Kirche in Eins Live - Erzbistum Paderborn

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Kirche in Eins Live - Erzbistum Paderborn
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Cornelia Mees
Drolshagen
Kirche in Eins Live
3.8.-8.8.2009
Montag, 3. August 2009
Gäste sind ein Segen
„Jeder Christ ist ein Freund, den du noch nicht kennst.“ Diesen Spruch kenne ich
noch von meiner Oma und hielt ihn immer für dummes Geschwätz. Bis ich im letzten
Jahr die Erfahrung machte, dass Christen tatsächlich eine große Familie sein
können.
Seit Jahren macht sich eine Gruppe von fast 150 Pilgern auf einen 150 km langen
Weg von Much im Bergischen Land nach Werl in Westfalen. Dabei machen sie
Station in unserer Stadt. Auch diesmal wurden bei uns wieder Gastfamilien gesucht,
die den Reisenden für eine Nacht ein Bett zur Verfügung stellen.
Ich habe eigentlich keinen Platz für Gäste, da ich selbst nur eine kleine Wohnung
habe. Aber ich habe mich überreden lassen und zwei jungen Mädchen mein Bett
überlassen und auf der Couch genächtigt. Ich dachte es wäre eine gute Tat,
Menschen bei ihrer Pilgerreise unterstützen.
„Warum tu ich mir das eigentlich an?“, habe ich mich gefragt. Von wegen Gäste sind
ein Segen – schon bei dem Gedanken an die Nacht auf dem Sofa tat mir der Rücken
weh. Und alles für völlig fremde Leute.
Doch dann kamen sie an. Meine Mädels. Nach einer Tagesetappe von 40 km. Keine
17 Jahre alt, humpelnd, mit Blasen an den Füßen. Gemeinsam verbrachten wir einen
großartigen Abend. Wir sprachen über die Reise, das Wetter und den Weg – aber wir
sprachen auch über Gott und über unseren Glauben. Darüber, dass Gott mit uns
geht - auf dem Pilgerweg, aber auch auf unserem Lebensweg.
Für einen Abend waren wir wie eine kleine Familie. Verbunden durch nichts anderes
als unseren Glauben. Und diese Verbindung hält, denn in diesem Jahr haben die
Mädels wieder bei mir und ich auf der Couch geschlafen. Für Freunde mache ich das
gern.
Cornelia Mees, Drolshagen
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Drolshagen
Dienstag, 4. August 2009
Wer hat Angst vorm Sensenmann?
Kalt. Stockdunkel. Orientierungslos. Die Fackel in meiner Hand spendet viel zu wenig
Licht. Da kommt aus dem Dunkel eine riesige Gestalt auf mich zu. Langsam.
Wortlos. Eingehüllt in einen dunklen Mantel erkenne ich – den Sensenmann.
Um mich herum Schreie. Ängstliche Kinder fassen meine Hand. Einige weinen.
Es ist die Nachtwanderung unseres jährlichen Zeltlagers und die Großen haben sich
mal wieder Einiges einfallen lassen, um die Kleinen zu erschrecken. Obwohl ich
wusste, was passieren würde, habe sogar ich mich erschreckt.
Der Tod ist eben auch etwas, dass Angst macht. Auch wenn ich nicht glaube, dass
mich einmal der Sensenmann holt.
Aber wenn der Tod nicht dunkel und gruselig und der Sensenmann nur ein
schlechter Traum ist – wie ist sterben dann?
In meiner Vorstellung hat Sterben etwas mit Licht zu tun, mit Befreiung, mit
Begleitung und mit Aufgehoben sein. Schließlich glaube ich an die Auferstehung der
Toten und ein ewiges Leben im Reich Gottes.
Auf dem Weg zum Grab beten wir für den Verstorbenen: Zum Paradies mögen
Engel dich geleiten, die heiligen Märtyrer dich begrüßen, die Chöre der Engel mögen
dich empfangen und durch Christus, der für dich gestorben, soll ewiges Leben dich
erfreuen.
Und das ist es, woran ich glaube: Dass mich im Sterben Engel begleiten und die
Heiligen mich im Himmel begrüßen. Das nimmt mir natürlich nicht alle Ängste vor
Sterben und Tod. Doch es nimmt mir zumindest die Angst vor dem Sensenmann.
Cornelia Mees, Drolshagen
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Drolshagen
Mittwoch, 5. August 2009
Werdet wie die Kinder
„Es ist aber heute Disco“ tönt die Kassiererin meines Schwimmbads und sieht mich
fragend an. „Kann man dann nicht schwimmen, frage ich?“ – „Doch aber manche
stört die Musik!“ Aha. Naja, mich jedenfalls nicht, im Gegenteil: Ich freue mich über
ein wenig Unterhaltung und schwimme munter meine Bahnen.
Nach einer Zeit fallen mir ein paar Kinder auf, die ausgelassen zu Lady Gagas
‚Pokerface’ durchs Wasser hüpfen. Meine Güte denke ich, das wäre mir viel zu
peinlich. Hier, wo einen jeder sehen kann und dann auch noch im Badeanzug. Doch
ich kann nicht anders und schaue weiter hin. ‚Peinlich’ scheinen die Kinder nicht zu
kennen. Sie hören die Musik und leben einfach ihre Lust aus, zu tanzen und durchs
Wasser zu plantschen.
Sie denken nicht darüber nach, was andere denken könnten.
Und auf einmal werde ich neidisch. Könnte ich doch auch so sein. Einmal nur noch
unbeschwert tun, wonach mir gerade ist, ohne nachzudenken. Die Vorstellung ist
himmlisch. Und das ist sie tatsächlich.
Von Jesus hören wir: Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, könnt ihr nicht das
Himmelreich kommen. Vielleicht liegt der Himmel auf Erden wirklich darin, Kind zu
werden, zu tun, was mich freut, ohne darüber nachzudenken, ob das jetzt
merkwürdig aussieht oder ich dafür zu alt bin. Vielleicht können Kinder in ihrer
ausgelassenen Freude und ihrer grenzenlosen Fantasie wirklich ein Stück Himmel
auf Erden erleben, weil sie sich einfach nicht um Knigge und Konventionen
kümmern. Vielleicht können Kinder wirklich leichter an Gott glauben, weil sie nicht
darüber nachdenken, ob Gott möglich ist und ob der christliche Glaube
gesellschaftsfähig ist, sondern weil sie Gott vertrauen. Was mir oft dazu fehlt ist Mut.
Und den will mir Jesus machen: Werdet wie die Kinder!
Cornelia Mees, Drolshagen
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Donnerstag, 6. August 2009
Momentaufnahmen
Weich, warm, wunderbar. Der schönste Moment des Tages. Kurz nach dem
Aufwachen. Zwischen Traum und Tag einfach noch einen Moment liegen bleiben
und die Wärme meines Bettes genießen. Der Alltag ist noch weit weg und die Ruhe
umgibt mich wie eine schützende Hülle. Das ist mein persönlicher Lieblingsmoment.
Hast Du auch einen?
Wenn ich jetzt an meinen Lieblingsmoment morgen früh denke, dann freue ich mich
schon darauf. Doch gleichzeitig wird mir klar, dass ich diesen Moment am Morgen
ganz oft übergehe. Licht an, Radio an, raus aus dem Bett. Und ich glaube, ich bin da
nicht die einzige.
Da werden noch schnell die letzten Hausaufgaben gemacht, und wo um alles in der
Welt finde ich meinen roten Pulli?
Manchmal lässt sich das auch nicht vermeiden, aber viel zu oft versuche ich es nicht
einmal, denn ich bin mir nicht bewusst, wie wichtig dieser Lieblingsmoment für mich
werden kann. Wer je versucht hat, seinen Lieblingsmoment bewusst zu erleben, der
spürt die Kraft, die davon ausgeht.
Ich glaube, dass der Lieblingsmoment ein Geschenk ist. Ein wenig Zeit am Tag, die
nur mir gehört. Dieser Moment kann mich sogar Gott näher bringen. In dieser Ruhe
wird für mich viel von dem erlebbar, was Gott mir schenken will. Schutz, Wärme,
Geborgensein, Liebe. All das kann ich jetzt spüren. Und all das möchte mir Gott
schenken. Wer an Gott glaubt, der ist umhüllt und geborgen von seiner großen
Liebe, der braucht sich nicht viele unnötige Sorgen zu machen und der weiß, dass er
nie allein ist.
Natürlich kann ich nicht jeden Morgen im Bett die Nähe Gottes spüren, aber
manchmal ganz leise merke ich, was er mir Gutes tut. Vor allem dann, wenn er mir
einen Lieblingsmoment schenkt, in dem ich ihm nahe sein kann.
Cornelia Mees, Drolshagen
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Freitag, 7. August 2009
Ich will so bleiben, wie ich bin
Ich will so bleiben, wie ich bin…
So was Blödes. Warum kommt mir denn ausgerechnet jetzt dieser Werbeslogan in
den Kopf? In einem Anflug von Fitnesswahn jogge ich am Biggesee entlang. Dabei
macht mir joggen gar keinen Spaß! Ich will so bleiben wie ich bin – von wegen. Wer
bitte meint denn diesen Spruch ernst? Wenn ich wirklich so bleiben wollte wie ich bin,
säße ich jetzt vor einer Waffel mit Kirschen und Sahne, anstatt hier durch die Gegend
zu rennen.
Wer will denn heute wirklich noch so bleiben, wie er ist? Gerade bei Frauen dreht es
sich doch mehr um die Frage, wie kann man möglichst schnell schöner, schlanker
und straffer werden.
Und jetzt, wo ich hier so laufe, frage ich mich, welchem Schönheitsideal ich da
eigentlich hinterher laufe. Als Christ glaube ich doch, dass ich erschaffen wurde als
Abbild Gottes. Mein Körper ist ein Teil der Schöpfung Gottes und mir als Geschenk
übergeben. Und dieses Geschenk sollte ich verantwortungsvoll behandeln. Da
gehören für mich Sport und gesunde Ernährung natürlich dazu, aber Botoxspritzen,
Fettabsaugen und Korrekturen von Nase, Zähnen oder Kinn?
Ich bin doch sozusagen eine Originalkopie. Abbild Gottes und doch ein einzigartiges
Geschöpf. Und so, wie ich aussehe, bin ich auch gewollt, und was noch viel wichtiger
ist, geliebt! Und alles, was ich im Spiegel als Makel sehe, ist doch wahrscheinlich
genau so von meinem Schöpfer geplant worden, lange bevor es mich gab.
Es liegt in meiner Verantwortung meinen Körper gut zu erhalten, ihn zu pflegen und
mir Gutes zu tun. Aber was viel wichtiger ist, es liegt auch in meiner Verantwortung
meinen Körper anzunehmen und zu lieben. Weil Gott mich so geschaffen hat, mich
annimmt und liebt, wie ich bin – sollte ich meinen Körper doch erst recht annehmen.
Und wenn ich meinen Körper als Geschenk Gottes annehme, dann kann ich auch
überzeugt sagen, ich will so bleiben, wie ich bin.
Cornelia Mees, Drolshagen
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Drolshagen
Samstag, 8. August 2009
Schöpfung
Ich bin eine Rentnerschnecke. Jedenfalls komme ich mir so vor, wenn ich beim
Bergsteigen ständig von rüstigen Rentnern überholt werde, die nicht mal außer Atem
zu sein scheinen, während ich wie eine Dampflok den Berg hinauf schnaufe.
Und immer wieder frage ich mich: Warum tust du dir das eigentlich an? Die endlosen
Klettereien auf viel zu hohe Berge, die Mückenstiche und den Sonnenbrand.
Und immer wieder, wenn ich dann auf dem Gipfel bin, fällt es mir wieder ein: Die
Weite, der Blick auf die Seen und Wälder, die herrlichen Wolkenformationen und die
unsagbare Ruhe auf dem Gipfel. Kein Verkehrslärm, keine Gespräche, keine Handys
- einfach nur Ruhe.
Hier oben auf dem Gipfel erlebe ich die Natur, wie das zu Hause nicht möglich ist unberührt. Und ich erkenne, wie schön die Welt ist.
Dabei denke ich an den Schöpfungsbericht in der Bibel. Natürlich ist die Welt nicht in
sieben Tagen entstanden, so wie es dort beschrieben wird. Aber der Text ist ja auch
keine naturwissenschaftliche Erklärung dafür, wie die Welt entstanden ist, sondern
das Glaubensbekenntnis von Menschen, die fest davon überzeugt sind, dass die
Welt Schöpfung Gottes ist.
Und daran kann selbst ich, als vermeintlich aufgeklärter und moderner Mensch
glauben. Gott hat die Welt erschaffen und er hat sie uns geschenkt. Und wenn ich
hier auf meinem Gipfel sitze, freue ich mich riesig darüber.
Und genau wie Gott im Schöpfungsbericht sehe ich alles an und erkenne: Alles ist
sehr gut!
Cornelia Mees, Drolshagen
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