Acting in Concert [article in German]
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Acting in Concert [article in German]
Acting in Concert Zuviel Abstimmung im Konzert der Investoren kann schnell zu kostspieligen Mißklängen führen M&A Von Dr. Philip Martinius, Partner, Dr. Markus Nauheim, LL.M., Rechtsanwalt, Gibson, Dunn & Crutcher LLP Das Beispiel Deutsche Börse/TCI ist nur ein Fall von vielen. Aktionäre nehmen heute zunehmend aktiv Einfluß auf das Management. Handelt es sich um mehrere Aktionäre, kommt schnell der Begriff „Acting in Concert“ ins Spiel. Von „Acting in Concert“ spricht man, wenn mehrere Aktionäre ihr Verhalten in Bezug auf eine börsennotierte Gesellschaft abstimmen. Dies kann dazu führen, daß den Beteiligten (obwohl sie selbst nur wenige Anteile halten) gegenseitig Stimmrechte zugerechnet werden und sie Mitteilungen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) oder gar ein kostspieliges Pflichtangebot gemäß Wertpapiererwerbs- und -übernahmegesetz (WpÜG) veröffentlichen müssen. Bei einem Verstoß entfallen die Aktionärsrechte, und es drohen erhebliche Strafen und Zinszahlungen. Dr. Philip Martinius Dr. Markus Nauheim Der Begriff „Acting in Concert“ Der Begriff „Acting in Concert“ stammt ursprünglich aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis. So enthält der britische City Code on Takeovers and Mergers 2005 beispielsweise eine auf den abgestimmten Aktienerwerb abstellende ausdrückliche Definition des Begriffs „acting in concert“. In den USA hat die Securities and Exchange Commission (SEC) den Begriff im Zusammenhang mit aus Aktienbesitz resultierenden Mitteilungspflichten („reporting requirements“) geprägt. Aktionäre sind zur Vornahme aufwendiger Mitteilungen an die SEC verpflichtet, sobald sie mehr als 5 % einer börsennotierten Gesellschaft erworben haben. In diesem Zusammenhang bestimmt eine von der SEC erlassene Regel, daß auch eine Gruppe von Personen der Mitteilungspflicht unterliegt, wenn zwei oder mehr Personen vereinbaren, zum Zweck des Erwerbs, des Haltens, der Stimmrechtsausübung oder des Verkaufs von Aktien einer börsennotierten Gesellschaft gemeinsam zu handeln („act together“). Was im Einzelfall „gemeinsames Handeln“ bedeutet, ist Gegenstand verschiedener Gerichtsentscheidungen in den USA gewesen; in Deutschland gibt es erst sehr wenige Urteile. oder 75 %) erreichen, über- oder unterschreiten, dies unverzüglich mitteilen (§ 21 WpHG). Zum anderen muß derjenige, der (unmittelbar oder mittelbar) die Kontrolle (d.h. mindestens 30 % der Stimmrechte) über eine Zielgesellschaft erlangt, dies mitteilen und allen übrigen Aktionären ein Pflichtangebot für ihre Aktien unterbreiten (§ 35 WpÜG). In beiden Fällen werden dem Betroffenen auch Stimmrechte anderer Aktionäre zugerechnet, mit denen dieser sein Verhalten in Bezug auf die Gesellschaft abstimmt (sog. „abgestimmtes Verhalten“ = „Acting in Concert“), außer es handelt sich um Vereinbarungen über die Ausübung von Stimmrechten in Einzelfällen. Der Wortlaut von § 22 Abs. 2 WpHG und § 32 Abs. 2 WpÜG ist insoweit identisch, allerdings geht es um ganz verschiedene Situationen. Genausowenig wie es den international einheitlichen Begriff des „acting in concert“ gibt, ist der deutsche Begriff des „abgestimmten Verhaltens“ bisher eindeutig geklärt. Die Gesetzesbegründung ist in diesem Punkt sehr knapp, und die Rechtsprechung steht erst am Anfang. Die deutschen Regeln Die deutsche Rechtsprechung – Nachhaltige Einflußnahme In Deutschland sind im wesentlichen zwei Vorschriften relevant. Zum einen muß ein Aktionär, dessen Stimmrechte bestimmte Schwellenwerte (5 %, 10 %, 25 %, 50 % In der Pixelpark-Entscheidung aus dem Jahr 2004 sah das OLG Frankfurt in dem gleichgerichteten Aktienerwerb von insgesamt mehr als 30 % der Stimmrechte durch 106 GoingPublic „Kapitalmarktrecht 2006“ Strenger entschied das OLG München im Sommer 2005: Der Aktionär einer börsennotierten Gesellschaft verklagte einen Investor wegen Unterlassens eines Pflichtangebots auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 200.000 Euro und bekam Recht. Der beklagte Investor hielt über eine Tochtergesellschaft 17 % der Aktien. Er hatte sich mit zwei weiteren Finanzinvestoren, die jeweils ca. 17 % der Aktien kontrollierten, hinsichtlich der Zusammensetzung des Aufsichtsrats abgestimmt, und die drei erreichten anschließend, daß ihr Kandidat im Aufsichtsrat zum Vorsitzenden gewählt wurde. Darin sah das OLG München ein abgestimmtes Verhalten in Bezug auf die Zielgesellschaft. Zwar verlangt das OLG München – ähnlich wie das OLG Frankfurt – in seinem Urteil eine „nachhaltige Einflußnahme“. Allerdings komme es auf eine Ausübung der Stimmrechte in der Hauptversammlung nicht an, sondern schon das Halten der Stimmrechte und die Vorgänge im Aufsichtsrat würden ausreichen. Hinsichtlich der Frage, wann nur eine Abstimmung „im Einzelfall“ vorliege und somit kein „Acting in Concert“, kommt das OLG München zu dem Schluß, dies sei nur dann der Fall, wenn das abgestimmte Verhalten punktuell und nicht auf eine bestimmte zeitliche Intensität angelegt sei. Jede nachhaltige Wirkung auf die Herrschaftsverhältnisse der Zielgesellschaft, also auf deren Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane, führe daher zur Zurechnung. Allerdings müsse die so ausgeübte Einflußnahme auf die Organe der Zielgesellschaft auf ein Ziel gerichtet sein, das ausschließlich oder überwiegend gerade von Bieter und Drittem beabsichtigt werde („Gesamtplan“). Damit sollen die nicht seltenen Fälle von koordinierter Besetzung des Aufsichtsrats als bloße Abbildung der wesentlichen Anteilsverhältnisse im Aufsichtsrat (ohne weitergehende unternehmerische Absichten) ausgenommen bleiben. Das Urteil des OLG München liegt derzeit dem BGH zur Entscheidung vor. Fazit: Der schillernde Begriff des „Acting in Concert“ birgt trotz erster Urteile noch viele Unklarheiten. Fälle wie Pixelpark, Beiersdorf, Deutsche Börse oder VW blieben bisher folgenlos, oft weil ein abgestimmtes Verhalten nicht sicher nachgewiesen werden konnte. Daher sollten einflußreiche Aktionäre etwaige Absprachen im Vorfeld sehr genau prüfen und ihre Entscheidungen gut dokumentieren, um böse Überraschungen wie etwa ein Pflichtangebot zu vermeiden. Wie in den USA können auch Indizien wie Informationsaustausch oder Kommunikation unter Aktionären, gleiche Stimmausübung oder die Artikulation gemeinsamer Ziele dazu führen, konzertiertes Verhalten anzunehmen. In begründeten Einzelfällen kann es für die betroffenen Aktionäre auch sinnvoll sein, den Sachverhalt vorab mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu erörtern – sie kann (z.B. in Sanierungsfällen) auch eine Befreiung vom Pflichtangebot aussprechen. GoingPublic „Kapitalmarktrecht 2006“ 107 M&A mehrere Aktionäre mit dem Willen, die Zielgesellschaft zu sanieren, kein abgestimmtes Verhalten und verneinte die Pflicht zur Abgabe eines Pflichtangebots, obwohl zwei Großaktionäre die Auswechslung des Vorstandes beschlossen hatten. Angesichts der gravierenden Rechtsfolgen des WpÜG komme es nicht auf die formelle Rechtsinhaberschaft an, sondern auf die tatsächliche Stimmrechtsherrschaft. Diese liege nur dann vor, wenn die Aktionäre bewußt mit dem Ziel zusammenarbeiten, die Mitgliedschaftsrechte koordiniert und kontinuierlich auszuüben. Ein nur tatsächlich gleichgerichtetes Verhalten reiche gerade nicht aus. Im Fall Pixelpark seien die Aktionäre in ihrer Kaufentscheidung unterschiedlich motiviert gewesen und hätten bis auf den gemeinsamen Sanierungswillen ansonsten unabhängig voneinander gehandelt; für eine Abstimmung des Stimmverhaltens hätten keinerlei Anhaltspunkte vorgelegen.