Nicht ohne meine eigene Waschmaschine

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Nicht ohne meine eigene Waschmaschine
Donnerstag, 26. März 2015
Focus
27
Eine Schlacht, mehr nicht
RANDNOTIZ
Die Niederlage von Marignano hat der Eidgenossenschaft das Tessin verschafft, nicht aber zur Neutralität geführt.
Was da los war im September 1515, das zeigt das Zürcher Landesmuseum in einer breit angelegten Ausstellung.
fluss derart wirkungsvoll unterstützt, dass sie in den Jahren vor
Marignano mit Fug und Recht
die heimlichen Beherrscher Mailands genannt werden können.
Püntener fungiert denn auch als
persönlicher Ratgeber des offiziellen Herzogs Massimiliano
Sforza. Und: Die Eidgenossenschaft dehnt ihr Einflussgebiet
zwischen 1480 und 1516 Schritt
für Schritt gegen Süden aus.
ROLF APP
Zwei Schicksale, von denen das
Begleitheft zu «1515 Marignano»
handelt, der neuen Ausstellung
im Zürcher Landesmuseum. Beide haben sich vor 500 Jahren an
dem Ort entschieden, der heute
eine schmucklose Wiese mit Hydrant vor den Toren Mailands ist:
Johannes Püntener ist Urner
Landammann und Anhänger der
päpstlich-spanischen Partei. Er
verfügt über einigen Einfluss und
kommt in Kriegszügen zu Geld.
Im Feldzug gegen Pavia nimmt er
1512 mit seiner Vorhut die Stadt
Cremona ein.
Die «Hochrisikostrategie»
Als drei Jahre später der blutjunge französische König seine
Ansprüche auf das Herzogtum
Mailand durchsetzen will, ist
auch Johannes Püntener zur Stelle. Zusammen mit dem Walliser
Kardinal Matthäus Schiner zieht
Püntener in den Krieg und stirbt
auf dem Schlachtfeld von Marignano.
Dass diese Zugewinne nach
der Niederlage nicht verloren
gehen, ist dem Geschick des
französischen Königs zu verdanken. Schon im Vorfeld der
Schlacht hat er die Eidgenossen
von ihrer «Hochrisikostrategie»
abbringen wollen, wie der Historiker Volker Reinhardt das Vorhaben nennt. Bern, Solothurn
und Fribourg ziehen darauf ihre
Truppen ab. Auch die andern
Delegierten wären für einen
Rückzug – wenn sich ihnen nicht
Hauptleute und Söldner entgegengestellt hätten.
Zwanzig Stunden
dauert das Hauen
und Stechen in
Marignano.
Mit dem Prinzip der
Neutralität hat all
dies noch nichts
zu tun.
Von Ludwig Frisching weiss
man sehr viel weniger. Das ist
kaum erstaunlich, denn der Berner ist gerade vierzehn Jahre alt,
als er stirbt, aber nach den Kriterien seiner Zeit bereits volljährig.
Der ältere Bruder Hans Franz ist
schon mehrere Male als Reisläufer – das heisst als bezahlter Krieger – in der Lombardei gewesen,
im Spätsommer 1515 schliesst
sich Ludwig selber den Freiknechten an.
Für den Glarner Feldprediger
Huldrych Zwingli lautet die Konsequenz aus der Schlacht: keine
fremden Solddienste mehr.
Durchzusetzen vermag er sich
nicht. Noch über Jahrhunderte
sind die Schweizer Söldner hoch
begehrt, vor allem in Frankreich,
das sich im Frieden eine Sonderbehandlung ausbedungen hat.
Dafür dürfen die Eidgenossen
das Tessin behalten.
Püntener zieht mit
Der verbitterte Vater
Ob der Vater vom tödlichen
Abenteuer gewusst hat? Immerhin schreibt er in sein Familienbuch: «Auf Freitag, welcher der
Heiligkreuz-Tag im Herbst war,
ist unser oben genannter Sohn
Ludwig durch einen Schuss
durch beide Beine in der schändlichen Schlacht bei Mailand umgekommen, welche durch den
mörderischen,
verräterischen
Bild: Schweizerisches Nationalmuseum
Wenn Löwen kämpfen, schaut der schlaue Fuchs zu: Die Ofenkachel von 1698 beschreibt die Neutralität.
und schändlichen Bösewicht,
den Walliser Bischof und seine
Anhänger angestiftet wurde. Auf
dass Gott ihnen diese Tat nie vergeben werde.»
Militärtechnologisch unterlegen
Zwanzig Stunden dauert das
Hauen und Stechen in Marignano. Es beginnt am Nachmittag
des 13. Septembers und währt
auch die Nacht hindurch. An-
derntags ist das Schlachtfeld
übersät mit Toten – und die Eidgenossen sind die Verlierer.
«Die Militärtechnologie hat die
Schlacht entschieden», sagt Erika
Hebeisen, die Kuratorin der Ausstellung. Der französischen Artillerie haben die auf Zweikampf
eingestellten Eidgenossen nichts
entgegenzusetzen. Es ist das
Ende ihrer Vormachtstellung in
Norditalien. Und ein Neuanfang.
Die mit modernsten Mitteln
arbeitende Ausstellung verknüpft beides – und kommt in
einem letzten Teil auf das zu
sprechen, was man heute mit
Marignano verbindet: die Neutralität. Prachtvolle Objekte sind
zu besichtigen, etwa ein geweihtes Schwert, das Papst Julius II.
den Eidgenossen geschenkt hat.
Sie haben ihn in seinem Kampf
gegen den französischen Ein-
Von aussen verordnet
Mit dem Prinzip der Neutralität hat all dies noch nichts zu
tun. Sie entsteht erst sehr viel
später, als die konfessionelle
Spaltung und ihre aussenpolitischen
Konsequenzen
die
Schweiz zu zerreissen drohen,
und taucht als Begriff 1698 ein
erstes Mal auf einer Ofenkachel
auf. 1815 wird sie dann der
Schweiz vom Wiener Kongress
verordnet.
Nicht ohne
meine eigene
Waschmaschine
Wir sind ein Volk von Mietern.
Aller Zersiedlung zum Trotz lebt
noch immer 60 Prozent der
Schweizer Wohnbevölkerung in
einer Mietwohnung. Ein unhaltbarer Zustand. Schliesslich liegt
das Glück allein im Eigenheim.
Um das zu beweisen, haben
MoneyPark (Kredite) und Alacasa (Häuser) eine Studie in
Auftrag gegeben, «um herauszufinden, was die Bevölkerung
rund um die Immobilie wirklich
bewegt». Das Ergebnis überrascht nicht wirklich: «Die meistern träumen von einem geräumigen Einfamilienhaus mit Seesicht.» Nun ja, wir brauchen
keine Studie, um vorauszusagen, dass dies für die meisten
ein Traum bleiben wird. Es gibt
einfach zu wenig Seesicht in
diesem Land und davon abgesehen auch zu wenig (Bau-)
Land. Vor allem im Stadtzentrum und am Stadtrand, wo
mehr als die Hälfte der Befragten gerne wohnen würde.
Ein anderes Detail an dieser
Studie ist aber sowieso viel
interessanter. Frau und Herr
Schweizer mögen zwar Seesicht,
eine eigne Garage und ein Fenster im Bad, aber am allerwichtigsten in ihrer Wunsch-Immobilie ist ihnen eine eigene
Waschmaschine! Wichtiger als
ein Balkon, wichtiger als eine
Badewanne oder eine Fussbodenheizung. Das muss einem
doch zu denken geben. Familie
Schweizer will in ihrer WunschImmobilie scheinbar vor allem
eines: ihre Ruhe haben. Eine
gemeinsame Waschmaschine ist
das Killerargument. Jede Einzimmerwohnung ist einem
Luxus-Appartement ohne
Waschmaschine vorzuziehen.
Ja, so sind wir Schweizer: etwas
eigenbrötlerisch und kontaktscheu, aber wenigstens stets
fleckenlos.
Katja Fischer De Santi
ZU TISCH
UND DAS NOCH
«Alpstein», Appenzell: Pfiffig kombiniert
Scully & Mulder
kehren zurück
Das Gebäude liegt ausserhalb
der Appenzeller Postkartenzone,
ein paar Schritte von der Brauerei hoch in Richtung Spital. Die
grossen Glasfronten sprechen
eine andere Sprache als die verzierten Giebelhäuschen unten
im Dorf. Doch es gibt hübsche
Anleihen an die Appenzeller
Farb- und Materialwelt, grobes
Holz zum Beispiel oder Toilettentüren, die Bezug nehmen auf
Appenzeller Trachten. Das sind
witzige Verbindungen von
Moderne und Tradition.
Im 2009 eröffneten Restaurant sind seit letzten Sommer
Regina Sturzenegger und
Andreas Brülisauer die Gastgeber – beides «erprobte Gastronomiekinder», wie Regina Sturzenegger sagt. Brülisauer stand
an Herden in aller Welt, auch in
Punkteküchen, zuletzt waren
beide gemeinsam im «Lokal» in
der St. Galler Lokremise tätig.
Sonntags ist Brunch
Ihre Karte orientiert sich am
räumlichen Motto von Moderne
und Tradition. Neben Menus
gibt es mittags ein Salat- und
ein Expressbuffet, was dem heutigen Bedürfnis gerecht wird,
sich schnell und günstig zu
verpflegen, wie Regina Sturzenegger sagt. Am Sonntag ist
Brunch mit Leckereien
vom Birchermüesli über
Rührei und geräuchten
Fisch bis zu Hackfleischbällchen (29.– à discrétion).
Die Hauptkarte verspricht
fleischloses Glück mit Gemüse-
Stroganoff (26.–) oder SafranRisotto mit Steinpilzen (28.–),
unter dem augenzwinkernden
Motto «Fleisch ist mein Gemüse» kommen natürlich auch
Fleischtiger auf die Rechnung.
Etwa mit Tatar vom knochengereiften Appenzeller Rindsentrecôte (32.–), Cordon bleu
Alpstein (mit Pantlimasse und
Appenzeller Käse, 26.–) oder
Pferdeentrecôte (33.–). Zu diesen Hauptgerichten gibt es
wahlweise Röstikroketten,
Risotto, Pommes frites, Spätzli
oder Gemüsepfännli.
Ein Fest für Fleischliebhaber
Nach dem Gruss aus der
Küche, einem delikaten Tomatensüppchen mit Gin, begeistern auch der bunte Salat mit
karamellisierten Kernen
(8.50) und Brüli’s Gemüsesuppe (8.–), die kräftig und
leicht in einem ist. Der Alpstein-Burger mit Rind- und
Schweinefleisch (22.–) ist ein
solider Burger, der reichhaltige
Spiess mit Rindshohrücken,
Schweinsnierstück, Pferdeentrecôte, Lammhüftli und Schüblig
(37.–) ist ein Fest für Fleischliebhaber. Die Weinkarte enthält
drei Dutzend Positionen aus
Europa zu sehr fairen Preisen –
ab 39.– die Flasche.
Unser Eindruck: Erfrischendes Ambiente, pfiffige Karte für
viele Bedürfnisse, freundliche
und aufmerksame Betreuung.
Beda Hanimann
Alpstein, Appenzell
Eggerstandenstrasse 2e,
9050 Appenzell, Tel. 071 788 06 01
www.restaurant-alpstein.ch
Öffnungszeiten: Di abends, ganzer
Mi und So abends geschlossen
Karte: Mittags Salatbuffet, Expressbuffet und täglich wechselnde
Menus (12.– bis 26.–), A-la-carteHauptgerichte 21.– bis 37.–
Es scheint ewig her, seit die FBIAgenten Dana Scully und Fox
Mulder in der US-Serie «Akte X»
mysteriöse Fälle aufklärten. Nun
soll die kultige Reihe mit einer
Mini-Serie in sechs Folgen fortgesetzt werden, wie der US-Sender Fox mitteilt. Schauspielerin
Gillian Anderson twitterte ihrem
Kollegen David Duchovny: «Mulder, ich bin’s. Bist du bereit?». Die
beiden werden also erneut in die
Rollen des FBI-Duos schlüpfen.
13 Jahre sind seit der letzten Staffel vergangen. Zahlreiche andere,
sehr erfolgreiche Serien sind
mittlerweile entstanden. Kann
«Akte X» überhaupt nochmals
gelingen? Ihr «Vater», Chris Carter, ist davon überzeugt. Die Welt
sei seit damals noch viel merkwürdiger geworden. (as)