Der historische liechtensteinische Herzogshut
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Der historische liechtensteinische Herzogshut
Der historische liechtensteinische Herzoöshut von Gustav Wilhelm Der historische liechtensteinische Herzogshut Nach einer originalgrossen farbigen A b b i l d u n g auf Pergament v o m Jahre 1756 Farbphoto: W. Wadhter Der historische liechtensteinische Herzogshut von Gustav Wilhelm Die Krone wurde bereits im Mittelalter als Ursprung und Zeichen der Legitimität des Herrschers aufgefasst. Die mit ihr verbundene Weihe verkörperte die Rechtsmässigkeit des Regenten und die ihm von Gott übertragene höchste Macht i n seinem Territorium. So symbolisierte die Krone nicht nur die Macht des Herrschers, sondern es bilden i m mittelalterlichen Denken Krone und Reich eine Einheit. Die Kraft und Weihe, die von der Krone ausgeht überträgt sich auf den Gekrönten. So kann es nicht Wunder nehmen, dass Fürst Karl von Liechtenstein (1569 — 1627), als er 1614 durch Erlangung der Herzogswürde von Troppau Landesherr geworden war, daran ging, sich die Insignien dieser Würde anzuschaffen. Im Jahre 1623 bestellte er bei dem Juwelier und Händler Daniel de Briers in Frankfurt am Main Herzogskrone und Herzogsschwert. Die Kopie des darüber ausgefertigten Kontraktes befand sich noch im 18. Jahrhundert i m fürstlichen Hausarchiv, ist heute aber verschollen. Das darauf bezügliche Regest i n alten Archivinventaren lautet: «Contractus Copia vndt Abraittitng mit Danieln de Briers v. Frankfurt am Main wegen Ihrer fürstlichen Gnaden Herzoghuttes oder Crem von Anno 1623». Diese Notiz sagt immerhin aus, dass die Bestellung i m Jahre 1623 aufgegeben wurde und mit der Anfertigung Daniel de Briers in Frankfurt am Main beauftragt wurde. Die Jahreszahl gibt aber auch einen Hinweis auf den letzten Beweggrund f ü r diesen Auftrag. Mit kaiserlichem Diplom vom 13. M a i 1623 erhielt Fürst Karl von Liechtenstein das Herzogtum Jägerndorf als Manneslehen f ü r sich und seine Descendenz. W i r gehen wohl nicht fehl, wenn wir annehmen, dass diese Verleihung der unmittelbare Anlass f ü r den Entschluss war, der Herzogswürde nun auch ein würdiges Symbol beizugeben. Dass dieses Projekt nicht schon neun Jahre f r ü h e r in Angriff genommen wurde, als Karl Herzog von Troppau wurde, mag seinen Grund in den politischen Schwierigkeiten gehabt haben, denen sich Karl anfangs in Troppau gegenübergestellt sah. Denn erst 1622 konnte er sich in Troppau als Landesherr endgültig durchsetzen. Daniel de Briers, dem die Anfertigung der Krone angedingt wurde, stand in Verbindung zum kaiserlichen Hofhalt in Prag und Karl von Liechtenstein kam in seiner Eigenschaft als Vicekönig von Lohmen mit ihm in Berührung. Zwischen 1620 und 1624 wies Karl von Liechtenstein dem Daniel de Briers wiederholt sehr namhafte Summen an für Kleinodien und "Kunststücke», die für den Kaiser und die Kaiserin angekauft wurden und es sind auch sonst Beziehungen de Briers zur kaiserlichen Kunstkammer in Prag nachweisbar ). Kaiser Rudolf IL, wohl der kunstsinnigste deutsche Kaiser, hatte an seinem Hof auf der Prager Burg nicht nur eine Kunstsammlung zusammengebracht, deren Reichtum das Staunen und die Bewunderung der Zeitgenossen erregte, sondern er war auch ständig bemüht die bedeutensten Künstler und Kunsthandwerker seiner Zeit an seinen Hof zu ziehen. Die kaiserlichen Hofwerkstätten auf der Prager Burg waren durch viele Jahrzehnte weitberühmt und es bildete sich dort ein besonderer typischer kunsthandwerklicher Stil aus, der kennzeichnend für die Erzeugnisse dieser Hofwerkstatt war ). 1 2 Aus dem Jahre 1625 sind Teile einer Korrespondenz zwischen Karl von Liechtenstein und Daniel de Briers vorhanden, in we'cher der Krone wiederholt Erwähnung getan wird. Dieser Brierwechsel gibt einen interessanten Einblick in das Werden des liechtenst3in'_schen Herzogshutes. A m 8. März 1625 schreibt Daniel de Briers aus Frankfurt arri Main an Karl von Liechtenstein: « . . . Ich hoff mit Gottes Hülf baldt zue Ihre fürstl. Gnaden zue kohmen vndt Ewer fürstl. Gnaden Krön alss auch der Goltschmied, der die gemacht, mit auf Prag zue bringen. Vndt weil es zu dieser Ihre fürstl. Gnaden Arbeit einen grossen Verlag gehört vndt viel Gelts darzu verschossen hab, als wehre mir sehr lieb, dass Ihre fürstl. Gnaden mir in Prag clwass von Gelde mecht erlegt werden, auch dass die Küpffer, die Ihre fürstl. Gnaden meinem Schwager von Brüssel zugesagt, baldt herausser hhomen machten. Ihre fürstl. Gnaden, 9 die werden ahn dieser Cron ein sehr schon Stuckh haben vnd ein Memorie in seinem Haus hinderlassen, weil die Welt stehet. Ich verlange selber sehr dieselbe gantz fertig zue sehen vndt also hoff ich, dass Ihr Fürstl. Gnaden in einer Wochen oder acht widerumb werden zue Prag sein, auf dass die Krön alda folent möge verfertigt sein vndt alssbaldt abrechnen vndt mit meiner Bezahlung nicht lenger möge vffgehalten werden, dieweil ich Ihre fürstl. Gnaden in diesem Werck alle schuldige vndt billige vnderthenigen Dienst beweisen thuen, nach allen meinen Vermoegen ...» Mit der Kupferiieferung, die in diesem Brief erwähnt wird, hat es folgende Bewandtnis. Im Kontrakt über die Anfertigung der Krone oder später, scheint Fürst Karl mit Daniel de Briers vereinbart zu haben, er könne einen Teil des Honorars für die Krone durch Lieferung von Kupfer abstatten. Diese Art der Bezahlung war damals, in dieser an Bargeld armen Zeit allgemein üblich, in späteren Briefen finden wir z. B. das Anbot Karls an de Briers, eine grössere Menge von Leinwand zu übernehmen. Fürst Karl antwortet auf obigen Brief am 5. April 1625 aus Wien: « . . . Des die Cron verfertiget vernehmen wir gern vnd wollen wegen des Kupfers gnedige Verordnung thun, auch sobald irr nach Prag gelangen, soll wegen der Bezahlung des Ausstandts Richtigkeitt ervolgen ...» A m 27. April desselben Jahres teilt de Briers dem Fürsten mit, er habe vor nach Leipzig zur Messe zu gehen und von dort zu ihm nach Prag zu kommen. Nun fürchtet er aber, er werde den Fürsten in Prag noch nicht antreffen, er könne in Prag aber nicht lange warten, weil er daheim viel zu tun habe. Er wird auf jeden Fall seinen Goldarbeiter mit nach Leipzig nehmen und erbittet dorthin Nachricht, um welche Zeit der Fürst in Prag sicher anzutreffen sein werde. Er bittet auch, der Fürst mörje «die gnedige Ahnordnung thun, darmit, so baldt der Goldarbeiter zu Prag ist, dass er die Robin Balleis vnnd andere Stein muege bekhommen, auff dass er seine Zeit aldaer nicht vergeblich zubringen meuge vnndt dass Geldt vnnetzelich verzehren, dieweil er seinen Gesellen vnnd Jungen mitbringen thut, wirdt etwass auff gehen, derrohalben muss man sie nicht feyem lassen». Darüber 2 Jahrbuch dos Historischen Vereins ' i960 — :10 — verstrich wieder ein halbes Jahr und erst am 10. Oktober antwortet der Fürst aus Landskron in Nordmähren, er habe die vorgehabte Reise nach Prag «wegen so starck grassierender Infection vnlerlassen müssen. Hellen gern gesehen, weil die Stein einen so weiter Weg zu schicken gef ehrlich, Ihr werel zu Vns nach Landskron sampt dem Goldschmid kommen. Weil Ihr aber euren Weg nach Franckfurt genommen, wollen wir euer beider nach leibziger Mess widerumb in Böhmen gewerlig sein . . . Vermainen, weil der Goldschmid die Gasten zu den Steinen schon gemacht, werde die Arbeit bald zu End gebracht werden». Karl fragt in diesem Brief auch an, ob Daniel de Briers von ihm 25 000 Eilen Leinwand ü b e r n e h m e n und a conto des Honorars für die Krone verkaufen würde. De Briers bat darauf am 8. November um eine Anzahlung von 5 000 oder 6 000 Reichsthaler, da er weder das versprochene Kupfer noch die Leinwand werde so rasch verkaufen können. Er bemerkt ferner: « . . . Ich schreibe heunt ahn meinen Schwager von Brüssel vndt thue ihme pilen, ob es seine Gelegenheit wehre, abzukhomen vndt sich zu Ihre fürstl. Gnaden zu verfügen . . . » Aus der zitierten Korrespondenz geht hervor, dass Daniel de Briers einen Teil der für die Krone benötigten Steine von Karl von Liechtenstein übernehmen würde. Es findet sich auch im fürstlichen Hausarchiv eine Liste, was alles De Briers aus der Schatzkammer des Fürsten für die Anfertigung des Herzoghutes ü b e r n a h m . Diese Liste hat folgenden Wortlaut: «Wass Daniel de Priors mit nach Franckfurtt genommen. Vierzehen 12 Diamant, altfrenckisch dito, wegen Karat 10 geschnitten, zum Herzoghult wiegen Karat y- 2 Sechzehn Funffvndzwanlzig dito, wegen Funffvndvierlzig dito Kleinere, Karat 5 /-> l wegen Drey Schildt auss dem Oesterreichischen Drey Hertzstein auss demselben, Ain dicken Musterstein, Karat 3 U 1 Wappen, Karat 3 /s 5 Karat 2 V» K1 Dreyvnndzwantzig Perl, zwantzig drey, so an dass Öslerr. Wappen auss dem Halssband gehengt vnnd — Sechs kleine Sechzehn am Goldt Dickstein, Ii — Kar. 2 Rubin, wegen zusammen dass Halssbandt sambt Karat 19 dem Kleinodt, wiegt in Goldt Cremen 361 Vs Dass Kleinot mit dem Oesterreichischen Zween Wappen 64 Ring vnd ein Kasten 6 /-z 1 Diese Liste ist äusserst aufschlussreich. Daniel de Briers scheint damals aus der fürstlichen Schatzkammer alles, was dort entbehrlich schien, mitgenommen zu haben. Vor allem eine ganze Anzahl ungefasster Steine, so dreissig grosse und 99 kleinere Diamanten, i m Gewicht von zusammen 38 ' A Karat, dann 16 Rubine im Gesamtgewicht von 19 Karat, 26 Perlen und einen grossen und sechs kleinere Dicksteine, schliesslich noch 2 Ringe und eine alte Kastenfassung. Es wurden damals auch zwei, wahrscheinlich unmodern gewordene Schmuckstücke gebrochen und zwar das «Kleinod mit dem «österreichischen Wappen» und das «Goldene Halsband mit einem Kleinod». Von ersterem Schmuckstück besitzen wir keine Beschreibung oder Abbildung, dagegen dürfte das goldene Halsband mit dem Kleinod identisch sein mit dem «Halsspandt vnndt Clainoth von Rubin Bailas, Diemandt vnndt Perlen», das Karl von Liechtenstein am 10. Februar 1622 von Stefan Schmid von Freyhoven auf Khunstadt für 82 000 Gulden kaufte. Vergleicht man diese Aufstellung über die Entnahmen aus der fürstlichen Schatzkammer mit der erhaltenen Abbildung des Herzoghutes, muss man allerdings feststellen, dass man mit diesen Steinen keineswegs das Auskommen finden konnte und De Briers den erforderlichen Rest zuzukaufen hatte. Darauf bezieht sich wohl auch die Bemerkung in seinem Brief vom 8. März, dass er bereits so viel vorgestreckt habe. Ausser diesem Verzeichnis über Entnahme aus der Schatzkammer besitzen wir auch noch die Endabrechnung über alle mit der Herstellung von Krone und Herzogsschwert verausgabten Beträge. Sie ist deshalb besonders wichtig, weil dort die verfertigenden Künstler und Handwerker genannt sind und sich so das Bild über den Bau der Krone abrundet. Im Rechnungsbuch des fürstlichen Hofzahlamtes f ü r die Jahre 1626 und 1627 sind diese Ausgaben gesondert zusammengestellt: Ausgab den Jubilirern, andern Handtwercksleuthen, Goldtschaidern maistenthails vnd Goldtschmidt, wegen der neuen auch Chron — 12 — Nr. 1. den 13 Mai 1626 dem Jobst von Jubilierer, wegen der Chron Prüssl, . Nr. 2. den 14 dito Moyses Goltschaider, per einen Ring Juden, Nr. 3 den 18. Juni Jobst von Prüssl, wegen der Chron zalt 3 000 fl 2 250 fl Jubilierer, 1 500 fl Nr. 4 den 27 Juni dem Anthoni Muschkan, Karmasin undt Toppeltaffet zur Chron per . 9 fl Nr. 5 Martin Beckh, Messerschmidt, per verrichtete Arbeit an Ir fürstl. Gnaden Schwerdt, zur Chron gehörig . . . . . . 6 fl 30 x Nr. 6 Adam Michell, Huttmacher, zu der Chron . . . . 2 fl für den . . Huett . Nr. 7 Lorenz Hainrich, Kürschner, per belznen Schurz zu der Chron . . Nr. 8 Mathes Gabriel, Huetschmuecker, gedachten Huet zur Chron zu machen ein . 6 fl per den . . 3 fl Nr. 9 einem Goltschmiedt Godtfridt Nieck, welcher die Grone gar verfertigt und aussgemacht 27 fl 30 x Nr. 10 Hannss Berckmann, wegen Steinerarbeit zur Chron . . . . . . . . 8 fl Nr. 11 den 30 Julius einem Juden Jakob Cantor, welcher das Puterai Über das Schwerdt, zur Chron gehörig, gemacht . . . . . 6 fl 30 x Nr. 12, dem 3 Augustus Mayses Goldtschaider, Juden, per einen Diamant, welcher in Ihr fürstl. Gnaden Schwerdt eingesetzt worden . . Nr. 13, den 5 dito Salomon Goldtscheider, wegen Abschaidens Goldt von Silber Juden, . . Nr. 14, den 21 dito, einem Juden Anshelmo Sardali, per erkhaufften roten Karmasin-Sammet, Daffet und anderen Sachen, welches gebraucht zvird zum Puterai Über die Chron . 240 fl 78 fl 19 fl 40 x — 13 — Nr. 15, den 7 Sept. dem Herrn Daniel de Briers, Jübiliem, wegen der neugemachten Chron . 9 000 fl Nr. 16, den 3. Od., Maister Martin Zürger, Messerschmidt, wegen der Chron Futeral wass er daran gemacht . . . . . . 2 fl Der Vorgang, welcher bei Herstellung der Krone eingehalten wurde, scheint der gewesen zu sein, dass man in Frankfurt die Karkasse der Krone verfertigte, bereits dort schon die Kastenfassungen herstellte und die von De Briers zugekauften Steine und Perlen einsetzte. Mit dieser halbfertigen Krone kam der Goldschmied dann nach Prag und hier setzte der Juwelier jene Steine und Perlen, die aus dem Vorrat Karls von Liechtenstein ü b e r n o m m e n wurden, ein. Der i m Brief vom 8. März genannte Goldschmied, der mit der Karkasse nach Prag kommen sollte, war wohl sicher Gottfried Nick, er wird f ü r diese Endarbeiten an der Krone separat mit 27 Gulden und 30 Kreuzern aus dem fürstlichen Hofzahlamt entlohnt. Dass er es auch war, der die Arbeiten an der Krone in Frankfurt ausführte, muss aus dem Brief des Daniel de Briers vom 8. März geschlossen werden. In dem Betrag, den de Briers ausbezahlt bekam, steckt wohl auch die Entlohnung an den Goldschmied f ü r die Anfertigung der Karkasse. Gottfried Nick ist als Frankfurter Goldschmied beglaubigt, er starb dort am 2. März 1640"). Im Jahre 1629 ist er f ü r Kaiser Ferdinand II. tätig ), er entstammt einer aus den Niederlanden eingewanderten Frankfurter Goldschmiedefamilie ). Als ausführender Juwelier ist Jost von Brüssel (ein Schwager des Daniel de Briers) aus den angeführten Archivalien klar erla ssbar. Auch er gehört zu den Künstlern, welche f ü r den Prager Kaiserhof arbeiten. In Prag ist er auch begraben — er starb 1635 — und aus seinem Grabmal i m Kreuzgang von St. Thomas geht hervor, dass er den Kaisern Rudolf IL, Mathias und Ferdinand IL als «Gemarius», das ist als Edelsteinschneider diente. Diese Angaben des Grabmales werden durch erhaltene Archivalien bestätigt, 1628 führt er den Titel Hofjuwelier ). Mit Fürst Karl von Liechtenstein finden wir ihn schon 1620 i n Verbindung, als er verschiedene Schmuckstücke dem Fürsten lieferte und aus dessen Schatzkammer diverse Kleinode ü b e r n a h m . Auch in den Rechnungen, die Fürst Karl als Vicekönig von 4 5 6 — 14 — Böhmen führte, kommen wiederholt Zahlungen an Jobst von Brüssel f ü r an den Hof gelieferte Schmuckstücke vor. Jobst von Brüssel erbot sich mit einem Briefe an Karl von Liechtenstein vom 30. März 1626 «mit dem Clainod» nach Pardubitz zu kommen, wobei es unklar ist. ob er die fertige Krone dort dem Fürsten abliefern wollte oder in Pardubitz die Steine und Perlen ü b e r n e h m e n und die Krone fertigstellen sollte. Nach den Daten der Endabrechnung müssen wir jedenfalls annehmen, dass die Krone spätestens im Herbst 1626 fertig abgeliefert war. Ebenfalls aus der Abrechnung geht hervor, dass gleichzeitig mit der Krone ein Schwert angefertigt wurde. Allerdings scheint damals nur ein bereits vorhandenes Prunkschwert adaptiert worden zu sein. Das genaue Aussehen des Herzogshutes überliefert uns eine originalgrosse farbige Abbildung auf Pergament, welche i m Jahre 1756 angefertigt wurde. Es handelt sich um eine goldene Lilienzackenkrone, die reich besetzt ist mit Rubinen, Diamanten und Perlen. Aus der Krone steigt der rote, steife Hut, auf dem oben, ohne sichtbarem Bügel, eine hohe Spitze aus Diamanten befestigt ist. Der Stirnreif der Krone ist oben und unten mit je einer Reihe von Perlen gesäumt, die Perlenreihen werden von rechteckigen Rubinen unterbrochen. Durch jeweils zwei senkrecht gestellte Perlen wird der Kronreif in Zonen eingeteilt, in welchen abwechselnd ein grosser Rubin oder ein von Diamanten umsäumter Dickstein zwischen Diamantenrosetten eingesetzt sind. Auf diesem Kronreif, der oben eine Reihe kleiner Diamantenspitzen trägt, stehen vier vornübergeneigte grosse lilienförmige Zacken, flankiert von je zwei blütenförmigen Zacken. Dazwischen erheben sich vier kleinere Lilienzacken. Die grossen Zacken tragen in der Mitte einen grossen achteckigen Rubin, umgeben von vier Diamanten. Die diese Anordnung umgebenden Ranken sind eng mit Diamanten besetzt und tragen oben drei grosse Perlen. Die kleineren Lilienzacken tragen anstelle des Rubins einen grossen Tafelstein, die Ranken sind auch hier mit kleinen Diamanten schotenartig besetzt, die Spitze ziert eine grosse Perle. Die kleinen blütenförmigen Zacken schliesslich tragen an der Spitze einen grossen oval geschliffenen Rubin. Aus der Endabrechnung über die Krone muss ferner geschlossen werden, dass der Kronreif ursprünglich unten einen Pelzbesatz hatte. - 15 — In der ganzen Art zeigt die Krone deutlich die Herkunft aus dem Künstlerkreis der Prager Hofwerkstatt und steht stilistisch zwischen der rudolphinischen Kaiserkrone und dem Österreichischen Erzherzogshut, den beiden bedeutendsten Schöpfungen der Prager Hofwerkstatt. Der Stirnreif des liechtensteinischen Herzogshutes ist i n klarer Anlehnung an die rudolphinische Kaiserkrone entworfen und ausgeführt, während die Art wie der Hut i n der Form des steifen spanischen Hutes i n den Kronreif eingebaut ist, dem Aufbau des österreichischen Erzherzogshutes entspricht. Zum Typus dieses Herzogshutes wäre kurz auf folgendes hinzuweisen. Als Karl von Liechtenstein 1608 in den Fürstenstand erhoben wurde, krönte er sein Wappen mit einem Fürstenhut. Dieser wird in der Form eines glatten, kappenartigen, rotsamtenen Hutes mit umgeschlagener Hermelinkrempe dargestellt. Bei Erlangung der Herzogswürde wird dieser Fürstenhut dadurch zum Herzogshut umgeändert, dass man ihn mit einem Bügel versieht, fallweise kommen auch zwei sich kreuzende Bügel vor, auf dem Scheitlpunkt wird Knauf und Kreuz angebracht. In allen diesen Fällen handelt es sich immer u m graphische Darstellungen im Zusammenhang mit dem liechtensteinischen Wappen ). Es mag nun auffallen, dass man es bei der Herstellung der liechtensteinischen Insignie vermeidet einen Bügel anzubringen, anderseits aber auf den Knauf nicht verzichten will. Strenge Regeln f ü r die einzenlen Typen von Rangkronen, insbesondere f ü r den Unterschied zwischen Fürstenhut, Herzogshut und Erzherzogshut gab es damals nicht. Es bestand aber wohl die Regel, dass eine Bügelkrone nur dem Erzherzog zukommt. So hat der Steirische Erzherzogshut, i n Graz einen Bügel, der Erzherzogshut in Mariastein (Tirol) hat zwei sich kreuzende Bügel, ebenso wie der Erzherzogshut i n Klosterneuburg (Niederösterreich). Wohl mit Rücksicht darauf unterliess es K a r l von Liechtenstein seinen Herzogshut mit Bügeln zu schmücken, auf den krönenden Knauf wollte man anderseits aber doch nicht verzichten und so gelangte man zu der etwas ungewöhnlichen Form, den Diamantspiz auf dem Hut selbst zu befestigen. Dass die Form des liechtensteinischen Herzogshutes nicht ohne Rücksicht auf die rudolfinische Kaiserkrone und den österr. Erzherzogshut geschaffen wurde, ergibt sich schon aus den lokalen Verhältnissen. Karl von Liechtenstein wurde im Jahre 1600 als Geheimrat und Verwalter des Oberhof7 — 16 — meisteramtes an den Hof Rudolfs II. nach Prag berufen, zu einer Zeit also, als in den Prager Hofwerkstätten die Kaiserkrone gebaut wurde. Ein Jahrzehnt später entstand sehr wahrscheinlich wieder in Prag der österreichische Erzherzogshut und nur wenige Jahre später ist der Entwurf f ü r den liechtensteinischen Herzogshut zu datieren. Wohl aus Gründen der Rücksichtsnahme auf die neugeschaffenen Insignien des Kaiserhauses wird sich Karl entschlossen haben, auf d'e Ausbildung seines Herzoghutes als Bügelkrone zu verzichten ). 8 Der gelehrte Leibarzt Kaiser Rudolfs IL, Anseimus Boethius de Booth fasste in seinem Buche «Lapidarum et gemmarum historia» das gesamte Wissen und den Aberglauben seiner Zeit über die Edelsteine zusammen ). Uraltes Gedankengut ist hier vereint mit den Anschauungen des Humanismus über das Geheimnis der dem Erdboden entstiegenen glänzenden und blitzenden Steine. Aus zweierlei Gründen soll dieses Buch hier kurz erwähnt werden. Einmal deswegen, weil die eben fertiggestellte Kaiserkrone Rudolfs II. in diesem Buche ausdrücklich erwähnt wird und wir wissen, dass bei der Auswahl und Zusammensetzung der Edelsteine in eben dieser Krone weitgehend Rücksicht genommen wurde auf die geheimen Kräfte und Wirkungen, die von diesen Steinen ausgehen sollten. Anderseits aber auch deswegen, weil Karl von Liechtenstein, der Boethius sicher persönlich kannte, das genannte Buch selbst besass und die Vermutung nicht von der Hand zu weisen ist, dass auch die an seinem Herzogshut verwendeten Steine, Diamanten, Rubine und Perlen nicht ganz ohne Rücksicht auf die Lehren des Boethius ausgewählt wurden. Untersuchen wir nun diesen Schmuck des Herzogshutes nach den bei Boethius gemachten Angaben, gelangen wir zu einem nicht uninteressanten Ergebnis. 9 Der Diamant soll vor aller Zauberei und vor bösen Geistern schützen, de Booth hält es sogar f ü r möglich, dass dieser blitzende Stein der Sitz der guten Geister sein könnte. Diese Deutung scheint bemerkenswert i m Hinblick auf die aus Diamanten gefertigte Spitze des Herzogshutes. Der Rubin dagegen soll vor Krankheiten schützen und vor Giften; wenn seinem Träger Unheil droht, soll er dies durch eine dünklere Farbe anzeigen, ist die Gefahr beseitigt, erhält der Stein wieder seinen früheren Glanz. In ähnlicher Weise, wie der Rubin schützen auch die Perlen vor Giften und stärken die Gesundheit ihres Trägers. Diese schützende Kraft der Perlen wurde so hoch geschätzt. — 17 — dass man sie, zerrieben, gegen vielerlei Krankheiten einnahm, in besonderem Masse gegen Erkrankungen des Magens und der Galle. Entsprechend den Lehren des Boethius sehen wir also im Edelsteinschmuck des liechtensteinischen Herzogshutes vereint den Schutz vor überirdischen und irdischen Gefahren. Der Träger der Krone soll gefeit sein vor den Anfechtungen der Unterwelt, die der Seele, sowohl als auch dem Körper schaden, gleicherweise aber durch sie auch geschützt werden vor allem irdischen Missgeschick, das ihn bedroht, seien es Krankheiten oder böswillige Anschläge auf Gesundheit und Leben. Als Fürst Karl von Liechtenstein 1627 starb, wird Schwert und Herzogshut im Inventar der hinterlassenen Kleinodien wie folgt angeführt: «1. Erstlich einen Hertzoghuet mit Diamanten, Perlen, oben auff ein spülziger 2. Ein Schwert mit dergleichen Rubin vndt Diemant Steinen versetzt» Vermutlich wurde Krone und Schwert damals in Prag in der Residenz des Fürsten, wo er auch starb, verwahrt. Beide Insignien erbte Karls Sohn, der Fürst Karl Eusebius (1611 — 1684) und liess sie 1629 nach Feldsberg bringen. Die darauf bezügliche Eintragung in der Hofzahlamtsrechnung lautet: «Den 1 Apprillis Anno 1629 dennen Soldaten vnd Bauren, so des fürstlichen Hauses Cronentruhen von Brünn nach Veldsperg confogiret vnd geführt haben, zur Zehrung geben 6 Gulden» Im selben Jahr wurde f ü r den Griff des Schwertes eine Hülle angefertigt. Die Eintragung lautet: «den 6 Augusty . . . für ein rotsammet gefütertes Futral zu dem Creüze an Ihrer fürstl. Genaden Hauses Fürstenschwert 6 Gulden» Diese Rechnungsnotiz ist die letzte Erwähnung des Herzogsschwertes, über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt. In Feldsberg blieb die Krone nicht allzulange, aus dem Jahre 1677 wissen wir, dass sie sich bereits in einem Gewölbe des fürstlichen Palastes in Wien befand, wo sie in einer eisernen Truhe verwahrt wurde. Karl Eusebius vererbte den Herzogshut seinem Sohn Johann Adam, in den 1684 aufgenommenen Verlassenschaftsinventar wird er wie folgt beschrieben: — J8 — «Ein Herlzoghutt mit Dicksteinen, Rautlien, Pallass versetzt, in Gold gejassl» Perlen und Rubin Damals war eine «Feder», wohl eine der Zacken, abgebrochen. In seinem Testament stiftete Fürst Johann Adam (1662 —1712) den Herzoghut gemeinsam mit seiner Kunstsammlung und den von ihm neu erbauten Palast in der Schenkenstrasse in Wien als Familienfideikommiss, hinterliess dieses Fideikommiss aber nicht seinem Nachfolger, dem Fürsten Anton Florian, sondern seinem jüngeren Neffen Josef Wenzel (1696 — 1772). Verschiedene Bestimmungen seines Testamentes gaben innerhalb der Familie nach seinem Tode zu langen Auseinandersetzungen Anlass, die durch einen Familienvertrag vom 1. Juni 1722 beigelegt wurden. In diesem Vertrag wird unter anderem bestimmt, dass der Herzogshut f ü r i m m e r w ä h r e n d e Zeiten beim Majorat, also i n der Hand des jeweiligen Regierers bleiben müsse, und Josef Wenzel trat die Krone damals seinem Vetter, dem Fürsten Josef Johann Adam (1690— 1732) ab. Sie kam allerdings bereits 1748 wieder in seinen Besitz, als er nach dem Aussterben der Linie des Fürsten Anton Florian die Regierung des Hauses ü b e r n a h m . Acht Jahre später stiftete Fürst Josef Wenzel den Familienschmuck als Fideikommis. Er verzeichnete den wertvollsten Teil des vorhandenen Schmuckes und im Rahmen eines Familienvertrages wurde dieser als Primogeniturfideikommiss gebunden. Dieser ganze Schmuck wurde damals auch i n Originalgrösse farbig abgebildet und wir verdanken diesem Instrument die Abbildung des Herzogshutes, welcher als Hauptstück diesem Fideikommiss angegliedert wurde. Dieser Familienvertrag vom 1. September 1756 ist allerdings auch die letzte Erwähnung des Herzogshutes, sein weiteres Schicksal kann leider derzeit nicht geklärt werden. Man wird wohl annehmen müssen, dass die Insignie beim Tode des Fürsten Josef Wenzel 1772 noch vorhanden war. Mehreres spricht dafür. Zwar ist das Inventar seiner Verlassenschaft nicht erhalten geblieben, doch existiert aus dieser Zeit eine Korrespondenz der Verlassenschaft mit der Fideikommissbehörde, da aus dem Familienschmuck zwei Ringe fehlten. Diese hatte seinerzeit noch Fürst Josef Wenzel verschenkt. Man darf aber wohl schliessen, wenn nur das Fehlen der beiden Ringe beanstandet wurde, dass der Herzogshut noch vorhanden war. Es wäre auch kaum anzunehmen, dass Fürst Josef Wenzel, der die Krone als Hauptstück des Fidei- — 19 — kommißschmuckes als unveräusserliches Eigentum der Familie band, sie selbst bald darauf weggegeben hätte. Sein Erbe war Fürst Franz. Josef I. und als dieser 1781 starb, war die Krone allerdings nicht mehr vorhanden. Im Inventar des Fideikommißschmuckes von 1781 werden die einzelnen Schmuckstücke separat angeführt, ebenso der Herzogshut und daneben findet sich die lakonische Anmerkung «ist abgängig». Alle Bemühungen Klarheit über das Schicksal des Herzogshutes zu erhalten blieben ergebnislos. Man kann wohl mit Sicherheit sagen, dass der Herzogshut nicht auseinandergenommen und f ü r anderen Schmuck umgearbeitet wurde, denn wir besitzen aus den folgenden Jahren recht genaue Verzeichnisse der Schmuckstücke und ein derart beträchtlicher Zuwachs müsste dort nachweisbar werden. Dagegen ist es nicht ganz von der Hand zuweisen, dass der Herzogshut etwa i n kaiserlichen Besitz hinüberwechselte, denn i m Jahre 1772 verkaufte Fürst Franz Josef I. ein nicht näher genanntes Schmuckstück f ü r den recht hohen Preis von 22 000 Gulden der Kaiserin Maria Theresia. Möglicherweise war es der Herzogshut, mit Sicherheit lässt es sich nicht sagen. Normalerweise musste bei Verkauf von Fideikommissstücken vorher die Genehmigung der Fideikommissbehörde eingeholt werden. Der Umstand, dass bezüglich des Herzogshutes ein solches Ansuchen fehlt, würde darauf hinweisen, dass der Kaiserhof selbst das Stück erwarb. In den Inventaren der kaiserlichen Schatzkammer lässt sich dieser Erwerb allerdings nicht feststellen, doch spricht dies nicht unbedingt gegen die obige Annahme, da das Stück ja umgearbeitet worden sein kann. Eingangs wurde darauf hingewiesen, dass man i m Mittelalter in der Krone eine sakrale Kraft und Weihe erblickte und i n ihr gewissermassen die Verkörperung der Regierungsgewalt sah. U m so unverständlicher muss es scheinen, dass dieses immerhin eineinhalb Jahrhunderte alte Symbol dann plötzlich verschwindet und seine Spur nicht mehr aufzufinden ist. Hiezu muss darauf hingewiesen werden, dass die mittelalterlichen Anschauungen die sich noch bis ins 17. Jahrhundert lebendig erhalten hatten, i m ausgehenden 18. Jahrhundert bereits völlig in Vergessenheit geraten waren. Das Zeitalter der Aufklärung hatte mit dem mittelalterlichen Weltbild bis i n seine allerletzten Überreste so gründlich aufgeräumt, dass sogar höchste Symbole einer Bagatellisierung anheim fielen, es erfolgte eine Säkularisierung — 20 — von jahrhunderte lang gehüteten Wertbegriffen, die schliesslich auch dazu führte, in der Hauskrone nicht mehr, als ein altertümliches Schmuckstück zu sehen, das man eben, zumal ein «Gebrauch» nicht mehr in Frage kam, weggab. A N M E R K U N G E N ') Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, Wien 1883 ff., Bd. XXV / II, diverse Nennungen. '-) Alphons Lhotsky, Festschrift des kunsthistorischen Museums, Wien 1941 — 1945, II/l, S. 246 ff. ) Thieme-Becker, Allgemeines Künstlerlexikon, Leipzig 1907 ff., Bd. 25, S. 443. 3 4 ) Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, Wien 1883 ff., Bd. XXIX, Regest Nr. 18831. ') M. Rosenberg, D. Goldschmiede Werkzeichen, III. Aufig., Frankfurt 1922, Bd. 2, S. 86. r ) Jahrbuch a. a. O., Bd. XXIX, Regest Nr. 19617 u. 19792, Bd. XXV, S. XVIII Nr. 4 und S. LH, Regest Nr. 19423, 19424, ferner Jahrbuch Neue Folge Bd. III., S. 273. (i ) vgl. G. Wilhelm, Fürst Karl von Liechtenstein und seine genealogischen und heraldischen Bestrebungen im Neuen Jahrbuch, Bd. 2 der HeraldischGenealogischen Gesellschaft «Adler» Wien. 7 ) für diesen Hinweis sei auch an dieser Stelle Herrn Dr. Erwin Neumann, Wien herzlich gedankt. 8 ) Vgl. A. Weixlgärtner, Die (weltliche Schatzkammer in Wien, II. im Jahrb d. Kunsthist. Sammlungen in Wien, N. F., II. 1928, S. 285 ff. 9