Berufsbildungsforschung im Berufsfeld Pflege liegt derzeit ein Schwerpunkt auf Modellversuchen zur Erprobung von Strukturreformen der nichtakademischen und akademischen Pflegeausbildung (BMFSFJ 2008, Knigge-Demal et al. 2011, Reiber 2011, Stöver 2010). Zielsetzung ist einerseits die Pflegeberufsbildungspraxis zu innovieren und gleichzeitig Erkenntnisse zu generieren. Problematisch ist aufgrund der knappen finanziellen Ausstattung der Modellversuchsforschung, verallgemeinerbare Erkenntnisse zu gewinnen, da diese Studien möglichst schnell und effizient Ergebnisse schaffen, die den Projektauftrag unterstützen (DarmannFinck/Foth 2011). Zur Entwicklung einer pflegerischen Berufsbildungsforschung müsste die Modellversuchsforschung verallgemeinerbare Erkenntnisse generieren und sich von dem Zielhorizont der Projekte emanzipieren (ebd.). Zudem sind vor allem die kritischen Ergebnisse der Modellversuchsforschung angemessen für eine Weiterentwicklung der Pflegeberufe zu berücksichtigen. So stellt zum Beispiel Sahmel (2010) die Zusammenführung der Pflegeberufe zu einer generalistischen Pflegeausbildung, wie sie beispielsweise von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Weiterentwicklung der Pflegeberufe“ (2012) gefordert wird, in Frage, da die Integration der Pflegebildungsgänge nicht aus qualifikatorischen, sondern vielmehr aus pragmatischen und finanziellen Gründen erfolge. Entsprechend fordert Sahmel (2010) eine Fortführung der Modellversuche mit stärker altenpflegerischem Schwerpunkt und einen systematischen Vergleich mit Ergebnissen der Modellversuche zum Dualen Studium. 274 Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Beiträge Für die vorberufliche Bildung sowie berufliche Weiterbildung und wissenschaftliche Weiterbildung im Berufsfeld Pflege sind keine Modellversuchsforschungen bekannt geworden. 4.3.3 Berufliche Sozialisationsforschung Durch die Eigenheiten der pflegerischen Bildungsstrukturen (Brinker-Meyendriesch 2007), besonders durch die systemimmanente Präsenz der Ausbildungsträger in beruflichen Ausbildungen, gibt es Fragen, die besondere Aufmerksamkeit und erhöhte Forschungsaktivitäten verdienen: Welche Bedeutung kommt sozialisierenden Faktoren in der Ausbildung zu, d. h. Faktoren, die, bleiben sie unreflektiert und ungenannt, im Stillen wirken? Erst mit der Analyse und Bewusstmachung können un- und vorbewusste sozialisierende Prozesse für die Bildung dynamisch genutzt werden. Eine solche Sozialisationsforschung untersucht die Wechselwirkungen zwischen Beruf und Arbeit auf der einen und Person und Bildung auf der anderen Seite. Mit interdisziplinär angelegten Längsschnittstudien könnten Interdependenzen systematisch untersucht werden (Darmann-Finck/Foth 2011). Die bisherigen Forschungsaktivitäten beinhalten Probleme wie Fluktuation und Berufswechsel mit mehr ökonomisch relevanten Fragestellungen. 4.3.4 Lehrerbildungsforschung Gerade Fragen, die die Eigenheiten der beruflichen Ausbildungen in den Blick nehmen, sind auch als Spezialitäten der Lehrerbildung zu sehen. Die Lehrerbildung in den Pflegeberufen hat in den letzten 15 Jahren einen forschungswürdigen Wandel von der Weiterbildung zur Hochschulbildung vollzogen. Diese Hochschulbildung ist im Zuge der Europäisierung in die Normalität eingepasst (Brinker-Meyendriesch 2006). Derzeit sind die Studiengänge für die Lehrerbildung im Berufsfeld Pflege allerdings höchst heterogen, kaum systematisch miteinander verglichen und auch nicht durchgängig an den Rahmenempfehlungen der KMK (2007) orientiert (siehe Pflege & Gesellschaft 2007). Demgemäß steht die Forschung hier noch ganz am Anfang. In Kontext pflegedidaktisch relevanter Forschung können die Arbeit zu den Subjektiven Theorien von Pflegelehrenden (Rosen 2010) sowie die Untersuchung von Ostermann-Vogt (2011) angeführt werden. Beide Untersuchungen belegen, dass Subjektive Theorien bzw. biografische Basisdispositionen den Aufbau professionellen pflegepädagogischen Handelns beeinflussen und dies im Rahmen der Lehrerbildung Berücksichtigung finden muss. Wichtig ist auch, Durchlässigkeiten zu und Kooperationen mit der etablierten Lehrerbildung in den Blick zu nehmen, insgesamt Widersprüche und Ungereimtheiten empirisch aufzudecken und zur Diskussion zu stellen. 4.4 Ebene des Makrosystems Auf der Makroebene geht es um Einflüsse aus wissenschaftlichen Reflexionen und Theorien. Genau hier liegt der Schwerpunkt pflegerischer Bildungsforschung im deutsch275 Beiträge Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 sprachigen Raum (Darmann-Finck/Foth 2011, Ertl-Schmuck/Fichtmüller 2009). Es liegen mittlerweile inhaltsorientierte und prozessorientierte Theorien und Modelle vor, die Lehrenden wissenschaftlich begründete Handlungs- und Reflexionstheorien etwa zur Vorbereitung von theoretischem und praktischem Unterricht in der nichtakademischen Berufsausbildung bereitstellen (Ertl-Schmuck/Fichtmüller 2010, Olbrich 2009). Diese Modelle „beinhalten Überlegungen zum Implikationszusammenhang von Zielen, Inhalten, Methoden und der Beziehungsgestaltung“ (Darmann-Finck/Foth 2011: 165). Inhaltsorientierte Modelle fragen nach Bildungsinhalten und benötigen daher einen pflegetheoretischen und erziehungswissenschaftlichen bzw. curriculumtheoretischen Rahmen, damit Bildungsziele identifiziert werden können. Ziel ist stets die Persönlichkeits- und Identitätsbildung der Lernenden. Prozessorientierte Theorien und Modelle der Pflegedidaktik fokussieren die methodische Gestaltung der Lehr- und Lernprozesse und lassen sich differenzieren in Ansätze, „bei denen für die pflegerischen (Aus-) Bildungsangebote spezifische Unterrichtsmethoden konkretisiert werden, wie beispielsweise das situierte Lernen, das problemorientierte Lernen, das szenische Spiel und das fallrekonstruktive Lernen. Außerdem sind in den letzten Jahren Modelle entstanden, die ebenfalls primär den Aneignungsprozess fokussieren“ (Darmann-Finck/Foth 2011: 166f ). Hierunter fallen das subjekt- und handlungstheoretisch fundierte Fachdidaktikmodell der Pflege von Schwarz-Govaers (2005) sowie die Theorie des Pflegenlernens von Fichtmüller und Walter (2007). Der hohe Ausdifferenzierungsgrad der pflegedidaktischen Theorien und Modelle wird positiv eingeschätzt. Kritisch zu bemerken ist, dass die Erkenntnisse der Lehr-/ Lern- und Unterrichtsforschung bisher zu wenig zur Kenntnis genommen wurden und zudem eine Beschränkung der Modelle auf die (berufs-)fachschulische Pflegeausbildung vorliegt. „Pflegedidaktisch begründete Modelle und Konzepte für die hochschulische Erstausbildung als auch für die Ausbildungen auf Helfer- und Assistenzebene gibt es fast noch gar nicht“ (Darmann-Finck/Foth 2011: 167). Außerdem werden, so Sahmel (2009), von der Pflegedidaktik zu wenig die neueren Theorien der Allgemeinen Didaktik aufgegriffen und verarbeitet. Mit den Arbeiten von Ertl-Schmuck und Fichtmüller (2009) sowie Reiber und Remme (2009) liegen darüber hinaus erste Gegenstandsbestimmungen der Disziplin Pflegedidaktik und Pflegepädagogik vor, die wichtige Impulse für die Berufsbildungsforschung in der Pflege leisten können. 5. Prioritäre Forschungsthemen Dieser kursorische Überblick macht den umfangreichen und vielschichtigen Forschungsbedarf deutlich. Bislang ergibt sich ein Pool an Forschungsfragen, für deren erste Sortierung wir wiederum die Strukturmatrix genutzt haben. Besonders das Mikrosystem, also das System des beruflichen Lehrens und Lernens, in formellen und in informellen Kontexten, ist ein Forschungsfeld, das geprüft werden sollte: 276 Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Beiträge - In welchem Verhältnis stehen theoretischer und praktischer Unterricht respektive praktische Ausbildung zueinander? - In welchem Verhältnis stehen in der Pflege systematisches und kasuistisches Lernen? - Wie können pflegeberufliche Fähigkeiten und Kompetenzen unter Berücksichtigung der Sozialisationsprozesse vor und neben dem Beruf sowie durch den Beruf aufgebaut und entwickelt werden? - Welche Problemlagen sind für die Lernenden Anlass für Bildungsprozesse? - Wie entwickelt sich das Selbst- und Weltverständnis der Lernenden im Verlauf der Ausbildung? - Wie interagieren Lernende mit bestimmten Unterrichtsgegenständen und Methoden vor dem Hintergrund der individuellen Lebens- und Lerngeschichte? - Mit welchen Verfahren/Instrumenten lassen sich berufliche Handlungskompetenz und Kompetenzentwicklung messen bzw. evaluieren? - Welche pflegespezifischen Messinstrumente zur Kompetenzfeststellung müssen entwickelt werden? - Nehmen die entwickelten Messinstrumente die Dimension sowohl der Kompetenz als Disposition als auch der Kompetenz als Performanz auf? - In welcher Form sind die Messinstrumente zur Kompetenzfeststellung theoretisch und empirisch fundiert und pflegedidaktisch reflektiert und legitimiert? Auf der Ebene des Mesosystems gibt es Anzeichen, dass an dem Auf- und Ausbau eines pflegepädagogischen Profils sowie an einem gemeinsam getragenen Bildungskonzept in der Pflege gearbeitet werden könnte: - Welche Lernorte sind für die Entwicklung pflegeberuflicher Persönlichkeitsentwicklung besonders geeignet? - Wie kann ein pflegeberufliches Gesamtbildungssystem aussehen? - Wie kann die Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Bildungsgängen und Bildungsinstitutionen gestaltet werden? - Wie lassen sich vorberufliche, berufliche und akademische Ausbildung und berufliche und wissenschaftliche Weiterbildung systematisch aufeinander beziehen? - Was können Institutionen zur Entwicklung eines pflegeberuflichen Lebenswegs vor dem Hintergrund lebenslangen Lernens beitragen? Auch ein erster Blick auf die berufswissenschaftliche Qualifikationsforschung, die Modellversuchsforschung sowie die Lehrerbildungsforschung zeigt Forschungsnotwendigkeiten hinsichtlich etwa ordnungspolitischer, pflegeberuflicher, hochschulischer, curricularer Fragen an: 277 Beiträge Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 - Welche Neuordnung des Berufsfeldes mit einer Neuschneidung der Berufe ist erforderlich? - In welcher Form können bei der Neuordnung und Neuschneidung die Standards des Berufsbildungsgesetzes hinzugezogen werden? Die Frage also, inwieweit die Standards des Berufsbildungsgesetzes für die Pflegeausbildung berücksichtigt werden können und auch sollten. - Wie müsste ein systematisches Konzept zur Akademisierung der Gesundheitsfachberufe aussehen? - Welchen Beitrag leisten Pflegende unterschiedlicher Qualifikationsniveaus zur Weiterentwicklung der Pflegequalität? - Wie kann eine Neuaufteilung der Verantwortungsbereiche in der Zusammenarbeit von Pflegenden unterschiedlicher Qualifikationsniveaus aussehen? - Welchen Beitrag können neue Berufsbilder zur gesundheitlichen Versorgung leisten und welche Qualifikationen für neue Handlungsfelder und Aufgaben müssen erworben werden? - Wie lässt sich das in der pflegerischen Handlungssituation inkorporierte Wissen explizieren und systematisieren? - In welchem Verhältnis stehen wissenschaftliches Regelwissen und pflegerisches Handlungswissen, d. h. in welcher Weise kommt pflegerisches „Expertenwissen“, verstanden als Konglomerat aus materialem und reflexivem Wissen, im pflegerischen Situations- und Handlungszusammenhang zur Anwendung? - Welche Kompetenzen (aus Sicht der Pflegepraxis, aus Sicht der Auszubildenden selbst, aus Sicht der Patienten und ihrer Angehörigen) sind für ein professionell pflegerisches Handeln besonders wichtig und inwieweit beeinflussen solche Erkenntnisse die Bildungsplanung in der Pflege? - Wie gestaltet sich die Lehrerbildung im Berufsfeld Pflege vor dem Hintergrund des Bologna-Prozesses? - Wie kann die Professionalisierung der Lehrenden und Praxisanleitenden vorangetrieben werden? - Welche Qualifikationen und Kompetenzen benötigen Lehrende und Praxisanleitende im Berufsfeld Pflege? - Nach welchen Strukturierungsprinzipien und Konstruktionskriterien sind moderne Curricula zu entwickeln, um pflegeberufliche Handlungs- und Gestaltungskompetenz zu vermitteln? - Inwieweit werden nicht nur innovative Ausbildungsinhalte, sondern auch innovative Lernkonzepte im Prozess der Curriculumforschung und -entwicklung berücksichtigt? 278 Pflege & Gesellschaft 18. Jg. 2013 H.3 Beiträge - Wie lässt sich die Abstimmung zwischen den Lernorten curricular und organisatorisch verbessern? Hier müsste beispielsweise die Wirkung eines pflegeberuflichen Gesamtcurriculums auf das Funktionsverständnis der Lernorte und die Qualität der Pflegeausbildung ermittelt werden. Insbesondere könnten Lehr-Lernforschung, die Erkundung der Unterrichtswirklichkeiten und Vermittlungsprozesse verfolgt werden. Fragen wären: - Welche pflegedidaktisch Konzepte geringerer Reichweite sowohl für die hochschulische Erstausbildung als auch für die Ausbildungen auf Helfer- und Assistenzebene werden benötigt? - Welche didaktischen Modelle sind für die Pflegebildung hilfreich? - Welche empirischen Erkenntnisse zur Pflegedidaktik finden sich und wie werden diese verarbeitet? - Wie konstituiert sich das Arbeitsgebiet der Pflegedidaktik? Welchen Beitrag können metatheoretische Analysen zur wissenschaftlichen Profilierung des Arbeitsgebietes liefern? - Welche offenen oder verdeckten Rezeptionen von Theorien aus der Pflegewissenschaft und Teildisziplinen finden sich? Vor dem Hintergrund des hier skizzierten Forschungsbedarfs halten wir die Entwicklung einer Berufsbildungsforschung in der Pflege für eine prioritäre Aufgabe, die auch einer institutionellen Entwicklung durch z. B. die Gründung entsprechender Forschungsinstitute und Forschungsverbünde bedarf. Zur Entwicklung einer Berufsbildungsforschung in der Pflege halten wir eine systematische Berichterstattung der Befunde des Forschungsgegenstandes für unabdingbar. Ausgangspunkt einer entsprechenden Berichterstattung kann die hier vorgelegte Systematik zur Berufsbildungsforschung in der Pflege sein. Literatur Arens, F. (2012): Praxisbegleitung in der Altenpflegeausbildung aus berufs- und schulrechtlicher Perspektive. 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