Neue Ergebnisse zur Methanproduktion und zu deren quantitativer
Transcription
Neue Ergebnisse zur Methanproduktion und zu deren quantitativer
Züchtungskunde, 82, (5) S. 400–407, 2010, ISSN 0044-5401 © Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart Original Article Neue Ergebnisse zur Methanproduktion und zu deren quantitativer Vorhersage beim Rind B. Piatkowski1, W. Jentsch2 und M. Derno3 Zusammenfassung Die vorgelegte Modellgleichung zur Vorhersage der täglichen Methanproduktion von Milchkühen und wachsenden Rindern beruht auf direkten Methanmesswerten. Sie stammen aus den in Respirationskammern durchgeführten 337 Experimenten mit 1500 Einzelwerten. Die Gleichung lautet: y = 32,76 – 0,384x (y = g Methan je kg TM-Aufnahme, x = TM-Aufnahme in g je kg Lebendmasse). Danach beträgt die durchschnittliche tägliche Methanproduktion der Milchkühe bei Erhaltung 198 g und im Bereich von 4000, 6000, 8000 und 10000 kg Milch jeweils 334, 380, 404 und 424 g. Dies entspricht einer Jahresproduktion (305 Tage) einschließlich der Trockenperiode (16 kg Methan) von 118, 132, 139 und 145 kg. Die ermittelten Werte bilden die Grundlage für eine Schätzung der jährlichen Methanproduktion des in Deutschland im Jahr 2006 gehaltenen Rinderbestandes von 12,7 Millionen. Ihre Methanemission erreichte 1,03 Mill. t, was 0,22% des weltweiten Methanausstoßes in die Atmosphäre entspricht. Damit sind Rinder am Klimawandel weniger beteiligt als bislang angenommen. Als eine realistische Möglichkeit für eine weitere Reduzierung ihrer Methanemission besteht in der moderaten Leistungssteigerung der Milchkühe. Schlüsselwörter: Rind, Leistungshöhe, Methanproduktion, Respirationsversuch Summary New results on methane production and its estimation for cattle The used model equation for prediction of the daily methane production of dairy cows, heifers and fattening young bulls is based on 337 methane measurements in 1500 single metabolism experiments in respiration chambers. The equation is: y = 32.76 – 0.384x (y = g methane per kg DM intake, x = DM intake in g per kg live weight). Accordingly the mean daily methane production of dairy cows fed at maintenance amounts to 198 g and at a milk yield of 4000, 6000, 8000, and 10000 kg to 334, 380 404, 1 Prof. Dr. habil. Bernhard Piatkowski, Koch-Gotha-Str. 2, 18055 Rostock, E-Mail: [email protected] Dr. habil. Werner Jentsch, Etkar-Andre-Str. 44, 18069 Rostock, E-Mail: [email protected] 3 Leibniz-Institut für Nutztierbiologie, Wilhelm-Staal-Allee 2, 18196 Dummerstorf. E-Mail: derno@ fbn.dummerstorf.de 2 Neue Ergebnisse zur Methanproduktion und zu deren quantitativer Vorhersage beim Rind 401 and 424 g. These are equivalent to yearly productions (305 days), dry period (16 kg methane) included, of 118, 132, 139, and 145 kg. The established data are the base for an estimation of yearly methane production of German cattle stock in 2006. Methane emission of these 12.7 million cattle amounted to 1.03 million tons, according to 0.22% of worldwide methane output to the atmosphere. For cattle this is lower than assumed hitherto. A realistic possibility for further reducing their methane emission seems to be a moderate increase of production performance. Keywords: Cattle, performance, methane production, respiration trial 1 Einleitung Die zu erwartende Erderwärmung mit dem damit verbundenen Klimawandel wird nach dem bisherigen Erkenntnisstand durch Treibhausgase verursacht. Daran ist vorrangig der ungebremste Anstieg der Emission von Kohlendioxid als Verbrennungsprodukt menschlicher Zivilisation beteiligt. So erhöhte sich der Ausstoß in den Jahren 2001–2006 von 25 auf 30 Milliarden Tonnen (IWR, 2007) und wird aktuell auf 35 Milliarden Tonnen geschätzt. Als zweitwichtigstes Treibhausgas gilt das Methan (an dritter Stelle folgt das Lachgas), dessen Treibhauspotential (Verringerung der Wärmeabstrahlung in die Atmosphäre) das des Kohlendioxids um das 22fache übertrifft. Der jährlich weltweite Methanausstoß wird mit 400–450 Millionen Tonnen geschätzt, was im Mittel 9,35 Milliarden Tonnen CO2Äquivalenten entspricht. Danach wären, nur auf die beiden Gase bezogen, das Kohlendioxid mit 76% und das Methan mit 24% am Treibhauseffekt beteiligt. Im Gegensatz zum Kohlendioxid wird die weltweite Methanemission bislang als konstant gewertet. Zu den Quellen des freigesetzten Methans zählen die Niederungsmoore und Feuchtgebiete, das Abbrennen der Wälder und Grasflächen, die Termiten in den Tropen, die Reisanbaugebiete, Kohlegruben, Mülldeponien, Ozeane, das zunehmende Auftauen von Permafrostböden und schließlich die Wiederkäuer und hier insbesondere die Hausrinder. Das im Verdauungsapparat entstehende Methan (Erdgas) enthält 7–9% der verzehrten Bruttoenergie und stammt zu 91% aus dem Pansen und zu 9% aus dem Dickdarm. Von dort gelangt es durch die Nasenlöcher bzw. den After in die Atmosphäre. Der Ausstoß aus dem Pansen verläuft nicht gleichmäßig, sondern periodisch in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Futteraufnahme. Im Hinblick auf die Beeinflussung des Klimas ist es erforderlich, die Methanemission der Rinder auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse nachvollziehbar zu quantifizieren. Die in dieser Zeitschrift publizierte Übersichtsarbeit von Flachowsky und Brade (2007) enthält die bis zu diesem Zeitpunkt erzielten wichtigsten wissenschaftlichen Resultate über die Methanemission der Rinder auch unter dem Aspekt, diese zu reduzieren. Aufgabe der vorliegenden Arbeit ist es, in Ergänzung vorausgegangener Mitteilungen (Jentsch et al., 2007; 2009) die Methanproduktion der Rinder zu ermitteln und anhand einer Modellgleichung vorherzusagen. 2 Material und Methoden Grundlage dafür bilden die von der Wissenschaftlergruppe um R. Schiemann, L. Hoffmann, W. Jentsch und anderen in den Jahren von 1960–1989 an Rindern durchgeführten Experimente zur energetischen Futterbewertung. Die darin eingeflossenen Messwerte 402 B. Piatkowski, W. Jentsch und M. Derno der Methanproduktion galt es nunmehr im Hinblick auf die quantitative Freisetzung in die Atmosphäre und damit auf das Klima neu zu bewerten. Dabei wird davon ausgegangen, dass bei einer Kuh mit gleicher Leistung und Lebendmasse der Organismus nicht anders arbeitet als vor 30 oder 40 Jahren. Die quantitative Erfassung der täglich produzierten Methanmenge erfolgte im Rahmen von Gesamtstoffwechselversuchen in Respirationskammern. Dazu gehörte die Bilanzierung der täglichen Energie- und Nährstoffaufnahme einschließlich der Trockenmasse mit den Ausscheidungen in fester, flüssiger und gasförmiger Form einschließlich des Methans. Dies geschah in 337 Experimenten an Rindern, 198 allein an Kühen, mit jeweils 3–12 Paralleltieren in fünftägigen Sammelperioden. Somit umfasst der vorliegende Datenfonds etwa 1500 Einzelwerte. Die geprüften Futterrationen variierten hinsichtlich ihrer Gehalte an Rohprotein, Rohfett, Stärke, Zucker und Rohfaser (Tab. 1) sowie der Grobfutterarten entsprechend ihrer Herkunft und Konservierung. Damit war es möglich, die bislang „verborgenen“ Daten der Methanproduktion in Abhängigkeit vom Gehalt des Futters an verdaulichen Nährstoffen mittels multipler Regressionsanalyse zu erfassen (Jentsch et al., 2007). Die Gleichung lautet: m = 1,32x1 – 0,56x2 + 1,68x3 + 2,78x4 r2 = 0,858 (1) (m = Methan in kJ, x1 = verdaul. Rohprotein in g, x2 = verdaul. Rohfett in g, x3 = verdaul. Stärke + Zucker in g, x4 = verdaul. N-freie Reststoffe in g, das sind die pflanzlichen Zellwände) Somit werden z.B. je 1 g verdauliches Rohprotein 1,32 kJ und je g verdauliche N-freie Reststoffe 2,78 kJ Methan gebildet, während das Futterfett negativ wirkt, also die Methanbildung hemmt. Der Gleichung ist zu entnehmen, dass bei Grobfutter (Grünfutter, Grünfuttersilagen, Weidegras, Heu, Stroh usw.) mit einem hohen Gehalt an Zellulose mehr Methan anfällt als bei der Verfütterung von Konzentraten (Getreide, Rüben, Rübenprodukten, Leguminosenschroten usw.). Vergleichbare Resultate der Methanfreisetzung liefert die tägliche Aufnahme an g Trockenmasse (TM) je kg Lebendmasse (LM). Die Gleichung dafür lautet: y = 1802 – 21,1x r2 = 0,224 (2) (y = Methanproduktion in kJ/kg Futter-TM, x = Futter-TM in g je kg LM) Tab. 1. Nährstoffzusammensetzung der Rationen (%) bei Milchkühen Nutritional composition (%) of the rations for dairy cows Nährstoffe Rohprotein Rohfett Rohfaser N – freie Extraktstoffe Mittelwert, % 17,1 2,9 18,9 55,8 Variationsbreite 11,5 1,0 14,5 44,3 – – – – 27,1 12,7 28,0 64,4 Neue Ergebnisse zur Methanproduktion und zu deren quantitativer Vorhersage beim Rind 403 Die energiebezogene Gleichung (2) wurde nunmehr für eine vereinfachte Anwendung transformiert (für die Umrechnung diente die Konstante 55 kJ/g) und lautet: r2 = 0,224 y = 32,76 – 0,384x (3) (y = Methanproduktion in g/kg Futter-TM, x = TM-Aufnahme in g/kg Lebendmasse) Die Berechnung der täglichen Methanproduktion je Tier erfolgte mit Hilfe der letztgenannten Gleichung (3). Die tägliche Aufnahme an Futter-TM wurde entsprechend der Lebendmasse und Leistung nach den Angaben von Piatkowski et al. (1990) berechnet. 3 Ergebnisse und Diskussion 3.1 Milchkühe Die Höhe des Methanausstoßes der Kuh wird von der Futteraufnahme in Abhängigkeit von der Leistung und Lebendmasse determiniert. So beträgt am Beispiel einer 650 kg schweren Kuh (Tab. 2) die tägliche Methanproduktion bei Deckung des Erhaltungsbedarfs 198 g und bei 4000 kg Milch/Jahr 334 g, was einer Differenz von 136 g entspricht. Bei einem weiteren Leistungsanstieg von 4000 auf 8000 kg Milch schrumpft die Differenz auf 70 g und von 8000 auf 10000 kg Milch sogar auf 20 g. Dies ist mit einem Doppeleffekt, dem ansteigenden Stärkegehalt (Gleichung 1) aus Kraftfutter und dem sinkenden Anteil des Erhaltungsbedarfs, zu begründen. Die mit dem Leistungsanstieg sinkende Methanfreisetzung je kg TM von 24,8 auf 20,7 g ist sowohl mit dem zunehmenden Stärkeanteil im Futter wie auch mit einer schnelleren Passagerate des Futters durch den Pansen zu erklären. Die aus der 305-Tage-Leistung und Trockenperiode (16,1 kg) resultierende Methanemission pro Kuh und Jahr, von 118 auf 145 kg ansteigend, lässt folglich zwischen den genannten Stufen sinkende Differenzen erkennen. Dies zeigt sich noch deutlicher beim Methanausstoß je kg Milch, der bei Leistungen über 8000 kg immer stärker abnimmt. Tab. 2. Methanproduktion der Kuh (650 kg LM) in Abhängigkeit von der Leistung Methane production of the cow (650 kg BW) in dependence on performance Milch (EKM) kg/Jahr 4000 6000 8000 10000 Erhaltung Futter-TM2 g/kg LM g/kg TM g/Tag Methan kg/305Tage kg/Jahr3 g/kg Milch 20,8 25,4 28,5 31,5 10,8 24,8 23,0 21,8 20,7 28,3 334 380 404 424 198 102,0 115,9 123,2 129,4 – 118,1 132,0 139,3 145,5 72,3 29,5 22,0 17,4 14,6 – 1 EKM = energiekorrigierte Milch entspricht 4% Fett; 2 TM = Trockenmasse; 3 einschließlich der 60tägigen Trockenperiode 404 B. Piatkowski, W. Jentsch und M. Derno Daraus leitet sich ab, dass eine Senkung der Methanemission im Leistungsbereich unter 8000 kg am effektivsten ist. In Auswertung ihrer von 1981–1990 publizierten Ergebnisse zum Energieumsatz bei Milchkühen ermittelten Kirchgessner et al. (1991) gesondert die Methanproduktion auch im Hinblick auf eine Beeinflussung des Klimas. Die in Respirationsversuchen innerhalb von 7 Versuchsserien mit 151 Einzelwerten geprüften Futterrationen bestanden aus künstlich getrocknetem Gras und Konzentrat oder aus Maissilage plus Heu und Konzentrat. Die durchschnittliche Methanemission der Milchkühe (590 kg LM und 17 kg Milch) wurde mit täglich 300 g ausgewiesen. Dabei ergab sich allerdings ein deutlicher Unterschied zwischen den beiden Grobfutterherkünften. So wurden bei Anwendung der von den Autoren abgeleiteten Gleichungen bei einer TM-Aufnahme von 14 kg jeweils 277 g (Trockengrün) bzw. 328 g Methan (Maissilage + Heu) und bei einem Verzehr von 16 kg TM jeweils 305 bzw. 362 g produziert. Die mit dem in der Milchkuhhaltung gebräuchlichen Rationstyp produzierten täglichen Methanmengen liegen somit auf vergleichbarem Niveau wie die nach Gleichung (3) vorhergesagten (vgl. Tab. 2). Mills et al. (2001) schufen ein Modell zur Vorhersage der Methanfreisetzung bei Milchkühen auch mit dem Ziel, die Methanogenese im Hinblick auf das Klima zu minimieren. Es beruht auf dem vorhandenen Wissenspool der Verdauungsprozesse und energetischen Umsetzungen. Gleichzeitig wurde seine Brauchbarkeit mit der in Respirationsversuchen (fünf Experimente mit 67 Einzelwerten) ermittelten Methanproduktion nachgewiesen. Bezugnehmend auf die durchschnittliche Trockenmasseaufnahme der Versuchskühe von 18,6 kg bei einer Leistung von 27,3 kg beträgt die tägliche Methanproduktion nach dem Vorhersagemodell von Mills et al. (2001) 404 g und nach dem eigenen nach der Gleichung (3) 400 g. Damit erweist sich die für die Ergebnisse in Tab. 2 verwendete Gleichung (3) als robust, beruht sie doch auf einer Vielzahl von Rationen mit einer großen Variationsbreite hinsichtlich der Nährstoffzusammensetzung. Vermorel et al. (2008) berechneten die Methanemission von Rindern mit Hilfe von Schätzgleichungen auf der Grundlage der in den Rationen enthaltenen verdaulichen und umsetzbaren Energie bei Stallfütterung und Weidegang. Während die Ergebnisse der jährlichen Methanproduktion je Milchkuh im Hochleistungsbereich bei jährlich 8000–10000 kg Milch im Vergleich mit den eigenen Werten wenig differieren (–5 kg bei 8000 kg, ± 0 kg bei 9000 kg und + 10 kg bei 10000 kg), liegen die französischen Daten bei 4000 bzw. 6000 kg Milch mit –28 bzw. –17 kg schon deutlich unter denen in Tab. 2. Als eine Ursache dafür könnte die Unterbewertung des relativ hohen Rohfasergehaltes (vgl. Gleichung 1) im Weidegras (20–23% in der TM) in Betracht gezogen werden. 3.2 Jung- und Mastrinder Die bei Milchkühen angewandte Berechnung gilt gleichermaßen auch für wachsende Rinder, waren sie doch in die Respirationsversuche mit einbezogen. In den Tab. 3 und 4 sind die Ergebnisse wachsender Jungrinder und Jungmastbullen ausgewiesen. Daraus ergibt sich für weibliche Jungrinder im Abschnitt von 200–400 kg LM eine jährliche Methanproduktion von 60,6 kg pro Tier. Bei gleicher Vorgehensweise sind es für Jungmastbullen im Mittel 70,8 kg. Kälber unter 200 kg LM waren in die Ableitung der Gleichungen nicht einbezogen worden, ebenfalls nicht Färsen im LM-Abschnitt von 400 bis 550 kg. Deshalb wurde die Methanproduktion bei einer angestrebten täglichen LM-Zunahme von 600 g und einem Erstabkalbealter von 24 Monaten unter Einbeziehung der täglichen TM-Aufnahme Neue Ergebnisse zur Methanproduktion und zu deren quantitativer Vorhersage beim Rind 405 Tab. 3. Futteraufnahme und Methanproduktion weiblicher Jungrinder bei 600 g täglicher LM-Zunahme Feed intake and methane production of heifers with 600 g daily gain LM-Abschnitt kg 200–300 300–400 Futter-TM kg/Tag g/kg LM 5,8 7,4 23 21 g/kg TM Methan g/Tag kg/Jahr 25,7 24,7 149 183 54,4 66,8 Tab. 4. Futteraufnahme und Methanproduktion von Jungmastbullen bei 1000 g täglicher LM-Zunahme Feed intake and methane production of young male beef cattle with 1000 g daily gain LM-Abschnitt kg 250–350 350–450 450–550 Futter-TM kg/Tag g/kg LM 6,3 8,0 8,5 23 20 17 g/kg TM Methan g/Tag kg/Jahr 25,7 25,0 25,9 162 200 220 59,1 73,0 80,3 berechnet. Danach ergibt sich für den LM-Abschnitt von 50–200 kg eine Methanfreisetzung von 75 g/d und 27 kg/a und für den von 400–550 kg entsprechend 190 g und 68 kg. Unter Einbeziehung dieser Werte erreicht bei weiblichen Jungrindern die durchschnittliche Methanproduktion 55 kg und bei Mastbullen 62 kg. Die von Vermorel et al. (2008) kalkulierten Werte liegen wie bei den Kühen auch hier mit 45,5 kg Methan/a bei den weiblichen Jungrindern und 51 kg Methan/a für zu mästende Jungrinder beiderlei Geschlechts unter den oben genannten Werten. Grund dafür könnte neben der unterschiedlichen Datenerfassung auch die niedrigere Intensität der Aufzucht (Erstabkalbealter bis 30 Monate) sein. Als weitere Ursache käme auch hier wie bei den Kühen die Rolle des Weidegrases in Betracht. 3.3 Bestand an Rindern in Deutschland Die erzielten Ergebnisse über die Methanfreisetzung der Rinder sollen nachfolgend auf die in der Praxis üblichen Tierkategorien (ADR, 2007) übertragen werden – auch mit der Einschränkung, dass diese mit den untersuchten Abschnitten bei Jung- und Schlachtrindern nicht immer deckungsgleich sind (Tab. 5). Die in Deutschland 2006 gehaltenen 12 737 000 Rinder produzierten danach im Jahr 1,036 Mill. t Methan. Davon entfielen auf die Milch- und Mutterkühe ca. 60%. Im Vergleich dazu wurden nach Vermorel et al. (2008) in Frankreich durch 18,8 Mill. Rinder nur 1,28 Mill. Tonnen Methan freigesetzt. Diese Menge liegt zwar über der in Deutschland, wird indes aber auch von einem 6 Mill. höheren Rinderbestand erzeugt. Dabei gilt es zu beachten, dass neben den 3,8 Mill. Milchkühen noch 4,08 Mill. Mutterkühe einschließlich ihres Nachwuchses mit einer niedrigeren Methanfreisetzung dazu beitragen. 406 B. Piatkowski, W. Jentsch und M. Derno Tab. 5. Bilanz der jährlichen Methanemission der einzelnen Kategorien des Rinderbestandes in Deutschland Balance of the yearly methane emission of different categories of cattle in Germany Kategorie Milchkühe Mutterkühe Kälber und Jungrinder < 12 Mon. Weibliche Zucht- und Nutztiere, 12–24 Mon. Färsen, Zucht- und Nutztiere Rinder, weibl. und ml. zum Schlachten > 12 Mon. Schlachtkühe Insgesamt Anzahl (in 1000) 4087 669 3976 1714 781 1422 88 12737 Methan/Jahr kg/Tier t, total 135 98 40 60 61 71 90 551745 65562 159040 102840 47641 100962 7920 1035710 Ausgehend von der jährlich weltweiten Methanemission von 400–450 Mill. Tonnen ist der deutsche Rinderbestand mit 0,22% und der französische mit 0,30% daran beteiligt. Diese Menge wird darüber hinaus wegen des anteiligen Treibhauspotentials, wie einleitend dargestellt, nur zu etwa 20% erderwärmend wirksam. 4 Schlussfolgerungen Mit Hilfe der transformierten Modellgleichung (3) lässt sich die tägliche Methanproduktion der Milchkühe, weiblichen Jungrinder und Mastbullen quantitativ ermitteln und vorhersagen. Dafür bilden die hohe Anzahl der Experimente und Einzeldaten sowie die große Variationsbreite im Nährstoffgehalt der geprüften Futterrationen eine solide Grundlage. Die neue Gleichung ist einfach zu handhaben und daher auch im praktischen Betrieb nutzbar. Auf dieser Grundlage wurde unter Einbeziehung aller Tierkategorien die Methanproduktion des deutschen Rinderbestandes geschätzt. Für die im Jahr 2006 gehaltenen 12,7 Mill. Tiere betrug sie 1,04 Mill. t oder 0,22% des weltweiten Methanausstoßes. Somit fällt der Anteil der Rinder und besonders der Milchkühe an der Klimaerwärmung weit geringer aus als allgemein vermutet. Eine weitere Reduzierung der Methanproduktion wird nachhaltig durch die Leistungssteigerung je Kuh erreicht. Bei einem Anstieg der Milchleistung in 2006 von 6849 auf moderate 8000 kg pro Jahr ließe sich die gleiche Milchmenge von 28 Mill. t mit nur 3,5 anstatt der 4,09 Mill. Kühe erzeugen. Dies wäre mit einer um 64000 t oder 12% niedrigeren Methanemission des deutschen Milchkuhbestandes verbunden. Ein Rückgang der Methanproduktion durch die Zufütterung von Fett ist nach Gleichung (1) theoretisch gegeben, doch letztlich unbedeutend. So bewirkt eine Fettzugabe von 500 g/d lediglich einen Minderausstoß von 4,5 g Methan. Weitere Möglichkeiten wie eine verlängerte Nutzungsdauer werden in der Übersichtsarbeit von Flachowsky und Brade (2007) genannt. Die vorgelegten Ergebnisse widersprechen dem aktuellen Trend, die Rinderhaltung einseitig unter dem Aspekt der Klimaerwärmung zu betrachten. Schließlich sind Kühe in Neue Ergebnisse zur Methanproduktion und zu deren quantitativer Vorhersage beim Rind 407 großem Umfang in der Lage, Gras in Milch und Fleisch als hochwertige Nahrungsmittel für Menschen umzuwandeln. Dabei verwerten sie die für den Menschen unverdauliche Zellulose als nachwachsende Energiequelle. Dies sollte vor dem Hintergrund einer steigenden Weltbevölkerung bei gleichbleibender landwirtschaftlicher Nutzfläche, die etwa zur Hälfte aus Gras- bzw. Grünland besteht, zukünftig an Bedeutung gewinnen. Literatur Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rinderzüchter (ADR); Zucht, Besamung, Leistungsprüfung in Deutschland 2007. Flachowsky, G. and W. Brade, (2007): Potenziale zur Reduzierung der MethanEmissionen bei Wiederkäuern. Züchtungskunde 79, 417–465. Internat. Wissenschaftsforum Regenerative Energien (IWR), Juni 2007. Jentsch, W., B. Piatkowski, M. Schweigel and M. Derno, (2009): Quantitative results for methane production of cattle in Germany. Arch. Tierzucht 52, 587–592. Jentsch, W., M. Schweigel, F. Weissbach, H. Scholze, W. Pittroff and M. Derno, (2007): Methane production in cattle calculated by the nutrient composition of the diet. Arch. Anim. Nutr. 61, 10–19. Kirchgessner, M., W. Windisch, H.L. Müller and M. Kreuzer, (1991): Release of Methane and of carbon dioxide by dairy cattle. Agribiol. Res. 44, 91–102. Mills, J.A.L., J. Dijkstra, A. Bannink, S.B. Cammell, E. Kebreab and J. France, (2001): A mechanistic model of whole-tract digestion and methanogenesis in the lactating dairy cow: Model development, evaluation, and application. J. Anim. Sci. 79, 1584–1594. Piatkowski, B., H. Gürtler and J. Voigt, (1990): Grundzüge der Wiederkäuer-Ernährung. Gustav Fischer Verlag Jena, 236 S. Vermorel, M., J.-P. Juany, M. Eugéne, D. Sauvant, J. Noblet and J.-Y. Dourmad, (2008): Evaluation quantitative des émissions de methane enterique par les animaux d’élevage en 2007 en France. INRA Prod. Anim. 21, 403–418.