ür den e inn - Classic Days Schloss Dyck

Transcription

ür den e inn - Classic Days Schloss Dyck
reportage classic days
Motor Klassik 10|2011
classic days
as Magazin
für den Beg2inn
die classic days auf schloss dyck sind eine komposition aus rundstrecke,
concours d‘elegance und treffen. drei redakteue und ihre eindrücke.
Die
Pflichtlektüre
ner wunderbaren
für
Einsteiger
Freundschaft
racing legends auf
dem dreieckskurs
Sportredakteur Dirk
Johae machte sich als
Streckensprecher
nützlich und stellte die
Fahrzeuge vor
Gezielt auswählen.
Mein erster Klassiker: 5 Oldtimer-Anfänger berichten
über ihren Einstieg.
Optimal genießen.
Insider-Tipps: für viele unvergessliche Momente.
Schlauer kaufen.
concours d‘elegance
hinter dem schloss
Franz-Peter Hudek
spazierte über den
gepflegten Rasen und
genoss die edlen
Sonderkarosserien
Großer Katalog: 38 ideale Klassiker für
Einsteiger ab 2.000 €.
klassiker-treffen
miscanthusfeld
Im Schilfgürtel machte
sich Alf Cremers auf die
spannende Suche nach
Exoten unter den 800
Klassikern der Clubszene
am Kiosk und im ausgewählten Buchhandel oder bequem per Post nach Hause.
ur 9,80 € zzgl. Versandkosten bestellen.
Tel. 0180 535 40 50 23 32*
*14 ct/min aus dem dt. Festnetz,
max. 42 ct/min aus dem dt. Mobilfunknetz.
w.motor-klassik.de/ratgeber
Ansicht!
145
reportage classic days
Motor Klassik 10|2011
racing legends
Sound der 70er
Jahre: Aus der
Sammlung im
nahen Köln rollte
der Werks-Capri
RS 3100 durch die
Bergahornallee
an Schloss Dyck
auf dem rundkurs begeisterte ein starterfeld der extraklasse,
hochkarätig wie noch nie zuvor bei den classic days schloß dyck.
■ „Crispy“ nennen die Engländer den
Sound eines kultivierten Rennmotors. Wie
das klingt, führt jenes V6-Aggregat in
Reinkultur vor, welches nur Zentimeter
vom Sprecherhäuschen entfernt durch
zwei Flammrohre an der Seite zornig brabbelt. Zwei, drei Gasstöße dienen als Ouvertüre für ein gewaltiges Konzert wie aus
sechs rauchigen Saxofonen in der Lautstärke eines Heavy-Metal-Konzerts. Das
blauweiße Coupé mit dem mächtigen
Heckspoiler schießt durch den Startbogen
Richtung Dycker Weinhaus. Ganz so wie
1974, als Ford unter Rennleiter Michael
Kranefuss im Duell um die europäische
Tourenwagenkrone gegen den Erzrivalen
BMW mit einem neuen, 455 PS starken
Cosworth-Motor konterte.
Wenn ein Motor besonders „crispy“ klingt,
ist mein Sprecherkollege Walter Zipser förmlich aus dem Häuschen. Dann lässt er mich
in unserer weißen Sprecherhütte allein und
steckt sein Funkmikrofon Richtung Auspuff,
um das Ausatmen der Zylinder unmittelbar
über die Lautsprecher zu den voll besetzten
Zuschauerrängen zu übertragen.
Wieder ist Walter auf der Jagd nach
dem unmittelbaren Klangerlebnis. Diesmal ist
es ein Song aus den Fünfzigern von „M 196“.
Mit diesem Kürzel bezeichnete Mercedes den
296 PS starken Rennsportwagen, der 1955 die
Markenweltmeisterschaft möglich machte.
Doch Hans Herrmann, der damals nur
wenige Minuten hinter Fangio startete, braust
im zweisitzigen Nachkriegs-Silberpfeil mit der
Startnummer „658“ am Start vorbei und zaubert mit dem einzigartigen Klang des zwangsgesteuerten Achtzylinders die Atmosphäre der
Mille Miglia von 1955 auf die Landstraße am
Miscanthusfeld – eine Hommage an den fünffachen Formel-1-Weltmeister und MercedesWerkspilot Juan Manuel Fangio, der im Juni
100 Jahre alt geworden wäre.
Da gibt es keinen Halt, schade für meinen Kollegen Walter. Doch der Klang des
schwäbischen Reihenmotors ist viel ausdrucksstärker, als es flüchtige Worte wären.
ehemalige le mans sieger
Als „Trips Memorial“ erinnern die Classic Days
auch an den vor 50 Jahren tödlich verunglückten Wolfgang Graf Berghe von Trips. Der
Rennfahrer aus dem Rheinland war 1955 im
300 SLR Teamkollege von Fangio. Bei der Tourist Trophy in Dundrod wurde Trips mit André
Simon Dritter, genau in dem Auto, mit dem
Fangio einige Monate zuvor die Mille Miglia
bestritten hatte.
Eine Hommage an den ehemaligen
Porsche-Werksfahrer war der Auftritt des
„State of Art“-Teams, das gleich drei Porsche
550 Spyder aus dem Jahr 1955 auf den Dreieckskurs an Schloss Dyck schickt. Gefahren
werden die offenen Rennsportwagen aus
Stuttgart von den ehemaligen Le Mans-Siegern Gijs van Lennep und Jürgen Barth.
Der Boxer mit vier obenliegenden Nockenwellen ebnete Porsche einst auch den
Einstieg in den Formelsport. Bei den Racing
Legends erlebten die Zuschauer den ehemaligen Werks-Monoposto aus dem Hamburger
Automuseum „Prototyp“. An Schloss Dyck
entert der Fernsehkoch Horst Lichter das
Cockpit des 180 PS starken Einsitzers. „Das
ist ja ein Träumchen“, sagt Lichter schmunzelnd, während er seinen Helm mit dem Wappen der Scuderia Colonia aufsetzt, wie ihn
auch von Trips trug.
Die Gleichmäßigkeitsprüfung gewann ein junger Motorradfahrer: Moritz
Richter reichten die 4,5 PS seiner NSU
201 R von 1928, um mit der Trips-Trophäe
ausgezeichnet zu werden. Der kleine 200cm3-Einzylinder würde zwar von den Engländern nicht das Qualitätssiegel „crispy“
erhalten, die seltene Maschine aber sicher
ein begeistertes „lovely“.
text dirk johae
bild frank herzog, arturo rivas
ehemaliger Teamkollege
100 Jahre Juan Manuel Fangio: Sein
der des 300 SLR erklingen
zylin
Acht
den
ließ
n
man
Herr
s
Han
Rallye-Urgestein: Austin-Healey
3000 von Ford
Designchef Smith vor Porsche 356
Speedster
Start frei für Bent
schickte eine sta ley Boys: Der Benjafield Club
rke Abordnung zu
Schloss Dyck
hter im Formel
Traum: Horst Lic
Erfüllte sich einen60 auf den Spuren von Trips
2-Porsche von 19
Legende auf drei Räd
Typ 51/3 aus dem Jahern: BMW-Renngespann
r 1952 von Uwe Stroin
ski
146
Zuschauermagnet: Der Bugatti 35B ist einer
der erfolgreichsten Rennwagen aller Zeiten
er mit Jürgen
Porsche 550 Spyd
Tribut an Trips: in der Allee am Wasserschloss
er
Barth am Steu
Gaststart: Jochen Mass
im Bentley „Old Mothe ließ sich zur Fahrt
r Gun“ einladen
im 820 PS starken
Big-Banger-Premiere: Harry Read von 1970
olet
hevr
/D-C
M8C
CanAm-McLaren
147
reportage classic days
Motor Klassik 10|2011
jewels in the park
Dieser elegante
Ferrari 212 Inter
Vignale stammt
aus dem Autofriedhof Messerli
„juwelen im park“ verspricht der concours der classic days – und das ist
nicht übertrieben. sieger wurde aber ein ungeschliffener diamant.
■ Eigentlich musste man auf Schloss
Dyck allein schon für den Concours d‘
Elegance einen ganzen Tag einplanen,
so wundervoll waren Kulisse und optische Bandbreite der 40 angetretenen
Klassiker. Sie reicht vom spacigen MiniLangheck-Rennwagen bis zum majestätischen Bentley Mark VI mit GraberKarosserie. Den Hauptpreis Best of Show
erhielt überraschenderweise ein unrestaurierter Mercedes-Benz 710 SS aus
dem Vorbesitz von Rudolf Caracciola.
Auf der Halbinsel zwischen Orangerie und
Barockbrücke in Sichtweite zum neu renovierten Wasserschloss stellten sich 40 Automobile den kritischen Fragen und Blicken der 13-köpfigen Jury. Es ist schon erstaunlich, wie der noch junge, zum sechsten Mal durchgeführte Event auch mit
seiner Jury ein hohes Qualitätsniveau erzielt. Stellvertretend für die gesamte Mannschaft seien genannt: AvD-Chef Rudolf Graf
von der Schulenburg, der Leiter des Porsche-Archivs Dieter Landenberger, die
einstigen Automobil-Designer Johann
Tomforde und George Gallion, Design-Historiker Paolo Tuminelli und Editorial Designer Wolfgang Seidl. Kennzeichen aller
Juroren: die Leidenschaft für markante,
formstarke und wegweisende Automobile.
Concours-Veranstalter Marcus Herfort machte es den Juroren des auf FIVA
(Fédération Internationale des Véhicules
Anciens) A-Niveau ausgetragenen Wettbewerbs nicht gerade einfach, ihre Favoriten
zu bestimmen: zu interessant, zu wichtig,
aber auch zu bunt und zu bizarr waren die
40 teilnehmenden Oldtimer. Dieser erfrischende Cocktail kam auch beim Publikum
hervorragend an.
die mischung macht‘s
Natürlich durften die großen Marken und
Motoren nicht fehlen, die den Glanz und
Reichtum vergangener Tage stilgerecht vor
der Schlosskulisse inszenierten. Fast geräuschlos, nur vom Knirschen des Kieses
begleitet, rollten sie am Publikum und am
Jury-Pavillon vorbei: die Mercedes 500 K
und 710, ein Horch 853 Sportcabrio, ein
Lincoln Le Baron V12 Coupé oder ein Talbot Lago T26 Rekord Cabrio mit Worblaufen-Karosserie aus der Schweiz und viele
mehr. Dann der futuristische, von Mario
Revelli di Beaumont für Bertone entworfene Alfa Romeo 6C 2500 SS von 1942, der
bereits bei den Concours-Veranstaltungen
Pebble Beach und Villa d‘Este Preise mitnahm. So auch auf Schloss Dyck, wo er den
Designpreis der Jury erhielt.
Dazwischen sorgten Nachkriegsträume wie ein VW Karmann-Ghia 1600 L
Coupé und ein Borgward Isabella TS Coupé für Abwechslung. Genauso das motorisierte Silberfischchen vom Renault-Tuner
Autobleu, das 1954 in der 750er-Klasse auf
Langstreckenrennen unterwegs war. Ebenso eigenartig wie (fast) einzigartig war der
Porsche Typ 64 Berlin-Rom-Wagen mit
seitlich eingezogenem Greenhouse, um
den Luftwiderstand zu reduzieren. Das Automuseum Prototyp in Hamburg präsentierte auf Schloss Dyck erstmals den aus
Teilen wiederhergestellten Wagen, von
dem nur drei entstanden sind.
Gesamtsieger wurde der schwarze,
unrestaurierte Mercedes 710 SS von Peterheinz Kern. Jury-Mitglied Tomforde bei
der Preisübergabe: „Originalität ist bei einem historisch so wichtigen Modell wie
diesem Mercedes von großem Wert.“
Eine souveräne und mutige Entscheidung, mit der die Jewels in the Park
ihre Eigenständigkeit bewiesen.
text franz-peter hudek
bild arturo rivas, frank herzog (1)
o
Villa d‘Este: Alfa Rome
Siegte bereits bei der
do Lopresto
rra
Co
von
e
ton
Ber
6C 2500 SS
l für den Klas
hält den Poka ikumspreis
er
ch
oi
Br
a
bl
Fatim
te noch der Pu
sieg. Ihm folg
sen-
Der 1975 erstmals
Baradino ist ein zugelassene Paulussen
Eigenbau mit Po
rsche-Motor
Best of Show. Pe
zenen Gärtnerhut.terheinz Kern erhält den bronJohann Tomforde
kommentiert
nach dem
ilian Engert fragt
Sprecher Maxim Typ 64 Berlin-Rom-Wagen
Klima im Porsche
Spektakulärer Mille-Miglia-Renne
Renault-Heckmotor-Technik von r mit
Autobleu
148
zvolle Parade auf der Halbinsel
Oase im Rennsport-Trubel. Glan das aus zwei Einheiten besteht
vor dem Dycker Wasserschloss,
An den schwungvoll gezeichneten Bizzarini
5300 GT ging der 2. Preis der „Raren GTs“
Adrian von Lerber reis
Graber an und erhielt te aus Bern im Bentleydafür einen Sonderpre
is
149
reportage classic days
Motor Klassik 10|2011
Turismo. Hans-Dieter Kita
Am Lenkrad eines klassischen Granseines Fiat 2300 S Coupé
nik
Tech
e
ziert
mpli
unko
schätzt die
Die E-Type-Phalanx wird von Win
Jaguar XJ V12 in Dorchester Greyfried Bayers
aufgelockert
doziert
t Willi Kaufmann
Lancia-Enthusiaser sein Flavia Zagato Coupé
unterhaltsam üb
zeichen-Alter.
mmen ins H-Kenn
Auch Replikas ko udel mit Ford V6-Technik
Panther-Kallista-R
Sogar ein originaler, keineswegs überrestaurierter Flügeltürer nimmt die Miscanthus-Parade ab
Vom Bestatter zum Ge
rollende Espresso-Bar nießer. Fiat 2300 B als
. Aber weg mit den Alu
s!
Michael Fleischer
und seine Frau
feiern die Subtilität des Extravaganten. Nur 188
Maserati Kyalami
wurden gebaut
n Abarth- und
0 und seine rarehilfwiese
Sc
Der Nuova Fiat 50
die
rn
r bevölke
Giannini-Ablege
Gelbes Gumm
MG B GT bekaiboot in Aktion. Der Link
slen
m den RoverV8 implantiert ker
sankt miscanthus
die riesige spielwiese um schloss dyck lässt den markenclubs freie entfaltung. grandios sind menge und artenvielfalt, von austin bis zagato.
■ Shellette bleibt diesmal zu Hause. Das
Wetter ist zu schlecht. Die Dachmarkise
könnte wegwehen. Vor allem der Samstag
verwandelte den Schilfgürtel zeitweise in
ein Reisfeld. Wer erinnert sich noch an
Shellette? So hieß dieser reizende Michelotti-Strandwagen auf Fiat 850-Basis, der
uns letztes Jahr auf dem Miscanthusfeld
entzückte. Auch ohne kollektives Picknick siegt die Freude über 800 Klassiker.
Sankt Miscanthus, der Schutzpatron der
Clubszene, hat ein Herz für Exoten.
In kleinen Gruppen lauern sie wild verstreut
auf linealgezogenen Inseln im mannshohen
Elefantengras. Hier MG, drüben Fiat, auf
der anderen Seite Jaguar. Am Horizont
blitzt eine Mercedes-Kette auf, vor der Pappelreihe bleiben die Porsche unter sich.
Erst aus der Vogelperspektive würde
wohl eine geheimnisvolle Ordnung sichtbar,
die diesen rheinischen Klassikerkosmos
zusammenhält. Sicher es gibt hier ertragreiche Monokulturen vom Porsche 356 und
911, vom Mercedes 280 bis 500 SL, von
Austin-Healey und Triumph TR. Aber erst
die gepflegten bunten Beete mit Lamborghini, Iso, Maserati oder Ferrari machen
150
Anne Hollmann und Sim
über ihr elegantes Fia one Kruse freuen sich
t 1500 Pininfarina Cab
rio
diesen Botanischen Garten automobiler Artenvielfalt so reizvoll. Selbst Einzelgänger wie
Panther, Morgan und TVR fühlen sich in
dieser toleranten Wildnis wohl. NSU 1200
C, Opel Rekord und Simca 1500 nehmen
hier ein wohltuendes Bad in der Menge.
Den Volksautos gefällt es, dass sie
mehr Beachtung finden als der vollblütige,
skulpturhafte Alfa 6C 2500, drüben auf dem
roten Teppich des Concours d`Elegance.
zagatos genialer wahnsinn
Die Wünschelrute des wissbegierigen Exotensuchers schlägt zuerst beim Lancia Flavia Sport Zagato von Willi Kaufmann aus.
Der exzentrisch gestylte Fronttriebler zieht
jeden magisch an, der die Faszination gewollten Andersseins auskosten will. Willi
Kaufmann nutzt die Chance, um über die
zahllosen Unvollkommenheiten seines Wagens zu philosophieren: „Der Zagato ist wie
ein abstraktes Kunstwerk, man muss sich
gänzlich auf ihn einlassen.“
Formvollendet gibt sich dagegen ein
Zeitgenosse von Fiat. Das 2300 S Coupé
von Hans Dieter-Kita stammt aus derselben
überaus kreativen Epoche. Der elegante
Zweipluszwei mit Ghia-Karosserie und ro-
buster Sechszylinder-Großserien-Technik
verbindet die formale Klasse eines Lancia
oder Ferrari mit hoher Zuverlässigkeit und
moderaten Unterhaltskosten. „Der Motor
ist drehfreudig und elastisch, seine 136 PS
reichen auch heute noch aus“, sagt Kita,
der das Herrenfahrer-Coupé für einen Geheimtipp in der Klassiker-Szene hält.
Das Gleiche gilt auch für den MG B
GT V8 als Gummiboot. Olaf Port zirkelt sein
wohlklingendes, quietschgelbes Drehmomentmonster flink durch die engen Schilfschneisen. Port ist kein Racer: „Mir geht es
nicht um die effektiven Fahrleistungen. Es
sind der Sound und die Mühelosigkeit der
Kraftentfaltung. Das macht den V8 aus.“
Was von der Ferne noch wie ein Jaguar XJ 40 aussah, nähert sich nun als
rassiger Maserati Kyalami. Wir halten Michael Fleischer händeringend an und erklären seinen radikalen Understatement-GT
mit extremem Feingeist-Faktor spontan
zum „Best of Miscanthusfeld 2011“. Fleischer versteht, steigt aus, nimmt seine Frau
in den Arm und lächelt wie ein Sieger.
text alf cremers
bild arturo rivas
151