Von der Bewusstlosigkeit zum Bewusstsein
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Von der Bewusstlosigkeit zum Bewusstsein
Von der Bewusstlosigkeit zum Bewusstsein Die christliche Tradition hat in die Auseinandersetzung von Armut und Reichtum etwas einzubringen. Sie geht nämlich nicht von der Annahme aus, alle Menschen seien Kapitalisten. Solange wir die Armen unter dem allein herrschenden Gesichtspunkt, nämlich als verhinderte Kapitalisten betrachten, haben wir nichts begriffen. Die Würde der Armen liegt in ihrem „Sein“, nicht in ihrem „Haben“ oder „Nicht-Haben“. Für den Christen gibt es keinen Weg um die kollektive und die individuelle Verantwortlichkeit herum. Jeder Mensch ist verantwortlich für das, wovon und worin er, wie und wofür er lebt. Doch zu oft „wird der Kopf in den Konsumsand gesteckt“ 1. Das „Wirtschaftssystem“ fördert Konsumorientierung mit allen Mitteln. Anstelle der staatlichen Macht ist die Wirtschaftsmacht getreten. Gerade im Umgang mit den Opfern der Globalisierung und der neoliberalen Wirtschaftsorientierung haben die Institutionen Aufgaben zu übernehmen. Ein gerechter Staat sollte ein Gemeinwesen sein, in welchem die Interesse und Bedürfnisse der Schwächsten geschützt und gefördert werden. Die Aufgabe der Kirche ist es, immer wieder auf das Gefälle hinzuweisen, sich mit den „Unterdrückten und Armen“ zu solidarisieren und die stärkenden biblischen Visionen ins Zentrum zu stellen und zu leben. Die biblische und kirchlich-soziale Verantwortung, welche sich in der Diakonie als Praxisvollzug der Kirchen niederschlägt, hat die Ab- und Aussicht das „Schon“ des „Reich Gottes“ als Verantwortung zu leben und das „Noch nicht“ im Hinblick auf Ungerechtigkeit mit einer „biblisch-jesuanische Gerechtigkeit“ im Blick einzufordern. Die Bausteine steigen mit dem Kurzfilm „El Empleo“ ein. Danach entwickeln die Jugendlichen Bilder zu einzelnen Textauszügen des Songs „Vergissmeinnicht“. Der Song wird gehört, analysiert und evtl. unter zu Hilfenahme des Interviews neu verstanden. Mit dem Kurzfilm „La vita in scatola“ wird über die fremde Geschichte die eigene Lebensperspektive und Zukunftshoffnung in Bezug gebracht und thematisiert. Die biblische Geschichte vom armen Lazarus und dem reichen Mann soll mit der Textaufgabe die Jugendlichen ermächtigen, Worte und Sprache zu finden im Hinblick einer offenen veränderbaren Zukunft. Baustein Aktivität Ziele 1. El Empleo verbinden: Kurzfilm in Bezug zu eigener Erfahrungen setzen 2. Graffiti verarbeiten: Text ins Bild setzen Die Jugendlichen geben dem Kurzfilm nach dem Ansehen einen deutschen Titel. Sie erarbeiten eine mögliche Fortsetzung des Filmes. Die Jugendlichen bearbeiten einen Textauszug aus dem Song „Vergissmeinnicht“ und halten daraus eine Szene als Bild fest. Die Zusammensetzung der Bilder ergibt eine szenische Bildergeschichte Die Jugendlichen analysieren und verstehen den Text von „Vergissmeinnicht“. Sie stellen 3. Analysieren und verstehen: Vergissmeinnicht Song „Vergissmeinnicht“ lesen, 1 Vgl. Dorothee Sölle, gesammelte Werke Bd. 10, Ein Volk ohne Vision geht zugrunde, S 27 analysieren und verstehen 4. Ein Leben in der Schachtel Ausblick: Lebensperspektiven entwickeln 5. Gerechtigkeit nach dem Tod? Nachricht: Botschaft an die Hinterbliebenen in Form eines Briefes die Anliegen von Tommy Vercetti im Plenum vor. Die Jugendlichen erarbeiten über den Kurzfilm „La vita in scatola“ eigene Lebensperspektiven. Sie tauschen gemeinsam aus, was das Leben sinnvoll und gerecht macht. Die Jugendlichen lesen den Bibeltext (Lk 16. 19-29) und schreiben einen Brief aus der Perspektive des reichen Mannes, welcher seine fünf Brüder warnen will 1. „El Empleo“ Der sechsminütige Animationsfilm „El Empleo“2 zeigt beispielhaft, wie Menschen Abläufen und Systemen angepasst werden. Der Film zeigt den Beginn eines Arbeitstages eines Mannes im mittleren Alter. Nach dem Aufstehen kann er die Unterstützung vieler helfender Hände in Anspruch nehmen. Auch nach dem Verlassen des Hauses, in den Strassen einer grossen Stadt, wird ihm das Vorankommen leicht gemacht. Im Bürogebäude und im richtigen Stockwerk angekommen, geht der Mann durch einen langen Flur bis zu einer Bürotür. Doch anstatt einzutreten, legt er sich vor der Tür auf den Boden. Wenig später erscheint ein anderer Mann, der die Tür aufschliesst und ins Büro tritt. Vorher jedoch streift er auf dem menschlichen Fussabtreter den Strassenstaub von seinen Schuhen. Erst im Abspann sieht man, wie einer der vielen dienstbaren Geister im Film sich gegen seine Instrumentalisierung auflehnt. Die Jugendlichen schauen gemeinsam den Film „El Empleo“. Vor dem Abspann wird der Film gestoppt. Die Jugendlichen geben dem Film in Einzelarbeit einen deutschen Titel. Die Titel werden sichtbar aufgehängt. Gemeinsam wird entschieden, welcher Titel am besten zum Kurzfilm passt. Als nächste Aufgabe entwickeln die Jugendlichen den weiteren Verlauf der Geschichte: Was könnte im Film weiter geschehen? Was könnte am nächsten Tag geschehen? Wie würdest Du Dich verhalten? Welche Möglichkeiten gäbe es, auszusteigen? Was müsste konkret getan werden? Der Abspann des Filmes wird gezeigt. Entspricht der Abspann des Filmes einer erarbeiteten Möglichkeit? (Auf der DVD sind weitere Arbeitsmaterialien zum Film vorhanden.) 2. Graffiti Die Jugendlichen erhalten einen Textauszug des Songs „Vergissmeinnicht“ 3 (M1 + M2). Sie lesen für sich den Abschnitt durch, unterstreichen für sie zentrale Worte und Satzteile und zeichnen dazu ein Bild/Graffiti auf ein Blatt. Die Blätter werden der Reihenfolge der Textauszüge aufgehängt. Der/die jeweilige Jugendliche liest dazu den Text vor. Alle Bilder zusammen ergeben eine szenische Bildergeschichte zu „Vergissmeinnicht“. Diese könnte man durchaus als eine Art „Musikvideo“ bezeichnen. Der Raum wird verdunkelt, der 2 3 Der Film ist z. Bsp. beim Medienladen Zürich zu beziehen: http://www.medienladen.ch/ Der Songstext ist als M1 + M2 auf www.reli.ch herunterzuladen Song von „Vergissmeinnicht“4 wird abgespielt. Die Lehrperson beleuchtet mit einer Taschenlampe das entsprechende Einzelbild. 3. Vergissmeinnicht Der ganze Songtext von Vergissmeinnicht und das Interview mit Tommy Vercetti werden verteilt. Die Jugendlichen lesen Gruppenweise die Texte für sich durch. Sie haben die Aufgabe, den Inhalt des Songs und das Interview über Fragen zu bearbeiten und ihre Erkenntnisse nachträglich der Klasse zu präsentieren. Als Grundlage für das Gruppengespräch dient das Materialblatt5 (M3). 4. Ein Leben in der Schachtel Der siebenminütige Kurzfilm „Ein Leben in der Schachtel“ („La vita in Scatola“) 6 beschreibt in humorvoller Überspitzung das Leben eines Mannes, welcher von Geburt bis zum Tod zwischen verschiedenen „Schachteln“ hin- und herrennt. Einige wenige Höhepunkte im Leben sind in Farbe gehalten. Ansonsten scheint das Leben des Mannes grau zu sein. Erst der Friedhof führt wieder in die Farbe hinein. Der Kurzfilm soll den Jugendlichen die Gelegenheit bieten, sich über ihre eigene Lebensperspektiven Gedanken zu machen. Wo deckt sich die Aussage des Filmes mit der Aussage des Songs „Vergissmeinnicht“? Welche Ereignisse in meinem Leben geben meinem Leben Farbe? Was möchte ich in meinem Leben erreichen? Was macht das Leben sinnvoll? Was macht das Leben gerecht? In einer weiterführenden Arbeitshilfe7 zu diesem Film werden weitere Bezüge und Teilaspekte für den Unterricht vorgeschlagen. 5. Gerechtigkeit nach dem Tod? Die Jugendlichen erhalten das Materialblatt8 (M4) Biblische Geschichte vom Reichen und von Lazarus (Lk 16,19-29). Der Text wird bis zum Vers 29 gelesen. Die Jugendlichen werden mit folgender Aufgabe konfrontiert: Stell Dir vor, der reiche Mann könnte Lazarus einen Brief mitgeben, was würde im Brief stehen, welcher Lazarus den fünf Brüdern des Reichen überbringen würde? Die Jugendlichen schreiben den Brief in Einzelarbeit. Sie legen ihn ein Couvert. Die Briefe werden von der Lehrperson eingesammelt. Situation: Die fünf Brüder (oder Schwestern) des reichen Mannes (gespielt von den Jugendlichen) sitzen zu Hause am Essenstisch. Ein möglicher Beginn des Dialogs ist im Materialblatt9 (M5) beschrieben. Die Lehrperson spielt den Überbringer des Briefes. Der Brief wird vorgelesen. Austausch über die Wirkung der einzelnen Briefe. Welcher Brief hätte am ehesten Konsequenzen für das weitere Leben der fünf Brüder (oder Schwestern)? Patrik Böhler 4 Der Song ist auf dem Album „Seiltänzer“ von Tommy Vercetti vorhanden. Dieses kann gekauft werden oder das ganze Album bzw. der Song für einen Betrag zum Beispiel auf: www.exlibris.ch heruntergeladen werden. 5 Die Fragen sind als Materialblatt M3 auf www.reli.ch herunterzuladen 6 Der Film ist z. Bsp.: beim Medienladen Zürich zu beziehen: http://www.medienladen.ch/ 7 http://www.dioezese-linz.at/pastoralamt/medienverleih/arbeitshilfen/ah060178.pdf 8 Der Bibeltext ist als Materialblatt M4 auf www.reli.ch herunterzuladen 9 Der geschriebene Dialog ist als Materialblatt M5 auf www.reli.ch herunterzuladen M 1 - Vergissmeinnicht © Tommy Vercetti, 2010 Ich habe heute keine Zeit für Vergissmeinnicht, fröhlich blau an der Strasse ich kaufe Blumen mit meinem eigenen Geld für meine Mam bald fehlt es mir nicht mehr an Papier, Geschenke für meinen Schatz um ihren Hals ich bin ein Mann heute – verdiene mein Brot mit meinem Schweiss jeden Tag für genau fünfzig Jahre, das Glück winkt bekanntlich jedem, der sich anstrengt so reden die Erwachsenen – die Regeln, die dich reich machen, ehrlich angestrebt und ich will kein Vermögen und keine Villa, nur wenn möglich chillen mit Frau, zwei Kindern, Hund, und was mir sonst in den Sinn kommt nur gesund sein, nur nicht verhungern, nicht unten ankommen mit Alkohol, kein Dach über dem Kopf und die Geschichten doch das ist machbar mit arbeiten, passiert doch nicht mir weil wenn Gott jemanden liebt, dann liebt er auch mich und denen das passiert, die verdienen das sicher und ich integriere mich, es gibt immer eine Richtung zu laufen mein Vater hat gesagt: folge, und wer nicht folgt, trägt die Folgen Million vor den Augen, nasser Teller in der Hand am Tellerrand eine Mauer, man sagt: Gesetze der Natur so beruhige ich mich eine Weile, doch mein Blick geht auf die Uhr weil mein Job ist für den Arsch und mein Chef ist eine Bitch ich sage ihm: jetzt verdiene ich zu wenig, und er sagt immer: morgen all das Blenden geht vorbei, ich verschwende meine Zeit Und jetzt sind die Tage längst vergangen, in denen ich stolz war erfolgreich etwas zu schaffen, das in Wahrheit niemand braucht nutzlos und lächerlich, doch die Handflächen rauh doch mein Sohn spürt sie nie, weil ich arbeite, wenn er mich braucht und er schläft, wenn ich im Haus bin – ist es das alles wert? meine Frau entscheidet: nein, und ich verstehe, dass sie weg ist sie sagen: das Leben ist nicht gerecht, mir geht das Bild nicht aus dem Kopf mit meiner kleinen Schwester auf der Wippe vor dem Block bin ich unten, ist sie oben, bin ich oben, ist sie unten und so funktioniert doch die Welt – nur verlogener und erzwungen was mich wenig kostet, bezahlt irgendeiner für mich mit seinem Verlust, bis sein Verderben zu meinem eigenen wird so geht es vom Ausverkauf-Preis zu meinem Ausverkauf-Lohn bis zu den Ausverkauf-Leuten in diesen Ausverkauf-Ecken dieser Welt die man nicht so richtig kennt, und die nicht so richtig gelten doch ich habe keine Wahl, mich zu erhalten weil, wer nicht mitmacht, der vernichtet sich obschon wer mitmacht, Komplize seiner eigenen Vernichtung wird so brauche ich Essen auf dem Tisch, einen geheizten Ofen zum Schlafen so viele kleine Probleme lassen mich die grossen nicht erkennen und der Che ist mein Held, doch sein Buch bleibt im Gestell meine Energie reicht gerade noch für den Fernbedienungsknopf alles was ich liebe ist mir fremd – doch das ändert sich nie, ich verschwende meine Zeit Und ich weiss, ich bin nicht alleine, doch kann man sich an niemanden wenden die Linke passt sich an, die Gewerkschaften sind am Ende sie finden, Klassenkampfgeschichten seien langsam verstaubt weil sie eine Mikrowelle haben und in der Garage ein Auto doch wenn ich arbeiten gehe, bezahlt die Firma mir einen Lohn welcher der Hälfte von dem entspricht, was ich für sie verdiene und sag nicht: Infrastrukur – weil das schlagen sie auf den Preis und am Schluss kaufen wir Zeugs, das wir gratis produzierten deshalb bist du immer noch ein Sklave, auch wenn du die Sklaverei liebst eine Diktatur ist anstrengend, doch zufriedene Leute arbeiten leicht zu Konkurrenz gezwungen, bekämpfen wir uns selbst und reden vom System, als käme es von Gott selbst mit Wochenenden und Ferien ein bisschen Spass in Portionen Quizshows und Lotto schöne Ersatzreligionen du hast nur ein Mass, und das ist Geld und die ganze Welt muss da reinpassen, auch wenn du selbst die Liebe noch befragst nach dem Betrag, Freundschaften nach dem Ertrag dann bist nicht du krank, sondern die ganze Denkweise die Zweck verwechselt hat mit dem Mittel, Objekte setzt für Sinn, und die Natur beherrschen will und von der Beherrschung beherrscht wird doch der Erste bist du selbst, habe ich selber mir gesagt und bin zum Chef mit den Worten: Bitch, ich trete in den Streik du wirst heute pensioniert, sagt er, mach dir keine Mühe ich sehe Vergissmeinnicht an der Strasse – längstens verblüht M2 - Vergissmeinnicht ©Tommy Vercetti, 2010 Nr. Text 1 Ich habe heute keine Zeit für Vergissmeinnicht, fröhlich blau an der Strasse ich kaufe Blumen mit meinem eigenen Geld für meine Mam bald fehlt es mir nicht mehr an Papier, Geschenke für meinen Schatz um ihren Hals ich bin ein Mann heute – verdiene mein Brot mit meinem Schweiss jeden Tag 2 für genau fünfzig Jahre, das Glück winkt bekanntlich jedem, der sich anstrengt so reden die Erwachsenen – die Regeln, die dich reich machen, ehrlich angestrebt und ich will kein Vermögen und keine Villa, nur wenn möglich chillen mit Frau, zwei Kindern, Hund, und was mir sonst in den Sinn kommt 3 nur gesund sein, nur nicht verhungern, nicht unten ankommen mit Alkohol, kein Dach über dem Kopf und die Geschichten doch das ist machbar mit arbeiten, passiert doch nicht mir weil wenn Gott jemanden liebt, dann liebt er auch mich 4 und denen das passiert, die verdienen das sicher und ich integriere mich, es gibt immer eine Richtung zu laufen mein Vater hat gesagt: folge, und wer nicht folgt, trägt die Folgen Million vor den Augen, nasser Teller in der Hand am Tellerrand eine Mauer, man sagt: Gesetze der Natur 5 so beruhige ich mich eine Weile, doch mein Blick geht auf die Uhr weil mein Job ist für den Arsch und mein Chef ist eine Bitch ich sage ihm: jetzt verdiene ich zu wenig, und er sagt immer: morgen all das Blenden geht vorbei, ich verschwende meine Zeit 6 Und jetzt sind die Tage längst vergangen, in denen ich stolz war erfolgreich etwas zu schaffen, das in Wahrheit niemand braucht nutzlos und lächerlich, doch die Handflächen rauh doch mein Sohn spürt sie nie, weil ich arbeite, wenn er mich braucht und er schläft, wenn ich im Haus bin – ist es das alles wert? 7 meine Frau entscheidet: nein, und ich verstehe, dass sie weg ist sie sagen: das Leben ist nicht gerecht, mir geht das Bild nicht aus dem Kopf mit meiner kleinen Schwester auf der Wippe vor dem Block bin ich unten, ist sie oben, bin ich oben, ist sie unten und so funktioniert doch die Welt – nur verlogener und erzwungen Bild (Notiz) 8 9 10 11 was mich wenig kostet, bezahlt irgendeiner für mich mit seinem Verlust, bis sein Verderben zu meinem eigenen wird so geht es vom Ausverkauf-Preis zu meinem Ausverkauf-Lohn bis zu den Ausverkauf-Leuten in diesen Ausverkauf-Ecken dieser Welt die man nicht so richtig kennt, und die nicht so richtig gelten doch ich habe keine Wahl, mich zu erhalten weil, wer nicht mitmacht, der vernichtet sich obschon wer mitmacht, Komplize seiner eigenen Vernichtung wird so brauche ich Essen auf dem Tisch, einen geheizten Ofen zum Schlafen so viele kleine Probleme lassen mich die grossen nicht erkennen und der Che ist mein Held, doch sein Buch bleibt im Gestell meine Energie reicht gerade noch für den Fernbedienungsknopf alles was ich liebe ist mir fremd – doch das ändert sich nie, ich verschwende meine Zeit Und ich weiss, ich bin nicht alleine, doch kann man sich an niemanden wenden die Linke passt sich an, die Gewerkschaften sind am Ende sie finden, Klassenkampfgeschichten seien langsam verstaubt weil sie eine Mikrowelle haben und in der Garage ein Auto 12 doch wenn ich arbeiten gehe, bezahlt die Firma mir einen Lohn welcher der Hälfte von dem entspricht, was ich für sie verdiene und sag nicht: Infrastrukur – weil das schlagen sie auf den Preis 13 und am Schluss kaufen wir Zeugs, das wir gratis produzierten deshalb bist du immer noch ein Sklave, auch wenn du die Sklaverei liebst eine Diktatur ist anstrengend, doch zufriedene Leute arbeiten leicht zu Konkurrenz gezwungen, bekämpfen wir uns selbst und reden vom System, als käme es von Gott selbst 14 mit Wochenenden und Ferien ein bisschen Spass in Portionen Quizshows und Lotto schöne Ersatzreligionen du hast nur ein Mass, und das ist Geld und die ganze Welt muss da reinpassen, auch wenn du selbst die Liebe noch befragst nach dem Betrag, Freundschaften nach dem Ertrag 15 dann bist nicht du krank, sondern die ganze Denkweise die Zweck verwechselt hat mit dem Mittel, Objekte setzt für Sinn, und die Natur beherrschen will und von der Beherrschung beherrscht wird doch der Erste bist du selbst, habe ich selber mir gesagt 16 und bin zum Chef mit den Worten: Bitch, ich trete in den Streik du wirst heute pensioniert, sagt er, mach dir keine Mühe ich sehe Vergissmeinnicht an der Strasse – längstens verblüht M3 – Interview und Songtext Vergissmeinnicht Zum Interview: 1. Was ist die zentrale Botschaft von Tommy Vercetti im Interview? 2. Was empfindet er als ungerecht? 3. Welche Lösungsvorschläge benennt er? 4. Was denkst Du persönlich über diese Aussagen? 5. Welche Fragen würdest Du Tommy Vercetti noch stellen? 6. Was würdest Du ihm sagen? Zum Song Vergissmeinnicht: 1. Wie ist die erste Textzeile und die letzte Textzeile zum Vergissmeinnicht zu verstehen? 2. Was meint Tommy Vercetti mit Vergissmeinnicht? 3. Welches ist die Grundaussage des Songs? Fasse diese in einem Satz zusammen! 4. Was verändert sich in den Strophen mit der Person, welche hier von sich erzählt? 5. Kennst Du solche Leute, die so sprechen und denken? 6. Was denkst Du selbst über die Arbeit? Für was ist sie da? Ist sie anstrengend, krampf, sinnvoll, erfüllend? 7. Was ist ein gerechter Lohn? Wie tief müsste er mindestens und wie hoch dürfte er höchstens sein? 8. Was erhoffst Du für Dich im Hinblick auf die Zukunft? Was willst Du unbedingt erreichen? 9. Was macht ein sinnvolles Leben aus? M4 – Vom Reichen und von Lazarus (Lk 16,19 – 29) 19 Es war einmal ein reicher Mann, der sich in Purpur und feines Leinen kleidete und Tag für Tag prächtige Feste feierte.20 Vor seiner Tür aber lag ein Armer mit Namen Lazarus, der war über und über bedeckt mit Geschwüren.21 Und er wäre zufrieden gewesen, sich den Bauch zu füllen mit den Brosamen vom Tisch des Reichen; stattdessen kamen die Hunde und leckten an seinen Geschwüren. 22 Es geschah aber, dass der Arme starb und von den Engeln in Abrahams Schoss getragen wurde. Aber auch der Reiche starb und wurde begraben.23 Und wie er im Totenreich, von Qualen gepeinigt, seine Augen aufhebt, sieht er von ferne Abraham und Lazarus in seinem Schoss.24 Und er schrie: Vater Abraham, hab Erbarmen mit mir und schicke Lazarus, damit er seine Fingerspitze ins Wasser tauche und meine Zunge kühle, denn ich leide Pein in dieser Glut.25 Aber Abraham sagte: Kind, denk daran, dass du dein Gutes zu deinen Lebzeiten empfangen hast und Lazarus in gleicher Weise das Schlechte. Doch jetzt wird er hier getröstet, du aber leidest Pein.26 Und zu alledem besteht zwischen uns und euch eine so tiefe Kluft, dass die, die von hier zu euch hinübergehen wollen, es nicht können und dass die von dort nicht zu uns herübergelangen.27 Er aber sagte: So bitte ich dich denn, Vater, ihn in das Haus meines Vaters zu schicken.28 Ich habe nämlich fünf Brüder; die soll er warnen, damit nicht auch sie an diesen Ort der Qual kommen. M4 – Dialog zwischen den fünf Brüdern von Lazarus Die fünf Brüder von Lazarus sind einen Monat nach dem Tod zusammen gekommen, um das Erbe zu verteilen. Sie sitzen zusammen. B5 blättert in der Agenda, B1 eröffnet das Gespräch. B1: Seit einem Monat ist Lazarus schon gestorben! Heute sind wir zusammengekommen, um das Erbe zu verteilen B2: Er hat es gut gehabt! Und uns auch vieles Hinterlassen. B3: Ja, weisst du noch, wie er in Purpur und Leinen gekleidet durch die Stadt gegangen ist. B2: Alle wussten, wer er war! Reichtum führt zu Anerkennung! B4: Aber heute nützt es ihm nichts mehr. Nichts konnte er mitnehmen! B5: Kommen wir endlich zum geschäftlichen? Ich habe noch einen Termin! B4: Im Tod sind alle gleich! B3: Doch Lazarus war ein stolzer Mann. Er wurde geachtet. Man spricht über ihn auch über den Tod hinaus! Weisst du noch, wie er als Ehrengast an vielen Anlässen eingeladen war. B1: Ja, er war ein gern gesehener Gast. B5: So, lassen wir das philosophieren. Verteilen wir das Erbe! B2: Ich hätte gerne das Silberbesteck! B4: so eines habe ich schon – da habe ich kein Problem damit! B3: Wie hat er doch mit diesem Besteck hohen Besuch bewirtet. Diese Festessen haben geschmeckt. Weisst Du noch an seinem Geburtstag. B5: Was gibt es sonst noch zum Verteilen? B1: mehrere Rollen Stoff, reinste Seide, Leder…usw. Der Briefträger klopft, kommt hinein und übergibt den Brüder den Brief. Der Brief wird ausgepackt und vorgelesen