Sehr unterschiedliche Ansichten zum geplanten Hochhaus im
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Sehr unterschiedliche Ansichten zum geplanten Hochhaus im
Winterthur Der Landbote Donnerstag, 19. Februar 2015 Ruinierte Aussicht oder gefällige Grossstadtkulisse? Fotomontagen der Hochhausgegner (links) und der Befürworter zeigen die Umrisse der Hochbauten auf dem Werk1-Areal vom Brühlberg aus. 5 pd Sehr unterschiedliche Ansichten zum geplanten Hochhaus im Tössfeld abstimmung Gegner und Befürworter, Stadtforscher und Architekten – alle schlagen uns Argumente um die Ohren. Klar ist: Jedes Winterthurer Hochhaus gab vor dem Bau zu reden. Neu sind die Diskussionen pro und kontra Hochhaus keineswegs, die im Hinblick auf die Abstimmung am 8. März geführt werden. 1957 zum Beispiel, als erst der Versicherungsturm, aber weder das Sulzer- noch das Weberstrasse-Hochhaus existierten, warnte der damalige Stadtpräsident vor diesem ausländischen Trend: «Das hügelige Gelände unseres Landes eignet sich dafür nicht so gut, und am ungünstigsten sind die Voraussetzungen in einer Stadt von der Lage und dem Aufbau Winterthurs.» «Schon wenige Hochhäuser, in unsere Stadt gestellt, bringen eine Dissonanz in das uns lieb gewordene Bild», schrieb Hans Rüegg. Anfang der 1990er-Jahre, als der heutige Rote Turm ins Gespräch kam, fand der Jurypräsident das Projekt «brillant». Doch auch Gegner machten mobil: Der Schriftsteller Serge Ehrensberger sowie der Architekt und FDP-Politiker Hans Bremi versuchten, das Gebäude mit einer AntiHochhaus-Initiative zu verhindern. 1995 wurde sie abgelehnt. Heute, 20 Jahre später, führt Winterthur die Diskussion wieder. Das Nein-Komitee warnt mit ähnlichen Befürchtungen wie damals: «Die Hochhäuser wirken wie eine Talsperre und beeinträchtigen das Stadtbild ganz empfindlich.» Der Schattenwurf betreffe die Bewohner im Töss- feld, beim Brühlgut und am Katharina-Sulzer-Platz. Und: «Die Aussicht von den Naherholungsgebieten am Brühlberg und in der Breite wird eingeschränkt.» Das Ja-Komitee hingegen findet – im ziemlich gleichen Wortlaut wie die städtische Abstimmungszeitung: «Das Hochhaus bildet den Orientierungs- und Identifikationspunkt für das Zentrum des Sulzer-Areals. Zusammen mit dem Roten Turm und dem SulzerHochhaus, die auch rund 100 Meter hoch sind, entsteht eine neue interessante Stadtsilhouette.» «Reine Prestigeobjekte» Unter Fachleuten sind die Ansichten zum Thema Hochhäuser ebenso unterschiedlich wie unter Politikern. Im letzten Herbst etwa sagte der ETH-Professor und Soziologe Christian Schmid in Win- terthur an einer öffentlichen Veranstaltung: «Solche Türme verschandeln die Stadt. Sie sind reine Prestigeobjekte, tragen nichts zur Belebung bei und haben nichts mit der Alltagserfahrung der Menschen zu tun.» Ohne auf das konkrete Werk-1-Projekt Bezug zu nehmen, sagte Schmid, Hochhäuser stünden oft für sich und nicht in Beziehung zu ihrem Umfeld – «dabei ist doch das MiteinanderKommunizieren der Kern einer Stadt». Kein Wunder, hat das Werk-1-Nein-Komitee diese Sichtweise in seinen Argumentenkatalog aufgenommen. Nicht unerheblich daran mitbeteiligt, dass ein weiteres Hochhaus zur Debatte steht, ist Michael Hauser, der Stadtbaumeister. «Hochhäuser haben in der Geschichte Winterthurs eine Bedeutung», sagt er und spricht von «Ein unermüdlicher Schaffer» villa flora Der am Sonntag verstorbene Architekt Robert Steiner-Jäggli hat sich nicht nur zeitlebens für die Villa Flora eingesetzt. Auch das markante Zentrum Römertor trägt seine Handschrift. Das Leben und Wirken von Robert Steiner ist mit der Villa Flora und der Sammlung Hahnloser eng verbunden. Zusammen mit seiner Frau Verena, einer Enkelin der Kunstsammlerin Hedy Hahnloser, die er 1962 heiratete, unterzog er das Haus einer sanften Renovation, und seit 1985 wohnte das Paar auch dort. Steiner betreute auch die Renovation des 1908 von Rittmeyer und Furrer gebauten Salons, der ab 1995 als Ort für jährlich wechselnde Ausstellungen diente. Für diese Öffnung ihres Hauses haben Verena und Robert Steiner 2011 den «Winterthurer Löwen» bekommen, mit dem der Stadtrat Personen auszeichnet, die sich um das Gemeinwohl von Winterthur verdient gemacht haben. Der Erhalt des Museums im historischen Ambiente samt Garten mit den beiden Maillol-Figuren und die öffentliche Zugänglich- nard, Cézanne, Vallotton und Hodler sollten in den Räumen hängen, für die sie gesammelt wurden: Das Licht und die Farben passten zur Innenraumgestaltung von damals, meinte Steiner. Überdies würden die kleinformatigen Werke in den grossen Sälen des Kunstmuseums untergehen. Robert Steiner-Jäggli war stets freundlich und zurückhaltend. mad keit der Sammlung waren Robert Steiner ein persönliches Anliegen, für das sich der stets freundlich und zurückhaltend auftretende Mann dezidiert einsetzte. So wandte er sich gegen die bereits 1995 diskutierte Option, einen Teil der Sammlung ins Kunstmuseum Winterthur zu geben. Steiner war der Ansicht, die Werke von Künstlern wie Bon- «Die Bilder sind gemalt, um gesehen zu werden» Als 2008 der Kunstdiebstahl in der Sammlung Bührle in Zürich Aufsehen erregte, kam die Frage auf, ob für die Villa Flora ebenfalls verstärkte Sicherheitsmassnahmen nötig seien. Auch hier plädierte Steiner für Zurückhaltung und Augenmass: «Für uns wäre es das Letzte, uns zuzuriegeln», sagte er damals gegenüber dem «Landboten». «Die Bilder sind gemalt, um gesehen zu werden – nicht für den Tresor.» Gut sichtbare Zeugnisse seines Wirkens als Architekt sind der Zwischenbau im Kantonsspital Winterthur und das 1971 eröffnete Zentrum Römertor, das Robert Steiner zusammen mit Edwin Bosshardt realisierte. Der markante Bau mit seinem Theatersaal, der in Oberwinterthur die Funktion eines Quartierzentrums erfüllt, lässt sich mit dem zur selben Zeit erstellten Zentrum Töss vergleichen und gilt als schutzwürdig. Steiner war selbst im Heimatschutz aktiv, nicht nur seit seiner Gründung 1972 im Winterthurer Verein, sondern auch lange im nationalen Dachverband, wo er als Bauberater wirkte. Neben den Renovationen der Villa Flora fällt der Umbau der unter Schutz stehenden Villa Schlosshalde in Pfungen ins Auge. Eine Liebe zum Detail habe ihn ausgezeichnet, sagt Heimatschutz-Co-Präsident Beat Schwengeler: «Robert Steiner war ein unermüdlicher Schaffer.» Schmerzlicher Schritt im Interesse der Bilder Vor wenigen Jahren machte der damals anvisierte, zurzeit auf Eis gelegte Ausbau der gesamten Villa Flora zum Museum den Umzug des Ehepaars Steiner in das von ihm eigens dafür umgebaute ehemalige Kutscherhaus hinter der Villa Flora notwendig – ein schmerzlicher Schritt, den sie im Interesse der Bilder auf sich nahmen. Am letzten Sonntag ist Robert Steiner zu Hause an einem Herzversagen gestorben. Helmut Dworschak «Schon wenige Hochhäuser, in unsere Stadt gestellt, bringen eine Dissonanz in das uns lieb gewordene Bild.» Hans Rüegg, 1957 einer «Hochhaus-Trilogie» mit Sulzer- und Swisscom-Tower: Das sei schöner als nur zwei Hochhäuser, die sich anschauen. Doch müsse das neue Hochhaus «sehr sorgfältig gestaltet» sein, deshalb gebe es ein Konkurrenzverfahren. Die Angst, dass ein weiteres Hochhaus die Aussicht von den Hügeln verbauen und verderben würde, ist derzeit weit verbreitet. Das war vor gut 55 Jahren nicht anders. Ein Leserbriefschreiber riet damals 1959 vor der Gutschick-Bebauung, doch mal die Blickrichtung zu wechseln. «War es nicht eine Augenweide, von unten herauf den Lindberghang sowie den Sonnenberg mit seinem wechselnden Grün auf sich wirken zu lassen? Wie viele Einfamilienhausbesitzer haben darnach gefragt? Sie haben die schöne Wohnlage ausgenützt.» mgm Der Admiral ist tot, doch Howlong Wolf regt sich fünf songs David Langhard hat die Bühnenfigur Admiral James T. letztes Jahr beerdigt. Doch nun hat er neue Musik ins Netz gestellt unter einem neuen, bluesigen Pseudonym. Ein einsamer Wolf war David Langhard schon lange. Die meisten seiner Alben produzierte der Multiinstrumentalist im Alleingang in seinem Dala-Studio in der Grüze, Ehrungen und billig erkaufter Erfolg waren ihm suspekt. Diese Einsamkeit hat den Admiral, wie er sich seit zwei Jahrzehnten nennt, letztes Jahr bewogen, die Segel zu streichen und sein Alias verschwinden zu lassen. «Ich habe leider keine Freude mehr daran», sagte er – und meinte das Musikmachen. Ein Zufall oder doch nicht Nun aber hat Langhard fünf neue Songs ins Internet gestellt und in kleinem Rahmen darauf hingewiesen – ohne zu sagen, wer dahintersteckt. Doch Stimme und Stil verraten ihn. Howlong Wolf heisst das Pseudonym, die Anlehnung an den Bluespionier Howlin’ Wolf ist offensichtlich – war aber nicht Absicht: «Ich habe irgend- wen am Radio über Howlin’ Wolf sprechen hören und Howlong Wolf verstanden», erzählt Langhard: «Super Name, und das ergibt für mich persönlich sogar irgendwie einen Sinn.» Was nicht heisst, dass er nun den 12-Takt-EDur-Blues in Endlosschlaufe zelebrieren wird, das sicher nicht. Das Studio B half in der Krise Aber ein Zeichen, dass zumindest eine kreative Pause seine Schaffenskrise unterbrochen hat, sind die neuen Songs doch. Er habe sich seit der Auflösung des Admirals fast täglich hingesetzt und Musik machen wollen, «doch die Freude verpuffte im Schnitt nach jeweils 15 Minuten», sagt Langhard. Trotzdem habe er sich immer wieder bemüht und kürzlich zusätzlich zum grossen ein kleines, minimal bestücktes Studio eingerichtet, «ein Studio B sozusagen». Und beim Testen seien dann doch «fünf Songs entstanden, an denen ich Freude habe». Die Lieder raustragen und öffentlich an Konzerten spielen sei aber bis auf weiteres kein Thema. Die neuen Songs sind auf Soundcloud zu finden via facebook.com/howlong-wolf. mgm