März - Johanneswerk

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März - Johanneswerk
Unser Werk
T S C H R I F T F Ü R F R E U N D E U N D F Ö R D E R E R D E S E VA N G E L I S C H E N J O H A N N E S W E R K E S E . V.
DREI ANGEBOTE
FÜR DEN
UMGANG
MIT
NR. 1
MÄRZ 2006
KRISEN
K INDER STARK MACHEN
Liebe Freunde und Förderer unseres Werkes,
mit der ersten Ausgabe von UW im Jahr 2006 möchten wir Sie wieder über Neues und Aktuelles aus den Arbeitsbereichen und
Einrichtungen des Johanneswerkes unterrichten.
Im Mittelpunkt dieses Heftes steht die Kinder- und Jugendarbeit in unserem Werk, ein Arbeitsbereich mit langer Tradition in der
deutschen Diakonie. Die Berichte zeigen, wie wichtig die institutionelle Förderung dieser Arbeit auch heute im Interesse einer
gezielten Familienpolitik in unserem Land ist. Vielleicht ist sie gerade angesichts der veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen von besonderer Bedeutung, denn - wie heißt es häufig: „Kinder sind unsere Zukunft“. Unsere Bestrebungen zielen
darauf hin, jungen Menschen mit schwierigen Ausgangslagen Perspektiven für ein gelingendes Leben zu eröffnen.
Daneben gibt es weitere aktuelle Berichte aus den Einrichtungen und Regionen unseres Werkes. Wir denken, es ist viel Interessantes und Neues für Sie dabei. Und so hoffen wir, dass Sie mit Interesse in Ihrer neuen Ausgabe von „Unser Werk“ blättern.
Freundliche Grüße
Ihr
Karsten Gebhardt
[Stellv. Vorsitzender des Vorstands]
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„Die Welt gehört in Kinderhände“, wünschte sich Herbert
Grönemeyer. Die Welt ist für viele Kinder jedoch eine gänzlich andere. Wenn Eltern im Umgang mit ihren Kindern
Unterstützung brauchen, wenden sie sich an die Erzieherischen Hilfen des Ev. Gemeindedienstes im Ev. Johanneswerk. Im Heilpädagogischen Kinderheim Grünau in Bad Salzuflen wird Kindern das Vertrauen wieder gegeben, die Vernachlässigung oder Missbrauch erleben mussten. Pflegefamilien springen dort ein, wo die Herkunftsfamilie versagt hat.
4-7 und 10-11
UNSER WERK März 2006
Große Resonanz
auf Spendenaktion
Herd, Fahrrad, Waschmaschine - eine Welle der Hilfsbereitschaft erreichte die Stiftung mitLeidenschaft bei der
Weihnachtsspendenaktion
2005. Für „Mitten unter uns“
kooperierte die Stiftung erstmals mit der Neuen Westfälischen, die die Arbeit
mit 10.000 Euro unterstützte.
Zehn Jahre Hospizarbeit
9
Behindertenarbeit
Jörg Frische steht mit beiden Beinen im Leben
Filmpreis für Verkehrsspäterziehung
Portugiesen gewinnen Songfestival
Europa
21
22
23
24-25
25
30
18-19
8
Schulen
Schulen fusionieren
Altenpflegeschulen in Gefahr
17
20
Altenarbeit
Fritz Pleitgen im Simeonsstift
Urlaub ohne Koffer
Blick zurück
30 Jahre Grüne Damen
Fenster zum Himmel
Jahrestagung
Pädagogik
Präses Buß zu Besuch
Stiftung mitLeidenschaft
Traum-Raum wird verlängert
In Kürze
9
12
13
14-15
15
32
Gesundheit
Männerspezifische Suchtarbeit wird ausgedehnt
Hilfe bei Medikamentenabhängigkeit
26
27
Offene diakonische Arbeit
Ehemalige Straffällige machen Radio
Zeit sinnvoll nutzen
28-29
30
Diakonisches Werk Wittgenstein
31
Personal
De Vries wird neuer Geschäftsführer
Erste Jobs durch Hartz IV
Personalien
8
16
33-35
Impressum
36
UNSER WERK JETZT UNTER WWW.JOHANNESWERK.DE
TITEL Kinder stark machen
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Individuelle Angebote im Ev. Gemeindedienst unterstützen Familien
Damit Eltern
gar nicht erst die Krise kriegen
FOTO: WERNER KRÜPER
BIELEFELD. Schlagzeilen wie diese häufen sich: Der kleine Dennis wurde
tot gefunden, verscharrt unter einer Tanne. Zwei Monate später werden
seine Eltern wegen Totschlags verurteilt. Kein Einzelfall, und doch schwer
auszumachen. Die Vermutung, dass das Kindeswohl häufiger verletzt wird
als noch vor Jahren, ist belegt: Ihre Zahl schnellte von 1996 bis 2005 um
945 auf 2916 hoch, so die Statistik des Bundeskriminalamtes. Die Grünen
in NRW sehen Handlungsbedarf: Sie fordern Pflichtuntersuchungen auch
für die Kinder, die keine Kindertagesstätte besuchen, und eine bessere
Vernetzung der Beratungs- und Hilfsangebote für vernachlässigte Kinder.
Fachstellen wie die Erzieherischen Hilfen des Ev. Gemeindedienstes im
Ev. Johanneswerk sowie Kinderärzte wissen dagegen schon jetzt die bisherige Qualität der Zusammenarbeit aller wichtigen Schnittstellen zu
schätzen.
Nichts mehr hören: Im Chaos vieler Familien sorgen sich Pädagogen der Fachstellen vor allem um das Wohl des Kindes
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Dr. Michael Müller hält die Vernetzung in Bielefeld unter Medizinern, Kinderschutzbund und den Fachstellen für hervorragend. „Da müssen wir nichts verbessern,
aber wir müssen alle darauf achten, dass wir unsere unterschiedlichen Sichtweisen
noch mehr aneinander anpassen.“ Vor allem, so der Kinderarzt weiter, sei wichtig,
die Biografie eine Kindes im Anschluss an Untersuchungen und Auffälligkeiten weiter zu verfolgen. Und Carola Wolf, Leiterin der Erzieherischen Hilfen des Ev. Gemeindedienstes im Ev. Johanneswerk, bestätigt: „Wir sind hervorragend vernetzt
und es gibt sehr viele Angebote, seine Kinder zu fördern, gut unterzubringen und
auch untersuchen zu lassen. Wer wirklich unsere Unterstützung braucht, sind die
Eltern“, ist Wolf überzeugt, „damit es gar nicht erst zu Gewalt kommt.“ Denn Gewalt sei immer das letzte Mittel und ein extremes Zeichen von Hilflosigkeit und
Überforderung – und häufig eine Äußerung des Unvermögens, in einer komplexer
gewordenen Welt für sich und seine Kinder sorgen zu können.
Eltern in der Erziehungsarbeit zu beraten, dafür geht die Fachstelle im Ev. Johanneswerk ständig neue Wege und das in enger Kooperation mit den unterschiedlichen Trägern. „Triple P - Positiv Parenting Programm“, das moderne Elterntraining, „Starke Eltern - starke Kinder“, „FIM“, das 28-tägige Familienkrisen-Interventionsprogramm wie auch „HIP - Hilfe und Information bei Problemen in der Erziehung“ - werden seit Jahren erfolgreich eingesetzt. „Unsere Sozialarbeiterinnen und
Diplom-Pädagoginnen arbeiten vor Ort, in Familien, in Schulen, in Kindergärten. Wir
leisten Erziehungsbeistand und wir haben fünf Familienpflegerinnen, die Familien helfen, sich zu organisieren, wenn zum
Beispiel das Chaos so groß ist, dass das Wohl des Kindes
nicht mehr sicher ist“, beschreibt Carola Wolf die Felder der
pädagogischen Arbeit ihrer Fachstelle. Zielgespräche zu führen, in den Familien Regeln aufzustellen und jedes Gespräch
zu dokumentieren, das sei der Alltag der Pädagogen, die in
den Familien arbeiten.
Was hält Carola Wolf von der Forderung der Grünen nach
Pflichtuntersuchungen und mehr Vernetzung? „Funktionierende Netzwerke, gute Kooperationen sind wichtige Voraussetzungen für ziel- und lösungsorientiertes Arbeiten“, so Wolf.
Das deutsche Sozialgesetzbuch sieht die Pflege und Erziehung der Kinder als natürliches Recht der Eltern an, aber
auch als ihnen obliegende Pflicht. Der Gesetzgeber - in diesem Fall das Jugendamt oder in Bielefeld das Dienstleistungszentrum - können nur eingreifen, wenn eine sogenannte
„Kindeswohlgefährdung“ vorliegt. „Wer die Eltern stärkt,
stärkt auch die Kinder“, darin sieht Wolf das präventive Prinzip ihrer Arbeit.
Der Kinderarzt Dr. Michael Müller hat ebenfalls seine Zweifel,
ob Pflichtuntersuchungen, wie sie die Grünen jetzt fordern,
ohne riesigen bürokratischen Aufwand vonstatten gehen können: „Es gibt ja die Pflichtuntersuchung bei der Einschulung
der Kinder und die vielen Vorsorgeuntersuchungen im frühen
Kindesalter.“ Dabei sei es früher wie heute immer gleich
schwierig gewesen, die Fälle von Gewalt oder Missbrauch zu
diagnostizieren. „Diese Eltern schweigen ja und bringen ihre
Kinder häufig gar nicht erst zu uns“, sagt der Mediziner aus
Sicht seiner 27-jährigen Praxiserfahrung. Wer jetzt Pflichtuntersuchungen einführe, müsse auch eine Liste aller Kinder
führen und die Ergebnisse abgleichen. „Das scheint mir unrealistisch und viel zu aufwendig zu sein.“ [SH]
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Ehemaliges Heimkind ist heute Betreuerin im Kinderheim Grünau
Ein Heim
wird zur Heimat
BAD SALZUFLEN. Sie war erst neun Jahre alt, als die Mitarbeiter vom Jugendamt in ihre Schule kamen, um sie abzuholen. Monika W.* und ihre
zehn Geschwister wurden in Kinderheimen untergebracht. Die kleine Monika kam zunächst in ein Heim in Lippe, doch als dies schließen musste,
wurde sie ins heilpädagogische Kinderheim Grünau in Bad Salzuflen gebracht, eine Einrichtung des Ev. Johanneswerks. Wieder wurde sie aus einer gewohnten Umgebung herausgerissen. Damals hat sie sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt. Heute sagt die inzwischen 40-Jährige:
„Grünau ist Grundstein meines ganzen Lebens.“
Alkohol, Vernachlässigung, ein gewalttätiger Vater - für das
Kind Monika war das normales Familienleben. Dass es auch
anders geht, war ihr gar nicht bewusst. Erst in Grünau lernte
sie respektvollen Umgang miteinander, Regeln und Grenzen
gesetzt zu bekommen, diese einzuhalten und Verantwortung
zu übernehmen. Vor allem lernte sie, dass Kinder sich auf Erwachsene verlassen und ihnen vertrauen können.
Monika W. spielt häufig mit den Kindern, um deren Konzentrationsfähigkeit zu stärken
„Die Erzieher haben mich durch die Schule gebracht“, erzählt
Monika W. „Vorher habe ich oft den Unterricht geschwänzt.
Jetzt gab es auf einmal Strafarbeiten für jede geschwänzte
Stunde, zum Beispiel Gartenarbeiten. Das hat mir natürlich
überhaupt nicht gefallen.“ Aber gewirkt hat es. Monika W.
machte ihren Schulabschluss und hatte anschließend doppeltes Glück: Sie bekam in Grünau eine Stelle als Auszubildende im Bereich Hauswirtschaft angeboten und wurde anschließend übernommen. Sie arbeitete in der Heimküche, bis
sie 1996 das Angebot von der Einrichtungsleitung, Ulrike Masurek, bekam, in einem Team von sozialpädagogischen Fachkräften mitzuarbeiten. In einer sogenannten Verselbstständigungsgruppe bereitet sie sechs Jugendliche auf ein eigenständiges Leben vor. Natürlich ist das nicht immer einfach. Trotz professioneller Betreuung und Therapie
haben die meisten Kinder und Jugendlichen noch einen langen Weg vor sich. Aggression und Gewalt sind ihre Form, auf sich aufmerksam zu machen - sie haben
es oft gar nicht anders gelernt. Motorisch und sprachlich sind sie häufig in ihrer
Entwicklung zurückgeblieben, Folgen der jahrelangen Vernachlässigung.
Monika W. entdeckte in Grünau beim heilpädagogischen Voltigieren auch ihre Liebe
zu Pferden. Sie machte einen Trainerschein im Voltigieren und arbeitet heute
schwerpunktmäßig im reittherapeutischen Bereich. „Dass ich diese Chance bekommen habe, dafür werde ich immer dankbar sein“, sagt Monika W.
Viele ihrer Schützlinge wollen über ihre traumatischen Erlebnisse nicht sprechen,
geben sich sogar selbst die Schuld. Auch wenn sie in Grünau eine bessere Welt
kennen gelernt haben, ist der Drang, die Eltern zu beschützen, groß. Nur Samson
können sie alles anvertrauen. Kein Wunder, ist Samson doch ein Pony, bei dem alle
Geheimnisse sicher verwahrt sind. Seine vierbeinigen Kollegen und er ertragen es
geduldig, wenn die Kinder unter der Anleitung von Monika W. auf ihren Rücken voltigieren. Die Kinder lernen, Balance zu halten, bekommen ein besseres Gefühl für
ihren Körper, bauen Ängste ab und lernen Vertrauen zu dem Tier und dem Pädagogen zu fassen.
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Hyperaktive Kinder liegen am liebsten bewegungslos auf dem Pferderücken, aggressive Kinder können es kaum erwarten, mit Samson zu kuscheln: „Die Erfolge,
die wir mit der Reittherapie erzielen, sind enorm“, begeistert sich Monika W. Besonders gern erinnert sie sich an ein junges Mädchen, das sich selbst die Strafe
auferlegt hatte, mit keinem Erwachsenem zu sprechen. So stellte sie sicher, dass
niemand sie dazu bringen konnte, über ihre Vergangenheit zu sprechen. Doch dem
Pony hat sie innerhalb kürzester Zeit alles erzählt. Ein wichtiger Schritt hin zu einem
normalen Leben.
Mit dem Pony Samson können die
Kinder kuscheln und ihm alles anvertrauen
FOTOS: WERNER KRÜPER
Wenn Monika W. sich mit den Kindern und Jugendlichen unterhält, in den Akten ihre traurigen Vorgeschichten liest, fühlt sie sich oft an ihre eigene Vorgeschichte erinnert. Deshalb kann sie sich besonders gut in ihre Seelen hineinversetzen. Kann
zwischen den Zeilen auch das lesen, was die Kinder nicht erzählen wollen. Inzwischen ist Monika W. seit 25 Jahren im heilpädagogischen Zentrum Grünau: als
Kind, als Auszubildende und als Mitarbeiterin. „Haben die dich hier vergessen?!“,
fragte neulich staunend ein junger Neuankömmling, dem sie ihre Geschichte erzählt hatte. Monika W. lacht schallend, als sie das erzählt. Für sie ist Grünau „mein
Zuhause und mein Leben - ein schönes Leben.“ [MD]
*Name ist der Redaktion bekannt.
D I E H E I L P Ä DA G O G I S C H / T H E R A P E U T I S C H E N
EINRICHTUNGEN GRÜNAU-HEIDEQUELL
wurden im Jahr 1849 als Rettungshaus für vagabundierende männliche Jugendliche von Pastor August Wessel gegründet. Übergangsweise war Grünau Altenheim und verfügte nach dem Zweiten Weltkrieg auch über eine Säuglingsstation.
Ulrike Masurek ist seit 1978 Einrichtungsleitung und seit 2002 Regionalgeschäftsführerin (Region Pädagogische Arbeit OWL). Heute wird hier 161 Kindern und Jugendlichen in 26 Gruppen und Bereichen heilpädagogisch und therapeutisch im
Rahmen stationärer, teilstationärer und ambulanter Maßnahmen geholfen.
Heilpädagogisches Voltigieren bieten die Einrichtungen Grünau-Heidequell seit 20
Jahren an.
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Vorstand des Ev. Johanneswerks lud zur Jahrestagung 2005
„Mitleidenschaft ist gelebte Unternehmenskultur“
BIELEFELD. „Weniger Staat geht nicht“, sagte Pastor Dr. Udo Krolzik, Vorsitzender des Vorstands des Ev. Johanneswerks, auf der Jahrestagung
2005 am 14. Dezember in Bielefeld. Vor 164 leitenden Mitarbeitenden sowie 32 ehemaligen Leitenden und fünf Verwaltungs- und Gremienmitgliedern trug Krolzik seinen Jahresbericht vor.
Die Diakonie werde sich für einen Staat einsetzen, der den
sozialen Bereich einschließe. Dass nur Wirtschaftswachstum
Arbeitsplätze und soziale Sicherung schaffe, wovon zum Beispiel Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt überzeugt ist, hält
Krolzik für unzeitgemäß angesichts der aktuellen Entwicklungen. Firmen steigerten ihre Gewinne und entließen trotzdem
Mitarbeiter, dem demographischen Wandel werde noch immer nicht ausreichend Rechnung getragen. „Nur mühsam
nehmen wir gedanklich Abschied von der Arbeitsgesellschaft
des alten Typs“, die aber schon an allen Ecken ausgehöhlt
sei, so Krolzik. „Doch in die Idylle führt kein Weg mehr zurück.“
Jahrestagung 2005: (v.l.) Pastor Rolf
Gräfe, Karsten Gebhardt, Christoph
Schüler, Diakonin Silke Doll-Druffel,
Pastor Dr. Udo Krolzik
Jeder Einzelne müsse Verantwortung übernehmen, und jeder
Einzelne müsse einsehen, „dass Menschen tatsächlich auf
Zuwendung angewiesen sind.“ Im Ev. Johanneswerk sei der
Begriff der Mitleidenschaft gelebte Unternehmenskultur im
Sinne einer „Hinsehverpflichtung“ und dem daraus folgenden
helfenden diakonischen Handeln, so Krolzik.
An diesem Tag wurden zudem bei einem Gottesdienst zwei Mitarbeiter in ihr neues
Leitungsamt eingeführt: Diakonin Silke Noll-Druffel, Seelsorgerin in der Region Bochum/Herne, und Christoph Schüler, Geschäftsführer der proService GmbH. [UP]
Bodo de Vries wird neuer Geschäftsführer im Johanneswerk
„Vielfalt der Lebensstile in Einrichtungen erhalten“
BIELEFELD. Dr. Bodo de Vries wird neuer Geschäftsführer des Bereichs
Soziale Arbeit und Gesundheit im Ev. Johanneswerk in Bielefeld. Er folgt
Eckehard Herwig, der nach 34 Jahren im Ev. Johanneswerk in den Ruhestand geht.
De Vries wird am 1. April 2006 die Leitung des Geschäftsbereiches Soziale Arbeit
und Gesundheit übernehmen und damit für die inhaltliche Ausrichtung der diakonischen Arbeit zuständig sein. In enger Zusammenarbeit mit dem Vorstand und den
anderen beiden Geschäftsführern der Geschäftsbereiche Personal und Finanzen
wird der 41-Jährige die fachliche Weiterentwicklung in den rund 70 Einrichtungen
des Ev. Johanneswerks intensiv mitgestalten. „Für mich ist es eine besondere Herausforderung, auch in Zukunft eine große Vielfalt von Lebensstilen entsprechend
den Bedürfnissen älterer, kranker und behinderter Menschen in den Einrichtungen
des Ev. Johanneswerks zu ermöglichen“, betont de Vries. „Dies wird angesichts der
sehr begrenzten finanziellen Ressourcen, die zur Verfügung stehen, eine besondere
Aufgabe sein.“
De Vries kommt von der Europäischen Senioren-Akademie (ESA) in Ahaus, die er
seit 1997 leitet. Er ist Diplom-Sozialwissenschaftler und promovierte in Gesellschaftswissenschaften. Er ist verheiratet, Vater dreier Kinder und lebt zurzeit in Bocholt. [AK]
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Dr. Bodo de Vries
Hoher Besuch am Heiligen Abend
BIELEFELD. Eine Bescherung der besonderen Art haben Mitarbeiter und Bewohner
des Hauses Nordpark zu Weihnachten erlebt. Der Präses der westfälischen Landeskirche, Alfred Buß( Foto l.), besuchte erstmals Menschen in Bielefeld, die auch
am Heiligen Abend Dienst tun: Neben der Verkehrszentrale von moBiel kam er auch
in das Haus Nordpark, einer Einrichtung des Ev. Johanneswerkes zur Resozialisierung für haftentlassene und von Haft bedrohte Männer und Frauen. Auch im Gespräch mit den Bewohnerinnen und Bewohnern fand der Mann mit der imponierenden Statur die richtigen Worte. Er wünschte ihnen für das Jahr 2006 das Gefühl,
wieder gebraucht und erwünscht zu sein. Zum guten Schluss überreichte er den
Bewohnern zu ihrer großen Freude noch eine Dartscheibe als Weihnachtsgeschenk. [GABRIELE WALCZAK]
FOTO: ANDREAS DUDERSTEDT
Zehn Jahre Hospizarbeit im Ev. Johanneswerk
BIELEFELD. In diesem Jahr feiert die Hospizarbeit des Ev. Johanneswerks
ihr zehnjähriges Bestehen. Die Hospizarbeit setzt sich für eine engagierte
und qualifizierte Begleitung Sterbender und deren Angehöriger ein.
Schwerpunkt bildet dabei die Sterbebegleitung in stationären Einrichtungen. Ehrenamtliche Hospizhelferinnen und -helfer werden für die verantwortungsvolle Aufgabe vorbereitet und während ihres Einsatzes betreut.
Im Jubiläumsjahr lädt die Hospizarbeit
u.a. zu einer Vortragsreihe ein. Die Auftaktveranstaltung fand bereits im Februar statt: Pastor Dr. Udo Krolzik,
Vorsitzender des Vorstands des Ev. Johanneswerks, referierte über das Thema: „So will ich nicht sterben ...!“ –
Ethische Überlegungen zur neuerlichen
Diskussion über ein selbstbestimmtes
Sterben.
Am 26. April um 19.30 Uhr spricht die
Diplom-Pflegewirtin Anke Fesenfeld
zu: „Wenn es keine Worte gibt - Basale
Stimulation am Lebensende“. Prof. Dr.
med. Klaus Dörner referiert am 14.
Juni um 19 Uhr zu „Depressionen im
Alter“. Antje Petersen und Pastor Rolf
Gräfe stellen am 30. August um 19.30
Uhr das Thema „Seelsorge und Demenz“ vor. Eine Anmeldung zu den Veranstaltungen ist nicht nötig. Die Vorträge finden in der Johannesstift-Kapelle,
Schildescher Str. 99 in Bielefeld statt.
Infos bei der Hospizarbeit
0521.801-2660/2. [AK]
unter
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Fachstelle im Ev. Gemeindedienst vermittelt Pflegekinder
Happy End und Anfang
eines schweren Weges
BIELEFELD. Mit sechs Jahren kannte Christian* das Wort ‚Tomate' noch
nicht. Für sein Alter war er viel zu dünn und schmächtig, Folgen des Bewegungsmangels. Christians Mutter war jung und überfordert. Wenn ihr
wieder mal alles zuviel wurde, sperrte sie ihren kleinen Sohn stundenlang
in seinem Zimmer ein, oft ohne Essen. Die ambulanten Maßnahmen der
Hilfe zur Erziehung scheiterten und das Jugendamt sah sich gezwungen,
Christian in Obhut zu nehmen. Die Fachstelle für Pflegekindervermittlung
des Ev. Gemeindedienstes im Ev. Johanneswerk suchte in der Folge eine
neue Familie für Christian, in der er Zuwendung und Förderung bekommen sollte.
FOTO: WERNER KRÜPER
Regelmäßiges Essen, Liebe und Zeit für Kinder sind nicht immer selbstverständlich
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Das Ehepaar K. hatte lange gebraucht, um nach einer Fehlgeburt zu akzeptieren,
dass sie keine eigenen Kinder bekommen würden. Alternativen wie künstliche Befruchtung oder eine Auslandsadoption kamen für sie nicht in Frage. Sie beschlossen, sich bei der Pflegekindervermittlungsstelle des Ev. Gemeindedienstes zu bewerben. Zunächst folgte in Zusammenarbeit mit dem Fachdienst eine inhaltliche
Auseinandersetzung mit dem Thema sowie eine Überprüfung der Fähigkeiten des
Paares als potentielle Pflegeeltern. Es wurden Motive und die Konsequenzen dieses Schrittes analysiert. 1992 war es soweit. Sie bekamen die sechsjährige Nadine*
und zwei Jahre später Christian als Pflegekinder vermittelt. Der damals 43-jährige
Wolfgang K. gab seinen Beruf auf, um ganz als Pflegevater für die Kinder da zu
sein.
VERNACHLÄSSIGUNG HINTERLÄSST SPUREN
Was wie ein „Happy End“ klingt, ist der Anfang eines schweren Weges. Die traumatischen Erfahrungen, die Kinder wie Nadine und Christian in ihren ersten Lebensjahren machen mussten, prägten ihr Verhalten und ihre Bindungsfähigkeit. Dipl.Sozialarbeiterin Elke Hetzel von der Pflegekindervermittlung des Ev. Gemeindedienstes erklärt: „Viele Kinder, die in Pflegefamilien leben, haben früh gelernt, dass
sie sich auf Erwachsene nicht verlassen können und trauen deshalb nur sich selbst.
Sie sind häufig verhaltensauffällig, testen viel stärker als andere Kinder ihre Grenzen aus und provozieren Erwachsene.“ Die Arbeit von Hetzel beschränkt sich daher
nicht ausschließlich auf die Vermittlung, sondern sie bleibt Ansprechpartnerin für
Kinder, Pflegeeltern und Herkunftsfamilie, bis die Kinder als junge Erwachsene in
die Selbstständigkeit entlassen werden können.
Nadine und Christian akzeptierten außer ihren (Pflege-)Eltern kaum andere Personen, wenn es um das Einhalten und Umsetzen für sie neuer, sozialer Regeln ging.
Das führte dazu, dass beide teilweise mehrfach wegen ihres Verhaltens Schulen
verlassen mussten. Christian haute immer wieder ab, um dann mitten in der Nacht
bei wildfremden Leuten mit der Bitte anzuklingen, seine Eltern mögen ihn abholen.
Einige Male wurde er auch von der Polizei nach Hause zurückgebracht und entkam
- noch während die Beamten im Haus waren - wieder aus dem nächsten Fenster.
Peinliche Situationen für die Eltern.
„Ohne professionelle Hilfe hätten wir es nicht geschafft“, erzählen Ulrike und Wolfgang K. Sie stehen im ständigen Kontakt mit Elke Hetzel. Besonders schätzen sie
es, dass sie bei akuten Problemen auch nach Feierabend oder am Wochenende in
der Sozialarbeiterin eine kompetente Ansprechpartnerin haben, die sie auch an
Therapeuten und Ärzte weitervermitteln kann.
MIT VIEL GEDULD ZUM ERFOLG
Es hat viel Zeit und Geduld gekostet, die Kinder darauf einzustimmen, sich auf ein
„neues“ Eltern-Kind-Verhältnis einzulassen. Ulrike und Wolfgang K. waren stolz auf
jeden erzielten Erfolg. „Als Christian das erste Mal eine Umarmung zuließ, war dies
ein sehr großer Vertrauensbeweis“, erzählt Ulrike K. Es gab und gibt aber auch
Rückschläge - selbst jetzt noch im Alter von 20 und 18 Jahren. Die Entwicklungsverzögerungen der ersten Jahre können nicht einfach aufgeholt werden, und so
brauchen Nadine und Christian mehr Hilfe und Begleitung durch ihre Eltern als andere Gleichaltrige. In Krisenzeiten brechen auch überwunden geglaubte Verhaltensweisen wieder durch. Dann fängt Christian wieder an, Notvorräte an Lebensmitteln unter seinem Kopfkissen zu bunkern. Wie damals, als seine Mutter ihn einsperrte. [MD]
*Alle Namen geändert. Sie sind der Redaktion bekannt.
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Ev. Bildungszentrum für Gesundheitsberufe trägt politischem Trend Rechnung
Vernetzung bietet neue Chancen
BIELEFELD. An Größe und Schlagkraft sind die Institutionen - jede für sich
- eine bekannte Marke. Die beiden großen diakonischen Träger Ev. Johanneswerk und von Bodelschwinghsche Anstalten Bethel haben durch die
Zusammenlegung ihrer Krankenhäuser zum Ev. Krankenhaus Bielefeld
schon eine Vorreiterfunktion in Sachen Zukunftssicherung übernommen.
Konsequent folgt nun die Zusammenlegung der Ausbildungsstätten zum
Ev. Bildungszentrum für Gesundheitsberufe. Unter dem Dach des Ev. Bildungszentrums sind am Standort Bielefeld drei Gesundheits- und Krankenpflegeschulen, die Kinderkrankenpflegeschule, zwei Fachseminare für
Altenpflege (Vollzeit und Teilzeitausbildung) sowie je eine Schule für Ergotherapie und für Diätassistenz mit insgesamt 650 Ausbildungsplätzen vereint.
„Wir tragen damit nicht nur, aber auch einem politischen Trend Rechnung“, sagt Dr.
Martin Sauer, Geschäftsführer der Ausbildungsstätten. Und der gehe zu einer gemeinsamen Alten-, Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung. Bislang unterrichtete jede Schule auf der Grundlage der gesetzlichen Vorgaben nach eigenem Lehrplan. Das soll jetzt dort, wo es sinnvoll ist, stärker verknüpft werden. Die Zusammenführung der Schulen bietet die ideale Voraussetzung für eine qualitativ
hochwertige Ausbildung, von der sowohl die Auszubildenden als auch die Einrichtungen des Gesundheitswesens zukünftig stärker profitieren werden.
„Natürlich ist so eine Fusion keine Sache von drei Tagen“, meint Sauer. Obwohl die
Schulen seit Jahren kooperieren, warten auf den Schulverbund große organisatorische Aufgaben. Die Organisationsstruktur des Bildungszentrums muss neu geplant, Lehrpläne müssen einander angepasst werden und ein Lehrkörper aus 50
Kollegen will kollegial vernetzt und geführt sein. Die gemeinsame Personalarbeit
bringt aber auch mehr soziale Sicherheit mit sich. „Insgesamt ist es ein langsamer
und auch ein vorsichtiger Prozess“, so Sauer. „Man muss eine Zeit des Zusammenwachsens so gestalten, dass möglichst viele Mitarbeitende den Weg mitgehen können“, sagt er, der selbst ein Wanderer zwischen den Welten ist, den Welten Bethels
und des Ev. Johanneswerks.
Was er und sein Kollegium im Hintergrund organisieren, bemerken zunächst die
Pädagogen, die das Lehrkonzept in ihren Stunden umsetzen. Wie zum Beispiel Monika Koopmann. Seit zwölf Jahren unterrichtet sie an der Krankenpflegeschule auf
dem Johannesstiftgelände. Sie sieht in der Fusion viele Chancen für sich und die
Schüler. „Es wird zahlreiche Projekte in der Ausbildung geben, die Schülerinnen
können in der praktischen Ausbildung auf viel mehr Einrichtungen zugreifen als vorher.“ Darin läge auch die Chance, für die Zukunft einen Arbeitsplatz zu entdecken
und sich vor Ort zu empfehlen. Durch das neue Krankenpflege-Gesetz kommt auch
Mehrarbeit auf die Lehrkräfte zu. „Im Krankenpflegebereich fallen 500 Stunden
mehr Unterricht pro Jahr an, die müssen natürlich auch gestemmt werden“, so Koopmann. Sie können aber jetzt auf mehr Köpfe verteilt werden.
Lernen am Modell: Pflegeschüler werden im Bildungszentrum praktisch
ausgebildet
FOTOS: WERNER KRÜPER
2|
Ein Mal im Monat treffen sich die Kollegen aller Schulen und entwickeln neue Lehrpläne für den Unterricht. Ein kommunikativer Jahrmarkt jahrelanger Lehrerfahrung.
„Der Austausch unter den Kollegen ist eine große Chance, von der die Schüler am
Ende enorm profitieren werden“, sagt auch Marita Heimann, die die Schulen im Johannesstift und das Fachseminar Sarepta leitet. „Durch die Vernetzung werden viele Spezialbereiche bekannter und die Schüler können an diesem Wissen teilhaben.“
Beide diakonischen Träger, so Heimann weiter, können in ihren Einrichtungen alle
Berufsbereiche der Gesundheitspflege anbieten. Denn eins wissen alle - Lehrer,
Politiker und aufmerksame Schüler: Die Gesundheitspflegeberufe sind die Berufe
mit Zukunft. [SH]
Ungewisser Blick in die Zukunft für Ausbildungsstätten
Altenpflegeschulen in Gefahr
BIELEFELD. Schöne Bescherung der Landesregierung für Schulen, Auszubildende und alte Menschen: Pünktlich zum Weihnachtsfest 2005 hat die
Landesregierung NRW „vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage“ zahlreiche Kürzungen vorgenommen, von denen auch die
Fachseminare für Altenpflege betroffen sind. Deren Betriebskosten werden 2006 um sechs Prozent und ab 2007 um 12 Prozent gekürzt.
Mit dramatischen Folgen für die Ausbildungsstätten. Schon seit Jahren müssen
diese erhebliche Defizite einstecken; mehrere Fachseminare in NRW sind bereits
geschlossen worden. Hauptsache dafür ist die unzureichende Finanzierung von
Seiten des Staates. Der Förderbeitrag pro Auszubildendem ist - trotz steigender
Kosten - seit ca. zehn Jahren nicht erhöht worden. Zugleich ist in dieser Zeit die
Förderung von Umschülern durch die Arbeitsämter fast gänzlich entfallen. Hinzukommt, dass sich durch das neue Bundesaltenpflegegesetz die Finanzierung der
praktischen Ausbildung verändert hat. Dadurch ist die Zahl der Ausbildungsplätze
in den Einrichtungen für den praktischen Teil erheblich zurückgegangen.
Als Folgen der erneuten Kürzungen werden entweder Schulen geschlossen oder
die Qualität wird massiv sinken. Außerdem wird die Zahl der Schulplätze in der Altenpflege – wie auch in der Krankenpflege – weiter abnehmen. Und das in einer
Zeit, in der:
• viele junge Menschen und auch Umschüler Ausbildungsplätze suchen,
• unsere älter werdende Gesellschaft in Zukunft noch mehr Pflegefachkräfte
benötigt,
• Pflegefachkräfte vergleichsweise sehr gut einen Arbeitsplatz finden können.
Konsequenzen hat die Entscheidung der Landesregierung auch für das Ev. Johanneswerk und die von Bodelschwinghschen Anstalten Bethel, die ihre Schulen zu
dem Ev. Bildungszentrum für Gesundheitsberufe zusammen geschlossen haben.
Dazu gehören sechs Schulen mit 650 beruflichen Ausbildungsplätzen, davon 250 in
der Altenpflege.
Für das Fachseminar des Ev. Johanneswerkes bedeuten die Kürzungen im Jahr
2007 bei 120 belegten Schulplätzen, dass künftig statt der gesetzlich vorgesehenen 43.000 Euro mehr als 100.000 Euro Eigenmittel pro Jahr aufgebracht werden
müssen. Das Ev. Johanneswerk bildet - wie auch die anderen Schulträger - nicht
nur für den eigenen Bedarf aus. Damit übernimmt es einen gesellschaftlichen Auftrag, der sonst von staatlichen Berufsschulen geleistet wird. Für Dr. Martin Sauer,
Geschäftsführer der Ausbildungsstätten, bedeuten die Kürzungen: „Der komplette
Wirtschaftsplan fürs laufende Jahr muss überarbeitet werden und wir müssen alle
gemeinsam schauen, wie die fehlenden Mittel draufgelegt werden können.“ [DR.
MARTIN SAUER/UP]
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Jörg Frische meistert sein Leben - so selbstständig wie möglich, mit so viel Hilfe wie nötig
Jörg Frische arbeitet in der Heinrichstraße
„Wollen Sie
ein Autogramm?“
BIELEFELD. Angestarrt zu werden, daran hat er sich längst gewöhnt. Nur
wenn er mit „Läufern“ zusammen unterwegs ist, fühlen die sich oft davon
irritiert und genervt. „Läufer“ sind für Jörg Frische die „normalen“ Leute.
Doch normal fühlt er sich auch, selbst wenn er behindert und auf den
Rollstuhl angewiesen ist.
Jörg Frische ist seit Geburt Tetra-Spastiker. Kein perfekter Start ins Leben. Arme
und Beine sind von Koordinationsstörungen betroffen. Umso stolzer ist er auf das,
was er erreicht hat: einen guten Schulabschluss, eine Lehre als Bürokaufmann, ein
Auto und eine eigene Wohnung. Finanzieren kann er das durch sein Gehalt, das er
beim Ev. Johanneswerk als Wohnprojektberater verdient. Immer noch keine Selbstverständlichkeit für einen Behinderten. Alles zusammen bedeutet das für ihn: größtmögliche Selbstständigkeit. „Ich wollte immer auf eigenen Beinen stehen“, sagt der
Dreißigjährige ganz ohne Ironie. Einige Tätigkeiten wie zum Beispiel Putzen oder
Nägelschneiden wird Frische nie alleine bewältigen können. Doch dank moderner
Pflegekonzepte hat er die Möglichkeit, gezielt nur bestimmte Hilfeleistungen einzukaufen, ohne weite Teile seiner Selbstständigkeit aufgeben zu müssen.
Er arbeitet in der Heinrichstraße, wo er eine für ihn ideale Kombination von Arbeitsund Lebensstätte hat. Dort bietet die Bielefelder Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft (BGW) in Kooperation mit dem Ev. Johanneswerk Wohnen mit Versorgungssicherheit an. Ältere Menschen mit und ohne Pflegebedarf, Menschen mit Behinderungen und Menschen, die alleine sind, wohnen in 42 Appartements. Bei Wunsch
oder Bedarf der Bewohner ist eine Wohnküche und ein 24-Stunden-Pflegebüro integriert.
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Als Mitarbeiter des Verwaltungs-Teams ist Frische Ansprechpartner für alle großen
und kleinen Sorgen der Bewohner. Ob es sich um Anträge bei Behörden, Programmierung von Fernsehern oder Organisation des Winterdienstes handelt, Frische
hilft, delegiert Aufgaben - und profitiert selbst von dem Betreuungskonzept. Behinderte Menschen zu integrieren ist heute noch genauso wichtig wie vor 13 Jahren,
als die Vereinten Nationen zum ersten Mal den Internationalen Tag der Behinderten
ausriefen. Doch helfen solche Gedenktage wirklich etwas?
Jörg Frische hält nicht viel davon. Er bemerkt, wie der Ton untereinander rauer wird,
immer mehr Menschen arbeitslos werden und der Neid wächst. Schon wird er
manchmal dumm angepöbelt, wenn er mit seinem Elektro-Rollstuhl auf der Straße
fährt. Wie teuer der denn gewesen sei und warum er so etwas habe, wenn sie so
wenig hätten. „Wenn die Entwicklung so weiter geht, wird die Stimmung in der Gesellschaft irgendwann kippen“, prophezeit er, „und dann sind die Behinderten die
ersten, denen es an den Kragen geht.“
Akzeptanz fordert er nicht nur einmal
jährlich ein, sondern jedes Mal, wenn
er das Haus verlässt oder neue Menschen trifft. Akzeptanz bedarf der Aufklärung und eines offenen Miteinanders. Deshalb hat er auch kein Problem damit, wenn fremde Menschen
auf ihn zukommen und Fragen stellen.
Besonders Kindern erklärt er gerne,
was es mit seiner Behinderung auf
sich hat. Nur das Starren, das seine
Läufer-Freunde so irritiert, versucht er
zu ignorieren. An guten Tagen klappt
das, an schlechten nicht. Dann spricht
er auch schon mal einen besonders
penetranten Gaffer an und fragt
freundlich: „Wollen Sie ein Autogramm?“ [MD]
Verkehrsspäterziehung
Jung, dynamisch, rücksichtslos
BIELEFELD. Im Kurzfilm „Verkehrsspäterziehung“ parkt ein Mann bei freier Auswahl
ausgerechnet auf dem Behindertenparkplatz - und bekommt dafür eine Nachhilfestunde, die sich gewaschen hat. Dass diese Verkehrssünde kein Kavaliersdelikt ist,
findet auch das Ev. Johanneswerk und verleiht dem Regisseur Henrik Frankenfeld
aus Rheda-Wiedenbrück den Sonderpreis des 16. Kurzfilmfestivals im Filmhaus
Bielefeld. Thema des Wettbewerbs war „Gegen jede Regel - Rebellion“.
„Aus unserer täglichen Arbeit wissen wir, dass Menschen mit Behinderungen eine
Menge können und ihr Leben oft hervorragend selbst meistern. Man darf ihnen nur
keine Steine in den Weg legen. Deswegen war ‚Verkehrsspäterziehung' für uns mit
Abstand die beste Wahl“, sagt Ulrike Posch, Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Ev. Johanneswerk.
Frankenfeld hat seinen Preis schon eingelöst - ein Wochenende zu zweit in Berlin
mit Besuch des Filmmuseums am Potsdamer Platz. Sein Film hat auch die Jury von
Filmhaus und WDR-Studio Bielefeld überzeugt. Sie wählte ihn aus rund 120 Filmen
auf den zweiten Platz. [SO]
|15
Erste Jobs durch Hartz IV vermittelt
Endlich wieder ein
Leben mit geregelter Arbeit
MÄRKISCHER KREIS/ENNEPETAL.
Das Johanneswerk hat früh, aber
sehr behutsam begonnen, Arbeitsgelegenheiten nach Hartz IV einzurichten (s. Unser Werk Dezember
2005). Mittlerweile gibt es einige
erfreuliche Entwicklungen zu vermelden. Von rund 100 arbeitslosen
Menschen, die in den Einrichtungen begleitet von Qualifizierungsmaßnahmen gearbeitet haben,
wurden fünf anschließend in ein
Dienst- oder Ausbildungsverhältnis übernommen. Zwei von ihnen
möchten wir hier vorstellen.
Herbert Glass kann endlich seine
Fähigkeiten als CNC-Fachkraft anwenden
FOTOS: RICHARD RAATZ
Herbert Glass ist gelernter Dreher. Als der 46-Jährige im Jahre 2000 arbeitslos wurde, blieben alle seine Bewerbungen erfolglos. Als ein probates Mittel zur Verbesserung der Vermittlungsfähigkeit erfolgte eine Qualifizierung zur CNC-Fachkraft. Die
Bewerbungen blieben jedoch weiterhin ergebnislos. Es gab viele Absagen oder
noch schlimmer - überhaupt keine Rückmeldung.
Nachdem dann die neuen Hartz IV-Gesetze in Kraft getreten waren, suchte er sofort den für ihn zuständigen Fallmanager auf. Dort wurde ihm eine Arbeitsgelegenheit in den Märkischen Werkstätten Freisenberg des Ev. Johanneswerks im Bereich
Betriebsmittelbau angeboten. Es gab für ihn viele Fragezeichen: Was würde im Betriebsmittelbau von ihm erwartet, oder wie werden die Begegnung mit den Menschen mit Behinderungen verlaufen? Doch der Einstieg gelang leichter als erwartet
und es gab für ihn endlich die Möglichkeit, sein erlerntes Wissen im CNC-Bearbeitungszentrum anzuwenden. Eine Arbeitsaufnahme nach zweieinhalb Monaten in einem anderen Unternehmen scheiterte noch. Doch es gab einen Weg zurück in die
Märkischen Werkstätten und im Dezember 2005 erfreulicherweise eine befristete
Anstellung im Bereich Betriebsmittelbau.
Andreas Donath-Seuster ist gelernter Industriemechaniker. Während der Arbeitslosigkeit qualifizierte der 43-Jährige sich zum Industriemeister, hatte bei seinen vielen
Bewerbungen jedoch keinen Erfolg. Er wollte unbedingt in eine Arbeitsgelegenheit
nach Hartz IV, denn ein Leben ohne geregelte Arbeit kann er sich nicht vorstellen.
Aus den vielen Angeboten entschied er sich sofort für die Arbeitsgelegenheit als
Hausmeisterhilfe in den Märkischen Werkstätten Werdohl, denn er hatte bereits in
einem anderen Werk der Märkischen Werkstätten hospitiert. Auch wenn in der Vergangenheit das Thema Menschen mit Behinderung in seinem Leben nicht vorkam,
machten ihm die Arbeit und die Begegnungen in der Werkstatt viel Freude.
Ein gutes Jahr für Andreas DonathSeuster, der Arbeit als Gruppenleiter
gefunden hat
6|
Bei der Nachbesetzung aufgrund von Altersteilzeit bewarb sich Donath-Seuster um
eine Gruppenleiterstelle in der Werkstatt und wurde im November 2005 befristet
eingestellt. Die neue Arbeit als Gruppenleiter findet er toll, wenn auch anstrengender als gedacht. Als das Hartz IV-Gesetz in Kraft trat, wurde seine Frau plötzlich
auch arbeitslos. Auch sie bewarb sich um eine Arbeitsgelegenheit bei der Stadt
und fand hierdurch eine Anstellung. Alles in allem war das Jahr 2005 für ihn und
seine Frau ein gutes Jahr. [RICHARD RAATZ, REGIONALGESCHÄFTSFÜHRER/AK]
mitLeidenschaft
Die Stiftung mitLeidenschaft wurde
2001 gegründet als Stiftung des Ev.
Johanneswerks zur Förderung und
Unterstützung innovativer Projekte in
der Diakonie. Die Stiftung hilft vor allem älteren Menschen und Familien,
die in Armut leben müssen. Sie fördert
Projekte für Kinder und Menschen mit
Behinderung sowie Projekte auf dem
Gebiet der Demenz. Vorsitzender des
Vorstands ist Pastor Dr. Udo Krolzik,
sein Stellvertreter Karsten Gebhardt.
Geschäftsführerin der kirchlichen Stiftung ist Ulrike Posch.
Stiftung mitLeidenschaft sammelt weiter Spenden für mobile Snoezel-Einheiten
Traum-Raum wird verlängert
BIELEFELD. Snoezelen - der Begriff sagt längst nicht jedem etwas. Dennoch findet das Projekt Traum-Raum für mobile Snoezel-Einheiten der
Stiftung mitLeidenschaft des Ev. Johanneswerks anhaltenden Anklang bei
Spendern. Großes Interesse an der Idee zeigen Alteneinrichtungen sogar
aus dem Ruhrgebiet und Süddeutschland. Darum verlängert die Stiftung
jetzt das Projekt Traum-Raum für Menschen in den Alteneinrichtungen
des Ev. Johanneswerks.
An dieser Stelle ein herzlicher Dank an
alle, die bereits gespendet haben! Damit noch mehr Menschen in den Genuss des Snoezelens kommen können, verlängert die Stiftung das Projekt Traum-Raum in diesem Jahr.
Schon mit fünf Euro ist ein Massageball finanziert, 50 Euro kostet ein Aroma-Streamer, ein Projektor 130 Euro.
Wenn auch Sie spenden wollen:
KD-Bank Münster, BLZ 350 60 190,
Kontonummer 888 888 888.
Mobile Snoezel-Einheiten erreichen Menschen, die nicht wie andere am Leben teilhaben können. Das Prinzip des Snoezelens (sprich: snuseln) kommt ursprünglich
aus der Behindertenarbeit. Dazu gehören Geräusche, Musik, Lichtreflexe, Aromadüfte, kleine Massagebälle. Je nach individuellen Wünschen und Bedürfnissen
kommt die Welt zu Menschen, die körperlich oder geistig eingeschränkt, krank oder
auch bettlägerig sind. Durch hören, sehen, fühlen, riechen oder schmecken werden
ihre Sinne erreicht.
Snoezelen ist Wohlfühlen. Weil die Sinnesreize das Gedächtnis anregen, ist Biographiearbeit also besonders wichtig. Pfleger in den Alteneinrichtungen des Ev. Johanneswerks müssen wissen, wie die Bewohner früher gelebt haben, an was sie
vielleicht gerne erinnert werden möchten, und was ihnen Angst machen könnte. Sie
müssen darauf achten, dass nicht negative Erlebnisse wachgerufen werden. So
kann zum Beispiel eine dunkle Lichtgebung in Verbindung mit dumpfen Basstönen
bei der Kriegsgeneration die Erinnerung an Fliegerangriffe wecken. Wenn aber eine
Altenpflegerin auch weiß, was der jeweilige Bewohner früher gerne gerochen, gegessen oder gehört hat, kann sie gezielt positive Erlebnisse wieder wachrufen. Jemand, der früher in der Landwirtschaft gearbeitet hat, wird sich vermutlich über
den Duft von frischem Heu oder über Vogelzwitschern freuen. [SO]
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Große Resonanz auf Aktion „Mitten unter uns“
Neue Westfälische
spendet 10.000 Euro
für Stiftung mitLeidenschaft
BIELEFELD. Herd, Fahrrad, Waschmaschine - eine Welle der Hilfsbereitschaft erreichte die Stiftung mitLeidenschaft des Ev. Johanneswerks bei
der Weihnachtsspendenaktion 2005. Erstmals hat die Stiftung mit der großen Tageszeitung Neue Westfälische kooperiert. Unter dem Motto „Mitten
unter uns“ berichtete die Zeitung in der Adventszeit regelmäßig über
Schicksale von Menschen in Bielefeld, die in Armut leben müssen. Viele
Zeitungsleser haben spontan zum
Telefonhörer gegriffen, um zu helfen. „Wir freuen uns sehr über die
große Resonanz, die wir auf die
Spendenaktion bekommen haben“,
sagt Ulrike Posch, Geschäftsführerin der Stiftung mitLeidenschaft.
„Noch immer kommen Geld- und
Sachspenden und gute Ideen bei
uns an“.
Braucht sich 2006 keine Sorgen um das Schulessen ihrer Kinder zu machen:
Immaculee Uwisa mit Tarik (li., 8) und Tony (7)
Sachspende macht mobil: Ulrich Wiechmann fährt mit seinem neuen Fahrrad zum
Einkaufen und zum Sport
8|
Handwäsche ist passé: Tatjana Tennert freut sich über die gespendete
Waschmaschine
Auch die Neue Westfälische setzt auf die Kompetenz der Johanneswerk-Stiftung,
dort zu helfen, wo die Not der Menschen am größten ist. Mit ihrer diesjährigen
Weihnachtsspende in Höhe von 10.000 Euro unterstützte sie die Arbeit.
Die meisten der großzügigen Spender möchten im Hintergrund bleiben: Ein Mann
hat das Schulkostgeld des ganzen Jahres 2006 für die beiden Kinder von Immaculee Uwisa, einer Asylbewerberin aus Ruanda, übernommen. Der epilepsiekranke
Ulrich Wiechmann kann sich mit einem Herd nach langer Zeit endlich wieder warme Mahlzeiten kochen, auch ein Fahrrad hat er geschenkt bekommen. Zahntechnik
Stegmann will Werner Sägebrecht* ein Gebiss anfertigen. Die junge Familie Ohlert*
kann ihre kleinen Zwillinge in einen nagelneuen Fahrradanhänger packen.
Durch die gelungene Zusammenarbeit mit der Neuen Westfälischen haben viele
Menschen von den Bedürfnissen in der unmittelbaren Nachbarschaft erfahren. Daraus hat sich ein Netzwerk engagierter Bürgerinnen und Bürger ergeben. „Bewusstsein zu schaffen ist uns hier ebenso gelungen, wie die Koordination von bürgerschaftlichem Engagement in der Region“, sagt Posch. „In den kommenden Monaten werden wir die Mittel, darunter auch die großzügige Spende der Neuen Westfälischen, dort einsetzen, wo sie am meisten gebraucht werden.“ [SO]
*Namen geändert
Kann jetzt mit ihren Zwillingen die Besorgungen erledigen: Jasmin Ohlert* lässt
sich den von der Organisation „Knirps & Co.“ gespendeten Fahrradanhänger
erklären
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IN KÜRZE
0|
+++
Handyaktion weitet sich aus BIELEFELD/GÜTERSLOH. Auch der Bertelsmann-Konzern sammelt Handys für die Stiftung mitLeidenschaft. Die Stiftung erhält von einer Recyclingfirma für
jedes alte Gerät eine Pauschale. Mit dem Erlös werden aktuelle Projekte der Stiftung gefördert. Karin Kurtz von Arvato
Systems koordinierte die Sammlung über das Intranet von
Bertelsmann.
+++
Stiftung & Sponsoring BERLIN. Die Geschäftsführerin der Stiftung mitLeidenschaft, Ulrike Posch, ist in den Redaktionsbeirat der
renommierten Fachzeitschrift Stiftung & Sponsoring berufen
worden. Ebenfalls im Beirat sitzen Arndt Funken (Bank Sarasin), Jan K. Schiffer (Beratungskanzlei Schiffer & Partner), Dr.
Christoph Schumacher (AMB Generali Holding AG), Harald
Spiegel (Dr. Mohren & Partner) und Dr. Volker Then (Bertelsmann Stiftung).
+++
Neue Spendensoftware BIELEFELD. Noch schneller und transparenter
werden jetzt die Spenden der Stiftung mitLeidenschaft verwaltet. Ende 2005 hat die Stiftung mit einer neuen Software
die komplette Adressverwaltung übernommen.
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Demografischer Wandel BERLIN. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen hat ausgewählte Stiftungen nach Berlin eingeladen
zum Thema „Demografischer Wandel.“ In der BertelsmannRepräsentanz Unter den Linden sprach die Stiftung mitLeidenschaft unter anderem mit Vertretern der Bertelsmann-,
Körber- und Robert-Bosch-Stiftung über Probleme und den
Umgang mit der demografischen Entwicklung in Deutschland. Die Stiftung mitLeidenschaft hat durch die Nähe zur diakonischen Arbeit des Johanneswerks praktische Einblicke
in gesellschaftspolitische Veränderungen.
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Kompetenzkreis Stiftungen OWL BAD SALZUFLEN. Rund 50 Stiftungen trafen sich in Bad Salzuflen auf Einladung des Regierungsbezirks Detmold zum ersten Kompetenzkreis Stiftungen in OWL. Die Stiftung mitLeidenschaft hat dort viele Kontakte zu anderen Stiftungen intensiviert oder neu geknüpft.
Für dieses Jahr sind weitere Treffen zu konkreten Themen
geplant.
+++
Meyer zu Bexten: konkrete Hilfe BIELEFELD/HERFORD. Der renommierte Nationenpreis-Reiter Ulrich Meyer zu Bexten aus Herford hat der Stiftung mitLeidenschaft über hundert HörgerätBatterien gespendet. Anlass war die Berichterstattung der
Neuen Westfälischen zur Spendenaktion „Mitten unter uns“
über Menschen, die in Armut leben müssen. Meyer zu Bexten möchte mit dieser kleinen Geste der zunehmenden Zahl
älterer Menschen helfen, die sich schon Anschaffungen wie
Hörgerätbatterien kaum noch leisten können.
Europa erleben:
Seniorenresidenz
in Spanien feiert Jubiläum
MONTEBELLO. Leben unter der warmen Sonne am Meer immer mehr Nordeuropäer erfüllen sich diesen Traum. Doch
diese Auswanderer werden älter und bedürfen einer altersentsprechenden Betreuung im geschützten Rahmen. Für sie betreibt das Ev. Johanneswerk drei Alteneinrichtungen in Spanien. Die älteste von ihnen, die Seniorenresidenz Montebello
in La Nucía, feierte im Dezember 2005 ihr 10-jähriges Jubiläum. Erbaut von dem Verein „Seniorenhilfe Montebello“,
übernahm das Johanneswerk die Residenz 2001. Da war aufgrund der großen
Nachfrage bereits ein zweites Haus im Bau. Die Residenz Montebello sei „ein gelebtes Stück Europa“, sagte Pastor Dr. Udo Krolzik, Vorsitzender des Vorstands des
Ev. Johanneswerks, in seinem Grußwort zur Jubiläumsfeier. Sechs Nationen leben
hier unter einem Dach. Sie kommen vorwiegend aus Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz.
Das Erfolgskonzept der Residenz lautet: Betreutes Wohnen mit Versorgungssicherheit. „Das Haus ist immer voll ausgelastet. Das bestätigt uns, dass wir mit unserem
Angebot richtig liegen“, sagt Anja Zimmermann, Leiterin des Stabsbereichs Europa. Die Bewohner leben so lange wie möglich selbstständig und selbstbestimmt in
ihren Appartements. Wer Unterstützung braucht, erhält sie ganz individuell abgestimmt. Eine Pflegestation im Casa Rosa ermöglicht es zudem, auch bei einem
sehr hohen Pflegebedarf in Montebello zu bleiben. Ein wichtiges Angebot gerade
für Ehepaare. [MD]
Viele Gratulanten in Montebello: (v.l.)
Hausleiter Wolfgang Gerlach, Honorarkonsul Dieter Fahnebrock, Geschäftsführerin vom Ev. Johanneswerk Spanien Astrid Meyer, Detlef
Weigel und Walter Zöller von der
Deutschen Botschaft Madrid, Vorsitzender des Vorstands des Ev. Johanneswerks Pastor Dr. Udo Krolzik
FOTO: HANS-JÜRGEN KRACKHER
Personalwechsel in Montebello
Wolfgang und Anne Gerlach
Wolfgang und Anne Gerlach, Leiter der Johanneswerk-Seniorenresidenz in Montebello in Spanien, gehen in den Ruhestand. Die Nachfolge übernimmt Monika Welchering. Sie verlässt nach 13 Jahren Herne, wo sie Leiterin der Alteneinrichtungen
Eva-von-Tiele-Winckler-Haus und Ludwig-Steil-Haus war. Die Pflegedienstleitung
in Montebello übernimmt Ewelina von Zweidorf. Sie war vorher Leiterin der Diakoniestation Ost in Bielefeld. [AK]
Umbau in Athen
läuft auf Hochtouren
ATHEN. Der umfangreiche Umbau des Hauses Koroneos in Athen läuft seit
Oktober des vergangenen Jahres auf Hochtouren. Die evangelische Kirche Deutscher Sprache in Athen setzt sich für die Einrichtung ein und hat
seit Jahren erfolgreich um Spenden geworben. So ist es gelungen, dass
nicht nur der Personenaufzug, die Zentral- und Waschküche durch
zweckgebundene Einzelspenden finanziert werden konnten.
Das Johanneswerk als künftiger Betreiber der Einrichtung ist ebenfalls vom Erfolg
des Hauses Koroneos überzeugt und plant diese Einrichtung mit 42 Plätzen Ende
2006 in Betrieb zu nehmen. Projektbetreuer Karlheinz Przybysz unterstützt und berät beim Umbau vor Ort. Die Baumaßnahmen verlaufen zügig und alle Beteiligten
arbeiten mit Begeisterung an „ihrem“ Haus. Natürlich gibt es noch viel zu tun, aber
der Einsatz für dieses zukunftsweisende Projekt wird sich lohnen. [ANJA ZIMMERMANN,
STABSBEREICH EUROPA]
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WDR-Intendant besucht Bewohner im Simeonsstift
Fritz Pleitgen trifft
seinen Fußball-Lehrmeister
VLOTHO. Der engagierte Hartz IV-Teilnehmer Jochen Berger, der Bewohner der Alteneinrichtung Simeonsstift Kurt Zentner, der Bundesligaverein
Arminia Bielefeld und der Intendant des Westdeutschen Rundfunks Fritz
Pleitgen: Wie gehören diese vier zusammen? Die Antwort: Jochen Berger
interessiert sich für die Lebensgeschichten der Bewohner der Johanneswerk-Einrichtung, der Bewohner erinnert sich an wichtige Ereignisse, ein
Intendant besinnt sich auf eine alte Freundschaft und ein Bundesligaverein begeht sein 100-jähriges Bestehen.
Kurt Zentner war früher leidenschaftlicher Fußballer und Mitglied der Jahrhundertelf
Arminia Bielefelds. Nach seiner aktiven Zeit bei Arminia Bielefeld wechselte er als
Spieler zur Mannschaft SV Ennigloh 09, die er später auch trainierte. Engagiert
nahm Jochen Berger Verbindung zur heutigen Bundesligamannschaft Arminia Bielefeld auf und ermöglichte Zentner unvergessliche Momente, die er trotz seiner
schweren Erkrankung sehr genießen konnte. Im Rahmen der Feierlichkeiten zum
hundertjährigen Bestehen von Arminia Bielefeld besuchte Kurt Zentner in Begleitung von drei Mitarbeitern ein Bundesligaspiel und wurde anschließend zu einer
Feier in die VIP-Lounge eingeladen. Während des Spieles entwickelte Kurt Zentner
eine Begeisterung, die es ihm sogar ermöglichte, ohne fremde Hilfe (sonst nur mit
Assistenz) kurz aus dem Rollstuhl aufzustehen und den Spielern zuzuwinken.
Unter Eindruck dieser Erlebnisse versuchte ein Weggefährte
von Arminia Bielefeld, einen früheren freundschaftlichen Kontakt wieder aufleben zu lassen. Er schrieb einen Brief an Fritz
Pleitgen, der selbst unter der Regie von Zentner in Ennigloh
Fußball gespielt hat, und lud ihn kurzerhand zu einem Besuch
seines alten Freundes ein. Im Dezember 2005 war es dann
soweit. Gleich zu Beginn seines Besuches bat Fritz Pleitgen
darum, ein paar Filmaufnahmen durch das WDR-Studio Bielefeld drehen zu dürfen. 40 Minuten später war ein Kameramann aufnahmebereit. In einer gemütlichen Runde, bestehend aus Spielerkameraden und alten Weggefährten von
Zentner, wurden dann viele Geschichten und Anekdoten ausgetauscht. So erzählte Fritz Pleitgen, dass Kurt Zentner ihn
einmal fragte, wie es denn sein könne, dass er wenige Minuten nach Spielbeginn schon so erschöpft wirke?
Kurt Zentner (vorne) begrüßt WDR-Intendant Fritz Pleitgen (Mitte), den er
früher trainiert hat
FOTO: MARIANNE SCHLÄGER-KRAMER
Pleitgen erinnerte sich, dass er schon einmal Ende der fünfziger Jahre in Vlotho
war. „Wir spielten bei Hochwasser auf dem Platz an der Weser gegen Arminia Vlotho. Und die Arminen setzten uns immer stärker unter Druck. Wenn nichts mehr
ging, rief Kurt Zentner: „Jacho“. Das war unser Code-Wort für nach vorne Spielen.
Also schlug ich, um erst mal Zeit zu gewinnen, den Ball jedes Mal mit einem gewaltigen Schuss in die Weser“. Fritz Pleitgen hatte auch ein Geschenk für Zentner dabei. Er überreichte ihm sein neustes Buch „Reise durch den wilden Kaukasus“ mit
einer persönlichen Widmung: „Für Kurt Zentner, meinen Fußball-Lehrmeister“. Obwohl Kurt Zentner durch seine Krankheit sprachlich sehr beeinträchtigt ist, konnten
wir an seiner Mimik und Gestik deutlich erkennen, dass er interessiert den Gesprächen folgte und sich sehr gefreut hat. Ein kurzer Rundgang durch das Simeonsstift
beendete den erlebnisreichen Besuch. [MARIANNE SCHLÄGER-KRAMER, HAUSLEITUNG SIMEONSSTIFT,
2|
VLOTHO]
Der Ev. Gemeindedienst bietet Urlaub ohne Koffer an
Das Gepäck bleibt zu Hause
BIELEFELD. Der Ball hüpft über das bunte Tuch, genau auf das
Loch in der Mitte zu. „Hoch, hoch!“, rufen einige - gerade
noch geschafft, der Ball rollt daran vorbei und das heitere Spiel geht weiter. Die zehn älteren Spielerinnen
lachen und feuern sich gegenseitig an. Die Atmosphäre im Gemeindehaus der Kirchengemeinde
Stieghorst ist fröhlich und gelöst. Eine richtige
Urlaubsatmosphäre, nur ist dies ein ganz besonderer Urlaub: ein Urlaub ohne Koffer.
Seit 1997 organisiert der Ev. Gemeindedienst im Ev.
Johanneswerk dreimal im Jahr den jeweils viertägigen
„Urlaub ohne Koffer“ in Kooperation mit verschiedenen
Kirchengemeinden. Zukünftig ist geplant, Urlaub ohne
Koffer auch in einer vierten Gemeinde in einem anderen
Stadtteil anzubieten. Die Idee richtet sich an ältere Menschen mit
begrenzter Mobilität. Die meisten leben alleine und sind im Durchschnitt
88 Jahre alt. Der Wille, etwas zu unternehmen und Neues zu erleben, ist da, aber
körperliche Beschwerden sperren sie zunehmend in ihre Wohnungen ein. Einige der
vorwiegend weiblichen Teilnehmer werden von ambulanten Diensten pflegerisch
versorgt und manche zeigen erste Anzeichen von Demenz. Ihre Kontakte zur
Außenwelt sind rar geworden, wenn selbst kurze Wege zu Fuß zu einem Problem
werden. Und an Urlaub ist schon lange nicht mehr zu denken.
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FOTO: ANDREAS ZOBE
Beim Urlaub ohne Koffer ist schweres Gepäckschleppen nicht nötig. Die Teilnehmer werden morgens mit dem Auto zum gemeinsamen Frühstück abgeholt. Die
„Club-Animateure“, die Betreuerinnen des Ev. Gemeindedienstes und einige Ehrenamtliche, haben nicht nur Spiele zur körperlichen Bewegung und zum Gedächtnistraining vorbereitet, sondern auch kreative Aktivitäten wie Malen und Singen, und
ein Tagesausflug wird auch unternommen. Tätigkeiten, die Spaß und Abwechslung
in den Alltag bringen. Viele kommen aber vor allem, um Gesellschaft zu haben und
um neue Leute kennen zu lernen.
Wie Johanna Nähring, die der Frage nach ihrem Alter charmant ausweicht. Sie ist
schon zum achten Mal dabei und ist stolz darauf, den Weg zum Gemeindehaus
noch alleine zu Fuß laufen zu können. Nach dem Tod ihres Mannes und ihres Sohnes lebt sie ganz alleine und freut sich, Gleichgesinnte zu treffen. Der Kontakt zu ihren vielen Freundinnen, die sie beim Urlaub ohne Koffer schon getroffen hat, reißt
auch danach nicht ab, dank häufiger Telefonate.
Auch Ilse Meier ist alleinstehend, seitdem ihr Mann kurz vor der Goldenen Hochzeit
verstarb. Mit 78 Jahren ist sie noch eine der Jüngeren hier. Aber ein Schlaganfall
vor einiger Zeit hat seine Spuren hinterlassen. Zwar kümmert sich ihre Tochter liebevoll um sie, hilft ihr beim Putzen und bei wichtigen Telefonaten, aber trotzdem
fühlt sich die ältere Dame oft einsam. „Nach 50 Jahren Ehe hätte ich es mir nicht
träumen lassen, dass ich eines Tages alleine dastehen würde“, erzählt sie traurig.
Umso mehr begrüßt sie es, raus zu kommen und Leute zu treffen. Dank der sorgfältig ausgesuchten Veranstaltungsorte, die alle ebenerdig liegen und ohne Stufen
auch mit Gehhilfen erreichbar sind, muss sie sich dabei keine Sorgen um etwaige
Hindernisse machen. Kein Wunder, dass auch sie eine Wiederholungs-Urlauberin
ist.
Bei jedem Urlaub gibt es ein neues Programm - von Qigong bis zu gemeinschaftlichem Singen. Für Informationen wenden Sie sich bitte an: Barbara Lass, Tel.: 0521.
801-2726 oder Jutta Fehse-Neubauer - 4063. [MD]
T ERMINE
FÜR
2006:
• 4.-7. April 2006 in der
Kirchengemeinde Stieghorst
• 20.-23. Juni 2006 im
Begegnungszentrum Pellahöhe
mit der Kirchengemeinde MartiniGadderbaum
• 25.-28. Juli 2006 Stadtteil
Gellershagen in der DietrichBonhoeffer-KirchengemeindeGemeindezentrum Matthäus
• September 2006 (genauer Termin
steht noch nicht fest) in der
Kirchengemeinde Jöllenbeck
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BLICK ZURÜCK
In Iserlohn fanden die Bewohner eine Oase der Ruhe
FOTOS: VINCENT BÖCKSTIEGEL
„Hier lohnt es sich, alt geworden zu sein“
Neues Konzept erregte
international Aufmerksamkeit
BIELEFELD/ISERLOHN. Vor 50 Jahren begann das Johanneswerk mit dem
Bau von Alteneinrichtungen, deren neues Konzept international Aufmerksamkeit erregte. Ein Strom von Besuchern kam aus dem In- und Ausland,
um das „Dreistufensystem“ zu besichtigen. „Das System war ein wichtiger Schritt in Richtung moderne Altenarbeit“, erklärt Andreas Lüttig,
Fachleiter soziale Gerontologie, Ev. Johanneswerk.
Das „Dreistufensystem“ bestand aus einem Wohnheim und
einem Altersheim mit Pflegestation. Ziel war es, den alten
Menschen einen Umzug in eine fremde Einrichtung zu ersparen. So sollte durch das Verbleiben in der bekannten und gewohnten Umgebung von Anfang an ein Gefühl der Geborgenheit gegeben werden.
„Es ist hier wie in einer Oase der Ruhe“, erzählte Frau L. damals der lokalen Presse. Sie und ihr Mann waren die ersten,
die in das Wohnheim der Tersteegen-Wehme in Iserlohn einzogen. Nach der Flucht aus Breslau im Zweiten Weltkrieg,
den schweren Bombenangriffen, die sie in Leipzig erlebten,
und der Not der Nachkriegszeit ist das Wohnheim für sie der
Ort, an dem sie endlich zur Ruhe kommen. Eine andere 80jährige Dame formulierte es so: „Hier ist es so schön, dass es
sich lohnt, alt geworden zu sein“.
In den Jahren nach Fertigstellung der ersten Einrichtung, der
Tersteegen-Wehme in Iserlohn, und einer weiteren in Halle/
Westfalen berichteten Zeitungen und Fernsehen über die
Bauprojekte. Das zuständige Ministerium hatte zudem das
System zur Nachahmung empfohlen. Durch Vermittlung der
Bundesregierung kamen Delegationen aus Ländern wie
Frankreich oder Island nach Deutschland, um die neuen Alteneinrichtungen des Johanneswerks zu besichtigen.
In der Tersteegen-Wehme standen die Bedürfnisse der alten
Menschen im Mittelpunkt
4|
Sogar die Vereinten Nationen in Genf interessierten sich für
die neue Form der Alteneinrichtung: In einer internationalen
Ausstellung der UNO Ende der fünfziger Jahre wurde das
Modell der Tersteegen-Wehme als deutscher Beitrag auf dem
Gebiet der Altenbetreuung präsentiert.
ÄLTEREN MENSCHEN
EIN RICHTIGES Z UHAUSE BIETEN
Das Wohnheim der Tersteegen-Wehme verfügte über abgeschlossene Zweizimmerwohnungen, die aus Wohn- und Schlafraum, Kochnische und Bad bestanden.
Die alten Menschen wohnten selbstständig, wurden aber bei Bedarf, beispielsweise wenn sie erkrankten, von den Schwestern, die im Altersheim arbeiteten, betreut und bekamen das Essen von dort geliefert. Auch die groben Reinigungsarbeiten wurden vom Hauspersonal des Altersheimes erledigt. „Wenn dann eines Tages
die Schwachheit des Alters zu groß wird, steht den Bewohnern ein Platz im Altersheim oder in der Pflegeabteilung zur Verfügung“, schrieb der damalige Verwaltungs-Direktor des Johanneswerks Erwin Heunemann damals im Johannesruf.
„Das Dreistufensystem war das erste Konzept, das eine Ausdifferenzierung des Angebotes vorsah und damit an den Bedürfnissen der Bewohner ausgerichtet war“,
sagt Lüttig. Es habe der Altenarbeit einen starken Modernisierungsschub gegeben,
der sich bis in die 90er Jahre auswirkte. Erst dann kam der nächste Schritt, der darauf zielte, dass rüstige alte Menschen bei zunehmender Pflegebedürftigkeit nach
Möglichkeit nicht mehr in den Pflegebereich umziehen mussten, sondern die Pflegedienstleistungen auch in den Wohnbereichen und Altenwohnungen angeboten
wurden.
FOTO: ANDREAS ZOBE
Das Dreistufensystem sollte den Bewohnern ein richtiges Zuhause bieten. Auch der
Name Wehme ließ schon darauf schließen: Es ist ein altes deutsches Wort, das den
Ruhesitz eines Pfarrers bezeichnet. Kein Wunder, dass dem Johanneswerk allein
für die zwölf Zweizimmerwohnungen in der Tersteegen-Wehme mehr als 500 Anmeldungen vorlagen. [AK]
30 Jahre Grüne Damen
Grüne Damen bundesweit erstmals auch in Alteneinrichtungen im Einsatz - das war
vor 30 Jahren eine Neuigkeit. Im Dezember 2005 wurde diese Pionierarbeit mit einer Feier im Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Bielefeld gewürdigt. Ob Handarbeitsgruppe, Zeitungsrunde oder einfach nur Zuhören - die ehrenamtlichen Helferinnen kümmern sich liebevoll um die Bewohner der Alteneinrichtungen des Ev. Johanneswerks. Ursprünglich wurden Grüne Damen ausschließlich in Krankenhäusern eingesetzt. Das Bielefelder Beispiel hat Schule gemacht, und so erfreuen die Grünen
Damen Menschen bundesweit in 285 Alteneinrichtungen. Zur Jubiläumsfeier kamen: (v.l.) Detlef Knabe (Bezirksvorsteher Bielefeld-Schildesche), Klaus Witthinrich
(Geschäftsführer Diakonisches Werk der Ev. Kirche in Westfalen), Uta WegnerBruns, Pastor Rolf Gräfe, Pfarrer Hermann Rottmann vom Kirchenkreis Bielefeld.
(vorne): Martha Wilkenhöner (Grüne Dame), Erika Christiansen (Gründerin), Gabriele
Trull (1. Bundesvorsitzende Ev. Krankenhaushilfe, Bonn), Gabriele Walczak (Geschäftsführerin Region Bielefeld 1). [MD]
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Fachtagung in der Klinik am Hellweg
Männerspezifische
Suchtarbeit wird ausgedehnt
OERLINGHAUSEN. „Mann - Sucht Männlichkeiten,
Aspekte
und
Chancen einer männerspezifischen Suchtarbeit“, unter diesem
Motto stand eine überregionale
Fachtagung, zu der die Klinik am
Hellweg des Ev. Johanneswerkes
und die Organisation „Evangelische Fachverbände Sucht,
Rheinland-Westfalen-Lippe“
gemeinsam nach Oerlinghausen geladen hatten. Über 80 Teilnehmer
aus Suchtberatungsstellen und
aus der Suchtkrankenhilfe bewiesen eindrucksvoll die Aktualität
des Themas.
Alkoholsucht betrifft meistens Männer
FOTO: WERNER KRÜPER
Die Organisatoren hatten mit dem Diplom-Psychologen Dr. Arnulf Vosshagen von
der Essener Fachklinik Kamillushaus als Hauptreferenten einen ausgewiesenen Experten aus der Praxis gewinnen können. Vosshagen wies darauf hin, dass das Thema „Frau und Sucht“ seit nunmehr zwei Jahrzehnten bei Wissenschaftlern und
Praktikern besondere Beachtung finde; die spezifische Beziehung zwischen Männlichkeit und Sucht stoße hingegen erst in jüngster Zeit auf zunehmendes Interesse.
Hier gelte es, Verständnis zu wecken für die besonderen Bedürfnisse und Bedingungen suchtkranker Männer.
In der männerspezifischen Suchtarbeit müsse vor allem berücksichtigt werden,
dass suchtkranke Männer in der Regel sehr viel eher zu Gewalt neigten als suchtkranke Frauen. Die männliche Konfliktkultur sei in den meisten Fällen von einem
hohen Streben nach Dominanz geprägt und beim Bild, das Männer von sich selbst
zeichneten, klafften, so Vosshagen, der eigene Anspruch und die Wirklichkeit oft
ganz erheblich auseinander. Die spezifische Rolle, die Dominanz und Macht auch in
der Sexualität suchtkranker Männer spielen, gelte es in der männerspezifischen
Suchtarbeit ebenso zu berücksichtigen, wie die Tatsache, dass Männer ihrem eigenen Körper oftmals zu wenig Aufmerksamkeit schenkten. Vosshagen sprach hier
von einem „ungesunden Gesundheitsbewusstsein“; die Wahrnehmung der eigenen
Körperlichkeit sei – gerade bei suchtkranken Männern – oftmals unterentwickelt.
Karl-Heinz Kirchner, Abteilungsleiter in der Klinik am Hellweg, gab den Tagungsteilnehmern einen ersten Erfahrungsbericht aus dem noch recht „jungen“ Arbeitskreis
in Ostwestfalen-Lippe, der sich seit einiger Zeit speziell diesem Thema widmet. Die
Tagungsteilnehmer diskutierten nach den Fachreferaten in Arbeitsgruppen spezielle
Facetten des aktuellen Themas. Anschließend präsentierte Dr. Thomas Redecker,
Ärztlicher Direktor der Klinik am Hellweg, seinen Gästen den schmucken Neubau
der Klinik und die ersten Renovierungen des Altbaus.
Redecker und Ralph Seiler, Vertreter der Fachverbände Sucht, zogen als Gastgeber
einhellig Bilanz: „Eine Fachtagung auf hohem Niveau, die sich vor allem auch durch
eine angenehme Atmosphäre der gegenseitigen Wertschätzung auszeichnete. Wir
sind sicher, dass alle Teilnehmer eine Fülle von Denkanstößen und Anregungen aus
Oerlinghausen mit in ihre tägliche Arbeit nehmen.“ [MARTIN SCHÜTTE]
6|
Neues Angebot im Ev. Gemeindienst bei Medikamentensucht
Die unsichtbare Sucht
BIELEFELD. Christina P.* ist schüchtern und zurückhaltend. Eine sympathische Frau, die niemandem Probleme machen will, doch irgendwann
wurden ihr selbst die Probleme zuviel: Druck im Beruf, eine schmerzhafte
Trennung, eine schwere Erkrankung. Christina P. (49) fing an, täglich Tabletten zu nehmen, 17 Jahre lang, immer ein bisschen mehr - bis sie den
Mut fand, Hilfe zu suchen.
Die fand sie beim Ev. Gemeindedienst im Ev. Johanneswerk,
wo sie seit sechs Monaten betreut wird. Die Sucht-Karriere
von Christina P. ist typisch, bestätigt Diplom-Psychologe Ulrich Oppel vom Ev. Gemeindedienst. „Gerade Frauen greifen
oft zu Medikamenten“, erklärt er. „Anders als Alkohol verursachen Pillen keine Fahne oder aggressives Verhalten.“ Die
Frauen können unbemerkt ihrem Alltag nachkommen.
Medikamentenabhängigkeit ist eine meist unentdeckte Sucht.
Die Betroffenen können über Jahre Tabletten nehmen, ohne
dass ihr Umfeld etwas bemerkt. Daher nehmen nur wenige
Medikamentenabhängige ihre Sucht als Problem wahr und
suchen Hilfe. Nach Schätzungen sind in Deutschland genauso viele Menschen abhängig von Medikamenten wie von Alkohol (jeweils rund 1,7 Millionen). Doch nur 2000 Menschen
lassen sich jährlich behandeln, um von den Medikamenten
loszukommen. Im Vergleich dazu begeben sich 163.000 Alkoholiker jedes Jahr in Therapie.
Sogar der Ärztin von Christina P. fiel jahrelang nichts auf. Die
ehemalige Kassiererin Christina P. nahm einen Cocktail aus
Beruhigungs- und Schmerztabletten. Nach und nach erhöhte
sie die Dosierung, weil ihr Körper immer weniger auf die Medikamente reagierte.
Um den steigenden Konsum zu verstecken, wechselte sie häufiger die Ärzte.
Medikamentensucht betrifft meistens
Frauen
Ohne Tabletten ging es ihr schlecht, sie bekam Angstzustände und Schlafbeschwerden. Mit Medikamenten jedoch hatte sie das Gefühl „alles mit einem Lächeln überstehen zu können“. Probleme ließen sich wegschlucken, sie wurde gelassener, aber auch gleichgültiger. So gleichgültig, dass ihr 18.000 Euro Schulden
auf ihrem Konto und zwei Abmahnungen von ihrem Chef egal waren.
Am Ende zog Christina P. selbst die Notbremse. Nach zwei Zusammenbrüchen ließ
sie sich in eine Klinik zum Entzug einliefern. Die Klinikärzte vermittelten sie weiter
an den Ev. Gemeindedienst. Mit den dortigen Therapeuten, aber auch mit anderen
Süchtigen zu sprechen, hat ihr geholfen, sich ihren Problemen zu stellen. Noch
steht Christina P. am Anfang eines längeren Weges zurück in ein Leben, das sie
selbst bestimmt - nicht ihre Tabletten. Ihre Träume sind bescheidener geworden:
körperlich so gesund werden, dass sie vielleicht bald ganz auf die Schmerztabletten verzichten und wieder arbeiten kann, ihre Enkelkinder aufwachsen zu sehen
und die Schulden abzubezahlen. Die Therapeuten und die Schuldnerberatung im
Ev. Gemeindedienst werden sie dabei kräftig unterstützen.
FOTOS: WERNER KRÜPER
Zukünftig soll das Angebot des Ev. Gemeindedienstes bei
Medikamentenmissbrauch und -abhängigkeit noch ausgedehnt werden. Jeden Donnerstag wird von 10.30 bis 12 Uhr
eine Informations- und Gesprächsgruppe angeboten. Jeder
ist willkommen. Ein Vorgespräch sollte stattfinden. Weitere Infos: Ulrich Oppel, Tel.: 0521.801-2747. [MD]
*Name wurde geändert.
|27
Medienprojekte der Straffälligenhilfe im Ev. Gemeindienst
Dem Leben nach der
Haft eine Stimme geben
BIELFELD. Die Herangehensweise ist ungewöhnlich: Ehemalige Straffällige gehen in die JVA,
um Inhaftierte zu interviewen, und machen daraus eine Radiosendung. Gerade, weil sie die
Haft selbst erlebt haben, können sie einfühlsam und glaubwürdig darüber berichten. Heraus
gekommen ist die zweite Magazinsendung des Medienprojekts der Straffälligenhilfe, einer
Einrichtung des Ev. Gemeindedienstes im Ev. Johanneswerk, Titel der Sendung: „House
Nordpark Radio Show“, die bei Radio Bielefeld lief.
Wenn Werner Recker seine sonore Stimme vorm Mikrofon erhebt, dann hat er die
Aufmerksamkeit seiner Hörer schon gewonnen. Recker ist 37 Jahre alt und RadioLaie. 20 Jahre lang war er glücksspielsüchtig, hat wegen seiner Schulden gesessen
und danach eine Zeitlang im Betreuten Wohnen im Haus Nordpark gewohnt. Hier
hat ihn Thomas Wendland, Pädagoge der Straffälligenhilfe im Ev. Gemeindedienst,
für das Medienprojekt begeistern können. „Die Medienkompetenz zu steigern, aber
auch kreatives Potenzial an sicht- und hörbare Ergebnisse zu koppeln, das ist der
Hintergrund der Radio-Idee“, erinnert Wendland an die erfolgreiche erste Sendung
im Juni diesen Jahres. Auch der 26-jährige Peter Heidemann erhofft sich von dieser
Arbeit eine Perspektive.
Ein junger Musiker im Knast: Der 20-jährige Rapper Titus A.* ist wegen einer Gewalttat zu vier Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt und sitzt in der JVA BielefeldBrackwede 1 ein. Wie sich das anfühlt, darüber hat er einen Song getextet. „Schreiben ist für mich wie Tagebuchführen“, sagt er dem Radiomacher Recker von Haus
Nordpark ins Mikrofon und „seit ich hier drin bin, weiß ich, was Freiheit ist“. 23
Stunden „auf Zelle“, das ist besonders in der Untersuchungshaft normal. Spätestens hier realisieren viele Täter, was sie nicht nur anderen, sondern auch ihrem eigenen Leben angetan haben. „Mir tut das alles sehr, sehr leid“, sagt der junge
Mann ehrlich. Und meint damit nicht nur die Tat, sondern auch die Enttäuschung,
die er mit seinem Verhalten auch bei seinen Angehörigen ausgelöst hat.
DAS PRINZIP STÄRKE DURCHBRECHEN
„Die Jungs sind gut vorbereitet, haben klasse Musik mitgebracht, der Rest ist
Handwerk.“ Sagt Sabine Höhn von der DGB-Radiowerkstatt. Höhn koordiniert die
Termine, mischt die Beiträge, hilft beim Schneiden der O-Töne. Was sie an technischem Know-how einbringt, davon lernen auch Werner Recker und Peter Heidemann während der Produktion. Recker, der jetzt wieder in einer eigenen Wohnung
lebt, kann sich gut vorstellen, im Medienbereich Fuß zu fassen. „Es ist ja nicht nur,
dass die Arbeit Spaß macht. Wir können mit unseren Beiträgen hoffentlich auch
Menschen dazu bewegen, ein wenig mehr Verständnis für ehemalige Straffällige zu
haben.“ Im Knast, so Recker, herrsche das „Prinzip Stärke“. „Es ist dort nicht angesagt zu zeigen, wie man unter der Haft leidet“. Dieses Prinzip zu durchbrechen und
zurück in ein „ganz normales Leben“ zu finden, habe er sich fest vorgenommen,
auch wenn's oft schwer sei.
Thomas Wendland setzt auf so eine kreative Auseinandersetzung mit der eigenen
Vergangenheit. Gemeinsam mit seinem Kollegen Thomas Peckelsen leistet er Beratung für von Haft bedrohte Menschen, Inhaftierte, Haftentlassene und deren Ange8|
FOTO: WERNER KRÜPER
Augen und Ohren auf während der Produktion: Peter Heidemann ist einer der Mitarbeiter der Straffälligenhilfe, die gemeinsam
die Magazinsendungen für die Bürgerfunksendung gestalten
hörige. Wendland weiß aus jahrelanger Erfahrung und vielen Gesprächen in Bielefelder Gefängnissen, was Straffälligkeit für den einzelnen Menschen bedeutet.
„Nicht nur, dass der Kontakt zu Angehörigen in dem Moment abreißt, in dem sich
die Zelle hinter einem zum ersten Mal schließt“, so Wendland. Auch die Fähigkeit
zum selbständigen Handeln und Entscheidungen komme im straffen, vorgegebenen Knastalltag häufig unter die Räder.
Aus einer Kultur des Überlebens wieder ein lebenswertes Leben zu machen, daran
hat Pädagoge Wendland ein großes Interesse. Dass die Sendung ins Ohr geht, das
wünschen sich die Macher. [SH]
*Name auf Wunsch geändert
EINLADUNG
Z U R F A C H TA G U N G S T R A F - R Ä U M E
Die Fachtagung Straf-Räume des Hauses Nordpark
findet am 16. Mai 2006 in Bielefeld statt. Infos und
Anmeldung: Eckhard Tarner und Andrea Techentin
Tel. 0521.968-7639.
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Bastelgruppe engagiert sich für
Altentagesstätte des Ev. Johanneswerks
„Ich möchte meine
Zeit sinnvoll nutzen!“
Wilma Bruhns (79) nutzt ihre Zeit
sinnvoll: Sie bastelt für einen guten
Zweck
BIELEFELD. Ruth Rose schneidet aus Stoff die Teile für
einen Teddybären aus. Die rüstige 71-Jährige bastelt
gern, besonders für einen guten Zweck. Seit 13 Jahren
ist sie ehrenamtlich im Haus der Offenen Tür für ältere
Menschen (HOT) in der Kreuzstarße tätig. Durch die
Bastelgruppe in der Johanneswerk-Einrichtung hat sie
das Ehrenamt für sich entdeckt.
„Ich kannte das HOT durch die Bastelgruppe. Als ich noch berufstätig war, bin ich
jede Woche gekommen. Dann wurden Ehrenamtliche gesucht, da habe ich sofort
zugesagt. Seit ich Rentnerin bin, habe ich genug Zeit, und die möchte ich sinnvoll
nutzen!“ Nun ist sie jeden Montag hier: Morgens hilft sie im Café, nachmittags stellt
sie zusammen mit 13 weiteren Mitstreiterinnen kreative Arbeiten her. Diese werden
in jedem Jahr beim Adventsbasar im HOT verkauft. Die Einnahmen gehen an die
Einrichtung, um Mobiliar und Dekoration anzuschaffen. „Dank der Bastelgruppe ist
es hier noch schöner“, so Susanne Bartenbach, Leiterin des Hauses.
„Das HOT ist eine der schönsten Altentagesstätten in Bielefeld“, meint Ruth Rose.
„Die älteren Menschen fühlen sich hier wohl. Deshalb engagieren wir uns dafür,
dass es hier für alle so schön wie möglich ist. Wenn jeder gern herkommt, sehen
wir, dass wir etwas bewirken.“ [MAXIMILIAN SPÄTE]
Ein Fenster zum Himmel
für das Jacobi-Haus
Jederzeit offen für alle - die Kapelle
im Jacobi-Haus
FOTOS: WERNER KRÜPER
0|
BÜNDE. Ende Mai letzten Jahres wurde die neue Kapelle im
Jacobi-Haus Bünde in einem feierlichen Festgottesdienst ihrer Bestimmung übergeben. Seitdem steht ihre Tür täglich
weit offen und lädt Bewohner, Mitarbeitende und Gäste zu erholsamen Pausen ein. Wer hier über die Schwelle tritt, spürt
etwas davon, dass Himmel und Erde zusammengehören.
„Das tut richtig gut“, sagen viele, und sie werten das als eine Bereicherung ihres
Alltags. – Nun soll der für Aussegnungsfeiern, Andachten und Gesprächskreise geschaffene Raum weiter ausgestaltet werden. Wir möchten die Himmelsdimension
noch ein bisschen deutlicher machen. Ein Fenster zum Himmel, das entspricht unserem Traum. Gedacht ist an ein buntes Glasfenster aus vielen einzelnen Versatzstücken. Doch so etwas ist nicht gerade billig. Darum sind Spenden herzlich willkommen! Mit Ihrer Hilfe kann aus einem Traum Wirklichkeit werden. Kontakt:
05223.1787-50 [BERND HAINKE, HAUSLEITUNG]
FOTO: WERNER KRÜPER
Betreuung in allen Lebenslagen bieten das Ev. Johanneswerk und der Kirchenkreis Wittgenstein
Das Diakonische Werk Wittgenstein stellt sich vor
495.000 Kilometer auf
dem Weg zu den Menschen
WITTGENSTEIN. Seit dem 1.1.2004 ist das Diakonische Werk Wittgenstein
offiziell ein Teil der Region Wittgenstein des Ev. Johanneswerks.
Offene diakonische Arbeit, das bedeutet Hilfe. Hilfe für Menschen, die in sozialer
oder psychischer Not sind. Für Menschen, die wegen Krankheit oder aufgrund ihres Alters Hilfe benötigen. Genau diese Arbeit leistet in Wittgenstein seit zwei Jahren ein erfolgreiches Team: Das Ev. Johanneswerk und der Evangelische Kirchenkreis Wittgenstein, die vor zwei Jahren das Diakonische Werk Wittgenstein gegründet haben. 74 Mitarbeitende helfen den Menschen in der Region Wittgenstein
durch Beratung und Betreuung in allen Lebenslagen. Ob allgemeine Lebensberatung, Suchtberatung oder die Vermittlung von Pflegekindern, das Diakonische
Werk Wittgenstein ist ein kompetenter Ansprechpartner. Ambulante Dienste im
Pflegebereich werden durch die Büros der Diakoniestation in Bad Berleburg, Bad
Laasphe und Erndtebrück abgedeckt. Hier werden jährlich ca. 450 Menschen betreut, dafür legten die Mitarbeitenden im Jahr 2005 495.000 Kilometer zurück. Auch
in der Hospizarbeit ist das Diakonische Werk Wittgenstein für die Menschen in
Wittgenstein und Umgebung da.
„Das Engagement und die Motivation der Mitarbeitenden sind der wesentliche Faktor dafür, dass das Diakonische Werk Wittgenstein auch in Zukunft bei immer härter
werdenden Rahmenbedingungen bestehen kann“, sagt Ulf Helmrich, Geschäftsführer der Region Wittgenstein. „Denn nur mit den Mitarbeitenden und durch sie ist
die Diakonie stark. Stark für Andere, für ihre Klienten, die Menschen in Not und sozial ungerechten Verhältnissen.“
In der Region Wittgenstein des Ev. Johanneswerks gibt es außerdem Angebote im
Bereich der psychosomatischen, psychoanalytischen und sozialpsychiatrischen
Medizin. Die Klinik Wittgenstein in Bad Berleburg ist ein Krankenhaus speziell für
diese Gebiete. Dieses Angebot wird durch die angeschlossene Tagesklinik Netphen
vervollständigt. In unmittelbarer Nähe werden ältere Menschen in der Alteneinrichtung Haus am Sähling kompetent und liebevoll gepflegt und betreut. [ULF HELMRICH,
GESCHÄFTSFÜHRER REGION WITTGENSTEIN]
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Portugiesen räumten beim Songfestival ab
GRAZ. Die sechs Sänger der Mürwiker Band aus Flensburg gaben alles. Zum Sieg
hat es beim 6. European Songfestival für Menschen mit geistiger Behinderung 2005
im österreichischen Graz für die deutsche Gruppe am Ende leider nicht ganz gereicht. Zwölf Bands und Solokünstler aus ganz Europa waren am 18. November in
die Grazer Stadthalle gekommen, wo sie vor rund 3.000 Zuschauern ihr Können
darboten. Im Publikum feierten auch Mitarbeiter des Ev. Johanneswerks mit, das
2003 dieses jeweils zweijährig stattfindende Festival ausgerichtet hatte – als einzige Fans aus Deutschland.
Glückliche Gewinner 2005 waren Rita Joana und Marcio Reis aus Portugal, die mit
einer Eigenkomposition die achtköpfige Jury, vor allem aber auch das begeisterte
Publikum, überzeugten. Das Foto zeigt das strahlende Sieger-Duo mit den zwei Jurorinnen Marianne Mendt und Tamee Harrison. [MD]
IN KÜRZE
+++
Region Gütersloh erfolgreich zertifiziert: Gütersloh ist die erste Region
innerhalb des Ev. Johanneswerkes, deren Qualitätsmanagementsystem vollständig durch den TÜV NORD zertifiziert
worden ist. Die Prüfer bescheinigten den Einrichtungen ein
hohes Niveau in der Ergebnisqualität, also bei der direkten
Pflege und Betreuung der Bewohner. Auch sei bei den Mitarbeitenden eine hohe Zufriedenheit und große Identifikation
mit der Arbeit feststellbar gewesen. Der Verbundzertifizierung war ein rund eineinhalbjähriger Vorbereitungsprozess
voran gegangen, in dem in Arbeitsgruppen die vorhandenen
Qualitätssicherungssysteme vereinheitlicht und an die Vorgaben der Regionalgeschäftsstelle angepasst wurden. [PETER
KÖNIG, REGIONALGESCHÄFTSFÜHRER]
2|
Leserbriefe
STICHWORT
Liebe Leserinnen und Leser von Unser Werk,
liebe Freunde und Förderer!
Wir freuen uns über Ihr Interesse an unserer aktuellen Ausgabe mit lesenswerten
Geschichten und Informationen über Menschen und aktuelle Themen in den zahlreichen Einrichtungen des Ev. Johanneswerks.
Unsere Geschichten leben von der Vielfalt der Perspektiven. Deswegen - und natürlich auch, weil wir professionell neugierig sind - interessiert uns Ihre Meinung. Zu
diesem Heft, besonders aber zu Themen und Erfahrungen, die Sie beschäftigen
oder von denen Sie denken: Das sollten auch andere Menschen wissen. Also:
Schreiben Sie uns! Wir greifen Ihre Anregungen gerne auf.
Und so erreichen Sie uns
per Post unter:
Ev. Johanneswerk
Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Stichwort: Unser Werk
Schildescher Straße 101-103
33611 Bielefeld
oder per Mail unter:
[email protected]
Geburtstage
Bad Driburg
Albert-Schweitzer-Haus, Marienmünster-Vörden: Erika
Bitterberg [03.03.1941] 65 J.; Barbara Kling [20.03.1956]
50 J.; Ilka Potthast [16.04.1956] 50 J.; Maria-Rita Sprenger
[14.05.1956] 50 J.
Bad Honnef
Rhein-Klinik, Bad Honnef: Christa Kuest [08.04.1956] 50 J.;
Cilli Neunkirchen [27.03.1946] 60 J.
Bad Salzuflen
Bethesda, Bad Salzuflen: Dragica Kovacevic [20.05.1956]
50 J.; Helmut Patan [06.03.1956] 50 J.; Gislinde Schendel
[28.05.1956] 50 J.
Region Bielefeld 2
Region Bielefeld 2: Rainer Scheele [15.03.1956] 50 J. Lutherstift, Bielefeld: Elke Steinbach [02.03.1956] 50 J.; Lydia
Strozik [09.05.1956] 50 J.; Marie-Therese Traube
[28.04.1946] 60 J.; Marienstift, Bielefeld: Alina Drobny
[01.04.1956] 50 J.; Gabriele Zander [20.03.1956] 50 J.; Perthes-Haus, Bielefeld: Anna Kwast [05.04.1956] 50 J.
Bielefeld Johannesstift
Diakoniestationen, Bielefeld: Barbara Hennig [11.04.1956]
50 J.; Eva Mainka [20.05.1956] 50 J.; Erika Schmidt
[27.04.1956] 50 J.; Brigitte Steinkrueger [11.05.1946] 60 J.;
Dietrich-Bonhoeffer-Haus, Bielefeld: Joachim Hacker
[14.05.1946] 60 J.; Gerda Lindner [25.03.1941] 65 J.; Gemeindedienst, Bielefeld: Elke Hetzel [29.03.1956] 50 J.; Dorothea Linberg [22.05.1956] 50 J.; Inkontakt, Bielefeld: Ingrid Eckhardt [05.04.1956] 50 J.
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Thema: Hospizarbeit
Impressum
Unser Werk
Zeitschrift für Freunde und Förderer
des Ev. Johanneswerks e.V.
Postfach 10 15 53; 33515 Bielefeld
Herausgeber: Pastor Dr. Udo Krolzik (v.i.S.d.P.)
Redaktion
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Ev. Johanneswerks
Ulrike Posch [UP] (Leiterin)
Anne Kunzmann [AK] (Redakteurin)
Sabine Ohnesorge [SO] (PR-Redakteurin)
Meike Delang [MD] (Volontärin)
Susanne Hillens [SH] (Freie Mitarbeiterin)
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Öffentlichkeitsarbeit erhältlich.
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