Unterrichtsmaterial

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Materialien
für den Unterricht
www.vgo-schule.de
Tabitha Suzuma
forbidden
Wie kann sich etwas so
Falsches so richtig anfühlen?
ISBN: 978-3-8415-0307-7
Erarbeitet von
Konzipiert für die
Jahrgangsstufen 8–11
Thematik:
Geschwisterliebe, Erwachsenwerden,
Emanzipation, Identitätsbildung, Tabu,
Autonomie
Didaktischer Schwerpunkt:
Erweitern des Textverständnisses,
­Ent­wickeln von Ich-Stärke, Erweitern
der Sozialkompetenz, emotionales Ver­
stehen, problem- und handlungsorientierter Umgang mit dem Text
© Oetinger Taschenbuch GmbH,©
imOetinger
Vertrieb Taschenbuch
bei dtv, Hamburg,
November
2014 bei dtv, Hamburg, November 2014
GmbH,
im Vertrieb
Christine Hagemann
Tabitha Suzuma M aterialien
forbidden
für den
U nterricht
Konzipiert für die Jahrgangsstufen 8–11
Tabitha Suzuma
W ie
forbidden
F alsches
anfühlen ?
kann sich etwas so
so richtig
Thematik:
Geschwisterliebe, Erwachsenwerden, Emanzipation, Iden­
ti­täts­bildung, Tabu, Autonomie
D idaktischer Schwerpunkt:
Erweitern des Textverständnisses, Entwickeln von IchStärke, Erweitern der Sozialkompetenz, emotionales Verstehen, problem- und handlungsorientierter Umgang mit
dem Text
1. Inhalt
Lochan und Maya leben in London, zusammen mit ihren
drei jüngeren Geschwistern und ihrer Mutter Lily. Lochan ist fast achtzehn, und seit der Scheidung seiner Eltern kümmert er sich zusammen mit seiner ein Jahr jüngeren Schwester Maya neben der Schule auch um den
Haushalt. Lily arbeitet als Kellnerin und ist auch in ihrer
Freizeit immer seltener zu Hause. Lochan ist sehr gewissenhaft und ein erstklassiger Schüler, doch die doppelte
Belastung von Abiturvorbereitung und Sorge um die Familie macht ihm zu schaffen.
Vor allem der Umgang mit seinem dreizehnjährigen Bruder Kit wird schwieriger, denn der will Lochan nicht als
Autorität akzeptieren und lässt sich mit zwielichtigen
Cliquen ein. Wenn Lochan und Kit streiten, ist es meist
Maya, die einfühlsam vermittelt und Lochan beruhigt.
Ohne Maya, die ihn immer unterstützt und sich liebevoll
um die kleinen Geschwister kümmert, würden Lilys ständige Abwesenheit und ihr Alkoholproblem bald nicht
mehr vor dem Jugendamt zu vertuschen sein. Maya bewundert Lochan für seine Intelligenz, sein Wesen und
seinen unermüdlichen Einsatz. Für sie ist selbstverständlich, dass sie und Lochan als die beiden Ältesten gemeinsam die Familie zusammenhalten, auch wenn ihr Leben
anstrengend ist und für eigene Interessen keine Zeit übrig
bleibt.
Die empathische Maya weiß, wie wichtig die Familie für
Lochan ist; nur zu Hause fühlt er sich sicher, mit anderen
kann er nicht frei sprechen. In der Öffentlichkeit leidet
Lochan unter einer Sozialphobie, die ihm Kontakte mit
anderen Menschen fast unerträglich macht. Nur in der
Familie kann er unbeschwert sein. Nach dem Abitur will
er in London studieren und in ihrer Nähe bleiben, darüber ist Maya froh. Lochan ist ihr bester Freund und Vertrauter, ein Leben ohne ihn kann sie sich nicht vorstellen.
Lochan und Maya übernehmen notgedrungen immer
mehr die Rolle der Eltern für die jüngeren Geschwister.
Maya versucht einfühlsam, Lochan zu entlasten und ihn
aufzuheitern. Als sie sich bei einem Tanz zärtlich an ihn
schmiegt, wird Lochan klar, dass er Maya nicht nur als
Schwester, sondern auch körperlich liebt. Über sich selbst
entsetzt, löst er die Umarmung. Doch Maya möchte auf
Lochans Nähe nicht verzichten, auch sie liebt ihn mehr als
einen Bruder. Der Gedanke, Lochan als Partner zu lieben,
erschreckt sie nicht. Sie möchte ihre Gefühle für ihn ehrlich zeigen und seine Berührung genießen. Doch Lochan
versucht ihr klarzumachen, dass Sex zwischen Geschwistern absolut undenkbar, unmöglich und noch dazu gesetzlich verboten ist. Maya teilt seine Meinung nicht, für
sie ist ihre Liebe nur konsequent, völlig natürlich und
richtig. Doch die möglichen Konsequenzen sind auch ihr
bewusst.
Um der Familie willen versuchen Maya und Lochan, sich
zurückzuhalten, doch ihre Gefühle füreinander lassen sich
nicht unterdrücken. Die Anspannung wächst bis zur Unerträglichkeit und wirkt sich auf die gesamte Familie aus.
Lochan fühlt sich schuldig und wird vom Druck der ausweglosen Situation überfordert. Sein unbedingtes Bemühen, die Familie zusammenzuhalten, scheint endgültig zu
scheitern, als er Kit verprügelt und dabei völlig die Kon­
trolle verliert. Lochan empfindet sich einmal mehr als
Versager. Maya versteht seine Verzweiflung, auch sie
kann so nicht leben. Es gelingt ihr, Lochan zu überzeugen,
sich in den Nächten heimlich zu treffen, um ihre Sehnsucht nach Zärtlichkeit zu stillen.
Ihr Glück, wenn auch im Verborgenen, endlich als Liebende zusammen zu sein, entspannt auch die Beziehungen
in der Familie. Sogar Lochans soziale Verkrampfung löst
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, November 2014
Erarbeitet von Christine Hagemann
sich, er gewinnt allmählich Selbstvertrauen. Maya ist
überglücklich und zuversichtlich, dass sie eines Tages
trotz aller Hindernisse als Paar leben können. Als Maya
und Lochan zufällig für eine Nacht allein in der Wohnung
sind, erleben sie ihr „erstes Mal“ sexueller Vereinigung.
Doch plötzlich steht ihre Mutter schreiend im Zimmer,
reißt die beiden auseinander und alarmiert die Polizei. In
Panik beschließt Lochan, die Situation nach außen als
Vergewaltigung darzustellen und die Schuld auf sich zu
nehmen, damit Maya verschont bleibt und die Geschwister nicht getrennt werden. Lochan wird verhaftet und
muss im Verhör alle Einzelheiten seiner „Tat“ beschreiben. Dabei spürt er den Abscheu der Kriminalbeamten. In
der Untersuchungshaft begreift er, dass sein Plan aussichtslos ist. Denn er weiß, dass Maya die Wahrheit sagen
wird. Er sieht nur einen einzigen Ausweg, Maya und die
Familie zu schützen, endlich frei zu sein: Er erhängt sich
in seiner Zelle.
2. Aufbau
und
Erzählstil
Die Handlung des Romans wird in sechsundzwanzig Kapiteln und einem Epilog durchgehend in Ich-Erzählper­
spektive in der Zeitstufe Gegenwart / Präsens entfaltet. Als
Ich-Erzähler wechseln die Hauptfiguren Lochan und
Maya kapitelweise ab. Beide setzen denselben Handlungsstrang in Form von berichtendem Erzählen aus ihrer
jeweiligen Sicht fort. Eine Ausnahme von dem ansonsten
bis einschließlich des Epilogs konsequenten Wechsel der
Ich-Erzähler bilden die zwei letzten Kapitel, die von Lochan erzählt werden. Hierdurch entsteht formal eine Lücke, inhaltlich jedoch ist dem Leser unmittelbar klar,
warum Mayas Beitrag an dieser Stelle fehlt. Die erzählte
Zeit umfasst insgesamt neun Monate.
Die Sprache des Romans ist modern und authentisch.
Dialoge und innere Monologe lassen den Leser an der
Gedanken- und Gefühlswelt der Hauptfiguren teilhaben,
individuelle Charakterzüge und Handlungsweisen werden schnell vertraut. Auch in den berichtend erzählten
Passagen gelingt es der Autorin, durch sensibel geführte
Sprache, je nach Zentralstellung des Ich-Erzählers, individuelle Wesensmerkmale zu vermitteln und die Personen
zu charakterisieren: Lochan, der rational abwägt, verantwortungsbewusst und diszipliniert handelt, seine tiefen
Emotionen nicht leicht mitteilen kann; Maya, die zugewandt und einfühlsam auf andere eingeht, tief mitempfindet und versteht, emotional intelligent handelt. Von Beginn an erscheinen sowohl Lochan als auch Maya in ihrer
Identität komplementär, einzeln bedürftig, erst gemeinsam vollständig. Jeder der beiden hat deutliche Stärken
und Schwächen, die vom anderen ausgeglichen werden.
Der Leser erlebt intensiv mit, wie Konflikte eskalieren,
wie Zwänge und Druck sich auf die Gefühls- und Lebenswelt der Figuren auswirken. Das Leitthema Geschwis­
terinzest bringt die Autorin dem Leser parallel mit der
emotionalen Entwicklung der Hauptfiguren nahe. Auch
Leser, die vor Beginn der Lektüre die zentrale Thematik
forbidden
kennen, werden überrascht: Zunächst scheinen einige
„Vorkenntnisse“ (bez. Beziehungskonstellation, Milieu,
sozialen Rollen) bestätigt zu werden, doch der Fortgang
der Handlung widerlegt alle Vorurteile. Es gibt kein
„Ausnutzen von Abhängigkeiten“, keine Täter-OpferBeziehung. Am stärksten wird dies an Mayas Entwicklung deutlich: Sie ist zugewandt und emotional stark auf
Lochan fixiert, doch innerlich wesentlich freier als er.
Maya ist es, die immer wieder die Initiative zu körper­
lichem Kontakt ergreift. Sie selbst stellt ihre anfängliche
Naivität infrage, sie prüft Argumente und Umwelturteile
ebenso kritisch wie ihre eigenen Gefühle. Der Leser begleitet ihren Selbstfindungsprozess und versteht die unbedingte Konsequenz, mit der sie auf ihrem Recht zu persönlichem Glück besteht. Es ist Lochan, der sich selbst
diese Liebe verbietet und dadurch in eine tiefe Identitätskrise gerät. Wo Lochans äußere Normentreue und inneren Zwänge ihn paralysieren, schaffen Mayas emotionale
Stärke und Kreativität neue Handlungsräume.
Die zunehmende Anspannung, die Lochan und Maya
unter dem Druck des Verbots zu zerstören droht, überträgt sich unmittelbar auf den Leser, der längst kein Zuschauer mehr ist: In der Identifikation mit den Hauptfiguren wünscht er/sie selbst inständig, es möge gelingen, dass
Lochan sich von dem selbst verordneten Verbot befreit,
dass sie endlich ihre Liebe frei leben können. Entsprechend liegt der Wende- und Höhepunkt des Romans im
gemeinsamen Entschluss, äußere Regeln zu ignorieren
und ihrer Liebe Raum zu geben, wenn auch im Verborgenen. Auch hier geschieht die Entwicklung komplementär:
Lochan wird weicher, zugewandter, offener; Maya wird
entschiedener, selbstsicherer, erwachsener. Ihr Leben als
Geschwister-Liebespaar wirkt sich auf das gesamte Familienleben heilend aus. „Plötzlich sind alle viel glücklicher,
alles ist viel einfacher als früher, viel leichter.“ (S. 344)
Der anschließende zweite Spannungsbogen des Romans
lässt die Handlung konsequent eskalieren bis zum dramatischen Schluss: Der Einbruch der Außenwelt zerstört,
was für alle Beteiligten gut und richtig war.
Die Lektüre dieser außergewöhnlichen Liebesgeschichte
lässt kaum einen Leser ohne Betroffenheit, anteilnehmende oder irritierende, in jedem Fall aufwühlende Emotionen zurück. Mit ihrer einfühlsamen, fesselnden Erzählweise und dem stringenten Duktus vermittelt Tabitha
Suzuma intensives emotionales Verstehen. Die Identifikation mit den Romanfiguren verändert die eigene Wahrnehmung: Sie bewirkt ein Neu- und Umdenken. Der innere Klärungsprozess der Hauptfiguren vollzieht sich auch
beim Leser, mögliche Vorurteile werden ins Gegenteil
verkehrt: Das Verbot einschließlich des Tabus entpuppt
sich als schädlich, zerstörerisch und regelrecht falsch; soziale und psychische Folgen, die gemeinhin als schädliche
Wirkung einer Inzestbeziehung gelten (Depression, Verletzung, Isolation), sind in Wahrheit vom Verbot verur­
sacht. Erst das Ausleben dieser Liebe bringt Heilung. Mit
Maya und Lochan erlebt auch der Leser ihr Dilemma und
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Tabitha Suzuma die verheerende Ausweglosigkeit gegenüber einer Umwelt, in der sie sich nicht verständlich machen können.
Auch wenn der Epilog für Maya und ihre Geschwister
Zukunftsperspektiven und die Versöhnung mit Lochans
Tod ausdrückt – der Leser wünscht, dass es so „im wirklichen Leben“ nicht ausgehen sollte. Jeder Leser ist aufgefordert, selbst Stellung zu beziehen, damit Mayas Hoffnung sich erfüllt: „Die Menschen werden es akzeptieren,
sie werden es akzeptieren müssen. Wenn sie sehen, wie
sehr wir uns lieben, wenn sie begreifen, dass wir schon
immer füreinander bestimmt waren, wenn sie merken,
wie glücklich wir miteinander sind – wie können sie dann
gegen uns sein?“ (S. 377)
3. Informationen
zur
Autorin
Tabitha Suzuma wurde 1975 in London geboren. Sie hat
vier jüngere Geschwister, ihre Mutter ist Engländerin, ihr
Vater Japaner. Schon als Schülerin begann sie, Geschichten zu schreiben. Sie studierte Französische Literatur am
Londoner King’s College und arbeitete nach einer pädagogischen Zusatzausbildung als Grundschullehrerin. Seit
2006 schreibt sie Romane für junge Erwachsene. Bis
heute hat sie mit großem Erfolg fünf Romane veröffentlicht und wurde mit zwei Literaturpreisen ausgezeichnet,
dem Young Minds Book Award und dem Stockport
Schools Book Award.
Der Roman forbidden wurde bisher weltweit in zehn
Sprachen übersetzt. 2012 war das Buch für den Deut­
schen Jugendliteraturpreis nominiert. 2011 gewann Tabitha Suzuma für forbidden den italienischen Preis Premio
Speciale Cariparma für Europäische Literatur.
4. Hintergrundinformationen:
G eschwisterliebe in Deutschland
Wie viele Geschwisterpaare leben in Deutschland als Liebespaare? Man weiß es nicht. Denn sie halten geheim,
dass sie Geschwister sind, oder sie leben ihre Beziehung
im Geheimen. Geschwisterliebe ist gesetzlich verboten
und gesellschaftlich geächtet. „Inzest“ ist das „Schandmal“, mit dem sie leben müssten, wenn ihre Liebe bekannt würde. Das hätte Folgen, die mit dem Wort „Skandal“ nur oberflächlich beschreibbar sind. Wohl jeder
denkt beim Wort Inzest unmittelbar an Pädophilie und
Missbrauch, an Medienberichte über Väter, die ihre Töch­
ter zum Geschlechtsverkehr zwingen, sie quälen und ihnen für ihr gesamtes weiteres Leben seelischen Schaden
zufügen, an Despoten und duldende Opfer. Auch bei näherer Betrachtung bleibt meist ein grundsätzliches Gefühl
von Abscheu. Selbst wenn die Beteiligten von Einvernehmen und Freiwilligkeit sprechen, wird eher angenommen,
dass es einen „unterlegenen“ Partner gibt, geben muss,
der nur keine Einsicht in seine tatsächliche Abhängigkeit
hat und die Beziehung falsch deutet.
Die Gruppe Team 1731 schätzt, dass in Deutschland zwischen fünfzig und hundertfünfzig betroffene Paare leben.
Die Initiativgruppe, etwa zehn Geschwister-Liebespaare,
forbidden
kämpft um Toleranz und fordert die Abschaffung des
juristischen Inzestverbots §173 StGB. Die relativ geringe
Zahl der Betroffenen und ihre Anonymität erschweren,
eine Lobby in der deutschen Bevölkerung zu mobilisieren,
zumal Geschwisterinzest noch immer extrem tabuisiert
ist. Doch all diese Faktoren entbinden den Gesetzgeber
nicht von einer vorurteilsfreien, klaren Regelung, die es
bislang nicht gibt.
4.1 Tabu Geschwisterliebe
In der heutigen aufgeklärten Gesellschaft, die den Anspruch erhebt, moralische Urteile mit Vernunft zu fällen,
halten sich manche Tabus hartnäckig. Auch modernen
Menschen, die sich selbst als aufgeschlossen und tolerant
einschätzen, rutscht beim Thema Geschwisterinzest schon
mal der Gedanke heraus: „So etwas wie euch darf es nicht
geben!“ Es erscheint widersinnig, dass Menschen, die
keinerlei Problem mit homosexuellen Freunden oder Familienmitgliedern haben, mit Abscheu auf GeschwisterLiebespaare reagieren.
Niemand möchte sich Geschlechtsverkehr mit seinem
eigenen Bruder oder seiner Schwester vorstellen. Die anthropologische Forschung geht davon aus, dass dieses
spontane Gefühl der sexuellen Aversion seit Urzeiten im
Menschen verwurzelt ist: Priorität hatte das Überleben
der Gruppe / Sippe; der Reflex, sich nicht mit nahen Familienmitgliedern fortzupflanzen, war existenziell wichtig
zur Vermeidung von Erbschäden und wurde als zweckdienlicher Impuls evolutionär implantiert.
In Gesellschaften aller Kulturen spiegeln sich sozial wichtige Werte im jeweiligen Sittenkodex, dessen moralische
Instanz früher (teilweise bis heute) vorrangig die Reli­
gionen2 waren. Seit Jahrtausenden galt: Inzest verbietet
sich, weil er die Gemeinschaft schädigt. Das moralische
Verbot macht sich das Spontangefühl des Abscheus zunutze und bezeichnet sexuelles Verhalten, das von der
„Normalität“ abweicht, als pervers. Allerdings war die
Position der westlichen Kirche, lange Zeit oberste Moralinstanz, in den letzten Jahrhunderten widersprüchlich:
Während sie Inzest auch in europäischen Adelsgeschlechtern als opportunes Mittel zur Sicherung von Erb- und
Macht­ansprüchen mindestens duldete, wurde Inzest im
All­gemeinen als sündige Unmoral verurteilt. Diese unter­
1 Die Initiative stellt auf ihrer Webseite Selbstaussagen, Hinter­
grundinformationen und Links zu Presseartikeln zusammen.
Alle (bisher) Beteiligten sind Halbgeschwister, die ge­trennt voneinander aufwuchsen und sich erst als Erwachsene kennengelernt
haben. Sie kommen keineswegs aus dem „Unterschichtsmilieu“,
sondern aus allen Bevölkerungsschichten. www.hundertdreiundsiebzig.de
2Paradoxerweise entsteht in etlichen Schöpfungsmythen die
Mensch­
heit durch Geschwisterinzest; doch der bleibt den
Götter­­gestalten vorbehalten. In der griechischen Mythologie sind
Zeus und Hera, in der ägyptischen Isis und Osiris Ge­schwisterLiebespaare.
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Tabitha Suzuma schiedliche Beurteilung, die bei „rationalem“ Inzest3
Ausnahmen machte, legt den Schluss nahe, dass es der
Kirche in erster Linie darum ging, sexuelle Lust zu verteufeln.
––„In nahe Verwandte verliebt man sich nicht“: Das ist in
erster Linie eine Feststellung. Sie wurde zur Vorschrift,
weil es immer schon Ausnahmen gab.
––Das Tabu ist ein gesellschaftliches Konstrukt mit einer
zielgerichteten Funktion: Es soll abweichendes Verhalten
„undenkbar“ und damit unausführbar machen.
Tabubruch fordert Bestrafung im Namen einer „höheren“
Macht:
Für Betroffene sind die Reaktionen der Umwelt meist
schwerer zu ertragen als das Tabu selbst. Wer das Tabu
verletzt, wird aus der Gemeinschaft ausgeschlossen, isoliert, geächtet. Das Stigma der Schande und der Unehre
lastet auf ihm/ihr. Und schlimmer noch, er/sie erfährt die
Verachtung der anderen. Verachtung ist ein Reflex, der
subjektiv unmittelbar starke Gefühle auslöst, die sich bis
zum Hass steigern können. Längst bevor rationale Erwägungen angestellt werden können, ist das abwertende
Urteil über den anderen gefällt. Verachtung drückt eigene
Scham und Angst aus, sie markiert emotional die Trennung vom anderen, macht ihn zum „Unberührbaren“.
Der (vermeintlich) moralisch Überlegene fühlt sich berechtigt, seine Distanzierung als Abscheu und Ekel auszudrücken. Ob ausgesprochen oder in Gedanken: Wer jemanden verachtet, will den anderen kränken, demütigen,
bestrafen. Psychologen sehen in solchem Verhalten vor
allem Symptome einer schwachen/defizitären Persönlichkeit, die zum Empfinden eigener Größe auf die Diskriminierung anderer angewiesen ist und sich deshalb eine
wirkmächtige moralische Instanz sucht, in deren Namen
sie agiert. Doch diese Erkenntnis hilft den Verachteten
kaum, ihren Leidensdruck zu verringern.
4.2 Straftat Geschwisterliebe
4.2.1 Die Rechtsgrundlage in Deutschland:
Die allgemeine Handlungsfreiheit (Privatautonomie) ist
als Grundrecht im Grundgesetz (GG) verankert. Sie gilt
nicht schrankenlos, sie darf das Zusammenleben nicht
stören.
Art. 2 Abs. 1 GG
Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt
und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder
das Sittengesetz verstößt.
(Quelle: www.gesetze-im-internet.de)
Grundrechte dürfen nur in zulässiger Weise eingeschränkt werden, d. h., Einschränkungen müssen berechtigt und verhältnismäßig sein. Das Sittengesetz ist keine
ausformulierte Norm, es ist Ausdruck der vorherrschenden Moralvorstellungen der Gesellschaft. Seine
forbidden
Verbindlichkeit erhält es in einzelnen Gesetzen des
Strafrechts. Allgemeingültige Auffassungen, was sittlich
richtig oder anstößig ist, sind kultur- und zeitabhängig.
Entsprechend ist das Sittengesetz den Anschauungen
der Zeit unterworfen, d. h., Verbote sind revidierbar.
So wurde das deutsche Strafrecht schrittweise 1969 und
1973 reformiert, u. a. mit dem Ziel, sexuelles Verhalten
zu entkriminalisieren.
Das Strafrecht hat die Aufgabe, Rechtsgüter zu schützen. Als Rechtsgut / Schutzgut gelten schützenswerte
In­
teressen einzelner Personen (Individualrechtsgüter)
und der Gesellschaft (Universalrechtsgüter). Individual­
rechts­güter, geschützt durch die Grundrechte, sind z. B.
Menschenwürde, Freiheit, körperliche Unversehrtheit,
Eigentum, sexuelle Selbstbestimmung. Hierbei darf das
Strafrecht nur angewandt werden, wenn das Rechts­gut auf
keinem anderen Weg zu schützen ist (Verhältnismäßigkeit).
Typische Universalrechtsgüter sind z. B. Sicherheit des
Geschäfts- und Rechtsverkehrs, öffentliche Sicherheit und
Ordnung.
Eine Rechtsnorm, die keinem legitimen Schutzzweck
folgt, ist ein unverhältnismäßiger Grundrechtseingriff,
damit verfassungswidrig und nichtig.
Schuld ist sowohl eine juristische als auch eine sittliche
Kategorie. Die rechtliche Schuldzusprechung bezieht
sich ausschließlich auf eine zuvor bestimmte, geltende
Rechtsordnung, deren Normen im Einzelfall ausgelegt und
angewandt werden. Von Schuld ist auch im juristischen
Sinne nur dann die Rede, wenn einer Person / Personen
Schaden zugefügt wurde.
à Schuldig macht sich, wer für eine Straftat verantwortlich gemacht werden kann; verantwortlich ist, wer mit
Wissen und Willen handelt.4 Die sittlich-moralische Be­
urteilung beruft sich auf Normen, die sich (unabhängig
von faktischen Rechtsordnungen) aus allgemein humanitären Werten für das Handeln des Einzelnen ergeben.
Beide Konzepte sind im Ansatz verbunden, denn auch die
Rechtsordnung beruht ursprünglich auf dem Sittenkodex,
der menschliches Zusammenleben auf der Basis von
Werte­
entscheidungen regelt, und auch der Sittenkodex
3 Wohl jedem ist das Drama des Ödipus geläufig. Wahrscheinlich
weniger bekannt ist, dass in der Bibel explizit vom Inzest zwischen Lot, als einziger Gottgefälliger aus Sodom gerettet, und
seinen Töchtern berichtet wird: Die Initiative geht mangels
Ehemännern von den Töchtern aus, allerdings geht es ihnen
nicht um sexuelle Lust, sondern um die Nachkommenschaft der
Sippe. Hier wird Inzest kulturhistorisch legitimiert.
4 Die Voraussetzung für Bestrafung ist die Vorwerfbarkeit von
Schuld. Nicht näher eingegangen wird an dieser Stelle auf
Umstände wie Fahrlässigkeit, Einsicht, Schuldfähigkeit oder
Willensfreiheit. – Die Neurobiologie zweifelt die Voraussetzung
eines „freien Willens“ grundsätzlich an.
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Tabitha Suzuma folgt sozialen Notwendigkeiten. Im Zentrum beider Ansätze steht die Frage nach der Verantwortung.
Wer gegen geltendes Recht verstößt, macht sich strafbar.
Aber auch vor Gericht genügt nicht die formale Feststellung, dass gegen ein Gesetz verstoßen wurde. Eine Strafe
muss auch inhaltlich begründet werden.
à Strafbewehrte Gesetze müssen einen Strafzweck5 verfolgen, der sinnvoll für die Gemeinschaft ist.
Nach heutiger Rechtsauffassung muss die Funktion der
Norm anhand des schützenswerten Rechtsguts überprüft
werden. Das heißt, Strafnormen haben nur dann Berechtigung, wenn sie ein Rechtsgut schützen. Hierbei steht das
personale Schuldprinzip im Vordergrund. (Die frühere
Auffassung, „Sittlichkeit“ sei ein vom Staat zu schützendes Gut, wurde revidiert und explizit mit der Strafrechtsreform 1973 aus dem Gesetzestext entfernt.)
Die deutsche Rechtsprechung (Bundesverfassungs­
gericht)6 verbindet drei Strafzwecke:
–– Vergeltung / Sühne (im Sinne von Tatschuldausgleich)
–– Prävention / Abschreckung (auch zur Erhaltung der
Rechtstreue der Allgemeinheit)
–– Resozialisierung (Sicherung vor dem Täter, Spezial­
prävention, Tätererziehung)
Der Beischlaf zwischen leiblichen Geschwistern ist nach
deutschem Recht eine Straftat.
Zur Anwendung in Gerichtsprozessen kommt das Strafgesetzbuch (StGB):
§ 173 Beischlaf zwischen Verwandten
(1) Wer mit einem leiblichen Abkömmling den B
­ eischlaf
vollzieht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren
oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Wer mit einem leiblichen Verwandten aufsteigender Linie den Beischlaf vollzieht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft;
dies gilt auch dann, wenn das Verwandtschaftsverhältnis er­loschen ist. Ebenso werden leibliche Geschwister
bestraft, die miteinander den Beischlaf vollziehen.
(3) Abkömmlinge und Geschwister werden nicht nach
dieser Vorschrift bestraft, wenn sie zur Zeit der Tat
noch nicht achtzehn Jahre alt waren.
(Quelle: www.gesetze-im-internet.de)
Zu beachten ist:
§ 173 gehört zu Abschnitt 12 StGB: „Straftaten gegen den
Personenstand, die Ehe und die Familie“, nicht zu dem
Abschnitt „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“.
Das Sexualstrafrecht, Abschnitt 13, §§ 174–184g StGB,
das sich detailliert mit möglichen Formen des sexuellen
Missbrauchs, sexueller Nötigung und Vergewaltigung
befasst, trug bis 1973 die Überschrift „Straftaten gegen
die Sittlichkeit“, die dann in „Straftaten gegen die s­ exuelle
Selbstbestimmung“ geändert wurde. Dies folgte der Forderung der Rechtswissenschaft nach strikter Trennung
von Strafrecht und Moral. Der heutige Schutzbereich be-
forbidden
zieht sich auf gravierende sozialschädliche Verhaltens­
weisen.
à Inzest ist eine opferlose Straftat.
4.2.2 Die Position des Bundesverfassungsgerichts:
2008 erregte der Fall eines deutschen Geschwisterpaars mit
vier gemeinsamen Kindern großes Aufsehen: Das Bundes­
verfassungsgericht (BVerfG) wies die Verfassungsbeschwerde des Mannes / Bruders zurück, der nach § 173
StGB (nach mehreren Bewährungsstrafen) zu einer Gefängnisstrafe von sechzehn Monaten verurteilt worden war.
Obwohl im verhandelten Fall deutlich gravierendere Bedingungen vorlagen als im Szenario des Romans forbid­
den (behinderte Kinder, deutlicher Altersunterschied,
Abhängigkeit der Schwester), repräsentiert die BVerfGEntscheidung die grundsätzliche Auffassung deutscher
Rechtsprechung, da sie in weiten Teilen den Charakter
einer Leitentscheidung hat.
Der Fall löste unter Juristen heftige Kontroversen aus. Ein
Großteil der Irritationen über die BVerfG-Entscheidung
beruht darauf, dass in der Begründung §173 Absatz 2
Satz 2 StGB eng mit § 174 ff. (Missbrauch) verknüpft wird.
Den Einwand, der Schutz der sexuellen Selbstbestimmung
sei durch § 174 ff. ausreichend gesichert und eine Koppelung schon formal unzulässig, lässt das BVerfG nicht
gelten. Es beruft sich auf „eine gewisse Plausibilität schädigender Wirkungen“7 und sieht speziell bei Geschwisterbeziehungen „spezifische familiäre Abhängigkeiten“ sowie „Schwierigkeiten der Einordnung von Übergriffen“
generell als wahrscheinlich. Mehrfach und ausdrücklich
wird das allgemein in der Bevölkerung bestehende Tabu
als sinnvoll und erhaltenswert dargestellt.
Die Entscheidung des BVerfG war mit einer zu sieben
Voten nicht einstimmig. Das Dokument der BVerfGEntscheidung umfasst auch das Sondervotum des derzeit Vorsitzenden Richters, Vizepräsident des BVerfG,
Winfried Hassemer, der erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken formuliert. Nach seiner Ansicht verfolgt
die Strafnorm § 173 Abs. 2 Satz 2 StGB kein akzeptables Regelungsziel (à Schutzgut) und verstößt gegen
die verfassungsrechtlich geforderte Verhältnismäßigkeit
und das Übermaßverbot. „Es spricht viel dafür, dass
die Vorschrift in der bestehenden Fassung […] lediglich
bestehende oder auch nur vermutete Moralvorstellungen,
nicht aber ein konkretes Rechtsgut im Auge hat.“ [99]
5 In der Rechtsphilosophie wird das Konzept von Strafe kontrovers diskutiert. Insbesondere das Strafziel Vergeltung ist sehr
umstritten.
6 vgl.: Leitentscheidung BVerfG 45, 187 ff., 253 ff.
7 Quelle für alle hier und im Folgenden zitierten Stellen: BVerfG,
Entscheidung vom 26.2.2008, AZ: 2 BvR 392/07. Zahlen in eckigen
Klammern bezeichnen den jeweiligen Abschnitt des BVerfG-Textes.
www.bverfg.de/entscheidungen/rs20080226_2bvr039 207.html
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Tabitha Suzuma Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (SenatsMehrheit):
• „Die Strafnorm des § 173 StGB kann nicht losgelöst von
der Entwicklung des Sexualstrafrechts in Deutschland
gewürdigt werden.“ Die angeführte rechtsgeschichtliche Beschreibung unterstützt die Tendenz, das
Inzestverbot im Sinn des Opferschutzes auszulegen.
Die Verknüpfung mit dem Aspekt der sexuellen
Selbstbestimmung erscheint auch hilfreich unter dem
Gesichtspunkt, dass (laut Gutachten) die Strafnorm
des § 173 StGB zur Aufdeckung und Bekämpfung
sexuellen Missbrauchs zwischen nahen Verwandten
beitragen kann. [18–20, 28]
• „Der Beischlaf zwischen Geschwistern betrifft nicht
ausschließlich diese selbst, sondern kann in die Familie
und die Gesellschaft hinein wirken.“ Im Einzelfall können Interessen der Allgemeinheit oder Dritter vorrangig
sein; insofern ist die Einschränkung des Kernbereichs
privater Lebensgestaltung, des Persönlichkeitsrechts
auf sexuelle Selbstbestimmung, legitim. „Da das
straf­
rechtliche Inzestverbot nur ein eng umgrenztes
Verhalten zum Gegenstand hat und die Möglichkeiten
intimer Kommunikation nur punktuell verkürzt, werden die Betroffenen auch nicht in eine mit der Achtung
der Menschenwürde unvereinbare ausweglose Lage
versetzt.“ [33, 40]
• Es ist berechtigt, „das in der Gesellschaft verankerte
Inzesttabu weiterhin strafrechtlich zu sanktionieren“,
da es der „Bewahrung der familiären Ordnung vor
schädigenden Wirkungen des Inzests“ dient. [41]
• Das strafbewehrte Inzestverbot ist insbesondere für
Geschwister „auch unter dem Gesichtspunkt der
Vermeidung von Erbschäden“ berechtigt. [49]
• Die Strafnorm unterstützt berechtigterweise „ein in
der Gesellschaft verankertes Unrechtsbewusstsein“;
sie rechtfertigt sich „vor dem Hintergrund einer kulturhistorisch begründeten, nach wie vor wirkkräftigen
gesellschaftlichen Überzeugung“. Sie erfüllt auch durch
Ausstrahlungswirkung „eine appellative, normstabilisierende und damit generalpräventive Funktion, die
die Wertsetzungen des Gesetzgebers verdeutlicht und
damit zu ihrem Erhalt beiträgt“. [50]
• Die Beurteilung des Einzelfalls wird dem jeweiligen
Amtsgericht anheimgestellt; bei geringer Schuld sind
„Einstellung des Verfahrens“, „Absehen von Strafe“
oder „besondere Erwägungen bei der Strafzumessung“
möglich. [62]
Aus dem Sondervotum des Vorsitzenden Richters
Hassemer:
• Die „reflexartige“ Verbindung mit Sexualstraftaten
vermischt zwei Rechtsbereiche, die der Gesetzgeber
klar getrennt behandelt. „§ 173 Abs. 2 Satz 2 StGB
ist auch nicht Mittel eines Schutzes der sexuellen
Selbstbestimmung. Darauf hat sich noch nicht einmal
forbidden
der Gesetzgeber berufen […], und die Senatsmehrheit
musste der gesetzlichen Regelung diesen Zweck nun
nachträglich unterlegen.“ [82–86, 88, 114]
• Eine ehe- und familienzerstörende Wirkung ist nicht
zu erkennen. „Das Verbot des Geschwisterinzests nach
§ 173 Abs. 2 Satz 2 StGB findet ein mögliches Rechtsgut
und seine verfassungsrechtliche Rechtfertigung auch
nicht im Schutz von Ehe und Familie.“ [80, 92 f., 96,
114]
• „Eine Berücksichtigung eugenischer Gesichtspunkte ist
von vornherein kein verfassungsrechtlich tragfähiger
Zweck einer Strafnorm.“ [82, vgl. 84, 97, 112]
• „Auch die Gesundheit der Bevölkerung kommt als –
abstraktes – Schutzobjekt nicht in Betracht.“ [85]
• Eine „nebulöse kulturhistorisch begründete, wirkkräftige gesellschaftliche Überzeugung“ kann keine
Strafnorm legitimieren. [81, 99–101] Die appellative Funktion zu begrüßen ist eine „gefährliche Vor­
stellung: einer Norm gerade durch außerhalb ihres
Anwendungsbereichs liegende Wirkungen verfassungsrechtliche Legitimation zu verschaffen“. [108]
• „Die Strafnorm ist lückenhaft: Der Beischlaf zwischen volljährigen leiblichen Geschwistern wirkt sich
auf die Familie nicht anders aus als der Beischlaf
zwischen gleichgeschlechtlichen, Stief-, Adoptiv- oder
Pflegegeschwistern.“ [110]
• „[…] der Geschwisterinzest ist kein Täter-OpferDelikt wie etwa die Vergewaltigung. Diese untypische
Rollenverteilung wird überdies regelmäßig von anderen
Straftatbeständen aufgefangen, etwa aus dem Katalog
der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung.“
[119]
• Die Betroffenen trifft über die Strafverfolgung hinaus
ein sozialethisches Unwerturteil, „strafrechtliche
Ermittlungen und Verurteilungen […] richten bei den
betroffenen Personen Schäden an, die dann eine intensive therapeutische Begleitung erforderlich machen“.
[75, 120]
• „Endlich sollte man die Übereinstimmung eines
Straftatbestands mit dem Übermaßverbot nicht damit
rechtfertigen, dass sie ‚nur einen schmalen Bereich der
persönlichen Lebensführung‘ berühre und nur Wenige
‚überhaupt von dem Verbot in einer einschränkend
spürbaren Weise betroffen‘ seien. Solche Argumente
können im Strafrecht, das seit jeher in besonderer
Weise auf die Person hin orientiert ist, zynisch wirken:
Wer vom Inzestverbot betroffen ist, wird in einem zentralen Bereich seiner Lebensführung berührt sein, und
diese Berührung kann ihn tief und langfristig treffen.“
[128]
Zur Diskussion:
––Die Senatsmehrheit nimmt in jedem Fall eine immanente
Täter-Opfer-Konstellation an; die Strafnorm § 173 StGB
wird automatisch als Opferschutz ausgelegt. Dagegen:
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, November 2014
Tabitha Suzuma „Personen, die sich selbst nicht als Kriminalitätsopfer
empfinden, sollten nicht ohne w
­ eiteres von anderen
Personen zu Opfern erklärt werden.“8
––Die Rechtmäßigkeit des §173 Abs. 2 Satz 2 StGB wird
ausführlich mit der Möglichkeit familien- und sozialschädlicher Wirkungen begründet.9 Hierbei wird nicht
unterschieden, ob diese Wirkungen auf die Handlung
oder auf die soziale Ächtung zurückzuführen sind.
––Wird eine Beziehung, die vor Volljährigkeit beider
begonnen hat, fortgesetzt, macht sich ein Partner strafbar, sobald er/sie achtzehn wird.
––§ 173 StGB lässt straffrei: Beischlaf zwischen Cousin
und Cousine, zwischen Onkel / Tante und Nichte / Neffe,
zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern, zwischen minderjährigen Geschwistern; alle sexuellen
Handlungen außer Geschlechtsverkehr. – Für die Straf­
barkeit spielt keine Rolle, ob ein Partner unfruchtbar
ist oder ob Verhütungsmittel benutzt werden.
––Mit dem Inzestverbot hat sich im November 2012 der
Deutsche Ethikrat in einer interdisziplinären Anhörung
befasst.10 Erörtert wurden rechtliche, kulturhistori­
sche, humangenetische und psychosoziale Aspekte.
Ein Fazit war, dass Reformbedarf bestehe. Einig war
man sich darin, dass ein Urteil nicht mit möglichen
Erbschäden begründet werden darf. „Der eugenische
Begründungshintergrund ist für uns obsolet und muss
zurückgewiesen werden.“11
––Es ist nicht Aufgabe des Gesetzgebers, eine bestimmte
Auffassung von Moral zu beurteilen. Dennoch protegiert die Senatsmehrheit das gesellschaftliche Tabu und
legt Wert darauf, es juristisch zu untermauern.
––Da die Rechtslage in Europa uneinheitlich ist (nicht
alle Länder bestrafen Inzest), hat die Rechtsprechung
einen großen Ermessensspielraum. – Eine Klage gegen
das Urteil vor dem Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte (EGMR) kann sich nur auf das verhandelte Rechtsgut beziehen, hier also „Schutz der
Familie“ (Art. 6 GG), da bei § 173 StGB das Recht auf
sexuelle Selbstbestimmung formal kein Gegenstand der
Anklage ist.
4.3 Bezug zur Romanhandlung
„Wie kann etwas so Falsches sich so richtig anfühlen?“
(S. 191) Lochan und Maya wissen, dass „die Welt“ die
Art ihrer Beziehung verbietet, doch für sie gehört ihre
Liebe zu ihrer Identität, zu ihrem Leben.
Das Verbot (sowohl moralisch als auch juristisch) ist ihnen bewusst. Vor allem Lochan hat Angst vor den Folgen
(für Maya und seine Geschwister), wenn die Art ihrer
Beziehung bekannt wird. Auch aufgrund seiner Rolle in
der Familie empfindet er extrem verantwortungsbewusst.
Er denkt rational und grundsätzlich eher pessimistisch.
Seine Skrupel beziehen sich nicht auf das Verbot, sondern
auf seine Sorge, dass er Maya von einem eigenen freien
Leben abhält.
forbidden
Die Initiative, ihre Liebe auszuleben, geht von Maya aus.
Mehrfach betont sie ihren freien Willen und entkräftet
Lochans Bedenken. Irgendeine Schuld ist nicht zu erkennen. „Aber was soll denn falsch daran sein? Unsere Liebe
kann doch nichts Schreckliches sein, wir tun damit doch
niemandem was!“ (S. 190) – Maya denkt und empfindet
autonom und souveräner als Lochan. Das Urteil der anderen ist ihr egal. „Was gehen uns ihre dummen Gesetze und
Vorurteile an. Sie sind diejenigen, die unrecht haben, die
beschränkt und grausam sind … […] Sie sind diejenigen,
die unrecht haben […]. Weil sie nicht verstehen.“ (S. 219)
Lochan und Maya wissen, dass das Bekanntwerden ihrer
Liebesbeziehung schlimme Folgen hätte. Sie träumen
davon, wegzuziehen und irgendwo unerkannt als Paar
leben zu können. „Eines Tages, wenn sie erwachsen sind,
dann können wir auch auf und davon. Ein neues Leben
anfangen. Als richtiges Paar. Nicht länger Bruder und
Schwester. Frei von allen Zwängen.“ (S. 273)
„Unsere Liebe vor der Welt zu verbergen ist eine Sache;
etwas anderes ist es, uns vor dem Gesetz zu verstecken.“
(S. 291) Lochan hat sich über die Rechtslage informiert:
„Solange wir nicht wirklich Sex miteinander haben, haben wir rein technisch gesprochen kein inzestuöses Verhältnis miteinander.“ (S. 291) – Er weiß: „Ich würde automatisch als der Täter angesehen und du als das Opfer.“
(S. 354) – „Wenn alles zu hundert Prozent in gegenseitigem Einverständnis geschieht? Wie bei uns?“ […] „Es
wäre immer noch ein Gesetzesverstoß. Es ist immer noch
Inzest.“ (S. 355) – Eine Verurteilung wäre theoretisch
möglich. „Aber bei zwei Erwachsenen, die in beiderseitigem Einvernehmen Sex miteinander hatten, war das
trotzdem unwahrscheinlich.“ (S. 358 f.)
8Baurmann / Schädler: Das Opfer nach der Straftat – seine
Erwartungen und Perspektiven, a. a.O., S. 27
9 Das BVerfG bezieht sich auf ein Gutachten des Max-PlanckInstituts, das seine empirischen Studien selbst als nicht repräsentativ bewertet: „Als negative Auswirkungen können sich
danach ergeben: ein vermindertes Selbstbewusstsein, funktio­
nelle Sexualstörungen im Erwachsenenalter, eine gehemmte
Individuation, Defizite in der psychosexuellen Identitätsfindung
und der Beziehungsfähigkeit, Schwierigkeiten, eine intime
Be­
ziehung aufzubauen und aufrechtzuerhalten, Versagen
im Arbeitsumfeld, eine generelle Unzufriedenheit mit dem
Leben, starke Schuldgefühle, belastende Erinnerungen an die
Inzesterfahrung, Depression, Drogen- und Alkoholmissbrauch,
Selbstverletzung, Essstörungen, Suizidgedanken, sexuelle
Promiskuität und posttraumatische Erlebnisse sowie indirekte
Schäden, auch für dritte Familienmitglieder, zum Beispiel durch
Ausgrenzung oder soziale Isolation.“ [44, vgl. Hassemer 120]
10 Quelle: www.ethikrat.org/dateien/pdf/anhoerung-22-11-2012-­
simultanmitschrift.pdf
11 Michael Wunder, ebd., S. 40 (Schlusswort)
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, November 2014
Tabitha Suzuma Maya und Lochan entschließen sich am Ende trotz
aller Bedenken, das Verbot zu ignorieren und ihre
eigenen Werte zum Maßstab zu machen. „Es gibt keine
Gesetze und keine Grenzen für Gefühle. Wir können
uns so sehr und so tief lieben, wie wir wollen. Keiner,
Maya, keiner kann uns das fortnehmen.“ (S. 274) Das
Ausleben ihrer Liebe hat ausschließlich gute, heilende
Auswirkungen auf sie, ihre Geschwister und das gesamte
Familienleben. Die Entwicklung ihrer Situation führt das
juristische Argument, die Strafnorm sei zum Schutz des
Familienlebens notwendig, ad absurdum.
Allerdings ist Lochan weiter von innerer Panik getrieben und fest davon überzeugt, dass er und auch Maya
zu mindestens zwei Jahren Gefängnis verurteilt werden – was unrealistisch und mehr als unwahrscheinlich
ist (sowohl nach englischem als auch nach deutschem
Recht). Dennoch ist seine Angst vor den behördlichen
Folgen für seine Familie insgesamt begründet.
„Freiheit, das wünsche ich mir. Und das Recht, uns lieben
zu können, ohne eine Strafe fürchten zu müssen.“ (S. 359)
Bisher scheitern Initiativen, die Strafnorm Geschwister­
inzest abzuschaffen, entweder an der Überzeugung, dass
das Strafrecht auch allgemein zum Schutz von Moral­
vorstellungen dienen solle, andererseits an überkommenen Vorurteilen, die Geschwisterliebe automatisch mit
Missbrauch assoziieren oder sogar als „abartig“ tabuisieren. Ein vorurteilsbeladenes, moralisches Werturteil sollte
im modernen Strafrecht keinen Platz haben. Eine Reform
des § 173 StGB könnte auch ein Umdenken in der Bevölkerung fördern.
Im Roman ist Maya in ihrem glücklichsten Moment davon überzeugt, dass die Menschen eines Tages ihre Liebe
verstehen und tolerieren. „Wir werden uns nicht für immer verstecken müssen. Die Menschen werden es akzeptieren, sie werden es akzeptieren müssen. Wenn sie sehen,
wie sehr wir uns lieben, wenn sie begreifen, dass wir
schon immer füreinander bestimmt waren, wenn sie merken, wie glücklich wir miteinander sind – wie können sie
dann gegen uns sein?“ (S. 377)
4.4 Quellen / Literatur (Auswahl):
Albrecht, Hans-Jörg: Inzest und Strafrecht. Ein rechts­
vergleichendes und empirisches Gutachten, www.ethikrat.
org/dateien/pdf/anhoerung-22-11- 2012-albrecht.pdf
Baurmann, Michael, Schädler, Wolfram: Das Opfer nach
der Straftat – seine Erwartungen und Perspektiven. BKA
Forschungsreihe, herausgegeben vom Bundeskriminalamt, Bd. 22
Hassemer, Winfried: Warum Strafe sein muss. Ein Plädoyer, Berlin (Ullstein) 2009
Hoerster, Norbert: Muss Strafe sein? Positionen der Philosophie, München (C. H. Beck) 2012
Klug, Ulrich: Skeptische Rechtsphilosophie und humanes
Strafrecht. Band 1: Rechts- und staatsphilo­so­phische Ana­
lysen und Positionen, München (Springer) 2013
forbidden
Ostendorf, Heribert: Vom Sinn und Zweck des Strafens,
Bundeszentrale für politische Bildung, Informationen zur
politischen Bildung, Heft 306, www.bpb.de
Roth, Gerhard u. a. (Hrsg.): Schuld und Strafe. Neue Fragen, München (C. H. Beck) 2012
Safferling, Christoph: Vorsatz und Schuld. Subjektive
Täterelemente im deutschen und englischen Strafrecht,
Tübingen (Mohr Siebeck) 2008
Internet / Artikel:
Verbotene Liebe, oder die Sieben Paradoxien des § 173.
Die Webseite mit Fakten, Wissen und Links zur Aufklärung im größten Tabu, www.verbotene-liebe.info/index.
htm
Rechtliche Ungereimtheiten, von Stephan Detjen, in:
Deutschlandradio Kultur, 12.04.2012
Massenhafter Inzest wäre nicht zu befürchten, von Helmut Kerscher, in: Süddeutsche.de, 13.04.2012
Eine skandalöse Liebe, von Johannes Roß, in: Stern,
28.05.2014
Inzest: Verherrlicht, romantisiert, geächtet, von Dietmar
Hipp; in: Spiegel online, 11.03.2008
Die Heimat im anderen suchen. Sträfliche Geschwister­
liebe, von Judith Fahrenbacher, in: Deutschlandfunk,
05.10.2012
5. Hintergrundinformationen:
M ora­­lisches U mwelturteil vs. Selbst­
bestimmung
5.1 Gefühle unter Druck: Kampf oder Flucht?
Auf Bedrohung von außen reagiert unser Körper unmittelbar. In Gefahrensituationen greift ein unterbewusster
Mechanismus, der einzig auf Überleben gerichtet ist.
Auslöser ist die Angst, die wir empfinden. Der erste Impuls ist die Flucht. Gibt es keinen Ausweg, wird automatisch auf Angriff umgeschaltet. Diese Instinkte haben sich
schon vor Jahrtausenden entwickelt und dienten vor allem dem Selbstschutz bei akuter körperlicher Gefahr in
einer lebensfeindlichen Umwelt. Auch wenn es für heutige
Menschen nicht um direkte Verteidigung von „Leib und
Leben“ geht, finden die automatischen Mechanismen in
der subjektiv erlebten Situation in gleicher Weise statt. Als
Bedrohung empfinden wir auch verbale Angriffe, verletzende Umwelturteile, Zwänge. Auch hierbei entstehen
Ängste und Aggressionen. Das Gefühl, ohne Ausweg in
der Klemme zu stecken, hat dieselbe Wirkung wie die
Übermacht des Angreifers: Der Betroffene erlebt sich
handlungsunfähig (Ohnmacht) und hat keine Möglichkeit, seine Lage zu verändern (Kontrollverlust). Vor allem
schambesetztes Verhalten wirkt sich zermürbend aus,
denn der Betroffene hat das Gefühl, in jedem Fall falsch
zu handeln, selbst „falsch“ zu sein.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, November 2014
Tabitha Suzuma Innere Konflikte bedeuten Kampf und Anstrengung, ohne
Ausweg führen sie zu Dauerstress und Wut. Das Bedürfnis, dem Gefühlschaos zu entfliehen, wird zunehmend
unerträglich. Überforderung kann zu Resignation, zu
Flucht in Abkapselung führen. Sie kann sich aber auch in
Gewaltausbrüchen entladen. Aggressionen haben immer
einen inneren Auslöser, der mit Angst zu tun hat. Oft
kommt es bei angestautem Druck zu Ersatzhandlungen,
bei denen der Betroffene seine Aggressionen gegen Unbeteiligte oder gegen sich selbst richtet (Selbstverletzung).
Dauern innere Zustände von Druck und Angst lange an
oder werden sie verdrängt, ist in den meisten Fällen therapeutische Hilfe notwendig.
5.2 Persönliche moralische Kontrollinstanz:
das Gewissen
Die Überzeugung, bestimmte ethische Grundhaltungen
seien wertvoll, ist bei allen Menschen vorhanden. Schon
die ersten Erfahrungen, die ein Kind mit seiner Umwelt
macht, prägen sein Menschenbild. In der Fürsorge der
Eltern (und ähnlich nahestehender Bezugspersonen) erlebt das Kind Zuwendung, Angenommensein, emotionale
und materielle Sicherheit. Diese Bedingungen sind für das
Kleinkind lebensnotwendig und werden daher unbewusst
als elementar richtig verinnerlicht. Für die weitere Ausformung eines integrierten Wertesystems, das intuitiv sicher
zwischen Richtig und Falsch unterscheidet, ist bis zum
Alter von etwa sieben Jahren der Einfluss der Eltern entscheidend. In dieser Entwicklungsphase werden zwischen­
menschliche Werte wie Zuverlässigkeit, Anerkennung,
Achtsamkeit, aber auch der Stellenwert von Pflicht und
Gehorsam, Selbstwert und Interessenabwägung v­ erankert.
Diese Bezüge sind für die Ausbildung eines kongruenten
Selbst-Konzepts entscheidend. Wenn es für das Kind zu
Defiziten oder zu unlösbaren Widersprüchen kommt,
werden Ängste und Unsicherheiten ausgelöst, die die Entwicklung von Ich-Stärke beeinträchtigen.
Ethische Normen werden, vermittelt durch Bezugsperso­
nen sowie soziokulturelle und gesellschaftliche Vorgaben,
zu eigenen inneren Überzeugungen:
Im Laufe des Sozialisierungsprozesses integriert der/die
Heranwachsende neue Erfahrungen, reflektiert eigenes
und fremdes Verhalten. Jetzt können Normen hinterfragt
werden, die zuvor unbewusst mit Werten verbunden waren; aus dem heteronomen wird ein autonomes Bezugsund Wertesystem. Bei der weiteren Ausprägung der Persönlichkeit bleibt jedoch die frühkindliche Prägung von
großer Bedeutung. Sie bildet das ethische Grundgerüst,
mit dem neue Erfahrungen intuitiv abgeglichen werden.
Das Gewissen „weiß“, was richtig und was falsch ist, es
meldet sich als „innere Stimme“, die das eigene Verhalten
korrigieren will.
forbidden
Das Gewissen drückt soziale Verantwortung aus:
Seit Urzeiten regeln ethische Normen das Zusammen­
leben in Gesellschaften. Ursprünglicher Sinn von Moral
ist, den Fortbestand der Gemeinschaft zu sichern. Das
galt zunächst ganz konkret körperlich: Das Überleben des
Menschen in einer feindlichen Umwelt hing nicht nur von
der eigenen Kraft, sondern ebenso von der Stärke der
Gemeinschaft ab. Wir empfinden soziale Verantwortung
am intensivsten für die Angehörigen unserer direkten
Bezugsgruppe. Das ist zunächst die Familie, aber auch die
Gemeinschaft, der wir uns zugehörig fühlen. Der „Auftrag“ zur Kooperation spiegelt sich in religiösen und
moralischen Normen aller Kulturen. Auch in der heutigen
Zeit, in der die meisten Menschen keinen religiösen Zusammenhang mehr herstellen, besteht das soziale Gewis­
sen in gleicher Weise. Durch Vorbilder und Erziehung
wird der Anspruch, sittlich verantwortlich zu handeln,
weitergegeben und von klein auf in der individuellen Persönlichkeit verankert. Als Empfinden ethischer Normen
ist das Gewissen ein integrativer Bestandteil des Ichs, als
normierende „innere Stimme“ ruft es zur Reflexion auf.
In Dilemma-Situationen entscheidet das Gefühl schneller
als der Verstand zwischen Richtig und Falsch. Maßgeb­
licher als institutionelle Normen sind hierbei das innere
Wertesystem und emotionale Bindungen an nahestehende
Menschen.
5.3 Bezug zur Romanhandlung:
Lochan hat generell große Probleme mit Umwelturteilen.
Ihn belastet das Stigma des „ungewollten Kindes“, er
fühlt sich schuldig an der Unzufriedenheit seiner Mutter
Lily und der sich daraus ergebenden Scheidung seiner
Eltern. Auch für Lilys Alkoholsucht gibt er sich die
Schuld. Seine Ängste drücken sich in einer Sozialphobie
aus, zu deren Kennzeichen permanente Versagensängste
und unterschwellige Selbstvorwürfe ebenso gehören wie
penible Gewissenhaftigkeit. Lochan ist so tief davon überzeugt, in sozialen Bezügen ein Versager zu sein, dass er
sich selbst panikartig ausschließt. Der einzige Bereich, in
dem er sich sicher fühlt, ist seine Familie.
Seitdem sein Vater die Familie verlassen hat und seine
Mutter eigenen Interessen nachgeht, fühlt sich Lochan für
seine Geschwister verantwortlich und übernimmt zu­sam­
men mit Maya die Rolle der Eltern. Er versucht ver­
zweifelt, die Familie zusammenzuhalten; der wachsende
Druck überfordert ihn, da sein Selbstkonzept auf Regeln
fixiert ist und vom Gelingen seiner Selbstdisziplin abhängt. Auf seinen Kontrollverlust reagiert er mit Reizbarkeit, körperlicher Gewalt und Zerstörungswut. Nur mit
Mayas Hilfe kann er sich lösen.
Möglicherweise kann sein Suizid („Opfertod“) auch als
ultimative Selbstverletzung bzw. Selbstbestrafung für
subjektiv empfundenes umfassendes Versagen gesehen
­
werden.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, November 2014
Tabitha Suzuma Maya kann sich ein Leben ohne Lochan nicht vorstellen.
Auch sie ist verantwortungsbewusst und kümmert sich fürsorglich um ihre Geschwister. Sie hat ein aufgeschlossenes
Wesen und ist innerlich ausgeglichen. Sie legt großen Wert
auf Beziehungen, geht einfühlsam und verständnisvoll auf
andere ein, ist ständig um Harmonie und Ausgleich bemüht.
Ihre eigenen Bedürfnisse stellt sie hintenan. Ihr persönliches
Glück findet sie in ihrer Liebe zu Lochan. Seine Bedenken
kann sie nicht teilen, sie findet keinen Hinderungsgrund,
über ihre Intimität selbst zu bestimmen. Maya ist innerlich
freier und autonomer als Lochan, dadurch auch risikobereiter. Zwar hat sie zeitweise ein schlechtes Gewissen, dass sie
Tiffin und vor allem Willa vernachlässigt, doch ihre Liebe
zu Lochan bringt sie in keinen Gewissenskonflikt. Sie fühlt
sich im Recht, nach ihren Bedürfnissen glücklich zu sein.
Die ausschließlich positiven Auswirkungen bestätigen sie
darin, richtig zu handeln. Auf den mentalen Druck ihrer
Situation reagiert sie gelassen. Sie ist bereit, ihre Liebe heimlich zu leben und eines Tages mit Lochan zu „fliehen“, ein
neues Leben zu beginnen. – Die vermeintlich Schwächere
reift zu einer reflektierten, selbstbestimmten Persönlichkeit.
Kit erscheint als „typischer“ Jugendlicher in der Pubertät,
er provoziert und reizt Grenzen aus, fordert Beachtung,
notfalls durch negative Zuwendung. Lochan und Maya
fällt es schwer, ihn zu „bändigen“, oft kommt es zu
Konflikten. Ein möglicher Grund für Kits Aggressivität ist
seine vergebliche Suche nach Halt und Orientierung; in der
Familie scheint es keine passende Rolle für ihn zu geben.
Kit hat ein waches Bewusstsein für Wahrheit und Lüge.
Immer wieder kommentiert er sarkastisch das „Theater“,
das die gesamte Familie spielt, und entlarvt es als ver­
logen. Er fühlt sich moralisch im Recht, sich abzugrenzen
und destruktiv zu verhalten, jedoch gleichzeitig unter­
legen, da Lochan und Maya als Team die „offizielle“
Position bestimmen. Kit liebt seine Geschwister, doch
dem notdürftig konstruierten Familienmodell mit Lochan
als „Vaterfigur“ verweigert er sich. Gegen Lochans Autoritätsanspruch wehrt er sich heftig, findet jedoch keine
konstruktive Ausdrucksmöglichkeit.
Wahrscheinlich hat Kit die Liebesbeziehung zwischen Lochan und Maya von Beginn an bemerkt. Möglicherweise
ist er der Einzige, der tolerant und unbelastet damit umgehen konnte. Mit seinem Schweigen hat er Lochan und
Maya geschützt – bis er (indirekt) selbst betroffen wurde.
Seine Denunziation ist eine spontane Kurzschlusshandlung, um sich für eigene Kränkungen an Lochan zu rächen. Als Kit die Konsequenzen erlebt, ist er tief bestürzt.
5.4 Quellen / Literatur (Auswahl):
Arendt, Hannah: Das Urteilen, München (Piper) 2012
Baumann, Zygmunt: Gemeinschaften, Frankfurt a. M.
(Suhrkamp) 2009
Berger, Peter, und Luckmann, Thomas: Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der
Wissenssoziologie, Frankfurt a. M. (Fischer) 2003
forbidden
Ginters, Rudolf: Typen ethischer Diskussion. Zur Begründung sittlicher Normen, Düsseldorf (Patmos) 1976
Goffman, Erving: Wir alle spielen Theater. Die Selbstdarstellung im Alltag, München (Piper) 2003
Gruen, Arno: Der Verrat am Selbst. Die Angst vor Autonomie bei Mann und Frau, München (dtv) 2004
Hoerster, Norbert: Wie lässt sich Moral begründen?,
München (C. H. Beck) 2014
Hüther, Gerald: Biologie der Angst. Wie aus Stress Gefühle werden, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 2012
Lautmann, Rüdiger: Der Zwang zur Tugend. Die gesellschaftliche Kontrolle der Sexualitäten, Frankfurt a. M.
(Suhrkamp) 1984
Mitscherlich, Alexander und Margarete: Die Unfähigkeit
zu trauern. Grundlagen kollektiven Verhaltens, München
(Piper) 2007
6. Tabitha Suzumas Buch „forbidden“
im U nterricht
Das Buch eignet sich zum Einsatz in den Fächern Deutsch,
Sozialwissenschaften, Politik, Ethik und Philosophie,
auch in fächerübergreifenden Projekten, mit Beteiligung
musisch-künstlerischer Fächer. Die Thematik des R
­ omans
eröffnet Schülern neue Verständnisräume und schafft
Orientierungswissen durch emotionales V
­ erstehen.
Für Unterrichtsreihen oder Projekte, die sich mit gesellschaftlichen Prozessen befassen, speziell im Bereich der
politischen Bildung, eignet sich das Buch als Einstiegslektüre.
6.1 Einstieg in die Unterrichtsarbeit
Es ist sinnvoll, Schüler höherer Stufen den Roman vorab
als Ganzes lesen zu lassen. In Lerngruppen mit jüngeren
Schülern kann eine gemeinsame, schrittweise Lektüre besser zum Verständnis der inhaltlichen Aspekte b
­ eitragen.
In Lerngruppen, die vorab noch nicht in anderen Fächern
über das Thema „Inzestverbot“ (etwa im Politik- oder
Ethikunterricht) gesprochen haben, sollte vor Beginn der
Lektüre keine eingehende Diskussion geführt werden,
auch wenn die Thematik des Romans bekannt ist.
6.2 Lernziele und Unterrichtsmethoden
Die Schülerinnen und Schüler sollen sensibilisiert werden
für Entwicklungsprozesse und Problemfelder, wie etwa
Iden­
titätsfindung, gesellschaftliche Normen, soziale
­Kon­flikte. Bei der Besprechung werden Teilaspekte problem- und handlungsorientiert näher beleuchtet. Der entsprechende „Scheinwerfer“ kann von Kleingruppen übernommen werden.
Die Schülerinnen und Schüler sollen verstehen lernen,
dass moralische Werturteile durchweg den Anschauungen
der Zeit unterliegen. Sie sollen Zusammenhänge erkennen, die aufdecken, warum moralische Urteile häufig dem
offenen Diskurs entzogen sind.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, November 2014
Tabitha Suzuma Die Schülerinnen und Schüler sollen lernen, ­Umwelturteile
und gesellschaftliche Strömungen aus verschiedenen Blick­
winkeln zu beleuchten und kritisch zu hinterfragen. Sie
sollen eigene Positionen reflektieren und Fähigkeiten
entwickeln, vorurteilsgelenkten Prozessen in ihrem Umfeld und im gesellschaftlichen Kontext begründet und
argumentativ zu begegnen.
Mögliche Methoden:
• offenes und/oder moderiertes Unterrichtsgespräch
• Plenumsdiskussion / Dilemmadiskussion
• Kleingruppenarbeit / Referat / Hearing zu Teilaspekten
• Mindmapping
• Argumentation / Talkshow
• Simulationen / Rollenspiel
• Interview
6.3 Vertiefung im Anschluss an die Lektüre
Es können eigene kreative Bearbeitungen angeschlossen
werden, wie etwa Schreib- oder Kunstprojekte: Die Jugendlichen finden literarische und/oder künstlerische
Aus­drucksformen für emotionale Zustände. Die Romanhandlung regt zu intensivem Meinungsaustausch an: In
Plenums- oder Podiumsdiskussionen können sowohl individuelle als auch gesellschaftliche Aspekte der Thematik
erörtert und weiterentwickelt werden.
Impulse für weiterführende Aufgaben und Projekte:
• Drücke die inneren Konflikte einer der Hauptfiguren
des Romans mit künstlerischen Mitteln aus. (Malerei / Grafik, Lyrik, Musik)
• Drücke deine eigenen Eindrücke und Gefühle, die der
Roman bei dir auslöst, künstlerisch (bildlich, literarisch, musisch) aus.
• Schreibe einen persönlichen Brief an Maya.
• Skizziere die Romanhandlung aus der Perspektive der
Romanfigur Kit.
• Projekt: Analyse von Medienberichten
• Verfasse einen Leserbrief.
• Informiere dich über Initiativen, die sich mit dem
In­zest­verbot befassen.
• Führe ein Interview mit einem Lokalpolitiker.
Impulse für Unterrichtsgespräche und Reflexionen:
• Welche Faktoren haben Einfluss auf meine WerteEntscheidungen? (Erziehung, Vorbilder, Peergroup,
Medien – Fremdbestimmung / Selbstbestimmung)
• Welche gesellschaftlichen/politischen Entwicklungen
för­
dern bzw. hemmen toleranten Umgang mit
an­
deren Menschen? (Menschenrechte – öffentliche
Meinung – Umgang mit Minderheiten – Probleme der
Globalisierung – Regression durch Verunsicherung in
der postmodernen Gesellschaft)
• Wie weit darf der Staat in die private Lebensführung
eingreifen? (Privatsphäre, Grundrechte, Demokratie­
verständnis)
forbidden
• Welche Möglichkeiten hat der Einzelne, auf gesellschaftliche Prozesse Einfluss zu nehmen? (Mut zur eigenen Meinung – Zivilcourage – politisches Engagement)
7. Lesetagebuch / Portfolioarbeit
Die kurze Wiedergabe des Inhalts nach Kapiteln und ausgewählte Zitate mit Seitenangabe erleichtern das ­Verstehen
der erzählten Ereignisse und die spätere I­nterpretation.
Die Schüler legen eine Mappe an, in der auch die Arbeitsblätter und weiteres Material sowie eigene Arbeiten gesammelt werden. Das Lesetagebuch kann von der Lerngruppe gemeinsam als Wandtafel (Tapetenrolle) erstellt
werden, um Lektüre und Besprechung parallel zu führen.
Anleitung für die Schüler:
1.Notiere beim Lesen des Buches zu jedem Kapitel einige
Stichworte zum Inhalt.
Stelle dir dabei die Fragen:
–– Was geschieht?
–– Was empfindet Lochan? Was empfindet Maya?
–– Worüber denkt Lochan nach? Worüber denkt Maya
nach?
Du kannst beim Schreiben verschiedene Farben benutzen, je nachdem, auf welche Frage sich deine Antwort
bezieht.
2.Schreibe zu jedem Kapitel mindestens eine Textstelle
heraus, die du besonders wichtig findest oder die dich
besonders beeindruckt hat.
3.Füge der Mappe eigene Arbeiten hinzu, wie zum
Beispiel:
–– eigene Gedanken und Kommentare
–– Mindmaps und Skizzen
–– Fotos und Zeitungsausschnitte
–– Liedtexte und Bilder
–– eigene Zeichnungen, Fotos, Collagen, Gedichte
8. Arbeitsblätter
Die Arbeitsblätter können direkt in der Lerngruppe eingesetzt werden. Für die Lehrkraft sind Lösungen angefügt, die auch didaktische Anregungen, Informationen
und Erweiterungen enthalten. Die vorgegebenen Lösungen sind Vorschläge, auch geeignet als Anregung für die
Interpretation. Die Belege durch Zitate in den Lösungs­
bögen sind, wenn nicht explizit durch die Fragestellungen
angefordert, vor allem Hilfestellungen für die Lehrkraft.
Die Arbeitsblätter 1–21 begleiten die Lektüre, sie dienen
der Einführung in die Textarbeit und dem Verständnis
der Handlung. Sie enthalten sowohl einfache Fragen nach
dem Inhalt als auch Arbeitsaufträge zur Reflexion komplexer Zusammenhänge. Die Arbeitsblätter 22–27 dienen
dazu, die Auseinandersetzung mit der Thematik zu intensivieren. Die Arbeitsblätter können je nach den Bedürfnissen der Lerngruppe und dem Umfang der Unterrichtseinheiten variabel eingesetzt werden, zur schriftlichen wie
zur mündlichen Bearbeitung.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, November 2014
Tabitha Suzuma Tabitha Suzuma forbidden
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 1
D as B uch „ forbidden “
1.Beschreibe das Buchcover.
2. Kannst du vom Coverbild auf den Inhalt des Buches schließen? Notiere deine Gedanken.
3. Das englische Wort forbidden bedeutet:
4. Lies das Motto des Romans. Was drückt dieser Satz aus?
b) Welche Stimmung erzeugt dieser Romananfang?
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, November 2014
5. Lies den ersten Abschnitt des Textes, Seite 7.
a) Was geht Lochan durch den Kopf?
Tabitha Suzuma forbidden
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 2
E rstes K apitel : L ochan
1. Beschreibe die Erzählsituation:
a) Erzählperspektive: b) Erzählform: c) Zeitstufe der Erzählung: 2. Ort der Handlung: 3. Zeit der Handlung:
4. Was erfährst du über Lochan?
6. Welches Verhältnis hat Lochan zu seiner Familie?
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, November 2014
5. Wie fühlt sich Lochan in der Schule?
Tabitha Suzuma forbidden
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 3
Z weites K apitel : M aya
1. Wie ändert sich die Erzählsituation in diesem Kapitel?
2. Was erfährst du über Maya?
­
�
3. Warum empfindet Maya ihr Leben als schwierig?
4. Vervollständige die Sätze aus Mayas Sicht:
a) „Lochan ist mir wichtig, weil c) „Manchmal macht mich wütend und traurig, dass Lochan
5. Was möchte Maya Lochan gerne sagen?
.“
.“
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b) „Ich bin stolz auf Lochan, weil
.“
Tabitha Suzuma forbidden
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Datum: _________
Arbeitsblatt 4
D rittes K apitel : L ochans E insamkeit
1. Warum ist Lochan verzweifelt?
2.„Meine Familie, das bin ich. Sie sind mein Leben. Ohne sie wäre ich einsam und verlassen.“ (S. 43) Erstelle eine Mindmap, die die Beziehungen der Familienmitglieder zueinander zeigt. Vervollständige die Mindmap im Verlauf der Lektüre.
a) Notiere die Namen und füge hinzu, was du über die Person weißt.
b)Schreibe zu den Namen Stichworte oder kurze Sätze und verbinde sie miteinander.
Du kannst Linien, Symbole oder verschiedene Farben verwenden.
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Familie Whitely
Tabitha Suzuma forbidden
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Arbeitsblatt 5
V iertes K apitel : V orwürfe
1. Über welche Probleme wird in der Familie nicht gesprochen?
2. Warum vertuschen Lochan und Maya das Verhalten ihrer Mutter?
3. Worüber streiten Lochan und seine Mutter?
Lily sagt:
H
4. Wie verhält sich Maya in dem Streit?
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Lochan sagt:
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Arbeitsblatt 6
F ünftes
und sechstes
K apitel : S icherheitsabstand
1.Warum hat Lochan nur zu Maya Vertrauen?
2.Wie reagiert Lochan auf Francies Annäherungsversuche?
3. Wie gelingt es Maya, Lochan zu beruhigen?
t
5.„Manchmal wünsche ich mir, alles wäre anders.“ (S. 88)
Was wünscht sich Lochan? Notiere deine Gedanken aus Lochans Sicht.
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4.Worüber sprechen Maya und Lochan bei ihrem Spaziergang?
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Arbeitsblatt 7
S iebtes K apitel : „B itte
hilf mir .“
1. Was führt dazu, dass der Streit zwischen Lochan und Kit eskaliert?
2.Denkst du, dass Lily egal ist, was aus der Familie wird? Notiere deine Gedanken und
diskutiere in der Gruppe.
3.Wähle jeweils eine Textstelle aus diesem Kapitel, die die Person treffend charakterisiert.
Lily: Kit:
Lochan:
Maya:
5.Maya sagt zu Lochan: „Das alles ist doch nicht dein Fehler – dass Mum trinkt, dass Dad
uns verlassen hat, dass Kit so geworden ist.“ (S. 102 f.) Warum meint Lochan, dass alles
sein Fehler ist?
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4.Warum bricht Lochan in Tränen aus? Notiere Stichworte und besprich sie in der Gruppe.
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Arbeitsblatt 8
A chtes K apitel : F ürsorge
und
„ falsches T heater “
1.Was verbindet Maya und Lochan?
2.Warum ist Maya der Gedanke unerträglich, dass ein Mädchen Lochan küsst?
3.Maya und Kit sprechen über Lochan und seine Motive. Fasse ihre Ansichten zusammen.
Maya sagt:
4.Kit sagt: „Du machst dir da verdammt viel vor, Maya.“ (S. 119)
_ Denkst du, dass Kit recht hat? Diskutiere in der Gruppe.
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Kit sagt:
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Arbeitsblatt 9
N euntes
und zehntes
K apitel : C haos
der
G efühle
1.„Ich kann nicht mehr ungeschehen machen, dass ich weiß, was ich für Maya empfinde.“
(S. 137) Was tut Lochan, um sich abzulenken?
2.Welche Konsequenzen fürchtet Lochan am meisten?
4.Warum willigt Maya in das Date mit Nico DiMarco ein?
5.Maya sagt über Nico: „Er ist der heißeste Junge an der Schule. Ich schwärme schon seit
Ewigkeiten für ihn. Ich kann es gar nicht erwarten.“ (S. 158) Warum sagt Maya das?
Notiere deine Gedanken.
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3.Was empfindet Maya?
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Arbeitsblatt 10
E lftes und zwölftes K apitel :
Z weite und erste W ahl
1.„Alles ist gut.“ (S. 159)
a) Wie meint Lochan das?
b) Was empfindet Lochan dabei?
2.Worüber spricht die Lehrerin Miss Azley mit Lochan?
4.Warum lässt Maya Nico abblitzen, obwohl ihr das Date gefallen hat?
5.„Das Glück ist so groß, dass ich gleich sterben werde. Der Schmerz ist so groß, dass ich
gleich sterben werde.“ (S. 189) Warum küsst Maya Lochan?
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3.Warum kommt Lochan mit Miss Azleys Anteilnahme nicht klar?
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Arbeitsblatt 11
D reizehntes und vierzehntes K apitel :
G ibt es falsche L iebe ?
1.Maya meint: „Unsere Liebe kann doch nichts Schreckliches sein, wir tun damit doch
niemandem was!“ (S. 190) Wie ist Lochans Meinung?
2.Vervollständige die Sätze:
a) Lochan mag nicht daran denken, dass .
b) Zum ersten Mal in Lochans Leben t
t
.
c) Maya ist bereit, weiterzugehen, weil .
4.Maya überprüft ihre Gefühle. Sie denkt:
Lochan ist nur zufällig mein
Meinen Bruder Kit so zu küssen, Bruder, er ist mein das fände ich Ich bin sicher, © Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, November 2014
3.„Hast du überhaupt eine Ahnung, was das für Folgen haben kann? Weißt du, wie man
das nennt?“ (S. 197) Beantworte Lochans Fragen.
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Arbeitsblatt 12
F ünfzehntes K apitel : G efühle
­ erbieten
v
lassen sich nicht
1.„Wir waren so dumm … wir dachten, sie könnten uns aufhalten. Uns davon abhalten.“
(S. 219) Was meint Maya?
2.Erstelle eine Mindmap zum Thema: Mayas und Lochans Liebe.
Schreibe Stichworte oder kurze Sätze und verbinde sie. Du kannst Symbole oder verschie­
dene Farben verwenden. Du kannst diese Wörter zu Hilfe nehmen:
Gefühl – Verbot – Mauer – Geheimnis – Schweigen – Scham – Furcht – Lüge – Freiheit –
Zwang – Glück
�
3.„Sie werden uns nie davon abhalten können. Nicht, solange wir es beide wollen.
Aber du musst aufhören zu denken, dass es falsch ist, Lochie. Das denken nur die ande­
ren Leute; das ist deren Problem. Was gehen uns ihre dummen Gesetze und Vorurteile an.
Sie sind diejenigen, die unrecht haben, die beschränkt und grausam sind …“ (S. 219)
Kannst du Maya verstehen? Notiere deine Gedanken und besprich sie in der Gruppe.
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Maya & Lochan
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Arbeitsblatt 13
S echzehntes und siebzehntes K apitel :
A m R and des A bgrunds
1.Warum empfindet Maya die Situation als Zeitbombe?
2.„Seid ihr heimlich unsere Eltern?“ (S. 233) Was löst Tiffins Frage in Maya aus?
3.„Das war nie wirklich Liebe zwischen uns –“ (S. 255) Warum will Maya Schluss machen?
5.Im Gespräch suchen Maya und Lochan einen Kompromiss, mit dem sie beide leben können.
Maya trägt bei: Lochan trägt bei:
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4.Warum bekommt Lochan eine schwere Panikattacke?
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Arbeitsblatt 14
A chtzehntes bis zwanzigstes K apitel :
T räume und S orgen
1.Wie gehen Maya und Lochan mit ihrer inneren Anspannung um?
2.Welche Auswirkungen hat die Situation auf das Umfeld?
4.Warum verheimlicht Lochan seine Sorgen vor Maya?
5.Was deuten die Fragen der Frau vom Kinderschutzbund an?
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3.Warum hat Maya Schuldgefühle?
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Arbeitsblatt 15
E inundzwanzigstes K apitel : G lück
Die Geschwister spielen gemeinsam auf der Straße, die Anspannung löst sich. Schreibe, was
jedes der Geschwister am Abend sagen könnte.
Tiffin
Willa
Lochan
Maya
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Kit
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Arbeitsblatt 16
Z weiundzwanzigstes und dreiundzwanzigstes
K apitel : „R ein theoretisch …“
1.Was hat sich in den folgenden Wochen verändert?
2.Worüber sprechen Maya und Francie?
3.„Glaubst du – glaubst du eigentlich, dass es allen Menschen, die sich wirklich lieben,
auch erlaubt sein sollte, zusammen zu sein, egal, welche Hindernisse ihnen im Weg stehen?“ (S. 347) Warum wählt Maya diesen Einstieg?
5.Maya meint, dass sich die Gesellschaft im letzten halben Jahrhundert stark verändert hat.
a) Nenne Beispiele für die Liberalisierung von Regeln, die sich auf Sexualität beziehen.
b) Warum ist Geschwisterliebe noch immer ein so großes Tabuthema?
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4.„Dann gibt es heutzutage keine Tabus mehr? […] Und du würdest sagen, dass zwei
Menschen, die sich lieben, niemals gezwungen werden dürfen, auf ihre Liebe zu verzichten?“ (S. 349) Was antwortet Francie?
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Arbeitsblatt 17
M aya
und
L ochan : G eschwister
und
L iebespaar
Die meisten Menschen empfinden
­Geschwisterliebe als:
Maya empfindet ihre Liebe zu Lochan als:
Sinn des Verbots:
Maja denkt über das Verbot:
Durch das Verbot soll verhindert werden:
Trifft das bei Maya und Lochan zu?
Befürchtete negative Auswirkungen:
Als negative Auswirkungen solcher
Beziehungen werden körperliche
und/oder psychische Schäden ange­
nommen.
Auswirkungen bei Maya und Lochan:
Weil Lochan älter ist und ein Mann, hält
man ihn automatisch für:
Maya findet das:
Gesetze, aber auch Vorurteile beruhen auf: Bei der Beurteilung muss beachtet werden:
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Maya findet verständlich, dass die meisten Menschen Geschwisterliebe spontan ablehnen.
„Aber wie soll ich dem Rest der Welt klarmachen, dass Lochan und ich nur aufgrund eines
biologischen Zufalls Bruder und Schwester sind?“ (S. 350) Schreibe in die Tabelle, wie sich
Mayas Situation aus allgemeiner Sicht bzw. aus ihrer eigenen Sicht darstellt.
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Datum: _________
Arbeitsblatt 18
G eschwisterliebe –
ein
V erbrechen ?
1.Wovon träumen Maya und Lochan?
2.Lochan hat sich über die Rechtslage informiert. Was hat er herausgefunden? Nenne
Textstellen.
3.Auch in Deutschland ist Geschwisterinzest strafbar.
a)Gegen welches Gesetz würden Maya und Lochan verstoßen?
c) Was schützt das juristische Verbot?
4.„Zwei Tage Freiheit!“ (S. 366) Was beschließen Maya und Lochan?
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b)
Informiere dich über die Rechtslage zum Inzestverbot in Deutschland. Notiere
Stichworte.
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Arbeitsblatt 19
V ierundzwanzigstes
K apitel : D er S prung
und fünfundzwanzigstes
in die
T iefe
1.Zusammen mit Lochan erlebt Maya mehr als Sex. Sie fühlt
.
2.„Runter von ihr! Du Bestie!“ (S. 385)
a) Wer steht überraschend im Zimmer?
b) Was hat dazu geführt, dass Maya und Lochan entdeckt werden?
c) Was tut ihre Mutter?
b) Welche Gründe hat er für seinen Plan?
c) Was hält Maya von Lochans Absicht?
4.Drücke Mayas und Lochans Gefühle künstlerisch aus: Du kannst ein Gedicht oder Haiku
schreiben oder ein Bild malen.
a) Zu Maya: „Hier und jetzt beginnt alles neu.“ (S. 383)
b) Zu Lochan: „Die Tränen stechen mir wie Messer in die Augen.“ (S. 389)
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3.„Plötzlich weiß ich, was ich tun muss.“ (S. 387)
a) Welchen Plan hat Lochan?
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Arbeitsblatt 20
S echsundzwanzigstes K apitel : I n
die
F reiheit …
1.Was erlebt Lochan auf der Polizeistation?
2.Im Verhör soll Lochan die Wahrheit sagen.
a) Warum bekommt Lochan Zweifel?
b)
„Wann hatten Sie das erste Mal sexuellen Kontakt mit Ihrer Schwester Maya?“
Warum weiß Lochan nicht, wie er auf diese Frage antworten soll?
c) Was ist für Lochan beim Verhör das Schlimmste?
4.Lochan denkt an Flucht in die Freiheit. Bedeutet Lochans Suizid, dass er aufgegeben hat?
Begründe deine Antwort.
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3.Denkst du, dass Lochan etwas bereut? Notiere deine Gedanken und besprich sie in der
Gruppe.
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Arbeitsblatt 21
E pilog : M ayas G eschenk
an
L ochan
1.Wie viel Zeit ist seit Lochans Tod vergangen?
2.Wie geht es Maya?
3.Warum will Maya nicht mehr leben?
5.„Wenn ich noch lebe, bedeutet das nicht, dass in mir dann auch noch unsere Liebe lebendig bleibt?“ (S. 443) Notiere deine Gedanken.
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4.Warum ändert Maya ihren Vorsatz, sich selbst auch das Leben zu nehmen?
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Arbeitsblatt 22
V erbote , S chuld
und
V erantwortung
1.Welchen Sinn haben Gesetze?
2.Welchen Sinn haben Strafen?
4.Wer gegen geltendes Recht verstößt, macht sich strafbar. Aber auch vor Gericht genügt
nicht die formale Feststellung, dass gegen ein Gesetz verstoßen wurde. Eine Strafe muss
auch inhaltlich begründet werden.
àStrafen müssen einen Zweck verfolgen, der sinnvoll für die Gemeinschaft ist.
àBestraft wird, wem zu Recht vorgeworfen werden kann, dass er/sie gegen geltendes
Recht verstoßen hat; dass er/sie sich schuldhaft verhalten hat. Diese Gleichsetzung
ergibt sich aus dem Grundsatz, dass der Gesetzgeber die Rechtsnorm aus gutem Grund
erstellt hat.
àSchuldig macht sich, wer anderen Menschen Schaden zufügt. Dieser Grundsatz gilt
auch vor Gericht. Dem / Der Beschuldigten wird vorgeworfen, nicht verantwortlich
gehandelt zu haben.
a)Überprüfe diese Aussagen anhand der Romanhandlung: Haben Lochan und Maya mit
oder ohne Verantwortung gehandelt? Begründe deine Meinung.
b)
_ Diskutiere in der Gruppe die Aspekte Schuld und Verantwortung in Bezug auf
Lochan und Maya.
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3.Was ist bei der Beurteilung zu beachten?
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Datum: _________
Arbeitsblatt 23
M oral
und
G ewissen
1.Wer bestimmt, was richtig und falsch ist?
2.Was ist das Gewissen?
a) Erstelle ein Assoziogramm zu dem Begriff „Gewissen“.
3.Haben Menschen, die zu anderen Zeiten oder in einer anderen Kultur aufgewachsen sind,
möglicherweise unterschiedliche Wertvorstellungen? Notiere deine Gedanken.
4.Wer sich schuldig fühlt, etwas Falsches getan zu haben, bekommt ein schlechtes Gewissen.
Sind Lochan und Maya in einem Gewissenskonflikt? Begründe deine Antwort.
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b) Beschreibe „Gewissen“ mit deinen Worten.
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Datum: _________
Arbeitsblatt 24
M oral
und
T abu
1.Was ist ein Tabu, und was drückt es aus? Definiere den Begriff „Tabu“.
2.Welchen Sinn hat ein Tabu?
3.Ein Tabu zu brechen erfordert:
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4.Welche Auswirkungen hat ein Tabu? Schreibe Stichworte oder kurze Sätze zu der Grafik.
Anschließend besprich die Antworten in der Gruppe.
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Datum: _________
Arbeitsblatt 25
G eschwisterliebe
ist verboten
Beurteile vor dem Hintergrund der Romanhandlung die folgenden Aussagen und kreuze an,
welche du zutreffend findest.
C
a)
Bei Inzestbeziehungen gibt es immer ein
Opfer, auch wenn beide sagen, dass sie es
freiwillig tun. Zwischen Familienmitgliedern
gibt es immer spezielle Abhängigkeiten, und
wahrscheinlich kann das Opfer die Übergriffe
nur nicht richtig einordnen.
Es ist sowohl formal als auch inhaltlich
falsch, Inzest von vornherein mit sexuellem
Missbrauch in der Familie zu assoziieren.
Personen, die sich selbst nicht als Opfer
empfinden, sollten nicht ohne Weiteres von
anderen zu Opfern erklärt werden.
b)
Inzest hat viele sozialschädliche Auswirkungen, z. B. Angststörungen, Versagensängste, Unzufriedenheit mit dem Leben, starke
Schuldgefühle, Depression, Drogen- und
Alkoholmissbrauch, Selbstverletzung,
Essstörungen, Suizidgedanken.
Diese schädlichen Wirkungen entstehen
erst durch das Verbot, das ächtende
Umwelturteil und den Druck, nicht frei
leben zu dürfen. Die Betroffenen leben
in dauernder Angst und sehen oft keinen
­Ausweg. Das ist menschenunwürdig.
c)
Durch Ausgrenzung oder soziale Isola­tion
werden auch andere Familienmitglieder
geschädigt.
Das sind Folgen des Verbots. Wenn die
Betroffenen frei leben dürften, müssten sie
sich nicht abkapseln.
d)
Bei Personen, die längere Zeit in Inzestbeziehungen leben, kommt es wahrscheinlich zu
Defiziten in der psychosexuellen Identitäts­
findung und der Beziehungsfähigkeit.
In einer ehrlichen Liebesbeziehung wird die
Identität gestärkt und kann sich frei ent­
falten. Geschwister-Liebespaare fühlen sich
seelenverwandt, sie haben gute Chancen
auf eine harmonische Beziehung.
e)
Das Verbot dient dazu, Erbschäden zu verhindern und die Gesundheit der Bevölkerung
zu schützen.
Eugenische Implikationen verbieten sich
verfassungsrechtlich von vornherein.
f)
Das Inzesttabu drückt Moralvorstellungen
der Mehrheit aus und soll deshalb auch juristisch unterstützt werden.
Moralvorstellungen, die auf Gefühlen,
Pauschal­urteilen und allzu oft auf Unkenntnis beruhen, können keine Strafnorm
legitimieren.
g)
Von dem Verbot sind nur wenige in einer einschränkend spürbaren Weise betroffen. Beim
Sex gibt es genug andere Praktiken und Möglichkeiten, sich zu stimulieren.
Sexualität gehört zum Kernbereich privater
Lebensführung, der auch durch das Recht
geschützt werden muss. Private Sexpraktiken gehen den Gesetzgeber nichts an.
h)
§ 173 StGB ist sinnvoll und angemessen, es
dient dem Opferschutz und dem guten Fami-
§ 173 StGB kriminalisiert sexuelles
­Verhalten, das grundsätzlich niemandem
lienleben.
Schaden zufügt.
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C
Tabitha Suzuma forbidden
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 26
D ie G eschichte
von
L ochan
und
M aya
1.Hattest du, bevor du das Buch forbidden gelesen hast, schon über das Thema Geschwisterliebe gelesen oder davon gehört?
2.Hat die Lektüre deine Ansicht zu dem Thema verändert? Begründe deine Antwort.
3.Nenne eine Textstelle, die du wichtig findest oder die dich besonders beeindruckt hat.
4.Stimmst du den folgenden Aussagen zu? Kreuze an und diskutiere in der Gruppe.
nein
weiß nicht
• W
enn über alle Formen der Sexualität offen gesprochen würde,
gäbe es weniger Vorurteile.
• Wer tut, was alle anderen gut finden, handelt immer richtig.
• Eine Handlung sollte nach ihren Folgen beurteilt werden.
• Jeder sollte seine persönliche Moral selbst bilden dürfen.
5.Was kann dazu beitragen, dass Geschwister-Liebespaare wie Lochan und Maya glücklich
leben können?
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ja
Tabitha Suzuma Name: ______________________________
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Datum: _________
Arbeitsblatt 27
'

S chreibanlässe
1.Ein Boulevardmagazin schreibt über Maya und Lochan mit der Überschrift: „Skandal!
Bruder und Schwester leben als Liebespaar.“ Verfasse einen Leserbrief.
An die Redaktion
2.Maya und Kit sprechen sich aus. Kit sagt:
„Ich wusste schon lange, dass du und Lochan heimlich ein Liebespaar wart.
Ich dachte:
“
3.Schreibe einen persönlichen Brief an Maya.
Liebe Maya,
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Tabitha Suzuma forbidden
Arbeitsblatt 1 – LÖSUNGEN
D as B uch „ forbidden “
1.Beschreibe das Buchcover.
(rote Rosenblätter, die vor einem rein weißen Hintergrund herabregnen; ein aus schwarzen
Dornenzweigen geformtes Herz; Titel in einzelnen Schreibschriftbuchstaben)
2.Kannst du vom Coverbild auf den Inhalt des Buches schließen? Notiere deine Gedanken.
(Liebesroman; unglückliche Liebe; Leiden durch Liebe)
3.Das englische Wort forbidden bedeutet:
verboten; untersagt; nicht zulässig; ausgeschlossen
Die Facetten des englischen Verbs to forbid sind kaum ins Deutsche zu übersetzen. Stärker
als im deutschen Partizip verboten, schwingt im englischen forbidden die Bedeutung im Sinne
der Beachtung einer moralischen bzw. religiösen Ordnung mit. Im Deutschen findet sich
diese Bedeutung in der Wendung: „Das verbietet sich.“ Gemeint ist, dass das auf Konvention
beruhende Verbot auch ohne explizite Begründung gerechtfertigt ist.
4.Lies das Motto des Romans. Was drückt dieser Satz aus?
–Lebensweisheit
– Inhaltlich: Gefühle lassen sich nicht kontrollieren/verbieten, auch nicht von einem selbst.
– Formal: Der Leser wird direkt angesprochen, beteiligt.
Er versetzt sich in den aussichtslosen Überlebenskampf der Fliegen hinein, die immer wieder
versucht haben, ins Freie zu gelangen; man hat den Eindruck, dass er sich genau so fühlt. „An
welchem Punkt beschließt man, dass zu viel zu viel ist?“ (S. 7)
b)Welche Stimmung erzeugt dieser Romananfang?
Eine deprimierte, resignative Stimmung; Beklemmung; Erwartung
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5.Lies den ersten Abschnitt des Textes, Seite 7.
a)Was geht Lochan durch den Kopf?
Tabitha Suzuma forbidden
Arbeitsblatt 2 – LÖSUNGEN
E rstes K apitel : L ochan
Aussprache des Namens Lochan: <Lokhann> [ˈlɒkən]
1.Beschreibe die Erzählsituation:
a)Erzählperspektive: Ich-Erzähler
b)Erzählform: berichtendes Erzählen (gleichzeitig) mit Zentralstellung des Ich-Erzählers,
innere Monologe, Dialoge
c)Zeitstufe der Erzählung: Präsens / Gegenwart
2.Ort der Handlung: London; zunächst Klassenraum der Schule in Belmont, dann Reihen­haus­
wohnung in Bexham, Bexham Road 62 (Nord-London, imaginäre Adresse)
3.Zeit der Handlung: September, erste Schulwoche nach den Sommerferien
5.Wie fühlt sich Lochan in der Schule?
–Er fühlt sich äußerst unwohl. Er ist extrem schüchtern, kann nicht frei sprechen. Er vermeidet Kontakte. Er ist ein Außenseiter, seine Mitschüler finden ihn sonderbar. „[…] doch
keiner nimmt mich wahr, weil ich die Kunst, mich unsichtbar zu machen, schon seit Langem
perfektioniert habe.“ (S. 9)
–Er fühlt sich wie die Fliegen am Fenster. „[…] alle Augen der Klasse sind auf mich gerichtet.
Sie verbrennen mir das Gesicht.“ (S. 11)
–Seine Angststörung (Sozialphobie) ist in der Schule bekannt. „Panik bricht in mir aus. Hat
sie meine Schulakte nicht gelesen?“ (S. 10)
6.Welches Verhältnis hat Lochan zu seiner Familie?
–Er kümmert sich um seine Geschwister.
–Seine Mutter möchte, dass er „der Mann im Haus“ ist.
–Zu seiner Mutter hat er ein zwiespältiges Verhältnis, ihr Verhalten nervt ihn, doch das zeigt
er ihr nicht. „Okay, okay. Schon gut. Hab deinen Spaß.“ (S. 19) „Eine fette Sau, die glaubt,
sie wär ein junges Reh.“ (S. 20)
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4.Was erfährst du über Lochan?
–Lochan Whitely ist siebzehn Jahre alt; er besucht die Abschlussklasse des Gymnasiums. Er
ist Einserschüler und möchte am University College London (UCL) studieren.
–Er hat vier jüngere Geschwister.
–Seine Eltern sind geschieden; sein Vater, ein Schriftsteller, hat vor fünf Jahren die Familie
verlassen. Seine Mutter arbeitet als Kellnerin; sie ist vermutlich Alkoholikerin.
Tabitha Suzuma forbidden
Arbeitsblatt 3 – LÖSUNGEN
Z weites K apitel : M aya
1.Wie ändert sich die Erzählsituation in diesem Kapitel?
Die Perspektive wechselt: In diesem Kapitel ist die Romanfigur Maya die Ich-Erzählerin.
2.Was erfährst du über Maya?
­–Maya Whitely ist sechzehn Jahre alt. Zusammen mit Lochan kümmert sie sich um den
Haushalt und ihre jüngeren Geschwister.
­­–Sie ist sehr einfühlsam und macht sich Gedanken um ihre Geschwister.
4.Vervollständige die Sätze aus Mayas Sicht:
a)„Lochan ist mir wichtig, weil ­– ich mich auf ihn verlassen kann; er mein einziger fixer
Bezugspunkt ist in diesem schwierigen Leben, in dieser unsicheren und Angst machenden
Welt (vgl. S. 33).“
b)„Ich bin stolz auf Lochan, weil ­– er immer für mich da war; er gut aussieht und andere
das auch finden; er so verantwortungsvoll ist und alles mit Fassung trägt; er viel reifer und
vernünftiger ist als ich (vgl. S. 31–34).“
c)„Manchmal macht mich wütend und traurig, dass Lochan – so hart kämpfen muss; mit der
Außenwelt nicht zurechtkommt; tief im Innern immer unglücklich ist (vgl. S. 34).“
5.Was möchte Maya Lochan gerne sagen?
„Du glaubst, dass niemand dich versteht, […] aber du irrst dich. Ich verstehe dich. Du bist
nicht allein.“ (S. 36)
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3.Warum empfindet Maya ihr Leben als schwierig?
­–Die Familie hat finanzielle Probleme.
­–Maya und Lochan müssen sich neben der Schule auch um ihre Geschwister kümmern.
„Lochan, auf den sie ständig alle Verantwortung ablädt, wenn sie länger arbeiten muss oder
wenn sie mit Dave oder ihren Freundinnen ausgehen will.“ (S. 31)
­–Maya macht sich Sorgen; sie versteht nicht, warum Lochan und Kit sich oft streiten. „Kit
scheint Lochan irgendetwas vorzuwerfen, und es wird zwischen ihnen immer schlimmer,
aus Gründen, die mir nicht ganz klar sind.“ (S. 27 f.)
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Arbeitsblatt 4 ­– L ÖSUNGEN
D rittes K apitel : L ochans E insamkeit
1.Warum ist Lochan verzweifelt?
­–Er fühlt sich von Kit „entlarvt“ als „völlig verhaltensgestörter Sozialspastiker“ (S. 42).
­–Die „heile“ Familie ist für Lochan lebenswichtig, sie ist sein einziger Schutzraum.
­–Lochan meint, dass Kit ihn hasst, weil er sich für Lochan schämt. „Es ist grässlich, sich
für jemanden zu schämen, den man mag; es frisst einen auf. Und wenn man dieses Gefühl
überhandnehmen lässt, wenn man die Waffen streckt und aufgibt, dann wandelt sich die
Scham schließlich in Hass.“ (S. 43)
Arbeitsblatt 5 – LÖSUNGEN
V iertes K apitel : V orwürfe
1.Über welche Probleme wird in der Familie nicht gesprochen?
Lilys Alkoholproblem, Lochans Sozialphobie
3.Worüber streiten Lochan und seine Mutter?
­–Lochan sagt: „Wann willst du endlich der Wahrheit ins Gesicht sehen und dir eingestehen,
dass du ein Alkoholproblem hast?“ (S. 63)
­–Lily sagt: „Spaß – das würde dir auch guttun, Lochan, falls du überhaupt weißt, was das
ist. Immer steckst du den Kopf in Bücher, wie dein Vater.“ (S. 63 f.) „Werd erst mal ein
normaler Teenager, Lochan, dann kannst du mir vorwerfen, dass ich keine normale Mutter
bin!“ (S. 65)
4.Wie verhält sich Maya in dem Streit?
­–Sie will vermitteln, den Streit so schnell wie möglich beenden. „Ich will sie besänftigen, aber
sie schlägt meine Hand weg.“ (S. 64) „Ach was, Mum, ich ergreife für niemanden Partei.“
(S. 65)
­–Sie geht verständnisvoll auf Lochan ein. „Es ist alles in Ordnung.“ (S. 67)
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2.Warum vertuschen Lochan und Maya das Verhalten ihrer Mutter?
­–Die jüngeren Geschwister sollen nichts merken.
­–Sie haben Angst, dass das Jugendamt ihrer Mutter das Sorgerecht entzieht und dass die
Geschwister getrennt werden.
Tabitha Suzuma forbidden
Arbeitsblatt 6 – LÖSUNGEN
F ünftes
und sechstes
K apitel : S icherheitsabstand
1.Warum hat Lochan nur zu Maya Vertrauen?
­–Er meint, dass alle schlecht über ihn denken. „Erbärmliche Dinge.“ (S. 69)
­–Er meint, dass er seine Familie total enttäuscht hat.
­–Seine fröhliche Miene ist oft eine Maske. „Nur mit Maya kann ich wirklich ich selbst sein.“
(S. 70)
2.Wie reagiert Lochan auf Francies Annäherungsversuche?
Er ist verwirrt und gerät in Panik, läuft davon.
3.Wie gelingt es Maya, Lochan zu beruhigen?
­–Sie zeigt ihm, dass sie ihn versteht.
­–Sie machen einen Spaziergang an der Themse.
4.Worüber sprechen Maya und Lochan bei ihrem Spaziergang?
Sie sprechen über Beziehungen und darüber, dass beide noch nie geküsst haben. Maya ist optimistisch, doch Lochan ist klar, dass er nie mit einer Frau zusammen sein wird.
Arbeitsblatt 7 – LÖSUNGEN
hilf mir .“
1.Was führt dazu, dass der Streit zwischen Lochan und Kit eskaliert?
­–Kit kommt nachts nicht nach Hause, Lochan sucht ihn, malt sich Schreckliches aus.
­–Kit verweigert sich.
­–Lochan macht sich Sorgen, fühlt sich verantwortlich, gleichzeitig hilflos.
3.Wähle jeweils eine Textstelle aus diesem Kapitel, die die Person treffend charakterisiert.
Lily:
–„Mit Dave kann Mum so tun, als wäre sie immer noch jung und frei von den Einschränkungen
und Verpflichtungen einer Mutter.“ (S. 91)
Kit:
–„Ein unglückliches, selbstzerstörerisches Kind, das an der Schule in die falsche Clique geraten ist, weil es dort den Rückhalt findet, den es in der Familie vermisst.“ (S. 92)
­–„Das geht dich überhaupt nichts an.“ (S. 98)
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S iebtes K apitel : „B itte
Tabitha Suzuma forbidden
Lochan:
–„Maya, nicht, ich … ich brauche keinen –“ (S. 102)
­–„Ich kann kaum mehr atmen, ich gerate in Panik, alles bricht zusammen, alles löst sich
auf.“ (S. 104)
­–„Ich weiß nicht, was mit mir nicht stimmt!“ (S. 104)
Maya: –„Schon gut, Lochie, ich versteh dich.“ (S. 101)
­–„Alles ist in Ordnung. Mach dir keine Sorgen.“ (S. 102)
­–„Es wird nicht für immer so bleiben, Lochie.“ (S. 103)
­–„Es wird schon wieder.“ (S. 104)
4.Warum bricht Lochan in Tränen aus? Notiere Stichworte und besprich sie in der Gruppe.
Wut, Angst, Kontrollverlust, Überforderung, Schuldgefühle, Hilflosigkeit, Ausweglosigkeit
5.Maya sagt zu Lochan: „Das alles ist doch nicht dein Fehler – dass Mum trinkt, dass Dad uns
verlassen hat, dass Kit so geworden ist.“ (S. 102 f.) Warum meint Lochan, dass alles sein Fehler
ist?
­–Er hat von seiner Mutter oft vorgehalten bekommen, dass er ein ungewolltes Kind ist; unbewusst fühlt er sich schuldig, dass sein Vater (wegen Lilys Unzufriedenheit) fortgegangen ist
und dass seine Mutter aus Frust trinkt und die Familie vernachlässigt.
­–Er fühlt sich durch und durch „falsch“. Er denkt, sein Wesen sei schuld, dass er unfähig ist,
die Familie zusammenzuhalten und Kit Rückhalt zu geben, dass er so große Zerstörungswut
Weitere Aufgaben können angeschlossen werden, etwa:
• Lily, Kit, Lochan und Maya: Jede dieser Personen hat berechtigte Bedürfnisse und Wünsche.
Überlege, wie die Person sich fühlt und wie sie ihre Wünsche umzusetzen versucht. Können
sie ihre Bedürfnisse erfüllen?
• Hinter Wut und Aggressivität steckt immer eine Angst. Welche Angst kannst du erkennen?
(Angst vor Einsamkeit, Verlustangst, Angst vor Kontrollverlust, Orientierungslosigkeit)
• Führt in der Gruppe eine Diskussion mit verteilten Rollen: Lily, Kit, Lochan und Maya vertreten offen ihre jeweilige Position.
Ein Ergebnis ist, dass Maya ihre Bedürfnisse vollkommen zurückstellt.
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empfindet.
Tabitha Suzuma forbidden
Arbeitsblatt 8 – LÖSUNGEN
A chtes K apitel : F ürsorge
und
„ falsches T heater “
1.Was verbindet Maya und Lochan?
­–Sie halten immer zusammen.
­–Sie können sich blind aufeinander verlassen.
­–Sie haben als Kinder dasselbe erlebt/durchlitten.
­–Maya hat das „falsche Theater“ Lochan zuliebe begonnen mitzumachen. (vgl. S. 107 f.)
„Wir schworen damals hoch und heilig, dass wir immer zusammenbleiben würden, auch
wenn wir erwachsen sind.“ (S. 108)
­–Sie brauchen sich gegenseitig.
2.Warum ist Maya der Gedanke unerträglich, dass ein Mädchen Lochan küsst?
­–Sie meint, dass Lochan nur bei ihr Geborgenheit findet. Sie „möchte die Verletzung, die
Anstrengung, die Einsamkeit auslöschen“. (S. 109)
­–Sie meint, dass nur sie mit seiner Verletzlichkeit umgehen kann. „Die Vorstellung, sie oder
ein anderes Mädchen könnte ihn so sehen, so nahe, so schutzlos, ist mir plötzlich unerträglich. Sie dürfen ihn nicht verletzen, sie dürfen ihm nicht das Herz brechen.“ (S. 109 f.)
­–Sie möchte von ihm geliebt werden, sie ist eifersüchtig. „Ich will nicht, dass er sich in
irgendein Mädchen verliebt – ich will, dass er hier bei uns bleibt. Dass er uns liebt. Dass er
mich liebt.“ (S. 110)
­–Sie möchte ihn beschützen. „Ich mache mir sofort Sorgen. […] Er wirkt so hilflos und verloren, so gequält und niedergeschlagen.“ (S. 111)
3.Maya und Kit sprechen über Lochan und seine Motive. Fasse ihre Ansichten zusammen.
Kit sagt:
­–„Gewalttätig, feige und verlogen, das
ist er!“ (S. 117)
­–„Er tut nur so, als würde er sich um
mich Sorgen machen. In Wirklichkeit
ist er auf irgend so einem kranken
Machttrip!“ (S. 119)
­–„Weißt du, warum er nicht woanders
hingeht? Weil er zu viel Schiss davor
hat, deshalb. […] Lochan bleibt hier,
weil er machtbesessen ist.“ (S. 119)
­–„Und er bleibt hier, weil er dich anbetet.
Weil du immer auf seiner Seite bist, weil
du glaubst, er ist so was wie ein Gott.“
(S. 120)
Maya sagt:
­–„Lochan war so außer sich, weil er
sich Sorgen um dich gemacht hat.
Weil er dich liebt!“ (S. 118)
–
­
„Er bleibt in London und wird
weiter bei uns wohnen und sich
um uns kümmern, damit es uns
gut geht.“ (S. 119)­
­–„Er kümmert sich um uns, so gut
er kann, weil es sonst niemand
tut.“ (S. 120)
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Die Schülerinnen und Schüler können Textstellen oder eigene Formulierungen wählen.
Tabitha Suzuma forbidden
Arbeitsblatt 9 – LÖSUNGEN
N euntes
und zehntes
K apitel : C haos
der
G efühle
1.„Ich kann nicht mehr ungeschehen machen, dass ich weiß, was ich für Maya empfinde.“
(S. 137) Was tut Lochan, um sich abzulenken?
­–Er arbeitet; duscht kalt; joggt; powert sich aus; flüchtet in Alltagsroutine. „Ich will nur noch
handeln und nicht mehr denken.“ (S. 139)
­–Er schafft Distanz, vermeidet jeden Kontakt zu Maya, spricht nicht mehr als nötig mit ihr.
­–Er versucht, sich eine Beziehung zu einem anderen Mädchen vorzustellen. Aber: „Es reicht
nicht, wenn sie nur ein Gesicht und einen Körper hat; da muss mehr sein, irgendeine Art
von Verbindung. Und das schaffe ich nicht. Ich schaffe es nicht, zu den anderen Verbindung
aufzunehmen. Zu niemandem.“ (S. 137)
2.Welche Konsequenzen fürchtet Lochan am meisten?
Er fürchtet, dass jetzt die Verbindung zu Maya zerrissen ist. „Ich kann es dir nicht sagen, von
allen Menschen auf der Welt dir am wenigsten. Der einzigen Person, an die ich mich bisher
immer wenden konnte und die mich immer verstanden hat. Und jetzt habe ich dich auch noch
verloren. Jetzt habe ich alles verloren.“ (S. 141)
4.Warum willigt Maya in das Date mit Nico DiMarco ein?
­–Sie will beweisen, dass sie „normal“ ist. „So sind wir nicht. Wir sind nicht krank.“ (S. 146)
­–Sie sucht verzweifelt nach einem Ausweg. „Es ist immer schön, von jemand gemocht zu
werden. Auch wenn es die falsche Person ist.“ (S. 151)
­–Sie denkt, dass sie Lochan damit hilft.
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3.Was empfindet Maya?
­–Sie leidet unter Lochans Reaktionen. Sie, die immer Lochans Gedanken kannte, versteht ihn
nicht mehr. „Ist er wütend auf mich, weil er denkt, ich hätte das alles geplant? Dass der
Salsa nur eine List war, damit er danach einen Blues mit mir tanzt?“ (S. 145 f.)
­–Sie empfindet Verzweiflung und Einsamkeit. „Ich ertrage es nicht. Mir vorzustellen, ich
könnte unsere Nähe, unsere Freundschaft, unser gegenseitiges Vertrauen verloren haben,
übersteigt meine Kräfte. […] Das darf ich nicht verlieren, oder ich werde nicht überleben.“
(S. 146)
Tabitha Suzuma forbidden
Arbeitsblatt 10 – LÖSUNGEN
E lftes
und zwölftes
K apitel : Z weite
und erste
W ahl
1.„Alles ist gut.“ (S. 159)
a)Wie meint Lochan das?
Er redet sich ein, dass Mayas Date die Situation entspannt und ihr hilft.
b)Was empfindet Lochan dabei?
­–Er meint, dass Maya sich von ihm trennen wird, dass auch sie ihn verachten wird. „Ein
Abend mit ihm – und Maya wird merken, was für ein totaler Versager ich bin, sie wird mich
mit den gleichen Augen sehen wie Kit und Mum …“ (S. 169)
­–Er hat kein Selbstwertgefühl.
­–Er kann mit seiner Eifersucht nicht umgehen. (vgl. S. 178 f.)
2.Worüber spricht die Lehrerin Miss Azley mit Lochan?
Sie spricht Lochans soziale Angststörung direkt an.
3.Warum kommt Lochan mit Miss Azleys Anteilnahme nicht klar?
­–Er fühlt sich bedrängt: Bisher haben ihn alle geschont.
­–Er ist misstrauisch: Er ist nicht gewohnt, dass sich jemand „von außen“ um ihn sorgt.
­–Er wird konfrontiert: Seine gesamte Konstruktion der Vermeidung gerät ins Wanken.
5.„Das Glück ist so groß, dass ich gleich sterben werde. Der Schmerz ist so groß, dass ich gleich
sterben werde.“ (S. 189) Warum küsst Maya Lochan?
­–Lochans Worte haben sie verletzt; sie erträgt nicht, von ihm verletzt zu werden.
­–Sie versteht ihn plötzlich; sie hat Angst, dass er verrückt wird. „Aus meiner Wut ist plötzlich
Angst geworden.“ (S. 187)
­–Sie will die Einheit und Nähe spüren; sie erträgt es nicht, von ihm getrennt zu sein.
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4.Warum lässt Maya Nico abblitzen, obwohl ihr das Date gefallen hat?
Sie merkt, dass es nicht funktioniert. „Bis du dann gemerkt hast, dass die Vorstellung, Nico zu
küssen oder irgendeinen anderen Jungen, den du kennst, nicht das ist, was du wirklich willst.“
(S. 182), „Jeder Junge, das spüre ich in diesem Augenblick, würde sich für mich nur wie zweite
Wahl anfühlen.“ (S. 183)
Tabitha Suzuma forbidden
Arbeitsblatt 11 – LÖSUNGEN
D reizehntes
L iebe ?
und vierzehntes
K apitel : G ibt
es falsche
1.Maya meint: „Unsere Liebe kann doch nichts Schreckliches sein, wir tun damit doch niemandem was!“ (S. 190) Wie ist Lochans Meinung?
­–Er fühlt genauso, doch gleichzeitig empfindet er diese Liebe als falsch.
2.Vervollständige die Sätze:
a)
Lochan mag nicht daran denken, dass … er diese Liebe verleugnen werden muss; die
Vernunft sagen wird, dass der Kuss ein Fehler, eine Dummheit war; er und Maya das
Geschehene vergessen müssen.
b)Zum ersten Mal in Lochans Leben … ist er völlig entspannt und glücklich; fühlt sich seine
Liebe „vollkommen rund an, und alles, was zu diesem Augenblick hingeführt hat, bekommt
plötzlich einen Sinn, als hätte das alles genau so sein sollen und nicht anders“ (S. 194).
3.„Hast du überhaupt eine Ahnung, was das für Folgen haben kann? Weißt du, wie man das
nennt?“ (S. 197) Beantworte Lochans Fragen.
­–Geschwisterliebe (Inzest) ist bei Volljährigen gesetzlich verboten; sobald Lochan achtzehn
Jahre alt ist, würde er sich strafbar machen; bei Bekanntwerden würde sich das Jugendamt
einschalten und die jüngeren Geschwister aus der Familie nehmen.
­–Maya und Lochan werden ihre wahren Gefühle immer geheim halten müssen. „Wir werden
kein freies Leben haben … Wir werden immer Gefangene sein, uns immer verstecken müssen, immer so tun müssen, als wären wir –“ (S. 197)
­–Geschwisterliebe ist moralisch ein Tabu; früher nannte man sie „Blutschande“. Spontan
würden viele Menschen sie nennen: abartig; pervers; krank; schändlich; verderbt; abnorm.
4.Maya überprüft ihre Gefühle. Sie denkt:
Meinen Bruder Kit so zu küssen, das fände ich … abartig. „Sex mit dem eigenen Bruder?
Niemand macht so was, das ist abartig.“ (S. 201)
Ich bin sicher … „Daran ist nichts falsch.“ (S. 202) Wir gehören zusammen.
Lochan ist nur zufällig mein Bruder, er ist mein … Partner. „Ganz einfach, weil er nie nur ein
Bruder für mich war.“ (S. 201); „Wir waren immer füreinander da – als Freunde, als Partner.“
(S. 202)
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c)Maya ist bereit, weiterzugehen, weil … sie Lochan begehrt; sich nur diese Liebe richtig
anfühlt; sie endlich kein Theater mehr spielen will; sie ganz und gar ihren wahren Gefühlen
folgen will; ihr alles andere egal ist; sie autonomer denkt und fühlt als Lochan.
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Arbeitsblatt 12 – LÖSUNGEN
F ünfzehntes K apitel : G efühle
lassen sich nicht
verbieten
1.„Wir waren so dumm … wir dachten, sie könnten uns aufhalten. Uns davon abhalten.“
(S. 219) Was meint Maya?
­–Beide haben erfahren, dass ihr Gefühl sich nicht eindämmen lässt.
­–Maya sind Regeln und Konventionen egal.
­–Sie ist bereit, sich zusammen mit Lochan von der „Welt da draußen“ abzukapseln.
Arbeitsblatt 13 – LÖSUNGEN
S echzehntes
A bgrunds
und siebzehntes
K apitel : A m R and
des
1.Warum empfindet Maya die Situation als Zeitbombe?
­–Maya und Lochan müssen aufpassen, nicht erwischt zu werden. Der Druck wächst.
3.„Das war nie wirklich Liebe zwischen uns –“ (S. 255) Warum will Maya Schluss machen?
­–Sie fühlt sich wütend, gekränkt und verletzt.
­–Lochan hat gesagt: „Es ist und bleibt einfach krank. Der Rest der Welt hat recht.“ (S. 250)
Maya ist das Urteil der anderen egal, doch sie denkt, dass auch er sie für „pervers“ hält.
­–Indem er sich auf die Seite der anderen stellt, lässt er sie allein. „Es dreht sich immer nur
um dich!“ (S. 152)
­–Sie provoziert ihn, sie meint, dass er sie nicht genug liebt. (vgl. S. 254)
4.Warum bekommt Lochan eine schwere Panikattacke?
Im Unterricht wird bei der Besprechung des Theaterstücks „Hamlet“ das Thema Inzest
erwähnt. Lochan denkt, dass alle Bescheid wissen; er kann diesen Gedanken nicht ertragen.
5.Im Gespräch suchen Maya und Lochan einen Kompromiss, mit dem sie beide leben können.
Maya trägt bei:
­–Verzicht und Hoffnung auf Zukunft: „Eines Tages, wenn sie erwachsen sind, dann können
wir auch auf und davon. Ein neues Leben anfangen. Als richtiges Paar. Nicht länger Bruder
und Schwester. Frei von allen Zwängen.“ (S. 273)
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, November 2014
2.„Seid ihr heimlich unsere Eltern?“ (S. 233) Was löst Tiffins Frage in Maya aus?
­–Sie erkennt, dass Tiffin intuitiv viel merkt und versteht, was geheim bleiben soll. „Ihr lügt
alle.“ (S. 234)
­–Sie spürt, dass Tiffin Angst hat; sie müssen noch vorsichtiger sein.
Tabitha Suzuma forbidden
Lochan trägt bei:
­–Statement ihrer inneren Freiheit: „Es gibt keine Gesetze und keine Grenzen für Gefühle. Wir
können uns so sehr und so tief lieben, wie wir wollen. Keiner, Maya, keiner kann uns das
fortnehmen.“ (S. 274)
Arbeitsblatt 14 – LÖSUNGEN
A chtzehntes bis zwanzigstes K apitel :
T räume und S orgen
1.Wie gehen Maya und Lochan mit ihrer inneren Anspannung um?
­–Wenn Maya allein sein möchte, zieht sie sich in ihren „geheimen Garten“ zurück. „Dieser
Ort gibt mir Kraft. Und Hoffnung.“ (S. 284)
­–Maya und Lochan entwickeln einen Modus, wie sie im Alltag wenigstens kurz allein sein
können.
­–Lochan sortiert seine Gedanken. Den Druck seiner Sorgen und Gefühle reagiert er zunehmend mit Selbstverletzung ab.
2.Welche Auswirkungen hat die Situation auf das Umfeld?
­–Maya und Lochan „funktionieren“, doch sie können sich kaum auf etwas anderes konzentrieren.
­–Francie ist enttäuscht, weil Maya sich immer mehr zurückzieht.
­–Lochan ist oft gereizt. Mit anderen spricht er möglichst gar nicht mehr.
­–Isolation
3.Warum hat Maya Schuldgefühle?
Sie hat ein schlechtes Gewissen, dass sie Tiffin und vor allem Willa vernachlässigt.
4.Warum verheimlicht Lochan seine Sorgen vor Maya?
­–Er möchte sie nicht noch mehr belasten.
­–Er hat ein schlechtes Gewissen, dass er Maya von einem eigenen freien Leben abhält.
5.Was deuten die Fragen der Frau vom Kinderschutzbund an?
Kindesmisshandlung bzw. Gefährdung des Kindeswohls
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, November 2014
Zum Thema Selbstverletzung: Jüngste neurologische Untersuchungen an Probanden in
Stresssituationen zeigen, dass nach einer Schmerzzufügung der subjektive Stresspegel norma­
lerweise kontinuierlich weiter ansteigt, bei Personen mit Borderline-Syndrom jedoch führt die
Selbstverletzung (Schmerz + Anblick von Blut) augenblicklich zu einer Entspannung.
Tabitha Suzuma forbidden
Arbeitsblatt 15 – LÖSUNGEN
E inundzwanzigstes K apitel : G lück
Die Geschwister spielen gemeinsam auf der Straße, die Anspannung löst sich. Schreibe, was jedes
der Geschwister am Abend sagen könnte.
Der gemeinsame Tenor ist, dass alle den Tag genossen und als wohltuend für das Familienleben
empfunden haben.
Arbeitsblatt 16 – LÖSUNGEN
Z weiundzwanzigstes und
„R ein theoretisch …“
dreiundzwanzigstes
K apitel :
1.Was hat sich in den folgenden Wochen verändert?
­–Das gesamte Familienleben hat sich entspannt. „Plötzlich sind alle viel glücklicher, alles ist
viel einfacher als früher, viel leichter.“ (S. 344)
­–Lochan ist achtzehn geworden.
­–Lochan und Maya können die Zweisamkeit genießen. „Seit Lochan und ich unsere Nächte
zusammen verbringen und zu Hause bleiben, sobald der Stress für uns zu groß wird, ist alles
viel entspannter.“ (S. 344)­
­–Der Rückhalt hilft Lochan, endlich freier zu sprechen. Er freundet sich mit dem neuen
Mitschüler Declan an.
3.„Glaubst du – glaubst du eigentlich, dass es allen Menschen, die sich wirklich lieben, auch
erlaubt sein sollte, zusammen zu sein, egal, welche Hindernisse ihnen im Weg stehen?“ (S. 347)
Warum wählt Maya diesen Einstieg?
­–Maya möchte über ihre Situation sprechen, doch nicht zu viel verraten.
­–Auf diese Frage würde wohl jeder Mensch mit „Ja“ antworten; Maya möchte herausfinden,
warum bei Geschwisterliebe anders geurteilt wird.
4.„Dann gibt es heutzutage keine Tabus mehr? […] Und du würdest sagen, dass zwei Menschen,
die sich lieben, niemals gezwungen werden dürfen, auf ihre Liebe zu verzichten?“ (S. 349) Was
antwortet Francie?
­–„Ja, glaub ich […]. Jedenfalls nicht bei uns. Wir leben zum Glück in einem Land, das ziemlich liberal ist. Solange eine Person die andere nicht zu etwas zwingt, ist vermutlich jede Art
von Liebe erlaubt.“ (S. 349)
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2.Worüber sprechen Maya und Francie?
Sie sprechen über den Sinn von Verboten für bestimmte Formen von Liebesbeziehungen.
Tabitha Suzuma forbidden
5.Maya meint, dass sich die Gesellschaft im letzten halben Jahrhundert stark verändert hat.
a)Nenne Beispiele für die Liberalisierung von Regeln, die sich auf Sexualität beziehen.
–­ Ehebruch (StGB: seit 1969 straffrei)
­–Kuppelei (StGB: seit 1969 straffrei)
­–„Unzucht“ (als abwertender Begriff 1973 im StGB gestrichen)
­–Homosexualität (betr. sexuelle Handlungen § 175 StGB 1973 reformiert, 1994 gestrichen)
­–Lebenspartnerschaft, „Homo-Ehe“ (gesetzlich verankert im BGB seit 2001)
b)Warum ist Geschwisterliebe noch immer ein so großes Tabuthema?
­–Die meisten Menschen werden von der Vorstellung abgestoßen und möchten nichts damit
zu tun haben; das Thema ist für sie einfach „undenkbar“.
­–Wenn man sich sachlich damit befasst, erkennt man, dass in manchen Fällen nichts dagegenspricht, die Erlaubnis erzeugt bei vielen jedoch trotzdem Unbehagen und Verunsicherung.
Weitere Aufgaben können angeschlossen werden, etwa:
• Verbote müssen begründet, gerechtfertigt sein. Sie sollen vernunftgeleitet, nachvollziehbar und
allgemeingültig sein. Was hältst du von der Begründung: „So etwas tut man nicht“?
• Wodurch verändert sich die allgemeine Auffassung, was sittlich richtig oder anstößig ist?
(Aufklärung, Information; offener, toleranter Umgang; öffentliche Diskussion; Initiativen)
• Wie ist eine Gesetzesänderung möglich? (Hierzu: Bundeszentrale für politische Bildung: Wie
ein Gesetz entsteht. Von der Initiative bis zur Verabschiedung, www.bpb.de)
àStrafrechtsreform 1973: Entkriminalisierung von Sexualität
Hierzu Punkt 4.2.1 in dieser Handreichung.
M aya
und
L ochan , G eschwister
und
L iebespaar
Maya findet verständlich, dass die meisten Menschen Geschwisterliebe spontan ablehnen. „Aber
wie soll ich dem Rest der Welt klarmachen, dass Lochan und ich nur aufgrund eines biologischen
Zufalls Bruder und Schwester sind?“ (S. 350) Schreibe in die Tabelle, wie sich Mayas Situation
aus allgemeiner Sicht bzw. aus ihrer eigenen Sicht darstellt.
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Arbeitsblatt 17 – LÖSUNGEN
forbidden
Die meisten Menschen empfinden Geschwisterliebe als:
krank
abstoßend, undenkbar
widerlich
falsch
Maya empfindet ihre Liebe zu Lochan als:
völlig natürlich
selbstverständlich
wunderbar
richtig
Sinn des Verbots:
Familienleben schützen
–
–
Opfer vor sexuellem Missbrauch bewahren
–
Risiko von Erbschäden
Maja denkt über das Verbot:
Für uns ist es Unsinn, niemand erleidet Schaden,
im Gegenteil: Jedem in der Familie geht es besser.
Durch das Verbot soll verhindert werden:
–
sexueller Missbrauch, Vergewaltigung
Trifft das bei Maya und Lochan zu?
nein
nein
nein
–
Ausnutzen von Abhängigkeit
–
Zwang / Gewalt durch emotionale Erpressung,
Liebesentzug, Drohungen
Befürchtete negative Auswirkungen:
Als negative Auswirkungen solcher Be­
ziehungen werden körperliche und/oder
psychische Schäden angenommen.
Auswirkungen bei Maya und Lochan:
glücklich leben; Gefühle ehrlich und offen äußern;
Identität bewahren; authentisch leben; Lösen der
Angststörung; besseres Familienleben (vgl. S. 344)
à Heilung
Weil Lochan älter ist und ein Mann, hält man ihn
automatisch für:
den Gewalttäter
Maya findet das:
sexistisch, total ungerecht,
falsch (vgl. S. 354 f.)
Gesetze aber auch Vorurteile beruhen auf:
Verallgemeinerungen
Bei der Beurteilung muss beachtet werden:
der Einzelfall
Hierzu Punkt 4.2.2 in dieser Handreichung.
Weitere Aufgaben können angeschlossen werden, etwa:
• Warum empfinden viele Menschen beim Thema Inzest Unbehagen und Verunsicherung?
• Diskutiert das Argument, Geschwisterliebe sei „nicht normal, nicht natürlich“. (Diese Kate­go­
rie ist weder definierbar, noch kann sie zu einem Verbot taugen.)
• Warum ist der Einzelfall oft schwer zu beurteilen? (Z. B. psychische Faktoren sind meist nicht
eindeutig ursächlich. – Einvernehmen und Freiwilligkeit können u. U. nicht wirklich überprüft
werden.)
• Warum wird das Verbot nicht aufgehoben, wenn kein Schaden entsteht? (Eine generelle
Freigabe birgt die Gefahr, dass heimlich doch Gewalt angewandt wird; aber: Rechtfertigt
allein die mögliche Gefahr ein generelles Verbot? Gibt es dafür nicht eigene Gesetze?)
• „Glaubst du, wenn wir normale Eltern gehabt hätten – oder einfach nur Eltern –, hätten wir
uns dann auch ineinander verliebt?“ (S. 353) Spielt die Frage nach den Ursachen an dieser
Stelle noch eine Rolle?
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Tabitha Suzuma Tabitha Suzuma forbidden
• Podiumsdiskussion: „Soll Geschwisterliebe frei sein?“ Szenario: Die Liebesbeziehung von
Maya und Lochan ist bekannt geworden und wird in einer Talkshow thematisiert. Anwesende
u. a.: Francie, Miss Azley, Vertreter des Jugendamts, die Eltern von Tiffins Freund Freddie,
Pressevertreter.
Arbeitsblatt 18 – LÖSUNGEN
G eschwisterliebe –
ein
V erbrechen ?
1.Wovon träumen Maya und Lochan?
­–Sie träumen davon, wegzuziehen und irgendwo unerkannt als Paar leben zu können. „Eines
Tages, wenn sie erwachsen sind, dann können wir auch auf und davon. Ein neues Leben
anfangen. Als richtiges Paar. Nicht länger Bruder und Schwester. Frei von allen Zwängen.“
(S. 273)
­–Sie träumen von Freiheit. „Freiheit, das wünsche ich mir. Und das Recht, uns lieben zu
können, ohne eine Strafe fürchten zu müssen.“ (S. 359)
3.Auch in Deutschland ist Geschwisterinzest strafbar.
a)Gegen welches Gesetz würden Maya und Lochan verstoßen?
­–§173 Absatz 2 Satz 2 StGB
c)Was schützt das juristische Verbot?
Schutzgut ist die Familie bzw. das Familienleben. (Die Gefahr von Missbrauch schwingt
jedoch mit.) Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung werden nicht in § 173 StGB, son­
dern in § 174 ff. StGB geregelt. (Das Bundesverfassungsgericht sieht eine gewisse Plausibilität
schädigender Wirkungen und speziell bei Geschwisterbeziehungen „spezifische familiäre
Ab­hängigkeiten“ sowie „Schwierigkeiten der Einordnung von Übergriffen“ generell als wahr­
scheinlich. Entsprechend legt es § 173 StGB als Opferschutz aus.) Hierzu Punkt 4.2 in dieser
Handreichung.
An dieser Stelle kann die Problematik der juristischen Auslegung angesprochen werden, braucht
jedoch mit Rücksicht auf den Fortgang der Lektüre noch nicht im Detail diskutiert zu werden.
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2.Lochan hat sich über die Rechtslage informiert. Was hat er herausgefunden? Nenne Textstellen.
­–„Solange wir nicht wirklich Sex miteinander haben, haben wir rein technisch gesprochen
kein inzestuöses Verhältnis miteinander.“ (S. 291)
­–„Ich würde automatisch als der Täter angesehen und du als das Opfer.“ (S. 354)
­–„Wenn alles zu hundert Prozent in gegenseitigem Einverständnis geschieht? Wie bei uns?“
[…] „Es wäre immer noch ein Gesetzesverstoß. Es ist immer noch Inzest.“ (S. 355)
Tabitha Suzuma forbidden
• Ein „Expertenteam“ mit dem Arbeitsauftrag zur intensiveren Recherche kann parallel die
ausführliche Diskussion vorbereiten. (hierzu auch Arbeitsblatt 22)
4.„Zwei Tage Freiheit!“ (S. 366) Was beschließen Maya und Lochan?
­–Sie wollen ihre Liebe frei ausleben. „Um zehn Uhr am Samstagvormittag werden wir unser
Dasein als Bruder und Schwester für ein Wochenende an den Nagel hängen und frei sein.
Frei von den Zwängen, die uns an unserer Liebe hindern.“ (S. 367)
­–Sie wollen miteinander schlafen. Sie haben beschlossen, das Verbot zu ignorieren und ihre
eigenen Werte zum Maßstab zu machen.
Arbeitsblatt 19 – LÖSUNGEN
V ierundzwanzigstes und
D er S prung in die T iefe
fünfundzwanzigstes
K apitel :
1.Zusammen mit Lochan erlebt Maya mehr als Sex. Sie fühlt …
­–Glück, Freiheit, Einverständnis, Vollkommenheit. „Noch nie in meinem ganzen Leben habe
ich mich so lebendig gefühlt, so frei und froh.“ (S. 372); „Plötzlich ist es, als wäre alles
Lachen und Glück der Erde hier bei uns, in diesem Zimmer versammelt.“ (S. 376)
­–Zuversicht, dass alles gut wird. „Unsere Liebe, der erste Vorgeschmack unserer Freiheit –
sogar die Sonne scheint ihre Zustimmung herabzusenden –, und endlich spüre ich, dass
zwischen uns alles gut sein wird. Wir werden uns nicht für immer verstecken müssen.“
(S. 376 f.)
b)Was hat dazu geführt, dass Maya und Lochan entdeckt werden?
Kit war in die Wohnung zurückgekommen, weil er an der Schulfahrt nicht teilnehmen durfte;
Lochan hatte seinem Lehrer von seiner Höhenangst erzählt. Kit hat sie im Bett gesehen, und
er hat die Mutter angerufen, weil er wütend auf Lochan war.
c)Was tut ihre Mutter?
­–Sie attackiert Lochan.
­–Sie ruft die Polizei.
3.„Plötzlich weiß ich, was ich tun muss.“ (S. 387)
a)Welchen Plan hat Lochan?
Er will sich als Vergewaltiger verhaften lassen.
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2.„Runter von ihr! Du Bestie!“ (S. 385)
a)Wer steht überraschend im Zimmer?
Ihre Mutter.
Tabitha Suzuma forbidden
b)Welche Gründe hat er für seinen Plan?
Er will Maya schützen, und er will seine Geschwister schützen. „Ich weiß, dass es nur
eine Lösung gibt, nur einen Weg, um Maya und die drei anderen zu retten, damit ihnen
kein Leid geschieht.“ (S. 387); „Einer von uns muss bleiben. Und das bist du –“ (S. 390)
c)Was hält Maya von Lochans Absicht?
Sie sträubt sich dagegen, doch dann willigt sie ein, weil sie Lochans Argumente einsieht.
Arbeitsblatt 20 – LÖSUNGEN
S echsundzwanzigstes K apitel : I n
die
F reiheit …
2.Im Verhör soll Lochan die Wahrheit sagen.
a)Warum bekommt Lochan Zweifel?
Er spürt den Abscheu der anderen. „Vielleicht gibt es auch nicht die eine Wahrheit.
Was für mich Liebe ist, Liebe zu meiner Schwester, ist für sie sexueller Missbrauch, die
sexuelle Nötigung eines minderjährigen Familienmitglieds. Vielleicht stimmt ja beides.“
(S. 415)
b)
„Wann hatten Sie das erste Mal sexuellen Kontakt mit Ihrer Schwester Maya?“
Warum weiß Lochan nicht, wie er auf diese Frage antworten soll?
Er weiß nicht, was gemeint ist; für ihn ist alles zusammen Ausdruck ihrer Liebe.
c)Was ist für Lochan beim Verhör das Schlimmste?
Er wird im Verhör von den Kripobeamten nach allen Details seiner körperlichen Liebe
zu Maya befragt. „[…] es ist unsere Wahrheit, es sind unsere Herzensgeheimnisse, unsere
intimsten Augenblicke, all die unendlich kostbaren, winzigen Einzelheiten unserer kurzen, glücklichen Momente miteinander.“ (S. 421)
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1.Was erlebt Lochan auf der Polizeistation?
­–Er verliert seine Selbstbeherrschung. „Der Schock überwältigt mich, Grauen und blinde Panik breiten sich in mir aus.“ (S. 406)
­–Er fühlt sich allein und entfremdet. „Ich bin für diese Leute nur noch ein Objekt. Ich
bin kaum mehr ein Mensch.“ (S. 408)
­–Er befürchtet, dass sein Plan scheitert und alle dauerhaft unglücklich werden.
­–Er befürchtet, dass seine Geschwister die Version der Polizei glauben. „Wird man sie
so weit bringen, dass sie glauben, ich hätte sie missbraucht?“ (S. 410)
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4.Lochan denkt an Flucht in die Freiheit. Bedeutet Lochans Suizid, dass er aufgegeben hat?
Begründe deine Antwort.
­–Nein. Nachdem er die Lage durchdacht hat (Maya wird die Wahrheit sagen und sich selbst
belasten; Konsequenzen vgl. S. 425 f.), sieht er seinen Suizid als Rettung und Chance für
Maya und seine Geschwister.
­–Er hatte nicht vor, nach draußen zu entkommen (wie der Leser zunächst denkt). Ohne Maya
fühlt er sich, als sei er schon tot: „Das Glas ist wie eine unsichtbare Wand, die mich von
allem absondert, was wirklich und lebendig und zum Überleben notwendig ist.“ (S. 430)
–Sein Suizid ist der ultimative Versuch, Maya und seine Geschwister zu retten. „An welchem
Punkt gibt man auf – an welchem Punkt beschließt man, dass es genug ist? Darauf gibt es
nur eine Antwort. Nie.“ (S. 430)
Arbeitsblatt 21 – LÖSUNGEN
E pilog : M ayas G eschenk
an
L ochan
1.Wie viel Zeit ist seit Lochans Tod vergangen?
Etwa ein Monat ist vergangen.
3.Warum will Maya nicht mehr leben?
­–Sie hat nicht die Kraft, den nicht endenden Schmerz und die Qual, ohne Lochan zu leben,
zu ertragen.
­–Sie meint, dass Willa, Tiffin und Kit ohne sie ein besseres Leben haben werden.
4.Warum ändert Maya ihren Vorsatz, sich selbst auch das Leben zu nehmen?
Als Willa sagt: „Lochie liebt dich! Er will, dass du auch was für ihn machst!“ (S. 442), wird
Maya klar, was Lochan sich von ihr wünschen würde. „Er hat sein Leben hingegeben, um
meines zu retten, um das der Kinder zu retten. Das […] war der Preis, den er zu zahlen bereit
war, damit ich weiterleben konnte, damit ich ein lebenswertes Leben führen konnte. Wenn ich
jetzt auch sterbe, wird sein Opfer umsonst gewesen sein.“ (S. 444)
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2.Wie geht es Maya?
­–Sie ist sich selbst eine Fremde. „Ich sehe so schockierend normal aus, so verstörend alltäglich.“ (S. 433)
­–Sie funktioniert, wie ein Roboter, aber sie fühlt sich selbst wie tot.
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Arbeitsblatt 22 – LÖSUNGEN
V erbote , S chuld
und
V erantwortung
1.Welchen Sinn haben Gesetze?
­–Zusammenleben der Menschen regeln. Wert: Gemeinwohl, gutes Leben für alle
­–Schutz der Persönlichkeitsrechte jedes Einzelnen. Wert: Identität
­–Richtschnur für Konfliktlösungen
2.Welchen Sinn haben Strafen?
Mögliche Antworten:
(a)Genugtuung; Sühne, Vergeltung; das Gleichgewicht der Gerechtigkeit wiederherstellen.
(b) Abschreckung (für Täter: „Denkzettel“, für alle: im Sinne von Rechtsbelehrung, Respekt
vor dem Recht)
(c)gefährliche Täter „wegsperren“, den Täter „bessern“
Strafzwecke laut deutschem Bundesverfassungsgericht:
(a) Vergeltung / Sühne (im Sinne von Tatschuldausgleich)
(b) Prävention / Abschreckung (im Sinne der Erhaltung der Rechtstreue der Allgemeinheit)
(c) R
esozialisierung (Sicherung vor dem Täter, Spezialprävention, Täter-Erziehung)
3.Was ist bei der Beurteilung zu beachten?
­–mildernde Umstände (mangelnde Fähigkeit zur Einsicht; Fahrlässigkeit; Affekt; Notwehr;
Verantwortung / Wahl der Mittel; Zufall)
­–die Situation im Einzelfall
4.Hierzu Punkt 4.2 in dieser Handreichung.
Generell gilt: Rechtsnormen müssen diskutierbar sein. Gesetze, die ihren Strafzweck verfehlen,
müssen revidiert werden.
a)Überprüfe diese Aussagen anhand der Romanhandlung: Haben Lochan und Maya mit oder
ohne Verantwortung gehandelt? Begründe deine Meinung.
­–Sie haben mit sehr viel Verantwortung gehandelt, sowohl gegenseitig als auch der Familie
gegenüber. Sie haben sehr darauf geachtet, dass kein Schaden entsteht, sowohl füreinander
als auch für die Familie.
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Die Vorstellung von Strafe als Sühne und Vergeltung entspricht in der Bevölkerung wohl am
ehesten der allgemeinen Gerechtigkeitserwartung. Anzumerken ist jedoch, dass diese Theorie
auf einem metaphysischen Gerechtigkeitsbegriff beruht, der Interpretationen erlaubt und nicht
primär auf soziale Auswirkungen gerichtet ist. In der Rechtsphilosophie ist das Konzept von
Strafe, insbesondere das Strafziel Vergeltung, sehr umstritten. Die Neurobiologie zweifelt die
Voraussetzung eines „freien Willens“ grundsätzlich an.
Tabitha Suzuma forbidden
­–Sie haben alles richtig gemacht. Das Ausleben ihrer Liebe hat sozialen Schaden überhaupt
erst beseitigt, gerade in Bezug auf das Familienleben. Lochan war auf dem besten Weg,
geheilt zu werden, seine Versagensängste / Sozialphobie zu überwinden. Alle hätten glücklich werden können.
­–Sie haben gegen ein Gesetz verstoßen. Das Verbot war ihnen bewusst, trotzdem haben sie
sich darüber hinweggesetzt.
­–Sie haben ihre eigenen Werte aus gutem Grund über das Verbot gestellt.
Arbeitsblatt 23 – LÖSUNGEN
M oral
und
G ewissen
1.Wer bestimmt, was richtig und falsch ist?
­–Gesetze / Gerichte
­–Sittengesetz; Werte / Moral; Religion
­–Eltern
­–Mehrheit / Allgemeinheit
2.Was ist das Gewissen?
a)Erstelle ein Assoziogramm zu dem Begriff „Gewissen“.
Hilfestellung: „Gewissheit“ – Gefühl – Verstand – Regeln – Werte – Erziehung – Gesellschaft –
Verantwortung – Moral – Über-Ich
4.Wer sich schuldig fühlt, etwas Falsches getan zu haben, bekommt ein schlechtes Gewissen.
Sind Lochan und Maya in einem Gewissenskonflikt? Begründe deine Antwort.
­–Lochan hat zunächst ein schlechtes Gewissen, Maya zu stark an sich zu binden, dadurch
ihr eigenes freies Leben einzuschränken; dies wird von Maya entkräftet. Er nimmt die
(­konstruierte!) Schuld auf sich, jedoch nicht, weil er sie akzeptiert, sondern um seine Familie
zu schützen.
­–Für Maya ist ihre Liebe zu Lochan kein Gewissenskonflikt. Sie denkt und empfindet autonom. Sie bestärkt Lochan darin, dass sie nichts Falsches tun; die ausschließlich positiven
Auswirkungen bestätigen sie darin, richtig gehandelt zu haben.
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b)Beschreibe „Gewissen“ mit deinen Worten.
Mögliche Antwort: Das Gewissen „weiß“ intuitiv, was richtig und falsch ist; als „innere
Stimme“ sagt es, ob man sich falsch verhält, und fordert einen auf, sich richtig zu verhalten.
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Arbeitsblatt 24 – LÖSUNGEN
M oral
und
T abu
1.Was ist ein Tabu, und was drückt es aus? Definiere den Begriff „Tabu“.
­–Etwas, von dem alle wissen, dass es existiert, aber niemand spricht darüber.
­–Vorschriften, die alle einhalten, ohne Fragen zu stellen.
­–Die Leute meinen, es bringt Unglück, es auszusprechen.
­–Ein Tabu bezieht sich auf soziale/moralische Normen und beansprucht allgemeine
Gültigkeit. Es verbietet bedingungslos abweichendes Verhalten. Das mit Tabu Belegte
ist jeglicher rationalen Begründung und Kritik entzogen.
­–Ein Verhaltensverbot; ein striktes No-Go; eine stillschweigende gesellschaftliche sittlich-moralische Übereinkunft.
­–Ein Redeverbot: Ein Thema wird ausgeschlossen, es wird nicht darüber gesprochen, so­gar
darüber nachzudenken ist verboten. Das Thema kommt in der öffentlichen Meinung
nicht vor. Direkte Aussprache des Tabuthemas erzeugt eine emotionale Spannung.
­–Etwas „Dämonisches“, dessen Nähe Gefahr bedeutet. Man schafft Distanz; der/das
Tabuisierte ist wie mit einem Bann belegt, wird stigmatisiert. Das Stigma „begründet“
wiederum das Distanzverhalten.
­–Ein kollektiver Verdrängungsmechanismus, der stark emotional aufgeladen ist. Tabu­
bruch gilt in der Regel als verabscheuungswürdig und lässt keine Toleranz zu.
2.Welchen Sinn hat ein Tabu?
­–Es dient dem Schutz durch Abschreckung: Ein Verhalten gilt als so ungeheuerlich/
schädlich, dass niemand auch nur auf die Idee kommen soll, es auszuprobieren.
­–Es überliefert kulturelle soziale Werte, die sich aus existenziellen Erfahrungen begründen. Es schützt vor gefährlichem Verhalten, das Schaden anrichten würde.
­–Es schafft ein Unrechtsbewusstsein und fördert den Respekt vor dem Sittengesetz.
­–Das intuitiv verankerte Unrechtsbewusstsein trägt zum Erhalt sozialer Werte bei.
­–Die unausgesprochene Übereinkunft fördert das Wir-Gefühl.
­–Diskriminierung von Minderheiten wird zur Pflicht.
­–In Bezug auf moralisch und sozial richtiges Verhalten wird der Mainstream definiert.
Hier sind bewusst auch honorierende Aussagen vertreten: Die Diskussion soll nicht von
vornherein wertend oder polemisch, sondern im Ansatz ergebnisoffen geführt werden.
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Die Ergebnisse können gesammelt und auf einem gemeinsam erstellten Plakat aufgeschrie­
ben werden. Dabei können verschiedene Farben / Markierungen die einzelnen Aspekte ver­
deutlichen.
Tabitha Suzuma forbidden
3.Ein Tabu zu brechen erfordert: Mut, Selbstsicherheit, Autonomie, Freiheit, Zivilcourage
4.Welche Auswirkungen hat ein Tabu? Schreibe Stichworte oder kurze Sätze zu der Grafik.
Anschließend besprich die Antworten in der Gruppe.
­–Schweigen; Denkverbot; keine Möglichkeit zu Kritik / Veränderung
­–Stigmatisierung, Ausgrenzung, Verachtung
­–innere Konflikte (sich selbst etwas verbieten, weil es allgemein als unerlaubt gilt), Scham,
Selbstverletzung (sich selbst für schlecht halten), Isolation
Arbeitsblatt 25 – LÖSUNGEN
G eschwisterliebe
ist verboten
Beurteile auf dem Hintergrund der Romanhandlung die folgenden Aussagen und kreuze an, welche
du zutreffend findest.
Hier sind auch Zustimmungen auf beiden Seiten möglich. Die Stellungnahme dient der
àBesondere Beachtung muss das Argument „mögliche Erbschäden“ finden, das meist als
Hauptgrund für das Verbot genannt wird:
­–Eugenische Aspekte betreffen das Lebensrecht behinderter Kinder allgemein.
­–Wo ist das Schutzgut? Das Risiko, behinderte Kinder zu bekommen, betrifft auch andere
Familien aus anderen Gründen. Das Argument, die Allgemeinheit zu schützen, liefe letztlich
auf Fiskalbelange hinaus.
­–Dem Argument „Risiko der Fortpflanzung“ widerspricht der Umstand, dass § 173 StGB
Tathandlungen Zeugungsunfähiger nicht straflos stellt.
• Was ist nach § 173 StGB für Inzestbeziehungen verboten bzw. erlaubt?
(Strafbar ist nur der Geschlechtsverkehr zwischen Heterosexuellen; straffrei: Beischlaf zwischen
Cousin und Cousine, zwischen Onkel / Tante und Nichte / Neffe, zwischen gleichgeschlecht­
lichen Partnern, zwischen minderjährigen Geschwistern; außer vaginalem Geschlechtsverkehr
alle anderen sexuellen Handlungen. Für die Strafbarkeit spielt keine Rolle, ob ein Partner
unfruchtbar oder sterilisiert ist oder ob Verhütungsmittel benutzt werden. Wird eine Beziehung,
die vor Volljährigkeit beider begonnen hat, fortgesetzt, macht sich ein Partner strafbar, sobald
er/sie achtzehn wird.)
Weitere Aufgaben können angeschlossen werden, auch als Gruppenarbeit, Plenums- oder
Podiumsdiskussion:
• Hat ein moralisches Tabu noch Platz im modernen Strafrecht?
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Positionsklärung. Die Jugendlichen sollen lernen, zu argumentieren und ihre Meinung sinnvoll
zu begründen.
Tabitha Suzuma forbidden
• „Politiker Mustermann will Inzestverbot abschaffen!“ Welche Vorstellung lösen Schlagzeilen
wie diese aus?
• Es gibt politische Initiativen, § 173 StGB abzuschaffen. Wodurch wird die Umsetzung
erschwert?
Arbeitsblatt 26 – LÖSUNGEN
D ie G eschichte
von
L ochan
und
M aya
2.Hat die Lektüre deine Ansicht zu dem Thema verändert? Begründe deine Antwort.
­–z. B. Fazit eines Lesers (Bookilicious, www.buecher.de): „VERurteile nie jemanden, bevor
Du nicht seine Geschichte oder seine Gründe kennst.“
5.Was kann dazu beitragen, dass Geschwister-Liebespaare wie Lochan und Maya glücklich
leben können?
­–Aufklärung
­–offene Gespräche
­–öffentliche Diskussion
­–faire Medienberichte
­–Gesetzesänderung
­–Toleranz
Arbeitsblatt 27 – LÖSUNGEN
Die Aufgaben können wahlweise gestellt und/oder als Hausaufgabe oder in Gruppen ausführ­
licher bearbeitet werden.
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S chreibanlässe
Tabitha Suzuma forbidden
© Oetinger Taschenbuch GmbH, Hamburg, Februar 2014
Alle Rechte dieser Ausgabe vorbehalten
Materialien für den Unterricht
Erarbeitet von Christine Hagemann nach dem Buch
„forbidden: Wie kann sich etwas so Falsches so richtig anfühlen?“ von Tabitha Suzuma
© Originalausgabe: Verlag Friedrich Oetinger GmbH, Hamburg 2011
Einband: Kathrin Schüler
Gestaltung und Satz der Handreichung: FELSBERG Satz & Layout, Göttingen
www.oetinger-taschenbuch.de
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Christine Hagemann, Jahrgang 1957, studierte Theologie, Philosophie und Pädagogik, mit
dem Schwerpunkt Pädagogische Psychologie, für das Lehramt in Münster. Heute ist sie in der
Erwachsenenbildung tätig und arbeitet als freie Autorin.

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