Einführung in die Fuzzy

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Einführung in die Fuzzy
Seminar Datenverarbeitung SS’98
Einführung in die Fuzzy-Logik
(zur Anwendung in Fuzzy-Reglern)
Bearbeiter: Michael Hubo
Betreuer: Matthias Ortmann
Einführung in die Fuzzy-Logik
Inhaltsverzeichnis
1. MOTIVATION .................................................................................................................................2
2. WAS BEDEUTET FUZZY-LOGIK? ..............................................................................................2
3. WARUM FUZZY-LOGIK? .............................................................................................................3
4. DEFINITION VON FUZZY-SETS ..................................................................................................6
4.1 ALLGEMEINES................................................................................................................................6
4.2 FUZZY-SETS AUF DISKRETEN GRUNDMENGEN ..................................................................................6
4.3 FUZZY-SETS AUF KONTINUIERLICHEN GRUNDMENGEN .....................................................................7
5. MENGENOPERATIONEN AUF FUZZY-SETS ..........................................................................10
5.1 ALLGEMEINE VERKNÜPFUNGEN ....................................................................................................10
5.2 DER NICHT-OPERATOR...............................................................................................................10
5.3 DER ODER-OPERATOR ................................................................................................................11
5.4 DER UND-OPERATOR ..................................................................................................................13
5.5 VERKNÜPFUNGEN AUF VERSCHIEDENEN GRUNDMENGEN ................................................................14
6. GRUNDSTRUKTUR EINES FUZZY-REGLERS ........................................................................15
7. ARBEITSWEISE EINES FUZZY-REGLERS..............................................................................16
7.1 FUZZYFIZIEREN ............................................................................................................................16
7.2 INFERENZ ....................................................................................................................................18
7.3 DEFUZZYFIZIEREN ........................................................................................................................20
8. ZUSAMMENFASSUNG.................................................................................................................24
9. LITERATUR ..................................................................................................................................26
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Einführung in die Fuzzy-Logik
1. Motivation
1. Motivation
Zur Lösung eines regelungstechnischen Problems mit Hilfe klassischer Regler (z.B. PIDRegler) wird im ersten Schritt des Reglerentwurfs ein mathematisches Modell der zu regelnden
Strecke benötigt. Dabei kann es vorkommen, daß die Anwendung so komplex ist, daß es nicht
möglich ist, ein mathematisches Modell abzuleiten, oder das Modell nur mit unzulässigen Vereinfachungen einer Regelung zugänglich wird. Ein Beispiel aus der Praxis hierfür ist die Automatisierung der Regelung eines Hochofens zur Stahlherstellung.
Scheitert der Entwurf eines klassischen Reglers bereits an diesem Punkt oder zeigt sich später,
daß das Modell zu unpräzise war, und die Regelung nicht die gewünschten Ergebnisse bringt,
so kann es mit Hilfe eines Fuzzy-Reglers trotzdem gelingen, eine geeignete Regelung für die
Anwendung zu entwerfen, da die Fuzzy-Logik modellunabhängig arbeitet. Voraussetzung für
einen erfolgreichen Einsatz eines Fuzzy-Reglers ist jedoch, daß Expertenwissen für die Regelung dieses Problems vorliegt und in fuzzygerechter Weise implementiert werden kann.
Um einen Einblick zu vermitteln, wie die Lösung eines regelungstechnischen Problems mit
einem Fuzzy-Regler aussehen kann, erfolgt zunächst eine kurze Einführung in die Grundlagen
der Fuzzy-Logik, mit der ein Fuzzy-Regler arbeitet. Dann wird an einem Beispiel erläutert, wie
ein Fuzzy-Regler arbeitet, und was zu seinem Entwurf nötig ist. Dabei sollen nur die notwendigen Voraussetzungen vermittelt werden, und diese nicht aus mengentheoretischen Überlegungen, sondern aus praktischen Anwendungsproblemen hergeleitet werden, um einen einfacheren Zugang zu ermöglichen.
2. Was bedeutet Fuzzy-Logik?
Bevor die Grundlagen der Fuzzy-Logik erläutert werden, soll zunächst geklärt werden, was
der Begriff „Fuzzy-Logik“ eigentlich meint. „Fuzzy“ kommt aus dem Englischen und bedeutet
in etwa „unscharf“, „unsicher“ oder „verschwommen“.
Der Begriff „Fuzzy-Logik“ bezeichnet also eine „unscharfe Logik“. Auch dies ist sicherlich
noch nicht viel verständlicher, da im allgemeinen Verständnis Logik etwas scharfes ist, und die
Begriffe „unscharf“ und „Logik“ sich zunächst auszuschließen scheinen. Um dennoch eine vernünftige Erklärung für den Begriff der Fuzzy-Logik zu geben, soll hier kurz geklärt werden,
um welche Form der Unschärfe es sich genau handelt.
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Einführung in die Fuzzy-Logik
3. Warum Fuzzy-Logik
Bei der Fuzzy-Logik liegt das Expertenwissen größtenteils in sprachlich formulierten Regeln
vor. Diese sprachlichen Formulierungen weisen fast immer Unschärfen auf, die im wesentlichen
auf die folgenden drei Formen der Unschärfe zurückgeführt werden können.
1. stochastische Unschärfe
Diese Unschärfe tritt auf, wenn das Eintreten eines Ereignisses nicht sicher vorhergesagt werden kann, sondern nur mit einer gewissen Unsicherheit. Gemeint ist hier zum Beispiel das
Würfeln einer „6“ mit der Wahrscheinlichkeit 1/6.
2. lexikalische (sprachliche) Unschärfe
Die lexikalische Unschärfe beschreibt die Unsicherheit in der Interpretation einer Aussage. Als
„warm“ kann z.B. eine Person eine Temperatur von 18°C empfinden, eine anderen aber vielleicht eine Temperatur von 22°C. Menschen sind in der Lage, sprachliche Unschärfe im Kontext zu weniger unscharfen Begriffen zu verdichten. Ein Computer kann dies jedoch nicht.
Spricht z.B. ein Mensch in Sibirien von warmem Wetter, meint er wahrscheinlich 10°C; bei
einem Mensch in Italien wäre eher 30°C gemeint.
3. informale Unschärfe
Diese Art der Unschärfe bezeichnet die Tatsache, daß bestimmte Begriffe auf sehr subjektiven
Festlegungen beruhen, für die zum Teil keine objektiven Bewertungsgrößen vorliegen, oder
diese nicht beschafft werden können. Gemeint sind hier Begriffe wie „Vertrauenswürdigkeit“ ,
„Kreditwürdigkeit“ oder „Sympathie“ .
3. Warum Fuzzy-Logik?
Um zu erläutern, warum die Fuzzy-Logik ein geeignetes Mittel bei der Lösung spezieller Probleme ist, die mit herkömmlicher Logik nicht oder nur unbefriedigend gelöst werden können,
soll zunächst auf einige Eigenschaften der klassischen Logik eingegangen werden.
Unter klassischer Logik wird in der Regel die zweiwertige, boolesche Logik mit ihren Eigenschaften und Regeln zum logischen Schlußfolgern verstanden.
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3. Warum Fuzzy-Logik?
Charakteristisch für die boolesche Logik ist, daß die Zugehörigkeit jedes Elements zu einer
Menge eindeutig durch 0 oder 1 definiert ist. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen:
Bild 3.1 Beispiel einer herkömmlichen Menge
In Bild 3.1 ist die Zugehörigkeit einer Spannung im Bereich von 0V bis 6V zum Pegel „high“
eines fiktiven Logikbausteins dargestellt. Dabei gehört eine Spannung entweder eindeutig zum
Pegel „high“ [3V-6V] oder eindeutig nicht dazu [0V-3V).
Soll ein regelungstechnisches Problem mit Hilfe der Fuzzy-Logik gelöst werden, muß als
Grundlage dafür Expertenwissen in Form von „Wenn ..., dann ...“ Regeln vorliegen. Diese
sprachlich formulierten Regeln weisen aber sogenannte linguistische Variable auf, die für die
Verarbeitung in einem Rechner umgesetzt werden müssen. Ist z.B. für die Regelung einer Heizung eine Regel: „Wenn es kalt ist, dann stark heizen“ gegeben, dann bilden „kalt“ und „stark
heizen“ linguistische Variable, die für einen Einsatz der Regeln in einem Regler geeignet interpretiert werden müssen. In der klassischer Logik wäre nur eine Abbildung in folgender Form
möglich:
Bild 3.2 Modellierung linguistischer Variable in klassischer Logik
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3. Warum Fuzzy-Logik?
In Bild 3.2 ist die Abbildung der Temperatur zur Menge „kalt“ und die der Leistung zur Menge
„stark heizen“ dargestellt. Wie in Bild 3.2 sofort zu erkennen ist, ist diese Art der Abbildung
sicherlich nicht sehr geeignet für der Einsatz, da hier eine Temperatur von 14.9°C noch voll zu
„kalt“ gezählt wird, eine Temperatur von 15,1°C jedoch gar nicht mehr. Dieselbe Schwäche
weist auch die Abbildung von „stark heizen“ auf.
Dem menschlichen Empfinden näher kommt eine Abbildung der folgenden Form, die jedoch
nicht mehr der klassischen Logik entspricht:
Bild 3.3 Modellierung linguistischer Variable in Fuzzy-Sets
In Bild 3.3 ist eine alternative Abbildung der beide linguistischen Variablen „kalt“ und „stark
heizen“ gezeigt. Bei dieser Art der Zuordnung ist jeder beliebige Wert im Intervall [0,1] als
Grad der Zugehörigkeit erlaubt. Eine Abbildung dieser Art ist folgendermaßen zu verstehen:
Eine Temperatur von 5°C gehört voll zur Menge kalt, während eine Temperatur von 12°C nur
noch zum Grad 0,3 zur Menge „kalt“ gehört. Dadurch soll das Empfinden ausgedrückt werden, daß eine Temperatur von 12°C zwar als kalt empfunden wird, aber nicht so stark wie eine
Temperatur von 5°C.
Diese Art der Abbildung von Elementen zu einer Menge wird nach Zadeh als Fuzzy-Set bezeichnet.
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5. Mengenoperationen auf Fuzzy Sets
4. Definition von Fuzzy-Sets
4.1 Allgemeines
1965 hat Prof. Lofti A. Zadeh von der Berkley Universität eine Veröffentlichung über FuzzySets (Fuzzy Mengen) herausgebracht, welche die Grundlage der heutigen Fuzzy-Logik bildet.
Die Zugehörigkeit von Elementen zu einer Menge wird dabei nicht mehr nur durch „0“ für
nicht zugehörig und „1“ für zugehörig beschrieben, sondern es ist jede beliebige Zahl als Grad
der Zugehörigkeit möglich. In der Praxis kommen jedoch fast ausschließlich sogenannte normalisierte Fuzzy-Sets zum Einsatz, bei denen der Zugehörigkeitsgrad zur Menge, nach Division durch den Maximalwert der Zugehörigkeit, im Intervall [0,1] liegt.
4.2 Fuzzy-Sets auf diskreten Grundmengen
Allgemein läßt sich die Zugehörigkeit eines Elementes x zu einer Menge durch eine Zugehörigkeitsfunktion µ(x) definieren. Handelt es sich um eine diskrete Grundmenge, so kann für
jedes Element die Zugehörigkeit z.B. in Form eine Tabelle angeben werden. Bild 4.1 zeigt ein
solches Beispiel für fünf Temperaturen zum Fuzzy-Set „warm“.
Temperatur
Zugehörigkeit zur Fuzzy Menge "warm"
10
0.1
15
0.5
20
1
25
0.5
30
0.1
Bild 4.1 Darstellung eines Fuzzy-Sets in Tabellenform
In der Literatur zur Fuzzy-Logik ist häufig auch die Zuordnung der Zugehörigkeit zu einem
Element in Form von Paaren in der Schreibweise µ(x)/x angegeben, wobei „/“ keine Division
bezeichnet, sondern lediglich ein Trennungssymbol ist.
Das ist vielleicht zuerst verwirrend, aber da es eine in der Literatur gebräuchliche Darstellung
ist, soll sie auch hier beibehalten werden. In Bild 4.2 ist das Beispiel aus 4.1 diesmal in der
Aufzählung durch Paare µ(x)/x angegeben.
„warm“:={0.1/10, 0.5/15, 1.0/20, 0.5/25, 0.1/30}
Bild 4.2 Definition eines Fuzzy-Sets durch Paare µ(x)/x
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Einführung in die Fuzzy-Logik
5. Mengenoperationen auf Fuzzy Sets
4.3 Fuzzy-Sets auf kontinuierlichen Grundmengen
Liegen keine diskreten sondern kontinuierliche Mengen mehr vor, so muß die Zugehörigkeit
durch eine Funktionendefinition über den gesamten Definitionsbereich der betrachteten Variable festgelegt werden. Für die Praxis besonders relevant sind dabei abschnittsweise definierte
Geraden, da sich diese besonders einfach handhaben lassen und in Rechnern oder FuzzyControllern eine schnelle Auswertung erlauben. Mit dem im nächsten Abschnitt definierten
Begriff der Fuzzyähnlichkeit kann außerdem gezeigt werden, daß sich viele Fuzzy-Sets auf
fuzzyähnliche Sets aus abschnittsweise definierten Geraden zurückführen lassen. In Bild 4.3 ist
die Darstellung eines Fuzzy-Sets „warm“ durch fünf „Geradengleichungen“ dargestellt
0
, x<5

x − 1
, 0 ≤ x < 15
10 2

, 15 ≤ x < 25
µ(x) = 1
 x 7
−
+
, 25 ≤ x < 35
 10 2

, 35 ≤ x
0
Bild 4.3 Definition eines Fuzzy-Sets durch Geradengleichungen
Die wesentlichen Eigenschaften von Fuzzy-Sets werden durch die zwei Parameter „Träger“
und „Toleranz“ beschrieben, die nun im folgenden definiert werden sollen.
Der Träger (engl. Support) eines Fuzzy-Sets beschreibt die Menge aller Elemente, deren Zugehörigkeit zum Fuzzy-Set größer als Null ist. Gleichung 4.1 zeigt die mathematische Definition des Trägers.
Supp(µ):={x | x ε G, µ(x)>0}
Gl. 4.1
Die Toleranz wird definiert als das Intervall, in welchem die Zugehörigkeit der Elemente Eins
ist. In Gleichung 4.2 ist die Toleranz mathematisch definiert.
Toleranz: [a,b]:={x | µ(x)=1}
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Gl. 4.2
Einführung in die Fuzzy-Logik
5. Mengenoperationen auf Fuzzy Sets
In Bild 4.4 ist ein trapezförmiges Fuzzy-Set mit seinem Träger (supp) und seiner Toleranz dargestellt.
Bild 4.4 Fuzzy-Set mit Träger und Toleranz
Mit den beiden Parametern Träger und Toleranz kann der Begriff der Fuzzyähnlichkeit von
Fuzzy-Sets definiert werden, welche das Äquivalent zur Gleichheit herkömmlicher Mengen
darstellt: Zwei Fuzzy-Sets mit gleichem Träger und gleicher Toleranz werden als fuzzyähnlich
bezeichnet.
Bild 4.5 Fuzzyähnliche Fuzzy-Sets
In Bild 4.5 sind drei fuzzyähnliche Fuzzy-Sets dargestellt. Hier ist jetzt zu erkennen, warum
abschnittsweise definierte Geraden ein so große Rolle bei der Definition von Fuzzy-Sets spielen. Denn diese drei Mengen sind fuzzyähnlich und produzieren bei einem korrekt ausgelegten
Regler gleiche Ergebnisse. Da jedoch das Fuzzy-Set mit den Geradengleichungen am einfach-
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Einführung in die Fuzzy-Logik
5. Mengenoperationen auf Fuzzy Sets
sten zu definieren und am schnellsten auszuwerten ist, sollte dieses den alternativen Darstellungen immer vorgezogen werden.
Werden die Fuzzy-Sets zusammen mit mehreren Experten für das zu lösende Problem entworfen, so sollte darauf geachtet werden, daß die entstehenden Fuzzy-Sets wenigstens fuzzyähnlich sind, da sonst bei gleichen Eingangswerten am Regler unterschiedliche Ausgangswerte entstehen.
Bei der Definition von Fuzzy-Sets für Fuzzy-Regler ist es wichtig, daß im Fuzzy-Set keine
Definitionslücken auftreten, da diese in einem Regler später Fehler verursachen können. Kommen im späteren Betrieb Zustände vor, die genau in einer Definitionslücke liegen, so ist nicht
gewährleistet , daß der Regler ein sinnvolles Ergebnis liefert.
Bild 4.6 Alternative Modellierung von Fuzzy-Sets
Bild 4.6 zeigt zwei mögliche Modellierungen von Fuzzy-Sets auf der Grundmenge Temperatur. Beim linken Fuzzy-Set überlappen sich die einzelnen Bereiche, so daß bei jeder Temperatur des Eingangsbereichs mindestens eine Antwort eines Fuzzy-Sets vorliegt. Beim rechten
Fuzzy-Set sind dagegen Definitionslücken vorhanden, so daß bei bestimmten Temperaturen
keine von Null verschiedene Antwort von diesem Fuzzy-Set existiert. Wenn nicht ausgeschlossen werden kann, daß solche Zustände im Betrieb vorkommen, so muß spätestens bei der Definition der Regeln für einen Fuzzy-Regler (siehe Kap. 7) darauf geachtet werden, daß eine
Regel diese Zustände abfängt.
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5. Mengenoperationen auf Fuzzy Sets
5. Mengenoperationen auf Fuzzy-Sets
5.1 Allgemeine Verknüpfungen
In der klassischen Logik werden häufig Kombinationen von mehreren Eingangsvariablen verknüpft, um eine oder mehrere Ausgangsvariable zu erhalten (z.B. UND, ODER, NICHT). Um
mit der Fuzzy-Logik sinnvoll arbeiten zu können, müssen diese Verknüpfungen als Operationen auf den Fuzzy-Sets definiert werden. Da die Fuzzy-Logik aber keine zweiwertige Logik
ist, können dieser Operationen nicht in Form von Tabellen definiert werden, wie in der klassische Logik, sondern müssen als Mengenoperationen definiert werden. In der klassischen Logik
können alle Operationen auf die drei Grundverknüpfungen „UND“, „ODER“ und „NICHT“
zurückgeführt werden. Aus diesem Grund sollen im folgenden zunächst nur diese Operationen
für die Fuzzy-Logik dargestellt werden. In der zweiwertigen Logik ist die Anzahl der möglichen Verknüpfungen, bei gegebener Anzahl der Eingangsgrößen, beschränkt. Dies ist bei der
Fuzzy-Logik nicht der Fall, da die Eingangsgrößen kontinuierlich sind, und somit prinzipiell
jede Funktion als Verknüpfung in Frage kommt. Die Schwierigkeit für den Entwickler besteht
darin, aus der Vielzahl der möglichen Verknüpfungen diejenigen herauszusuchen, die einfach
genug sind, um schnell ausgewertet werden zu können, und gleichzeitig sinnvolle Verknüpfungen in Hinsicht auf die Umsetzung der gegebenen Regeln darstellen. Hier werden für die
NICHT-Verknüpfung ein Operator und für UND- und ODER-Verknüpfung je zwei gebräuchliche Operatoren dargestellt.
5.2 Der NICHT-Operator
Der NICHT-Operator wird analog zur zweiwertigen Logik als Einer-Komplement realisiert
(nur sinnvoll bei normalisierten Fuzzy-Sets).
µ( x ) = 1 − µ( x )
Gl. 5.1
In der Fuzzy-Logik spielt der NICHT- allerdings keine so große Rollen, da ja bereits im FuzzySet definiert ist, daß eine Information mehr oder weniger zutrifft, so daß eine harte Verneinung
nicht sehr sinnvoll ist. Wird eine Information in „verneinter“ Form gebraucht z.B. „Wenn es
nicht kalt ist....“ dann wird in der Regel ohnehin direkt ein Fuzzy-Set „nicht kalt“ definiert und
dies nicht aus einem Fuzzy-Set „kalt“ durch eine NICHT-Operation abgeleitet.
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Einführung in die Fuzzy-Logik
5. Mengenoperationen auf Fuzzy Sets
Bild 5.1 Darstellung des NICHT-Operators
In Bild 5.2 ist die Wirkung des NICHT-Operators anhand des Fuzzy-Sets „kalt“ graphisch
dargestellt. Wie an der Abbildung zu sehen ist, erfüllt die Fuzzy-Logik nicht die Gesetze der
booleschen Logik, für die gilt:
µ UND nicht µ => 0 (falsch)
µ ODER nicht µ => 1 (wahr).
5.3 Der ODER-Operator
Der ODER-Operator der klassischen Logik kann als Anwendung eines Maximum Operators
auf die Eingangsgrößen aufgefaßt werden. Für die Fuzzy-Logik läßt sich ein ODER-Operator
auch durch den Maximum-Operator
[
]
µoder ( x) = max kalt( x), warm( x)
Gl. 5.2
darstellen. Wie schon erwähnt existiert in der Fuzzy-Logik eine unendliche Vielzahl an möglichen Realisierungen von Operatoren. Eine alternative Darstellung des ODER-Operators, die in
der Praxis häufig verwendet wird, ist die gewichtete Summe:
µoder ( x) =
1
(kalt ( x) + warm( x))
α
Gl. 5.3
Dabei ist α ein frei wählbarer Parameter, mit dem die Summe gewichtet werden kann.
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Einführung in die Fuzzy-Logik
5. Mengenoperationen auf Fuzzy Sets
Bild 5.2 Darstellung der Fuzzy-Sets „kalt“, „warm“ und „heiß“
Bild 5.2 zeigt drei Fuzzy-Sets „kalt“, „warm“ und „heiß“ über dem Temperaturbereich von
0°C bis 40°C. In Bild 5.3 ist graphisch die Wirkung des Maximum-Operators als Verknüpfung
„kalt ODER warm“ gezeigt. In Bild 5.4 ist dieselbe Verknüpfung, als gewichtete Summe realisiert, dargestellt.
Bild 5.3 ODER-Verknüpfung mit
Bild 5.4 ODER-Verknüpfung mit
Maximum-Operator
gewichteter Summe
Aus den Abbildungen ist zu erkennen, daß unterschiedliche Realisierungen eines Operators zu
sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen können, weshalb die geeignete Wahl eines Operators
auch wesentlich in die Übertragungseigenschaften eines Fuzzy-Reglers eingeht. Neben den
beiden dargestellten Realisierungen des ODER-Operators gibt es noch eine Reihe weiterer, in
der Praxis benutzter, Realisierungen, die jedoch hier nicht weiter aufgeführt werden sollen.
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Einführung in die Fuzzy-Logik
5. Mengenoperationen auf Fuzzy Sets
5.4 Der UND-Operator
Während der ODER-Operator in der klassischen Logik durch den Maximum-Operator dargestellt werden kann, läßt sich der UND-Operator als Anwendung des Minimum-Operators auf
die Eingangsgrößen darstellen. Auch dieser Operator soll zunächst direkt auf die Fuzzy-Logik
übertragen werden.
µ und ( x ) = min [kalt ( x ), warm( x ) ]
Gl. 5.4
Wie auch beim ODER-Operator ist eine alternative Darstellung des UND-Operators in der
Praxis gebräuchlich, da sie schneller und einfacher auszuwerten ist. Beim UND-Operators ist
dies das gewichtete Produkt
µ und ( x ) = α (kalt ( x ) * warm( x ))
Gl. 5.5
Der Parameter α kann auch in diesem Fall frei gewählt werden um das Produkt entsprechend
den Erfordernissen zu gewichten.
In Bild 5.5 ist die Verknüpfung „kalt UND warm“ unter Verwendung des Minimum-Operators
und in Bild 5.6 unter Verwendung der gewichteten Summe dargestellt.
Bild 5.5 UND-Verknüpfung durch
Bild 5.6 UND-Verknüpfung durch
Minimum-Operator
gewichtetes Produkt
Auch an diesen Beispielen wird noch einmal deutlich, wie sehr sich die Ergebnisse bei Verwendung von unterschiedlichen Realisierungen eines Operatoren unterscheiden. Für den Entwickler ist es daher sehr wichtig, die verschiedenen Operatoren und ihre Wirkungsweise auf FuzzySets zu kennen, damit der für die Anwendung richtige Operator ausgewählt werden kann.
Wichtig bei der Auswahl der Operatoren ist auch, daß diese das Assoziativgesetz erfüllen, da
sonst die Reihenfolge der Verknüpfungen bei mehreren Operationen nicht mehr beliebig ist.
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Einführung in die Fuzzy-Logik
5. Mengenoperationen auf Fuzzy Sets
5.5 Verknüpfungen auf verschiedenen Grundmengen
Bisher wurden nur Fuzzy-Sets, die auf der gleichen Grundmenge definiert waren, miteinander
Verknüpft (in den vorherigen Beispielen auf der Grundmenge Temperatur). In der Praxis viel
wichtiger ist die Verknüpfung von Fuzzy-Sets auf unterschiedlichen Grundmengen. Ist z.B.
eine Regel für eine Heizungsregelung in der Form: „Wenn es kalt ist UND die Änderung der
Temperatur negativ ist, dann ...“ gegeben, so müssen die Fuzzy-Sets „kalt“ und „Änderung
negativ“ miteinander Verknüpft werden, die zum einen den Grundbereich Temperatur und zum
anderen den Grundbereich zeitliche Änderung der Temperatur haben. Zur Verknüpfung von
Fuzzy-Sets unterschiedlicher Grundmengen können ebenfalls die in den vorherigen Kapiteln
vorgestellten Operatoren verwendet werden, wobei allerdings nicht die kompletten Fuzzy-Sets
miteinander verknüpft werden, sondern nur die Antworten der Fuzzy-Sets auf die konkreten
Eingangswerte. Ein Beispiel soll diese Verknüpfungsart verdeutlichen.
Bild 5.7 Fuzzy-Antwort auf: Temperatur 16°C
Bild 5.8 Fuzzy-Antwort auf:
zeitl. Änderung 0.4°C/min
Gegeben seien die Eingangsgrößen: Temperatur 16°C und Änderung der Temperatur
-0,4°C/min. In Bild 5.7 ist die Antwort des Fuzzy-Sets „kalt“ auf die Eingangsgröße 16°C gezeigt und in Bild 5.8 die Antwort des Fuzzy-Sets „Änderung_negativ“ auf die Eingangsgröße
-0,4°C/min. Eine Temperatur von 16°C gehört in diesem Beispiel zum Grad 0,4 zum FuzzySet „kalt“ und die Änderung von -0,4°C/min zum Grad 0,8 zum Fuzzy-Set „Änderung negativ“. Für die gewünschte Verknüpfung „kalt UND Änderung negativ“ ergibt sich dann mit dem
Minimum-Operator aus der vorherigen Definition das Ergebnis:
kalt UND Änderung negativ = min (0,4; 0,8) = 0,4.
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Einführung in die Fuzzy-Logik
6. Grundstruktur eins Fuzzy-Reglers
Ebenso läßt sich auch eine „ODER“ Verknüpfung mit den definierten Operatoren realisieren.
Mit dem Maximum-Operator lautet das Ergebnis der „ODER“ Verknüpfung also:
kalt ODER Änderung negativ = max (0,4; 0,8) = 0,8.
6. Grundstruktur eines Fuzzy-Reglers
Nachdem bisher die Grundlagen der Fuzzy-Logik dargestellt worden sind, soll nun gezeigt
werden, wie die Fuzzy-Logik eingesetzt werden kann, um einen Fuzzy-Regler zu realisieren. In
Bild 6.1 ist die Grundstruktur eines Fuzzy-Reglers dargestellt.
Bild 6.1 Grundstruktur eines Fuzzy-Reglers
In der Abbildung sind die wesentlichen Schritte zu erkennen, die in einem Fuzzy-Regler ausgeführt werden müssen. Diese werden nun im folgenden einzeln erläutert.
1. Der erste Schritt ist das Fuzzyfizieren der Eingangsgrößen. Für den Entwickler bedeutet
dies das Definieren der Fuzzy-Sets. Für den Regler bedeutet es, die Antworten der implementierten Fuzzy-Sets auf die jeweilige Eingangsgröße zu finden.
2. Liegen die Eingangsgrößen dann in fuzzyfizerter Form im Regler vor, erfolgt im nächsten
Schritt die sogenannte Inferenz, die Auswertung der implementierten Regeln, die der Ent-
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Einführung in die Fuzzy-Logik
7. Arbeitsweise eines Fuzzy-Reglers
wickler aus einer Wissensbasis gewonnen oder zusammen mit einem Experten entwickelt
hat. Diese Regeln sollten für ein einfaches Umsetzen idealerweise in der Form von „Wenn
..., dann“ Regeln vorliegen, oder in solche umgewandelt werden können. Genauer wird die
Inferenz im folgenden Kapitel besprochen.
3. Ist die Inferenz abgeschlossen, d.h. die Regeln sind ausgewertet, so liegt das Ergebnis des
Fuzzy-Reglers als Fuzzy -Größe vor. Da jedoch mit einem Fuzzy-Regler wieder herkömmliche Stellglieder angesteuert werden müssen, die nicht in der Lage sind, eine Fuzzy-Größe
geeignet zu interpretieren, muß diese Fuzzy-Größe wieder in eine „normale“ Stellgröße
umgewandelt werden. Dieser Schritt wird als Defuzzyfizieren bezeichnet. Am folgenden
Beispiel wird dann genauer darauf eingegangen, mit welchen Verfahren aus der Fuzzy-Größe wieder eine „normale“ Stellgröße gewonnen wird.
7. Arbeitsweise eines Fuzzy-Reglers
Die Arbeitsweise eines Fuzzy-Reglers soll im folgenden an einem einfachen Beispiel einer Heizungsregelung erläutert werden. Als Eingangsgrößen werden die Abweichung der momentanen
Temperatur von der Solltemperatur, sowie die zeitliche Änderung der Temperatur betrachtet.
Als Ausgangsgröße soll die einzustellende Heizleistung betrachtet werden.
7.1 Fuzzyfizieren
Für den Entwickler bedeutet das Fuzzyfizieren das Definieren der Fuzzy-Sets mit einem Experten. Der Fuzzy-Regler muß dann mit den definierten Fuzzy-Sets die Fuzzy-Antworten zu
einer aktuellen Eingangsgröße aus den Definitionen der Fuzzy-Sets berechnen oder aus einer
Tabelle entnehmen, je nachdem, in welcher Form die Fuzzy-Sets im Regler implementiert wurden. Die Definition der Fuzzy-Sets ist besonders wichtig, da die Form der Fuzzy-Sets einen
wesentlichen Einfluß auf die Eigenschaften des Reglers hat. Im folgenden Beispiel sind die
Fuzzy-Sets willkürlich gewählt, da hier nicht das Ergebnis des Reglers im Vordergrund steht,
sondern das Verständnis der prinzipiellen Arbeitsweise eines Fuzzy-Reglers. Bei der Definition
der Fuzzy-Sets wurde lediglich darauf geachtet, daß die einzelnen Bereiche sich teilweise
überlappen, um Definitionslücken zu vermeiden, und der gesamte Definitionsbereich sinnvoll
abgedeckt ist. Auch das Überlappen der einzelnen Fuzzy-Sets spielt eine große Rolle für das
Übertragungsverhalten des Fuzzy-Reglers. Als Ausgangswert sollte eine Überlappung von ca.
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Einführung in die Fuzzy-Logik
7. Arbeitsweise eines Fuzzy-Reglers
20%-50% gewählt werden [1]. Je weiter die einzelnen Fuzzy-Sets überlappen, um so stabiler
wird in der Regel das Ergebnis. Wenn aber eine zu große Überlappung besteht, steigt die Redundanz, und die Verarbeitungsgeschwindigkeit sinkt. Das Fuzzy-Set für die Eingangsgröße
„Abweichung der Temperatur“ ist in Bild 7.1 dargestellt.
Bild 7.1 Fuzzy-Set für die Eingangsgröße Temperaturabweichung
Für die Definition ist eine in der Fuzzy-Technik oft benutze Art der Fuzzyfizierung verwendet
worden, welche den Definitionsbereich in eine ungerade Anzahl von Fuzzy-Sets einteilt. In
diesem Beispiel wurde ein Fuzzy-Set für negative Abweichung, ein Fuzzy-Set für Abweichungen von ungefähr Null und eins für positive Abweichungen definiert. Von einer solchen Einteilung ausgehend, können dann eventuell noch Verfeinerungen vorgenommen werden, wenn
das Ergebnis der Fuzzy-Regelung nicht zufriedenstellend ist. Ist eine Einteilung in drei Bereiche zu grob, so können auch fünf oder sieben Bereiche verwendet werden. Die Einteilungen in
fünf Fuzzy-Sets werden in der Literatur häufig beschrieben durch: NB (negative big), NS (negative small), ZE (Zero), PS (positive small) und PB (positive big). Diese Einteilungen sind
natürlich nur dann sinnvoll, wenn der Definitionsbereich symmetrisch um Null verteilt ist. Da
jedoch in der Regelungstechnik häufig Regelabweichungen betrachtet werden und diese sowohl positiv als auch negativ sein können, ist dies in der Praxis oft der Fall.
Für die Eingangsgröße „zeitliche Änderung der Temperatur“ ist eine Definition analog zu der
vorhergehenden in Bild 7.2 dargestellt. Die Ausgangsgröße „Heizleistung“ ist ebenfalls in drei
Bereiche eingeteilt, allerdings nicht symmetrisch um den Nullpunkt, da hier nur positive Heizleistungen betrachtet werden. In Bild 7.3 ist dieses Fuzzy-Set dargestellt.
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Einführung in die Fuzzy-Logik
7. Arbeitsweise eines Fuzzy-Reglers
Bild 7.2 Fuzzy-Set für Eingangsgröße
Bild 7.3 Fuzzy-Set für Ausgangsgröße
„zeitliche Änderung der Temperatur“
„Heizleistung“
7.2 Inferenz
Der nächste Schritt für den Entwickler ist das Entwickeln der Regeln mit einem Experten oder
aus einer Wissensbasis. Die Regeln werden dabei in einer „Wenn ...., dann ...“ -Form formuliert, da sich diese am einfachsten implementieren und auswerten lassen. Die Bedingung im
„Wenn-Teil“ wird auch als Prämisse bezeichnet, und besteht in der Regel aus einer UNDVerknüpfung von Eingangsvariablen. Die Schlußfolgerung einer Regel im „Dann-Teil“ wird
auch als Konklusion bezeichnet. Die einzelnen Regeln werden meist durch eine ODERVerknüpfung verbunden, da sie quasi alle parallel gelten.
Bei den hier betrachteten zwei Eingangsgrößen mit je drei Fuzzy-Sets können prinzipiell neun
mögliche Eingangskombinationen betrachtet werden. Diese sind in Tabelle 7.1 dargestellt.
Abweichung
negativ
null
positiv
Änderung
negativ
stark
mittel
wenig
null
stark
wenig
wenig
positiv
mittel
wenig
wenig
Tabelle 7.1 Tabelle der vollständigen Regelbasis
Die drei möglichen Fuzzy-Sets für die Abweichung der Temperatur vom Sollwert sind in der
ersten Spalte eingetragen und die Fuzzy-Sets der zeitlichen Änderungen der Temperatur in der
ersten Zeile. Daraus ergibt sich eine 3x3 Matrix, in welche die entsprechenden Konklusionen
eingetragen werden können. Für das Beispiel bedeutet dies, daß bei einer negativen Temperaturabweichung und einer negativen zeitlichen Änderung der Temperatur z.B. stark geheizt
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Einführung in die Fuzzy-Logik
7. Arbeitsweise eines Fuzzy-Reglers
werden soll. Für Temperaturabweichung Null und Änderung Null ergibt sich z.B. eine mittlere
Heizleistung.
Im folgenden sollen jedoch nicht alle Regeln berücksichtigt werden, sondern nur noch drei Regeln, damit die Inferenz, also die Überlagerung der Regeln, nicht zu unübersichtlich wird. Im
weiteren sollen nur noch die Regeln:
I.
Wenn die Abweichung negativ ist UND die Änderung negativ, dann stark heizen
ODER
II. Wenn die Abweichung negativ ist UND die Änderung positiv, dann mittel heizen.
ODER
III.
Wenn die Abweichung Null ist UND die Änderung negativ, dann mittel heizen.
betrachtet werden, die stellvertretend aus der Menge der möglichen Regeln ausgewählt worden
sind. Sind die Regeln definiert und im Fuzzy-Regler implementiert, so geschieht die eigentliche
Inferenz in drei Schritten:
1. Auswertung der Prämissen aller Regeln (Aggregation)
In diesem Schritt werden die in den Regeln benutzten Verknüpfungen der Eingangsgrößen
entsprechend den in Kapitel 5 definierten Operatoren ausgewertet, so daß ein Fuzzy-Wert für
das Zutreffen der Prämisse errechnet wird. Meistens werden die Eingangsgrößen über eine
UND Verknüpfung verbunden, so daß in diesem Schritt gewöhnlich der Minimum-Operator
oder die gewichtete Summe zum Einsatz kommt.
2. Auswertung der Konklusionen (Implikation)
In der klassischen Logik ist das logische Schließen sehr einfach. Trifft die Bedingung einer
Regel zu, so trifft ihre Schlußfolgerung zu; trifft die Bedingung nicht zu, dann trifft auch die
Schlußfolgerung nicht zu. In der Fuzzy-Logik kann eine Bedingung jedoch auch zum Teil zutreffen, so daß definiert werden muß, in welchem Umfang dann die entsprechende Konklusion
zutrifft. Ein mögliches Verfahren hierfür ist das Minimum-Verfahren, welches als Erfüllungsgrad der Schlußfolgerung das Minimum aus der Erfüllung der Prämisse und der Konklusion
annimmt. Graphisch bedeutet dies, daß das Fuzzy-Set zum entsprechenden Ausgangswert in
der Höhe der Erfüllung der Prämisse abgeschnitten wird, wie in Bild 7.6 dargestellt wird. Das
Ergebnis dieser Operation ist dann eine Fläche im Ausgangs-Fuzzy-Set. Ein anderes häufig
benutztes Verfahren ist das Produkt-Verfahren, bei dem jeder Abszissenwert des AusgangsFuzzy-Sets mit dem Erfüllungsgrad der Prämisse multipliziert wird, wodurch sich eine etwas
andere Fläche als beim Maximum-Verfahren ergibt.
3. Zusammenfassung aller Regeln (Akkumulation)
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Einführung in die Fuzzy-Logik
7. Arbeitsweise eines Fuzzy-Reglers
Im letzten Schritt müssen dann die Konklusionen aller Regeln zusammengefaßt werden, da
meist mehr als eine Regel zumindest zum Teil zutrifft. Da die Regeln in den meisten Fällen
über eine ODER-Verknüpfung verbunden sind, wird hier in der Regel der Maximum-Operator
zur Überlagerung aller Konklusionen benutzt. Die einzelnen Regeln können dabei noch mit
einem Gewichtungsfaktor versehen werden, wenn der Experte der Meinung ist, daß nicht alle
Regeln gleich wichtig sind. Im vorliegen Beispiel wären z.B. die drei ausgewählten Regeln mit
1 gewichtet und die restlichen Regeln mit 0.
Wird für die Implikation das Minimum-Verfahren angewandt und für die Akkumulation der
Maximum-Operator, so wird dies als MAX/MIN-Inferenz bezeichnet. Wird statt des Maximum-Operators für die Implikation der Produkt-Operator verwendet, so wird dies als
MAX/PROD- Inferenz bezeichnet.
7.3 Defuzzyfizieren
Das Ergebnis der Inferenz ist eine Fläche im Ausgangs-Fuzzy-Set, welche sich über alle Bereiche erstrecken kann, und deren Höhe von den Erfüllungen der einzelnen Regeln abhängt. Dies
stellt die Antwort des Fuzzy-Reglers als Fuzzy-Größe dar. Da jedoch ein Stellglied eine konkrete Stellgröße benötigt, um eine korrekte Einstellung vornehmen zu können, muß aus dieser
Fuzzy-Größe wieder ein eindeutiger Wert gewonnen werden. Ein häufig benutztes Verfahren
hierfür ist die Schwerpunktmethode, welche als Ausgangswert den Flächenschwerpunkt der in
der Inferenz bestimmten Fläche ausgibt.
Anhand von konkreten Eingangswerten sollen nun alle Schritte des Fuzzy-Reglers dargestellt
werden.
Gegeben sei eine Abweichung der Temperatur vom Sollwert von -4°C und eine zeitliche Änderung der Temperatur von -0,2°C/min.
Gelangen diese Werte in den Fuzzy-Regler, so wird dieser zunächst die Eingangswerte fuzzyfizieren, also die Zugehörigkeit dieser Werte zu den entsprechenden Fuzzy-Sets bestimmen. In
Bild 7.4 und 7.5 ist dieser Schritt graphisch dargestellt.
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7. Arbeitsweise eines Fuzzy-Reglers
Bild 7.4 Fuzzy-Antwort auf die
Bild 7.5 Fuzzy-Antwort auf die
Eingangsgröße Abweichung -4°C
Eingangsgröße zeitliche Änderung -0,2°C/min
Für die Eingangsgröße Abweichung=-4°C ergibt sich eine Zugehörigkeit zum Fuzzy-Set Abweichung_negativ von 0,8 und zum Fuzzy-Set Abweichung_null von 0,2. Die Zugehörigkeit
zum Fuzzy-Set Abweichung positiv ist erwartungsgemäß 0. Für die Eingangsgröße zeitl. Änderung der Temperatur =-0,2°C/min ergibt sich für das Fuzzy-Set Änderung_negativ eine Zugehörigkeit von 0,4 und für das Fuzzy-Set Änderung_null eine von 0,6. Die Zugehörigkeit zum
Fuzzy-Set Änderung_positiv ist wie erwartet 0.
Mit den hier gefundenen Werten erfolgt im Fuzzy-Regler nun der erste Schritt der Inferenz,
d.h. das Auswerten der Prämissen. Da die Eingangsgrößen UND verknüpft sind erfolgt die
Auswertung mit Hilfe des Minimum-Operators. Für die Prämisse von Regel I wird ermittelt:
Abweichung negativ UND Änderung negativ = min (0,8 ; 0,4) = 0,4.
Für die Regel II lautet der Erfüllungsgrad der Prämisse:
Abweichung negativ UND Änderung positiv = min (0,8 ; 0,0) = 0,0.
Für Regel III ergibt sich als Erfüllungsgrad der Prämisse:
Abweichung Null UND Änderung negativ = min (0,2 ; 0,4) = 0,2.
In diesem Beispiel soll für den nächsten Schritt - die Implikation - der Minimum-Operator verwendet werden. In Bild 7.6 ist dargestellt, wie der Minimum-Operator das Fuzzy-Set der Konklusion in Höhe der Erfüllung der Prämisse abschneidet.
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7. Arbeitsweise eines Fuzzy-Reglers
Bild 7.6 Darstellung der Implikation
Für die Regel I bedeutet dies, da die Prämisse (Wenn die Abweichung negativ ist UND die
Änderung negativ) einen Erfüllungsgrad von 0,4 hat, daß das Fuzzy-Set der zugehörigen Konklusion (viel_heizen) in der Höhe 0,4 abgeschnitten wird. Die Prämisse der Regel II (Wenn die
Abweichung negativ ist UND die Änderung positiv) hat einen Erfüllungsgrad von Null. Daher
ist auch die entsprechende Konklusion (mittel_heizen) für diese Regel zum Grad Null erfüllt.
Regel III hat einen Erfüllungsgrad der Prämisse (Wenn die Abweichung Null ist UND die Änderung negativ) von 0,2, so daß das Fuzzy-Sets mittel_heizen in der Höhe 0,2 abgeschnitten
wird. Als Ergebnis der Implikation ergeben sich also zwei Flächen unter den Ausgangs-FuzzySets, die nun in der Aggregation mittels des Maximum-Operators zusammengefaßt werden.
Das Ergebnis dieser Operation ist in Bild 7.7 dargestellt.
Bild 7.7 Darstellung der Aggregation und Schwerpunktbildung
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7. Arbeitsweise eines Fuzzy-Reglers
Der letzte Schritt des Fuzzy-Reglers ist nun die Bestimmung der Ordinate des Flächenschwerpunktes, damit dieser dann als defuzzyfizierter Ausgangswert an das Stellglied gegeben werden
kann. In diesem Beispiel errechnet der Fuzzy-Regler einen Schwerpunkt, der bei ca. 700 Watt
liegt, so daß eine Ausgangsleistung von 700 Watt vom Stellglied als Reaktion auf die momentane Situation eingestellt wird. Dieses Ergebnis ist zumindest plausibel, da bei relativ großer
Abweichung von der Solltemperatur und leicht fallender Temperatur eine relativ große Heizleistung erwartet werden kann. Ob dieses Ergebnis ausreichend ist, muß der Experte für diese
Regelung beurteilen, und gegebenenfalls müssen die Fuzzy-Sets oder die Regeln noch einmal
überarbeitet werden.
Bild 7.8 Pseudo-Fuzzy-Set zur Erweiterung des Ausgangsbereiches
An Bild 7.7 ist zu erkennen, daß durch die Schwerpunktmethode der Ausgangswert des FuzzyReglers immer nur innerhalb des Wertebereiches der Ausgangsvariablen liegen kann, aber niemals auf den Rändern. Für das Beispiel bedeutet dies, daß bei positiver Temperaturabweichung
und steigender Temperatur die Heizleistung nicht wie erwartet Null ist, sonder sich als Flächenschwerpunkt des Fuzzy-Sets wenig_heizen ergibt, und somit bei ca. 150 Watt liegt. Um
dieses Problem zu beheben, können sogenannte Pseudo-Fuzzy-Sets zur Schwerpunktbestimmung verwendet werden. Dabei wird das Fuzzy-Set, welches am Rand des Definitionsbereiches liegt, symmetrisch über diesen hinaus fortgesetzt, und die gesamte Fläche für die Schwerpunktberechnung verwendet. Daraus folgt, daß nun auch die Randwerte als Ausgangswerte
möglich sind. Für das Beispiel bedeutet dies, daß die Heizleistung tatsächlich Null wird, wenn
die Abweichung und die Änderung positiv sind.
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Einführung in die Fuzzy-Logik
8. Zusammenfassung
8. Zusammenfassung
Die Fuzzy-Logik bietet ein Hilfsmittel, um Regler entwerfen zu können, wenn herkömmliche
Verfahren zum Reglerentwurf nicht weiterkommen, da ihnen das Grundmodell der Regelstrekke fehlt oder zu kompliziert für einen geeigneten Reglerentwurf ist. Da die Fuzzy-Logik modellfrei arbeitet, kann sie in einem solchen Fall zu einer Lösung des Problems kommen, vorausgesetzt es existiert ein Experte für diese Regelung, dessen Wissen über die Eigenschaften des
Systems und dessen Regelung in einem Fuzzy-Regler implementiert werden kann. Dadurch
sind eine große Anzahl von Regelungen oder Automatisierungen denkbar, die mit den herkömmlichen Mitteln der Regelungstechnik nicht zugänglich wären. Allerdings bedeutet die
Tatsache, daß kein Modell der Regelstrecke mehr benötigt wird nicht, daß auch der Entwurf
des Regler damit einfacher wird. Es gibt beim Fuzzy-Regler eine große Anzahl von Freiheitsgraden, die auf das Ergebnis eine große Wirkung haben, und die daher vom Entwickler geeignet berücksichtigt werden müssen. Dazu zählt besonders die Festlegung der Fuzzy-Sets, die
ganz wesentlich die Antwort eines Fuzzy-Regler bestimmen, und für die es eine enorme Anzahl
möglicher Realisierungen gibt. Auch die Festlegung der Operatoren für die Verknüpfungen der
Größen ist ein wichtiger Faktor beim Entwurf des Reglers, da auch hier - nicht wie in der klassischen Logik nur eine einzige Realisierung - nahezu beliebig viele Möglichkeiten existieren,
von denen eine geeignete ausgewählt werden muß. Aber auch für die Methode der Überlagerung der Regeln (hier vorgestellt MAX/MIN Inferenz und MAX/PROD Inferenz) und die Defuzzyfizierung (hier Schwerpunktmethode) gibt es eine Reihe oft benutzter Verfahren, die jeweils passend ausgewählt werden müssen. Auch die Fuzzy-Regelung stellt also an den Entwickler große Ansprüche, so daß nicht verallgemeinert werden kann, daß die Fuzzy-Regelung
leichter zu realisieren wäre, als eine herkömmliche Regelung.
Kann ein Problem jedoch nicht anders als mit Hilfe der Fuzzy-Logik gelöst werden, so steht
dem Entwickler heute eine große Anzahl an Fuzzy- Hard- und -Software zur Verfügung, die
eine konkrete Umsetzung der Fuzzy-Entwicklung für die Praxis erlauben.
Die Fuzzy-Logik ist somit kein Ersatz für den herkömmlichen Reglerentwurf, oder etwa ein
Verfahren zum trivialen Entwurf von Reglern, sondern sie bietet Werkzeuge für den Fall an,
daß mit den herkömmlichen Mitteln kein befriedigendes Ergebnis erzielt werden kann. Es gibt
sogar Verfahren, die mit Hilfe von Fuzzy-Logik herkömmliche PID-Regler für eine Anwendung optimieren. Ein Grund, warum die Fuzzy-Logik besonders in der westlichen Industrie
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Einführung in die Fuzzy-Logik
8. Zusammenfassung
noch keinen rechten Einzug gehalten hat, ist vielleicht die Tatsache, daß die Idee einer unscharfen Logik für die meisten nicht mit herkömmlichen Vorstellungen von Logik und Präzision zu vereinbaren ist, und so eine solche Lösung von vornherein abgelehnt wird. Im asiatischen
Raum, wo es viel natürlicher ist, mit abgestuften Wahrheiten statt mit Wahr und Falsch zu
denken, wird die Fuzzy-Logik schon sehr viel intensiver in kommerziellen Produkten eingesetzt.
Sicherlich wird die Fuzzy-Logik, aufgrund ihrer Potentiale, in der Zukunft auch in der westlichen Industrie immer mehr Einzug halten, so daß sich eine Beschäftigung mit diesem Thema
durchaus lohnt.
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Einführung in die Fuzzy-Logik
9. Literatur
9. Literatur
[1]
Einführung in die Fuzzy-Logik
Fortschritt durch Unschärfe
Ulrich Schulte Franzis’Verlag
[2]
Fuzzy-Theorie oder
Faszination des Vagen
Bernd Demand vieweg Verlag
[3]
Fuzzy Technologie
Prinzipien Werkzeuge Potentiale
Hans Jürgen Zimmermann VDI Verlag
[4]
Fuzzy-Logik
Grundlagen, Anwendungen, Hard- und Software
Thomas Tilli Franzis’Verlag
[5]
Automatisierung mit Fuzzy-Logik
Thomas Tilli Franzis’Verlag
[6]
Einführung in Fuzzy Methoden
Hans Bandemer,
Sigfried Gottwald Akadmie Verlag
[7]
Fuzzy-Logik und Fuzzy-Control
Jörg Kahlert,
Hubert Frank vieweg Verlag
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