Rituale und Brauchtum im Advent
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Rituale und Brauchtum im Advent
Rituale und Brauchtum im Advent 11 Äpfel – Nüsse – Marzipan Schon in frühen Kulturen und Religionen spielte der Apfel als Symbol der Fruchtbarkeit eine Rolle. In der Versuchungsgeschichte der Bibel wird von der verbotenen Frucht des Baumes in der Mitte des Paradiesgartens gesprochen. Auf Bildern wird diese Frucht als Apfel dargestellt. Er steht damit für die Verführung, aber auch für die Frucht des Lebens. Als „Reichsapfel“ mit einem Kreuz versehen gewinnt er in der Hand des Jesuskindes eine andere Bedeutung: er ist Zeichen der Herrschaft Gottes über die Welt und den Tod. Die Äpfel am Weihnachtsbaum sind – neben den Nüssen – Symbolschmuck für die Früchte des Lebens. Nüsse gehören seit jeher zu den Gaben des Heiligen Nikolaus. Vielleicht deshalb, weil sie nicht nur äußerst nahrhaft (und wie man heute weiß, gesund) und wohlschmeckend sind und weil sie zur Winterzeit reif waren. Als kostbares Geschenk des Himmels haben sie auch eine gewisse Symbolik. Um in den Genuss der Kerne zu kommen, muss der Mensch selbst erst einmal die harte Schale knacken. Haselnüsse gelten bis heute als Fruchtbarkeitssymbol: Werden im Herbst viele Haselnüsse geerntet, gibt es im nächsten Jahr viele Kinder. Mandeln haben in der Kultur- und Religionsgeschichte Europas ihre Spuren hinterlassen: Bis zur Romantik wurde Christus als Herrscher über die Welt mit einer „Mandorla“, einem mandelförmigen Heiligenschein, dargestellt. Die Mandel diente auch als Symbol für die unbefleckte Empfängnis. Walnuss: Im Christentum gibt es verschiedene Bedeutungen. Der Kern soll „das süße Fleisch Christi symbolisieren, das zuvor in der Schale von Marias Schoß gewachsen war“. Der Hl. Augustinus sah in der etwas scharf schmeckenden Hülle die bitteren Leiden Jesu und in der harten Schale das Holz des Kreuzes, an dem Jesu starb und das uns Menschen das ewige Leben ermöglicht. Auf manchen Bilddarstellungen sieht man Josef und Maria bei der Hochzeit mit einem Walnusszweig in der Hand. Die goldenen Nüsse, die schon am ersten nachweisbaren Christbaum im Jahr 1605 in Straßburg hingen, sind somit Sinnbild für die Menschwerdung Jesu und die Erlösung der Menschheit. Marzipan - hergestellt aus fein geriebenen, geschälten Mandeln, Staubzucker und Rosenwasser – war schon über 600 Jahre v. Chr. In Persien bekannt. Im Laufe der Jahrhunderte gelangte es auf den Handelswegen nach Europa. Anfangs war es dort eine klösterliche Fastenspeise für die fleischlose Passionszeit und wurde „Osterbrot“ genannt. Von den Klöstern aus gelangte es über die Hofapotheken in die Fürstenhäuser, später dann auf die Tische der gutsituierten Bürger. Städte wie Lübeck, Danzig, Hamburg und Königsberg wurden zu Hochburgen der Marzipanherstellung. Und es entstanden Wettstreite um die feinste Rezeptur. Das „Königsberger Marzipan“ brachte die Verbindung zur Weihnachtszeit. Dort wurden die im Sommer und Herbst geernteten Früchte von Kirschen, Hagebutten, Birnen, Pflaumen und Reineclauden kleingeschnitten, dann auf ausgestochenem Marzipan zu Mustern gelegt und anschließend überflämmt bzw. gebacken. Es wurden große Marzipanschauen in der Vorweihnachtszeit veranstaltet. Dabei waren neben weißen Schäfchen Wickelkinder in Anlehnung an das in der Krippe liegende Jesuskind besonders beliebt. Viele Geschichten ranken sich um das Marzipan: 1407 herrschte in Lübeck eine große Hungersnot. Ein Kaufmann fand auf seinem Speicher noch einen Sack Mandeln und Zucker vor. Daraus knetete er kleine Brote und verteilte sie an die hungernden Menschen. Auch in Venedig geschah es zu Zeiten einer Hungersnot, dass Bürger zum Hl. Markus, dem Schutzpatron der Stadt, beteten. Als sie überraschend wieder Mehl bekamen, nannten sie die ersten kleinen Brote „marci pane“ (das Brot des Markus).