Erasmus-Erfahrungsbericht Manuel Wesch
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Erasmus-Erfahrungsbericht Manuel Wesch
Erasmus-Erfahrungsbericht Università di Bologna Wintersemester 2012/2013 Das erste, was den meisten Studenten zu Bologna einfällt, ist wohl der berühmte BolognaProzess zur Vereinheitlichung des Europäischen Hochschulraums aus dem Jahre 2010. Zwar ist diese Verknüpfung in Zeiten von ECTS-Punkten sowie Bachelor und MasterStudiengängen natürlich nicht vollkommen ungewöhnlich, jedoch hätte es diese wundervolle Stadt definitiv verdient, dass man sich mit ihr etwas näher beschäftigt. Wer hier also den Mut hat einen genaueren Blick zu riskieren, wird dafür reichlich belohnt. Für mich persönlich waren die 6 Monate in Bologna eine einzigartige und wahnsinnig prägende Zeit, in der ich viel über die italienische Sprache und Kultur, die Stadt und deren Einwohner und nicht zuletzt über mich selbst lernen konnte. Jeder sollte daher die Gelegenheit nutzen, neue Dinge kennenzulernen und zu erleben und wer dazu noch mit dem Gedanken spielt, seinen Auslandsaufenthalt in Bologna zu verbringen, kann ich nur ans Herz legen seine Pläne schleunigst in die Tat umzusetzen. Das hierbei auch der ein oder andere Zweifel aufkommt ist völlig normal. Diese zerstreuen sich ganz schnell, wenn man sich erstmal eingelebt hat. So reist man zwar zunächst ins Ungewisse, kommt aber mit einem Rucksack voller Erfahrungen wieder zurück in die Heimat. 1. Die Vorbereitungen Für einen Aufenthalt in Bologna sollte man einen gewissen Grad an Italienischkenntnissen mitbringen, da die Englischkenntnisse der Einheimischen nicht wirklich ausgeprägt sind. Zudem ist es natürlich einfacher Kontakte und Freundschaften zu knüpfen, wenn ein italienischer Grundwortschatz schon besteht. Schon bei der Wohnungssuche ist es sehr hilfreich sich auf Italienisch Verständigen zu können. Daher ist genügend Vorbereitungszeit zum Erlernen der italienischen Sprache immens wichtig. Hierfür sollte man zumindest die beiden Grundkurse A-I und A-II am Zentralen Sprachlabor besucht haben, wo man sich meistens schon mit anderen zukünftigen Erasmus-Studenten austauschen kann. Zudem kann man seine Sprachkenntnisse auch vor Ort an der Univerità di Bologna verbessern. Das CILTA (Centro Interfacoltà di Linguistica Teorica e Applicata) bietet hier kostenlose Kurse an, für die man sich rechtzeitig auf der Internetseite (www.cilta.unibo.it) einschreiben muss. Diesen Termin sollte man nicht verpassen, da die Kurse sehr überlaufen sind und danach praktisch keine Möglichkeit mehr besteht, einen freien Platz zu ergattern. Für die Kurszuordnung muss dann noch ein Einstufungstest, teils im Internet, teils vor Ort abgelegt werden. Ansonsten bekommt man nach Erhalt der Studienplatzzusage stetig Informationen, sowohl vom Akademischen Auslandsamt Heidelberg als auch von der Aufnahmeuniversität, zugesendet. Darunter befindet sich dann auch ein Link für die Voranmeldung an der Università di Bologna, welche nur wenige Minuten in Anspruch nimmt. Hierbei wird die persönliche Universitätskennung mit dem dazugehörigen Passwort erstellt und man erhält daraufhin eine eigene Uni-E-Mail-Adresse durch die man in Form von Newslettern und Einladungen der Universität Bologna immer auf dem Laufenden bleibt. 1 2. Die Wohnungssuche und das erste Mal vor Ort In Bologna eine Wohnung zu finden, ist gar nicht so einfach, da genau wie in Heidelberg, der Wohnungsmarkt sehr überlaufen ist. Zudem sind viele der Angebote auf ein Geschlecht (solo ragazze) oder auf eine längere Mietdauer beschränkt. Auch der Zusatz „No Erasmus“ begegnet einem leider immer wieder. Weiterhin sollte man sich Gedanken darüber machen, ob man es sich vorstellen kann in einem Doppelzimmer (doppia) mit einem anderen Mitbewohner/in zu leben. Dies ist in Italien sehr verbreitet und wer nicht immer einen Rückzugsort benötigt, sollte diese Variante nutzen, um Geld zu sparen. Grundsätzlich ist Wohnen in Bologna sehr teuer. Für ein Einzelzimmer (camera singola) in der Innenstadt zahlt man zwischen 350 € und 500 € pro Monat. Außerhalb ist es natürlich etwas günstiger. Hinzu kommen dabei meist noch die Nebenkosten (bolette) die man vorher nicht genau voraussagen kann. Ich selbst hatte glücklicherweise die Möglichkeit mit meinem Vermieter einen Festpreis für Zimmer und Nebenkosten zu vereinbaren. So hatte ich nicht das Risiko, eine böse Überraschung bei der Nebenkostenabrechnung zu erleben. Hier kann es hilfreich sein, den Vermieter direkt darauf anzusprechen. Trotz der hohen Mietpreise entsprechen die Zimmer leider nicht unseren Standards und auch Schimmel ist ein gängiges Problem. Wer aber etwas Zeit und Mühen investiert, findet mit Sicherheit auch die passende Wohnung für sich. Für die Zimmersuche hat man grundsätzlich drei verschiedene Suchmöglichkeiten. Ich selbst habe hierfür einige Internetplattformen wie easystanza.it, kijiji.it oder bakeca.it durchforstet. Diese Seiten haben den Vorteil, dass man auch schon bequem von der Heimat aus Wohnungen finden kann. Bei easystanza.it ist es dabei möglich sein eigenes Suchprofil zu erstellen und nach wenigen Tagen erhält man meist schon die ersten Nachrichten. Allerdings ist die Kommunikation über das interne Nachrichtensystem begrenzt, ein 10-täiger Zugang für 9,99 € lohnt sich aber dennoch. Die vielleicht die einfachste Variante besteht allerdings darin, ein Wohnungsgesuch auf den Facebookseiten der Erasmusorganisationen ESN und ESEG zu posten. Diese beiden Gruppen organisieren in Bologna nicht nur Erasmuspartys, sondern bieten auch ein abwechselungsreiches Kulturprogramm, sowie Ausflüge in verschiedene Städte und zu interessanten Punkten in ganz Italien. Gerade am Anfang des Semesters werden hier oft nette Nachmieter oder WG-Mitbewohner/innen gesucht. Trotzdem ist es in jedem Falle empfehlenswert die Wohnungssuche im Internet mit einem kurzen Besuch vor Ort zu verbinden, egal ob man schon das Glück hatte eine Wohnung von der Heimat aus zu finden oder nicht. So kann man die angebotenen Zimmer selbst in Augenschein zu nehmen, potentielle Mitbewohner kennen lernen und auch den Zustand des Zimmers auf etwaige Mängel überprüfen. War man bei der Suche vorher nicht ganz so erfolgreich, dem bietet sich hier die Möglichkeit die Aushänge in der Via Zamboni und deren Querstraßen abzuklappern, welche geradezu damit zugepflastert sind. Wenn man schon mal dort ist, lohnt es sich auch das SAIS-Büro in der Via Zamboni 62/b zu besuchen. Hier werden kostenlos Studentenwohnheimsplätze oder Zimmer an Erasmus-Stundenten vermittelt. Als Unterkunft für einen Kurzaufenthalt bietet sich hierfür das Ostello Due Torri San Sisto oder ein Zimmer über das Internetportal airbnb.de an. Wer sich schon vorher in Bologna befindet, sollte zudem die Möglichkeit nutzen einige Dinge vorab zu erledigen. Um die unzähligen von den Wohnungsangeboten gesammelten 2 Telefonnummern, auch ohne unnötige Kosten, anrufen zu können, ist es praktisch sich sofort eine italienische SIM-Karte zuzulegen. Von Erasmus-Studenten wird dabei am häufigsten das Prepaid-System des Anbieters WIND genutzt. Einen WIND-Shop findet man in Bologna an jeder Ecke und die zugehörige Aufladekarte lässt sich in jedem Supermarkt erwerben. Weiterhin sollte man sich Gedanken machen, wie man seine Finanzen in Bologna handhabt. Um kostenlos in Italien Geld abheben zu können, kann man entweder schon in Deutschland ein Konto bei der ING DiBa eröffnen oder sich in Italien eine Superflash-Karte der Carisbo (Sparkasse Bologna) zulegen. Erfreulicherweise befindet sich ein Superflash-Store direkt in der Via Zamboni 1. Entscheidet man sich für die letzte Variante benötigt man, wie bei jedem Vertragsschluss (auch für einen gültigen Mietvertrag), eine eigene italienische Steueridentifikationsnummer, den sog. codice fiscale. Dieser kann nur von der Agenzia delle Entrate ausgestellt werden, welche sich in der Via Marco Polo 60 etwas weiter außerhalb der Stadtmauern befindet. Es ist empfehlenswert möglichst früh dort zu sein, da es unter Umständen sehr voll werden kann, was lange Wartezeiten zur Folge hat. Nachdem man eine Wartenummer gezogen hat, sollte man deshalb auch gleich nach dem entsprechenden Formular fragen und dieses bereits ausfüllen. Als letzte Vorbereitungsmaßnahme vor Ort sollte man den beiden Studentenorganisationen ESN (www.esnbologna.org) und ESEG (www.esegunibo.org) einen Besuch abstatten und sich schon mal einen Mitgliedsausweis ausstellen lassen. Dies hat den Vorteil, dass man dann schon vorab über Veranstaltungen und Ausflüge per E-Mail informiert wird und erste Kontakte knüpfen kann. Zudem kann man sich bei ESN auch gleich einen Tandem-Partner zur Verbesserung der Sprachkenntnisse vermitteln lassen, was es ebenfalls einfacher werden lässt neue Freundschaften zu knüpfen. Wer sich darüber hinaus frühzeitig anmeldet, kann auch an einer von beiden Gruppen angebotenen Stadtführung teilnehmen, um Bologna besser kennenzulernen. Beachtet man all diese Punkte ist man für den Aufenthalt in Bologna hervorragend vorbereitet. 3. Anfahrt und Ankunft Wenn es dann soweit ist, kann man zwischen drei Verkehrsmitteln wählen, um nach Bologna zu kommen. Diese haben natürlich verschiedene Vor- und Nachteile. Wer aus dem Süden Deutschlands kommt, kann dabei vom Europaspezial-Angebot der Deutschen Bahn profitieren. Direktzüge verkehren dabei täglich zwischen München und Bologna. Praktischerweise hat man hier zwar keine Gepäckbeschränkung, muss aber mit einer etwas längeren Reisedauer rechnen. Zudem ist die Bahn um einiges teuerer als eine Anreise per Flugzeug. Wer also aus dem Südwesten Deutschlands bzw. aus Heidelberg anreisen möchte, der sollte die günstige Verkehrsanbindung zum Flughafen Frankfurt-Hahn nutzten. Findet man am geplanten Abreisetag keine Mitfahrgelegenheit, kann man am Heidelberger Hauptbahnhof in den Shuttlebus, den sog. Hahn-Express steigen. Dieser fährt im 2-3 Stundentakt und kostet pro Fahrt 20 €. Wer beim Abreisetag flexibel ist zahlt für ein Hinflugticket bei Ryanair rund 20 €, muss aber noch mal mit mindestens 15 € Gepäckgebühren rechnen. Ist man sicher am Aeroporto Bologna gelandet, kann man hier in den sog. Aerobus steigen. Mit diesem kommt man für 6 € problemlos in die Innenstadt. 3 Am teuersten ist wohl die Anreise mit dem Auto, wobei sich dies je nach Mitfahrerzahl auch wieder relativieren kann. Trotz hoher Spritpreise und Mautgebühren für italienische Autobahnen, hat die Anreise mit dem Auto jedoch auch Vorteile und auch ich selbst habe damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Es ist aus verschiedenen Gesichtspunkten sehr hilfreich vor Ort flexibel zu sein. So bietet sich ein Auto beispielweise bei wöchentlichen Fahrten zum nächst günstigen Großsupermarkt an, da diese meist nicht mir dem Bus zu erreichen sind. Außerdem hat man mit dem Auto die Möglichkeit, völlig unabhängig von Zugabfahrtszeiten und Bahnhöfen, die manchmal außerhalb der Innenstädte liegen, eigene Wochenendausflüge zu gestalten. Dadurch kann man auch etwas abgelegenere Orte und Landschaften besichtigen oder auch den ein oder anderen Ausflugs- oder Restaurantgeheimtipp in die Tat umsetzen. Doch dazu später mehr. Allerdings gibt es hierbei auch einige Dinge zu beachten. Wer mit dem Auto nach Bologna reisen will benötigt natürlich auch einen Parkplatz. Ohne Beschränkung ist ein solcher leider kaum zu finden. Innerhalb der Stadtmauern ist Parken ohne Sondergenehmigung nicht erlaubt, da es sich um eine „zona traffico limitato“ handelt. Deshalb sollte man die schwierige Parksituation auch bei der Wohnungssuche nicht außer acht lassen. So wird für die meisten die mit dem Auto anreisen, auch nur ein Zimmer außerhalb der Stadtmauern in Frage kommen. Möglichst bald nach der Ankunft empfiehlt es sich das International Office der Universität Bologna in der Via Filippo Re 4 aufzusuchen, um sich dort offiziell zu immatrikulieren. Hier sollte man schon vor der Öffnung um 9 Uhr dort zu sein, da gerade zu Beginn des Semesters ein riesiger Ansturm herrscht und das Büro an den meisten Tagen schon wieder um 11:15 Uhr schließt. Für die Immatrikulation und Ausstellung des Studentenausweises benötigt man zwei Passfotos und eine Kopie des Personalausweises. Ein paar Tage später kann man dann sein sog. Welcome Kit in Empfang nehmen. Neben dem Studentenausweis und nützlichen Informationen zu Stadt und Uni enthält dieses auch das sog. libretto universitario auf dem später die erbrachten Prüfungsleistungen eingetragen werden. Leider kann der Studentenausweis nicht wie in Heidelberg zur Zahlung in der Uni-Mensa genutzt werden, jedoch dient dieser als Zugangschlüssel für einige Unigebäude und Bibliotheken. Zudem erhält man mit dem Welcome Kit die Termine für die allgemeinen Begrüßungsveranstaltungen und die Informationsveranstaltungen der Facoltà di Giurisprudenza, in denen man kurz vor Vorlesungsbeginn in italienischer und englischer Sprache erfährt, wie man sich ordnungsgemäß zu Lehrveranstaltungen und Prüfungen beim uniinternen Prüfungssystem AlmaEsami anmeldet. Um täglich mobil und unabhängig von den Bussen zu sein, sollte man in Bologna immer ein Fahrrad zur Verfügung haben. Deshalb sollte man sich gleich nach der Ankunft darum kümmern. Ein solches bekommt wiederum am einfachsten auf den Facebookseiten von ESN und ESEG oder gebraucht in den meisten Fahrradläden der Stadt. Spektakulärer ist es jedoch ein Fahrrad auf einer sog. asta zu ersteigern. Wer hierbei kein Glück hatte oder wem das noch immer zu langweilig ist, kann sich zudem einfach in die Via Petroni stellen und auf ein leises „bici bici“ warten, sollte sich aber dann nicht wundern wenn sich der ehemalige Besitzer oder gar Eigentümer des Rades sich dieses bei Gelegenheit wieder zurückholt. Das Risiko, dass das gerade erworbene Fahrrad am nächsten Morgen verschwunden ist, ist allerdings generell sehr hoch, weshalb man sich sofort nach dem Kauf ein hochwertiges Schloss hierfür zulegen sollte. 4 4. Das Studium Die Vorlesungszeiten der juristischen Fakultät sind im Wintersemester (Semestre I) ca. von Ende September bis Mitte Oktober, worauf dann eine etwa zweimonatige Prüfungsphase folgt. Die einzelnen Vorlesungen finden dabei zwei bis viermal pro Woche statt, weshalb man höchstens drei bis vier Vorlesungen pro Semester, ohne zeitliche Überschneidungen, besuchen kann. So sollte man sich schon vorab aus dem Vorlesungsverzeichnis der Facoltà di Giurisprudenza spannende Lehrveranstaltungen herausschreiben und in der ersten und zweiten Vorlesungswoche entscheiden welche man, aufgrund von Interesse und der Verständlichkeit des jeweiligen Dozenten, dauerhaft besuchen möchte. Zwar besteht meistens keine Anwesenheitspflicht, jedoch ist es ratsam die Veranstaltungen regelmäßig zu besuchen um das eigene Sprachverständnis zu verbessern, den jeweiligen Dozenten besser einschätzen zu können und nicht zu letzt für die Prüfungen am Ende des Semesters gut vorbereitet zu sein. Diese sind in der Regel mündlich, wobei in manchen Fächern auch die Möglichkeit besteht schriftliche Zwischenprüfungen abzulegen. Des Weiteren werden in den Kursen mit einer hohen Anzahl von Erasmus-Studenten auch oft Hausarbeiten als Prüfungsersatz geschrieben. Grundsätzlich sind die Dozenten gegenüber ausländischen Studenten sehr nett und aufgeschlossen. Wem es also aufgrund der vorwiegend mündlichen Prüfungen auf den ersten Blick nicht möglich ist, sich seine in Bologna erbrachten Studienleistungen an der Heimatuniversität anrechnen zu lassen, sollte man den Dozenten darauf ansprechen, da dieser meist eine Alternativlösung parat hat. Der Prüfungsstoff bezieht sich in der Regel auf den Unterrichtsstoff und oft durch ein Buch, welches der Professor auswählt oder dieser meist selbst geschrieben hat ergänzt. Leider sind die jeweiligen Lehrbücher in Italien sehr teuer und es ist nicht zu empfehlen gleich alle Materialien neu zu erwerben. Vorher sollte man zumindest mal in der Biblioteca Giuridica Antionio Cicu in der Via Zamboni 27-29 nachgeschaut haben, ob noch das ein oder andere Lehrbuch zur Ausleihe parat steht. Zudem gibt es bei einigen Buchhandlungen die Möglichkeit günstig gebrauchte Bücher zu kaufen und in verschiedenen Copyshops der Stadt liegen auf Nachfrage auch vollständig kopierte Büchern bereit. Ganz legal ist diese Variante natürlich nicht, wird manchmal aber selbst von den Professoren so empfohlen. Wer einen ruhigen Ort zum Lernen sucht, findet neben einzelnen gut ausgestatteten Seminarbibliotheken in der gesamten Via Zamboni auch Gebäude mit kleinen Lernsälen (sala di studio). Da man dort auch seine Taschen mit hinein nehmen darf, kann es allerdings auch etwas unruhig werden. Eine gute Alternative findet man daher direkt an der Piazza Maggiore. Hier befindet sich im ersten Stock der Stadtbibliothek von Bologna der Biblioteca Sala Borsa ein abgetrennter Lernbereich, wo auch universitäre Bücher ausgeliehen werden können. Vorraussetzung für eine Ausleihe ist lediglich ein Ausweis (tessera), der kostenlos und innerhalb weniger Minuten am Informationsschalter im Erdgeschoss ausgestellt werden kann. Da die Seminarbibliotheken meist am Wochenende geschlossen haben, ist der Lernbereich vor allem samstags viel besucht. Auch hier lohnt sich frühes Aufstehen. Ist das Semester zu Ende und beginnt die zweimonatige Prüfungsphase sollte man wissen, dass die Dozenten mindestens drei Prüfungstermine (appelli) anbieten. Um an einer Prüfung teilnehmen zu können muss man sich 2-3 Wochen zuvor, über das System Alma Esami angemeldet haben, wo man dann auch seine Anmeldenummer bekommt. Den Studenten steht es dabei frei zu welchem Prüfungstermin sie erscheinen möchten. Auch einige Monate nach Ende der Lehrveranstaltung, ist in einem Nachholprüfung noch möglich. Am Tag der Prüfung müssen dann alle Angemeldeten pünktlich zur Anwesenheitskontrolle erscheinen. 5 Problematisch ist, dass man trotz Anmeldenummer nicht immer weiß wann man selbst aufgerufen wird und die Prüfung ablegen darf. So sitzt man meist mehrere Stunden in oder vor einem Vorlesungsraum, wo sich die Studenten gegenseitig mit möglichen Prüfungsfragen löchern. Ertönt dann endlich der eigene Name, darf man zunächst aus einer kleinen Box einen Papierschnipsel, auf dem die zu prüfenden Themenkomplexe aufgelistet sind, ziehen. Daraufhin wird man an einem Tisch gebeten und vom Dozenten oder von einem seiner unzähligen Hilfskräfte zu den gezogenen Themengebieten und dem hoffentlich ausreichend studierten Buch befragt. Wundern sollte man sich allerdings nicht, wenn im Raum mehrere Prüfungen gleichzeitig stattfinden, der Prüfer sich während der Befragung mit seinen Assistenten unterhält oder laut mit ihnen über die zu vergebende Note diskutiert. Bestanden hat man schlussendlich, wenn man eine Punktzahl zwischen 18 und 30 e lode erreicht hat. Nach der Prüfung wird dann die erreichte Punktzahl ins libretto universitario eingetragen. Wer hier richtig gut abschneiden möchte, sollte vorher die Internetseite www.quaestiones.com besuchen, da hier die Fragen der einzelnen Dozenten aus den vergangenen Semestern aufgelistet sind. Zusammenfassend lässt sich erkennen, dass man ausländischen Studenten sehr entgegen kommt und den sprachlichen Schwächen wenig Beachtung schenkt. 5. Das Leben in Bologna Auch außerhalb des universitären Lebens, ist in Bologna Langeweile ein Fremdwort und es gibt allerhand zu entdecken. Wenn man so durch die über 38 km langen Arkaden (portici) Bolognas schlendert, fühlt man sich fast als wäre die Zeit plötzlich stehen geblieben. Man wird geradezu umrahmt von Bolognas herrschaftlichen Kirchen und geschichtsträchtigen Palästen. Im Zentrum der Stadt, auf dem Piazza Maggiore, wurde die riesige Basilika San Petronio erbaut. Davor findet man einen Brunnen mit einer großen Neptunstatue, dessen Dreizack übrigens das Logo des italienischen Sportwagenherstellers Maserati ziert. Die Wahrzeichen der Stadt bilden jedoch die beiden ebenfalls nicht weit entfernten zwei Türme Garisenda und Asinlelli (due torri). Diese ragen mitten im Zentrum schier endlos in den Himmel empor und es lohnt sich auf jeden Fall Muskelkraft und etwas Mut zu investieren, um die nicht enden wollenden Treppenstufen im schiefen Inneren des Torre degli Asinelli hinaufzusteigen. Auf fast 100 m Höhe wird man dann mit einem wirklich atemberaubenden Blick über die roten Dächer der gesamten Stadt für seine Mühen belohnt. Von dort aus ist auch die Wallfahrtskirche Santuario della Madonna die San Luca zu sehen, die auf einem teilweise bewaldeten Hügel dem Colle della Guardia über Bologna wacht. Auch hierhinauf lohnt sich ein Fußmarsch durch den mit vier Kilometern längsten Arkadengang der Welt. Am Besten kann man Bologna an den Wochenenden auf sich wirken lassen, denn dann sind in der gesamten Innenstadt weder Autos noch Busse unterwegs und auf der Hauptstraße Bolognas, der Via dell’ Indipendenza, geben Kleinkünstler und Musiker ihr Können zum Besten. Wem das alles zu ruhig ist kann, sich durch den freitags und samstags stattfindenden Wochenmarkt auf der Piazza dell’ Otto Augosto schlängeln. Hier gibt es viel Nützliches und Unnützliches zu günstigen Preisen und man kann versuchen bei den wuseligen Händlern das ein oder andere Schnäppchen zu ergattern. Wer sportbegeistert ist, kann sich am Wochenende auch ein Heimspiel des FC Bologna, welcher der höchsten italienischen Fußballliga (Serie A) angehört, anschauen. Vorweg sollte man dabei aber keine schwachen Nerven mitbringen, denn Bengalos und Kanonenschläge gehören hier leider noch zur Tagesordnung. Um das reichhaltige kulturelle Angebot Bolognas komplett zu machen, finden auf der Piazza Maggiore meist auch Messen oder gar Open-Air-Konzerte statt und in der gesamten Stadt verteilen sich verschiedene Museen, Theater und Kinos. Wer dem 6 Italienischen noch nicht ganz mächtig ist kann für 6 € das English Movie Angebot des Cinema Chaplin in der Via Piazza di Porta Saragozza 5 nutzen und dort die neusten Filme genießen. Allerdings gibt es auch die Möglichkeit kostenlos Filme auf Italienisch anzuschauen. Hierfür kann man sich entweder in der Stadtbibliothek diverse DVD’s ausleihen oder am italienischen Filmeabend von ESEG teilnehmen, der jeden Donnerstag in der Aula 3 an der Piazza Scaravilli stattfindet. Generell bieten sowohl ESN als auch ESEG ein riesiges und abwechslungsreiches Freizeitprogramm, wo für jeden etwas dabei sein dürfte. Neben Erasmuspartys werden Reisen, unter anderem nach Florenz, Neapel, Rom, Siena, Verona, Venedig und zu vielen weiteren Städten angeboten. Doch auch kulturelle Events wie Tortellinikurse oder Weinproben werden von den beiden Gruppen organisiert. Zudem trifft man sich immer samstags zum Volley- oder Basketballspielen oder kann an einem Fußballturnier teilnehmen. Generell lernt man hierbei natürlich sehr schnell neue Leute kennen und knüpft dort die meisten Freundschaften. Durch E-Mails bleibt man ständig auf dem Laufenden, wobei dies auch notwendig ist, da man sich schnell im Internet anmelden muss, um noch einen Platz für eine Reise oder ein Event zu ergattern. Durch die gute Verkehrsanbindung Bolognas ist es aber auch möglich unabhängig von den Studentenorganisationen zu reisen. Die großen italienischen Bahngesellschaften TrenItalia und Italo fahren regelmäßig in alle großen Städte im Umkreis und die Fahrkartenpreise sind im Vergleich zur Deutschen Bahn wirklich sehr günstig. Doch nicht nur kulturell sondern auch kulinarisch ist Bologna ein absolutes Highlight. Auf jeden Fall ist es ein absolutes Muss sich mit Freunden am Abend zum Aperitivo zu treffen. Wenn man sich in den zahlreichen Bars etwas zu trinken bestellt, kann man sich, ganz anders als es der deutsche Sprachgebrauch vermuten lässt, am Buffet den gesamten Abend den Teller mit diversen Köstlichkeiten vollschaufeln. Doch auch alle Pizza- und Pastaliebhaber müssen in Bologna auf nichts verzichten. Wer in der Geburtsstadt der Bolognaise einmal die Tagliatelle al ragù gekostet hat, wird schnell merken, dass dies so rein gar nichts mit der deutschen Variante der berühmten Nudelsauce zu tun hat. Echte bologneser Küche zu günstigen Preisen findet man am besten in der Trattoria Del Rosso oder in die fast schon legendären Osteria dell’ Orsa. Etwas ausgefallenere aber wahnsinnig tolle Gerichte werden in meinem persönlichen Lieblingsrestaurant der Osteria Satyricon angeboten. Für die Qualität der Speisen sind die Preise moderat und ich kann nur jedem empfehlen zumindest einmal im aus meiner Perspektive besten Restaurants Bolognas gewesen zu sein. Allein schon für das Schokofondue mit selbstgemachten Keksen oder den Schokokuchen lohnt sich ein Besuch. Wer, so wie ich, mit dem Auto angereist ist, kann kulinarisch natürlich noch einiges mehr entdecken. So befindet sich rund 40 min von Bologna entfernt die Stadt Modena, die Heimat des Balsamico. Der echte aus Modena stammende Aceto Balsamico Tradizionale wird oft als „König der Essige“ bezeichnet und hat mit dem handelsüblichen Balsamico ebenfalls rein gar nichts gemein. Für eine kleine Flasche eines Aceto Balsamico Tradizionale (Extravecchio d.h. 25 Jahre alt) muss man in Modena rund 90 € auf den Tisch legen. Um diesen Preis nachvollziehen zu können, sollte man die Villa San Donino besuchen. Hier bietet der wirklich nette und hilfsbereite Davide kostenlose Führungen durch seine kleine Produktionsstätte an und man wird nach einer kleinen Kostprobe wohl niemals wieder vergessen, wie der Aceto Balsamico Tradizionale zusammen mit Joghurteis schmeckt. Ein weiterer Geheimtipp für Autofahrer ist das Ristorante Ca’ Cerfolgi, welches sich in einem kleinen Dorf namens Aquaria befindet. Zwar ist man dorthin erstmal rund 1,5 Stunden im nirgendwo unterwegs, doch durch das grandiose Essen wird man schnell wieder versöhnt. Hier habe ich wohl die 7 beste Pasta meines Lebens gegessen, denn die Tortellini mit Ricottafüllung und Steinpilzen waren unbeschreiblich, wobei das Prädikat einfach nur traumhaft, wirklich untertrieben wäre. Zum Schluss… bleibt mir nichts anderes, als diejenigen zu beglückwünschen die sich für Bologna als Erasmusziel entschieden haben. Die Vielzahl an einmaligen Begegnungen und Erfahrungen werden euch prägen und auch die angeblich ach so verlorene Studiumszeit mehr als nur wieder aufwiegen. In diesem Sinne wünsche ich allen Erasmus-Neulingen eine spannende Zeit und ein abwechslungsreiches Auslandssemester! Manuel Wesch 8