MOTORRADTOUR SCHOTTLAND

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MOTORRADTOUR SCHOTTLAND
MOTORRADTOUR SCHOTTLAND
26.05. – 06.06.2010
Vollmundiger Whisky … Gewaltige Schlösser … Endlose Highlands … Dudelsackmusik …
Als Ende 2009 endgültig feststand, dass uns die Motorradtour im nächsten Jahr in das Land
der Kilts, Clans und Castles führen würde, war die Vorfreude bei mir groß und die
Erwartungen hoch. Doch auf dem Fuße folgte auch schon der erste Dämpfer: Die Kosten für
die Übernachtungen in „Bed and Breakfast“-Unterkünften („B&B“) waren recht hoch.
Außerdem würden uns dort die Kochmöglichkeiten fehlen, die wir in Skandinavien in den
gemieteten Hütten gehabt hatten. Das bedeutete für uns, regelmäßig essen gehen zu müssen,
was auch nicht gerade den Geldbeutel schont. Die Lösung fanden wir in Form von
Jugendherbergen und Backpacker-Unterkünften. Hier konnten wir für die Verpflegung selber
sorgen, und so die Reisekasse schonen. Außerdem beschlossen wir, zum ersten Mal auf
unseren Touren sämtliche Unterkünfte bereits vorab zu buchen. Das beraubte uns zwar der
Flexibilität des Reisens, andererseits ersparten wir uns die Zeit der Quartiersuche, und wir
konnten im Vorfeld bereits die Sehenswürdigkeiten abstecken, die es jeweils vor Ort gab. Wir
waren selbst gespannt, ob uns diese Art des Reisens gefallen würde. Aus verschiedenen
Gründen würden wir „nur“ zwölf Tage unterwegs sein. Als Starttermin wählten wir
Mittwoch, den 26. Mai. Am Sonntag, den 6. Juni wollten wir wieder zu Hause sein. Es folgten
die üblichen Vorbereitungen wie Route planen und Fähre buchen, sowie diesmal eben auch
das aussuchen und buchen der Unterkünfte.
Und als ich am 25. Mai abends von der Arbeit nach Hause kam, konnte ich endlich anfangen
zu packen: Die Tour konnte beginnen!
1. Tag: Mittwoch, 26.05.10
Gibt es etwas schöneres, als am Morgen aufzuwachen, und festzustellen, dass man Urlaub
hat? Ja, das gibt es. Wenn einem nämlich gleich darauf einfällt, das man nicht nur Urlaub hat,
sondern diesen auch noch für eine Reise nutzt. Als ich also an diesem Mittwochmorgen
erwache, und ein paar Sonnenstrahlen durch das nur halb geschlossene Rollo blitzen, da ist es
Augenblicklich da, das gute Gefühl. Duschen, frühstücken, Motorrad beladen, alles erledige
ich mit einem dicken Grinsen im Gesicht. Selbst der mittlerweile bedeckte Himmel kann
meine gute Laune nicht trüben: „Hauptsache trocken“ lautet die Devise, und die
Wettervorhersage hat für heute keinen Regen angesagt.
Um 11:00 Uhr treffen wir uns bei mir. Johannes und Markus sind (natürlich) pünktlich, und
auch sie freuen sich, dass es nach der monatelangen Planung und Vorbereitung nun endlich
losgeht. Über Landstraßen fahren wir Richtung holländischer Grenze. Hier in dieser Gegend
kennen wir uns noch ganz gut aus, und das fahren über die kleinen Nebenstraßen macht viel
mehr Spaß als über die Autobahn. Gemütlich „wedeln“ wir uns ein, aber obwohl wir eine
großen Bogen machen, haben wir recht bald den Grenzübergang erreicht. Bevor wir in
Holland einfahren, tanken wir noch, und machen eine kurze Rast. Laut Internet ist das Benzin
in den Niederlanden mittlerweile teurer als bei uns – eine ungewohnte Sache. Hier an der
Tankstelle bemerke ich auch, dass ich das Kettenspray vergessen habe. Leider haben die hier
keines, so werde ich also in Schottland versuchen müssen, so etwas zu bekommen.
Dann geht es weiter, nun über die Autobahn durch Holland Richtung Amsterdam. Es ist
ziemlich viel los hier auf der Straße, und da es mitten in der Woche ist, sind auch viele LKW's
unterwegs. Zum Glück kommen wir trotzdem gut voran, bis kurz vor Amsterdam ein recht
große Baustelle beginnt. Die zieht sich ziemlich in die Länge, und da wir es nicht eilig haben,
machen wir mittendrin an einer Tankstelle eine kurze Rast. Die Flugzeuge ziehen schon tief
über unsere Köpfe hinweg, Schipohl ist nicht mehr weit, und somit kann es bis zu unserer
Fähre auch nicht mehr weit sein. Markus schaltet jetzt vor der Weiterfahrt sein Navi ein. Somit
haben wir keine Probleme, den Fährhafen zu finden. Schnell noch im Fährbüro die Tickets
besorgen, dann stehen wir um 15:00 Uhr auch schon am Anleger. Aber - wie voll ist das denn
hier? Ich hatte nicht erwartet, dass mitten in der Woche so viele andere Motorradfahrer hier
sein werden. Aber egal, wir reihen uns in die Warteschlange ein, Maschine aus, Helm ab, und
sofort werden wir angesprochen. Genau das mag ich so am Reisen mit dem Moped: Kaum
kommt man zum stehen, ist da auch schon jemand, der einem Fragen stellt nach dem „woher“
und „wohin“. So lernen wir unter anderem vier Pärchen kennen, die zusammen eine Woche
lang Schottland erkunden wollen. Sie haben in Inverness eine Unterkunft gebucht, und
machen von dort aus vier Tage lang jeweils sternenförmig Tagestouren. Zum Abschluss sind
sie noch zwei Tage in Edinburgh, anschließend geht es wieder nach Hause. Bei solchen
Gesprächen vergeht die Zeit wie im Flug, und um 16:15 Uhr rollen wir dann auf das Schiff.
Dort beziehen wir unsere Kabine, und gehen dann an Deck, um unsere mitgebrachte
Verpflegung aufzubrauchen. Die Ausfahrt aus Amsterdam ist unspektakulär. Auf der linken
Seite sieht man jede Menge Industrie, rechts ist ein Badestrand angelegt. Na vielen Dank, hier
möchte ich meinen Badeurlaub nun wirklich nicht verbringen. Anschließend setzen wir uns
auf das Sonnen-deck, das auch heute so heißt, obwohl die Sonne doch mittler-weile gar nicht
mehr scheint. Anfangs ist es noch recht voll hier oben, aber ungefähr eine Stunde, nachdem
wir abgelegt haben, sind wir fast die einzigen hier. Uns ist das Recht. Wir lassen uns den Wind
um die Nase pfeifen, und stoßen mit einem Bier auf eine schöne Tour an. Anschließend
inspizieren wir das Schiff, das sich doch etwas von den Fähren nach Skandinavien
unterscheidet. So hat zum Beispiel unsere Kabine ein, wenn auch kleines, Fenster. Und durch
diesen sehen wir, dass der Himmel aufzuklaren scheint. Die Sonne kämpft sich durch, und als
wir gegen 22:00 in die Kojen gehen, hoffen wir, dass das für Morgen ein gutes Zeichen ist.
Gefahrene Strecke:
Ahsen -> Amsterdam: 246 KM
2. Tag: Donnerstag, 27.05.10
Aufstehen, anziehen, frühstücken, dann an Deck gehen und die Aussicht genießen. Die Sonne
scheint vom blauen Himmel, die Küste ist bereits zu sehen, und langsam fahren wir auf die
Hafeneinfahrt von Newcastle zu. Nun heißt es Sachen packen, die Kabine räumen, hinunter
zum Moped und die Maschine beladen – kurz gesagt: Fähralltag eben. Dann müssen wir
warten. Es sind wohl an die 100 Motorräder, die hier stehen und deren Fahrer und Beifahrer
gemeinsam mit uns darauf warten, dass wir endlich von Bord rollen können. Vorne in der
ersten Reihe steht ein Holländer mit seiner Harley. Er hat einen CD-Player an seinem Moped,
und laut dröhnt jetzt AC/DC's „Highway to hell“ über das Deck. Es sind nicht wenige, die
rhythmisch mitzucken, und beim Refrain singen viele erst leise, dann aber immer lauter mit.
Endlich legen wir an. Aber es dauert noch eine ganze Weile, bis wir Motorradfahrer
schließlich das Schiff verlassen dürfen. Es folgt eine ziemlich penible Passkontrolle, dann sind
wir endlich auf britischen Boden. Wir wollen Newcastle so schnell wie möglich hinter uns
lassen. Aber das ist gar nicht so einfach. Es reiht sich ein Kreisverkehr an den anderen, dabei
müssen wir uns erst einmal daran gewöhne, das wir hier in England ja auf der „falschen“ Seite
fahren müssen. Es herrscht Linksverkehr, und nach den vielen Kreisverkehren kämpfen wir
uns auch noch durch den morgendlichen Berufsverkehr quer durch die Stadt. Aber alles geht
gut, und bald fahren wir über Landstraßen Richtung Schottland. Die Sonne scheint noch
immer, aber je mehr wir nach Norden kommen, umso mehr Wolken zeigen sich am Himmel.
Als wir gegen Mittag die schottische Grenze erreichen, hänge schwarze Wolken sehr tief am
Himmel. Wir machen eine Pause, und nutzen diese, um die Regensachen über zu ziehen.
Dann wagen wir uns weiter, und sind kurz darauf mitten in einen heftigen Platzregen. Zum
Glück dauert der nicht lange, und bald darauf machen wir unsere erste Pause auf
schottischem Boden. In Jedburgh halten wir auf einem Parkplatz, von dem aus wir eine Kirche
und eine Klosterruine gleichzeitig bestaunen können. Beides sieht sehr eindrucksvoll aus,
auch wenn wir wissen, dass es sich gar nicht einmal um besonders berühmte Bauwerke
handelt.
Das Wetter wird jetzt zum Glück wieder besser, und wir fahren weiter. Zunächst auf der 695,
dann wechseln wir auf die 696. Es folgt die 68 bis Galashiels, dort biegen wir ab auf die 72.
Dann geht es weiter über diverse Nebenstraßen, bis wir in Lanark auf die Autobahn Richtung
Glasgow fahren. Hier wird es dann sehr voll. Aber der Weg Richtung Loch Lommond ist
bereits ausgeschildert, und so folgen wir den Verkehrszeichen, bis wir uns in der Nähe des
Sees befinden. An dessen Ostufer haben wir unsere erste Unterkunft gebucht, die
Jugendherberge Rowardennan.
Vorher allerdings machen wir noch in einem kleinen Ort mit Namen Dumbarton eine Pause,
die wir zum Tanken nutzen. Hinter der Tankstelle entdecke ich eine Motorradwerkstatt. Hoch
erfreut will ich die Gunst der Stunde nutzen, und frage dort nach Kettenspray. Zwei
Mechaniker sind dort. Der eine überschüttet mich mit einem Wortschwall, von denen ich
nichts, aber auch wirklich gar nichts verstehe. Dabei hielt ich mein Englisch bisher für gar
nicht mal so schlecht. Bei den anderen, an den ich mich dann Hilfe suchend wende, verstehe
ich immerhin noch „chainspray und „two Pounds“. Ich drücke dem Mann also zwei Pfund in
die Hand, erhalte dafür eine Dose Kettenspray, dann mache ich, dass ich fortkomme. Nicht
gerade ermutigend, meine erste Begegnung mit Schotten.
Von hier aus geht es direkt weiter zum Loch Lommond. Unsere Jugendherberge liegt wirklich
sehr einsam auf der Ostseite des Sees, am Ende einer circa 25 Kilometer langen Sackgasse. Den
ganzen Weg müssen wir morgen auch wieder zurück. Aber wir ärgern uns nicht. Die Sonne
hat sich mittlerweile durchgesetzt, und die Wolken verdrängt. Die Herberge selbst sieht sehr
ansprechend aus, auch das Einchecken erweist sich als äußerst problemlos. Die Verständigung
klappt reibungslos, was aber nicht weiter verwunderlich ist. Da wir ja vorgebucht haben,
brauche ich nur meinen Namen zu sagen, und sogleich können wir auf das Zimmer. Es ist für
acht Personen ausgelegt, und mit uns sind es sieben Männer, die hier schlafen. Ich bin mal
gespannt, wie laut es heute Nacht wird. Aber zunächst müssen wir unsere Betten beziehen.
Dabei lernen wir einen weiteren Gast kennen. Er kommt ebenfalls aus Deutschland, und ist
mit seiner Tochter per Fahrrad hier unterwegs. Er ist ein wenig besorgt. Als „bekennender
Frühaufsteher“, wie er es nennt, befürchtet er, Morgen früh alle hier im Raum zu wecken, und
entschuldigt sich quasi vorab schon mal bei uns. Wir haben aber etwas ganz anderes im Kopf:
Uns knurrt der Magen. Seit dem Frühstück haben wir außer einem Müsliriegel nichts
gegessen. Daher kochen wir uns in der gut ausgestatteten Küche unser Abendessen.
Anschließend gehen wir hinunter zum See, und sitzen zufrieden in der Sonne, die noch einige
warme Strahlen auf uns hinab schickt.
Abwechslungsreich war er gewesen, unser erster Tag hier auf britischem Boden. Wir sind
gespannt, wie es Morgen weitergeht.
Gefahrene Strecke:
Newcastle -> Rowardennan Lodge/Loch Lommond: 338 KM
Unterkunft:
http://www.syha.org.uk/hostels/central/rowardennan_lodge.aspx
3. Tag: Freitag, 28.05.10
Ich werde wach, und schaue auf die Uhr: Was, kurz nach sechs ist es erst? Noch so früh? Dann
fällt mir die Zeitumstellung ein: In Deutschland ist es bereits eine Stunde später. Also stehe ich
leise auf. Frische Wäsche, Handtuch und den Kulturbeutel hatte ich gestern Abend bereit
gelegt, und auf Zehenspitzen verlasse ich das Zimmer Richtung Dusche. Als ich zurück
komme, sind meine beiden Partner ebenfalls schon auf, auch drei der anderen
Zimmergenossen packen bereits ihre Sachen und sind dabei wesentlich lauter, als ich es eben
gewesen bin. Der einzige, der noch tief und fest schläft, ist der bekennende Frühaufsteher.
Ohne sich von dem Krach der anderen stören zu lassen, schlummert er selig vor sich hin. Als
wir kurz darauf das Zimmer Richtung Küche verlasse, dreht er sich noch einmal um, seufzt
zufrieden, und schnarcht leise weiter. So viel zum Thema frühes aufstehen...
Um sieben Uhr sitzen wir drei dann am Frühstückstisch, und lassen uns das selbstgemachte
Frühstück schmecken. Das Wetter ist gut, wie gestern Abend scheint die Sonne, und wir
hoffen auf einen schönen Tag. Anschließend packen wir unsere Sachen (dabei wird dann
endlich auch unser Langschläfer wach), und beladen die Motorräder. Bei dieser Gelegenheit
machen wir dann auch gleich Bekanntschaft mit den „Midgets“. Diese winzigen,
Mückenähnlichen Tierchen sind super nervig. Sie fliegen in die Ohren, in die Nase, in den
Mund, wenn man nicht aufpasst auch in die Augen, krabbeln unter die T-Shirts. Sie sind
einfach ätzend. Ich rette mich in das Haus, ziehe alle Motorradklamotten inklusive Helm an,
und belade so meine Maschine zu Ende. Anschließend sitzen wir auf, und um gerade Mal
halb neun sind wir schon wieder auf der Straße.
Zunächst geht es am See entlang Richtung Süden den Weg von gestern zurück, dann, als wir
das Südufer erreichen, wenden wir uns am Westufer entlang nach Norden. Wir folgen
zunächst der 82, dann der 85, und schließlich wieder der 82. Irgendwo hier werden wir von
dem Schild mit der Aufschrift „Welcome to the Highlands“ begrüßt. Leider wird das Wetter
jetzt schlechter. Die Sonne versteckt sich hinter Wolken, die immer dunkler werden, und
schließlich jede Menge Regen auf uns nieder schütten. So fahren wir durch das verregnete und
Nebel verhangenen „Glen Coe“. Schade, bei Sonnenschein ist es bestimmt super hier. Selbst
jetzt im Regen fasziniert mich diese Landschaft. Auch unsere ersten „Single-Track-Road“
fahren wir jetzt. Bei dem wenigen Verkehr hier ist das allerdings überhaupt kein Problem.
Außerdem haben die Einheimischen dabei viel mehr Routine als wir: Kaum haben wir ein
entgegenkommendes Fahrzeug erspäht, hält das auch schon an, und wir können weiter
fahren. So kämpfen wir uns durch bis zu einem Kaff namens „Onich“. Dort wollen wir die
Fähre hinüber nach „Corran“ nehmen, das in Sichtweite nur einen Steinwurf weit entfernt ist.
Zuvor allerdings wollen wir uns an dem kleinen Fähranleger stärken, und entern die
Imbissbude, die dort steht. Aber wir haben Pech: Der Laden hat gerade keinen Strom. Es gibt
keine Pommes, keine Hot Dogs, keine Hamburger. Auch Kaffee oder Cappuccino bekommen
wir nicht. Eine warme Cola und ein Schokoriegel, mehr kann uns die junge Frau dort nicht
anbieten. Besser als nichts, sagen wir uns, und nehmen, was wir bekommen können. Danach
geht es auf die Fähre, die vielleicht gerade mal drei Minuten für das Übersetzen benötigt.
Dann geht es über Nebenstraßen und fast immer am Wasser entlang bis nach Mallaig. Der
Regen war in den letzten Stunden unser ständiger Begleiter, und auch auf der Fähre hinüber
nach Armadale auf der Isle of Skye bleibt er uns treu. Es regnet zwar nicht besonders stark,
dafür aber ausgiebig, und wir sind froh, als wir gegen 18:00 Uhr das Örtchen Portree
erreichen. Hier haben wir für zwei Nächte eine Unterkunft in einem Backpacker Hostel
gebucht, dem „Bayfield Backpacker“. Ein schönes Haus ist das, und Murdo, der Besitzer, mit
dem ich beim Buchen über das Internet bereits einigen Mailkontakt hatte, stellt sich als ganz
entspannter Typ heraus. Wir sind in einem fünf Bett Zimmer untergebracht, und teilen uns
dem Raum mit einem Ehepaar aus Frankreich. Die beiden sprechen so gut wie kein Englisch,
auch kein Deutsch, und da wir wiederum kein Französisch beherrschen, beschränkt sich die
Konversation auf ein freundliches „hello“. Sie sind ein wenig älter als wir, und im Gegensatz
zu uns nur für eine Nacht hier.
Der Regen hat mittlerweile aufgehört, und wir nutzen das, um uns den Ort anzusehen. An
diesem Wochenende ist hier ein Festival für Fiedel und Akkordeon, und aus fast jedem Haus
ist Livemusik zu hören. Wir finden einen Supermarkt, der noch auf hat, und decken dort
unseren Bedarf für den morgigen Tag. Den wollen wir nutzen, und eine Rundtour hier auf
Skye machen. Zurück in unserer Unterkunft gönnen wir uns noch ein Bier, und besprechen,
welche Route wir Morgen über die Insel nehmen wollen. Relativ früh gehen wir dann
schlafen, auch unsere Zimmergenossen liegen bereits in den Kojen, und ich freue mich auf
Morgen und den Tag hier auf der Isle of Skye.
Gefahrene Strecke:
Rowardennan Lodge/Loch Lommond -> Portree/Isle of Skye: 326 KM
Unterkunft:
http://www.skyehostel.co.uk/
4. Tag: Samstag, 29.05.10
Wir stehen früh auf, denn für heute haben wir so einiges geplant. Zunächst wollen wir uns die
„Talisker Destillery“ ansehen, dann das „Dunvegan Castle“. Anschließend wollen wir zum
„Skye Museum of Island Live“ fahren. Zum Abschluss des Tages haben wir Abstecher zum
„Kilt Rock“ und zum „Old man of storr“ geplant. Volles Programm also. Leider regnet es in
Strömen, so dass wir uns beim frühstücken viel Zeit lassen. Schließlich, als der Regen soweit
nachgelassen hat, das er nur noch ein leichtes tröpfeln ist, machen wir uns auf den Weg.
Als erstes steuern wir also die Talisker Destillery an, der einzigen Whisky Destillery hier auf
der Insel Skye. Das Hallenähnliche Gebäude macht von außen keinen besonders
ansprechenden Eindruck. Das ändert sich aber schlagartig, als wir den Eingangsraum
betreten: Viel Licht, helles Holz, einige Sitzgelegenheiten sowie Glasschaukästen mit einer
kurzen Geschichte der Destillery heißen uns „Willkommen“. Fünf Pfund kostet es, an einer
Führung teilzunehmen. Und wer anschließend eine 0,7 Liter Flasche Talisker kauft, bekommt
drei Pfund davon angerechnet. Natürlich wollen wir an einen geführten Rundgang
teilnehmen. Unsere Jacken und Helme können wir freundlicherweise an der Kasse ablegen,
und schon folgen wir mit einigen anderen einer jungen Frau, die uns ungefähr eine halbe
Stunde lang durch die verschiedenen Abteilungen führt. Immer wieder erklärt sie uns, dass es
wichtig ist, den Whisky regelmäßig zu probieren. Nur so lasse sich feststellen, ob die Qualität
gleichbleibend gut ist. Sie selbst mache das natürlich berufsbedingt auch, denn es ist ja „part
of my job“, wie sie zur Belustigung der Besucher alle paar Minuten betont. Hier herrscht
absolutes Fotografierverbot. Lediglich im Keller, wo einige Fässer lagern, dürfen Fotos
gemacht werden. Nach der Führung landen wir dann im Verkaufsraum, und hier verschlägt
es mir erst einmal die Sprache: Es ist kaum zu glauben, was die hier für eine Flasche Whisky
haben wollen. Sogar mit unserem Gutschein über drei Pfund ist es uns zu teuer. So sehen wir
uns nur etwas um, und steigen dann wieder auf unsere Maschinen.
Der Regen hat aufgehört, und gut gelaunt lenken wir unsere Vorderräder Richtung Dunvegan
Castle. Wir haben einige Bilder gesehen von diesem Schloss, das sehr schön am Loch
Dunvegan gelegen ist. Insgeheim hoffe ich darauf, dass wir auch eine Bootstour auf dem
Wasser machen können. Der Blick von dort auf das Schloss soll wirklich atemberaubend sein.
Als wir auf den Parkplatz rollen, haben wir gleich doppelt Pech: Zum einem setzt wieder der
Regen ein, zum anderen scheint hier eine Art Volkslauf stattzufinden. Es ist richtig voll hier,
und wir bekommen erst nach langer Suche einen Parkplatz. Den Menschenauflauf lassen wir
links liegen und machen uns zu Fuß auf in Richtung Schloss. Doch bereits an der Kasse
erwartet uns die nächste Enttäuschung. Die Fassade des Gebäudes wird renoviert, und ist
daher zum größten Teil mit einer Plane verdeckt. Die Kassiererin versucht, uns wenigstens
Karten für den Garten zu verkaufen, „it's realy very nice“, behauptet sie. Aber im Regen
spazieren gehen? Nein, dazu haben wir wirklich keine Lust. So gehen wir zurück zum
Parkplatz, und setzen uns auf die Motorräder. Ein kleiner, englischer Oldtimer steht da, und
wartet, dass er in unsere Parklücke fahren kann. Er hat ein deutschen Nummernschild mit
„MK“, und der Fahrer begrüßt uns mit einem freundlichen „Hallo Nachbarn“. Na ja, hier von
Schottland aus gesehen hat er sicherlich Recht. Er ist mit seiner Frau unterwegs, und verbindet
diese Urlaubsreise mit dem Kauf von Ersatzteilen für seinen britischen Sportwagen. Seine
Frau bleibt während unseres Gesprächs lieber im Auto sitzen. Klar, da wird sie wenigstens
nicht nass.
Wir fahren weiter Richtung Norden. Hier sind die Straßen fast ausschließlich Single Track
Roads, aber es ist so wenig Verkehr, dass wir sehr gut vorwärts kommen. Trotz des Regens
und des dunklen Himmels sind die Aussichten teilweise sehr spektakulär. Immer wieder
halten wir an, um Fotos zu machen. So auch in der Nähe von Uig, wo gerade die Fähre zu den
Äußeren Hebriden startet. Was muss das erst für ein Anblick sein, wenn hier die Sonne
scheint. Murdo, unser Vermieter, hatte uns gestern Abend erzählt, das am letzten
Wochenende hier Sommer geherrscht hatte. Blauer Himmel und Temperaturen jenseits der 20
Grad Marke. Schade, dass das Wetter nicht noch ein paar Tage gehalten hat.
So kommen wir schließlich zum „Skye Museum of Island Live“. Auf dem ersten Blick eine
herbe Enttäuschung. Drei Häuser stehen hier, davor und daneben jede Menge
landwirtschaftliche Geräte, die wir auch von zu Hause kennen. Zu unserer Enttäuschung trägt
sicherlich auch der Regen bei, der uns nun schon seit längerer Zeit verfolgte, und zum
Dauerregen geworden ist. Wir verzichten jedenfalls auf eine kostenpflichtige Besichtigung.
Kurz beratschlagen wir uns, dann beschließen wir, auf direktem Weg zurück in unser Hostel
zu fahren. „Kilt Rock“ und den „Old man of storr“ fahren wir gar nicht mehr an. In Portree
angekommen, ziehen wir uns erst einmal trockene Sachen an. Während wir einer heißen Tasse
Tee im Aufenthaltsraum sitzen, hört auch der Regen auf, und wir nutzen die Zeit, um im
Supermarkt einzukaufen. Anschließend wird gekocht, und nach dem Essen machen wir noch
einen ausgedehnten Spaziergang durch die Stadt. Auch heute ertönt aus fast jedem Haus LiveMusik. Wir gehen in einen der Pubs, und genießen die Musik bei einem Bier. Hier ist es richtig
laut und voll, und wir saugen die Atmosphäre in uns auf. Später, zurück im Hostel,
besprechen wir noch die Route für den Morgigen Tag. Wir werden die Isle of Skye verlassen
und Richtung Norden fahren. Hoffentlich wird dort auch das Wetter besser!
Gefahrene Strecke:
Rundtour Isle of Skye: 162 KM
5. Tag: Sonntag, 30.05.10
Obwohl ich wieder früh aufgestanden bin, klappt es mit dem duschen heute Morgen nicht
ganz so reibungslos. Das Hostel ist wohl ausgebucht, und vor den Duschräumen steht bereits
eine Schlange. Also wird heute zuerst gefrühstückt, und anschließend geduscht.
Gegen 9:30 Uhr starten wir. Das Wetter ist bewölkt, aber trocken, und voller Zuversicht
verlassen wir die Insel über die Skye-Bridge. Diese ist, entgegen Gerüchten und
Befürchtungen, Maut frei. Wir nehmen freiwillig einen kleinen Umweg in Kauf, denn wir
wollen uns das „Eilean Donan Castle“ ansehen. Hier wurde der Film „Highlander“ gedreht,
und dementsprechend voll ist es. Aber es entpuppt sich als wirklich sehenswert. Bereits auf
dem Parkplatz schlägt es mich in seinen Bann. Passend zur guten Stimmung lösen sich auch
die Wolken mehr und mehr auf. Über einen Zuweg gelangen wir zur Burg, und sehen sie uns
von innen an. Leider ist in fast jedem Raum das fotografieren verboten, zum Teil wacht sogar
Personal darüber, das sich die Touristen daran halten. Schade eigentlich, hier könnte man so
manchen Schnappschuss machen.
Nach fast einer Stunde Aufenthalt fahren wir weiter. Die Sonne hat sich jetzt durchgesetzt,
und scheint nun vom fast blauen Himmel. Wir fahren Richtung Norden, unser nächstes Ziel
heißt „Ullapool“. Über Nebenstraßen und die uns mittlerweile vertrauten Single-Track-Roads
gelangen wir dort hin. Von hier aus geht auch eine Fähre auf die Insel Lewis, die ebenfalls zu
den Äußeren Hebriden gehört. Wir allerdings interessieren uns zunächst mehr fürs Benzin.
Anschließend gönnen wir uns im „The Chippy“ noch eine Portion Fish & Chips. Der folgende
Verdauungsspaziergang führt uns dann zum Hafen. Im Augenblick liegen hier allerdings nur
kleine Boote. Uns ist das egal, wir wollen ja sowieso nicht mit der Fähre weiter. Stattdessen
fahren wir jetzt in östlicher Richtung. Und kommen in eine Landschaft, wie ich sie mir unter
dem Begriff 'schottische Highlands' immer ausgemalt habe. Grandiose Aus- und Fernsichten
bieten sich uns, und häufig halten wir an, um Fotos zu machen, und diese Landschaft in uns
aufzunehmen. Zwischendurch gibt es immer wieder eine von diesen typisch britischen, roten
Telefonzellen, die einsam und verlassen mitten in der Pampa steht. Wer von hier aus wohl
telefoniert?
Unser Ziel ist Culrain, und von Osten kommend, hätten wir ohne Navi sicherlich viel länger
bis dahin gebraucht. Die kleinen Straßen, die wir benutzt haben, waren in unseren Karten
größtenteils gar nicht verzeichnet. Auch Straßenschilder sind hier eher eine Seltenheit. In der
Nähe der Stadt steht „Carbisdale Castle“, ein Schloss, in dem heute eine Jugendherberge
untergebracht ist. Als wir es gegen 18:00 Uhr erreichen, sind wir alle sofort hellauf begeistert.
In der riesigen Empfangshalle stehe jede Menge Statuen, unser Zimmer ist richtig groß mit
bodentiefen Fenstern, vor denen ein gemütliches Ledersofa steht. Auch einen „ghostroom“
gibt es hier. Dieser ist jedoch zurzeit geschlossen, dort kann nicht übernachtet werden. Wir
duschen, und gehen dann in die Küche für Selbstversorger. Auch hier ist alles sehr großzügig
dimensioniert. Nach dem Essen drehen wir zu Fuß noch eine Runde um das Schloss. Hier
werden wir zwei Nächte bleiben. Morgen wollen wir einen Ausflug zur Küste machen. Zum
Abschluss des Tages sitzen wir in dem riesigen Aufenthaltsraum, studieren die Karte, und
legen die Route für den morgigen Tag fest. Dann genießen wir noch eine Zeitlang das
Panorama, das sich uns aus den großen Fenstern bietet. Schon jetzt ist uns klar: Das hier ist
wohl einer der besten Unterkünfte, die wir auf unseren Touren bisher hatten.
Gefahrene Strecke:
Portree/Isle of Skye -> Culrain/Carbisdale Castle: 274 KM
Unterkunft:
http://www.syha.org.uk/hostels/highlands/carbisdale_castle.aspx
6. Tag: Montag, 31.05.10
Zwar haben wir die Vorhänge vor unseren Fenstern zugezogen, trotzdem dringt das
Tageslicht in unser Zimmer. Der erste Ausblick ist allerdings enttäuschend: Nichts ist mehr zu
sehen von der schönen Fernsicht gestern Abend. Das Schloss ist in eine dicke Nebelwand
eingehüllt, und wir hoffen, dass die sich bald auflösen wird.
Zunächst jedoch wird gefrühstückt. Auch andere Gäste sind hier, aus ganz Europa sind sie
angereist. Wir sprechen mit ein paar Jungs aus Deutschland. Bis Edinburgh sind sie geflogen,
haben sich dort einen Mietwagen genommen, und fahren nun für eine Woche kreuz- und quer
durch das Land. Eine Gruppe Fahrradfahrer ist aus dem Süden Englands da. Sie sind über
Wales und England hier hinauf bis Schottland gefahren, als geführte Tour. Es herrscht ein
strenges Reglement in der Gruppe, wer nicht mehr kann, wird in eines der Begleitfahrzeuge
verfrachtet. Nichts und niemand darf den Terminplan aufhalten.
Nach dem Frühstück (und dem spülen ;-) ) setzen wir uns auf die Motorräder. Der Nebel hat
sich mittlerweile aufgelöst, und die Sonne grüßt vom blauen Himmel. Es verspricht ein
schöner Tag zu werden. Wir fahren über Single-Track-Roads zunächst auf der 836, später
dann die 838 Richtung Norden. Wie gestern gibt es unterwegs immer wieder grandiose
Aussichten. Und auch die Anzahl der Schafe rechts und links der Straße nehmen zu.
Gefährlich sind besonders die jungen Tiere: Wenn wir mit unseren Maschinen vorbeifahren,
wollen sie immer zu ihrer Mutter. Ganz gleich, ob die nur zwei Meter weiter steht, oder auf
der anderen Straßenseite – die kleinen Schäfchen laufen einfach los. Hier heißt es gut
aufzupassen.
Gegen Mittag erreichen wir die Küste bei Eriboll. Das erste, was wir hier sehen, ist ein hoher,
flacher und stehender Stein mit einem keltischen Knoten darauf. Kein Hinweis, was er
bedeuten soll, oder wann und wie er hier hin kam, er steht einfach so da. Ein Blick auf unsere
Karte zeigt uns dann ganz in der Nähe ein Städtchen namens Tongue. Dieses wird sogar als
Insider-Tipp betitelt. Aber wir finden dort nichts außer ein paar Wohnhäusern, das
„besondere“ bleibt uns verborgen. Dafür entdecken wir bei der weiteren Fahrt der Küste
entlang nur ein paar Kilometer weiter eine „Traumbucht“: Weißer Sand, türkises Wasser, das
ganze eingerahmt von markanten, grün überwucherten Felsen – wir fühlen uns fast in den
sonnigen Süden versetzt. Wassertemperatur haben wir allerdings nicht überprüft... :-)
Wir fahren noch ein Stück die Küste entlang, bevor wir uns bei Bettyhill nach Süden wenden.
Wieder sind es die Single-Track-Roads, die uns zurück nach Culrain bringen. Und wieder
haben wir unterwegs jede Menge wunderbarer Aussichten. Gut, das ich mir vor dem Urlaub
eine größere Speicherkarte für meine Kamera gekauft habe. Bevor wir jedoch zu „unserem
Schloss“ zurück kehren, halte ich noch kurz am hiesigen Postamt an. Mein Vater ist
leidenschaftlicher Briefmarkensammler, und ich möchte ihm einige Stücke hier aus Schottland
mitbringen. Also erkläre ich dem Mann hinter dem Schalter mein Anliegen. Er mustert mich
kurz, und fragt dann: „Bist Du aus Deutschland?“ Als ich dies bejahe, holt er aus einer
Schublade einen ganzen Stapel Briefmarken, sucht kurz, und hält mir dann einige Stücke
unter die Nase mit dem Hinweis: „Hier sind einige ganz wunderbare Marken mit Motiven aus
dem Krieg“. Überrascht schaue ich den Mann an. Er meint es wirklich gut mit mir, ohne
Hintergedanken, er glaubt ganz einfach, dass alle deutschen kriegsbegeistert sind. Ich mache
ihm klar, das dem ganz und gar nicht so ist, kaufe ein paar neutrale Marken, und verlasse
dann ziemlich nachdenklich das Postamt. Es ist schon interessant zu erfahren, was andere von
uns deutschen so denken.
Am Abend sind wir dann zurück in der Jugendherberge. Zeitgleich mit uns erreicht ein Bus
die Burg: „Haggis Adventure Tours – wild and sexy“ steht mit großen Buchstaben darauf. Na
ja, „wild“ präsentieren sich die ausschließlich jungen Leute dann auch tatsächlich, nämlich in
der Selbstversorger-Küche: Sie verschmutzen alles, machen aber nichts sauber. Nur gut, dass
wir uns bereits kurz vor ihnen unserer Abendessen zubereitet haben, und somit noch sauberes
Geschirr bekommen haben.
Zum Abschluss des Tages genießen wir aus den großen Panoramafenstern dann einen
spektakulären Sonnenuntergang. Selbst das Personal von der Burg steht staunend da, und
bewundert diesen Anblick. Dann brauchen wir „Touris“ uns unserer offenen Münder ja nicht
schämen!
Gefahrene Strecke:
Rundtour Culrain -> Atlantik- (Nord-) küste -> Culrain: 256 KM
7. Tag: Dienstag, 01.06.10
Aufstehen, duschen, frühstücken, Sachen packen, Motorrad beladen – routiniert und souverän
erledigen wir unsere morgendlichen Aufgaben. Bevor wir dann abfahren, macht ein anderer
Gast der Jugendherberge noch ein paar Fotos von uns, und dann sind wir auch schon
unterwegs.
Zunächst geht es Richtung Osten. Wir wollen zur Küste, und dann weiter Richtung Süden bis
Inverness. Gemütlich rollen wir dahin, heute Morgen sind die Ausblicke nicht ganz so
spektakulär wie gestern. Inverness liegt am nördlichen Ufer des Loch Ness, des wohl
bekanntesten Sees in Schottland. Kurz überlegen wir, Nessi einen Besuch abzustatten,
entschließen uns dann aber doch dazu, der 96 weiter Richtung Osten bis Elgin zu folgen. Dort
biegen wir ab auf die 941 Richtung Süden, und befinden uns kurz darauf auf dem Malt
Whisky Trail. Kurz hintereinander finden wir Hinweise auf Destillerien, die man besichtigen
kann. Die meisten Namen sagen uns allerdings nichts, erst bei GlenGrant legen wir einen
Stopp ein. Diese Destillery ist nicht nur für seinen Whisky bekannt, und schon der Probierund Verkaufsraum macht optisch eine Menge her. Sehenswert ist auch der Garten, der hier
rund um die verschiedenen Gebäude angelegt wurde. Eine Führung mit anschließender
Whiskyprobe lehnen wir allerdings ab. Wir wollen weiter zu The MacAllan, einer weiteren
Destillery ganz hier in der Nähe. Im Internet haben wir immer wieder positives über einen
Rundgang dort gelesen. Also fahren wir nur wenige Kilometer weiter, und melden uns für
eine Führung an. Oder besser gesagt, wir versuchen es. Zwar sind außer uns nur fünf andere
Besucher anwesend, aber da wir nicht vorreserviert haben, dürfen wir nicht an der
Besichtigung teilnehmen. Etwas irritiert sind wir schon, und verlassen diesen Laden schon
nach kurzer Zeit wieder. Auf dem Weg nach Aberlour, unserem heutigem Tagesziel, sehen
wir dann noch einen Abzweig zur Destillery Glenfiddich. Kurz entschlossen biegen wir ab,
und stehen bald darauf im Empfangsraum. Wir fragen nach einer Besichtigung, und finden
uns kurz danach in einem kleinen Kino wieder, in dem ein Film über die Firmengeschichte
seit der Gründung im Jahre 1887 bis heute gezeigt wird. Über Kopfhörer kann jeder seine
Sprache auswählen, und so problemlos den Erläuterungen folgen. Anschließend werden wir
über das Gelände und durch verschiedene Gebäude geführt, und erhalten ausführliche
Informationen über die Whisky-Herstellung. So fertigt Glenfiddich auch heute noch
Eichenfässer für die Lagerung selber und von Hand an – in kleiner Stückzahl natürlich, aber
immerhin. Zum Schluss werden wir noch in einen Raum geführt, in dem wir die Möglichkeit
haben, drei verschiedene Sorten von Glenfiddich zu probieren: Den 12, den 15 und den 18
jährigen Whisky. Wir nippen jeweils nur ein wenig, sind uns aber alle drei einig: Der 15jährige Solera schmeckt uns am besten! Beim anschließenden Rundgang durch den Shop
entdecken wir dann noch ein besonders edles Tröpfchen: Einen „GLENFIDDICH 50 YEARS
OLD Single Malt Scotch Whisky“ zum Preis von schlappen 10.000 Pfund. Auf unsere Frage,
wer denn so etwas kauft, wird uns erklärt, dass im Schnitt eine Flasche pro Woche davon über
den Tisch geht...
Weiter geht unsere Fahrt Richtung Süden bis zum Örtchen Aberlour. Hier haben wir ein B&B
gebucht, Norlaggan heißt es, und Ken, der Besitzer, führt uns in ein gemütliches kleines
Dachzimmer. Wir können unsere Motorräder hinter dem Haus auf dem angeschlossenen Hof
parken, und machen uns dann auf, nach etwas essbaren zu suchen. Unsere erste Anlaufstelle
ist die Whisky Bar „The Mash Tun“, dort allerdings werden wir gleich wieder hinaus gebeten.
Kein Tisch sei frei, sagt uns die Bedienung, alles ist reserviert. Nachdem wir etwas weiter
gesucht haben, finden wir schließlich einen Pub, in dem wir richtig gut essen können, und das
auch zu vernünftigen Preisen. Ein paar Meter weiter ist ein Supermarkt, in dem wir
anschließend noch ein paar Kleinigkeiten einkaufen. Zurück in unserem B&B gehen wir in den
Aufenthaltsraum, wo sich auch bald unser Vermieter einfindet. Wir haben von TheMacAllan
und Glenfiddich ein paar kleine Probeflaschen mitgebracht, die wir nun probieren wollen.
Ken verschwindet kurz nach nebenan, und kommt dann mit einem Wasserglas zurück, gut
halbvoll gefüllt mit Whisky. Er erzählt uns einiges über Whisky, den Ort Aberlour und auch
von der hiesigen Destillery. Außerdem hat er bei YouTube einige selbstgedrehte Videos
hochgeladen, die er uns nun stolz vorführt (http://www.youtube.com/user/ norlaggan). Er hat
richtig Spaß, zumal wir uns auch geduldig alles ansehen und anhören. Stolz präsentiert er uns
schließlich eine Besonderheit: Die Glenfiddich-Destillery hat zum 105. Geburtstag der Enkelin
des Unternehmens-Gründers eine Sonderedition aufgelegt: 200 Flaschen Jubiläums-Whisky
wurden ausgegeben - und Ken hat zwei davon. Natürlich sind die noch zu. Und natürlich will
er auch keine abgeben. Obwohl ein Amerikaner ihm im letzten Jahr bereits 4.000 Dollar für
eine Flasche geboten hat. Zwischendurch checkt noch ein Ehepaar aus Frankfurt ein, das sich
aber recht schnell zurückzieht. Bei uns wird es fast elf Uhr, bis wir in unsere Betten kommen.
Aber nicht zuletzt dank der kleinen Probefläschchen schlafen wir recht schnell ein. Und ich
glaube, auch Ken schläft gut, schließlich er sein Wasserglas noch zweimal nachgefüllt…
Gefahrene Strecke:
Culrain -> Aberlour: 184 KM
Unterkunft:
http://www.norlaggan.co.uk/
8. Tag: Mittwoch, 02.06.10
Die erste Nacht in einem B&B haben wir gut geschlafen. Morgens nach der Dusche gehen wir
hinunter in den Aufenthaltsraum, wo uns Ken bereits erwartet. Mit einer Kochschürze um den
Bauch sieht er fast wie ein Fernsehkoch aus, und ganz professionell fragt er uns, ob wir ein
„full english breakfirst“ haben möchten. Wir entscheiden uns dafür, es bei Toast, Ei und
Schinken zu belassen, und kurz darauf planen wir zufrieden kauend den heutigen Tag. Ziel ist
das Städtchen Pitlochry, wo wir uns in der Jugendherberge einquartieren wollen. Kurze Zeit
später erscheint auch das Ehepaar aus Frankfurter, das gestern Abend noch spät eingecheckt
hatte. Heute Morgen sind die beiden um einiges gesprächiger als am Vortag, und als wir
erfahren, das sie gerade von einem Whisky-Festival auf der Isle of Islay kommen, und den
Kofferraum voller Whiskyflaschen haben, entsteht sofort ein interessantes Gespräch über das
„Wasser des Lebens“, wie Whisky aus dem gälischen übersetzt heißt. Auch Ken setzt sich
wieder zu uns, diesmal allerdings mit einem Tee- statt einem Whiskyglas. So erfahren wir so
einiges über die Herstellung des Whiskys. Und so ganz nebenbei auch, dass hier in Aberlour
die Destillery etwas ganz besonderes sein soll. Die dortige Verköstigung gilt schon fast als
legendär: Sechs verschiedene Sorten gilt es zu probieren, und wohl noch niemanden ist es
gelungen, ohne leichte Schräglage das Gelände wieder zu verlassen. Obwohl wir letztere
Aussagen von Ken nicht ganz wörtlich nehmen, wollen wir dieser Lokalität heute auf jeden
Fall noch einen Kurzbesuch abstatten.
Zunächst heißt es jedoch packen und Abschied nehmen: Von dem Frankfurtern, die so
herrlich über Whisky erzählen konnten, und natürlich von Ken, unserem Gastgeber. Wer mal
hier in der Gegend ist, dem kann ich „Norlaggan B&B“ auf jeden Fall empfehlen. Wir holen
die Motorräder aus dem Hof, und starten dann Richtung Süden. Weit brauchen wir bis zur
ersten Pause allerdings nicht warten. Schon am Ortsausgang halten wir an, und werfen einen
Blick auf die bereits erwähnte Aberlour Destillery. Eine Besichtigung wollen wir nicht
machen, uns aber den Verkaufsraum mal ansehen. Dort ersteht Johannes dann ein Flasche
Whisky, die ihm vom Verkäufer empfohlen wird, sowie zwei Original Aberlouer Nosing
glasses. Diese sind aufgrund ihrer besonderen Form bestens für den Genuss von Whisky
geeignet. Und da ich gerade daneben stehe, kaufe ich auch zwei von diesen Gläsern. Jetzt
heißt es nur noch, diese auch heile bis nach Hause zu bekommen.
Zurück bei den Mopeds auf dem Parkplatz noch eine kleine Episode: Gerade fährt ein Wagen
mit englischen Nummernschild vor, zwei Frauen sind da drin. Sie parken rückwärts ein, und
beim zweiten Male klappt das auch. Die beiden steigen aus, und wir machen uns auf Deutsch
ein bisschen lustig über die Parkkünste von Frauen. Da sagte die eine der beide doch
tatsächlich „Immer die blöden Kommentare von den Kerlen. Können die nicht einfach ihre
Klappe halten“. Und das auch noch einem schönen, breiten Bayerisch. Ein wenig verdutzt
schauen wir drei uns an, was wiederum die beiden Frauen amüsiert. Des Rätsels Lösung: Es
sind zwei Deutsche aus Bayern, und hier in Schottland mit einem Leihwagen unterwegs. Wir
nehmen uns vor, in Zukunft ein wenig vorsichtiger mit unseren Äußerungen zu sein, auch
wenn wir glauben, „unter uns“ zu sein.
Dann geht es aber endlich weiter auf unserer Tour. Wir halten uns Richtung Süden. Neben
mehreren kleinen Pausen haben wir auch einen größeren Zwischenstopp geplant: Schloss
Balmoral, der Sommersitz der Queen. Brav wie wir sind, parken wir auf dem offiziellen
Parkplatz. Von dort aus ist es noch ein strammer Fußmarsch bis zum Eingang des
Schlossparks. Dort angekommen sehen wir, dass es hier direkt am Tor einen kleinen Parkplatz
für Motorräder gibt. Na toll, wieso sagt uns das keiner??? Wir zahlen Eintritt und laufen
anschließend durch den Park, der das Schloss umgibt. Endlich stehen wir vor dem
Schlossgebäude, und ... sind enttäuscht. Das ist nicht das, was wir uns unter einem Schloss
vorstellen, in dem die britische Königin den Sommer verbringt. Relativ klein, und kein
bisschen repräsentierend wirkt es auf mich. Auch im Inneren bessert sich der Eindruck nicht.
Das, was wir zu sehen bekommen, haut mich nicht von Stuhl. Ein wenig enttäuscht machen
wir uns auf den Rückweg zu unseren Motorrädern. Die Aristokratie ist auch nicht mehr das,
was sie mal war...
Wir setzen unseren Weg Richtung Süden fort, und erreichen bei gutem Wetter am frühen
Nachmittag das Örtchen Pitlochry. Hier haben wir eine Übernachtung in der Jugendherberge
gebucht. Aber es ist gar nicht so einfach, diese zu finden. Irgendwann geben wir es auf, und
fragen an einer kleinen Straßenkreuzung eine Frau, die gelangweilt am Gartenzaun steht. Sie
guckt uns an wie Außerirdische, und zeigt dann die Straße rechts entlang. Dort geht es für
ungefähr dreißig Meter recht steil bergauf, und dort oben thront sie, die Herberge. Wir haben
quasi direkt davor gestanden. Kein Wunder, das die Frau uns für blind hielt. Wir fahren den
Weg hinauf, und genießen zunächst einmal den Ausblick auf den Ort, den man von hier oben
hat. Einfach schön. Leider können wir noch nicht das Zimmer beziehen. Erst ab 18:00 Uhr ist
das möglich. Also schlagen wir hier oben die Zeit ein wenig tot mit Tagebuch schreiben und
Touren für den nächsten Tag planen, bis wir endlich einchecken können. Der Herbergsvater
erklärt uns auf Englisch die Hausordnung, und etwas mühsam können wir ihm folgen. Als
alles geklärt ist, sagt er zum Abschluss: „Ach überings, wir hätten uns auch auf Deutsch
unterhalten können, ich komme aus Bayern“. Na super, und dafür hören wir uns einen
Knoten in die Ohren. Ich unterdrücke einen Fluch, und dann bringen wir unsere Sachen auf
das Zimmer. Oha, hier ist es aber eng. Acht Betten sind hier, eine Toilette mit
Waschgelegenheit sowie eine Dusche gehören noch dazu. Es ist kaum Platz für das Gepäck,
einen Teil lege ich an das Fußende meines Bettes. Anschließend gehen wir hinunter in den
Ort. Wir schlendern durch die Straßen, und kaufen im Supermarkt noch für unser Abendessen
ein. Ein Weihnachtsgeschäft fällt uns auf: Hier steht in vielen verschiedenen Sprachen „Frohe
Weihnachten“ sowie ein Countdown mit den verbleibenden Tagen bis Heiligabend. Das
Schaufenster ist vollgestopft mit Weihnachtsartikel. Ich wusste gar nicht, dass die Schotten so
verrückt auf dieses Fest sind. Wir gehen zurück zur Herberge, was gar nicht so leicht ist. Es
geht steil bergauf. Allerdings sehen wir jetzt mehrere Hinweisschilder, die uns den Weg
weisen. Heute Nachmittag waren die uns gar nicht aufgefallen. Nach dem Abendessen, sitzen
wir noch ein wenig auf der Bank vor dem Haus. Die Aussicht ist jetzt in der Dämmerung mit
den vielen eingeschalteten Lichter noch schöner als heute Nachmittag. Wir kommen mit
einem Schotten ins Gespräch. Er ist aus Edinburgh, und zurzeit auf Urlaubstour. So wie er
machen es viele der Einheimischen. Sie setzen sich aufs Rad, fahren aufs Gerade wohl in eine
Richtung, übernachten unterwegs in Unterkünften, die ihren Geldbeutel entsprechen, und
wenn der Urlaub dann zu Ende ist, setzen sie sich samt Rad in den Zug, und fahren wieder
nach Hause. Wir versuchen noch einen Geheimtipp für Edinburgh zu bekommen, also etwas,
was wir uns unbedingt ansehen sollen. Aber außer der Burg kann uns der gute Mann nichts
empfehlen. Und die hatten wir ja sowieso schon auf unserer Liste.
Es ist fast elf Uhr, bis ich im Bett liege. Morgen fahren wir nach Edinburgh, übermorgen
verbringen wir den ganzen Tag dort, und einen Tag später geht es schon wieder nach Hause.
Wahnsinn, wie schnell die Zeit vergeht!
Gefahrene Strecke:
Aberlour -> Pitlochry: 155 KM
Unterkunft:
http://www.syha.org.uk/hostels/highlands/pitlochry.aspx
9. Tag: Donnerstag, 03.06.10
Trotz der Enge in unserem Zimmer und dem Gepäck am Fußende von meinem Bett habe ich
doch recht gut geschlafen. Als erster bin ich dann am Morgen wach, dusche, und gehe nach
draußen zum Wettercheck. Der fällt recht gut aus: Sonne und blauer Himmel, was will ich
mehr. In der Küche treffen wir uns dann zum Frühstück. Der Plan für heute ist recht simpel:
Möglichst über Nebenstraßen nach Edinburgh. Gestern haben wir noch einen Prospekt von
„Glamis Castle“ gefunden. Das sieht auf den Fotos viel ansprechender aus als Schloss
Balmoral gestern. Es bedeutet für uns zwar einen kleinen Umweg, aber da wir Zeit haben,
wollen wir auch ihm einen Besuch abstatten.
Nach dem Frühstück packen wir unsere Sachen, und geben die Schlüssel ab. Dabei treffen wir
auch den Bayer von gestern wieder. Er hat einen leichten Rucksack auf dem Buckel, und geht
jetzt für zwei Tage wandern. Wir wünschen uns gegenseitig gutes Wetter, dann beladen wir
unsere Maschinen und auf geht es Richtung Süden.
Wir folgen zunächst der 924, dann der 926. Beides sind kleine Straßen, die nicht zu voll sind,
und wo das fahren einfach Spaß macht. Auch hier kommen wir an Distillerys und Castles
vorbei, aber wir widerstehen der Versuchung, da wir uns ja Glamis Castle ansehen wollen.
Dieses Schloss ist gut zu finden. Diesmal sind wir etwas schlauer, und parken nicht irgendwo
ganz weit weg, sondern fahren durch ein riesiges, geöffnetes Tor. Dort folgen wir den Weg,
und in der Ferne sehen wir das Schloss. Wir fahren direkt darauf zu, und etwas mulmig ist
uns schon: Dürfen wir hier überhaupt lang fahren? Schließlich stehen wir direkt vor dem
prachtvollen Gebäude. Wenn uns jemand die Haustür aufmachen würde, könnten wir glatt
hinein fahren. Allerdings steht rechts vom Schloss jemand, der uns zuwinkt. Wir erkennen
einen Parkplatz, wo auch schon Autos stehen. Der Winker entpuppt sich als Parkwächter, er
knöpft uns ein paar Pfund ab, dann fahren wir durch das Tor, stellen die Maschinen ab, und
begeben uns auf Erkundungstour. Das hier ist alles eine Nummer größer als Balmoral. Größer
und prachtvoller. So habe ich mir ein britisches Schloss immer vorgestellt. Eine gute Stunde
verbringen wir hier, sehen uns viel an, und sind uns einig: Glamis Castle ist einen Besuch
wert!
Dann geht es weiter Richtung Edinburgh Da wir möglichst keine Autobahn fahren wollen,
machen wir einen Umweg: Wir umrunden, von Norden kommend, die Stadt, und fahren
dann von Westen her hinein. So brauchen wir nur ein kleines Stück Autobahn zu fahren, als
wir nämlich die „Forth Road Bridge“ überqueren. Dann geht es quer durch diverse Vororte in
die Stadt hinein. Markus hat die Adresse unserer Unterkunft in sein Navi eingegeben, und
lotst uns durch die Straßen Auf Anhieb findet er „MacBackpackers“, wo wir für zwei Nächte
gebucht haben. Während Markus bei den Motorrädern bleibt, steigen Johannes und ich die
enge und steile Stufe nach oben, öffnen die Tür ... und stehen mitten in einem bunten Raum.
Sitzkissen liegen herum, Couchen mit farbigen Überwürfen, auf denen es sich sehr junge
Leute bequem gemacht haben. Dieser Raum ist Aufenthaltsraum und Rezeption zugleich, und
das junge Mädchen, das dort steht, schaut uns zweifelnd an: Ob wir hier richtig sind?
Schließlich könnten wir wohl nicht nur die Väter, sondern fast schon die Großväter dieser
jungen Leute sein. Auf jeden Fall treiben wir den Altersdurchschnitt ganz gewaltig in die
Höhe. Aber das einchecken klappt, wir sind am Ende des Ganges in dem letzten Raum rechts
untergebracht, und sowohl Zimmer als auch Duschen und Toiletten sind sauber. Wir holen
unserer Gepäck, und stehen dann vor einer Herausforderung: Zu dieser Unterkunft gehören
keine Parkplätze. Auf der Straße ist überall nur begrenztes Parken erlaubt, und das Mädchen
an der Rezeption beschreibt uns den Weg zu einen kostenlosen Parkplatz am Rande von
Edinburgh Zweifelnd machen wir uns auf dem Weg dorthin, gut sechs Kilometer sind es bis
zu der unbewachten Abstellmöglichkeit. Nein, hier wollen wir unsere Motorräder nicht stehen
lassen. Markus hat unterwegs, circa 500 Meter von unserer Unterkunft am Straßenrand einen
Hinweis gesehen: „M/C only“ stand dort, und er ist der Meinung, dass wir unsere Maschinen
dort abstellen können. Also fahren wir zurück in die Stadt, auf dem besagten Platz steht
bereits ein Motorrad, und wir stellen unsere noch dazu. Johannes geht in den Laden, der sich
am Straßenrand befindet, und der Besitzer bestätigt ihm, dass dort die Motorräder kostenlos
und unbefristet parken können. Welch ein Glück für uns.
Bevor wir uns nun aufmachen, Edinburgh zu erkunden, wollen wir erst einmal unseren
Hunger stillen. Recht schnell finden wir einen Tisch in der Sonne vor einem netten Lokal.
Begrüßt werden wir mit dem Hinweis, dass es hier draußen keine alkoholischen Getränke
gibt. Die dürfen nur innen verkauft werden. Uns ist das egal, wir bleiben trotzdem, aber viele
andere suchen sich daraufhin doch einen anderen Platz zum essen. Das Menü ist gut und
lecker, und dermaßen gestärkt beginnen wir, die „Royal Mile“ zu erkunden. Auf dieser Straße
liegt auch unsere Unterkunft, und wir wenden uns zunächst nach links. Wir kommen an
zahlreichen Geschäften, Bars und Restaurants vorbei, auch hier gibt es wieder einige
Weihnachtsgeschäfte. Am Ende der Straße liegt dann das schottische Parlament. Nicht zuletzt
dank des guten Wetters macht es richtig Spaß, hier lang zu laufen. Aus vielen Läden dringt
Dudelsackmusik, besonders natürlich aus denen, in denen schottische Souvenirs zu kaufen
sind. Whisky und Schottenröcke werden angeboten. Überhaupt Schottenrock: Nicht wenige
Männer laufen hier mit diesem traditionellen Kleidungsstück herum. Ein Pärchen fällt mir auf:
Während er stolz mit dem Kilt über die Straße geht, trägt seine Begleiterin einen Hosenanzug
Marke Business-Kleidung. Irgendwie verkehrt herum...
Abend dann gehen wir in einen Pub. „Whiski“ heißt er (das ist kein Schreib-fehler) und liegt
prak-tischerweise ungefähr zehn Meter von unserer Unter-kunft entfernt. Live-Musik ist
angekündigt, eine Band namens „The Gorms“ soll spielen. Wir ergattern einen Platz, und
warten, dass der Kellner kommt, und unsere Bestellung aufnimmt. Und wir warten... und
warten... und... Schließend haben wir es raus, wie es funktioniert: Wir gehen an den Tresen,
bestellen und bezahlen unser Bier, und das wird uns dann kurz darauf an den Tisch gebracht.
Als die drei-Mann-Band dann loslegt, wissen wir sofort: Hier sind wir richtig! Es macht Spaß,
den Jungs und ihrem „Irish Folk„ zuzuhören. Nicht alle Lieder kennen wir, aber „Whisky in
the jar“ und „The scotish rover“ sind uns schon ein Begriff. Und dann wird der Klassiker
„Johnny b. Goode“ angestimmt, allerdings in der schottischen Version, die dann heißt
„Johnny be drunk“.
Es ist fast ein Uhr nachts, als wir müde, aber sehr zufrieden zurück in unser Backpacker
gehen, und uns schlafen legen.
Gefahrene Strecke:
Pitlochry → Edinburgh: 207 KM
Unterkunft:
http://www.royalmilebackpackers.com/
10. Tag: Freitag, 04.06.10
Mitten in der Nacht ist irgendwann José nach Hause gekommen. Er liegt in dem Doppelbett
unter mir. Tagsüber schläft er, und nachts ist er auf Tour. Seine Bewerbungsschreiben hat er
offen auf der Fensterbank liegen gelassen, und so wissen wir, dass der Spanier schon seit
mehreren Wochen hier in Edinburgh auf Jobsuche ist. Seinen Traum vom leben und arbeiten
in Schottland hat er sich also noch nicht erfüllen können. Wenigstens ist er leise, und ich drehe
mich nur kurz um, und schlafe direkt weiter...
Das Wetter ist wieder Klasse, als wir uns nach einem kleinen Frühstück auf den Weg machen,
Edinburgh zu erkunden. Heute wenden wir aus unserem Backpacker nach rechts. Unser erstes
Ziel ist die Burg, das Edinburgh Castle. Wir haben schon so viele Bilder davon gesehen, dass
wir sie uns jetzt unbedingt im Original ansehen möchten. Auf dem Vorplatz, der so genannten
Esplanade, wird fleißig gearbeitet: Tribünen werden aufgebaut, und einige Bereiche sind
abgesperrt. Es laufen die Vorbereitungen für das „Great Tattoo“, das größte Musikfestival
Schottlands, das hier Anfang August stattfinden wird. Ich bin überrascht, das so früh bereits
mit dem Aufbau begonnen wird, schließlich sind es noch zwei Monate bis dahin. Aber die
Arbeiten und auch die Proben scheinen eine Menge Zeit zu verschlingen. Von hier oben, bei
dem schönen Wetter und der klaren Luft, hat man einen wunderbaren Blick auf die Stadt.
Interessant sind auch die Wachposten, die rechts und links vor dem Eingang postiert sind.
„Gewehr bei Fuß“ stehen sie in Uniform in der prallen Sonne, und rühren sich nicht. Für mich
wäre das mit Sicherheit kein Job!
Nachdem wir uns das Schloss angesehen haben, gehen wir die „Royal Mile“ wieder zurück,
und kommen an einem Haus vorbei, an dem „The Scotch Whisky Experience“ steht. Hier
bekommt man jede Menge Whisky, in allen Flaschengrößen und zu jeden Preis. Natürlich
finden wir auch Flaschen aus den Destillerien, die wir besichtigt haben. Wir stöbern eine
Zeitlang durch den Laden, kaufen letztendlich aber nichts. Es ist einfach interessant, diese
Auswahl mal gesehen zu haben.
Den Rest des Tages lassen wir uns einfach treiben. Zwischendurch kaufen wir etwas
Verpflegung für den morgigen Tag ein. Auffällig sind die vielen Musiker. Quasi an jeder Ecke
steht irgendjemand, der Musik macht. Mal ist es ein einzelner Dudelsackspieler, mal ist es eine
ganze Band, die Kostproben ihres Könnens gibt. Oft bleiben wir stehen, und hören ein wenig
zu. Mittags essen wir wieder in dem Lokal, in dem wir bereits gestern so zufrieden waren.
Hier können wir draußen in der Sonne sitzen, es schmeckt uns, und dass es mittags gegen ein
Uhr keinen Alkohol gibt, stört uns auch nicht. Anschließend gehen wir weiter. Schön anzusehen sind auch die vielen, typisch englischen Taxis. Es gibt eigentlich nichts, für das sie keine
Reklame machen. Kurz überlege ich, mal für ein paar Minuten eines zu mieten. Einfach nur,
um einmal damit gefahren zu sein. Aber ich verwerfe die Idee wieder.
Stattdessen gehen wir zu Fuß weiter, an „St. Giles Church“ vorbei, der Hauptkirche
Edinburghs, die im 15. Jahrhundert entstanden ist, und optisch auch einiges hermacht. Wir
gehen durch ein paar Nebenstraßen, folgen dann der „Princes Street“ bzw. dem „Waterloo
Place“, um anschließend den „Calton Hill“ zu erklimmen. Der Blick von hier oben auf die
Stadt und die Burg soll laut vielen Reiseführern der schönste sein, die Edinburgh zu bieten
hat. Und tatsächlich: Der teilweise recht steile Aufstieg hat sich gelohnt. Die Aussicht ist
wirklich Klasse, und wieder beglückwünschen wir uns zu dem guten Wetter.
Am Abend gehen wir wieder in unserer „Stammkneipe“, dem „Whiski“. Heute Abend spielt
dort „One-Dollar-Bill“, und wir sind überrascht, dass Bill nicht alleine ist, sondern
Verstärkung mitgebracht hat, nämlich einen Sänger und Gitarristen. Die beiden spielen
Coverversionen von aktuellen Liedern, nicht ganz unser Geschmack. Der irish Folk gestern
Abend hatte uns besser gefallen. So ist es heute Abend nicht ganz so spät, bis wir in unsere
Betten kommen. Aber schön war er trotzdem gewesen, der Tag in Edinburgh.
Gefahrene Strecke:
Zu Fuß durch Edinburgh: 0 KM
11. Tag: Samstag, 05.06.10
Schon früh sind wir heute Morgen auf den Beinen. Wir duschen, packen unsere Sachen, und
trinken in der Küche noch einen Tee. Dann holen wir unsere Motorräder, die wir ja auf dem
extra ausgewiesenen Motorradparkplatz geparkt hatten. Zum beladen stellen wir die
Maschinen direkt vor der Tür unserer Unterkunft, und es ist gerade mal halb neun, als wir die
schottische Hauptstadt verlassen, und Richtung Newcastle aufbrechen. Diesmal folgen wir
der Küste. Nach ungefähr zwei Stunden finden wir ein ruhiges Örtchen, wo wir Pause
machen und frühstücken. Hier vertilgen wir all das, was wir noch an Verpflegung dabei
haben. Dann geht es weiter Richtung Süden, immer wieder mit schönen Ausblicken.
Plötzlich steht am Straßenrand ein Motorrad, dessen Fahrer an der Maschine herumschraubt.
Das ist ein Fall für Markus. Sofort bremst er, wendet seine BMW, und fährt zu dem Biker
zurück. Johannes und ich folgen ihm, und kurz darauf stehen wir zu viert um die defekte
Maschine des Engländers. Sie will nicht anspringen, und nachdem gemessen und
gefachsimpelt wurde, stellt sich heraus, dass lediglich die Zündkerze ausgewechselt werden
muss. Dann springt die Maschine wieder an, und der Mann kann in den nächsten Ort fahren,
wo er sich mit einigen anderen Motorradfahrern treffen will. Wir drei fahren auch weiter,
diese kleine Verzögerung bringt unseren Zeitplan nicht durcheinander. Mehr als pünktlich
stehen wir an der Fähre, und warten geduldig mit ein paar anderen Bikern, bis wir gegen
16:00 Uhr auf das Schiff dürfen.
Nach dem Duschen gönnen wir uns in der Sky-Bar ein Grolsch (4,95 € für 0,33 Liter!), dann
gehen wir schlafen.
So schnell vergeht die Zeit. Eigentlich sind wir ja gerade erst in Newcastle angekommen, und
nun fahren wir auch schon wieder nach Hause...
12. Tag: Sonntag, 06.06.10
Natürlich stehen wir auch heute wieder früh auf. Ab 7:30 Uhr gibt es Frühstück, und bereits
kurz vorher stehen wir am Eingang. Das war eine gute Entscheidung, denn heute Morgen ist
es richtig voll hier. Es ist noch keine acht Uhr, als alle Tische besetzt sind, und die Schlange
derer, die erst eingelassen werden, wenn wieder ein Tisch frei wird, wird vor dem Eingang
immer länger. Wir lassen uns dadurch allerdings nicht stören, frühstücken ausgiebig und in
Ruhe, bevor wir ein letztes Mal an Deck gehen, um Seeluft zu schnuppern. Die Holländische
Küste ist bereits in Sichtweite, und wie geplant legen wir um 9:30 Uhr in Ijmuiden bei
Amsterdam an. Wie auf dem Hinweg fahren wir durch die Niederlande wieder über die
Autobahn, und auch heute ist es wieder ziemlich voll. Aber der Verkehr läuft recht flüssig,
und es gibt zum Glück keine Staus.
In Deutschland fahren dann wir wieder über die kleinen Landstraßen Richtung Heimat, und
sind schließlich gegen 13:30 Uhr zu Hause.
Gefahrene Strecke:
Amsterdam → Ahsen: 253 KM
Wieder zu Hause
Mittlerweile ist wieder „Normalität“ eingekehrt. Die Maschinen sind gewartet und gepflegt.
Die Fotos sind sortiert, gesichtet, und zu einer Bilder-Präsentation zusammengestellt. Einen
„Schottland-Abend“ mit unseren Frauen und einen weiteren mit einigen Freunden haben wir
auch bereits hinter uns. Genug Abstand also, um ein Fazit unserer Reise zu ziehen:
a) Reisezeit:
Mai / Juni sind zwar nicht die wärmsten Monate, dafür aber die regenärmsten. Und bis auf
den Tag auf der Insel Skye war es immer trocken. Ich würde auf jeden Fall wieder zu dieser
Jahreszeit nach Schottland fahren.
b) Reisedauer:
Zehn Tage waren wir vor Ort. Natürlich ist das viel zu kurz. Von der Westküste haben wir
nur die Ilse of Skye gesehen, den Rest der inneren und die ganzen äußeren Hebriden kennen
wir nur von der Landkarte. Hier warten noch Insel wie Islay, Jura und Mull auf uns, genau
wie Uist und Lewis. Auch im Norden auf den Orkneys-Inseln waren wir nicht. Die Westküste
ist (außer Edinburgh) ebenfalls noch ein unbeschriebenes Blatt für uns.
Man sieht: Hier ist noch jede Menge Potential für weitere Touren :-)
c) Unterkünfte:
Jugendherbergen und Backpacker – für uns waren sie wirklich ein Glücksgriff. Für die
Verpflegung konnten wir dort in den Selbstversorger-Küchen selbst sorgen, und brauchten
nicht immer essen gehen. Außerdem kamen wir dort häufig mit anderen Gästen ins Gespräch.
Und dieser Austausch mit Reisenden ist oft ziemlich interessant. Aber es sind einfache
Unterkünfte in Mehrbettzimmern. In den Backpacker-Hostel sind es sogar
Gemeinschaftsschlafräume. Wer das nicht möchte, ist in den B&B bestimmt gut aufgehoben.
Uns hat es bei Ken in Aberlour sehr gut gefallen.
d) Schotten:
Die Schotten, denen wir begegnet sind, waren ausnahmslos alle nett und freundlich. Ein
bisschen neugierig, aber immer höflich und nie aufdringlich. Wer die Männer in ihren Kilts
sieht und die Lieder hört, die sie mit Fidel, Akkordeon und natürlich Dudelsack spielen, der
spürt, dass sie ein stolzes Volk sind, stolz auf ihre Traditionen und ihre Geschichte. Die
Bemühungen, die gälische Sprache wieder in ihr Leben zu integrieren, trägt auch langsam
Früchte: Oft sehen wir zweisprachige Straßen- und Ortsschilder.
e) Straßen
Die Straßen waren fast alle in einem guten Zustand. Die Single-Track-Roads zu fahren war nie
ein Problem, nicht zuletzt deshalb, weil es außerhalb der etwas größeren Städte nicht viel
Verkehr gibt. Auch an den Linksverkehr haben wir uns recht schnell gewöhnt. Morgens beim
starten einmal konzentrieren, und auf der „richtigen“ Seite losfahren. Wenn man erst einmal
links fährt, und in den Verkehr integriert ist, gibt es kaum noch Probleme.
f) Whisky
Man kann beim Whisky einige Parallelen ziehen, nämlich bei der Herstellung zum Bier, und
beim trinken zum Wein. Der Geschmack ist sehr vielfältig: Von fruchtig bis sehr rauchig wird
alles angeboten. Aber der Single Malt ist sehr teuer. Deshalb macht er beim Verkauf auch nur
einen kleinen Prozentsatz aus. Der meiste produzierte Whisky wird für die Herstellung von
„Blended Whisky“ benötigt, also gemischten oder verschnittenen Whisky. Das bekannteste
Beispiel bei uns in Deutschland ist dafür die Marke „Johnny Walker“. Die meisten Schotten
trinken dagegen „The Famous Grouse“, der zu den meistverkauften Whiskymarken in
Schottland gehört.
Wer die Gelegenheit dazu hat, sollte sich eine Destillery auf jeden Fall einmal ansehen. Die
wird meist in Verbindung mit einer kleinen Verköstigung angeboten. Je nach Destillery
geschieht das kostenlos, oder gegen einen mehr oder weniger großen Unkostenbeitrag.