Vorlesung 42
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Vorlesung 42
Vorlesung 42 Fette und Öle sind mit Glycerin veresterte Carbonsäuren. Sie sind die energiereichsten Nahrungsmittel und bilden die Energiereserve des tierischen und pflanzlichen Organismus. O 1 H2C O C O R HC O C O R H2C O C R 2 3 Die Carbonsäuren R1CO2H, R2CO2H, R3CO2H sind meist verschieden. Sie können gesättigt oder ungesättigt sein. Sie sind immer geradzahlig, da ihre Biosynthese vom Acetyl-Coenzym A ausgeht. O H3C C S CoA Aktivierte Essigsäure (Acetyl-Coenzym A) Gesättigte natürliche Fettsäuren Buttersäure Capronsäure Caprinsäure Laurinsäure CO2H C4 CO2H C6 CO2H C10 CO2H Myristinsäure Palmitinsäure Stearinsäure C12 CO2H C14 CO2H CO2H C16 C18 Die Trivialnamen der fett geschriebenen Carbonsäuren sollten Sie kennen. Experimentalchemie, Prof. H. Mayr Achtung Lückentext. Nur als Begleittext zur Vorlesung geeignet. 250 Ungesättigte natürliche Fettsäuren C18 CO2H Ölsäure cis-Octadec-9-ensäure Linolsäure CO2H C18 CO2H C18 cis,cis-Octadeca-9,12-diensäure Linolensäure cis,cis,cis-Octadeca-9,12,15-triensäure Arachidonsäure C20 CO2H Eicosa-5,8,11,14-tetraensäure Tierische Fette enthalten vor allem Palmitin-, Stearin- und Ölsäure. Je höher der Gehalt an gesättigten Fettsäuren, umso höher der Schmelzpunkt (Begründung durch Packungseffekte im Feststoff). Pflanzliche Öle sind reich an ungesättigten Fettsäuren und besitzen daher niedrige Schmelzpunkte. Bei der Fetthärtung werden sie unter Raney-Nickel-Katalyse teilweise hydriert, so dass Fette mit dem „idealen“ Schmelzpunktsbereich von 30-35 °C entstehen (Margarine). Pflanzliche Öle H2 [Ni] Margarine Das Vorliegen ungesättigter Fettsäuren kann durch die Baeyer-Probe nachgewiesen werden. Versuch: Oxidation von Olivenöl mit KMnO4-Lösung (Ausfällung von Braunstein). Trocknende Öle werden in der Maltechnik verwendet. Linol- und Linolensäureglyceride werden von Sauerstoff an der bisallylischen Position angegriffen, wobei mesomeriestabilisierte Radikale entstehen. Diese greifen die Doppelbindungen anderer ungesättigter Fettsäuren an, so dass es zu Bildung raumvernetzter Polymere kommt. Linolsäure, Linolensäure O2 R . R' R . R' Experimentalchemie, Prof. H. Mayr Achtung Lückentext. Nur als Begleittext zur Vorlesung geeignet. R . R' 251 Seifenherstellung Bei der alkalischen Fetthydrolyse mit stöchiometrischen Mengen an NaOH entstehen die Natriumsalze der Carbonsäuren (Fettsäuren). O 1 H2C O C O R HC O C O R H2C O C R 2 3 NaOH Δ + 3 Glycerin Versuch: Natriumsalze der Fettsäuren (Seifen) Herstellung von Natronseife durch Erhitzen von Olivenöl mit Natronlauge. Aussalzen der Natiumsalze durch heisse konzentrierte NatriumchloridLösung. Dabei wird durch Erhöhung von [Na+] das Löslichkeitsprodukt der Natriumalkanoate überschritten, und der Seifenkuchen scheidet sich als flüssige Masse ab, die beim Abkühlen erstarrt. Durch Umkristallisieren, Färben und Parfümzusatz entstehen die verschiedenen Handelsprodukte. Versuch: Durch Versetzen von wässriger Natronseife-Lösung mit Schwefelsäure lassen sich die Fettsäuren ausfällen. Die Seifenwirkung beruht auf der Kombination einer lipophilen und einer hydrophilen Gruppe im selben Molekül. 1) Verminderung der Oberflächenspannung Versuch: Schaumbildung (Zustand mit großer Oberfläche) 2) Benetzung der Fettteilchen: Die unpolaren Alkylreste lösen sich im Fett, die polaren Carboxylatgruppen erzeugen eine polare Oberfläche. Versuch: Filtration einer Suspension von Ruß in Wasser bei Anwesenheit und Abwesenheit von Seifen. 3) Emulgatorwirkung: Die Fettschicht wird zu Tröpfchen verkleinert, welche durch Seifenmoleküle eingekapselt werden. Versuch: Herstellung einer stabilen Wasser-Toluol-Suspension mit Hilfe von Seifen. Nachteile der natürlichen Seifen Als Salze starker Basen und schwacher Säuren zeigen sie alkalische Reaktion. Dies ist für die Haut nicht zuträglich. Die Calciumsalze der Fettsäuren sind schwerlöslich. Daher geht ein Teil der Seife durch Ausfällung von Calciumsalzen verloren, wenn hartes Leitungswasser verwendet wird (hohe Ca++–Konzentration). Erst wenn alle Calciumionen als unwirksame Kalkseifen ausgefällt sind, kann die verbleibende Seife ihre Waschwirkung ausüben. Experimentalchemie, Prof. H. Mayr Achtung Lückentext. Nur als Begleittext zur Vorlesung geeignet. 252 Versuch: Vergleich der Schaumbildung mit Seife in destilliertem und Münchener Leitungswasser. Um die Ausfällung der Calciumsalze zu verhindern, wurden den Waschmitteln Polyphosphate zugesetzt, die die Ca++-Ionen komplexieren. Folge: Überdüngung der Gewässer, erhöhtes Algenwachstum und „Umkippen“ der Gewässer wegen Sauerstoffarmut. Daher wurden Polyphosphate durch Ionenaustauscher (Natriumaluminiumsilikate) ersetzt. Synthetische Seifen (Alkylsulfonate) reagieren neutral und bilden keine schwerlöslichen Calciumsalze. Versuch: Schaumbildung mit Sulfonatseifen in Leitungswasser Biodiesel, auch Rapsölmethylester genannt, erhält man durch Umestern von Rapsöl mit Methanol. Hierbei wird Pflanzenöl (evtl. nach Zusatz von Tierfetten oder Altspeisefetten) mit Natriummethanol in Methanol erwärmt. Übung B42-1. Formulieren Sie die bei der Herstellung von Biodiesel ablaufende Reaktion! Ameisensäure und Derivate Herstellung aus Kohlenmonoxid (vgl. Vorlesung 39!) + NaOH CO 130°C 10 bar Natriumformiat C O O H Kohlenmonoxid kann somit als inneres Anhydrid der Ameisensäure angesehen werden. Die Umsetzung von Ameisensäure mit konzentrierter Schwefelsäure ist ein Laborverfahren zur Herstellung von Kohlenmonoxid (Versuch). O H C H2SO4 konz. CO + H2O OH Experimentalchemie, Prof. H. Mayr Achtung Lückentext. Nur als Begleittext zur Vorlesung geeignet. 253 Analog der Herstellung von Ameisensäure aus CO und NaOH können auch Ameisensäureester erhalten werden. CO + CH3OH [NaOCH3] 70°C, 10 bar Ameisensäure-methylester O H C OCH3 + NH3 + 100°C Formamid Blausäure (HC≡N) ist das Nitril der Ameisensäure und kann, wie andere Nitrile, durch Dehydratisierung von Formamid hergestellt werden. Wichtiger ist die Herstellung aus Methan. CH4 + NH3 + 1.5 O2 Pt, Rh 1000°C 3 H2O + HC N Ameisensäure ist ein starkes Reduktionsmittel, da sie leicht zu CO2 oxidiert werden kann. +II O +IV + H C O C O + 2e + 2 H OH Versuch: Oxidation von Ameisensäure mit KMnO4 bzw. Silbernitrat-Lösung. Lösung zu B42-1 O O O O O O NaOMe (Katalysator) MeOH O MeO O + MeO O + MeO + OH OH OH Experimentalchemie, Prof. H. Mayr Achtung Lückentext. Nur als Begleittext zur Vorlesung geeignet. 254