Immobilienmarkt Frankreich!

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Immobilienmarkt Frankreich!
Ausgabe 09-2012
Immobilienmarkt Frankreich!
Was ist dort anders, was bei uns bald kommen könnte…
Interview von Heinz Bosbach mit Virgile Dolla von New-Place Immobilien in Port Grimaud
(Südfrankreich)
Was ist im Immobilienbusiness in anderen Ländern geschehen, was möglicherweise deutschen
Immobilienmaklern noch bevorsteht? Heinz Bosbach hat im Juli in Südfrankreich ein sehr
interessantes Interview geführt, was einige spannende Erkenntnisse brachte.
Herr Virgile Dolla von New-Place Immobilien in Port Grimaud
gab zu vielen Details, wie das Maklergeschäft in Frankreich
läuft, Auskunft. Eines ließ sich auf den ersten Blick erkennen,
in Port Grimaud lässt es sich arbeiten. Ein hübsches
Ladenlokal in der Marina und zwar in einer der schönsten in
ganz Frankreich. Im hinteren Teil des Lokals ist ein Ausgang
zum Bootsanleger mit Boot, wo bei Bedarf die Interessenten
durch die Marina gefahren werden können. Restaurants und
Geschäfte in einer atemberaubend schönen Umgebung. Das
ist es, was das Maklergeschäft in Port Grimaud ausmacht.
Das ganze Jahr schönes Wetter und kein Wölkchen am
Himmel.
Makler Business Club: Herr Dolla, Sie haben einige Zeit in Deutschland gearbeitet und sind dann in
Ihre Heimat zurückgekehrt, um sich dem Maklergeschäft zu widmen. Was muss man tun, um in
Frankreich Makler zu werden?
Virgile Dolla: Als Grundvoraussetzung muss man in Frankreich ein
Diplom (in Wirtschaft, Marketing oder Recht) erwerben, vergleichbar
der Businessschool (muss vom Staat anerkannt sein). Dazu muss
eine Versicherung mit Garantie abgeschlossen werden, wenn man
sich selbständig machen will, was aber nicht so leicht ist.
Makler Business Club: Was ist das für eine Versicherung?
Virgile Dolla: Die Versicherung ist sehr speziell und wird nur von wenigen angeboten. Zum Beispiel:
FNAIM ist das größte Netzwerk für Immobilien in Frankreich, da muss sich der Makler 2 x pro Jahr
verpflichten an Fortbildungen teilzunehmen. Zusätzlich muss jeder Vertrag und jedes Mandat
registriert werden. Die Kontrolle erfolgt durch das Finanzamt oder durch die Garantieversicherung. Die
Versicherung wird abgeschlossen, vergleichbar der Vermögensschadenshaftpflicht in Deutschland.
Makler Business Club: Was sind dann die Schritte zum eigenen
Maklerbüro?
Virgile Dolla: Zunächst benötigt man eine Berufskarte für die
Agenturgründung, ähnlich wie bei einem Arzt. Wenn man die
Grundvoraussetzungen nicht erfüllt, muss man mindestens 5 Jahre
in einer Agentur gearbeitet haben. Erst dann kann man seine
eigene Agentur eröffnen.
Makler Business Club: Wie werden die Makler eingestellt?
Virgile Dolla: Der Status ist die eines Agenten. Entweder als Angestellter (Festgehalt oder mit
Provision) oder als selbständiger Agent mit exklusivem Vertrag für eine Agentur.
Makler Business Club: Was wird einem Makler bezahlt?
Virgile Dolla: In der Regel sieht es so aus, dass 45% Beteiligung (Provision) der Gesamtprovision
gezahlt wird, wenn Einkauf- und Verkauf erledigt wird. Für den Einkauf gibt es 20% und für den
Verkauf 25%. Der Verkauf wird i.d.R. höher bewertet, da ein Objekt leichter zu finden ist, als es zu
verkaufen. In Städten wie Paris ist es anders, da dort eher zu wenig Objekt zum Verkauf stehen, als
bei uns.
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Makler Business Club: Wie sehen denn die Rahmendaten bei einem Auftrag aus?
Virgile Dolla: Der Makler bietet ein Leistungsversprechen und erledigt alles „Rund um den Verkauf“.
Die Laufzeit eines Vertrages beträgt 1 Jahr mit 3 monatiger Kündigungsfrist. Erstmals kann nach 4
Monaten gekündigt werden. Die Provision beträgt i.d.R. 5% und wird auf den Wert aufgeschlagen. Sie
ist also im Kaufpreis enthalten.
Makler Business Club: Wie hoch ist denn der Anteil für Makler bzw. wird auch privat verkauft?
Virgile Dolla: Es gibt regionale Unterschiede, wie hier in Port Grimaud, St. Tropez, Nizza, Cannes
und Monte Carlo/ Monaco, wo der überwiegende Anteil über Makler vermittelt wird. Ich tippe auf 90%.
In anderen Teilen Frankreichs ist der Anteil an Privatverkäufern sehr hoch und liegt mit Sicherheit bei
70%, wie z.B. in Paris. Hier hat das Internet den Maklern sehr wehgetan, denn eine einschlägige Seite
(privat an privat) hat einen großen Anteil daran.
Makler Business Club: Also, ist die Akzeptanz nicht sonderlich
hoch?
Virgile Dolla: Bis 1970 gab es keine Regeln. Erst dann wurde ein
Gesetz für Immobilienberufe erlassen. Den Rest hat der Markt
selbst geregelt und natürlich durch das schon angesprochene
Internet. Natürlich ist es in unseren Regionen, durch viele
ausländische Käufer anders und für den Makler interessant, wenn er
gute Arbeit leistet.
Makler Business Club: Wie arbeiten denn Makler hier vor Ort zusammen? Gibt es
Gemeinschaftsgeschäfte?
Virgile Dolla: Ja und Nein! Leider wird hier häufig gegeneinander gearbeitet, aber ich sehe das etwas
anders. Denn die größte Herausforderung ist der Privatverkäufer. Wenn jemand in unsere Agentur
kommt, haben wir eine Verpflichtung aktiv eine Immobilie für den Interessenten zu finden. Dann ist es
besser auch mit anderen Maklern zu kooperieren. Allerdings kommt es auf „Vertrauen und Expertise“
an. Leider gibt es zu viele Makler, die nur den kurzfristigen Erfolg sehen. Für uns sind folgende Dinge
sehr wichtig:
1. Wir müssen unseren Standort schützen (Den Wert der Immobilie)
2. Wir müssen den Beruf erklären bzw. etablieren (Expertise und den Mehrwert für den Kunden)
3. Der Verkauf des Objektes
Deshalb machen wir in den meisten Fällen, Geschäfte mit Kollegen, die wir gut kennen.
Makler Business Club: Was sind Ihre Ziele für die nächste Zeit?
Virgile Dolla: Wir haben einen Familienbetrieb mit Mutter, Vater und Sohn. Ich gebe die Richtung vor
und mein Vater hat in den Jahrzehnten ein hervorragendes Netzwerk geschaffen. Viele Immobilien in
dieser Region wurden von ihm als Bauingenieur begleitet. Das ist ein großer Vorteil für uns und
diesen wollen wir weiter ausbauen. Es ist ein eingespieltes Team. Da ich aus dem Softwarebereich
ursprünglich komme, habe ich eine firmeneigene Software programmiert, die genau auf unsere
Anforderungen passt. Kostenkontrolle ist mir
sehr wichtig. Unser Ziel ist es, uns weiter als
Spezialist für Marinas zu etablieren.
Makler Business Club: Abschließend
interessiert mich noch, was Sie bewogen hat, in
einem nicht ganz einfachen Markt, aus einer
anderen Branche eine Agentur zu eröffnen?
Virgile Dolla: Als ich meine Ausbildung mit
zwei Diplomen (Bachelor in Kommerz/
Marketing) mit Spezialisierung in Marketing und
Kommunikation beendet hatte, war mein Gedanke in der Strategieberatung weiter zu machen. Da ich
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bei SAP gearbeitet habe, war dies eine Option. Irgendwann kam mir der Gedanke, dass ich in einer
großen Firma wahrscheinlich doch eher Sklave auf Kosten meiner Lebensqualität sein werde und
habe mich dann doch für meinen Heimatort „Port Grimaud“ entschieden, da hier die Lebensqualität
kaum zu übertreffen ist. Wie bereits erwähnt hat mein Vater 90% der hier gebauten Villen als
Bauingenieur begleitet. Daher war der Schritt deutlich einfacher. Zusätzlich spreche ich 3 Sprachen
(Französisch, Deutsch und Englisch)
Makler Business Club: Ich wünsche Ihnen alles Gute für die Zukunft und bedanke mich für das
angenehme Gespräch.
Virgile Dolla: Vielen Dank.
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