Grazie Graz

Transcription

Grazie Graz
Grazie Graz
Reisen
Nach außen glänzt Graz, die Perle der Steiermark,
mit dem Titel der europäischen Kulturhauptstadt.
Anlass genug, sich mit ihren inneren Werten zu
beschäftigen: Genießern wird der Hof gemacht.
Von Kristine von Soden
ären wir vor 150 Jahren, als das Hotel
Erzherzog Johann im Herzen von Graz
seine Eröffnung feierte, in die steirische Hauptstadt gereist, stünden wir jetzt samt Gepäck
mit einer Droschke vor dem Eingangsportal.
Die Pferde hätte der Kutscher im Innenhof
ausgespannt und in die danebenliegenden
Stallungen gebracht.
Mit ein paar (hundert) Pferdestärken mehr
und dem sanften Druck auf die Kofferraumentriegelung geht es wesentlich komfortabler.
Der Innenhof, aus dem Futterkrippen und
Stroh längst verschwunden sind, beherbergt
eine der kulinarischen Top-Adressen von Graz:
das Restaurant im Hotel Erzherzog Johann
mit seinen weißen Damasttischtüchern, vorgewärmten Porzellantellern, Tafelsilber und Kerzenleuchtern. Anno 1880 wurde der Hof, der
W
von drei Etagen umrahmt wird, mit einem Glasdach überspannt. Seitdem gedeiht hier eine
üppige Pracht aus Palmen, Kakteen, Oleander
und Bambussträuchern, die sich mit ihrer
ganzen Fülle an die schmiedeeisernen Korbgeländer, die Pawlatschen, anlehnen. Efeuranken klettern waghalsig bis nach unten ins
Restaurant.
Graz, Österreichs heimliche Liebe, hält Hof.
Die Höfe sind einer von vielen Gründen, in die
Steiermark zu reisen. 2003 lohnt sich das
mehr denn je, denn Österreichs zweitgrößte
Stadt wurde vom europäischen Ministerrat zur
Kulturhauptstadt Europas ernannt, zum Weltkulturerbe der Vereinten Nationen gehört sie
ohnehin schon.
Beim Antrittsbesuch, den wir vorausschauend im vergangenen Jahr unternommen
hatten, empfing uns Graz südländisch heiß.
Die Grazer pflegen eine entsprechend offene
Lebensart – im Wortsinn. Alle Straßencafés
(und davon gibt es unzählige!) sind bis auf den
letzten Platz besetzt.
Es geht ums Sehen und Gesehenwerden
in der Herrengasse, der Flaniermeile. Fröhlicher Lärm und Gläserklingen am „BermudaDreieck“, dem In-Treff zwischen Glockenspielplatz, Mehlplatz und Färberplatz. Dicht an
dicht laden hier Freiluftlokale zum Flirt mit
dem Schilcherwein ein. Und abends, wenn
die altrosafarbenen, hellblauen oder zitronengelben Renaissancefassaden angestrahlt werden, verschmelzen die Höfe zu einem einzigen
großen Festplatz. Die Einheimischen nennen
das Altstadtviertel unweit vom Dom folgerichtig „die Wohnstube von Graz“.
Über fünfzig Höfe gibt es in der steirischen
Hauptstadt. Auserwählte genießen das Privi-
Da schau her:
Einblicke ins
Innenleben einer
Kulturhauptstadt
Fotos: Markus Leser/Dirk Weyhenmeyer
Begehre Einlass:
Auf Entdeckungstour
durch die höfische
Welt von Graz
104
Christophorus
301
301 Christophorus 105
leg, zum festen Programm von Stadtrundgängen zu gehören, in allen Schattierungen:
wie zum Beispiel der weiträumige, streng
erhabene Innenhof im ehemaligen Jesuitenkolleg oder der eher dunkle, geheimnisvoll
wirkende kleine Innenhof des Deutschritterordenshauses in der Sporgasse mit seinen
zweigeschossigen spätgotischen Pfeilerarkaden, die ganze Serien von Ansichtskarten
zieren. Eine Oase der Ruhe inmitten der Stadt
bietet der Klosterhof neben der Franziskanerkirche. Die unter dem Schatten der Stichkappengewölbe aufgestellten Bänke laden zum
Verweilen ein.
Zur Kulisse für das Internationale Jazzfestival (die Grazer Universität besaß Ende der
Swinging Sixties europaweit die erste Jazzfakultät!) und für die „styriarte“, jene hochkarätigen klassischen Musikfestspiele unter
der Leitung des Grazer Dirigenten Nikolaus
Rosige Zeiten:
Vom blühenden
Leben in der
Grazer Innenstadt
Harnoncourt, dienen alljährlich in den Sommermonaten viele
Innenhöfe der ehrwürdigen Grazer Palais. Doch wo sind die
weniger prominenten (aber keineswegs weniger zauberhaften)
Höfe verborgen? Die, die entdeckt werden wollen und mit einer
Fülle an je eigenen Kleinodien wie Wasserspeiern, Skulpturen,
Laubengängen oder Altgrazer Gaslaternen aufwarten? In der
Sackstraße, der ältesten Straße von Graz, wo in der Nummer
3–5 auch das Hotel Erzherzog Johann seine Adresse hat, beginnen wir mit unserer Suche.
Doch dauert es ein wenig, bis wir fündig werden. Denn Graz,
die schüchterne Schönheit, gibt sich bei der ersten Begegnung nicht gleich hin. Vielmehr verweigert sie jeder fremden
Annäherung Einblicke in ihre tiefere Seele. Keine Spur von jener
vollbusigen Lieblichkeit, mit der sich Salzburg vor aller Welt
inszeniert. Nichts von der schroffen Dramatik wie in Innsbruck.
Schon gar nicht gibt es Ähnlichkeiten mit Wien, der ewigen Primadonna. Allerdings legt man auch wenig Wert auf einen Vergleich.
Steht Graz doch seit eh und je – was die Einwohnerzahl betrifft
– in Österreich auf Platz zwei.
Gerade diese Rolle jedoch, so will es scheinen, schenkte der
ehemaligen Feste gegen die Türken im Osten einen unerhörten
Charme – und dazu noch die spürbare Lust, historisch Gewachsenes mit der Moderne zu kontrastieren: vorgestrige Lädchen
und exklusive Designershops, mit bunten Fresken bemalte
Ansichtssache:
Kulturprogramme
schaffen einen ganz
besonderen Hofstaat
106
Christophorus
301
301 Christophorus 107
Ein Stück Graz für
Fortgeschrittene:
Höfe, die nicht im
Reiseführer stehen
Häuser und „schräge“ Bauten aus der weltberühmten „Grazer
Schule“ der Architektur.
Einzigartig in der Alpenrepublik blieben schließlich die Grazer
Höfe. Die ausgefallensten finden sich in der Sackstraße am Fuße
des Schlossberges, wo vor 850 Jahren die Grazer Altstadt entstand. Woher der Name Sackstraße stammt? Jene erste Siedlung, die sich im Mittelalter bis zur Stadtmauer erstreckte, sah
auf dem Stadtplan sackförmig aus, weshalb man von einem
„Sack“ sprach.
Ein Antiquitätengeschäft neben dem anderen lockt in der Sackstraße mit Schmuck, böhmischem Glas und teurem Edelkitsch
aus den Tagen der k.u.k.-Monarchie. Stunden könnten wir damit
vertrödeln, allein die Kollektionen der von Blattgoldaufschriften
nur so funkelnden Schokoladenbecher anzuhimmeln. Doch in der
Sackstraße Nr. 17, dem so genannten „Witwenpalais Attems“,
treibt uns die Neugier in den ersten Hof. Die Torflügel stehen
weit offen, was verrät, dass man ungefragt in den nur spärlich
beleuchteten Gang hineingehen darf. Vorsicht vor dem „Murnocker lnpflaster“! Die vor Hunderten von Jahren aus der Mur
gefischten Steine haben es in sich, die tatsächlich wie Nockerln
aussehen und unter Denkmalschutz stehen. Einsturzgefahr besteht hier für spitze Absätze von Damenschuhen.
Jeder Hof birgt Überraschungen: Mancher ist ein wahres
Blütenparadies aus Glyzinien und Geranien, andere wiederum
108
Christophorus
301
sind gottverlassen und verwahrlost; viele Höfe
gehören Katzen, die in Bögen und Nischen
kauern, zugleich gibt es aber auch Höfe, die
ganz profan als Abstellplatz für Mülltonnen
oder Fahrräder dienen.
Im Reinerhof, dem ältesten Haus in Graz,
ebenfalls in der Sackstraße, haben pfiffige
junge Leute eine Bistrobar in die Schlossbergwand gehauen. Ein paar Schritte weiter präsentiert sich das Palais Herberstein mit einem
wuchtigen Tor: Rocaillebeschläge schmücken
die Flügel, schmiedeeiserne Blütenranken
wachsen aus den Oberlichtern hervor. 1602
residierten hier zunächst die Fürsten von
Eggenberg. 1742 wechselte der Besitz an die
Grafen von Herberstein, die ein Vermögen in
die Innenausstattung investierten: Kachelöfen
mit Zopfdekors, Kristalllüster, Stuckplafonds
in den Salons. Sandsteinputten mit Laternen
in der Hand begrüßen uns rechter Hand hinter
dem Steinportal auf jener Prunkstiege, die ins
wohl schönste Barocktreppenhaus der Steier-
Seiten-Blicke:
Liebenswürdig
und lebenswert
bis ins Detail
301 Christophorus 109
Informationen
Graz Tourismus GmbH – Informationsbüro
Herrengasse 16
8010 Graz, Österreich
Telefon: +43-316-8075-0
Telefax: +43-316-8075-15
E-Mail: [email protected]
Internet: www.graztourismus.at
Unterkunft:
Hotel Erzherzog Johann
Sackstraße 3–5
8010 Graz, Österreich
Telefon: +43-316-811616
Telefax: +43-316-811515
E-Mail: [email protected]
Internet: www.erzherzog-johann.com
Landshut
Herausgeber:
Dr. Ing. h. c. F. Porsche Aktiengesellschaft
Öffentlichkeitsarbeit: Anton Hunger
Chefredaktion und Geschäftsführung: Karen Schulze
Redaktion: Simone Kühner, Ingrid Schmid
Redaktionelle Beratung: Head-Line, Stuttgart
Grafische Gestaltung: Visuelles, Stuttgart
Titelfoto: Stefan Warter
Editorialfoto: Aleksander Perkovic
Postanschrift:
Dr. Ing. h. c. F. Porsche AG
Redaktion Christophorus
Porscheplatz 1
D–70435 Stuttgart
Telefon +49 (0)7 11 9 11-52 78 und -50 24, Fax -52 08
Internet: www.porsche.com/german/aktuell/christophorus
Wels
Ried
Abonnementszahlungen bitte erst nach Eingang der Rechnung.
Einzahlungen:
Postbank Nürnberg, BLZ 760 100 85, Konto-Nr. 193 036 851 und
Dresdner Bank Nürnberg, BLZ 760 800 40, Konto-Nr. 130 278 400 400
Ein Teil der Ausgabe enhält Beilagen der Firmen CHG Denia, Manager
Magazin, Bär Schuhe, Hawesko und Verlag aktuelle Info
großen Klang.
Baden
Eisenstadt
Wiener Neustadt
Gmunden
Salzburg
Bad Ischl
Kufstein
Schwaz
Kitzbühel
Gröbming
Bischofshofen
Graz
I TA L I E N
Klagenfurt
Gleisdorf
Fürstenfeld
Wolfsberg
:
rufen
ian
fre
n
re
üh
✆ 0800 2 673 333
K en
nzi
ffe
r
Maribor
SLOWENIEN
0
50 km
W ave® Radio
®
W ave Radio/CD
.
Erhält
lich in schw arz oder w eiß
110
Christophorus
301
3A
14
Villach
Cortina d’Ampezzo
KÄRNTEN
Köflach
PM
Spittal
Kapfenberg
STEIERMARK
Ö S T E R R E I C H
OSTTIROL
Lienz
Sillian
BURGENLAND
Leoben
Sonstige Abonnements (In- und Ausland):
Christophorus Abonement-Service
Postfach, D–90327 Nürnberg
Telefon +49 (0)9 11-98 41-3 25
Telefax +49 (0)9 11-98 41-3 26
E-Mail: [email protected]
W ir haben es unglaublich klein gemacht,
und jetzt spricht jeder nur noch über seinen
Bruck
St. Pölten
Steyr
Abonnements: Porsche-Fahrer in Deutschland erhalten ihr
Abonnement über das für sie zuständige Porsche-Zentrum.
Das Bose® Wave® Radio CD. Als wir das Wave® Radio CD entwickelten, investierten wir mehr als ein Jahr, um daraus
das kleinste, kompakte System zu machen, das Sie kaufen können. Eins, das praktisch überall passt. Jetzt scheint es, als redeten
alle nur noch darüber, wie originalgetreu dieses System klingt.
Und tatsächlich spricht jeder vor allem über unsere patentierte Acoustic Wave® Guide-Technologie. Diese einzigartige Erfindung
sorgt wie kein anderes System für den raumfüllenden Klang aus einem extrem kompakten Gehäuse. Sie erleben große Musik
von beeindruckender Klarheit mit kraftvollen, unverzerrten Bässen. Deshalb nannte die Hörzu das Bose Wave® Radio CD einen
„Klangriesen“.
Erleben Sie selbst den großen Klang des Bose Wave® Radio CD. Sie erhalten es nur direkt von Bose, einem der weltweit
führenden Audio-Hersteller. Dort erhalten Sie auch das Bose Wave® Radio. Rufen Sie uns an und bestellen Sie Ihr Bose Wave®
Radio CD ohne Risiko mit 14 Tagen Rückgaberecht. Und hören Sie selbst, worüber jeder spricht.
Wien
Enns
Gesamtherstellung:
heckel GmbH, Nürnberg,
ein Unternehmen der schlott sebaldus Gruppe
Printed in Germany
Alle Rechte vorbehalten
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung
des Herausgebers. Für die Rücksendung unverlangt eingegangener Fotos, Dias, Filme oder Manuskripte kann
keine Gewähr übernommen werden.
Das Christophorus-Abonnement läuft von Januar bis Dezember
und wird für diesen Zeitraum auch abgerechnet. Es erneuert sich von Jahr
zu Jahr, sofern es auf Jahresende nicht abbestellt wird.
Anzeigenmarketing:
Z & S Mediateam GmbH
Marktplatz 30
91207 Lauf a. d. Pegnitz
Anzeigenleitung: Petra Sindel
Telefon +49 (0)91 23-9 62 30-11
Telefax +49 (0)91 23-9 62 30-50
E-Mail: [email protected]
Verantwortlich für Anzeigen: Alfred Zügner
Telefon +49 (0)91 23-9 62 30-12
Telefax +49 (0)91 23-9 62 30-50
E-Mail: [email protected]
Stockerau
Krems
Linz
OBERÖSTERREICH
Rosenheim
52. Jahrgang, Nr. 301, April/Mai 2003, ISSN 0412-3417
Jahresabonnement € 21,50/$ 28,– / Erscheint alle zwei Monate
NIEDERÖSTERREICH
Passau
DEUTSCHLAND
München
Zeitschrift für die Freunde des Hauses Porsche
Ge
b
Kulturprogramm:
Die „Graz 03 Card“ kostet 19,90 Euro und
ermöglicht drei Tage lang den Eintritt in
alle Ausstellungen und die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Graz 03 Info/Ticket Center
Mariahilferplatz 2
8020 Graz, Österreich
Telefon: +43-316-2003
Telefax:+43-316-2003-2003
Internet: www.graz03.at
Christophorus Porsche Magazin
mark führt. Von den hohen Fenstern blickt man auf die dreiflügelige Anlage mit ihren frisch restaurierten, lichten Innenhöfen.
In der oberen Etage, wo früher die Wohnräume der Herbersteins
untergebracht waren, zeigt die Neue Galerie des Landesmuseums Joanneum steirische und Wiener Biedermeiermalerei,
ergänzt von monatlich wechselnden Ausstellungen.
Zeit für eine kurze Siesta, natürlich im Landhauskeller neben
dem Landhaushof. Die Speisekarte annonciert leichte steirische
Kost: Schwammerlterrine, Erdäpfelsuppe, Käferbohnensalat mit
Kürbiskernöl, Rindfleischsulz mit Schnittlauchsoß. Als Dessert
empfiehlt uns der Kellner Buchweizenfladen mit Waldbeerenparfait. Wir sitzen auf der Terrasse. Vom Nachbartisch tönt vergnügtes Palaver einer italienischen Reisegruppe herüber. Das ist
typisch für Graz. Es waren auch italienische Festungsexperten
wie Antonio Marmoro oder Bartolomeo di Bosio, die aus Graz
den Auftrag erhielten, Bastionen gegen mögliche Eroberer zu
bauen. Nach dem Vorbild italienischer Loggien kamen unter der
Federführung von Domenico dell’Allio, dem Star aus Lugano, sehr
bald auch Innenhöfe dazu, die das Antlitz von Graz verzauberten. 1564 trug sich das Landhaus mit seinem majestätischen
Innenhof in die europäische Kunstgeschichte ein: als Paradestück
eines venezianischen Palazzo.
„Gradez“, kleine Burg, nannten die Alpenslawen die erste
Felsenfeste. Für das anschließende „Grätz“ zeichneten die
Bayern verantwortlich, die im neunten Jahrhundert angerückt
waren, um die Slawen in die Flucht zu schlagen. 1128 wird die
Bezeichnung Graz erstmals in der Stadtchronik dokumentiert.
Reiche Kaufleute gehörten zu den ersten Bewohnern, eine stattliche Anzahl ihrer behäbigen Bürgerhäuser mit den üppig gestalteten Giebeln haben die Zeitläufe überlebt, samt der dazugehörigen Höfe.
Die Grazer Dächerlandschaft ist am schönsten vom Schlossberg aus zu besichtigen. 260 Stufen sind es bis zum Panorama.
Die Mühe lohnt, denn von hier oben lässt es sich prima in die
Geografie der Höfe spähen. „Dort ist ja noch einer! Da auch!
Und hier ...“
Die Aussichtsplattform wird zur Wendeplatte, die Entdeckungstour kann aufs Neue beginnen. 

Documents pareils