Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) im Kindes- und Jugendalter
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Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) im Kindes- und Jugendalter
Aus der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Universität zu Köln Direktor: Universitätsprofessor Dr. Gerd Lehmkuhl Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) im Kindes- und Jugendalter: Veränderungen unter Therapie und im Langzeitverlauf mit besonderer Berücksichtigung der Effekte auf die intellektuelle Leistungsfähigkeit Inaugural-Dissertation zur Erlangung der der Würde eines doctor rerum medicinalium der Hohen Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln vorgelegt von Stephanie Schürmann aus Köln promoviert am 22.02.2012 Dekan: Universitätsprofessor Dr. med. Dr. h. c. Th. Krieg 1. Berichterstatter: Universitätsprofessor Dr. sc. hum. M. Döpfner 2. Berichterstatter: Universitätsprofessor Dr. med. Dr. phil. K. Vogeley Erklärung Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Dissertationsschrift ohne unzulässige Hilfe Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht. Bei der Auswahl und Auswertung des Materials sowie bei der Herstellung des Manuskriptes habe ich Unterstützungsleistungen von folgenden Personen erhalten (Mitautoren der Artikel): Universitätsprofessor Dr. Döpfner, Dr. Wolff Metternich-Kaizman, Dr. Breuer, Dipl. Psych. Rademacher, Universitätsprofessor Dr. Lehmkuhl, Dr. Melchers, Dipl. Psych. Scholten. Weitere Personen waren an der geistigen Herstellung der vorliegenden Arbeit nicht beteiligt. Insbesondere habe ich nicht die Hilfe einer Promotionsberaterin/eines Promotionsberaters in Anspruch genommen. Dritte haben von mir weder unmittelbar noch mittelbar geldwerte Leistungen für Arbeiten erhalten, die im Zusammenhang mit dem Inhalt der vorgelegten Dissertationsschrift stehen. Die Dissertationsschrift wurde von mir bisher weder im Inland noch im Ausland in gleicher oder ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt. Köln, den 07.07.2011 _____________________________ Stephanie Schürmann, Dipl.Psych. Die dieser Arbeit zugrunde liegenden Daten wurden von mir mit Unterstützung und Mitarbeit der Koautoren der Artikel selbständig in der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Universität zu Köln erhoben. Bei der Kölner Adaptiven Multimodalen Therapiestudie (KAMT) habe ich einen Großteil der Patienten selbst verhaltenstherapeutisch behandelt und war an der Datenerhebung, der Datenerfassung und Auswertung der Ergebnisse maßgeblich beteiligt. Unterstützung erhielt ich von Universitätsprofessor Dr. Manfred Döpfner als Projektleiter und den Mitautoren des Artikels. Bei der 8,5 Jahres Katamnese der KAMT-Studie habe ich alle 61 ehemalige Patienten zum Katamnesezeitpunkt mittels des K-TIM (differenzieller Intelligenztest) selbständig untersucht und die Fragebogendaten, das halbstrukturierte Interview sowie die klinische Beurteilungen über die ehemaligen Patienten erhoben. Auch bei der Datenerfassung und Auswertung der Ergebnisse war ich maßgeblich beteiligt. Hierbei erhielt ich Unterstützung von Universitätsprofessor Dr. Manfred Döpfner als Projektleiter und den Mitautoren der Artikel. Bei der Übersetzung, Adaption und Normierung des Kaufman- Test zur Intelligenzmessung für Jugendliche und Erwachsene (K-TIM) war ich maßgeblich beteiligt und erhielt Unterstützung von meinen Mitautoren Dr. Peter Melchers und Stefan Scholten. Die Normierungsdaten wurden überwiegend von Psychologiestudenten durchgeführt, die von mir und Dr. Peter Melchers angeleitet und supervidiert wurden. Danksagung Ich möchte mich bei allen Kolleginnen und Kollegen, insbesondere bei meinen Mitautoren der Artikel bedanken, die mich in dem Vorhaben meiner Dissertation unterstützt haben. Frau Christiane Rademacher und Frau Dr. Tanja Wolff Metternich-Kaizman danke ich dafür, dass Sie mich während der fast 20-jährigen Zusammenarbeit im KAMTProjekt und darüber hinaus beruflich begleitet haben und mir vor allem immer motivierend zur Seite standen. Schon länger verbindet uns nicht nur unser Beruf, sondern es sind daraus feste Freundschaften entstanden. Herrn Dr. Peter Melchers und Herrn Stefan Scholten danke ich für die lange, intensive, sehr gute und immer persönlich angenehme Zusammenarbeit in der Zeit der Übersetzung und Normierung des K-TIM. Vor allem Herrn Dr. Peter Melchers danke ich dabei für seine fachlich fundierte Unterstützung und die über Jahre entstandene Freundschaft und gegenseitige Wertschätzung. Bei Herrn Dr. Dieter Breuer bedanke ich mich für die langjährige statistische Begleitung des KAMT-Projektes und für seine Unterstützung bei kniffeligen Auswertungsfragen. Herrn Universitätsprofessor Dr. Gerd Lehmkuhl danke ich als Klinikdirektor für das jahrelange berufliche Vertrauen und die Möglichkeit, über die Jahre nicht nur klinisch, sondern auch forschungsmäßig in unserer Klinik tätig sein zu können. Am Ende gilt mein besonderer Dank Herrn Universitätsprofessor Dr. Manfred Döpfner, der mich als Doktorvater und Projektleiter von KAMT bei der Erhebung der Daten, der wissenschaftlichen Fragestellung und vor allen der Auswertung und Interpretation begleitet hat und mir dabei mit seinen vielfältigen Erfahrungen immer hilfreich zur Seite stand und mich nicht nur bei der Doktorarbeit, sondern auch bei anderen Projekten intensiv unterstützt hat. Meiner Familie gewidmet. Insbesondere meinen Eltern, die mir jahrelang durch die liebevolle Betreuung meiner Kinder Leon und Niklas erst ermöglicht haben, in dem Umfang zu arbeiten, wie es die vorliegende Arbeit erforderlich gemacht hat. Inhaltsverzeichnis Kapitel Inhalt Seite 1 Einleitung 9 2 Döpfner M, Breuer D, Schürmann S, Wolff Metternich T, Rademacher C, Lehmkuhl G (2004). Effectiveness of an adaptive multimodal treatment in children with AttentionDeficit Hyperactivity Disorder - global outcome. European Child & Adolescent Psychiatry. 13(I): 117-129 21 3 Schürmann S, Scholten S, Melchers P (2010). Das Kaufman Test-System im Jugendalter. Test zur Intelligenzmessung für Jugendliche und Erwachsene (K-TIM). Zeitschrift für Kinderund Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. 4: 273-282 51 4 Schürmann S, Breuer D, Wolff Metternich-Kaizman T, Döpfner M (2011). Die Entwicklung intellektueller Fähigkeiten bei Kindern mit ADHS im Langzeitverlauf - Ergebnisse der 8,5-Jahre-Katamnese der Kölner Adaptiven Multimodalen Therapiestudie (KAMT). Zeitschrift für Neuropsychologie. 1: 7-20 73 5 Schürmann S, Breuer D, Wolff Metternich-Kaizman T, Döpfner M (2012). Intellektuelle Fähigkeiten bei Jugendlichen mit früherer ADHS-Diagnose: Zusammenhänge zu aktuellen ADHS-Symptomen, Komorbidität und früherer Medikation Ergebnisse der 8,5-Jahre-Katamnese der Kölner Adaptiven Multimodalen Therapiestudie (KAMT). Zeitschrift für Kinderund Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. 1: 51-60 105 6 Diskussion und Zusammenfassung 127 7 Gesamt-Literaturverzeichnis 139 8 Vorabveröffentlichungen von Ergebnissen 155 9 Lebenslauf 157 Kapitel 1: Einleitung KAPITEL 1 Einleitung 9 Kapitel 1: Einleitung Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine im Kindes- und Jugendalter häufig auftretende psychische Störung, die durch die Kernmerkmale der Hyperaktivität, Aufmerksamkeitsstörung und Impulsivität gekennzeichnet ist. Die Kinder zeigen sich motorisch deutlich unruhiger als Gleichaltrige, haben Schwierigkeiten, sich längere Zeit zu konzentrieren und sind schneller als andere abgelenkt, unter anderem von Außenreizen. Zudem zeigen sie eine erhöhte Impulsivität, d.h. sie handeln oft unüberlegt, reden sehr viel und können schlecht abwarten (28). Die Störung ist nach ICD-10 durch einen frühen Beginn (vor dem siebten Lebensjahr) gekennzeichnet sowie durch die Unabhängigkeit der Symptome von spezifischen Situationen und der Beständigkeit über eine längere Zeit. Zudem müssen die Symptome ein deutliches Leiden oder eine Beeinträchtigung der sozialen, schulischen und / oder beruflichen Funktionsfähigkeit verursachen. Nach den Leitlinien darf die Störung nicht die Kriterien einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung, einer manischen Episode, einer depressiven Episode oder einer Angststörung erfüllen (3). Die Behandlung von ADHS sollte multimodal vielfältige therapeutische Angebote kombinieren. Auf der einen Seite geht es um die Verminderung der unmittelbaren Symptome der Störung, auf der anderen Seite müssen aber auch die Komorbiditäten Beachtung finden, die häufig mit dieser Störung assoziiert sind. Im Wesentlichen geht es um die Wiederherstellung bzw. Verbesserung der psychosozialen Funktionen. Nach nationalen und internationalen Leitlinien (5, 29) sollte die Therapie Psychoeduktion des Patienten und der Bezugspersonen (Eltern, Lehrer, Erzieherinnen; 24) sowie verhaltenstherapeutische Elterntrainings und Einzeltherapie des Patienten umfassen. Bei den verhaltenstherapeutischen Elterntrainings hat sich im deutschsprachigen Raum das THOP – Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten (6) bewährt. Es beinhaltet die Kombination aus verhaltenstherapeutischem Elterntraining, kindzentrierten Therapien und Beratung von Lehrern bzw. Erzieherinnen. Bei dem Elterntraining bzw. Eltern-Kind-Training kommen sowohl Methoden zum Einsatz, die die positive Beziehung zwischen Eltern und Kind stärken, als auch Methoden, die die Eltern zu einem konsistenteren Erziehungsverhalten anleiten. Auch Verstärkerpläne (Punkte-Pläne und Punkte-Entzugs-Pläne) sind Bestandteil dieser Therapie. Unter kinderzentrierten Therapien werden vor allem Konzentrations- bzw. 10 Kapitel 1: Einleitung Selbstinstruktionstrainings, Spieltraining sowie Selbstmanagementansätze verstanden. Im internationalen Sprachraum liegen eine Vielzahl von Studien zur Wirksamkeit von Interventionen vor, die eltern- und familienzentriert sowie kindergarten- und schulzentriert angelegt sind. Pelham et al. (22) und Pelham & Fabiano (23) fassen die Literatur zur Wirksamkeit von psychosozialen Interventionen bei ADHS zusammen. Es ist belegt, dass sowohl Elterntrainings als auch Interventionen im Kindergarten und in der Schule als gut etablierte Verfahren bewertet werden können und sich deutliche Effekte zeigen (7). Diese systematischen Übersichtsarbeiten werden zudem durch neuere Meta-Analysen bestätigt (8, 30). Am bekanntesten ist die Multisite Treatment Study of ADHD (MTA). Hier konnte im Verlauf durch die verhaltenstherapeutischen (familien-, schul- und patientenzentrierten) Interventionen erhebliche Veränderungen sowohl der ADHSSymptomatik als auch der komorbiden Symptome nachgewiesen werden (20). Im deutschen Sprachraum wurde das Therapieprogramm THOP mittlerweile in mehreren Studien untersucht (6). Die im Rahmen dieser Dissertation vorgelegte Analyse der Kölner Studiengruppe (4) stellt die erste empirische Überprüfung dieses Programmes dar (siehe Kapitel 2). Neben den verhaltenstherapeutischen Therapien stellt die medikamentöse Therapie einen weiteren wichtigen Aspekt bei der Behandlung von ADHS dar. Hier kommen vor allem Psychostimulanzien mit dem Wirkstoff Methylphenidat zum Einsatz, die unretardiert (schnellfreisetzend) oder retardiert gegeben werden können. Ein weiterer Wirkstoff ist Amphetamin. Zusätzlich kann auch mit dem Wirkstoff Atomoxetin behandelt werden. Die Kurzzeitwirksamkeit von der Pharmakotherapie ist sehr gut belegt (1) und generell liegen die Effekte der Psychostimulanzientherapie über der von verhaltenstherapeutischen Interventionen, zumindest bezüglich der ADHS-Symptomatik (30). Die meisten Studien vergleichen medikamentöse Therapie mit Placebo oder alternativen Behandlungsverfahren, z.B. Verhaltenstherapie. Selten wurde bislang ein adaptives Studiendesign gewählt, das der Frage nachgeht, ob eine gegebene Behandlung wirkungsvoll ist, wenn die alternative Therapie geringe oder keine Effekte hat. Dieser Fragestellung geht die im Rahmen dieser Dissertation 11 Kapitel 1: Einleitung vorgelegte Kölner Adaptive Multimodale Therapiestudie (KAMT) nach (4, siehe Kapitel 2). Mittlerweile liegen auch mehrere Studien zum Langzeitverlauf von behandelten oder auch unbehandelten Kindern mit ADHS vor (28). Es ist bekannt, dass die Prävalenzraten vom Kinder- zum Jugend- und Erwachsenenalter abnehmen. Die Remissionsraten sind dabei jedoch abhängig von deren Definition. So wird deutlich, dass die Remissionsrate im Jugendalter bei syndromatischer Remission (Erfüllung aller diagnostischen Kriterien) deutlich höher ist als die symptomatische Remission (2). Die Funktionsremission (Ebene der psychosozialen Funktionstüchtigkeit) fällt demgegenüber am geringsten aus. Dier Ergebnisse von mehreren Verlaufsstudien zu ADHS in der Adoleszenz (28) zeigen, dass bei einer beträchtlichen Anzahl von Kindern mit ADHS mit einer Persistenz der Störung gerechnet werden muss. Die Persistenzraten schwanken zwischen 43 und 72%. Mittlerweile liegen auch mehrere Studien zum Langzeitverlauf nach intensiven therapeutischen Interventionen vor. Am bekanntesten ist die MTA-Studie, in der mehr als 500 Kinder zunächst 14 Monate lang intensiv entweder pharmakologisch, verhaltenstherapeutisch oder kombiniert behandelt und mit einer Kontrollgruppe verglichen wurden, die „Treatment as Usual (TAU)“ erhielt. Die Langzeitanalysen liegen über den Zeitraum von 24 Monaten (21), drei Jahren (11) und acht Jahren nach Behandlungsbeginn (19) vor. Sie zeigen insgesamt, dass sich erstens die Symptomatik in allen Behandlungsgruppen kontinuierlich vermindert und zweitens, dass die unterschiedlichen Kurzzeiteffekte zwischen den verschiedenen Therapieformen mit zunehmendem Abstand von der 14monatigen Intensivbehandlung verschwinden. Über den Verlauf der kognitiven Funktionen nach einer intensiven Therapie, der Gegenstand von zwei Arbeiten dieser Dissertation ist (26,27), liegen demgegenüber noch relativ wenige Erkenntnisse vor. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie generell und bei der Diagnosestellung einer ADHS ist die differentielle Intelligenzdiagnostik ein wichtiger Bestandteil der allgemeinen Diagnostik. Auf der einen Seite wird die Intelligenzdiagnostik zur Überprüfung bestimmter Diagnosen benötigt, auf der anderen Seite können aus 12 Kapitel 1: Einleitung der Profilinterpretation wertvolle neuropsychologische Informationen gewonnen werden. Bei bestimmten Diagnosen muss die intellektuelle Leistungsfähigkeit eines Kindes oder Jugendlichen überprüft werden, um eine intellektuelle Unter- oder auch Überforderung auszuschließen, die zu bestimmten Symptomausprägungen und damit zu Fehldiagnosen führen kann. So kann beispielsweise ein Kind in der Schule Symptome der Konzentrationsschwäche, der motorischen Unruhe und Impulsivität zeigen. Diese Symptome können auf eine Aufmerksamkeits-DefizitHyperaktivitäts-Störung (ADHS) hinweisen, können aber auch alleine von intellektueller Überforderung (oder auch Unterforderung) in der Schule bedingt sein. Aus diesem Grunde ist es wichtig, die intellektuelle Begabung des Kindes bei der Diagnosestellung zu überprüfen. Ist das Kind weder intellektuell über- oder unterfordert, können die Symptome für eine ADHS sprechen und die weiteren Kriterien dieser Diagnose sollten überprüft werden. Ist das Kind intellektuell überoder unterfordert, sollte zunächst ein Wechsel auf die angemessene Schulform stattfinden. Wird dieses Kind entsprechend seiner Begabung beschult und zeigen sich die Symptome dann nicht mehr, kann die Diagnose einer ADHS nicht gestellt werden. Die Symptome waren alleine Ausdruck einer intellektuellen Über- oder Unterforderung. Wäre in diesem Falle die intellektuelle Über- oder Unterforderung mittels eines Intelligenztestes nicht festgestellt und eine angemessene Beschulung nicht eingeleitet worden, wäre vermutlich die Fehldiagnose eine ADHS gestellt worden. Ein weiterer wichtiger Nutzen der differenzierten Intelligenzdiagnostik sind die neuropsychologischen Informationen, die aus dem Befund gezogen werden können. Auch die Verhaltensbeobachtung des Leistungsverhaltens trägt dazu bei. So können individuelle Stärken oder Schwächen im Leistungsprofil und bestimmte beobachtete Verhaltensprobleme wie Konzentrationsprobleme und kognitive Impulsivität eine Diagnose stützen und wichtige Informationen für die weitere Beratung und Therapie liefern. Zudem zeigen sich häufiger „typische“ Intelligenzprofile bei bestimmten Diagnosen. So zeigt sich beispielsweise, dass bei der Kaufman-Assessment Battery for Children (12,13, 16, 17), einem differentiellen Intelligenztest für Kinder, bei ADHS-Kindern typischerweise die Skala einzelheitlichen Denkens signifikant schwächer ausgeprägt ist als die Skala 13 Kapitel 1: Einleitung ganzheitlichen Denkens (27). Aus diesen dargestellten Gründen bedürfen viele kinder- und jugendpsychiatrischen Fragestellungen einer fundierten differentiellen Intelligenzdiagnostik. Es gibt mittlerweile verschiedene differentielle Intelligenztests auf dem deutschsprachigen Markt, die für die oben genannten Fragestellungen verwendet werden können. Es gibt verschiedene Intelligenzdefinition und damit auch verschiedene Intelligenztheorien. Die differentiellen Intelligenztests beruhen auf diesen teils unterschiedlichen Intelligenztheorien. Für die hier vorliegende Arbeit wurden die Intelligenztests von Alan S. Kaufman und Nadeen L. Kaufman gewählt, da diese jeweils auf neuropsychologisch fundierten Intelligenzmodellen beruhen und daher neben der zu messenden Gesamtintelligenz zusätzlich wertvolle neuropsychogische Informationen liefern, die für die weitere Therapie genutzt werden können. Bei Kindern im Alter von 2;05 bis 12;05 Jahren kann die Kaufman – Assessment Battery for Children (12, 13) angewendet werden, die 1983 veröffentlicht wurde und bereits seit 1991 auch in deutscher Übersetzung und Normierung auf dem Markt ist (16,17). Dieser Test wurde bei der Eingangsdiagnostik der in dieser Arbeit beschriebenen Studie verwendet. Für das 8,5 Jahres Follow up der Studie wurde der Kaufman Adolescent and Adult Intelligence Test (KAIT) verwendet, der von Kaufman entwickelt und 1993 veröffentlicht wurde (14). Die deutschsprachig übersetzte und normierte Fassung (18) wird in Kapitel 3 genau dargestellt (25). Die K-ABC basiert auf dem neuropsychologischen Modell von Luria (15). Die Intelligenz wird mit der Skala intellektueller Fähigkeiten gemessen, die in die Skala einzelheitlichen Denkens (folgerichtiges, serielles Denken) und in die Skala ganzheitlichen Denkens (simultanes Denken, räumlich-gestalthaftes Denken, Analogieschlüsse) unterteilt ist. Demgegenüber wird die Fertigkeitenskala gestellt, die erworbenes (schulisches und nicht schulisches) Wissen misst. Der K-TIM basiert demgegenüber in Übereinstimmung mit altersentsprechenden Entwicklungsaspekten auf der Theorie fluider und kristalliner Intelligenz von Horn und Cattell (10). Im neuropsychologischen Modell von Luria (15) gehören sequenzielle und simultane Verarbeitung (K-ABC) zu den Block-II-Funktionen, während die Planungsfähigkeit, wie sie mit der Skala fluider Intelligenz des K-TIM gemessen wird, mehr den höheren, den exekutiven Funktionen und damit dem 14 Kapitel 1: Einleitung Bock III zugeordnet ist. Die Skala intellektueller Fähigkeiten der K-ABC und die Skala fluider Intelligenz im K-TIM messen daher beide Aspekte fluider Intelligenz, wenngleich sie sich im neuropsychologischen Modell von Luria unterscheiden. Die Fertigkeitenskala des K-ABC misst kulturell erworbenes Wissen und wird daher nicht mit der Skala intellektueller Fähigkeiten zusammengefasst. Die Skala kristalline Intelligenz des K-TIM ist zwar ebenfalls von angeeigneten Wissen, Akkulturation und Auseinandersetzung mit der Umwelt abhängig, wobei in dieser Skala mehr als in der Fertigkeitenskala das logische Denken innerhalb des erworbenen Wissen im Vordergrund steht. In der in dieser Arbeit beschriebenen Studie werden die Ergebnisse der Intelligenztests von ADHS-Kindern im Altersverlauf (K-ABC im Kindesalter, K-TIM im Jugendalter) dargestellt und diskutiert. Die nachfolgenden Kapitel beziehen sich auf folgende Schwerpunkte: Im zweiten Kapitel wird zunächst die Kölner Adaptiven Multimodalen TherapieStudie (KAMT) vorgestellt, die das Ziel hat, die kurzfristigen und langfristigen Effekte einer im Grundschulalter durchgeführten multimodalen (d.h. medikamentös und/oder verhaltenstherapeutisch ausgerichteten) Behandlung von Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) zu überprüfen (4). Hier werden zunächst die Kurzzeiteffekte der multimodalen Intensivtherapie dargestellt. Im darauffolgenden dritten Kapitel wird der Kaufman - Tests zur Intelligenzmessung für Jugendliche und Erwachsene (K-TIM) dargestellt, der innerhalb der Kölner Adaptiven Multimodalen Therapie-Studie (KAMT) in der 8,5Jahres-Katamnese durchgeführt wurde. Er ist die deutschsprachige Adaption des Kaufman Adolescent and Adult Intelligence Test und dient einer differenzierten Erfassung intellektueller Fähigkeiten im Altersbereich von 11 bis über 85 Jahren. Das Verfahren gründet auf den Modellen zur Intelligenzentwicklung von Horn und Cattell, Luria und Piaget (18). Es umfasst 10 Untertests, die Konzept orientiert in fluide Intelligenz, kristalline Intelligenz und Erfassung verzögerter Reproduktion gegliedert sind. In diesem Kapitel werden die Übersetzung und Normierung des Verfahrens und die Gütekriterien des Tests dargestellt. Neben Voruntersuchungen während der Übersetzung und Adaption sowie Neukonstruktion von Aufgaben mit 15 Kapitel 1: Einleitung hoher sprachlicher und kultureller Ladung wurden schrittweise Evaluationsuntersuchungen durchgeführt. Die Endfassung wurde mit einer Stichprobe von 2320 Probanden aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol normiert, wobei eine erneute Evaluation erfolgte. Gegen Ende wird an einem Fallbeispiel einer 14-jährigen Patientin in der Kinder- und Jugendpsychiatrie dargestellt, welche neuropsychologischen Informationen der K-TIM als differenzieller Intelligenztest leistet und wie diese für die Beratung und die weitere Therapieplanung von Nutzen sein können (25). Die Kapitel vier und fünf beziehen sich auf die 8,5-Jahres-Katamnese der KAMTStudie mit einem besonderen Augenmerk auf die intellektuelle Entwicklung der Patienten (26,27). Dabei wird in Kapitel vier überprüft, inwieweit sich die Leistungsfähigkeit der Jugendlichen, die in der Kindheit aufgrund einer ADHS in der Studie behandelt wurde, von der Norm unterscheidet und wie diese Unterschiede erklärt werden können. Eine Profilanalyse soll klären, ob sich, wie bereits bei der K-ABC bekannt, ein typisches Leistungsprofil bei den untersuchten Jugendlichen ergibt. Zudem werden die Zusammenhänge zwischen den früheren Intelligenzergebnissen zu Behandlungsbeginn und -ende der Intensivtherapie einerseits und den aktuellen Intelligenzergebnissen andererseits analysiert. Kapitel 5 untersucht die Zusammenhänge der intellektuellen Leistungsfähigkeit mit der aktueller ADHS-Symptomatik, komorbider Symptomatik sowie früherer Medikation. 16 Kapitel 1: Einleitung Literatur: 1. Banaschewski T, Rothenberger A (2010) Pharmakotherapie mit Stimulanzien bei Kindern und Jugendlichen. In Steinhausen H-C, Rothenberger A, Döpfner M (Hrsg.). Handbuch ADHS. Grundlagen, Klinik, Therapie und Verlauf der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung. Stuttgart: Kohlhammer, p. 289-307 2. Biederman J, Mick E, Faraone SV (2000). Age-dependent decline of symptoms of attention deficit hyperactivity disorder: impact of remission definition and symptom type. American Journal of Psychiatry. 157: 816-818 3. Döpfner M, Frölich J, Lehmkuhl G (2000). Hyperkinetische Störungen. Leitfaden Kinder- und Jugendpsychotherapie, Band 1. Göttingen: Hogrefe 4. Döpfner M, Breuer D, Schürmann S, Wolff Metternich T, Rademacher C, Lehmkuhl G (2004). Effectiveness of an adaptive multimodal treatment in children with Attention-Deficit Hyperactivity Disorder - global outcome. European Child & Adolescent Psychiatry. 13(I): 117-129 5. Döpfner M, Lehmkuhl G, Schepker R, Frölich J (2007). Hyperkinetische Störungen (F90). In Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie Psychosomatik und Psychotherapie, Bundesarbeitsgemeinschaft Leitender Klinikärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie Psychosomatik und Psychotherapie & Berufsverband der Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie Psychosomatik und Psychotherapie (Hrsg.). Leitlinien zur Diagnostik und Therapie von psychischen Störungen im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter (3. überarb. und erw. Aufl.,). Köln: Deutscher Ärzte Verlag, p. 239-254 6. Döpfner M, Schürmann S, Frölich J (2007). Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten (THOP). 4.Aufl. Weinheim: Beltz, Psycholgie Verlags Union 7. Döpfner M, Banaschewski T, Sonuga-Barke EJS (2008). Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung (ADHS). In Petermann F (Hrsg.). Lehrbuch der klinischen Kinderpsychologie (6. Aufl.,). Göttingen: Hogrefe, p. 257 – 276 17 Kapitel 1: Einleitung 8. Fabiano GA, Pelham WE, Coles EK, Gnagy EM, Chronis-Tuscano A, O'Connor BC (2009). A meta-analysis of behavioral treatments for attentiondeficit/hyperactivity disorder. Clinical Psychology Review. 29: 129-140 9. Horn JL, Cattell RB (1966). Refinement and test of the theory of fluid and crystallized general intelligences. Journal of Educational Psychology. 57: 253-270 10. Horn JL, Cattell RB (1967). Age differences in fluid and crystallized intelligence. Acta Psychologica. 26: 1107-129 11. Jensen PS, Arnold LE, Swanson JM, Vitiello B, Abikoff HB, Greenhill LL, Hechtman L, Hinshaw SP, Pelham WE, Wells KC, Conners CK, Elliott GR, Epstein JN, Hoza B, March JS, Molina BS, Newcorn JH, Severe JB, Wigal T, Gibbons RD, Hur K (2007). 3-year follow-up of the NIMH MTA study. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry. 46(8): 989-1002 12. Kaufman AS, Kaufman NL (1983a). K-ABC administration and scoring manual. Circle Pines, MN: American Guidance Service 13. Kaufman AS, Kaufman NL (1983b). K-ABC interpretive manual. Circle Pines, MN: American Guidance Service 14. Kaufman AS, Kaufman NL (1993). Kaufman Adolescent and Adult Intelligence Test (KAIT). Circle Pines, MN: American Guidance Service 15. Luria AR (1980). Higher dortical functions in man (2.Auflage). New York: Basic Books 16. Melchers P, Preuß U (1991). Kaufman-Assessment Battery for Children (KABC). Deutschsprachige Fassung . Lisse: Swets & Zeitlinger 17. Melchers P, Preuß U (2001). Kaufman-Assessment Battery for Children (KABC). Deutschsprachige Fassung (5.Auflage). Leiden: PITS 18. Melchers P, Schürmann S, Scholten S (2006). Kaufman - Test zur Intelligenzmessung für Jugendliche und Erwachsene (K-TIM). Leiden: PITS 18 Kapitel 1: Einleitung 19. Molina BS, Hinshaw SP, Swanson JM, Arnold LE, Vitiello B, Jensen PS, Epstein JN., Hoza B, Hechtman L, Abikoff HB, Elliott GR, Greenhill LL, Newcorn JH., Wells KC, Wigal T, Gibbons RD, Hur K, Houck PR (2009). MTA at 8 Years: Prospective Follow-up of Children Treated for CombinedType ADHD in a Multisite Study. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry. 48: 484-500 20. MTA Study Group. (1999). A 14-month randomized clinical trial of treatment strategies for attention-deficit/hyperactivity disorder. The MTA Cooperative Group. Multimodal Treatment Study of Children with ADHD. Archives of General Psychiatry. 56(12): 1073-1086 21. MTA Study Group (2004). National Institute of Mental Health Multimodal Treatment Study of ADHD follow-up: 24-month outcomes of treatment strategies for attention-deficit/hyperactivity disorder. Pediatrics. 113(4): 754761 22. Pelham WE Jr., Wheeler T, Chronis A (1998). Empirically supported psychosocial treatments for attention deficit hyperactivity disorder. Journal of Clinical Child Psychology. 27: 190-205 23. Pelham WE, Fabiano GA (2008). Evidence-Based Psychosocial Treatments for Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder. Journal of Clinical Child & Adolescent Psychology. 37: 184-214 24. Schürmann S, Döpfner M (2010). Psychoedukation. In Steinhausen H-C, Rothenberger A, Döpfner M (Hrsg.). Handbuch ADHS. Grundlagen, Klinik, Therapie und Verlauf der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung. Stuttgart: Kohlhammer, p. 258-271 25. Schürmann S, Scholten S, Melchers P (2010). Das Kaufman Test-System im Jugendalter. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. 4: 273-282 26. Schürmann S, Breuer D, Wolff Metternich-Kaizman T, Döpfner M (2011). Die Entwicklung intellektueller Fähigkeiten bei Kindern mit ADHS im Langzeitverlauf - Ergebnisse der 8,5-Jahre-Katamnese der Kölner Adaptiven 19 Kapitel 1: Einleitung Multimodalen Therapiestudie (KAMT). Zeitschrift für Neuropsychologie. 1: 720 27. Schürmann S, Breuer D, Wolff Metternich-Kaizman T, Döpfner M (2012). Intellektuelle Fähigkeiten bei Jugendlichen mit früherer ADHS-Diagnose: Zusammenhänge zu aktuellen ADHS-Symptomen, Komorbidität und früherer Medikation - Ergebnisse der 8,5-Jahre-Katamnese der Kölner Adaptiven Multimodalen Therapiestudie (KAMT). Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. 1: 51-60 28. Steinhausen HC, Rothenberger A, Döpfner M (Hrsg.) (2010). Handbuch ADHS. Grundlagen, Klinik, Therapie und Verlauf der AufmerksamkeitsdefizitHyperaktivitätsstörung. Stuttgart: Kohlhammer 29. Taylor E, Döpfner M, Sergeant J, Asherson P, Banaschewski T, Buitelaar J, Coghill D, Danckaerts M, Rothenberger A, Sonuga-Barke E, Steinhausen HC, Zuddas A (2004). European clinical guidelines for hyperkinetic disorder - first upgrade. European Child and Adolescent Psychiatry. 13 Suppl 1: 17-30 30. Van der Oord S, Prins PJ, Oosterlaan J, Emmelkamp PM (2008). Efficacy of methylphenidate, psychosocial treatments and their combination in schoolaged children with ADHD: A meta-analysis. Clinical Psychologyl Review. 28: 783-800 20 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome KAPITEL 2 Döpfner M, Breuer D, Schürmann S, Wolff Metternich T, Rademacher C, Lehmkuhl G (2004). Effectiveness of an adaptive multimodal treatment in children with Attention-Deficit Hyperactivity Disorder - global outcome. European Child & Adolescent Psychiatry. 13(I): 117-129 21 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome Introduction Attention deficit/hyperactivity disorder (ADHD) is a childhood and adolescence disorder, characterized by a pattern of extreme, pervasive, persistent, and debilitating inattention, overactivity, and impulsiveness. Psychostimulants (e. g., methylphenidate, dextroamphetamine) and behaviour therapy are the preferred forms of treatment for this disorder. Several studies have demonstrated the efficacy of behavioural interventions especially of parent trainings and interventions in school [19, 24, 39, 40] as well as pharmacological and multimodal treatment, the combination of behavioural and pharmacological interventions [30, 35]. The relative efficacies of these interventions remain unclear, however. The Multimodal Treatment Study for Children (MTA), conducted by the National Institute of Mental Health (NIMH),is regarded a landmark study on ADHD. The main focus of the trial was to investigate the efficacy of treatment for ADHD by comparing 4 treatment forms for ADHD: behavioural treatment (BT), medication management (MM), combined behavioural treatment and medication management (COM), and a community treatment by own choice as a comparison control group (CC). Seven to 9-year-old children with ADHD were recruited from various community resources and randomly assigned to 1 of the 4 treatment groups. As a global result, it is reported that all 4 treatment groups improved dramatically from baseline to 14 months,with changes (in terms of baseline SDs) of 0.9 to 1.3 for BT from baseline on parent and teacher symptom ratings and community groups, having similar outcomes, and changes of 1.5 to 1.8 for combined and MM groups, also having similar outcomes [36, 38]. Best outcomes were achieved with medication management and combined treatment; in first analyses no significant difference was found between them [36].Medical management was superior to BT on parent and teacher ratings of inattention and teacher ratings of hyperactivity, but not on any other of the 16 measures, including classroom observed behaviour, parent- and teacher-rated social skills, parent-child relationships, sociometric ratings, and academic achievement. Combined treatment and medical management did not differ on any dependent measure [38]. In a secondary analysis Conners et al. [12] built by factor analyses a total-score of several sub-scores with an increased statistical power. Thus, the authors gathered evidence for the superiority of multimodal treatment as opposed to behaviour 22 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome therapy only,medication management and community care. Effect sizes reached from small (multimodal therapy vs. medication) to medium (multimodal therapy vs. behaviour therapy or usual community care), analogous to Cohen [11]. Swanson et al. [43] analysed the clinical relevance of the MTA findings by calculating success rates based on the severity of ADHD and ODD symptoms at the end of treatment. Combined treatment had the highest success rates with 68%, followed by medical management (56 %), behavior therapy (34 %) and community care (25 %). On this categorical outcome measure the superiority of the combined treatment was now statistically significant (p<0.05). The limitations of the MTA study have been discussed in several papers. Greene and Ablon [28] argued that behavioural treatment matched less optimal the needs of children than pharmacological treatment. The treatment components were not sufficiently individualized and were therefore not specifically tailored to meet the patients´ and the families´ needs. The intensity of the behavioural interventions is impressive: (a) 27 group sessions and 8 individual sessions of parent management training; (b) an 8-week, 5-days-per-week, 9-hoursper-day summer treatment program including a contingency management program, time-out from reinforcement, social reinforcement, modelling, group problem solving, sports skills, social skills training, and individualized academic skills practice; and (c) schoolbased treatment, consisting of 10 to 16 sessions of biweekly teacher consultation, focusing on classroom behavior management strategies and 12 weeks (60 school days) of a part-time, behaviourally trained, paraprofessional aide working directly with the child and providing feedback (via a daily report card) to the child´s parents. All children in the psychosocial arm received all treatment components regardless of their need. Perhaps, a less intensive, but more individually tailored program would have been more adequate. Greene and Ablon [28] also question the ecological validity of the outcome regarding the behavioural interventions since the impressive level of intensity cannot be realized in clinical routine care – and if so – the cost-effectiveness ratio may be questionable. On a more general level, there is a growing body of literature indicating that the laboratory-based efficacy studies have produced a family of empirically supported treatments which may not fit smoothly into clinical practice contexts [31.33, 48]. Although these trials have provided important 23 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome information, there is a need for effectiveness trials that model more closely the conditions of clinical practice [29]. Especially three features of these efficacy studies make a generalization of the results difficult to clinical routine: Randomization. Stringent inclusion and exclusion criteria and the need for randomization to different treatment forms make the external validity of efficacy studies questionable since the subjects are not representative for the patients who are seen in clinical routine. Randomization is a core feature of efficacy studies; however, it reduces the ecological validity when it is likely that large numbers of patients will not want to take part in a randomized trial. Partly randomized designs may be a good alternative, since there is no need to exclude those patients who are not willing to be randomized. Standardized behaviour therapy. As Greene and Ablon [28] pointed out, in clinical practice a more adaptive intervention strategy would be applied in determining the number of sessions, the focus of the treatment (parent-, teacher-, child focussed) and the type of treatment technique used. Fixed design. The MTA Study and other efficacy studies used fixed treatment devices in order to answer the following question: is pharmacotherapy more effective than behaviour therapy or is the combination of both more effective than the single interventions? In clinical practice, however, it is more suitable either to start with one intervention (e. g.behaviour therapy) and to add the other treatment (e. g. pharmacotherapy) if the first intervention is not sufficiently effective or to switch over to the second intervention when the first intervention is largely ineffective. These strategies are also recommended by guidelines for clinical practices (Taylor et al., this issue). This adaptive treatment strategy is not covered by the fixed research designs, since the clinically most relevant question: is treatment A (or the combination of A and B) effective in cases where treatment B is ineffective? This cannot be answered by fixed group designs. The Cologne Adaptive Multimodal Treatment (CAMT) Study is an effectiveness study which attempts to realize greater ecological validity by using a partly randomized and adaptive research design with variable intensity and focus on the behavioural interventions. Such more ecological valid studies are also required from the British National Institute of Clinical Excellence [35]. CAMT started in 1990 with the aim of evaluating the effects of an individually tailored multimodal intervention for children 24 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome with either a DSM-III-R diagnosis of ADHD or with a Hyperkinetic Disorder as defined by ICD-10. The long-term evaluation of treatment effects is still in process.CAMT utilizes an adaptive treatment approach by imitating clinical decisions . depending on the effects of one intervention (i. e. medication or behavior therapy), other treatment components were added or unsuccessful treatment was replaced by another treatment. CAMT is one of the few ADHD treatment studies conducted outside English-speaking countries. Method Participants The sample consists of 75 children referred to the outpatient unit of the Clinic of Child and Adolescent Psychiatry and Psychotherapy at the University of Cologne for treatment of inattentiveness, impulsivity or overactivity. All children met the following inclusion criteria: (1) aged 6 to 10 years; (2) attendance at school between the first and the fourth grade; (3) nonverbal IQ of 80 or higher; (4) diagnosis of ADHD according to DSM-III-R criteria or of Hyperkinetic Disorder (HKD) based on the 1989 draft of the preliminary ICD-10 research diagnostic criteria (ICD-10-PRDC) [50]. These preliminary ICD-10 criteria differ from the final criteria [49] in several aspects. The main difference is that the preliminary ICD-10 criteria for behaviour problems in family and school are defined separately while in the final version there is only one set of criteria containing a pervasiveness criterion which states that these symptoms should be present in more than a single situation. Therefore, the preliminary ICD-10 criteria were stronger than the criteria of the final version. Study design Fig. 1 presents the study design. The adaptive design is intended to mimic a clinical strategy starting with psychoeducation and then switching to either behavioural interventions or pharmacological treatment.Depending on the effects of these interventions further treatment steps are defined. For all patients the first intervention stage was a 6-to-8-week baseline period, consisting of six 45- to 60minute sessions of psychoeducation (PE). 25 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome Fig. 1: Design and kinds of interventions actually taken place (PE Psychoeducation; BT Behaviour Therapy; MED Medication) The children were then randomly assigned either to medication+psychoeducation (MED+PE) or to behavior therapy including psychoeducation (BT+PE) if no contraindication for initial BT+PE or initial MED+PE was present. For initial BT+PE the contraindications were (a) very severe ADHD symptoms which endanger the continuation of school attendance and (b) non-compliance of the parents for initial behavioural treatment. For initial MED+PE (stimulant treatment) the following contraindications were defined: (a) past or present tic disorder of the patient or first-degree relatives, (b) history of seizures or respective EEG anomalies, (c) noncompliance of the parents for initial behavioural interventions. After each treatment stage the treatment could be terminated if no further clinically significant problems persisted. The clinical significance of the behavior problems was evaluated after each treatment stage by the therapist and the senior psychologist (M.D.), after reviewing parent and teacher rating scales and a clinical interview with the parents and teachers. 26 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome In the second treatment stage one group received 6 to 8 weeks BT+PE with parent training and interventions in the family, with interventions at school and with self instructional training as indicated.The second group received MED+PE.In both groups,6 sessions (45.60 minutes) were performed.Medication effects were tested in a titration trial. Depending on the effects of the stimulant medication, in a third treatment stage, stimulants were either combined with behaviour therapy (MED+BT) if medication was effective but not sufficiently effective, or pharmacotherapy was ceased and behavioural interventions were performed (BT+PE) if stimulant medication was not effective at all, or finally the weekly treatment was finished if no clinically significant problems further persisted. MED+PE+BT and BT+PE covered two treatment stages of 6 sessions each. The second treatment arm started with 12 sessions of BT+PE following initial PE.Depending on the effects of this treatment, medication was added to BT+PE (if BT+PE was partially effective) or the treatment was changed to MED+PE only (if BT+PE was ineffective) or the weekly treatment was finished (if no clinically significant problems further persisted). In case of medication, effects of psychostimulants were tested in a titration trial. After these treatment stages with usually weekly sessions, a long-term treatment stage with BT and/or MED and/or PE was continued,depending on the intensity of the residual problems of the children. Treatment conditions Psychoeducation (PE) The PE (6 sessions) aimed at the development of a therapeutic relationship with the child and the family as well as the psychoeducation of the child, the family and the teacher regarding the individual causes and the maintaining conditions in the child (i. e. genetic factors), in the family (i. e.problems of the parents or parental reactions to problem behaviour of the child) and in the school (i. e. reactions of the teachers to the child). Specific problem situations at home and at school were identified together with parents, teachers and the child with the help of the Individual Problem Checklist (IPC). Stressors for the family, the parents and the child were discussed, such as partner problems of the parents and emotional 27 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome problems of the parents. General counseling about managing these everyday problems was given both to parents and teachers without developing specific behavioural interventions at home or at school. The teachers were contacted by at least one visit at school and additionally by regular phone calls. Medication + psychoeducation (MED + PE) The effects of stimulant medication (methylphenidate, MPH) were assessed by single blind placebo trials using three steps: first week placebo, second week 0.3.0.4 mg/kg MPH (low dosage), and third week 0.7.0.8 mg/kg MPH (high dosage). During this titration phase, the children received on school days one dose in the morning. Effects were assessed by daily teacher ratings using the Abbreviated Conners Teacher Questionnaire (ACTQ) and the Individual Problem Checklist (IPC). In 40 of 75 cases psychostimulants were tested during the whole course of the study. 37 (93 %) cases were treatment responders. Of these 37 responders 17 (46%) patients received a low dosage and 20 patients (54 %) received a higher dosage. If medication proved to be effective during school time, a second afternoon dosage (with half of the morning dose) could be added. During this phase 6 sessions were conducted with counseling regarding medical management and further psychoeducation. Behaviour therapy including psychoeducation (BT + PE) BT was individually tailored according to a treatment manual [23] which integrates family based and school based interventions with cognitive behaviour therapy of the child. The family interventions are based on the parent training manuals of Forehand, McMahon [26] and Barkley [7]; the school interventions are based on manuals of DuPaul and Stoner [25] and Swanson [42]. Self instructional procedures are based on Camp and Bash [10]. Basic aims and principles for interventions in the family and school were (1) the reduction of specific problem behaviour in specific family or school situations as defined by the Individual Problem Checklist; (2) the enhancement attending skills of parents and teachers; in addition for parents during supervised playtime sessions; (3) development of effective methods of communicating commands and setting rules in specific problem situations (parents and teachers); (4) token economies, response cost for systems and daily home report cards in order to reinforce appropriate behavior 28 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome and to reduce problematic behaviour in specific situations (parents and teachers); (5) development of appropriate negative consequences for problem behavior and use of time out in order to reduce problem behavior in specific situations (parents and teachers). In this therapeutic process the child was integrated as an active member. Self instructional training was added as indicated. The child was taught steps of self instruction (“Stop, what is the problem? .Are there possible plans? What is the best plan? Do the plan! Did the plan work?”) which were trained with different materials especially school-related materials. Training generalization was enhanced by using self monitoring and self evaluation of whether procedures have been followed. Parents and teachers were taught to help the child to apply selfinstruction procedures at home or at school. In a pilot study this combination of self instructional training and interventions in the family and school was shown to be effective [27]. Measures DSM-III-R diagnoses of ADHD, Oppositional Defiance Disorder (ODD) or Conduct Disorder (CD) and the ICD-10 (preliminary RDC) diagnoses of HKD or ODD/CD at intake are based on a structured interview of both parents and teachers [18]. Other comorbid symptoms were assessed with a semi-structured clinical interview [17]. The interviews of the parent took place in the clinic while the teacher interview was conducted on the phone. Symptom checklists for parents (Parent Symptom Checklist, PSC) and for teachers (Teacher Symptom Checklist, TSC) were used at baseline, during the course of treatment at each assessment-point after each treatment stage, and at the end of the treatment. These symptom checklists consist of 47 items,each with a four-point rating scale of symptom severity (0=not at all, 1=just a little, 2=pretty much, 3=very much): 23 items describe symptoms of ADHD, 24 items include oppositional and conduct behaviour problems [18]. The items represent the diagnostic criteria of DSM-III-R and ICD-10 (preliminary RDC) of ADHD/HKD, ODD and CD. Based on factor analyses the items were clustered into two scales describing ADHD symptoms (PSC-ADHD and TSCADHD) and ODD/CD symptoms (PSC-ODD/CD and TSC-ODD/CD). Scale scores were calculated by 29 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome averaging the item scores within the domains of ADHD and ODD/CD. Thus the scale scores could vary from 0 to 3. The internal consistencies (Cronbach fs alpha) are α=0.91 for PSC-ADHD, α=0.89 for PSC-ODD/CD, α=0.88 for TSCADHD, and α=0.91 for TSC-ODD/CD [18]. At the beginning and the end of the treatment general behaviour problems of the children were rated by parents with the German version of the Child Behavior Checklist [5] and by teachers with the German version of the Teachers Report Form [4]. Both German versions of the checklists, developed by Achenbach [1, 2] were analysed in independent studies with clinical and field samples regarding their psychometric properties. In clinical samples the scales of the German CBCL and TRF were found to be factorially valid and sufficiently internally consistent [15, 16, 21]. In epidemiological samples the CBCL scores of German,Dutch, and US populations showed only small differences [20, 22].Moreover, CBCL scores discriminate representative from clinical samples [41]. For the assessment of behaviour problems of the child in specific home situations, the German version of the Home Situations Questionnaire (HSQ), developed by Barkley [6] was used at every treatment stage. The HSQ consists of 16 situations in which problematic child behaviour can occur. Parents rate whether the problem behaviour is present in that setting; if so, they rate its severity on a 9-point scale. Numerous US studies support the reliability and validity of the HSQ [8, 9]. The reliability and validity of the German version was examined in a clinical and a field sample. The internal consistency of the severity scale proved to be good (α=0.83); substantial correlations were found between parent ratings of CBCL externalizing problems and CBCL attentions problems,but not with TRF teacher ratings of problem behaviour. For the assessment of problem behaviour during homework the Homework Problem Checklist (HPC) [3] was used. This parent checklist consists of 20 items which are rated on a 4-point frequency scale. The parents are also asked to indicate whether the specific behaviour is regarded a problem or not. The reliability and validity of the German version was checked in a clinical and a field sample [23]. The internal consistency of the frequency scale proved to be good (α=0.92); substantial correlations were found with CBCL externalizing problems and CBCL attention problems, but not with CBCL internalizing problems. 30 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome At the beginning of the treatment three to four target behaviour problems were defined together with the parents (Individual Problem Checklist for Parents, IPC-P) and with the teachers (Individual Problem Checklist for Teachers (IPC-T) which should be reduced by the treatment. Especially those behaviour problems were selected as treatment targets which were impairing for the child or stressful for the reference person in the family or at school. On a weekly basis both parents and teachers rated the frequency of the problem behaviour on a four-point rating scale and the intensity of these behavior problems on a ten-point rating scale (from 0=no problems to 9=severe problems). By averaging the ratings on the three to four items, a total problem score on the IPC-P and the IPC-T was derived. Therefore, the total problem score could vary form 0 to 9. Intelligence was assessed by the German versions of the Culture Fair Intelligence Test [46, 47]. Missing values were replaced by median at baseline, with the last valid values at the following measurements. For categorical outcome analyses, three scores were derived on the basis of pretest and posttest parent and teacher ratings as indicators for treatment success. (1) The percentage of children with no diagnosis of a disruptive disorder (ADHD, ODD or CD), based on parent/ teacher ratings on the PSC and TSC. (2) The percentage of children with scores < 1 on the combined ADHD and ODD/CD scores on the parent rating (PSC) and the combined ADHD and ODD/CD scores on the teacher rating (TSC). The percentage of children without a diagnosis of a disruptive disorder at post-treatment is a weak effectiveness criterion since children with subclinical behaviour problems are defined as responders. The percentage of children with a mean score ≤ 1 is closer to normalization rates. It is a logical cutoff based on the DSM-IV/ICD-10 criteria, stating that low severity of the specified behaviours would not be sufficient to qualify as symptoms of ADHD or ODD (i. e. in the range from ”not at all” to “just a little” in the subjective ratings on the PSC/TSC). Swanson et al. [43] developed a similar criterion for clinical relevance of the MTA Study findings, using the ≤ 1 cutoff for the SNAP checklist which is a DSM-IV based parent and teacher rating scale for ADHD and ODD/CD. (3) A third score for effectiveness represented the percentage of children with only mild individual target problems on the IPC-P and the IPC-T.The cutoff was . 3 on the 0 to 9 point problem ratings of the parents and the teachers. Treatment success on these three criteria was separately calculated for the behaviour in 31 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome school based on teacher ratings and for the behaviour in the family based on parent ratings. For comparison purposes with the MTA study [43], the parent and teacher ratings of ADHD and ODD/CD were combined for a global outcome measure by averaging the parent and teacher ratings. Furthermore, the rate of children with scores ≤ 1 was calculated. Data analysis Besides descriptive statistics (rates of subjects in different treatments, success rates, effect sizes) statistical analyses were conducted with paired t-tests. Results Sample description The sample (n=75) consisted of 70 boys (93.3 %); the mean age was 8.3 years (SD=1.1; range 6.4 to 10.7). Of the children, 86.7% attended an ordinary elementary school, while 14.3% visited special schools for children with learning problems (5.3 %), behaviour problems (4.0 %), physical handicaps (2.7%) or language problems (1.3 %). 41% were in first grade, 24% in second, 23 % in third and 12 % in fourth grade. Mean IQ of the sample was 102.4, (SD=9.8). Table 1 shows the ADHD and HKD diagnoses based on structured interviews with parents and teachers using DSM-III-R criteria and ICD-10 preliminary RDC. Table 1: ICD-10 and DSM-III-R HD/ADHD diagnoses by diagnostic interviews + (n) DSM-III-R (27) (62) (n) (56) (55) (n) (n) (22) (42) (61) (75) All 75 children received a DSM-III-R diagnosis of ADHD based on either parent or teacher interview, while 56% received the diagnosis based on both parent and teacher interview. The full diagnosis of HKD in both the parent and teacher interview was fulfilled by 22 children (20.3 %),and 61 (81.3 %) children met the 32 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome HKD criteria in either the parent or the teacher interview. All children with a diagnosis based on only one interview also had ADHD/HKD symptoms according to the second interview. In the parent interview but not in the teacher interview the criteria for ODD and CD were assessed in addition to ADHD/HKD. 46 (61.3 %) showed a DSM-III-R diagnosis of ODD or CD and 42 (56%) had an ICD-10-PRDC diagnosis of ODD/CD.Additional clinical ICD-10-diagnoses for other than disruptive disorders were based on a structured clinical interview CASCAPD [17]. The comorbid disorders were 9.3% enuresis, 3.9% developmental disorders of speech and language, 2.6% tic disorders. 5.2% stuttering, and 2.6% dysthymia. Interventions Fig. 1 also shows the distribution of the different interventions and the individual courses of treatment. All 75 children received the first six sessions of PE (box #1).After this first treatment stage two children dropped out despite still showing clinically significant problems (box #11). However, the parents either showed no further treatment motivation or moved to another residence. In the second treatment stage, 28 children (37 %) received MED+PE (box #3), and 45 children (60%) obtained BT+PE (box #10). Out of the 73 children in this treatment stage, 42 (57.5%) were randomly assigned to behaviour therapy (n=20) or to medication (n=22) while 31 patients (42.5%) due to contraindications could not be randomly assigned. 25 children were assigned to behaviour therapy because of contraindication for primary stimulant medications either due to tic disorders of the child or of a first grade relative (n=6) or due to a history of seizures or respective anomalies in the EEG (n=3). In most cases, however, as an initial intervention (n=16) parents did not comply with medication. Since behaviour therapy was not indicated due to severe ADHD symptoms endangering the continuation of school attendance, 6 children were assigned to stimulant treatment. The randomly assigned (RA) and the not randomly assigned (NRA) group did not differ with respect to the IQ (RA: 101.5±8.9; NRA: 104.6±10.3; df=71 t=1.37), to TRF total scores (RA: 68.7±23.1; NRA: 66.5±26.1; df=62, t=0.36), to TRF externalizing scores (RA: 29.1±13.1; NRA: 27.3±13.7; df=62, t=0.54), to TRF 33 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome internalizing scores (RA: 9.9±6.6;NRA: 10.5±7.5; df=62, t=–0.31), and to TRF attention problems scores (RA: 22.8±6.4; NRA: 21.8±6.4; df=62, t=0.63). The groups did also not differ on CBCL total scores (RA: 58.5±28.9; NRA: 60.7±24.6; df=69, t=–0.34), on CBCL externalizing scores (RA: 26.7±12.4; NRA: 25.0±11.1; df=69, t=0.59), on CBCL internalizing scores (RA: 9.5±8.2; NRA: 12.2±7.4; df=69, t=1.44), on Parent Symptom Checklist – ADHD (RA: 2.0±0.6; NRA: 1.8±0.5; df=70, t=1.12), on Parent Symptom Checklist – ODD/CD (RA: 0.9±0.5; NRA: 0.9±0.4; df=70, t=0.41), on Teacher- Symptom Checklist – ADHD (RA: 2.1±0.5; NRA: 2.0±0.4; df=67, t=1.04), and on Teacher Symptom Checklist – ODD/CD (RA: 0.8±0.5; NRA: 0.7±0.4; df=67, t=1.41). In the MED+PE condition, the intensive treatment with weekly sessions could be ceased in two cases out of 28 (7 %) (box #3), since after this treatment period clinically significant problems did not further persist.Medication was continued after the termination of the intensive treatment. In three cases (11 %), medication was not effective and therefore the treatment was changed to behaviour therapy only (box #5). In most cases parents decided to give only one MPH morning dose because the problem behaviour at school could be reduced effectively (in Germany school is usually in the morning only), and the behaviour problems of the child in the family were less severe or the problems could also be reduced by the morning dose.Moreover, many of the parents decided to use behavioural interventions in order to reduce behaviour problems in the family. Thus in 82% of the cases, BT in addition to MED+PE was necessary because either in school or in the family clinically significant problems further persisted (box #4).At the next level out of the remaining 23 subjects in the MED+PE+BT condition, four subjects (17 %) terminated the treatment after this stage (with no further treatment relevant problem),one (4%) dropped out,and in one case (4%) parents did not comply with the continuation of medical treatment, and therefore the child received BT (box #6). A total of 17 subjects (74%) received a second phase of MED+PE+BT (box #7).Out of the three patients with BT in treatment stage 3 (box #5), only one subject received further BT (box #8), one subject finished treatment and another subject changed from BT to BT+MED (box #9). On the second treatment arm, 45 patients started with BT+PE (box #10) after initial PE. After 6 sessions of BT+PE, seven of 45 children (= 16%) were not in 34 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome need for further treatment any more, since no clinically significant problem further persisted and one dropped out (box #13). Thus 34 subjects (76%) entered the second BT+PE period (box #12). Some interventions were not planned according to the design at this stage, but they were necessary due to other conditions. At this stage, in three cases (7 %) it was decided in a consensus conference to give medication in addition to BT+PE, instead – as planned – after a second stage of BT+PE because the children were at severe risk of dropping out of school due to their disruptive behaviour at school (box #13). According to the design, at the fourth treatment stage out of the 34 subjects with a second BT+PE (box #12), nine cases (26 %) changed to BT+PE+MED (box #14). A total of 14 (41 %) terminated treatment according to the design, and one dropped out (box #16). In 10 cases (29 %), an additional third phase of BT+PE was added because the therapists argued that further BT+PE would be presumably helpful, and/or the remaining behavior problems were not severe enough to justify medical intervention (box #16). Therefore overall, the 6 sessions of PE in the first treatment stage were not as expected sufficiently effective for any of the children. In 7% of the cases 6 weeks MED+PE was sufficient (and long-term MED was initiated) (box #3). Only 3 cases (11%) were non-responders to methylphenidate and received BT+PE in the following treatment stage (box #5), and in 82% of the cases with MED+PE behaviour therapy was added (box #4). Of those 45 cases started with BT+PE in the second treatment arm, 12 subjects (27 %) received an additional medication stage during the course of treatment (box #13+box #14). Out of all 75 children treated, 2 received PE only (box #11), 35 finished the treatment with BT+PE and without MED (n=8 in box #13, n=25 in box #16, n=1 in box #8, n=1 in box #9), 2 received MED+PE (box #3), and 36 received MED+BT (n=2 in box #3, n=5 in box #6, n=17 in box #7, n=3 in box #10, n=9 in box #14). For further analyses, PE only and BT were combined to PE/BT (n=37); MED+PE and MED+BT were combined to MED+PE/BT (n=38).The mean number of sessions in PE/BT was 17 (range: 6 to 24), and in MED+PE/BT it was 23 (range: 12 to 30). 35 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome Overall changes during multimodal treatment Table 2 shows means and standard deviations of parent and teacher ratings of child behaviour problems on the PSC-ADHD, PSC-ODD/CD, TSC-ADHD, TSCODD/CD and the CBCL and TRF scales assessing internalizing, externalizing and total problems before treatment and after the termination of the intensive treatment (pre/post comparisons) as well as Cohen’s d as an effect size [11]. Table 2: Overall changes in during adaptive multimodal treatment in parent and teacher ratings of child behaviour problems (N = 75) and comparison of post ratings with population means in representative samples Treatment sample Representative sample Parent ratings Scales Post mean (SD) 1.9 (0.6) 0.9 (0.4 1.4 (0.5) 0.7 (0.4) 9.6 (3.6) 10.6 (7.7) 25.9 (11.5) 59.1 (26.3) IPC HSQ HPC PSC/TSC ADHD ODD/CD CBCL/TRF Attention Pr. Internalizing Externalizing Total Parent ratings Teacher ratings Pre mean (SD) Effect size (d) Effect size (d) Effect size (d)* Pre mean (SD) Post mean (SD) 1.0 0.5 2.0 (0.4) 0.8 (0.4) 1.2 (0.6) 0.5 (0.4) 1.2 0.7 0.9 (0.6) 0.5 (0.4) 1.0 0.5 6.6 (3.6) 7.9 (7.7) 18.6 (10.4) 41.1 (23.1) 0.9 0.6 1.0 1.1 22.4 (5.9) 10.1 (6.5) 28.5 (12.2) 68.0 (22.4) 15.1 (7.6) 8.0 (5.8) 17.5 (11.7) 44.4 (23.3) 1.1 0.3 0.9 1.0 2.4 (2.5) 3.8 (4.4) 6.1 (6.1) 15.6 (14.3) 1.4 0.7 1.5 1.3 5.0 (2.0) 2.8 (2.2) 1.0 5.9 (2.0) 2.8 (2.4) 1.1 3.2 (1.6) 2.4 (1.6) 0.6 1.2 (1.0) 0.9 1.6 (0.6) 1.2 (0.6) 0.7 0.8 (0.5) 0.8 Mean (SD) Representative samples: PSC N = 308; CBCL N = 645; HSQ N = 256; HPC N = 241, weighted by age and gender During the multimodal treatment statistically significant decreases of the parent ratings of ADHD symptoms (PSC-ADHD: t=9.0, df=74, p<0.001), ODD/CD symptoms (t=4.7, df=74, p<0.001), CBCL Attention Problems (= 7.6, df=74, p<0.001), CBCL Externalizing Problems (t=8.4, df=74, p<0.001), CBCL Internalizing Problems (t=5.0, df=74, p<001t), and CBCL Total Problems (t=9.9, df=74, p<0.001) were found. The individual problem intensity was also reduced significantly (IPC-P: t=9.0,df=74,p<0.001).Behaviour Problems in specific home situations (HSQ Intensity Score) (t=5.4, df=74, p<0.001) and homework problems (HPC: t=6.2, df=74, p<0.001) decreased as well significantly. The range of the effect sizes of the parent rated problem behaviour was between 0.6 and 1.1 which is medium to large according to the criteria of Cohen [11]. Statistically significant decreases were also found for teacher ratings of ADHD symptoms (TSC-ADHD: t=10.8, df=74, p<0.001) of ODD/CD symptoms 36 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome (TSCODD/CD: t=5.9, df=74, p<0.001, for TRF Attention Problems (t=7.5, df=74, p<0.001), TRF Externalizing Problems (t=6.9, df=74, p<0.001), TRF Internalizing Problems (t=3.6,df=74,p<0.001) and TRF Total Problems (t=7.7, df=74,p<0.001,d=1.0). The teacher rated individual problem intensity was also reduced significantly (t=9.2, df=74, p<0.001). The range of the effect sizes of the teacher rated disruptive problem behavior is between 0.7 and 1.2 which is medium to large according to Cohen’s criteria. Table 2 also shows the comparison of post-test parent and teacher ratings with the scores obtained in field samples. Despite the reduction of problem behaviour during treatment, the mean parent ratings of ADHD symptoms and ODD/CD symptoms at post-test differ significantly from the ratings of children in a local representative sample (n=308) [18], weighted for age and gender according to the distribution in the clinical sample (PSCADHD: t=–7.5, df=381, p<0.001; PSCODD/CD: t=–5.5, df=381, p<0.001). Similarly, problem behavior in family situations and homework problems are increased compared to field samples (HPS: n=241; HSQ: n=256) weighted for age and gender according to the clinical sample (HSQ Intensity: t=–6.2, df=92.4, p<0.001; HPC Frequency: t=–6.4, df=314, p<0.001). The CBCL scores at post-test were significantly higher than the scores in a nationwide representative sample (weighted for age and gender according to the clinical sample) of n=645 children aged 6 to 10 [20] (Attention Problems: t=–10.0, df=82.6,p<0.001; Internalizing Problems: t=–4.7, df=80.4, p<0.001; Externalizing Problems: t=–10.2, df=79.9, p<0.001; Total: t=–9.3, df=80.1, p<0.001). Changes during behavioural treatment and combined treatment Table 3 shows outcome statistics for changes during PE/BT (n=37) and during MED+PE/BT (n=38). For PE/BT and MED+PE/BT separate t-tests between pre and post-treatment ratings were calculated instead of two factorial analyses of variance, because both groups are not statistically independent. In n=12 (32%) subjects of the MED+PE/BT group, medication was added after initial BT,which proved to be not sufficiently effective and in 3 (8 %) cases of the PT/BT ineffective medication was finished before treatment was changed to BT. Due to this adaptive procedure, a direct statistical test is not adequate. Table 3 shows results of the separate t-tests. 37 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome Table 3: Outcome statistics for changes during psychoeducation/behaviour therapy (PE/BT; n = 37) and combined behavioural and pharmacological treatment (MED + PE/BT; n = 38) Parent ratings Scales Pre Post Effect size t-Test mean (SD) mean (SD) (d) t df p< 0.001 0.001 0.001 0.05 0.001 0.001 2.0 (0.4) 2.1 (0.4) 0.7 (0.4) 0.8 (0.4) 1.3 (0.4) 1.4 (0.3) 1.5 (0.4) 0.9 (0.5) 0.6 (0.4) 0.4 (0.3) 1.1 (0.4) 0.6 (0.4) 1.0 2.0 0.3 1.0 0.8 1.8 5.9 12.1 2.1 6.4 5.0 11.5 36 37 36 37 36 37 0.001 0.001 0.05 0.001 0.001 0.001 36 37 36 37 36 37 36 37 0.001 0.001 0.002 0.001 0.001 0.001 0.001 0.001 21.6 (5.5) 23.1 (6.4) 10.4 (6.6) 9.9 (6.6) 25.9 (12.2) 31.0 (11.9) 64.8 (21.0) 71.2 (23.6) 18.3 (5.3) 12.0 (8.3) 9.4 (5.4) 6.7 (5.9) 21.2 (10.5) 13.9 (11.8) 53.5 (19.1) 35.6 (23.9) 0.7 1.2 0.3 0.6 0.5 1.2 0.7 1.2 4.0 7.3 1.5 3.4 2.9 7.4 4.3 7.4 36 37 36 37 36 37 36 37 0.001 0.001 Ns 0.001 0.01 0.001 0.001 0.001 6.0 6.9 36 37 0.001 0.001 5.7 (1.7) 6.1 (2.2) 3.7 (2.0) 1.8 (2.3) 0.9 1.4 5.4 36 8.4 37 0.001 0.001 0.8 0.5 4.6 3.2 36 37 0.001 0.003 0.8 0.6 5.1 3.7 36 37 0.001 0.001 Pre Post Effect size t-Test mean (SD) Mean (SD) (d) t df p< PE/BT MED + PE/BT PE/BT MED + PE/BT PE/BT MED + PE/BT 1.8 (0.5) 2.0 (0.6) 0.9 (0.4) 0.9 (0.5) 1.4 (0.4) 1.4 (0.5) 1.2 (0.4) 1.5 (0.6) 0.7 (0.4) 0.7 (0.4) 1.0 (0.4) 1.1 (0.4) 1.1 1.0 0.7 0.4 1.0 0.9 6.4 6.0 4.2 2.0 6.2 5.3 36 37 36 37 36 37 PE/BT MED + PE/BT PE/BT MED + PE/BT PE/BT MED + PE/BT PE/BT MED + PE/BT 10.0 (3.4) 9.2 (3.8) 11.5 (7.1) 9.8 (8.3) 25.7 (11.2) 26.0 (11.9) 60.4 (23.9) 57.9 (28.7) 6.4 (3.7) 6.8 (3.5) 9.0 (8.0) 6.8 (6.6) 17.2 (8.3) 20.0 (12.0) 39.8 (21.3) 42.3 (25.0) 1.0 0.8 0.5 0.6 1.1 0.8 1.4 1.0 5.8 5.1 3.3 3.8 6.8 5.1 8.2 6.0 IPC PE/BT MED + PE/BT 4.3 (2.1) 5.5 (1.7) 2.6 (2.1) 2.9 (2.2) 1.0 1.1 HSQ PE/BT MED + PE/BT 2.8 (1.3) 3.7 (1.8) 1.8 (1.1) 2.9 (1.8) HPC PE/BT MED + PE/BT 1.7 (0.5) 1.6 (0.7) 1.2 (0.6) 1.2 (0.6) PSC/TSC ADHD ODD/CD Total CBCL/TRF Attention Pr. Internalizing Externalizing Total Treatment Teacher ratings In the two treatment groups, statistically significant reductions of the parent ratings of ADHD symptoms, ODD/CD symptoms, CBCL Attention Problems, CBCL Externalizing Problems, CBCL Internalizing Problems, CBCL Total Problems, individual problem intensity (IPC), behaviour problems in specific home situations (HSQ) and homework problems (HPC) were found. The effect sizes vary from small (d=0.4) for ODD/CD in the MED+PE/BT group to large (d=1.4 for CBCL Total during BT). In both treatment groups the effect sizes were quite similar. Statistically significant decreases were also found for teacher ratings of all behavioural and emotional problems except for CBCL Internalizing during BT.The effect sizes ranged between d=0.3 and d=2.0. The largest effect size was obtained for the reduction of ADHD symptoms during MED+PE/BT.On all ratings, the effect sizes during MED+PE/BT were larger than the effect size during PB/BT. Categorical analyses Table 4 shows the results of the categorical analyses of success rates during PE/BT,MED+PE/BT and in the total sample. In the total sample, after the intensive treatment the percentage of children who did not meet the DSM-III-R criteria for 38 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome any disruptive disorder based on parent ratings in the PSC raised from 9.3% at baseline to 42%. Based on teacher ratings in the TSC, the respective percentage increased from 12 % to 65%.The rate of children with scores < 1 on the symptom checklists increased from 16 % to 46.7 % for parent ratings and from 9.3 % to 60% for teacher ratings. The rate of children with only mild individual target problems at home increased from 20% to 64 % and the rate of children with only mild individual target problems at school increased from 13.3 % to 62.7%.Conversely, the rate of children with severe individual target problems at home (. 7) decreased from 17.3% at pre-test to 3.9% at post-test.At school the rate of children with severe individual target problems decreased from 31.9 % at pre-test to 6.7 % at posttest.These changes in the total sample were statistically significant (nonparametric binomial tests p<0.0001). Table 4: Success rates during psychoeducation/behaviour therapy (PE/BT; n = 37), combined behavioural and pharmacological treatment (MED + PE/ BT; n = 38) and in the total sample (All, n = 75) (%) + + 0–3) + (%) (%) (10.8) (7.9) (9.3) (16.2) (15.8) (16.0) (51.5) (33.3) (42.0) (48.6) (44.7) (46.7) (18.9) (5.3) (12.0) (16.2) (2.6) (9.3) (29.7) (10.5) (20.0) (62.2) (65.8) (64.0) (10.8) (15.8) (13.3) (%) (65.0) (86.8) (60.0) The CBCL scores were dichotomized at the 95th percentiles of the representative German samples. In the total sample, the rates of children with high CBCL pretest scores were 78.7 % for Attention Problems, 81% for Externalizing Problems, 30.7 % for Internalizing Problems and 74.5 % for Total Problems. Post treatment, the percentage of children above the cutoff was reduced on all scales but a considerable percentage of children still rated above the cutoff point: 48% for Attention Problems, 60% for Externalizing Problems, 20% for Internalizing Problems and 41.3 % for Total Problems. Table 4 also shows the success rates in both treatment sub-samples PE/BT and MED+PE/BT. On all outcome measures, the success rates equal on parent rated 39 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome behavior problems; on the teacher rated behaviour problems, however, they are substantially higher for the combined treatment than for PE/BT. Analogous to the MTA analysis of success rates with combined parent and teacher ADHD/ODD symptom ratings [43], a global outcome measure by averaging the parent and teacher ratings was created. This global score decreased in the total sample from 1.6 (±0.3) to 1.1 (±0.3) post treatment (t=14.3,df=74,p<0.001,d=1.7). The percentage of children with good outcome (scores ≤ 1) increased from 2.7% at baseline to 42.7 % post treatment. In the PE/BT sub sample, the increase was from 5.4% to 29.7%; in the combined treatment group the success rates increased from 0% to 55.3%. Discussion The aim of the CAMT study was to evaluate the effectiveness of an individually tailored adaptive and multimodal intervention for 75 children with ADHD aged 6 to 10. In contrast to efficacy studies like the MTA study which used fixed treatment devices, CAMT utilized an adaptive treatment approach by imitating stepwise clinical decision making.Depending on the effects of one intervention (i. e.medication or behaviour therapy), other treatment forms were added or unsuccessful treatment was replaced by another form of treatment.Within behavior therapy, an adaptive intervention strategy regarding the treatment components was also realized.Patients whose parents did not consent to randomization to one of the two main treatment forms in the second treatment stage were not excluded. Therefore, and also because of some medical contraindications, 42.5% of the patients could not be randomly assigned to either behavioural interventions or to stimulant treatment plus psychoeducation.At intake, no differences between randomized and not randomized patients were found in reference to IQ,ADHD and ODD/CD symptoms or overall behaviour problems in teacher or parent rating, however. After initially 6 sessions of PE, children were treated either with BT or with MED+PE. Of the cases with MED+PE, 82% received additional behaviour therapy in the third treatment stage. In these cases, stimulant treatment was effective, but some behaviour problems in the family or in school persisted. In the MTA study, 40 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome 56 % had a good outcome after 14 months medical management [43]. In the present study, after 6 to 8 weeks of MED+PE in only 7% of the cases the treatment was terminated (and long-term stimulant treatment was started). Regarding stimulant treatment there are two main differences between MTA and the CAMT.First,6 to 8 weeks of stimulant treatment and psychoeducation in the CAMT study may be too short to show stable and reliable behaviour changes on parent and teacher ratings compared to 14 months in MTA. In some cases, BT may have been added because parents, teachers and clinicians were not sure about the stability of the behavior change during the first few weeks of medication. The main reason for the different outcomes in MTA and CAMT may be, however, that in the CAMT study most children had only one morning dose of short-acting stimulants (with a mean daily dosage of 15 mg) whereas in the MTA study, most children had three times daily treatment with stimulants with a mean daily dosage of 30.5 mg at the end of the 14 months treatment [43]. Hence, the stimulant treatment in the present study was less intensive than in the MTA.Despite the treatment option for additional afternoon doses, in the present study only a few parents agreed to additional doses in the afternoon. One of the reasons for such different approaches may be the worry about potential and unknown negative effects of pharmacotherapy,which were in the first half of the last decade more common than nowadays in Germany when this study was started. Another reason may be differences in the school system. German children usually only attend elementary school in the morning and are at home in the afternoon. Therefore, with one morning dose the behaviour problems at school can often be diminished.Many parents decide to treat the remaining behaviour problems in the afternoon with educational and behavioural interventions. Therefore, the high rate of additional behavioural treatment can be explained by different school systems and different attitudes of parents, teachers and clinicians towards pharmacotherapy. Given these differences, 27% of the patients treated with BT in the second treatment stage received additional pharmacotherapy in the following treatment stages while 73% were treated with BT only. Overall, substantial and statistically significant changes were found during this individually tailored multimodal treatment. Parent and teacher rated ADHD symptoms (PSC/TSC) and attention problems (CBCL/TRF) as well as individually 41 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome defined target behavior problems and total problems (CBCL/TRF) showed large effects according to Cohen (1988), with pre/post-effect sizes between d=1.0 and d=1.2. For parent and teacher rated ODD/CD symptoms and internalizing problems as well as parent rated behavior problems in specific situations (HSQ) and during homework (HPC) low to medium effects (d=0.3 to d=0.7) were found. However, compared with representative samples parents still rated the behaviour problems of their children significantly higher at the end of the treatment. Statistically significant changes were found both during behaviour therapy and during combined treatment. Based on parent ratings similar effect sizes are found while behaviour problems in school decrease more during combined treatment than during behavior therapy. This result is especially important since the combined treatment group consisted of patients in which either behaviour therapy or pharmacotherapy was less effective. On a global success measure of parent and teacher rated disruptive symptoms, which is similar to a measure used in the MTA study [43], a success rate for behavior therapy proved to be 30% which is very close to the success rate of 34% for behaviour therapy found in the MTA study,whereas in the present study the success rate of 55% for combined treatment is somewhat lower than the rate of 68% found in the MTA study. Both the pharmacological and the behavioural treatment forms, realized in the CAMT study,however, were less intensive than the treatment forms examined in the MTA study. Behaviour therapy in the CAMT study comprised on average 17 individual sessions with the parents and/or the child, in addition one school visit and one phone contact with the teacher compared to 35 group/individual parent training sessions plus 10 to 16 sessions of biweekly teacher consultations plus 60 school days of direct work with the child plus 8 weeks summer camp in the MTA study. The exact doses of behaviour therapy are hard to quantify, but it may be estimated that the MTA behavior therapy dosage is more than three times higher than the CAMT behaviour therapy dose. Similarly, the MTA pharmacotherapy dose with three daily doses of psychostimulants and a mean dosage of 30.5 mg/day is double the dosage of that used in the present study (15 mg/day).Applying an adaptive intervention strategy of less intensive and less expensive behaviour therapy than that one used in MTA study showed substantial results in those patients who respond quite well to behavioural interventions. Depending on the success criteria, the parent rated behaviour 42 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome problems were largely reduced up to 62% of this group. The success rates in teacher rated behaviour problems at school were somewhat smaller. However, in 40 to 49% of the cases the problems at school were largely diminished.Despite the fact that the combined treatment group consisted of patients where either behaviour therapy or pharmacotherapy has been less effective, high success rates could be found after combined treatment. The effects were more pronounced on teacher rated behaviour problems with success rates of 76% to 91% than on parent rated behavior problems with success rates of 33% to 66%.The different success rates may be due to the fact that in most cases the stimulant treatment was restricted to only one dose in the morning. Nevertheless, a combined treatment with non-optimal pharmacotherapy resulted in substantial success rates. These results replicate findings of the MTA where compared to medical management [45] higher success rates were found with lower doses of MPH in combined treatment. Limitations This study is an effectiveness study which intended to maximize the external (ecological validity) by modeling clinical decision processes. The limitations of this study consist of the reduced experimental control (i. e. internal validity). Therefore, this design makes it difficult to control the effects of other confounding variables. However, it was not intended to test the efficacy of treatments which have been proven to be effective in other trials. The aim of this study was to estimate the changes in behaviour problems during different stages of an adaptive individually tailored treatment. Since, this study already started in 1990, neither DSM-IV nor the final ICD-10 criteria could be used. The criteria of DSM-III-R and the preliminary research diagnostic criteria of ICD-10, however, are quite similar to the criteria used in the final versions. Given the sample size of n=75 children, the statistical power is much lower than the power of the MTA study. Nevertheless, with our sample size this study belongs to the larger treatment studies in this field. Further analyses will show the effects 43 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome on the different treatment stages and the long-term stability of the treatment effects. Acknowledgements Financial support for this study has been provided by the German Research Foundation (Deutsche Forschungsgemeinschaft, DFG).We would like to thank all the co-workers of this project, the parents, teachers and the children who participated in this study. 44 Kapitel 2: KAMT Study – Global outcome References 1. Achenbach TM (1991a). Manual for the Child Behavior Checklist. 4–18 and 1991 profile. University of Vermont, Department of Psychiatry, Burlington: Vermont 2. Achenbach TM (1991b). Manual for the Teacher’s Report Form and 1991 profile. University of Vermont, Department of Psychiatry, Burlington: Vermont 3. Anesko KM, Schoiock G, Ramirez R, Levine FM (1987). 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Von der theoretischen Grundlage des Modells von Horn und Cattell (12) ausgehend, besteht der K-TIM aus den zwei getrennten Skalen fluider und kristalliner Intelligenz. Die Skala fluider Intelligenz misst die Fähigkeit, neuartige Probleme zu lösen, während die Skala kristalliner Intelligenz erworbene Konzepte misst und in ihrer erfolgreichen Bewältigung von Schulbildung und Akkulturation abhängig ist. Der K-TIM besteht aus zehn Untertests: Je vier Untertests bilden die Skala fluider und die Skala kristalliner Intelligenz, zwei weitere, fakultative Untertests messen das verzögerte Erinnern (“delayed recall“) und erlauben somit einen Vergleich von unmittelbarer und verzögerter Erinnerung (siehe Abb. 1). Die Durchführungszeit beträgt etwa 90 Minuten. Es besteht auch die Möglichkeit einer verkürzten Durchführung von nur 6 Untertests, im Interesse einer vollständigen neuropsychologischen Interpretation des Ergebnisprofils sollte jedoch regelhaft immer die Durchführung des Gesamttests angestrebt werden. Theoretische Grundlagen und Anwendung Der K-TIM wurde auf der Grundlage von drei Modellen der Intelligenzentwicklung konstruiert: a) der Theorie der fluiden und kristallinen Intelligenz von Horn und Cattell (12), einschließlich der Erweiterung nach Carroll (3, 4) b) der Definition der Planungsfähigkeit von Luria und Golden (8, 16) und c) der höchsten Stufe der kognitiven Entwicklung nach Piaget, der Stufe der formalen Operationen (13, 22). Die Grundlage der Skalenstruktur des K-TIM mit ihrer Unterscheidung zwischen kristalliner und fluider Intelligenz geht auf das theoretische Modell von Horn und Cattell zurück. Die von Luria und Golden sowie Piaget formulierten Definitionen reifer Denkprozesse von Jugendlichen und Erwachsenen bestimmten in wesentlichen Aspekten die Konstruktion der K-TIM Untertests. 52 Kapitel 3: Darstellung des K-TIM Der K-TIM kann als Messinstrument in medizinischen, neuropsychologischen, schulpsychologischen und/oder beruflichen Zusammenhängen in Schulen, Kliniken, Heimen, Beratungsstellen und Praxen angewendet werden. Er eignet sich für alle Fragestellungen, die eine mehrdimensionale Intelligenzdiagnostik erfordern, wie z.B. eine schulpsychologische Untersuchung zur Diagnostik einer möglichen Lernschwäche eines Jugendlichen. Zudem hat er sich bei der klinischen und neuropsychologischen Diagnostik als sehr nutzbringend erwiesen, die ggf. auch diverse andere Verfahren umfasst. Weitere Einsatzmöglichkeiten sind vor allem bei Patienten gegeben, bei denen die differenzierte Gedächtnisprüfung diagnostisch relevant ist. Große Bedeutung hat der K-TIM zudem für die differenzierte Untersuchung von Patienten, von denen angenommen wird oder bekannt ist, dass sie geistig behindert sind, an einer Demenz oder Amnesie leiden, eine Hirnschädigung durch eine bekannte Ursache (z.B. Apoplex, Tumor, Schädel-Hirn-Trauma, Epilepsie) aufweisen, medikamenten-, alkohol- oder drogenabhängig sind oder an Aids, Multipler Sklerose oder an einer anderen neurologischen Erkrankung leiden. Derartige Zustände werden oft mit umfassenden oder partiellen kognitiven und neuropsychologischen Störungen in Verbindung gebracht. Der K-TIM dient zur Bestimmung des intellektuellen Funktionsniveaus eines Patienten mit Hilfe von Aufgaben zur kristallinen und fluiden Intelligenz. Darüber hinaus ermöglicht er jedoch auch die Erfassung individueller kognitiver Stärken und Schwächen und den daraus abgeleiteten leistungsfördernden und leistungsmindernden Aspekten. Diese vielfältigen Informationen können nutzbringend in die weitere Behandlung mit einbezogen werden, u. a. im Rahmen einer Förder- oder Rehaplanung, sowie in der therapeutischen Beratung bei Leistungsproblemen im Schulalltag (Lernstrategien, Lehrerberatung). Beschreibung der Skalen und Untertests Im Folgenden werden die beiden Skalen des K-TIM erläutert: Die Skala fluider Intelligenz umfasst die Untertests Symbole Lernen, Zeichen Entschlüsseln, Logische Denkschritte und Figurales Gedächtnis. Die Skala misst die Anpassungsfähigkeit und Flexibilität einer Person, die für sie neuartige Problemstellungen zu lösen hat, unter Verwendung von verbalen und sprachfreien Reizvorgaben. Der Schwerpunkt der Aufgaben liegt auf der Hypothesenprüfung 53 Kapitel 3: Darstellung des K-TIM und dem Treffen von Entscheidungen (Planungsfähigkeit und formale Denkoperationen). Aus diesem Grunde erfordern alle Untertests so wenig vorausgegangenes schulisches Lernen wie möglich, und kein Untertest setzt formale Bildung oder spezifisches Lernen voraus. Die Skala kristalliner Intelligenz des K-TIM umfasst die Untertests Worträtsel, Auditives Verständnis, Doppelte Bedeutungen und Persönlichkeiten. Die Skala misst den Erwerb von Faktenwissen und die Fähigkeit, Probleme unter Verwendung von Kompetenzen zu lösen, die auf formaler Schulbildung, kulturellen Erfahrungen und verbaler Konzeptbildung basieren. Obwohl die Skala kristalliner Intelligenz als ein Instrument zum Messen von Fertigkeiten im Sinne des K-ABCModells für Kinder angesehen werden könnte, ist sie als ein Instrument zur Beurteilung der Intelligenz von Jugendlichen und Erwachsenen konzipiert; denn sie umfasst keine Untertests zu Fertigkeiten, die spezifisch gelehrt werden, wie zum Beispiel Lesen oder Rechnen. Selbst die Untertests mit dem engsten Zusammenhang zu schulischem Lernen, Auditives Verständnis und Persönlichkeiten, beziehen sich auf Situationen des realen Lebens. Im Untertest Auditives Verständnis wird zum Beispiel eine fiktive Nachrichtensendung verwendet. Worträtsel und Doppelte Bedeutungen erfordern zwar Ausdrucksvermögen und verbale Konzeptbildung, sind aber mehr spielerischer Natur und beziehen sich stärker auf das Lösen von Problemen als auf das reine Aufzählen von Fakten. Mit dem Gesamt-Standardwert des K-TIM kann die allgemeine intellektuelle Leistungsfähigkeit einer Person dargestellt werden. Sie stellt aber eher einen summativen Wert der getrennten Skalen kristalliner und fluider Intelligenz als ein theoretisches Konstrukt dar. Aus diesem Grunde sollte der Gesamt-Standardwert des K-TIM auch nur dann interpretiert werden, wenn ein Proband auf den beiden Skalen kristalliner und fluider Intelligenz vergleichbare Werte erzielt. Im Folgenden werden alle Untertests des K-TIM kurz beschrieben. Die Untertestreihenfolge bei der Durchführung kann Abbildung 1 entnommen werden. Zunächst werden die vier Untertest der Skala fluider Intelligenz vorgestellt: 54 Kapitel 3: Darstellung des K-TIM Abbildung 1: Aufbau des K-TIM Im Untertest Symbole Lernen sollen die Probanden mit jeweils einem bestimmten Symbol assoziierte Worte oder Konzepte lernen und anschließend aus diesen Symbolen bestehende Phrasen und Sätze „lesen“. Die Probanden müssen im Untertest Logische Denkschritte optisch und akustisch dargebotene logische Prämissen beachten und dann auf eine Frage antworten, indem sie von diesen logischen Prämissen Gebrauch machen. Die Probanden sehen sich beim Untertest Zeichen Entschlüsseln die mit einem Satz bildhafter Reize assoziierten Identifizierungskodes an und sollen dann den Kode für einen neuen bildhaften Reiz bestimmen. Beim Untertest Figurales Gedächtnis sehen die Probanden kurz ein vorgegebenes abstraktes Muster an und sollen dieses Muster dann aus dem 55 Kapitel 3: Darstellung des K-TIM Gedächtnis unter Verwendung von sechs gelb-schwarzen Kunststoffwürfeln reproduzieren. Der Skala kristalliner Intelligenz sind die folgenden vier Untertests zugeordnet: Im Untertest Worträtsel sollen die Probanden dargebotene Buchstaben zu einem Wort ergänzen, zu dessen Bedeutung ein Hinweis visuell und auditiv gegeben wird. Beim Untertest Auditives Verständnis hören die Probanden gesprochene „Nachrichten“ und sollen dann inhaltliche oder Verständnisfragen beantworten. Die Probanden sollen beim Untertest Doppelte Bedeutungen nach einem Wort mit zwei Bedeutungen („Teekesselchen“) suchen, das engen Bezug zu den beiden Wortpaaren hat, die ihnen visuell und auditiv dargeboten werden. Beim Untertest Persönlichkeiten sollen die Probanden auf Fotos dargebotene berühmte Persönlichkeiten der Gegenwart und Vergangenheit erkennen und benennen, zu denen zusätzlich ein auditiver Hinweis gegeben wird. Die folgenden beiden Untertests stellen die Instrumente zum Messen des verzögerten Erinnerns dar: Beim Untertest Symbole - Abruf nach Intervall sollen die Probanden Phrasen und Sätze „lesen“, die aus Symbolen bestehen, die sie bei der Durchführung des Untertests Symbole Lernen etwa 35 Minuten früher gelernt haben. Beim Untertest Auditives Verständnis - Abruf nach Intervall müssen weitere Fragen zu Inhalt und Verständnis beantworten werden, die sich auf die etwa 25 Minuten früher beim Untertest Auditives Verständnis gehörten „Nachrichten“ beziehen. Methodik Die Bearbeitung der deutschsprachigen Adaptation erfolgte parallel zu der Erarbeitung des Kaufman-Neuropsychologischen Kurztest (K-NEK, 19). Während die Untertests der Skala fluider Intelligenz nach der Übersetzung weitgehend aus der Originalfassung übernommen werden konnten, wurden die Untertests der Skala kristalliner Intelligenz unter Beibehaltung des jeweiligen Konstruktions- und Durchführungsprinzips umfassend neu erarbeitet, da diese primär verbale oder kulturell relevante Inhalte haben. Aufeinander aufbauende Evaluationsuntersuchungen zu Itemanalyse, Reliabilität und Validität fanden von 56 Kapitel 3: Darstellung des K-TIM 1998 bis 1999 statt. Die hierbei gewonnen Ergebnisse wurden dann genutzt, um die endgültige Fassung des K-TIM zu erstellen. Anschließend erfolgte die Erhebung der Normstichprobe mit 2320 Probanden aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol im Alter von 11 bis 92 Jahren. Aus diesen Fällen wurde die endgültige, weitgehend repräsentative Normierungsstichprobe von 2009 Personen ausgewählt. Normentwicklung: Für 17 Anker-Altersgruppen wurden im Weiteren die relativen Häufigkeiten der Untertest-Rohwertsummen festgestellt. Jede untersuchte Person in der Normstichprobe wurde gemäß ihrem Bildungsstand gewichtet, indem dieser mit der Verteilung der Bildungsgrade in der Grundgesamtheit in Beziehung gesetzt wurde, um auch diesbezüglich ein möglichst weitgehende Repräsentativität der Normstichprobe zu gewährleisten. Um die endgültigen Untertestnormen zu gewinnen, wurde dann der prototypische Verlauf über das Alter regressionsanalytisch modelliert. Die Skalennormwerte wurden analog gewonnen mit einem Mittelwert von 100 und einer Standardabweichung von 15. Ergebnisse Reliabilität Schon in den Studien zur ersten Experimentalversion konnte eine gute Reliabilität sowohl in Bezug auf die Skalen wie auf die Untertests nachgewiesen werden (25). Diese Untersuchungen zur internen Konsistenz ließen sich im Rahmen der Normierung durchweg bestätigen. In Tabelle 1 sind die nach der Testhalbierungsmethode berechneten Reliabilitätskoeffizienten für die drei Skalen aufgeführt. Die Reliabilität wurde für die Skalen kristalliner, fluider und Gesamtintelligenz nach der Formel von Guilford (9) zur Bestimmung der Reliabilität eines zusammengesetzten Maßes berechnet. Die Reliabilitätskoeffizienten betragen im Mittel für die kristalline und fluide Intelligenz .96 und .98 sowie für die Gesamtintelligenz .97. Auch die der Intelligenzmessung dienenden Untertests sind sehr reliabel und verfügen durchweg über hohe bis sehr hohe Reliabilitätskoeffizienten. Damit kann die sehr gute Testgenauigkeit des Verfahrens als gesichert gelten. 57 Kapitel 3: Darstellung des K-TIM Tabelle 1: Reliabilität (split-half) der Skalen in den Altersstufen der Normierungsstichprobe Skala Alter in fluider Jahren Intelligenz 11-14 .95 15-19 .97 20-24 .95 25-29 .96 30-34 .96 35-39 .96 40-44 .97 45-49 .96 50-54 .96 55-59 .97 60-64 .96 65-69 .96 70-74 .98 75-79 .97 80 + .96 Gesamt.98 Stichprobe Skalen Skala kristalliner Intelligenz .95 .94 .93 .92 .94 .95 .95 .96 .95 .94 .96 .94 .95 .94 .95 Skala Gesamtintelligenz .96 .97 .96 .96 .96 .97 .97 .97 .96 .96 .97 .96 .98 .98 .95 .96 .97 Die Koeffizienten wurden bezüglich der halben Testlänge nach der Formel von Spearman-Brown korrigiert. Die Koeffizienten für die Skalenergebnisse wurden nach Guilfords Formel für die Reliabilität eines zusammenfassenden Maßes berechnet. In einer unabhängigen Untersuchung von Pinion (23) wurde die amerikanische Originalversion mit einer Stichprobe von 60 Personen, die zum Teil zur Normierungsstichprobe gehörten, nach einem Jahr wiederholt. Diese Stichprobe bestand aus 33 weiblichen und 27 männlichen Personen. Das Alter der Probanden lag zwischen 11 und 83 Jahren (Median = 30 Jahre). Der Zeitraum zwischen den beiden Testdurchführungen betrug zwischen 323 und 438 Tagen (Median = 367 Tage). Die Ergebnisse ließen eine beachtliche Stabilität hinsichtlich der Gesamtintelligenz erkennen, was trotz Alter und Stichprobengröße dieser Studie auf die deutschsprachige Fassung übertragen werden kann. Der Testwiederholungskoeffizient betrug .92. Die Skalen kristalliner und fluider Intelligenz zeigten dabei Stabilitätskoeffizienten von .85 bzw. .79. Validität Die Überprüfung der Konstruktvalidität als zentrales Maß der Validität fand ebenfalls weitgehend parallel zur Normierung statt. Hierfür wurde zunächst der 58 Kapitel 3: Darstellung des K-TIM Verlauf der mittleren Untertestrohwertsummen über das Alter (s. Tabelle 2) hinsichtlich zwei Aspekten genauer betrachtet. Zeichen Entschlüsseln Doppelte Bedeutungen Symbole – Abruf UT2 23,1 19,0 23,6 23,5 24,8 26,9 27,5 25,6 25,9 25,1 25,3 24,8 23,6 22,7 19,5 19,8 17,3 15,1 13,7 11,8 11,1 7,5 21,5 UT 3 7,4 7,2 9,5 10,2 10,2 11,1 12,6 12,0 12,5 11,9 11,6 11,0 10,1 9,2 8,8 7,6 7,1 5,9 5,5 4,3 4,5 3,8 9,2 UT 4 7,4 7,1 10,2 10,3 10,4 11,9 12,6 12,5 13,2 12,9 12,7 13,0 12,5 12,0 12,2 11,4 11,5 10,2 10,1 8,7 8,5 6,0 11,4 UT 5 20,3 19,7 21,1 21,1 21,8 22,7 25,9 24,0 24,1 24,7 23,9 23,8 20,6 19,6 19,0 16,9 15,0 13,0 13,2 9,7 9,5 6,8 19,7 UT 6 8,5 8,1 11,1 13,5 14,7 16,1 15,2 14,8 16,5 16,4 16,4 16,8 16,0 15,8 15,2 14,2 12,6 11,2 10,8 8,1 8,5 4,8 14,0 UT 7 22,8 19,8 26,2 24,3 26,2 29,1 30,6 26,4 27,5 27,4 26,2 25,3 23,8 22,9 19,0 18,7 15,5 12,6 11,3 7,6 7,3 4,2 21,5 Gesamt Persönlichkeiten Auditives Verständnis UT1 9,3 9,3 13,9 15,5 16,2 17,8 18,7 18,1 19,7 19,8 20,1 20,7 20,2 19,4 18,9 18,2 18,0 16,3 15,5 14,5 13,8 10,0 17,7 Figurales Gedächtnis Logische Denkschritte 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-69 70-74 75-79 80+ Aud. Verständnis – Abruf Altern in Jahren Symbole Lernen Verlauf der mittleren Untertestrohwertsummen über das Alter Worträtsel Tabelle 2: UT 8 UT 9 UT 10 2,7 9,4 3,3 2,5 8,7 3,8 3,5 10,7 5,1 4,1 11,3 5,9 4,0 11,9 6,2 4,4 11,6 8,3 4,5 12,5 8,2 4,6 13,2 7,0 4,9 12,4 9,6 5,1 12,5 10,5 5,2 12,3 11,0 5,3 12,0 13,9 4,9 10,7 13,6 4,4 10,3 14,1 4,3 9,6 13,8 4,4 8,6 14,1 4,3 7,9 15,0 3,7 7,2 13,4 3,4 6,7 12,4 2,7 5,5 11,9 3,1 5,4 11,7 2,0 4,6 7,7 4,3 10,1 11,3 Zum einen konnte für alle Untertests ein entwicklungsbedingter Fähigkeitszuwachs zwischen 11 und 19 Jahren nachgewiesen werden, wie Anastasi (1, 2) ihn als Validitätsnachweis fordert. So zeigt sich bei jedem einzelnen Untertest ein substanzieller Anstieg der mittleren Rohwerte, der sich im Ausmaß zwischen 12,1% des Ausgangswerts beim Untertest Symbole Lernen und 190,9% beim Untertest Persönlichkeiten bewegt. Zum anderen wurde geprüft, inwieweit der Verlauf der mittleren Rohwertsummen aller Untertests zur fluiden und kristallinen Intelligenz der Voraussage der Theorie von Horn und Cattell hinsichtlich des Altersverlaufs entspricht. Hierzu wurde für die Substichprobe der 20 bis über 80-jährigen eine einheitliche altersübergreifende 59 Kapitel 3: Darstellung des K-TIM Normierung erarbeitet (“all-adult-norms”). Die Bildung der einzelnen Versuchspersonen wurde hierbei berücksichtigt, um die z. T. deutlichen, z. B. durch Krieg und Änderungen im Bildungssystem bedingten Unterschiede zwischen den Generationen im Altersverlauf auszugleichen. 120,0 Standardwerte 110,0 SFI 100,0 SKI 90,0 80,0 20-24 25-29 30-34 SFI = Skala fluider Intelligenz SKI = Skala kristalliner Intelligenz 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-69 70-74 75-79 Altersklassen in Jahren Abbildung 2: Verlauf der mittleren Standardwerte für die Skalen kristalliner und fluider Intelligenz Abbildung 2 veranschaulicht den Verlauf der mittleren Standardwerte (korrigiert nach formaler Bildungsdauer; 20, S. 116 ff.) für die Skalen kristalliner und fluider Intelligenz über den gesamten Altersbereich der Erwachsenen in der Normierung des K-TIM. Dies bedeutet eine wesentliche Bestätigung des zugrunde liegenden theoretischen Konstrukts von Horn und Cattell. So persistiert der korrigierte Mittelwert der Skala kristalliner Intelligenz bis auf einen kleinen Peak im Alter von 30-35 Jahren von der Altersgruppe 20-24 (100,3) bis zur Altersgruppe 50-54 bei etwa 102 nahezu unverändert. Dann nimmt der Wert bis zur Altersgruppe 65-69 (96,2) leicht aber stetig ab. Erst in der ältesten Gruppe fällt er auf 90,4 ab. Hiermit folgt die Kurve für kristalline Intelligenz den theoretischen Erwartungen von Horn (10, 11). 60 Kapitel 3: Darstellung des K-TIM Der korrigierte Mittelwert der Skala fluider Intelligenz variiert deutlich stärker. Während der Mittelwert für die Altersgruppe 20-24 (110,2) im Vergleich zur Gesamtstichprobe eine weit größere Fähigkeit zur Lösung fluider Anforderungen widerspiegelt, fällt er zunächst stärker ab und bleibt dann in flacherem Verlauf für die 35- bis 49-jährigen bei Werten um 100. Ab dem Alter von 50 Jahren nimmt er dann schneller ab und in der obersten Altersgruppe erreicht er einen Mittelwert von nur noch 83,7. Auch hier zeigt sich die Theorie von Horn insofern bestätigt, als dass zum einen die höchste Leistungsfähigkeit im späten Jugend- und frühen Erwachsenenalter auftritt. Zum anderen nimmt sie zwischen frühem Erwachsenenalter und hohem Alter beachtlich ab, insbesondere im Vergleich zur entsprechend geringeren Abnahme der kristallinen Intelligenz. Die Unterscheidung in primär fluide und primär kristalline Untertests ließ sich weiter auch in den Interkorrelationen zwischen den Untertests und den einzelnen Skalen bestätigen, wie in Tabelle 3 aufgeführt. Tabelle 3: Interkorrelationen der zur Intelligenzmessung herangezogenen Untertests und Skalen auf der Ebene von Skalen- und Standardwerten in der Normierungsstichprobe (N = 2009) Skala fluider Intelligenz Skala kristalliner Intelligenz Skala Gesamtintelligenz Worträtsel .57 .83 .77 Symbole Lernen .78 .54 .73 Logische Denkschritte .81 .53 .74 Auditives Verständnis .57 .80 .76 Zeichen Entschlüsseln .78 .50 .71 Doppelte Bedeutungen .51 .80 .72 Figurales Gedächtnis .74 .42 .64 Persönlichkeiten .39 .77 .64 Untertests und Skalen Die Korrelation des Untertests mit der Skala fluider oder kristalliner Intelligenz ist hervorgehoben, der der Untertest zugeordnet ist. Die Berechnung der Korrelationen erfolgte unter Teil-Ganzes Korrektur. Trotz ca. 49% gemeinsamer, aufgeklärter Varianz zwischen den Untertests und der Skala Gesamtintelligenz zeigt sich eine eindeutige Untertest-SkalenDifferenzierung bezüglich der Skala fluider und der Skala kristalliner Intelligenz. So zeigt sich bei jedem einzelnen Untertest eine deutlich höhere Korrelation mit der 61 Kapitel 3: Darstellung des K-TIM Skala, der der betreffende Untertest zugeordnet ist, als mit der anderen Skala. Dies ist als weiterer aussagekräftiger Beleg für die gegebene Konstruktvalidität zu werten. Dies konnte auch in faktorenanalytischen Studien gestützt werden. Hierbei lud das Verfahren ausreichend auf dem g-Faktor als hypothetischem, der Gesamtintelligenz zugrundeliegenden Generalfaktor. Für jede Altersgruppe wurden darüber hinaus unter Anwendung sowohl „schiefer“ (Oblimin) als auch orthogonaler (Varimax) Rotation Zwei-, Drei- und Vier-Faktoren-Lösungen untersucht. In allen Altersgruppen erzielte die Zwei-Faktoren-Lösung bei beiden Rotationsarten die besten Ergebnisse. In allen Fällen bestätigten die Faktoren eindeutig die Zuordnung der Untertests zur Skala fluider oder zur Skala kristalliner Intelligenz (20, S. 122 ff.). Neben der Konstruktvalidität gilt die Übereinstimmungsvalidität als zentrales Kennzeichen eines ausreichend validierten Verfahrens. Hierzu wurden verschiedene Korrelationsstudien sowohl am Orginalverfahren wie an der deutschsprachigen Adaption durchgeführt, von denen hier nur die Zusammenhänge zwischen dem K-TIM und der K-ABC bzw. dem HAWIE-R referiert werden. Oest (21) untersuchte an 68 Probanden zwischen 11 und 12;5 Jahren, inwieweit der K-TIM normativ gut an die K-ABC anschließt. Beide Verfahren gründen zwar auf unterschiedlichen theoretischen Konstrukten, die sich entsprechend in den unterschiedlich hohen Korrelationen widerspiegeln. Inhaltich bauen diese jedoch aufeinander auf (20, S. 22ff). Beide zusammen geben die Möglichkeit, intellektuelle Leistungsfähigkeit über nahezu die gesamte Lebensspanne zu erfassen. Die in Tabelle 4 beschriebenen mittleren Standardwerte der Skalen bestätigen den guten Anschluss. So erreichen die Probanden in Bezug auf die Skalen fluider und kristalliner Intelligenz Standardwerte zwischen 97,4 und 99,2, die mittleren Standardwerte der K-ABC grenzen mit 96,8 und 96,7 eng hieran an. Ausgehend vom theoretischen Konstrukt sollte die Skala kristalliner Intelligenz mit der K-ABC Fertigkeitenskala höher korrelieren als mit der Skala intellektueller Fähigkeiten, da nur die Untertests der Fertigkeitenskala kristalline Fähigkeiten 62 Kapitel 3: Darstellung des K-TIM messen. Die Skala fluider Intelligenz sollte sich theoretisch umgekehrt verhalten. Dies ließ sich für die deutschsprachige Version mit Eindeutigkeit bestätigen, wie in Tabelle 4 dargestellt. Tabelle 4: Korrelationen der K-TIM Skalen- und Standardwerte mit den Standardwerten der K-ABC; N=68. (Oest, 2002) K-TIM Untertest bzw. Skala Fluide Untertests Symbole Lernen Logische Denkschritte Zeichen Entschlüsseln Figurales Gedächtnis Kristalline Untertests Worträtsel Auditives Verständnis Doppelte Bedeutungen Persönlichkeiten Skala fluider Intelligenz Skala kristalliner Intelligenz Skala Gesamtintelligenz K-ABC Skala Skala einzelheitlichen Denkens Skala ganzheitlichen Denkens Skala Fertigkeiten intellek-skala tueller Fähigkeiten Sprachfreie Skala M SD 9,8 9,8 10,3 9,6 2,2 2,6 2,6 2,4 .36 .26 .48 .31 .40 .49 .63 .61 .47 .48 .70 .59 .54 .37 .49 .47 .43 .52 .66 .59 9,2 9,6 9,8 10,0 2,4 2,4 2,1 2,7 .28 .25 .27 -.07 .31 .30 .48 .16 .37 .34 .48 .08 .64 .64 .56 .25 .23 .33 .43 .06 99,2 12,1 .47 .67 .72 .59 .70 97,4 11,1 .35 .47 .49 .67 .42 98,0 10,9 .42 .60 .64 .73 .59 95,4 11,3 98,0 11,5 96,8 9,1 96,7 12,0 96,7 11,3 K-ABC Mittelwert (M) Standardabweichung (SD) In Tabelle 5 werden die an einer kleineren Stichprobe für den deutschen Sprachraum erhobenen Korrelationen zwischen dem K-TIM und dem HAWIE-R aufgeführt (24). Für alle drei Skalen des K-TIM zeigen sich hier hohe Korrelationen mit dem Gesamt-IQ des HAWIE-R. Auf Skalenebene ist eine klare Zuordnung festzustellen. So korreliert die Skala kristalliner Intelligenz höher mit dem Verbalals mit dem Handlungsteil des HAWIE-R, während die Skala fluider Intelligenz mit dem Handlungsteil höher (.81) korreliert. 63 Kapitel 3: Darstellung des K-TIM Tabelle 5: Korrelation des K-TIM mit dem HAWIE-R, N=30. (Rickel, 1998) K-TIM Skala fluider Intelligenz Skala kristalliner Intelligenz Skala Gesamtintelligenz Worträtsel Symbole Lernen Logische Denkschritte Auditives Verständnis Zeichen Entschlüsseln Doppelte Bedeutungen Figurales Gedächtnis Persönlichkeiten HAWIE-R M SD 98,4 17,7 108,2 15,1 103,6 16,8 10,7 3,2 9,9 2,6 9,7 3,6 10,2 3,1 8,7 3,4 11,5 2,8 10,5 3,5 12,7 2,4 HAWIE-R M SD Verbal-IQ Handlungs-IQ Gesamt-IQ .75 .81 .82 .83 .65 .82 .85 .77 .88 .83 .54 .74 .70 .64 .73 .74 .69 .80 .68 .62 .71 .51 .62 .64 .68 .46 .64 .49 .58 .58 .52 .43 .49 111,5 17,6 108,0 16,0 111,7 17,9 Die mittleren Gesamtskalen-Standardwerte sind beim K-TIM ca. 8 Punkte niedriger als beim HAWIE-R. Diese Differenz ist zum Teil sicherlich auf den zu erwartenden Flynn-Effekt zurückzuführen (7, 15 - Kapitel 3). Im Vergleich der beiden Studien fällt auf, dass die Korrelationen der Skalen des KTIM mit denen der K-ABC deutlich niedriger ausfallen als mit den Skalen des HAWIE-R. Der Übergang von der K-ABC zum K-TIM ist eben auch mit dem Wechsel von einem „typischen Kindertest“, der in seiner Intelligenzmessung sehr verarbeitungsorientiert ist, zu einem Test für Jugendliche und Erwachsene verbunden, bei dem Exekutivfunktionen und die Fähigkeit zu formal-abstrakten Denkoperationen eine viel größere Rolle spielen. In dem Altersbereich, in dem beide Verfahren anwendbar sind (11;0 bis 12;5 Jahre) finden markante Veränderungen statt, sowohl in den neuropsychologischen Funktionen als auch höchstwahrscheinlich in der zerebralen Organisation (18). Für die Praxis psychologischer Diagnostik ist daraus abzuleiten, dass die K-ABC für Kinder bis zu 12;5 Jahren im Regelfall das angemessenere Testverfahren ist. Eine klare 64 Kapitel 3: Darstellung des K-TIM Ausnahme ist bei Kindern über 11;0 Jahren dann zu sehen, wenn eine überdurchschnittliche oder sogar eine so genannte Hochbegabung vermutet wird. Für diese Probanden ist eindeutig der K-TIM zu bevorzugen, da in diesem Verfahren auch bei 12;5 Jahre alten „Hochbegabten“ keine Deckeneffekte zu erwarten sind. Für die Gesamtergebnisse von K-TIM und HAWIE-R liegt der Anteil gemeinsamer Varianz bei 77%. Die Standardwerte für fluide und kristalline Intelligenz haben eine Varianzüberlappung von 67 % mit den Gesamt-IQ von HAWIE-R. Diese Ergebnisse bestätigen erneut die Konstruktvalidität des K-TIM als Intelligenzmaß, darüber hinaus die Übereinstimmungsvalidität. Diskussion Die dargestellten Ergebnisse zeigen, dass die Adaption des Verfahrens an die deutsche Sprache sowie spezifische kulturelle Aspekte des deutschen Sprachraums keine relevante Veränderung von Konzept und Struktur bedingt hat. Alle Parameter stimmen stark mit denen der Originalfassung überein. Unter Berücksichtigung von theoretischer Grundlage und Gütekriterien kann festgestellt werden, dass der K-TIM gut zur differenzierenden Erfassung intellektueller Fähigkeiten im Jugend- und Erwachsenenalter geeignet ist. Die klinische Relevanz des Verfahrens soll durch die folgende Fallvignette verdeutlicht werden. Praktisches Anwendungsbeispiel Die 14-jährige Jessica wurde im Rahmen einer stationären kinder- und jugendpsychiatrischen Behandlung mit dem K-TIM untersucht. Behandlungsanlass war eine agitierte Depression mit vielfältigen somatischen Beschwerden, diffusen Ängsten sowie ausgeprägtem Rückzug und Schulvermeidung. Sie berichtete von massiven Hänseleien in der Schule, da sie „anders“ sei. Sie wirkte im Kontakt sehr sensitiv-misstrauisch, zurückgezogen und betonte permanent, dass sie nach Hause wolle. Sie berichtete von häufigen Bauchschmerzen, speziell bei Stress. Stimmung und Affekt waren stark niedergedrückt und nicht schwingungsfähig. Der Gedankengang gestaltete sich formal stark eingegrenzt, perseverierend. Bei leicht vermindertem Antrieb wirkten Impulsivität und Konzentration unauffällig. Sie konnte sich gut und eloquent ausdrücken und wirkte sprachlich nicht retardiert. Bei allen Anforderungen, die ein etwas komplexeres Maß an Handlungs- und 65 Kapitel 3: Darstellung des K-TIM Planungskompetenz erforderten, zeigte sie sich jedoch massiv überfordert. Zum Aufnahmezeitpunkt besuchte sie die 9. Klasse einer Schule für Lernbehinderte. Tabelle 6: HAWIK-III Ergebnisse zum Fallbeispiel Fallbeispiel: HAWIK-III Ergebnisse Jessica, 14 Jahre Gesamt-IQ 82 Verbal-IQ 88 Handlungs-IQ 79 Skalen Sprachliches Verständnis Unablenkbarkeit Untertests Allgemeines Wissen Gemeinsamkeitenfinden Rechnerisches Denken IQ IQ WP Skalen Wahrnehmungsorganisation Arbeitsgeschwindigkeit Untertests WP 8 Bilderergänzen 1 8 Zahlen-SymbolTest 7 5 Bilderordnen 8 12 Mosaik-Test 8 7 Figurenlegen 8 5 Symbolsuche 6 Wortschatz-Test Allgemeines Verständnis Zahlennachsprechen 93 74 79 82 IQ: M = 100, SD = 15 WP: Wertpunkte, M = 10, SD = 3 Es existierte ein HAWIK-III-Vorbefund (siehe Tab. 6), der etwa ein Jahr alt war. Hier erreichte Jessica einen Gesamt-IQ von 82, einen Verbal-IQ von 88 und einen Handlungs-IQ von 79. Berücksichtigt man die 4-Faktorenlösung, so differenzierte sich der Unterschied dahingehend weiter aus, dass Jessica in Bezug auf den Faktor Sprachliches Verständnis einen Standardwert von 93 (Unablenkbarkeit 74) erreichte, in Bezug auf den Faktor Wahrnehmungsorganisation jedoch nur einen Standardwert von 79 (Arbeitsgeschwindigkeit 82) erreichte. 66 Kapitel 3: Darstellung des K-TIM Tabelle 7: K-TIM- Ergebnisse zum Fallbeispiel Fallbeispiel: K-TIM Ergebnisse Jessica, 14 Jahre Skalen SW Skala Gesamtintelligenz 88 Skala fluider Intellligenz 70 Skala kristalliner Intelligenz 112 Kristalline Fluide Untertests SK Untertests Symbole 4 Worträtsel Lernen Logische Auditives 6 Denkschritte Verständnis Zeichen Doppelte 4 Entschlüsseln Bedeutungen Figurales 5 Persönlichkeiten Gedächtnis SK 10 14 13 11 SW: Standardwerte, M = 100, SD = 15 SK: Skalenwerte, M = 10, SD = 3 Im Rahmen der stationären Behandlung wurde der Kaufman-Test zur Intelligenzmessung durchgeführt (s. Tab. 7). Hier erreichte Jessica ein knapp durchschnittliches Gesamtergebnis mit einem Standardwert von 88. Im Vergleich fluider und kristalliner Fähigkeiten imponierte jedoch eine massive Diskrepanz zu Gunsten der Letzteren. So erreichte sie einen Standardwert von 70 in der Skala fluider Intelligenz und einen Standardwert von 112 in der Skala kristalliner Intelligenz. Die standardmäßig vorgegebene Profilinterpretation erbrachte aufgrund dieser Diskrepanz und der somit erforderlichen separaten Beurteilung beider Skalen zwar keine relevanten Ergebnisse. In der Verhaltensbeobachtung zeigten sich jedoch massive Schwierigkeiten mit eher komplexeren, logischdeduktiven Aufgaben. Auch zeigten sich ausgeprägte Schwierigkeiten im Bereich der visuellen Merkfähigkeit, während sie in Bezug auf ihre auditive Merkfähigkeit ein überdurchschnittliches Ergebnis erzielte. Sprachliche Inhalte konnte sie sich nicht nur gut merken, sondern auch verstehen und wiedergeben, weiter war der Ausdruck auch sprachlich differenziert. Betrachtet man die beiden Befunde nebeneinander, so fallen erhebliche Diskrepanzen auf, die auf den ersten Blick nicht erklärbar sind. So korreliert -wie oben dargestellt- generell die Skala kristalliner Intelligenz des K-TIM höher mit dem Verbalteil des HAWIK-III und die Skala fluider Intelligenz mit dem Handlungsteil. Das aktuelle Fallbeispiel demonstriert jedoch, dass dies 67 Kapitel 3: Darstellung des K-TIM differenziert betrachtet werden muss. Das deutlich schlechtere Abschneiden in der Skala fluider Intelligenz gegenüber dem Handlungsteil ist dadurch zu erklären, dass die Aufgabenstruktur der Skala fluider Intelligenz im K-TIM und damit die Anforderungen an das Abstraktionsvermögen der Probandin deutlich komplexer sind. Dem gegenüber ist die Aufgabenstruktur im Handlungsteil des HAWIK-III deutlich einfacher und eine Regulierung des Schwierigkeitsgrades erfolgt zu einem wesentlichen Anteil über die Geschwindigkeit der Bearbeitung. Das deutlich ungünstigere Abschneiden im K-TIM reflektiert eben diese beeinträchtigte Abstraktionsfähigkeit von Jessica. Die ausgeprägte Differenz zwischen der Skala kristalliner Intelligenz des K-TIM und dem Verbalteil des HAWIK-III wird vor allem getragen von dem überdurchschnittlichen Abschneiden im K-TIM-Untertest Auditives Verständnis (Skalenwert von 14) und dem unterdurchschnittlichen Ergebnis im HAWIK-IIIUntertest Rechnerisches Denken (5 Wertpunkte). Unabhängig davon, dass diese Diskrepanz gut mit Verhaltensbeobachtung und Anamnese korrespondiert, liefert sie wichtige Hinweise auf gut entwickelte sprachliche Verständnis- und Gedächtnisleistungen. Dem gegenüber steht der Untertest Rechnerisches Denken in enger Beziehung zu Jessicas schwach ausgeprägten, formalen Denkoperationen und erworbenen schulischen Fertigkeiten. Das extrem schwache Ergebnis im Untertest Bilderergänzen korrespondiert mit wenig Flexibilität im Denken und -bei gegebenem Zeitdruck- Schwierigkeiten, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Beide Testverfahren verweisen bei um 6 Punkte differierenden Gesamtergebnissen zusammenfassend auf eine Gesamtbegabungslage im Grenzbereich von Normalbegabung und Lernbehinderung und stimmen insofern überein (Validität). In der Profilinterpretation zeigen sich jedoch gravierende Unterschiede. Während das HAWIK- Ergebnis weitgehend homogen ist, zeigen sich beim K-TIM Teilleistungsschwächen bis fast in den Bereich der geistigen Behinderung, andererseits aber auch leistungsstarke Bereiche, in denen Jessica zumindest eine gut durchschnittliche Leistungsfähigkeit zeigt. Die Leistungsstärken in sprachgebundenen Anforderungen führten regelmäßig zu einer Überschätzung Jessicas, so dass ihre ausgeprägten Defizite in Leistungsbereichen, die formal-operatorisches Denken erfordern, zwar von der Umwelt unentdeckt blieben, aber bei Jessica trotz Beschulung auf 68 Kapitel 3: Darstellung des K-TIM Lernbehindertenniveau zu ausgeprägten Frustrationserlebnissen führten. Therapeutisch konnte herausgearbeitet werden, dass diese zumindest mitursächlich für die eingangs geschilderte Problematik waren. 69 Kapitel 3: Darstellung des K-TIM Literatur: 1. Anastasi A (1982). Psychological testing (5. Aufl.). New York: Macmillan 2. Anastasi A (1984). The K-ABC in historical and contemporary perspective. The Journal of Special Education. 18: 357-366 3. Carroll JB (1993). Human Cognitive Abilities: A Survey of Factor-Analytical Studies. New York: Cambridge University Press 4. Carroll JB (1997). The three-Stratum Theory of cognitive Abilities. In: Flanagan DP, Genshaft JL, Harrison PL (Hrsg.): Contemporary Intellectual Assessment: Theories, Test, and Issues. New York: The Guilford Press, p. 122-130 5. Cattell RB (Hrsg.) (1966). Handbook of multivariate experimental psychology. Chicago: Rand McNally 6. Cattell RB, Kline P (1977). The scientific analysis of personality and motivation. New York: Academic Press 7. Flynn JR (1987). Massive IQ gains in 14 nations: What IQ tests really measure. Psychological Bulletin. 101: 171-191 8. Golden CJ (1981). The Luria-Nebraska Children's Battery: Theory and formulation. In: Hynd GW, Obrzut JE (Hrsg.) Neuropsychological assessment and the school-age child: issues and procedures. New York: Grune & Stratton, p. 277-302 9. Guilford JP (1954). Psychometric methods. New York: McGraw-Hill 10. Horn JL (1985). Remodeling old models of intelligence. In Wolman BB (Hrsg.). Handbook of intelligence: Theories, measurements and applications. New York: Wiley, p. 267-300 11. Horn JL (1989). Cognitive diversity: A framework of learning. In: Ackerman PL, Sternberg RJ, Glaser R (Hrsg.): Learning and individual differences: Advances in theory and research. New York: W.H.Freeman, p. 61-116 70 Kapitel 3: Darstellung des K-TIM 12. Horn JL, Cattell RB (1966). Refinement and test of the theory of fluid and crystallized general intelligence. Journal of Educational Psychology, 57(5): 253-270 13. Inhelder B, Piaget J (1958). The growth of logical thinking from childhood to adolescence. New York: Basic Books 14. Kaufman AS, Kaufman NL (1993). Kaufman Adolescent and Adult Intelligence Test (KAIT). Circle Pines, MN: American Guidance Service 15. Kaufman AS, Lichtenberger EO (2006). Assessing Adolescent and Adult Intelligence (3. Auflage). Hoboken: John Wiley & Sons 16. Luria AR (1980). Higher cortical functions in man (2. Aufl.). New York: Basic Books. 17. Melchers P, Preuß U (1991). Kaufman-Assessment Battery for Children (KABC). Deutschsprachige Fassung. 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Intellectual evolution from adolescence to adulthood. Human Development. 15: 1-12 23. Pinion GA (1994). Test-retest reliability of the Kaufman Adolescent and Adult Intelligence Test. Stillwater, OK: Dissertation an der University of Oklahoma 24. Rickel A (1998). Validitätsuntersuchung zur adaptierten Fassung des Kaufman Adolescent and Adult Intelligence Test. Erprobung an deutschen Jugendlichen und Erwachsenen. Köln: Diplomarbeit am Psychologischen Institut der Universität 25. Scholten S (1998). Erprobung der deutschen Adaption des Kaufman Adolescent and Adult Intelligence Test an deutschen Jugendlichen und Erwachsenen: Aufgabenanalyse und Reliabilität. Köln: Diplomarbeit am Psychologischen Institut der Universität 72 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up KAPITEL 4 Schürmann S, Breuer D, Wolff Metternich-Kaizman T, Döpfner M (2011). Die Entwicklung intellektueller Fähigkeiten bei Kindern mit ADHS im Langzeitverlauf - Ergebnisse der 8,5-Jahre-Katamnese der Kölner Adaptiven Multimodalen Therapiestudie (KAMT). Zeitschrift für Neuropsychologie. 1: 7-20 73 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up Einführung und Stand der Forschung Die schulische Leistungsfähigkeit ist bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS im Vergleich zu unauffälligen Gleichaltrigen um mehr als eine Standardabweichung vermindert, wie eine Vielzahl von Studien zeigt (1, 2) und auch bei Jugendlichen, die als Kinder die Diagnose einer ADHS hatten, lassen sich sowohl deutliche Auffälligkeiten in der Schulkarriere (verminderte Schulnoten, häufigere Klassenwiederholungen und Umschulungen) als auch Minderleistungen in Schulleistungstests nachweisen (13, 14). Diese Beeinträchtigung kann potentiell sowohl durch die Verhaltensauffälligkeiten der Schüler bedingt sein als auch auf ihre kognitiven Beeinträchtigungen zurückgeführt werden. Verminderte Aufmerksamkeitsleistungen und Störungen in den exekutiven Funktionen lassen sich auch bei Jugendlichen mit ADHS-Diagnosen im Kindesalter nachweisen (13). Kinder und Jugendliche mit ADHS zeigen generell sowohl im Vergleich zu Normpopulationen als auch zu den eigenen Geschwistern eine deutlich verminderte Intelligenzleistung, wie eine aktuelle Meta-Analyse über 123 Studien zeigt (15), die Intelligenz- und neuropsychologische Funktionen bei ADHSPatienten mit gesunden Kontrollstichproben verglichen haben. Die große Mehrzahl der Patienten war unter 18 Jahren. Die Intelligenz wurde überwiegend mit dem vollständigen Wechsler-Intelligenztest erfasst. Die Effektstärken für den GesamtIQ lag bei d= 0,61 (für Verbalteil d = 0,67, für den Handlungsteil d = 0,58). Die Minderung bei Patienten mit ADHS betrug im Schnitt 9 Standardwertpunkte (Spannweite 7-15 Punkte). Die durchschnittliche Effektstärke des Gesamt-IQs war unabhängig vom Alter, dem Geschlecht und der Art des verwendeten Intelligenztests. Auch bei Jugendlichen, die als Kinder die Diagnose einer ADHS hatten, konnte ein geringerer Wortschatz als in einer Kontrollgruppe festgestellt werden, der als Hinweis auf verminderte verbale Intelligenzleistungen interpretiert wird (13). Biederman et al. (4) konnten in ihrer Nachuntersuchung von jungen Erwachsenen, bei denen als Kinder ADHS diagnostiziert worden war, sowohl im Wortschatz als auch im Mosaiktest statistisch signifikante Minderungen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe feststellen. Bei erwachsenen Patienten mit ADHS konnten ebenfalls signifikante, wenn auch geringfügige Minderungen der allgemeinen Intelligenzleistungen festgestellt werden (5). Allerdings liegen auch 74 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up widersprüchliche Ergebnisse vor, so konnten Drechsler et al. (12) in einer Nachuntersuchung von Kindern mit ADHS im Alter von 13 Jahren zwar Unterschiede in der Aufmerksamkeitsspanne, im rechnerischen Denken und im Mosaiktest (HAWIK) finden, nicht jedoch in Gemeinsamkeiten finden und im Wortschatz. Analysen zu Intelligenzprofilen von Kindern mit ADHS erbrachten uneinheitliche Ergebnisse. So konnten Mayes & Calhoun (24) in einer großen Stichprobe von Kindern mit ADHS zeigen, dass in den Wechsler-Tests (WISC-III, WISC-IV) die Skalen Unaufmerksamkeit/Arbeitsgedächtnis, sowie die Arbeitsgeschwindigkeit im Vergleich zum Gesamt-IQ signifikant reduziert waren. In einer Meta-Analyse aller WISC-Tests ließen sich diese Unterschiede jedoch nicht bestätigen (15, 19). Bei längsschnittlichen Untersuchungen zur Intelligenz, wie in dieser Studie, stellt sich die Frage nach der generellen Stabilität von Intelligenz. Die Stabilität von Intelligenz zwischen 4 und 13 Jahren, erfasst über die Wechsler-Tests, liegt mit r= .72 im mittleren bis höheren Bereich, wobei die Gruppenmittelwerte sehr nah beieinander liegen (32) und auch zwischen 7 und 13 Jahren zeigen sich vergleichbare Korrelationen und vernachlässigbare Gruppenmittelwertunterschiede (28). Studien mit dem WISC-III über den Zeitraum von zwei bis drei Jahren erbrachten Korrelationen zwischen r=.80 und r=.90 für den Gesamt-IQ (6, 7). Zur Langzeitstabilität von Intelligenzleistung bei Kindern oder Jugendlichen mit ADHS liegen unseres Wissens kaum Ergebnisse vor. Biederman und Mitarbeiter (3) untersuchten die Stabilität von exekutiven Funktionen, Intelligenzleistungen und Schulleistungen über den Zeitraum von sieben Jahren bei einer Stichprobe von 85 männlichen Patienten mit ADHS im Alter von 9 bis 22 Jahren und fanden in einer Kurzform des Wechsler-Intelligenztests (Mosaiktest und Wortschatztest) eine Stabilität (Intraklassenkorrelation) von r=.84 und eine nur geringfügige Differenz in den Gruppenmittelwerten. Bei Patienten mit ADHS lassen sich zudem Störungen der exekutiven Funktionen im Jugendalter anhand der Aufmerksamkeitsprobleme im Kindesalter vorhersagen (16) und auch über eine Zeitspanne von sieben 75 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up Jahren konnte eine Stabilität von Störungen der exekutiven Funktionen nachgewiesen werden (3). Die vorliegende Analyse wird im Rahmen der Kölner Adaptiven Multimodalen Therapie-Studie (KAMT) durchgeführt, deren Ziel die Überprüfung der kurzfristigen und langfristigen Effekte einer im Grundschulalter durchgeführten multimodalen (d.h. medikamentös und/oder verhaltenstherapeutisch ausgerichteten) Behandlung von Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) ist (9). Ziel der vorliegenden Analyse ist die Untersuchung der intellektuellen Leistungsfähigkeit der KAMT-Stichprobe in der 8,5-Jahres-Katamnese. Dabei wird überprüft, inwieweit sich die Leistungsfähigkeit der Jugendlichen, die als Kinder aufgrund der ADHS in der Studie behandelt wurde, von der Norm unterscheidet und wie diese Unterschiede erklärt werden können. Eine Profilanalyse soll klären, ob sich ein typisches Leistungsprofil bei den untersuchten Jugendlichen ergibt. Zudem werden die Zusammenhänge zwischen den früheren Intelligenzergebnissen zu Behandlungsbeginn und -ende der Intensivtherapie einerseits und den aktuellen Intelligenzergebnissen andererseits analysiert. Folgende Hypothesen werden dabei untersucht: (1) Die intellektuelle Leistungsfähigkeit der Jugendlichen, die als Kinder aufgrund einer ADHS behandelt worden sind, ist signifikant schwächer ausgeprägt als der Normmittelwert. (2) Es wird erwartet, dass diese schwächere Leistungsfähigkeit teilweise, aber nicht vollständig auf die geringere Schulbildung der KAMT-Stichprobe im Vergleich zur Norm zurückzuführen ist. (3) Vom Intelligenzprofil ist zu erwarten, dass die Skala fluider Intelligenz signifikant stärker ausgeprägt ist als die Skala kristalliner Intelligenz, die stärker (schul-) bildungsabhängig ist. (4) Beim Vergleich der Intelligenztestergebnisse des K-TIM bei der Nachuntersuchung und der K-ABC bei Behandlungsbeginn und Behandlungsende wird aufgrund der testtheoretischen Grundlagen beider Verfahren erwartet, dass die Skala fluider Intelligenz höher mit der Skala intellektueller Fähigkeiten korreliert und die Skala kristalliner Intelligenz höher mit der Fertigkeitenskala. 76 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up (5) Zur Vorhersage der K-TIM Ergebnisse durch die K-ABC Ergebnisse wird erwartet, dass eine bedeutsamer Anteil der Varianz des K-TIM durch die Ergebnisse im K-ABC zu Behandlungsbeginn und zu Behandlungsende erklärt werden kann und diese Varianzaufklärung vor allem durch jene Skalen erfolgt, die eine gemeinsame theoretische Grundlage mit dem jeweiligen Kriterium haben. Messinstrumente Zum Follow-up-Zeitpunkt wurden folgende Daten erhoben: Aktuelle expansive Symptomatik in der Familie und in der Schule. Mit allen n=75 Patienten der Ausgangsstichprobe wurde ein telefonisches Kurzinterview durchgeführt, bei dem nach der Erhebung von Informationen zur Symptomatik in der Familie, in der Schule /am Arbeitsplatz und während der Freizeit anhand eines halbstrukturierten Interviews vom Interviewer eine klinische Einschätzung darüber abgegeben wurde, wie ausgeprägt die aktuelle expansive Symptomatik in der Familie (4 Items zu Symptomatik ADHS und Störung des Sozialverhaltens mit 5stufiger Antwortskala) und in der Schule / Arbeitsplatz (3 Items zu Symptomatik ADHS und Störung des Sozialverhaltens mit 5-stufiger Antwortskala) war. Aus den vier Items zur aktuellen expansiven Symptomatik in der Familie wurden ein entsprechender Kennwert gebildet (Summe der Itemrohwerte /4; Cronbach Alpha = .72; Spannweite der Trennschärfen r it .= .39 bis r it .=.64). Aus den drei Items zur aktuellen expansiven Symptomatik in der Schule/am Arbeitsplatz wurden ebenfalls ein entsprechender Kennwert gebildet (Summe der Itemrohwerte /3; Cronbach Alpha = .61; Spannweite der Trennschärfen r it .= .49 bis r it .=.60). Schul-/Berufsqualifikation. Aus den Angaben im Telefoninterview zum Schulverlauf und zur aktuellen schulischen / beruflichen Tätigkeit wurde eine Kategorie reguläre Schul-/Berufsqualifikation (Besuch der Regelschule, Ausbildung / Lehre / Berufsschule und Erwerbstätigkeit mit Qualifikation) bzw. nicht reguläre Schul-/Berufsqualifikation (Besuch der Sonderschule, Schulbesuch zur Nachqualifikation des Hauptschulabschlusses, Erwerbstätigkeit ohne Qualifikation, aktuell keine Beschäftigung / arbeitslos) gebildet. 77 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up Intelligenzdiagnostik. Bei Behandlungsbeginn und –ende wurde die KaufmanAssessment Battery for Children (K-ABC) (25, 26) durchgeführt, welche die deutschsprachige Fassung der gleichnamigen Originalversion von Kaufman & Kaufman (20, 21) ist. Es handelt sich um einen individuell durchzuführenden differentiellen Intelligenztest für die Altersspanne von 2;5 bis 12;5 Jahren. Die KABC besteht aus zwei getrennten Skalen: Der Skala intellektueller Fähigkeiten, die die eigentliche Intelligenz misst, und der Fertigkeitenskala, die erworbenes Wissen misst. Die Skala intellektueller Fähigkeiten wird aus der Skala ganzheitlichen Denkens und der Skala einzelheitlichen Denkens gebildet. Der Kaufman – Test zur Intelligenzmessung für Jugendliche und Erwachsene (KTIM) (27) wurde zum Follow-up-Zeitpunkt verwendet, da die K-ABC nur bis zu einem Alter von 12;05 Jahren eingesetzt werden kann. Der K-TIM ist die deutschsprachige Fassung des Kaufman Adolescent and Adult Intelligence Test (KAIT, 22). Es wurde für die Nachuntersuchung der K-TIM gewählt, da er altersmäßig an die K-ABC anschließt und zu den Kaufman-Intelligenztestverfahren zählt. Er ist zwar von der Intelligenztheorie altersentsprechend auf ein anderes Intelligenzmodell zurückzuführen – Horn-Cattells-Modell der fluiden und kristallinen Intelligenz (17, 18) vs. Lurias neuropsychologische Theorie der Verarbeitungsdichotomie (23) – erlaubt aber wie die K-ABC die standardisierte Möglichkeit einer individuellen Profilinterpretation. Es handelt sich um einen individuell durchzuführenden differentiellen Intelligenztest für die Altersspanne von 11 bis über 85 Jahren. Neben der Skala Gesamtintelligenz besteht er aus den zwei getrennten Skalen, die aus jeweils vier Untertests zusammengesetzt sind: fluide Intelligenz (Untertests: Symbole Lernen, Logische Denkschritte, Zeichen Entschlüsseln und Figurales Gedächtnis) und kristalline Intelligenz (Untertests Worträtsel, Auditives Verständnis, Doppelte Bedeutungen und Persönlichkeiten). Zwei zusätzliche Untertests erfassen das verzögerte Erinnern (Symbole - Abruf nach Intervall; Auditives Verständnis - Abruf nach Intervall). Die Skala fluide Intelligenz erfasst die Fähigkeit, neuartige Probleme zu lösen, wogegen die Skala kristalline Intelligenz erworbene Konzepte misst und damit in ihrer erfolgreichen Bewältigung von Schulbildung und Akkulturation abhängig ist. Für die innere Konsistenz (Testhalbierungsmethode, berechnet nach der Formel von Guilford) ergaben sich Reliabilitätskoeffizienten im Mittel für die kristalline Intelligenz und 78 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up fluide Intelligenz von .96 und.98 sowie für die Gesamtintelligenz von .97 (27). Die mittleren Stabilitätskoeffizienten (Testwiederholung nach 6 bis 99 Tagen; Mittel: 31 Tage, Median: 27 Tage) betrugen bei den Skalen kristalline Intelligenz .94, für fluide Intelligenz .87 und für die Gesamtintelligenz .94 in der amerikanischen Originalfassung des Verfahrens. Der Stabilitätskoeffizient bei einer Testwiederholung nach einem Jahr (Median: 367 Tage) betrug hier bei den Skalen kristalline Intelligenz .85, für fluide Intelligenz .79 und für die Gesamtintelligenz .92 (Pinion, 1994). Voruntersuchungen zur Vergleichbarkeit der beiden Kaufmann-Tests zeigen eine mittlere Übereinstimmung auf der Ebene der Gesamtskalen. In einer Studie von Oest (30, 27) wurden 68 Kinder im Alter von 11;0-12;05 Jahren bezüglich ihrer Intelligenz sowohl mit der K-ABC, als auch mit dem K-TIM getestet, um die Übereinstimmung beider Testverfahren zu untersuchen. Die Mittelwerte beider Testverfahren zeigten eine große Übereinstimmung (K-ABC: SW=96,8; SD=9,1; K-TIM: SW=98,0; SD=10,9). Die Korrelation zwischen den beiden Gesamtskalen fiel mit r=.64 nur in den mittleren Bereich und bildet damit die unterschiedlichen Konstrukte der Intelligenztests ab. Die K-ABC ist als Kindertest sehr verarbeitungsorientiert, wohingegen beim K-TIM als Test für Jugendliche und Erwachsene mehr die Exekutivfunktionen und die Fähigkeit zu formal-abstrakten Denkoperationen eine viel größere Rolle spielen. Bei den Korrelationen der einzelnen Skalen zeigte sich, dass die K-TIM-Skala fluide Intelligenz tendenziell höher mit der K-ABC-Skala intellektueller Fähigkeiten korreliert als mit der K-ABCFertigkeitenskala (r=.72 vs r=.59) und die K-TIM-Skala kristalliner Intelligenz umgekehrt (r=.49 vs r=.67). Eine Studie zur Vorhersage der K-TIM Ergebnisse über frühere K-ABC Ergebnisse sind uns nicht bekannt. Stichprobenbeschreibung Ausgangsstichprobe für diese Studien bildeten n=75 Kinder, die im Alter zwischen 6 und 10 Jahren in die Kölner Multimodale Therapiestudie (KAMT) aufgenommen worden waren. Die Kinder besuchten zum damaligen Zeitpunkt die Grundschule oder eine Sonderschule der Klassenstufen 1 bis 4. Das Haupteinschlusskriterium war die Diagnose ADHS nach ICD 10 (vorläufige Forschungskriterien) und DSM III-R, die nach einem strukturierten Interview mit den Eltern und den Lehrern 79 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up gestellt wurde. Die Grundintelligenz wurde zunächst mit dem CFT 1 (8) gemessen. Nach diesem Kriterium musste die allgemeine Grund-Intelligenz > 80 sein, d.h. mindestens im Grenzbereich zur Normalbegabung liegen. In die Stichprobe wurden 5 Mädchen und 70 Jungen aufgenommen. Der Altersrange lag von 6;4 – 10;7 (Median von 8;3). 87% besuchten zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Studie eine Regelgrundschule, 13% eine Sonderschule (9). Nach der Diagnostik- und Beratungsphase (insgesamt 9 Therapiestunden) wurden 60% der Stichprobe verhaltenstherapeutisch behandelt. 37% der Stichprobe wurden medikamentös mit Methylphenidat im Doppel-Blind-Versuch eingestellt, wobei die Beratung fortgeführt wurde. 3% der Stichprobe brachen zu diesem Zeitpunkt die Behandlung ab. Bei der Gruppe der Patienten, die nach der Beratungsphase in die verhaltenstherapeutische Behandlung gewechselt haben, reichte bei 73% die verhaltenstherapeutische Behandlung aus. Bei 27% dieser Gruppe wurde nach der verhaltenstherapeutischen Behandlung die VT mit Medikation kombiniert. Bei der Gruppe der Patienten, die nach der Beratungsphase zunächst medikamentös im Doppel-Blind-Versuch mit Methylphenidat eingestellt wurden, wechselten anschließend 82% in die Kombination Medikation und Verhaltenstherapie. 11% dieser Gruppe wechselten zur rein verhaltenstherapeutischen Behandlung, weil die Medikation zu geringe Effekte oder zu hohe Nebenwirkungen erbracht hatte. Bei 7% dieser Gruppe verbesserten sich die Symptome soweit, dass die Behandlung beendet werden konnte und nicht mehr mit Verhaltenstherapie kombiniert wurde (9). Alle 75 ehemaligen Patienten, die an der KAMT-Studie teilgenommen hatte, konnten zum 8,5-Jahres-Follow-up kontaktiert werden. Mit allen wurde das telefonische halbstrukturiertes Kurzinterview durchgeführt. Das Durchschnittsalter lag bei 18;3 Jahren (SD=1,6 Jahre, Spannweite= 16;0-22;5 Jahre). 32% hatten den Hauptschulabschluss, 27% die mittlere Reife und 1% Fachabitur. 27% gingen noch in die Schule (6,7% besuchten die Sonderschule, der Rest überwiegend die gymnasiale Oberstufe). 8% befanden sich in einer Schule zur Nachqualifikation zum Hauptschulabschluss und 5% hatten keinen Schulabschluss erreicht. Damit zeigten bis zu diesem Zeitpunkt 13% keinen Schulabschluss nach regulärem Verlauf. 49,3% benötigten in ihrer Schulkarriere keine Klassenwiederholung, 40% 80 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up mussten eine Klasse wiederholten und 10,7% wiederholten zweimal eine Klassenstufe. 53,3% der Jugendlichen mussten nicht aufgrund von Verhaltensoder Leistungsproblemen die Schule wechseln, 29,3% mussten einmal außerplanmäßig die Schule wechselten, 12% wechselten zweimal die Schule und 5,3% mussten dreimal oder noch häufiger die Schule aufgrund von Verhaltensoder Leistungsproblemen wechseln. N= 61 Jugendliche waren bereit, für Untersuchungen in die Klinik zu kommen und Fragebogen auszufüllen. Zur Erfassung der ADHS-Symptomatik im Elternurteil wurde eine Vorfassung des Fremdbeurteilungsbogen für ADHS (FBB-ADHS) und für das Selbsturteil wurde der Selbstbeurteilungsbogen (SBB-ADHS) durchgeführt. Beide Fragebögen erfassen die Kriterien von ADHS entsprechend ICD-10 und DSM-IV auf jeweils vierstufigen Antwortskalen (10). Zur Charakterisierung der Stichprobe wurde als inhaltliches Kriterium ein Grenzwert von 1,0 auf der gemittelten Gesamtskalen ADHS jedes Fragebogens festgelegt. Auf der Basis dieses Grenzwertes wurde der auffällige Anteil der Stichprobe errechnet (d.h. der Anteil der ehemaligen Patienten, die weiterhin im Durchschnitt jedes Item mit mehr als „ein wenig“ beurteilt haben. Danach werden im Elternurteil weiterhin 31,2% der ehemaligen Patienten als auffällig beschrieben; im Selbsturteil sind es20,3%. Mit diesen 61 Jugendlichen konnte ein Intelligenztest durchgeführt werden (Katamneseteilnehmer). N=14 Jugendliche waren nicht bereit, zur Untersuchung in die Klinik zu kommen, so dass mit ihnen der Test nicht durchgeführt werden konnte (Verweigerer). Zur Überprüfung der Repräsentativität der Katamneseteilnehmer (N=61) wurden diese mit der Verweigererstichprobe (N=14) bezüglich folgender Parameter verglichen: 1. Kennwert zur expansiven Symptomatik in der Familie und Kennwert zur expansiven Symptomatik in der Schule 2. Anteil der Jugendlichen mit regulärer Schul-/Berufsqualifikation. Die Kennwerte zur expansiven Symptomatik in der Familie sind insgesamt gering ausgeprägt und bei den Katamneseteilnehmern (M=0,69; SD=0,61) und in der Verweigererstichprobe (M=0,37; SD=0,63) nicht signifikant unterschiedlich (t=1,75, p=.08). Auch die Kennwerte zur expansiven Symptomatik in der Schule sind insgesamt gering ausgeprägt; sie sind aber bei den Katamneseteilnehmern (M=0,69; SD=0,60) signifikant höher (t=-2,49, p<.05) als in der 81 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up Verweigererstichprobe (M=0,26; SD=0,41). 62,3% (n=38) der Katamneseteilnehmer weisen eine reguläre Schul-/Berufsqualifikation auf, während die Rate in der Verweigererstichprobe bei 64,3% (n=9) lag und damit statistisch nicht signifikant unterschiedlich verteilt ist (Chi-Quadrat= .89; p=.01). Die Katamneseteilnehmer fallen somit insgesamt durch eine eher höhere expansive Symptomatik in der Schule auf, unterscheiden sich aber ansonsten nicht von der Verweigererstichprobe. Analysemethoden Zur Überprüfung der Hypothesen zu den Unterschieden zwischen kristalliner und fluider Intelligenz sowie zwischen (gewichteter) Normstichprobe und der KAMTStichprobe wurden 2 (Normstichprobe versus KAMT-Stichprobe) x 2 (kristalline versus fluide Intelligenz) faktorielle Varianzanalysen mit einem Messwiederholungsfaktor (Intelligenz) gerechnet. Nachrangig wurden für die 10 Untertests des K-TIM t-Tests für unabhängige Stichproben durchgeführt, um zu prüfen auf welche der Subtests die Ergebnisse der Varianzanalysen zurückzuführen sind. Dafür wurde eine konservative Alpha-Adjustierung vorgenommen und jede Einzelprüfung auf p< .005 bewertet. Zur Überprüfung des Zusammenhangs der Intelligenzmessungen zu den beiden Messzeitpunkten wurden Produkt-Moment-Korrelationen durchgeführt. Zur Vorhersage der aktuellen Intelligenzleistungen wurden zusätzlich multiple Regressionsanalysen durchgeführt. Ergebnisse Intelligenztestergebnisse der KAMT-Stichprobe In Tabelle 1 sind die Intelligenztestergebnisse der 8,5-Jahres-Follow-up Stichprobe (N=61) im K-TIM auf Untertest- und Skalenwertebene dargestellt. Auf der Skala Gesamtintelligenz wird mit einem SW von 90,87 eine im unteren Durchschnittsbereich liegende Intelligenzleistung ermittelt. Alle drei Standardwerte der Intelligenzskalen unterscheiden sich hoch signifikant vom erwarteten NormStandardwert 100, auch nach Alpha-Adjustierung. Die fluide Intelligenz ist mit einem SW von 94,2 hoch signifikant (t =-3,41, p<.01) stärker ausgeprägt als die kristalline Intelligenz, die bei einem SW von 89,44 liegt. 82 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up Tabelle 1: Ergebnisse des K-TIM auf Untertest- und Skalenebene (N=61) Untertest /Skala p Mittelwert SD T SK UT1 Worträtsel2) 7,15 2,762 -8,07 ,000 SK UT2 Symbole Lernen1) 8,33 2,143 -6,10 ,000 SK UT3 Logische Denkschritte1) 9,90 2,998 -0,26 ,799 SK UT4 Auditives Verständnis2) 8,28 2,444 -5,50 ,000 SK UT5 Zeichen Entschlüsseln1) 9,05 2,860 -2,60 ,012 SK UT6 Doppelte Bedeutungen2) 8,51 2,580 -4,52 ,000 SK UT7 Symbole – Abruf nach Intervall 7,92 2,238 -7,27 ,000 SK UT8 Audit.Verst.- Abruf n. Intervall 8,51 2,706 -4,31 ,000 SK UT9 Figurales Gedächtnis1) 9,03 2,595 -2,91 ,005 SK UT10 Persönlichkeiten2) 9,30 2,194 -2,51 ,015 SW Skala kristalline Intelligenz 89,44 11,357 -3,76 ,000 SW Skala fluide Intelligenz 94,20 12,047 -7,26 ,000 SW Skala Gesamtintelligenz 90,87 11,220 -6,36 ,000 (zum Normmittel) SK = Skalenwert (10+3), SW = Standardwert (100+15) 1) Untertests der Skala fluide Intelligenz 2) Untertests der Skala kristalline Intelligenz Damit zeigt die Stichprobe der Jugendlichen, die im Grundschulalter ein ADHS diagnostiziert bekommen haben, eine stärkere Leistung in der Lösung neuartiger Probleme und im induktiven, deduktiven und analytischen Denken, der Klassifizierung, Konzeptbildung und Flexibilität, als in dem Produkt früherer Problemlösungen, die abhängig von Wissen, der Akkulturation und den Auseinandersetzung mit der Umwelt sind. 83 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up Auf der Untertestebene liegt die Spanne der Skalenwerte zwischen einem Skalenwert von 7,15 (Untertest 1: Worträtsel) und einem Skalenwert von 9,90 (Untertest 3: Logische Denkschritte), d.h. von einem Wert, der verglichen mit der Altersnorm im Grenzbereich durchschnittlich-unterdurchschnittlich liegt (fast eine Standardabweichung unter dem Normmittelwert), bis zu einem Wert, der absolut im Durchschnittsbereich liegt. Die Untertests Worträtsel, Symbole Lernen, Auditives Verständnis, Doppelte Bedeutungen, Symbole – Abruf nach Intervall und Auditives Verständnis – Abruf nach Intervall unterscheiden sich hoch signifikant vom Norm-Skalenwert 10, auch nach Alpha-Adjustierung. Der Untertest Figurales Gedächtnis unterscheidet sich hoch signifikant (p<.01) vom Norm-Skalenwert 10, nach Alpha-Adjustierung bleibt dieser Unterschied weiterhin signifikant (p<.05). Die Untertests Zeichen Entschlüsseln und Persönlichkeiten unterscheiden sich signifikant (p<.05) vom Norm-Skalenwert 10, der Unterschied ist jedoch nach Alpha-Adjustierung nicht mehr signifikant. Der Untertest Logische Denkschritte unterscheidet sich nicht signifikant vom Norm-Skalenwert 10. Die niedrigsten individuellen Standardwerte auf den Skalen Gesamtintelligenz, fluide Intelligenz und kristalline Intelligenz in der KAMT-Stichprobe liegen im Bereich von 69 bis 71, während die höchsten Werte im Bereich 122 bis 126 liegen. Damit liegt das schwächste Ergebnis pro Skala jeweils im Grenzbereich unterdurchschnittlich-weitunterdurchschnitt (unteren Lernbehindertenbereich) und das stärkste Ergebnis liegt jeweils im überdurchschnittlichen Bereich. Vergleich der Intelligenztestergebnisse mit einer alters- und geschlechtsgewichteten Normpopulation Da die Normstichprobe eine andere Alters- und Geschlechtsverteilung aufweist als die Untersuchungsstichprobe könnten die geringeren Intelligenzleistungen durch solche Stichprobenverzerrungen bedingt sein. Deshalb wurde die Normstichprobe der 16;0 bis 22;05 Jährigen des K-TIM (N=257), die in den Jahren 2000-2003 im Rahmen der Entwicklung des K-TIM im deutschsprachigen Raum erhoben wurde (27), entsprechend der Verteilung in der Untersuchungsstichprobe gewichtet. Auf der Ebene der Intelligenzskalen ergeben sich in einer 2 x 2 faktoriellen Varianzanalyse auch im Vergleich zu der nach Alter und Geschlecht gewichteten Normstichprobe weiterhin hoch signifikante Unterschiede zur KAMT-Stichprobe, 84 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up selbst nach Alpha-Adjustierung (Haupteffekt Stichprobe: F= 28,29; p<.001, Gruppeneffekt). Vergleich der Intelligenztestergebnisse mit einer alters-, geschlechts- und schulformgewichteten Normpopulation Da die Alters- und Geschlechtsverteilung der KAMT-Stichprobe die schwächeren Ergebnisse im Intelligenztest nicht erklären konnte, stellt sich die Frage, ob die Schulbildung die Unterschiede in den Ergebnissen erklären kann. Die Schulbildung der KAMT-Stichprobe entspricht nicht der Schulbildung der Normstichprobe, d.h. es gibt mehr Jugendliche in der KAMT-Stichprobe mit einer schwächeren Schulbildung als in der Normstichprobe. Um diese Frage zu untersuchen wurde ein Vergleich der KAMT-Stichprobe zu einer alters-, geschlechts- und schulformgewichteten Normstichprobe hergestellt. Dazu wurde der Datensatz der Normstichprobe verwendet, bei denen auch eine vollständige Angabe zur Schulkarriere vorhanden war (N=225). Da in der Normstichprobe des K-TIM in dieser Altersgruppe kein Fall mit Sonderbeschulung vorkam, mussten die drei Sonderschüler der KAMT-Stichprobe aus dieser Berechnung eliminiert werden, weil in der Normstichprobe keine entsprechende Gewichtung vorgenommen werden konnte. Somit ergibt sich bei dieser Berechnung in der KAMT-Stichprobe ein N = 58. Damit ändern sich in dieser Tabelle auch die Mittelwerte der Intelligenztestergebnisse gegenüber der oben dargestellten Tabelle. Die drei Sonderschüler der KAMT-Stichprobe erreichen im Mittel auf der Skala Gesamtintelligenz eine SW von 76,67, auf der Skala fluider Intelligenz ein Mittel von 78,33 und auf der Skala kristalliner Intelligenz ein Mittel von 78,33. Dadurch dass diese drei sehr schwachen Intelligenztestergebnisse der drei Sonderschüler bei dieser Berechnung aus der KAMT-Stichprobe herausfallen, ergeben sich höhere Mittelwerte bei der Rest-KAMT-Stichprobe. In Tabelle 2 sind die Ergebnisse der Intelligenzskalen - mit dem Vergleich der nach Alter, Geschlecht und Schulform gewichteten Normstichprobe dargestellt. Die 2 x 2 faktorielle Varianzanalyse (Intelligenzskalen: fluide versus kristalline Intelligenz; Stichproben: gewichtete Normstichprobe versus KAMT-Stichprobe) ergab signifikante Unterschiede zwischen den beiden Stichproben (Haupteffekt Stichprobe: F= 12,40; p<.001) sowie zwischen den beiden Intelligenzskalen (F= 85 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up 9,81; p=.002). Darüber hinaus konnte ein Interaktionseffekt festgestellt werden (F= 3,98; p=.047). Damit lassen sich auch in der nach Alter, Geschlecht und Schulart gewichteten Stichprobe höhere Werte bei der fluiden Intelligenz sowie höhere Werte in der Normstichprobe nachweisen. Zusätzlich kann gezeigt werden, dass bei der kristallinen Intelligenz in der KAMT-Stichprobe im Vergleich zur Normstichprobe stärkere Verminderungen nachweisbar sind als in der fluiden Intelligenz. Tabelle 2: Mittelwerte und Standardabweichungen der Intelligenzskalen für die KAMT- Stichprobe (N=58) und die nach Alter, Geschlecht und Schulform gewichtete Normstichprobe (G-Norm, N=225) Stichprobe Skala (SW) M SD G-Norm 98,60 13,73 KAMT 95,02 11,63 G-Norm 97,49 11,36 KAMT 90,02 11,33 G-Norm 97,79 11,67 KAMT 91,60 10,96 fluide Intelligenz kristalline Intelligenz Gesamtintelligenz SW = Standardwert (100+15) Tabelle 3 zeigt die Ergebnisse der Untertests in beiden Stichproben, sowie nachrangig durchgeführter t-Tests für abhängige Stichprobend und aufgrund der 10maligen Signifikanztestungen alpha-adjustierten p-Werte (errechneter p-Wert x 10). Der im Trend gesicherte Interaktionseffekt auf den Skalen fluide versus kristalline Intelligenz spiegelt sich darin wieder, dass bei den Subskalen der fluiden Intelligenz auf dem adjustierten Signifikanzniveau kein Unterschied zwischen beiden Stichproben festzustellen ist, während auf drei von vier Subskalen der kristallinen Intelligenz geringere Werte in der KAMT-Stichprobe nachgewiesen werden können. 86 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up Tabelle 3: Intelligenztestergebnisse der Untertests der KAMT- Stichprobe (N=58) vgl. mit der nach Alter, Geschlecht und Schulform gewichteten Normstichprobe (G-Norm, N=225) Untertest /Skala M SD 225 9,47 2,30 KAMT 58 7,38 2,57 G-Norm 225 9,11 2,79 KAMT 58 8,43 2,14 G-Norm 225 9,94 2,84 KAMT 58 10,12 2,86 G-Norm 225 9,87 2,61 KAMT 58 8,29 2,50 G-Norm 225 9,67 3,14 KAMT 58 9,26 2,76 G-Norm 225 9,10 2,44 Doppelte Bedeutungen2) KAMT 58 8,62 2,55 SK UT7 Symbole – Abruf G-Norm 225 9,24 2,51 KAMT 58 8,03 2,22 G-Norm 225 9,42 2,82 KAMT 58 8,60 2,73 G-Norm 225 10,26 2,91 KAMT 58 9,07 2,62 G-Norm 225 10,31 2,07 KAMT 58 9,34 2,22 SK UT1 Worträtsel2) SK UT2 Symbole1) SK UT3 Logische Denkschritte1) SK UT4 Auditives Verständnis2) SK UT5 Zeichen Entschlüsseln1) SK UT6 nach Intervall SK UT8 Audit.Verst.Abruf nach Intervall SK UT9 Figurales Gedächtnis1) SK UT10 Persönlichkeiten2) Stichprobe N G-Norm t pa) 5,90 ,001 2,00 ,47 -0,44 >1 4,12 ,001 0,94 >1 1,23 >1 3,60 ,01 1,95 ,53 2,78 ,06 3,10 ,02 SK = Skalenwert (10+3), 1) Untertests der Skala fluide Intelligenz 2) Untertests der Skala kristalline Intelligenz a) Alpha-adjustierter p-Wert (errechneter p-Wert x 10) Profilanalyse des K-TIM Im Folgenden wird der Frage nachgegangen, ob sich im Vergleich zur Normpopulation und im Vergleich zum individuellen Gruppenmittelwert ein typisches kognitives Leistungsprofil der KAMT-Stichprobe ergibt. Die Ergebnisse der einzelnen Untertest werden zunächst mit der Normpopulation verglichen, die in jedem Untertest einen Erwartungswert von 10 87 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up Skalenwertpunkten haben. In Tabelle 1 wurde bereits dargestellt, welche Untertests sich signifikant vom erwarteten Normmittelwert unterscheiden. Die Untertestskalenwerte der KAMT-Stichprobe reichen von 7,15 bis 9,90. Das Profil kann damit als inhomogen beschrieben werden (MANOVA: F = 11,28; df 9,52; p = .000). Die stärksten Ergebnisse werden in den Untertests Logische Denkschritte, Persönlichkeiten, Zeichen Entschlüsseln und Figurales Gedächtnis erreicht. Bis auf den Untertest Persönlichkeiten sind dies alles Untertests, die der Skala fluider Intelligenz zugeordnet sind. Das schwächste Ergebnis wird im Untertest Worträtsel erreicht, einem kristallinen Untertest. Zur Gruppen-Profilinterpretation mit Bildung von signifikanten gruppenindividuellen Stärken und Schwächen sowie der daraus abgeleiteten leistungsfördernden und leistungsmindernden Aspekten wird zunächst der individuelle Gruppenmittelwert über alle Untertests berechnet. Dieser beträgt 8,6. Nun werden alle Gruppenmittelwerte der einzelnen Untertests mit diesem Gruppenmittelwert verglichen. Die Ergebnisse sind in Tabelle 4 eingetragen. Tabelle 4: Ergebnisse der Untertest-Mittelwerte im Vergleich zum Erwartungs-Gruppenmittelwert von 8,6 (N=61) SK UT1 Worträtsel 7,15 Individ. Gruppenmittelwert 8,6 SK UT2 Symbole Lernen 8,33 8,6 -,992 ,325 SK UT3 Logische Denkschritte 9,90 8,6 3,39 ,001 SK UT4 Auditives Verständnis 8,28 8,6 -1,03 ,309 SK UT5 Zeichen Entschlüsseln. 9,05 8,6 1,23 ,225 SK UT6 Doppelte Bedeutungen 8,51 8,6 -0,28 ,782 SK UT7 Symbole – Abruf nach Intervall 7,92 8,6 -2,38 ,021 SK UT8 Audit. Verst.- Abruf nach Intervall 8,51 8,6 -0,27 ,792 SK UT9 Figurales Gedächtnis 9,03 8,6 1,30 ,198 SK UT10 Persönlichkeiten 9,30 8,6 2,48 ,016 Mittel -wert K-TIM Untertest 88 t p -4,11 ,000 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up Wie der Tabelle 4 zu entnehmen ist, ergibt sich im Vergleich zum individuellen Gruppenmittelwert aller Untertests eine hoch signifikante Schwäche im Untertest Worträtsel, dagegen eine hoch signifikante Stärke in Logische Denkschritte (p<.01, auch nach Alpha-Adjustierung). Die Untertest Symbole – Abruf nach Intervall und Persönlichkeiten ergeben einen signifikanten Unterschied (p<.05) zum individuellen Gruppenmittelwert aller Untertests, der jedoch nach AlphaAdjustierung nicht mehr signifikant ist. Daher werden diese beiden Ergebnisse auch nicht in die Profilinterpretation einbezogen. In der Interpretation des kognitiven Leistungsprofils der Jugendlichen, die früher die ADHS-Diagnose erhalten hatten, wird nun nach leistungsfördernden und – mindernden Aspekten gesucht, die dieses Profil erklären können. Welche spezifischen Fähigkeiten oder Einflüsse auf die Testleistung können eine mögliche Ursache für dieses Profil sein? Für dieses Vorgehen werden zunächst die spezifischen Fähigkeiten und Einflüsse auf die Testleistung für den Untertest betrachtet, der eine signifikante Stärke ergeben hat (Logische Denkschritte). Nun werden die Untertests betrachtet, die ebenfalls von diesen Fähigkeiten und Einflüsse abhängig sind. Weichen diese Untertests wie die Stärke (Logische Denkschritte) in die gleiche Richtung vom individuellen Gruppenmittelwert (8,6) ab, können diese Fähigkeiten und Einflüsse als Arbeitshypothesen verifiziert werden. Weichen diese Untertests in die entgegengesetzte Richtung ab, muss diese Arbeitshypothese verworfen werden (27, vgl. Kap. 6.2). Das gleiche wird anschließend für die signifikante Schwäche (Worträtsel) vorgenommen. Aus dieser Profilinterpretation ergeben sich für die Gruppe der Jugendlichen, die früher die ADHS-Diagnose erhalten hatten, folgende Arbeitshypothesen: Leistungsfördernd wirkt sich das gute hypothesenbildend-deduktives Denken und Planen bei der Bearbeitung neuartiger Problemstellungen, das räumliche Vorstellungsvermögen und die Fähigkeit, unter Zeitdruck zu arbeiten aus. Leistungsmindernde Aspekte ergeben sich dagegen durch eine eher schwache verbale Konzeptbildung, dem Wortschatz und der Speicherung und dem Abruf von Wörtern. 89 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up Vergleich der Intelligenz-Standardwerte bei Behandlungsbeginn, Behandlungsende und zum Follow-up In Tabelle 5 werden die Mittelwerte der Skalen des K-TIM und der K-ABC (25, 26, 20, 21) zu Behandlungsbeginn und zu Behandlungsende (in Standardwerten, SW) und deren Standardabweichungen (SD) aufgeführt. Die Stichprobengröße (N) unterscheidet sich jeweils, da nicht zu jedem Zeitpunkt alle Kinder / Jugendlichen untersucht werden konnten: zu Behandlungsbeginn wurden 74 Kinder untersucht, zu Behandlungsende 70 Kinder und zum Follow-up Zeitpunkt 61 Jugendliche. Tabelle 5: Ergebnisse auf den Skalen der K-ABC (Behandlungsbeginn und Behandlungsende) und des K-TIM (Follow-up-Zeitpunkt) Intelligenztest Intelligenzskalen N M SD K-ABC Skala einzelheitlichen Behandlungsbeginn Denkens (SED) 74 92,93 12,33 74 98,46 10,83 74 96,09 9,62 74 95,14 13,63 70 96,86 11,43 70 105,70 11,71 70 101,81 9,48 Fertigkeitenskala (FS) 69 100,16 14,68 K-TIM Skala fluider Intelligenz 61 94,20 12,05 8,5-Jahres-Follow-up Skala kristalliner Intelligenz 61 89,44 11,36 Skala Gesamtintelligenz 61 90,87 11,22 Skala ganzheitlichen Denkens (SGD) Skala intellektueller Fähigkeiten (SIF) Fertigkeitenskala (FS) K-ABC Skala einzelheitlichen Behandlungsende Denkens (SED) Skala ganzheitlichen Denkens (SGD) Skala intellektueller Fähigkeiten (SIF) Die Ergebnisse der K-ABC zu Behandlungsbeginn liegen zwischen einem Standardwert von 92,93 (Skala einzelheitlichen Denkens) und 98,46 (Skala ganzheitlichen Denkens). Damit liegt das schwächste Ergebnis im (unteren) 90 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up Durchschnittsbereich, eine halbe Standardabweichung unter dem Normmittel, und das stärkste Ergebnis im absoluten Durchschnittsbereich, fast an der Normmitte. Zu Behandlungsende zeigte sich eine deutliche Steigerung in allen Ergebnissen bis zu 7 Standardwertpunkten (Skala ganzheitlichen Denkens). Die Ergebnisse zum Follow-up-Zeitpunkt liegen zwischen einem Standardwert von 89,44 (Skala kristalliner Intelligenz) und 94,2 (Skala fluider Intelligenz). Es zeigen sich hoch signifikante Unterschiede zwischen der Skala intellektueller Fähigkeiten des K-ABC zum Behandlungsende und der Gesamtskala des K-TIM (t= 8,96, p<.01). Diese Tendenz zeigt sich bei allen anderen Subskalen der Tests außer zwischen der Skala einzelheitlichen Denkens und der Skala fluider Intelligenz. Bei der K-ABC zu Behandlungsbeginn zeigt sich auch ein hoch signifikanter Unterschied zwischen der Skala intellektuelle Fähigkeiten und der Gesamtskala des K-TIM (t=3,45, p<.01). Der Vergleich der anderen Skalen des KABC zu Behandlungsbeginn und des K-TIM zum Follow-up Zeitpunktes ergibt unterschiedliche Ergebnisse: Es zeigt sich keine signifikante Differenz zwischen der Skala einzelheitlichen Denkens und allen Skalen des K-TIM. Die Skala fluider Intelligenz zeigt keine signifikante Differenz zur Skala intellektueller Fähigkeiten und Fertigkeitenskala. Bei alle anderen Skalen ergeben sich hoch signifikante Unterschiede (p<.01). Korrelationen zwischen den Intelligenz-Standardwerten zu Behandlungsbeginn, Behandlungsende und zum Follow-up. In Tabelle 6 sind die Korrelationen zwischen den K-TIM Skalen zum Follow-upZeitpunkt und den Skalen der K-ABC zu Behandlungsbeginn und Behandlungsende dargestellt. Wie Tabelle 6 zu entnehmen ist, ergeben sich Korrelationen zwischen den Skalen der K-ABC zu Behandlungsbeginn und dem K-TIM zwischen r=.28 (Skala einzelheitliches Denken und Skala kristalline Intelligenz) und r=.58 (Fertigkeitenskala und Skala kristalline Intelligenz). Zwischen den Skalen der KABC zu Behandlungsende und dem K-TIM variieren die Korrelationen zwischen r=.26 (Skala einzelheitliches Denken und Skala fluider Intelligenz) und r=.71 (Fertigkeitenskala und Skala kristalliner Intelligenz). 91 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up Tabelle 6: Korrelationen zwischen den K-ABC-Skalen zu Behandlungsbeginn / Behandlungsende und den K-TIM-Skalen zum Follow-up-Zeitpunkt Korrelationen K-ABC (1) Behandlungsbeginn K-TIM SGI K-TIM SFI K-TIM SKI Skala Gesamtintelligenz Skala fluide Intelligenz Skala kristalline Intelligenz .34** .34** .28* .51** .52** .39** .49** .50** .38** .53** .37** .58** .34* .26 .36** .60** .57** .50** .60** .54** .54** .69** .52** .71** N 60 Skala einzelheitlichen Denkens K-ABC (1) Behandlungsbeginn Skala ganzheitlichen Denkens K-ABC (1) Behandlungsbeginn Skala intellektuelle Fähigkeiten K-ABC (1) Behandlungsbeginn Fertigkeitenskala K-ABC (2) Behandlungsende 57 Skala einzelheitlichen Denkens K-ABC (2) Behandlungsende Skala ganzheitlichen Denkens K-ABC (2) Behandlungsende Skala intellektuelle Fähigkeiten K-ABC (2) Behandlungsende Fertigkeitenskala **= hoch signifikant (p<.01), *=signifikant (p<.05) Grau unterlegt: Korrelationen korrespondierender Skalen Aufgrund der Testkonstruktion der beiden Verfahren sind vor allem die Korrelationen zwischen der Skala intellektueller Fähigkeiten und der Fertigkeitenskala der K-ABC mit den Skalen kristalline und fluide Intelligenz des KTIM interessant. Die fluide Intelligenz wird in der K-ABC durch Untertests zur sequenziellen (Skala einzelheitlichen Denkens) und simultanen Verarbeitung (Skala ganzheitlichen Denkens) definiert, die in der Skala intellektuellen Fähigkeiten zusammengefasst sind. Im neuropsychologischen Modell von Luria (23) gehören sequenzielle und simultane Verarbeitung (K-ABC) zu den Block-IIFunktionen, während die Planungsfähigkeit, wie sie mit der Skala fluider Intelligenz des K-TIM gemessen wird, mehr den höheren, den exekutiven Funktionen und damit dem Bock III zugeordnet ist. Die Skala intellektueller Fähigkeiten der K-ABC und die Skala fluider Intelligenz im K-TIM messen daher 92 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up beide Aspekte fluider Intelligenz, wenngleich sie sich im neuropsychologischen Modell von Luria unterscheiden. Die Fertigkeitenskala des K-ABC misst kulturell erworbenes Wissen und wird daher nicht mit der Skala intellektueller Fähigkeiten zusammengefasst. Die Skala kristalline Intelligenz des K-TIM ist zwar ebenfalls von angeeigneten Wissen, Akkulturation und Auseinandersetzung mit der Umwelt abhängig, wobei in dieser Skala mehr als in der Fertigkeitenskala das logische Denken innerhalb des erworbenen Wissen im Vordergrund steht. Dennoch ist vom theoretischen Aufbau der Skalen zu erwarten, dass die Skala intellektueller Fähigkeiten der K-ABC höher mit der Skala fluider Intelligenz im K-TIM und die Fertigkeitenskala der K-ABC höher mit der Skala kristalliner Intelligenz im K-TIM korreliert (27). Die Skala intellektueller Fähigkeiten des K-ABC zu Behandlungsbeginn korreliert mit der Skala fluider Intelligenz des K-TIM mit r=.50 und mit der Skala kristalliner Intelligenz mit r=.38. Damit lassen sich zwischen den Korrelationen Unterschiede in der erwarteten Richtung feststellen (höhere Korrelationen der Skala intellektueller Fähigkeiten mit fluider Intelligenz); diese konnten jedoch statistisch nicht abgesichert werden (p=.426). Das Gleiche gilt für die Korrelation der Fertigkeitenskala der K-ABC. Auch hier korreliert die Fertigkeitenskala zwar höher mit der Skala kristalliner Intelligenz (r=.58) als mit der Skala fluider Intelligenz (r=.37), aber auch dieser Unterschied lässt sich statistisch nicht absichern (p=.143). Bei der Skala intellektueller Fähigkeiten zu Behandlungsende ergibt sich kein Unterschied zwischen den Korrelationen zur Skala fluider und kristalliner Intelligenz (je r=.54). Die Fertigkeitenskala der K-ABC zu Behandlungsende korreliert zwar wieder höher mit der Skala kristalliner Intelligenz des K-TIM (r=.71) als mit der Skala fluider Intelligenz (r=.52), aber auch dieser Unterschied ist nicht signifikant (p=.106). Multiple Korrelations- und Regressionsanalysen zur Vorhersage der aktuellen durch frühere Intelligenzleistungen In Erweiterung der bivariaten Korrelationen zwischen den aktuellen und den früheren Intelligenzleistungen wurden multiple Korrelations- und hierarchische Regressionsanalysen durchgeführt. 93 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up Tabelle 7: Regressionsanalysen zur K-ABC (Behandlungsbeginn und -ende) und den K-TIM Ergebnissen zum Follow-up Kriterium Prädiktoren K-TIM Behandlungsbeginn (K-ABC): Skala fluider Skala einzelheitlichen Denkens, Intelligenz Skala ganzheitlichen Denkens, R RQuadrat Korr. RQuadrat .54 .30 .26 .60 .36 .32 .60 .36 .33 .71 .51 .48 .61 .37 .34 .72 .51 .49 Fertigkeitenskala Behandlungsende (K-ABC): Skala einzelheitlichen Denkens, Skala ganzheitlichen Denkens, Fertigkeitenskala K-TIM Behandlungsbeginn (K-ABC): Skala kristalliner Skala einzelheitlichen Denkens, Intelligenz Skala ganzheitlichen Denkens, Fertigkeitenskala Behandlungsende (K-ABC): Skala einzelheitlichen Denkens, Skala ganzheitlichen Denkens, Fertigkeitenskala K-TIM Behandlungsbeginn (K-ABC): Skala Skala einzelheitlichen Denkens, Gesamtintelligenz Skala ganzheitlichen Denkens, Fertigkeitenskala Behandlungsende (K-ABC): Skala einzelheitlichen Denkens, Skala ganzheitlichen Denkens, Fertigkeitenskala Alle multiplen Korrelationen sind hoch signifikant Zunächst wurden die K-ABC zu Behandlungsbeginn bzw. Behandlungsende mit den Skalen einzelheitlichen Denkens, ganzheitlichen Denkens und der Fertigkeitenskala in die Regressionsanalyse eingebracht und die multiple Korrelation errechnet. Die Skala intellektueller Fähigkeiten und die nonverbale Skala wurden nicht mit eingegeben, da sie aus den anderen Skalen bzw. Untertests zusammengesetzt sind und daher inhaltlich abhängig sind. Die Ergebnisse sind in Tabelle 7 dargestellt. Alle aufgeführten multiplen Korrelationen sind hoch signifikant (p<.01); sie liegen jedoch nicht deutlich über den höchsten Einzelkorrelationen (vgl. Tab.6). Am stärksten lässt sich die Skala der 94 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up Gesamtintelligenz des K-TIM von den K-ABC Ergebnissen zu Behandlungsende vorhersagen (fast 50% aufgeklärte Varianz, gegenüber 1/3 aufgeklärte Varianz von den K-ABC Ergebnissen zu Behandlungsbeginn). Es ergibt sich auch auf der Skala fluider Intelligenz und kristalliner Intelligenz höhere Zusammenhänge mit den K-ABC Ergebnissen zu Behandlungsende als zu Behandlungsbeginn. Tabelle 8: Hierarchische Regression mit dem Forward Einschluss-Kriterium Kriterium Prädiktoren K-TIM Behandlungsbeginn (K-ABC): Skala fluider Skala ganzheitlichen Denkens Intelligenz Behandlungsende (K-ABC): R RQuadrat Korr. RQuadrat .52 .27 .26 .57 .33 .31 .58 .34 .32 .71 .51 .50 .61 .37 .35 .69 .48 .47 Skala ganzheitlichen Denkens K-TIM Behandlungsbeginn (K-ABC): Skala kristalliner Fertigkeitenskala Intelligenz Behandlungsende (K-ABC): Fertigkeitenskala K-TIM Behandlungsbeginn (K-ABC): Skala Skala ganzheitlichen Denkens Gesamtintelligenz Fertigkeitenskala Behandlungsende (K-ABC): Fertigkeitenskala Die Ergebnisse der hierarchischen Regressionsanalyse mit dem Forward Einschluss-Kriterium sind in Tabelle 8 dargestellt. Dabei wird deutlich, dass in die meisten Regressionsanalysen lediglich ein Prädiktor eingegangen ist und die beiden anderen Prädiktoren, die in die multiplen Korrelationen a priori aufgenommen wurden (siehe Tab. 7), keine bedeutsame zusätzliche Varianzaufklärung liefern. Lediglich beim K-ABC zu Behandlungsbeginn nehmen die Skala ganzheitlichen Denkens und die Fertigkeitenskala gemeinsam Einfluss auf die Skala Gesamtintelligenz des K-TIM. Beim K-ABC zu Behandlungsende hat nur die Fertigkeitenskala einen bedeutsamen Einfluss auf die Skala Gesamtintelligenz (47% aufgeklärte Varianz). Zur Vorhersage der Skala fluider Intelligenz eignet sich ausschließlich die Skala ganzheitlichen Denkens, zur Vorhersage der Skala kristalliner Intelligenz die Fertigkeitenskala. 95 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up Diskussion Ziel der vorliegenden Analyse war die Untersuchung der intellektuellen Leistungsfähigkeit von Jugendlichen im Alter von 16-22 Jahren, die als Kinder aufgrund einer ADHS multimodal in der KAMT-Studie behandelt worden sind. Dabei sollte erstens die aktuelle Intelligenzleistung und das Intelligenzprofil der Jugendlichen im Vergleich zur Normstichprobe unter Berücksichtigung der Effekte von Alter, Geschlecht und besuchter Schulform querschnittlich überprüft werden. Zweitens sollten längsschnittlich die Zusammenhänge zwischen den Intelligenzergebnissen zu Behandlungsbeginn und -ende der Intensivtherapie einerseits und den aktuellen Intelligenzergebnissen andererseits analysiert werden. Die querschnittlichen Ergebnisse zeigen hypothesenkonform insgesamt eine im unteren Durchschnittsbereich liegende Leistungsfähigkeit (SW 91). Damit werden die Ergebnisse der Meta-Analyse von Frazier und Mitarbeitern (15) für Kinder und Jugendliche mit ADHS und die Ergebnisse der Studie von Biederman und Mitarbeitern (4) für junge Erwachsene auch für diese Stichprobe von Jugendlichen repliziert, die als Kinder die Diagnose einer ADHS hatten. In der vorliegenden Stichprobe haben die Jugendliche zwar noch erhöhte Verhaltensauffälligkeiten im Vergleich zur Norm, doch liegt bei der Mehrzahl der ehemaligen Patienten keine ausgeprägte ADHS mehr vor. Auch die Unterskalen (fluide und kristalline Intelligenz) liegen im (unteren) Durchschnittsbereich, wobei erwartungsgemäß die fluide Intelligenz hoch signifikant stärker ausgeprägt ist als die kristalline Intelligenz. Damit zeigt sich, dass diese Gruppe eine stärkere Leistung in der Lösung neuartiger Probleme und im induktiven, deduktiven und analytischen Denken, der Klassifizierung, Konzeptbildung und Flexibilität hat, als in dem Produkt früherer Problemlösungen, die abhängig von Wissen, der Akkulturation und den Auseinandersetzung mit der Umwelt sind. Es konnte –ebenfalls hypothesenkonform - gezeigt werden, dass das zur Norm schwächere Ergebnis in der Skala fluider Intelligenz zum größeren Teil durch die geringe Schulbildung der KAMT-Stichprobe erklärt werden kann. Das zur Norm schwächere Ergebnis in der Skala kristalliner Intelligenz kann jedoch nicht alleine dadurch erklärt werden, sodass anzunehmen ist, dass die früher 96 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up diagnostizierte ADHS-Symptomatik zu diesem schwächeren Ergebnis in der Skala kristalliner Intelligenz vermutlich beiträgt. Ergebnisse internationaler Studien zu höheren Auffälligkeiten in der Schulkarriere sowie zu Minderleistungen in Schulleistungstests (13, 14) stehen im Einklang mit diesen Ergebnissen, wobei diese Studie zeigt, dass solche bildungsabhängige Minderleistungen (die mit kristalliner Intelligenz korrespondieren) nicht ausschließlich durch geringere Schulbildung erklärbar sind. Aus der Profilinterpretation dieser Intelligenztestergebnisse ergeben sich für die Gruppe der Jugendlichen, die früher die ADHS-Diagnose erhalten hatten, folgende Arbeitshypothesen: Leistungsfördernd wirkt sich das gute hypothesenbildendededuktive Denken und Planen bei der Bearbeitung neuartiger Problemstellungen, das räumliche Vorstellungsvermögen und die Fähigkeit, unter Zeitdruck zu arbeiten aus. Leistungsmindernde Aspekte ergeben sich dagegen durch eine eher schwache verbale Konzeptbildung, den Wortschatz und die Speicherung und Abruf von Wörtern. Diese Interpretation steht im Einklang mit den Ergebnissen von Fischer und Mitarbeitern (13), die bei Jugendlichen, welche als Kinder die Diagnose einer ADHS hatten, einen verminderten Wortschatz feststellen konnten, wobei in anderen Studien, z.B. bei Drechsler und Mitarbeitern (12) keine entsprechenden Unterschiede gefunden wurden, die sich jedoch teilweise auch durch geringe Stichprobengrößen bedingt sein könnten. Bei der längsschnittlichen Betrachtung wurde die zu Behandlungsbeginn und Behandlungsende der Intensivtherapie durchgeführte K-ABC mit den Ergebnissen des K-TIM in der Katamnese herangezogen. Dabei wurde deutlich, dass sich zu Behandlungsbeginn eine Gesamtleistungsfähigkeit von SW=96 zeigte, die sich bis zum Behandlungsende auf SW=102 leicht steigerte und zur Katamnese auf einen Wert von SW=91 zurückging. Dieser Verlauf wird vermutlich durch mehrere Faktoren beeinflusst: (1) Eine leichte Steigerung der Testergebnisse zwischen Behandlungsbeginn und –ende könnte alleine aufgrund der Testwiederholung zurückzuführen sein, da es sich bei den Messungen um dasselbe Verfahren handelt. Bei der Katamnese wurde in deutlich größerem zeitlichem Abstand ein anderes Verfahren 97 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up durchgeführt, wodurch Testwiederholungseffekte vermutlich kaum einen Einfluss hatten. (2) Zudem könnten die höheren Ergebnisse in der K-ABC zu Behandlungsende auch dadurch zustande gekommen sein, dass die behandelnden Therapeuten selbst die Testung durchgeführt haben und damit optimale Testbedingungen vorlagen. Zu Behandlungsbeginn war dies ein anderer, für das Kind nicht bekannter Therapeut und auch beim Follow-up waren die Jugendlichen mit der Testleiterin allein durch den zeitlichen Abstand weniger vertraut. (3) Außerdem ließen sich im Verlauf der Intensivtherapie die ADHS-Symptomatik und die komorbide Symptomatik durch verhaltenstherapeutische und/oder durch pharmakologische Interventionen vermindern (9). Durch eine verbesserte Aufmerksamkeitsleistung könnte daher auch die Leistungsfähigkeit im Intelligenztest bei Behandlungsende günstig beeinflusst worden sein. Während zu Beginn kein Kind mit Medikation oder Verhaltenstherapie behandelt wurde, lag die Rate der medikamentös behandelten bei Behandlungsende bei 50,7%, jedoch zum Katamnesezeitpunkt nur bei 9%. Fast alle Patienten wurden bis Behandlungsende verhaltenstherapeutisch behandelt, während zum Katamnesezeitpunkt sich kein Jugendlicher mehr in psychotherapeutischer Behandlung befand. Mehrere Studien zeigen, dass eine Verbesserung kognitiver Fähigkeiten, wie beispielsweise Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsleistungen oder exekutive Funktionen unter medikamentöser Therapie möglich ist, wobei auch widersprüchliche Befunde vorliegen, Meta-Analysen jedoch mittlere Effekte auf Intelligenzleistungen nahelegen (1, 34). Damit ist nicht auszuschließen, dass die verbesserten K-ABC-Leistungen bei Behandlungsende auf den erhöhten Anteil pharmakologisch behandelter Patienten zurückzuführen ist. (4) Die Reduktion der Intelligenzleistungen im Katamnesezeitraum lässt sich nicht durch eine generelle Zunahme der Verhaltensauffälligkeiten erklären, da sich diese im Katamnesezeitraum weiter verminderten (11). Möglicherweise können sich aber die in der Therapie eingeübten spezifischen Problemlösestrategien wieder verschlechtert haben und dadurch für Minderungen der Intelligenzleistungen im Katamnesezeitpunkt verantwortlich sein. Der offensichtlich komplexe Zusammenhang von Verhaltensauffälligkeiten und Intelligenzleistungen wird in einer eigenen Publikation analysiert (33). (5) Außerdem muss berücksichtigt werden, dass zur Nachuntersuchung mit dem 98 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up K-TIM aufgrund des Alters der Probanden ein Verfahren gewählt werden musste, dem ein anderes Intelligenzmodell zugrunde liegt und das damit auch nicht die identischen intellektuellen Funktionen erfasst. Die längsschnittlichen Analysen zum Zusammenhang früher und aktueller Intelligenzleistungen zeigen – hypothesenkonform - Einzelkorrelationen über einen Zeitraum von mehr als acht Jahren, die im mittleren Bereich liegen. Den höchsten Einfluss auf die Skala Gesamtintelligenz des K-TIM zum Katamnesezeitpunkt hat die Fertigkeitenskala des K-ABC zu Behandlungsende mit fast 50% Varianzaufklärung. Dieser Zusammenhang lässt sich durch eine Hinzunahme weiterer Intelligenzskalen nicht bedeutsam steigern. Dies bedeutet, dass das Maß, wie gut die Kinder mit ADHS sich Wissen zu Behandlungsende der Intensivtherapie aneignen konnten, am stärksten die späteren Intelligenztestergebnisse im Jugendalter voraussagt. Aufgrund der Testkonstruktion der beiden Verfahren wurden die beiden Korrelationen zwischen der Skala intellektueller Fähigkeiten und der Fertigkeitenskala der K-ABC mit den Skalen kristalline und fluide Intelligenz des KTIM genauer miteinander verglichen. Vor dem Hintergrund des theoretischen Aufbaus der Skalen und der Vorbefunde zum Zusammenhang zwischen den KTIM und den K-ABC-Skalen (30) war zu erwarten, dass die Skala intellektueller Fähigkeiten der K-ABC höher mit der Skala fluider Intelligenz im K-TIM und die Fertigkeitenskala der K-ABC höher mit der Skala kristalliner Intelligenz im K-TIM korreliert. Dies konnte in der vorliegenden Untersuchung zwar von der Tendenz her bestätigt werden, die Unterschiede waren jedoch nicht signifikant. Hierbei muss die Frage offen bleiben, ob dies mit der speziellen Stichprobe ehemaliger ADHS-Patienten zu tun hat. Wie jedoch erwartet, hat die Skala ganzheitlichen Denkens des K-ABC (zu Behandlungsbeginn und -ende) den stärksten Einfluss auf die Skala fluider Intelligenz im K-TIM. Die Skala ganzheitlichen Denkens erfordert logisches Schlussfolgern und liegt damit enger am Konzept der fluiden Intelligenz. Zudem kann vermutet werden, dass das einzelheitliche Denken, das Kurzzeitgedächtnisleistungen erfordert, stärker durch Störvariablen, wie 99 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up Aufmerksamkeitsschwäche und Ablenkbarkeit beeinträchtigt wird. Störungen im Kurzzeitgedächtnis sind bei Kindern mit ADHS in mehreren Studien nachgewiesen worden (29). Die in dieser Studie gegenüber der Skala ganzheitliches Denken festgestellten verminderten Leistungen auf der Skala einzelheitlichen Denkens sowohl zu Behandlungsbeginn als auch –ende weisen in die gleiche Richtung. Die Skala kristalliner Intelligenz wiederum wird am stärksten von der Fertigkeitenskala der K-ABC vorausgesagt (zu Behandlungsbeginn und -ende). Auch dies entspricht der theoretischen Konzeption der Tests, da sowohl die Skala kristalliner Intelligenz als auch die Fertigkeitenskala von angeeignetem Wissen, Akkulturation und Auseinandersetzung mit der Umwelt abhängig sind. Damit sagt der Wissenserwerb zu Behandlungsbeginn und -ende am stärksten die Leistungsfähigkeit auf der Skala kristalliner Intelligenz etwa 8 Jahre später voraus. 100 Kapitel 4: KAMT-Studie: Intellektuelle Entwicklung im Langzeitverlauf – 8,5 Jahres Follow-up Literatur: 1. Barkley R (2006). Attention-deficit hyperactivity disorders. A Handbook for diagnosis and treatment (3rd ed). New York: Guilford 2. Barkley RA, Murphy KR, Fischer M (2008). ADHD in adults: what the science says. New York: Guilford Press 3. Biederman J, Petty CR, Fried R, Doyle AE, Spencer T, Seidman LJ, Gross L, Poetzl K, Faraone SV (2007). Stability of executive function deficits into young adult years: a prospective longitudinal follow-up study of grown up males with ADHD. Acta Psychiatrica Scandinavica. 116: 129-136 4. Biederman J, Petty CR, Ball SW, Fried R, Doyle AE, Dohen D, Henderson C, Faraone SV (2009). Are cognitive deficits in attention deficit/hyperactivity disorder related to the course of the disorder? 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Zusammenhänge (Sympt./Med.) – 8,5 Jahres Follow-up Einführung und Fragestellung Die schulische Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen mit Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) ist, wie mehrere Studien zeigen, im Vergleich zu unauffälligen Gleichaltrigen um mehr als eine Standardabweichung vermindert (5, 6). Auch bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die im Kindesalter die Diagnose einer ADHS hatten, lassen sich sowohl deutliche Auffälligkeiten in der Schulkarriere (verminderte Schulnoten, häufigere Klassenwiederholungen und Umschulungen) als auch Minderleistungen in Schulleistungstests im Vergleich zu unauffälligen Jugendlichen oder jungen Erwachsenen nachweisen, wie die Milwaukee-Study der Arbeitsgruppe um Barkley zeigt (6, 15, 16). Außerdem zeigen Kinder und Jugendliche mit ADHS sowohl im Vergleich zu Normpopulationen als auch zu den eigenen Geschwistern eine deutlich verminderte Intelligenzleistung (17). Dieser Unterschied zu einer unauffälligen Kontrollgruppe lässt sich auch noch im frühen Erwachsenenalter nachweisen (6). Die Ursachen für diese Zusammenhänge sind noch nicht endgültig geklärt. Es gibt Hinweise auf eine familiäre Assoziation zwischen IQLeistungen und anderen neuropsychologischen Funktionen sowie ADHS, jedoch scheinen die Intelligenzminderleistungen nicht hauptsächlich durch bekannte spezifische kognitive Defizite erklärbar zu sein (26). Zudem besteht ein negativer Zusammenhang zwischen der ADHS-Symptomatik und der Intelligenzleistung im Kindesalter einerseits sowie mit der weiteren Schulkariere im Jugendalter andererseits (6). Biederman et al. (7) konnten in einer 10-Jahres-Katamnese ehemaliger Patienten, bei denen im Kindesalter eine ADHS diagnostiziert wurde, zum Follow-up Zeitpunkt statistisch signifikant höhere Intelligenzleistungen in der unauffälligen Kontrollgruppe im Vergleich zu zwei klinischen Stichproben (remittierte versus persistierende ADHS) nachweisen. Zwischen den klinischen Stichproben konnten geringfügig verminderte Leistungen bei persistierender ADHS im Vergleich zu remittierter ADHS in der Gesamtintelligenz (5 IQ-Punkte), im Mosaiktest (3 IQPunkte) und im Wortschatz (6 IQ-Punkte) nachgewiesen werden. Man könnte daher erwarten, dass innerhalb einer Gruppe von Jugendlichen, die im Kindesalter 106 Kapitel 5: KAMT-Studie – Intellekt. Fähigkeiten u. Zusammenhänge (Sympt./Med.) – 8,5 Jahres Follow-up die Diagnose einer ADHS hatten, die aktuelle ADHS-Symptomatik schwach negativ mit Intelligenzleistungen korreliert (Hypothese 2 in diesem Artikel). Die ausgeprägten Kurzzeiteffekte medikamentöser Behandlung auf das Verhalten sind gut belegt (4) und auch die im Ausmaß geringeren Effekte auf die schulische Leistungsfähigkeit und weitere neuropsychologische Leistungsparameter sind in mehreren Studien nachgewiesen worden, während die Kurzzeiteffekte auf Intelligenzleistungen umstritten sind (5). Unklar sind weiterhin die Langzeiteffekte einer solchen Therapie, sowohl auf das Verhalten als auch auf die kognitive Leistungsfähigkeit und den Schulerfolg. So konnten beispielsweise in der MTAStudie nur minimale Langzeiteffekte der Medikation auf die Symptomatik im Vergleich zu alternativer Behandlung gesichert werden (23). Allerdings haben solche Studien mit erheblichen methodischen Problemen zu kämpfen, vor allem mit dem Umstand, dass hier nur noch der Verlauf in den naturalistischen Gruppen untersucht werden kann (3). Auch in der KAMT-Studie ließen sich bei Patienten, die mehr als ein Jahr Medikation erhalten haben im Vergleich zu Patienten, die gar nicht oder kürzer medikamentös behandelt wurden, keine stärkeren Effekte auf das Verhalten nachweisen (14). Die vorliegende Analyse wird im Rahmen der Kölner Adaptiven Multimodalen Therapie-Studie (KAMT) durchgeführt, deren Ziel die Überprüfung der kurzfristigen und langfristigen Effekte einer im Grundschulalter durchgeführten multimodalen (d.h. medikamentös und/oder verhaltenstherapeutisch ausgerichteten) Behandlung von Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) ist (10). Es zeigten sich in der Intensivbehandlung große Effektstärken auf verschiedenen Parametern zur ADHS-Symptomatik im Eltern- und Lehrerurteil. Die Daten dieses Artikels beziehen sich auf die 8,5-Jahres-Katamnese. In einem gesonderten Artikel (25) wurde bereits die aktuelle Leistungsfähigkeit der Jugendlichen in der 8,5-Jahres- Katamnese differenziert dargestellt und Zusammenhänge zwischen früheren Intelligenzergebnissen zu Behandlungsbeginn und -ende der Intensivtherapie einerseits und den aktuellen Intelligenzergebnissen andererseits analysiert. Dabei zeigte sich eine Gesamtleistungsfähigkeit im unteren Durchschnittsbereich (SW 91). Auch die Skalen fluider (SW 94) und kristalliner Intelligenz (SW 89) lagen im (unteren) Durchschnittsbereich, wobei erwartungsgemäß die fluide Intelligenz hoch 107 Kapitel 5: KAMT-Studie – Intellekt. Fähigkeiten u. Zusammenhänge (Sympt./Med.) – 8,5 Jahres Follow-up signifikant stärker ausgeprägt war als die kristalline Intelligenz. Es konnte durch den Vergleich mit einer nach Alter, Geschlecht und Schulbildung gewichteten Normgruppe gezeigt werden, dass das zur Norm schwächere Ergebnis auf der Skala fluider Intelligenz weitgehend durch die geringe Schulbildung der KAMTStichprobe erklärt werden kann. Das zur Norm schwächere Ergebnis auf der Skala kristalliner Intelligenz konnte jedoch nicht alleine durch die geringere Schulbildung erklärt werden, sodass anzunehmen ist, dass die früher diagnostizierte ADHSSymptomatik zu diesem schwächeren Ergebnis in der Skala kristalliner Intelligenz beigetragen hat. Bei der Analyse des längsschnittlichen Verlaufs der Intelligenz in der KAMT-Studie zeigte sich zu Behandlungsbeginn eine intellektuelle Leistungsfähigkeit im Durchschnittsbereich (K-ABC: SW 96). Dabei war die Skala ganzheitlichen Denkens (SW 98) signifikant stärker ausgeprägt als die Skala einzelheitlichen Denkens (SW 93). Bei Beendigung der Intensivtherapie konnte die intellektuelle Leistungsfähigkeit auf allen Skalen bis zu sieben SW-Punkten gesteigert werden, wobei die Differenz zwischen einzelheitlichem und ganzheitlichem Denken bestehen blieb. Im Jugendalter ergaben sich Werte im (unteren) Durchschnittsbereich (K-TIM: SW 91). Die längsschnittlichen Analysen zum Zusammenhang früher und aktueller Intelligenzleistungen zeigten Einzelkorrelationen über einen Zeitraum von mehr als acht Jahren, die im mittleren Bereich liegen (25). Ziel der vorliegenden Analyse ist die Untersuchung der Zusammenhänge der intellektuellen Leistungsfähigkeit zum Katamnese-Zeitpunkt mit der aktuellen ADHS-Symptomatik und komorbider Symptomatik sowie mit bisher durchgeführter medikamentöser Therapie. Diese Analysen werden mit den Daten der 8,5-JahresKatamnese der KAMT-Stichprobe durchgeführt. Dabei sollen folgende Hypothesen überprüft werden: (1) Jugendliche, die länger als ein Jahr medikamentös mit Methylphenidat behandelt wurden, unterscheiden sich in ihren Intelligenzleistungen nicht von Jugendlichen, die keine oder eine kürzere medikamentöse Therapie erhalten haben. Für diese Hypothese sprechen sowohl die Langzeitergebnisse der MTA-Studie als auch die der KAMT-Studie zu den Verhaltensparametern. 108 Kapitel 5: KAMT-Studie – Intellekt. Fähigkeiten u. Zusammenhänge (Sympt./Med.) – 8,5 Jahres Follow-up (2) Die aktuelle ADHS-Symptomatik korreliert mit der aktuellen Intelligenzleistung signifikant negativ. Zusätzlich soll explorativ untersucht werden, welchen Einfluss die aktuelle komorbide Symptomatik und globale klinische Einschätzungen zur psychosozialen Anpassung und zur weiteren Prognose auf die Intelligenzleistung haben. Es könnte davon ausgegangen werden, dass auch die komorbide Symptomatik negativ mit der Intelligenzleistung korreliert, da eine komorbide Symptomatik den Verlauf generell negativ beeinflusst (5). Messinstrumente Zum Follow-up-Zeitpunkt wurden folgende Daten erhoben: Klinisches Interview. Mit allen 75 Patienten der Ausgangsstichprobe wurde ein für diese Studie entwickeltes persönliches oder telefonisches halbstrukturiertes Interview durchgeführt, in dem vielfältige Informationen zu Schulentwicklung, Familie, Verlauf in der Katamnese, aktuelle Beschwerden und Symptomatik erhoben wurde. Es wurden keine Informationen zu den Gütekriterien dieses Verfahren berechnet. Aktuelle expansive Symptomatik in der Familie und in der Schule. Nach der Erhebung von Informationen zur Symptomatik in der Familie, in der Schule /am Arbeitsplatz und während der Freizeit anhand eines halbstrukturierten Interviews, wurde von den Untersuchern (Diplom Psychologen) nach Erfassung aller Untersuchungsergebnisse im Team eine klinische Einschätzung darüber abgegeben, wie ausgeprägt die aktuelle expansive Symptomatik in der Familie (4 Items, Cronbach Alpha = .72) und in der Schule / Arbeitsplatz (3 Items, Cronbach Alpha = .61) ist. Standardisierte Verhaltensbeobachtung. Zur Einschätzung des Leistungsverhaltens während der Testung mit dem Intelligenztest wurde von der Untersucherin (Erstautorin dieses Artikels) der Beurteilungsbogen: Verhalten während der Untersuchung (VWU in Döpfner und Mitarbeiter, 11) ausgefüllt mit den Subskalen VWU-ADHS-Symptome (3 Items, Cronbach Alpha = .77) und VWU-emotionale und oppositionelle Auffälligkeiten (7 Items, Cronbach Alpha = .76). 109 Kapitel 5: KAMT-Studie – Intellekt. Fähigkeiten u. Zusammenhänge (Sympt./Med.) – 8,5 Jahres Follow-up Intelligenzdiagnostik. In der KAMT-Studie wurde zu Behandlungsbeginn und – ende die K-ABC (Kaufman Assessment Battery for Children; 21) durchgeführt. Da die K-ABC nur bis zum Alter von 12;5 Jahren durchzuführen ist, wurde für die 8,5 Jahres-Katamnese der Kaufman – Test zur Intelligenzmessung für Jugendliche und Erwachsene (K-TIM, 22) verwendet. Er ist die deutschsprachige Fassung des Kaufman Adolescent and Adult Intelligence Test (KAIT, 19). Es handelt sich um einen individuell durchzuführenden differentiellen Intelligenztest für die Altersspanne von 11 bis über 85 Jahren. Neben der Skala Gesamtintelligenz besteht er aus zwei getrennten Skalen, die aus jeweils vier Untertests zusammengesetzt sind: fluide Intelligenz (Untertests: Symbole Lernen, Logische Denkschritte, Zeichen Entschlüsseln und Figurales Gedächtnis) und kristalline Intelligenz (Untertests Worträtsel, Auditives Verständnis, Doppelte Bedeutungen und Persönlichkeiten). Zwei zusätzliche Untertests erfassen das verzögerte Erinnern (Symbole - Abruf nach Intervall; Auditives Verständnis - Abruf nach Intervall). Die Skala fluide Intelligenz erfasst die Fähigkeit, neuartige Probleme zu lösen, wohingegen die Skala kristalline Intelligenz erworbene Konzepte misst und damit in ihrer erfolgreichen Bewältigung von Schulbildung und Akkulturation abhängig ist. Die Skalen haben sich in mehreren Studien als intern konsistent und als valide erwiesen (24). Fragebogenverfahren. Als Breitbanddiagnostikum zur Erfassung von Kompetenzen und psychischen Auffälligkeiten wurde der Elternfragebogen über das Verhalten von Kindern und Jugendlichen (CBCL/4-18), die deutsche Fassung der Child Behavior Checklist (Arbeitsgruppe Deutsche Child Behavior Checklist, 1), sowie der Fragebogen für Jugendliche, die deutsche Fassung des Youth Self Report (YSR; Arbeitsgruppe Deutsche Child Behavior Checklist, 2) verwendet. Für die vorliegende Arbeit wurden sowohl aus der CBCL als auch aus dem YSR die Skalen Aufmerksamkeitsprobleme, Dissoziales Verhalten und die Skalen Aggressives Verhalten verwendet, die durchweg hohe interne Konsistenzen zeigen (13). Aus dem Diagnostik-System für Psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter nach ICD-10 und DSM-IV (DISYPS-KJ; 9) wurden die Fremdbeurteilungsfragebogen zu Hyperkinetischen Störungen und Störung des Sozialverhaltens (FBB-HKS und FBB-SSV) sowie die entsprechenden 110 Kapitel 5: KAMT-Studie – Intellekt. Fähigkeiten u. Zusammenhänge (Sympt./Med.) – 8,5 Jahres Follow-up Selbstbeurteilungsfragebogen (SBB-HKS und SBB-SSV) verwendet, die diese Störungen entsprechend den Kriterien von ICD-10 und DSM-IV erfassen. Die Gesamtwerte zu hyperkinetischen Störungen und zu Störungen des Sozialverhaltens haben sich in mehreren Studien als intern konsistent und als valide erwiesen (12). Stichprobenbeschreibung Ausgangsstichprobe für diese Studien bildeten 75 Kinder, die im Alter zwischen sechs und zehn Jahren in die Kölner Multimodale Therapiestudie in den Jahren 1992-1998 aufgenommen worden waren. Die Kinder besuchten zum damaligen Zeitpunkt die Grundschule oder eine Sonderschule der 1. bis 4. Klasse. Das Haupteinschlusskriterium war die Diagnose „Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung / ADHS“ oder „Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens“ nach ICD 10 (vorläufige Forschungskriterien) und DSM III-R sowie eine allgemeine Grund-Intelligenz > 80. In die Stichprobe wurden fünf Mädchen und 70 Jungen aufgenommen. Das Durchschnittsalter lag bei 8;3 Jahren (Altersrange 6;4–10;7). 87% besuchten zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Studie eine Regelgrundschule, 13% eine Sonderschule (10). Nach der Diagnostik- und Beratungsphase wurde eine sequentielle multimodale Behandlung durchgeführt: zunächst wurde mit Verhaltenstherapie oder Methylphenidat-Therapie begonnen, anschließend folgten Behandlungsoptionen entsprechend Indikation (10). Alle 75 ehemaligen Patienten, die an der KAMT-Studie teilgenommen hatte, konnten zum 8,5-Jahres-Follow-up kontaktiert werden. Mit allen wurde das telefonische halbstrukturiertes Kurzinterview durchgeführt. Das Durchschnittsalter lag bei 18;3 Jahren (SD=1,6 Jahre, Spannweite=16;0-22;5 Jahre). 32% hatten den Hauptschulabschluss, 27% die mittlere Reife und 1% Fachabitur. 27% gingen noch in die Schule (6,7% besuchten die Sonderschule, der Rest überwiegend die gymnasiale Oberstufe). 8% befanden sich in einer Schule zur Nachqualifikation zum Hauptschulabschluss und 5% hatten keinen Schulabschluss erreicht. Damit zeigten bis zu diesem Zeitpunkt 13% keinen Schulabschluss nach regulärem Verlauf. 49,3% benötigten in ihrer Schulkarriere keine Klassenwiederholung, 40% 111 Kapitel 5: KAMT-Studie – Intellekt. Fähigkeiten u. Zusammenhänge (Sympt./Med.) – 8,5 Jahres Follow-up mussten eine Klasse wiederholten und 10,7% wiederholten zweimal eine Klassenstufe. 53,3% der Jugendlichen mussten nicht aufgrund von Verhaltensoder Leistungsproblemen die Schule wechseln, 29,3% mussten einmal außerplanmäßig die Schule wechseln, 12% wechselten zweimal die Schule und 5,3% mussten dreimal oder noch häufiger die Schule aufgrund von Verhaltensoder Leistungsproblemen wechseln. 61 Jugendliche waren bereit, für Untersuchungen in die Klinik zu kommen und Fragebogen auszufüllen. Zur Erfassung der ADHS-Symptomatik wurde eine Vorfassung des Fremdbeurteilungsbogen für ADHS (FBB-ADHS) und für das Selbsturteil der Selbstbeurteilungsbogen (SBB-ADHS) durchgeführt. Die Fragebogen erfassen auf einer jeweils vierstufigen Antwortskala die ADHSSymptomatik (12). Zur Charakterisierung der Stichprobe wurde als inhaltliches Kriterium ein Grenzwert von 1,0 auf der gemittelten Gesamtskala jedes Fragebogens festgelegt. Auf der Basis dieses Grenzwertes wurde der auffällige Anteil der Stichprobe errechnet (d.h. der Anteil der ehemaligen Patienten, die weiterhin im Durchschnitt jedes Item mit mehr als „ein wenig“ beurteilt haben). Danach werden im Elternurteil weiterhin 31,2% der ehemaligen Patienten als auffällig beschrieben; im Selbsturteil sind es 20,3%. Mit den 61 Jugendlichen, die an der Nachuntersuchung in der Klinik teilnahmen, konnte zudem ein Intelligenztest durchgeführt werden (Katamneseteilnehmer). 14 Jugendliche waren nicht bereit, zur Untersuchung in die Klinik zu kommen, so dass mit ihnen der Test nicht durchgeführt werden konnte (Verweigerer). Zur Überprüfung der Repräsentativität der Katamneseteilnehmer (N=61) wurde diese mit der Verweigererstichprobe (N=14) bezüglich des Kennwertes zur expansiven Symptomatik in der Familie und in der Schule (klinisches Urteil nach Interview) und des Anteils der Jugendlichen mit regulärer Schul-/Berufsqualifikation (Besuch der Regelschule, Ausbildung / Lehre / Berufsschule und Erwerbstätigkeit mit Qualifikation) verglichen. Der Vergleich zeigte, dass es insgesamt keine großen Unterschiede zwischen den Katamneseteilnehmern und den Verweigerern gab. Allerdings fallen die Katamneseteilnehmer insgesamt im klinischen Urteil durch eine von der Tendenz eher höhere expansive Symptomatik in der Schule auf (t=2,49, p<.05). 112 Kapitel 5: KAMT-Studie – Intellekt. Fähigkeiten u. Zusammenhänge (Sympt./Med.) – 8,5 Jahres Follow-up Analysemethoden Die Hypothese zur Äquivalenz der Intelligenzleistungen bei Patienten mit bzw. ohne Methylphenidatbehandlung wird anhand von Mittelwertvergleiche über tTests für unabhängige Stichproben geprüft. Da es sich um eine Äquivalenzhypothese handelt, wird das Alpha-Niveau auf p<=.20 für den t-Test angehoben, der auf Differenzen prüft. Zusätzlich wurden Effektstärken (Cohen’s d) berechnet (8). Anhand von Produkt-Moment-Korrelationen wurde der Zusammenhang zwischen Intelligenzleistungen und aktueller Symptomatik überprüft. Zur Vorhersage der aktuellen Intelligenzleistungen wurden zusätzlich multiple Regressionsanalysen durchgeführt. Ergebnisse Zusammenhang von Medikation im Langzeitverlauf und aktuelle intellektuelle Leistungsfähigkeit Es wurde der Frage nachgegangen, ob die medikamentöse Behandlung der ADHS (mit Methylphenidat) gegenüber der nicht-medikamentösen Behandlung einen Einfluss auf die Intelligenztestergebnisse zum Follow-up-Zeitpunkt hat. Hierzu wurde die Stichprobe in zwei Gruppen unterteilt: In der Gruppe "Medikation>1 Jahr" wurden alle Patienten zugeordnet, die im Verlaufe der Studie (nicht notwendigerweise in der Intensivbehandlung) durchgehend und weitestgehend compliant ein Jahr oder länger mit Methylphenidat behandelt wurden. In der Gruppe "Medikation<1 Jahr" wurden alle Patienten zugeordnet, die zu keinem Zeitpunkt oder weniger als 1 Jahr mit Methylphenidat behandelt wurden. Es gab einige Patienten, bei denen die Medikation mehrere Monate erprobt, aufgrund nicht eindeutiger Wirkung jedoch wieder abgesetzt wurde. Es schien sinnvoll, diese Patienten der medikamentös unbehandelten Gruppe zuzuordnen und jener Gruppe gegenüberzustellen, die mindestens ein Jahr wirkungsvoll mit Methylphenidat behandelt wurden. Da sich die beiden Gruppen in der Ausgangsstichprobe der 6- bis 10-Jährigen bzgl. der Intelligenz, gemessen mit der K-ABC, nicht signifikant unterschieden, wurde die früher gemessene Intelligenz nicht als Kovariate in diese Rechnung mit einbezogen. 113 Kapitel 5: KAMT-Studie – Intellekt. Fähigkeiten u. Zusammenhänge (Sympt./Med.) – 8,5 Jahres Follow-up In der Tabelle 1 sind die Intelligenztestergebnisse der 8,5-Jahres-Follow-up Stichprobe (N=61) auf Untertest- und Skalenwertebene dargestellt, unterteilt nach der Gruppe „Medikation<1 Jahr“ und „Medikation>1 Jahr“. Tabelle 1: Intelligenztestergebnisse der Stichprobe N=61, auf Untertest- und Skalenwertebene, unterteilt in die Gruppen "Medikation < 1 Jahr" und "Medikation > 1 Jahr" Medikation N < 1 Jahr 30 SWMittelwert 6,57 > 1 Jahr 31 7,71 2,21 < 1 Jahr 30 7,87 2,22 > 1 Jahr 31 8,77 2,00 SK UT3 Logische < 1 Jahr 30 9,33 3,16 Denkschritte > 1 Jahr 31 10,45 2,78 SK UT4 Auditives < 1 Jahr 30 8,10 2,62 Verständnis > 1 Jahr 31 8,45 2,29 < 1 Jahr 30 8,03 2,65 > 1 Jahr 31 10,03 2,75 < 1 Jahr 30 8,23 2,45 > 1 Jahr 31 8,77 2,72 < 1 Jahr 30 7,50 2,21 > 1 Jahr 31 8,32 2,23 < 1 Jahr 30 8,43 2,56 > 1 Jahr 31 8,58 2,88 < 1 Jahr 30 9,43 2,78 > 1 Jahr 31 8,65 2,39 < 1 Jahr 30 9,07 2,68 > 1 Jahr 31 9,52 1,61 < 1 Jahr 30 91,83 13,09 > 1 Jahr 31 96,48 10,66 < 1 Jahr 30 87,73 11,71 > 1 Jahr 31 91,10 10,94 < 1 Jahr 30 88,67 11,66 > 1 Jahr 31 93,00 10,52 K-TIM Skalen SK UT1 Worträtsel SK UT2 Symbole Lernen SK UT5 Zeichen Entschlüsseln SK UT6 Doppelte Bedeutungen SK UT7 Symbole – Abruf nach Intervall SK UT8 Audit.Verst.Abruf n. Intervall SK UT9 Figurales Gedächtnis SK UT10 Persönlichkeiten Skala fluider Intelligenz Skala kristalliner Intelligenz Skala Gesamt-Intelligenz 114 sd 3,17 p Effektstärke d ,107 0,42 ,098 0,50 ,147 0,38 ,579 0,14 ,005 0,74 ,418 0,21 ,153 0,37 ,834 0,06 ,239 -0,30 ,428 0,23 ,133 0,39 ,251 0,30 ,133 0,39 Kapitel 5: KAMT-Studie – Intellekt. Fähigkeiten u. Zusammenhänge (Sympt./Med.) – 8,5 Jahres Follow-up Auf Skalenebene wird die Gleichheitshypothese für die beiden Skalen "Gesamtintelligenz" und "fluide Intelligenz" auf p < 0,20 verworfen. Die Effektstärken liegen bei d=0.39 für beide Skalen und weisen damit auf einen geringen Effekt hin, wobei die Gruppe "Medikation>1 Jahr" höhere Werte erzielt. Auf Untertestebene wird die Gleichheitshypothese für die Untertests "Worträtsel", "Symbole Lernen", "Logische Denkschritte", "Zeichen Entschlüsseln" und "Symbole - Abruf nach Intervall" ebenfalls verworfen, wobei die Effektstärken zwischen d= 0,37 und 0,74 variieren und damit auf geringe bis mittlere Effekte hinweisen zugunsten der Gruppe, die länger als ein Jahr mit Medikation behandelt wurde. Bivariate Zusammenhänge zwischen Verhaltensbeurteilungen und Intelligenzleistungen. Tabelle 2 zeigt die Einzelkorrelation zwischen den Variablen zur Erfassung von ADHS-Symptomatik, von komorbider Symptomatik und globaler klinischen Einschätzungen auf der einen Seite und den drei Hauptskalen des K-TIM auf der anderen Seite. Bei den Zusammenhängen zwischen ADHS-Symptomatik und Intelligenzleistungen zeigt sich, dass die meisten Variablen nur sehr geringe Korrelationen aufweisen, die nicht signifikant sind. Alleine die VWU-ADHS zeigt signifikante Korrelationen zu den Intelligenzskalen. Dies bedeutet, dass Jugendliche, die im klinischen Urteil während der Untersuchung insgesamt als auffälliger in der ADHS-Symptomatik beurteilt wurden, schwächere Intelligenztestergebnisse zeigten. Bei den Fremd- und Selbstbeurteilungen der ADHS-Symptomatik in den Fragebogenverfahren lassen sich diese Zusammenhänge nicht nachweisen. In einem zweiten Schritt wurden nun die Variablen berechnet, die die expansive und internale Komorbidität erfassen. Auch hier konnte kein Fragebogenergebnis (sowohl Selbst- als auch Fremdeinschätzung) zur Erklärung des Intelligenztestergebnisses beitragen. Die Verhaltensbeurteilung im VWUemotionale und oppositionelle Auffälligkeiten (VWU-EMO/OPP) zeigt jedoch hoch signifikante Korrelationen zu den Intelligenzskalen mit Werten zwischen r = -.47 115 Kapitel 5: KAMT-Studie – Intellekt. Fähigkeiten u. Zusammenhänge (Sympt./Med.) – 8,5 Jahres Follow-up und r = -.57 und damit einen negativen Zusammenhang zwischen emotionalen und oppositionellen Verhaltensauffälligkeiten während der Untersuchung und der aktuell gezeigten Intelligenztestleistungen. Tabelle 2: Bivariate Korrelationen zwischen Verhaltensbeurteilungen und Intelligenzleistungen Verhaltensbeurteilungen Skala fluider Intelligenz Skala kristalliner Intelligenz Skala GesamtIntelligenz -.33** -.09 -.12 -.05 -.06 -.26* -.11 -.11 -.09 -.04 -.33** -.11 -.12 -.08 -.06 -.55** -.10 -.47** -.13 -.57** -.13 .03 .16 .10 -.00 .09 -.18 -.11 -.08 -.01 -.22 -.07 -.04 .04 -.22 -.10 • Klinisches Urteil –Expansives Verhalten in der Familie (aktuell) (N=61) -.31* -.28* -.33** • Klinisches Urteil –Expansives Verhalten in der Schule (aktuell) (N=58) -.25 -.30* -.31* • Straftaten (Häufigkeit) (N=61) -.29* -.28* -.32* • Psychosoziale Anpassung (N=61) -.20 -.23 • Prognose Gesamtentwicklung (N=61) -.16 -.20 -.18 ADHS-Symptomatik (N=57) • VWU-ADHS • CBCL – Aufmerksamkeitsskala • YSR – Aufmerksamkeitsskala • FBB-ADHS (Total score) • SBB-ADHS (Total score) Expansive und internale Symptomatik • VWU-EMO/OPP (N=61) • CBCL – Expansive Symptomatik (N=60) • CBCL – Introversive Symptomatik (N=60) • YSR – Expansive Symptomatik (N=60) • YSR – Introversive Symptomatik (N=60) • FBB-SSV (Total score) (N=58) • SBB-SSV (Total score) (N=61) Klinische Globalbeurteilungen -.19 ** sign. p<.01 * sign. p<.05 Weiterhin ergeben sich signifikant negative Zusammenhänge mit dem klinischen Urteil über expansives Verhalten in der Familie. Ähnliche negative Zusammenhänge zeigen sich beim Klinischen Urteil über expansives Verhalten in der Schule mit der Skala kristalliner Intelligenz und der Skala Gesamtintelligenz. Dies bedeutet, dass Jugendliche, die im klinischen Urteil insgesamt als höher 116 Kapitel 5: KAMT-Studie – Intellekt. Fähigkeiten u. Zusammenhänge (Sympt./Med.) – 8,5 Jahres Follow-up auffällig beurteilt werden, schwächere Intelligenztestergebnisse zeigten. Weitere negative Zusammenhänge zeigen sich mit der Häufigkeit der Straftaten. Die Jugendlichen, die mehr Straftagen angaben, zeigten schwächere Leistungen in den Intelligenztestergebnissen. In einem dritten Schritt wurden die bivariaten Korrelationen mit dem klinischen Gesamturteil zur Psychosozialen Anpassung und zur Prognose Gesamtentwicklung gerechnet (siehe Tab. 2). Hierbei ergaben sich keine signifikanten Zusammenhänge. In Tabelle 3 sind die quadrierten korrigierten multiplen Korrelationen zwischen den Verhaltensbeurteilungen und Intelligenzleistungen dargestellt, wenn alle Verhaltensparameter gleichzeitig berücksichtigt werden, sowie die Ergebnisse der schrittweisen Regressionsanalysen, in die nur Variablen als Prädiktoren aufgenommen werden, die statistisch bedeutsam sind. 2 Tabelle 3: Quadrierte korrigierte multiple Korrelationen (R korr) zwischen Verhaltensbeurteilungen und Intelligenzleistungen und Ergebnisse der schrittweisen Regressionsanalysen Verhaltensbeurteilungen Multiple Korrelationen mit allen fünf Variablen zur Erfassung der ADHS-Symptomatik Schrittweise Selektion bei ADHSVariablen: Multiple Korrelation (ausgewählte Variablen) Multiple Korrelationen mit allen 10 Variablen zur Erfassung der expansiven und internalen Symptomatik. Schrittweise Selektion bei Variablen zur Erfassung der expansiven und internalen Symptomatik: Multiple Korrelation (ausgewählte Variablen) Multiple Korrelationen mit allen 17 Variablen Schrittweise Selektion bei allen Variablen Skala fluider Intelligenz .057 Skala kristalliner Intelligenz .006 Skala GesamtIntelligenz .057 .091* .052* .090* (VWU-ADHS) (VWU-ADHS) (VWU-ADHS) .215* .167* .246* .277** .208** .302 (VWUEMO/OPP) (VWUEMO/OPP) (VWUEMO/OPP) .182 .064 .185 .277** .208** .302** (VWUEMO/OPP) (VWUEMO/OPP) (VWUEMO/OPP) * p<.05 ** p<.01 117 Kapitel 5: KAMT-Studie – Intellekt. Fähigkeiten u. Zusammenhänge (Sympt./Med.) – 8,5 Jahres Follow-up Es ist Tabelle 3 zu entnehmen, dass die aufgeklärte Varianz der Intelligenztestergebnisse durch die aktuelle ADHS-Symptomatik insgesamt statistisch nicht signifikant und auch von der Höhe her unbedeutend ist (R2korr =.057). Werden in die Regressionsanalyse nur jene Parameter schrittweise eingefügt, die eine bedeutsame Varianzaufklärung leisten können, ergeben sich auch bei Betrachtung der minderungskorrigierten Varianz insgesamt signifikante Ergebnisse. Die Zusammenhänge sind jedoch weiterhin nicht groß und liegen zwischen 5 und gut 9% Varianzaufklärung. Als einzige Einflussvariable ergibt sich bei diesem Vorgehen auf allen Intelligenzskalen die Skala zur Erfassung der ADHS-Symptomatik aus dem Beurteilungsbogen: Verhalten während der Untersuchung (VWU). Da bei den multiplen Korrelationen eine stärkere Minderungskorrektur erfolgt als bei den Einzelkorrelationen fallen die Varianzaufklärungen bei den schrittweisen Selektionen sogar höher aus als bei multiplen Korrelationen. Die aufgeklärte Varianz der Intelligenztestergebnisse durch die aktuelle komorbide Symptomatik liegt zwischen 16% und knapp 25%. Bei schrittweiser Selektion der Variablen bleibt als ausgewählte Variable aus dem Beurteilungsbogen: Verhalten während der Untersuchung (VWU) die Skala der Items stehen, welche die komorbide Symptomatik erfassen (VWU- EMO/OPP: emotionale und oppositionelle Auffälligkeiten). Hierbei liegt die Varianzaufklärung zwischen 20 und 30%. Auch wenn alle 17 Variablen einbezogen werden (aktuelle ADHSSymptomatik, aktuelle komorbide Symptomatik und klinische Globalurteile) ergibt sich weder bei der multiplen Korrelation mit allen Variablen noch bei der schrittweisen Regression eine größere Varianzaufklärung. Als Einflussvariable bleibt alleine der VWU-EMO/OPP stehen. Diskussion Die vorliegende Analyse untersucht den Zusammenhang zwischen intellektuellen Leistungsfähigkeiten von Jugendlichen mit früherer ADHS-Diagnose und ihrer aktuellen ADHS-Symptomatik, ihrer komorbiden Symptomatik sowie der bisherigen medikamentösen Therapie im Rahmen der 8,5-Jahre-Katamnese der Kölner Adaptiven Multimodalen Therapiestudie (KAMT). Bislang fehlten Studien zu 118 Kapitel 5: KAMT-Studie – Intellekt. Fähigkeiten u. Zusammenhänge (Sympt./Med.) – 8,5 Jahres Follow-up dieser Fragestellung über einen solch langen Katamnesezeitraum. Dabei sollten folgende Hypothesen geklärt werden: (1) Jugendliche, die länger als ein Jahr medikamentös mit Methylphenidat behandelt wurden, unterscheiden sich in Ihren Intelligenzleistungen nicht von Jugendlichen, die keine oder eine kürzere medikamentöse Therapie erhalten haben. Diese Hypothese ließ sich nur teilweise bestätigen und zwar auf Gesamtskalenebene nur für die Skala kristalline Intelligenz. Bei den Skalen Gesamtintelligenz und fluide Intelligenz zeigten sich höhere Intelligenzleistungen bei der Gruppe der Patienten, die länger als ein Jahr mit Methylphenidat behandelt worden ist. Auf Untertestebene wird die Gleichheitshypothese für die Untertests „Worträtsel“, „Symbole Lernen“, „Logische Denkschritte“, „Zeichen Entschlüsseln“ und „Symbole – Abruf nach Intervall“ verworfen. Die höheren Leistungen in der mindestens mit einem Jahr mit Methylphenidat behandelten Gruppe erreichen Effektstärken im unteren bis mittleren Bereich. Sie könnten als ein Hinweis auf die positiven Effekte von Medikation im Bereich der exekutiven Funktionen interpretiert werden, die auch in anderen Studien belegt wurden (vgl. Konrad et al., 2004). Bei inhaltlicher Betrachtung von mehreren der signifikant unterschiedlichen Untertests gemeinsam gemessenen intellektuellen Fähigkeiten, wie sie im K-TIMHandbuch (22) vorgeschlagen werden, zeigen sich vor allem Verbesserungen bei der Effizienz des Lernens und dem hypothesenbildenden-deduktiven Denken. Insgesamt können diese Ergebnisse jedoch nur als schwacher Hinweis gewertet werden, weil lediglich die Gleichheit der Befunde nicht bestätigt werden konnte und die Effektstärken überwiegend im niedrigen Bereich liegen. Dieses Ergebnis entspricht den bisherigen unklaren Befunden zu Kurzzeiteffekten von Methylphenidat auf Intelligenzleistungen (5, 4) sowie den Langzeitergebnissen der MTA-Studie, die insgesamt nur geringe Effekte der Medikation im Vergleich zu alternativen Behandlungen auf das Verhalten im Langezeitverlauf nachweisen konnten (23). Allerdings handelt es sich in der vorliegenden Studie - wie auch in der MTA-Studie - um eine Analyse von naturalistischen Verläufen, so dass die Aussagemöglichkeiten dieser Analysen noch weiter begrenzt werden. 119 Kapitel 5: KAMT-Studie – Intellekt. Fähigkeiten u. Zusammenhänge (Sympt./Med.) – 8,5 Jahres Follow-up (2) Die zweite Hypothese, dass die aktuelle ADHS-Symptomatik schwach negativ mit der aktuellen Intelligenzleistung korreliert, konnte überwiegend nicht bestätigt werden. Zwischen den aktuellen Intelligenzleistungen und der aktuellen Beurteilung der ADHS-Symptomatik durch Eltern und ehemalige Patienten selbst konnten keine Zusammenhänge belegt werden. Allerdings zeigten sich signifikante Korrelationen im unteren Bereich zur Beurteilung der ADHSSymptomatik während der Durchführung der Intelligenzdiagnostik. Möglicherweise konnte durch die Verhaltensbeobachtung in der Untersuchungssituation eine residuale ADHS-Symptomatik differenzierter erfasst werden als durch globalere Beurteilungen von Eltern und Patienten. Außerdem darf ein engerer Zusammenhang zwischen Testleistung und Testverhalten als zu Verhalten in anderen Lebensbereichen vermutet werden. Die Befunde von Biedermann und Mitarbeitern (7), dass bei persistierender ADHS geringere Intelligenzleistungen nachweisbar sind, konnten hier somit nur bezogen auf das unmittelbare Testverhalten bestätigt werden. Zusätzlich sollte explorativ untersucht werden, welchen Einfluss die aktuelle komorbide Symptomatik und die globale klinische Einschätzungen zur psychosozialen Anpassung und zur weiteren Prognose auf die Intelligenzleistung hat. Da der Verlauf von Störungen durch komorbide Symptomatik häufig ungünstig beeinflusst wird, schien diese zusätzliche Überprüfung wichtig. Eine schwache negative Korrelation wäre daher zu erwarten. Für die von Eltern und ehemaligen Patienten und die in der Untersuchungssituation beurteilte komorbide Symptomatik (emotionale und oppositionelle Auffälligkeiten) zeigte sich jedoch ein ähnliches Bild wie bei der AHDS-Symptomatik: Es ergaben sich keine Zusammenhänge zwischen Intelligenzleistung und Beurteilung der aktuellen komorbiden Symptomatik durch Eltern und ehemalige Patienten selbst, wohl aber zwischen der Intelligenzleistung und der beobachteten komorbiden Symptomatik in der Untersuchungssituation. Dieser Zusammenhang war sogar höher als der zur ADHS-Symptomatik. Außerdem ließen sich überwiegend signifikante Korrelationen zwischen Intelligenz und klinischer Beurteilung des expansiven Verhaltens in der Familie und der Schule/Arbeitsplatz belegen. Da der klinische Beurteiler auch immer die Intelligenzdiagnostik durchgeführt hat, können wechselseitige Einflüsse von Verhaltensbeurteilung und klinischer Beurteilung der 120 Kapitel 5: KAMT-Studie – Intellekt. Fähigkeiten u. Zusammenhänge (Sympt./Med.) – 8,5 Jahres Follow-up Symptomatik in der Schule bzw. Familie jedoch nicht ausgeschlossen werden. Zudem konnte eine geringe negative Korrelation zwischen Intelligenzleistung und Straftaten gefunden werden, wodurch die Ergebnisse anderer Studien zum negativen Zusammenhang von Strafauffälligkeiten und Intelligenz auch für die Gruppe der Jugendlichen mit ehemaliger ADHS-Diagnose bestätigt werden (18). Allerdings ist dieser hier gefundene Zusammenhang sehr gering und nur auf dem 5%-Niveau abgesichert, das aufgrund der Mehrfachtestungen nur mit großer Vorsicht zu interpretieren ist. Grenzen der Studie und Ausblick Bei der KAMT-Studie besteht wie bei den meisten Längsschnittstudien das erhebliche methodische Problem, dass hier nur noch der Verlauf in den naturalistischen Gruppen untersucht werden kann. So gab es im Längsschnitt keine Zufallsverteilung mehr zwischen Behandlung mit und ohne Medikation, sodass die Aussage, inwieweit ehemalige ADHS-Patienten von Medikation in Hinsicht auf intellektuelle Leistungsfähigkeit profitieren, nur eingeschränkt möglich ist. Zusammenhänge zwischen aktueller ADHS- und komorbider Symptomatik und Intelligenzleistung konnte nur bei der beobachteten Symptomatik in der Testsituation gefunden werden. Auf keinem Fragebogenverfahren (Selbst- und Fremdurteil) zeigte sich dieser Zusammenhang. Da die Testleiterin, die die Intelligenzdiagnostik durchgeführt hat, auch das Verhalten in der Untersuchungssituation beurteilt hat, können Einflüsse auf die Verhaltensbeurteilung durch ein schwaches Intelligenztestergebnis nicht ausgeschlossen werden. Das Gleiche gilt für die klinische Beurteilung der Symptomatik in der Schule bzw. Familie. Auch hier sind wechselseitige Einflüsse von Verhaltensbeurteilung und klinischer Beurteilung möglich. Für die klinische Praxis lässt sich aus dieser Studie schlussfolgern, dass bei Jugendlichen, bei denen im Kindesalter die Diagnose ADHS gestellt worden war, keine engen Zusammenhänge zwischen der aktuellen ADHS-Symptomatik im Alltag und den Intelligenzleistungen zu erwarten sind. Allenfalls lassen sich gewisse Beziehungen zwischen der Intelligenzleistung und der beobachteten ADHS-Symptomatik in der Untersuchungssituation erkennen, wobei ein engerer Zusammenhang zu mangelnder Kooperation und oppositionellen 121 Kapitel 5: KAMT-Studie – Intellekt. Fähigkeiten u. Zusammenhänge (Sympt./Med.) – 8,5 Jahres Follow-up Verhaltenstendenzen in der Untersuchungssituation festgestellt werden konnte. Zudem gibt die Studie zwar keine starken Hinweise auf positive Einflüsse einer zeitlich begrenzten Methylphenidat-Behandlung auf die Intelligenzleistungen, wohl aber können Signale identifiziert werden, dass eher positive Effekte in einer so behandelten Gruppe zu erwarten sind. Diese lassen sich eher im Bereich der fluiden Intelligenz finden, bei der auch exekutive Funktionen eine Rolle spielen. Hinsichtlich der Langzeitverläufe von Patienten mit ADHS bleiben trotz vielfältiger empirischer Untersuchungen noch viele Fragen unbeantwortet. Weitere Studien sind daher nötig, die allerdings überwiegend nur die naturalistischen Verläufe abbilden können und daher kausale Schlussfolgerung nur eingeschränkt erlauben. Im Rahmen der KAMT-Studie werden gegenwärtig mehre Publikationen zu den Langzeitverläufen bezüglich der Symptomatik und der Auswirkungen auf das psychosozialer Funktionsniveaus vorbereitet 122 Kapitel 5: KAMT-Studie – Intellekt. Fähigkeiten u. Zusammenhänge (Sympt./Med.) – 8,5 Jahres Follow-up Literatur 1. Arbeitsgruppe Deutsche Child Behavior Checklist (1998a). Elternfragebogen über das Verhalten von Kindern und Jugendlichen; deutsche Bearbeitung der Child Behavior Checklist (CBCL/4-18). 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Manual zum Elternfragebogen über das Verhalten von Kindern und Jugendlichen, (CBCL 4-18), zum Lehrerfragebogen über das Verhalten von Kindern und Jugendlichen (TRF) und zum Fragebogen für Jugendliche (YSR). Göttingen: Hogrefe 14. Döpfner M, Wolff Metternich-Kaizman T, Schürmann S, Rademacher C, Breuer D, Lehmkuhl G (in Vorber.). Eight-year follow-up of an adaptive multimodal treatment in children with Attention Deficit Hyperactivity Disorder. 15. Fischer M, Barkley RA, Edelbrock CS, Smallish L (1990). The adolescent outcome of hyperactive children diagnosed by research criteria: II. Academic, attentional and neuropsychological status. Journal of Consulting and Clinical Psychology. 58(5): 580-588 124 Kapitel 5: KAMT-Studie – Intellekt. Fähigkeiten u. Zusammenhänge (Sympt./Med.) – 8,5 Jahres Follow-up 16. Fischer M, Barkley RA, Fletcher KE, Smallish L (1993). The adolescent outcome of hyperactive children: predictors of psychiatric, academic, social, and emotional adjustment. Journal of the American Academy of Child & Adolescent Psychiatry. 32(2): 324-332 17. Frazier TW, Demaree HA, Youngstrom EA (2004). Meta-analysis of intellectual and neuropsychological test performance in attentiondeficit/hyperactivity disorder. Neuropsychology. 18(3): 543-555 18. Isen J (2010) A meta-analytic assessment of Wechsler's PNV sign in antisocial populations. Clinical Psychology Review. 30: 423–435 19. Kaufman AS, Kaufman NL (1993). Kaufman Adolescent and Adult Intelligence Test (KAIT). Circle Pines, MN: American Guidance Service 20. Konrad K, Günther T, Hanisch C, Herpertz-Dahlmann B (2004). Differential Effects of Methylphenidate on Attentional Functions in Children With Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder. Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry. 43(2): 191-198 21. Melchers P, Preuß U (2001). Kaufman-Assessment Battery for Children (KABC). Deutschsprachige Fassung (5.Auflage). Leiden: PITS 22. Melchers P, Schürmann S, Scholten S (2006). Kaufman – Test zur Intelligenzmessung für Jugendliche und Erwachsene (K-TIM). Leiden: PITS 23. Molina BS, Hinshaw SP, Swanson JM, Arnold LE, Vitiello B, Jensen PS, Epstein JN, Hoza B, Hechtman L, Abikoff HB, Elliott GR, Greenhill LL, Newcorn JH., Wells KC, Wigal T, Gibbons RD, Hur K, Houck PR (2009). MTA at 8 Years: Prospective Follow-up of Children Treated for CombinedType ADHD in a Multisite Study. Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry. 48: 484-500 24. Schürmann S, Scholten S, Melchers P (2010). Das Kaufman-Testsystem im Jugendalter. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. 4: 273-282 125 Kapitel 5: KAMT-Studie – Intellekt. Fähigkeiten u. Zusammenhänge (Sympt./Med.) – 8,5 Jahres Follow-up 25. Schürmann S, Breuer D, Wolff Metternich-Kaizman T, Döpfner M (2011). Die Entwicklung intellektueller Fähigkeiten bei Kindern mit ADHS im Langzeitverlauf - Ergebnisse der 8,5-Jahre-Katamnese der Kölner Adaptiven Multimodalen Therapiestudie (KAMT). Zeitschrift für Neuropsychologie. 1: 720 26. Wood AC, Rijsdijk F, Johnson KA, Andreou P, Albrecht B, Arias-Vasquez A, Buitelaar JK, McLoughlin G, Rommelse NNJ, Sergeant JA, Sonuga-Barke EJS, Uebel H, van der Meere JJ, Banaschewski T, Gill M, Manor I, Miranda A, Mulas F, Oades RD, Roeyers H, Rothenberger A, Steinhausen HC, Faraone SV, Asherson P, Kuntsi J (2011). The relationship between ADHD and key cognitive phenotypes is not mediated by shared familial effects with IQ. Psychological Medicine. 41: 861–871 126 Kapitel 6: Diskussion und Zusammenfassung KAPITEL 6 Diskussion und Zusammenfassung 127 Kapitel 6: Diskussion und Zusammenfassung Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) im Kindes- und Jugendalter und deren Veränderungen unter verhaltenstherapeutischer und / oder medikamentöser Therapie, sowie deren Langzeitverlauf, wobei hier der Schwerpunkt auf die Effekte der intellektuellen Leistungsfähigkeit gelegt wird. Es konnte im Rahmen der KAMT-Studie gezeigt werden, dass sich unter einer adaptiven multimodalen Therapie von Kindern mit ADHS (Psychoedukation, Verhaltenstherapie und/oder medikamentöse Therapie) deutliche Veränderungen im Problemverhalten erzielen lassen (2). Die Ergebnisse der Intensivtherapie wurden ausführlich im Kapitel 2 dargestellt: Nach der multimodalen Therapie wird bei 40-50% der Patienten das Problemverhalten im Elternurteil als so gering eingeschätzt, dass die Diagnosekriterien eine ADHS oder eine Störung des Sozialverhaltens nicht mehr erfüllt sind. Das gleiche gilt bei 55-60% der Patienten im Lehrerurteil. Bei den Kindern, die mit dem Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten (THOP) behandelt wurden, zeigten sich im Einzelnen folgende Ergebnisse: Bei 72% reichten die Behandlungserfolge soweit aus, dass keine zusätzliche medikamentöse Therapie notwendig war. Nur 28% der Kinder wurden zusätzlich mit Methylphenidat behandelt. 50 bis 60% der Kinder, die ausschließlich mit dem Therapieprogramm THOP behandelt wurden und bei denen keine medikamentöse Behandlung durchgeführt wurde, zeigen nach dem Urteil der Eltern bei Behandlungsende nur noch geringe Auffälligkeiten; im Urteil der Lehrer lag diese Normalisierungsrate bei 35-40%. Bei Behandlungen mit Stimulanzien zeigten sich folgende Ergebnisse: Bei 82% der Kinder, die initial Stimulanzien erhielten, wurde die Behandlung anschließend mit Verhaltenstherapie kombiniert. Dies lag in der Regel daran, dass meisten nur eine Vormittagsgabe der Medikation von den Eltern gewünscht wurde und die Probleme am Nachmittag in der Familie mit verhaltenstherapeutischen Methoden behandelt werden sollten. 30-50% der Kinder, die mit Stimulanzien und Verhaltenstherapie behandelt wurden, zeigten bei Behandlungsende nur noch geringe Verhaltensauffälligkeiten in der Familie nach Elternurteil. In der Schule waren dies 60-80% nach Lehrerurteil. In der Schule zeigte sich die Kombination von Verhaltenstherapie und Stimulanzien der reinen Verhaltenstherapie überlegen. Konnten die Verhaltensprobleme mit Verhaltenstherapie nicht hinreichend vermindert werden, zeigte die zusätzliche Stimulanzientherapie 128 Kapitel 6: Diskussion und Zusammenfassung deutliche Effekte. In dieser Studie wurde im Gegensatz zu den meisten bislang vorliegenden Untersuchungen ein adaptives Design verwendet, in dem die für die klinische Praxis wichtigen Fragestellungen bearbeitet werden. Die parallel dazu in den USA durchgeführte groß angelegte MTA-Studie, die eine klassische randomisierte Kontrollgruppenstudie darstellt (11) zeigt allerdings ähnliche Ergebnisse, auch was die Rate der erfolgreich behandelten Kinder unter Bedingungen einer Kombinationsbehandlung betriff. Diese Studie ist auch als Referenzstudie für die Untersuchungen zum Langzeitverlauf von Bedeutung. Bei der 8,5-Jahres Katamnese dieser Stichprobe wurde im Jugendalter die kognitive Leistungsfähigkeit der ehemaligen Patienten untersucht. Da in der Eingangs- und Abschlussmessung der Intensivtherapie die Kaufman – Assessment Battery for Children (4, 5, 8, 9) verwendet wurde, wurde für die Katamnesestudie das Verfahren gewählt, welches altersmäßig im Kaufman-TestSystem an die K-ABC anschließt. Dieses Verfahren ist der Kaufman Adolescent and Adult Intelligence Test (KAIT, 6). Die Darstellung der Untertests und Skalen des KAIT sowie seine Übersetzung und Normierung auf den deutschsprachigen Raum (K-TIM; 10) wurde in Kapitel 3 genauer beschrieben (13). Es konnte gezeigt werden, dass die Adaptation an den deutschsprachigen Raum keine strukturellen Veränderungen des Testkonzepts zur Folge hatte. Es zeigte sich in den Untersuchungen eine sehr hohe Testreliabilität (interne Konsistenz.96 bis .98 für die Skalen; Testwiederholungskoeffizient .92). Auch die Validität des Verfahrens kann als abgesichert angesehen werden, einerseits in Hinblick auf die im Jugendalter wichtigen Entwicklungskriterien als auch hinsichtlich der Konstruktvalidität mit korrelations- und faktorenanalytischen Berechnungen. Auch die Übereinstimmungsvalidität konnte durch Korrelationsuntersuchungen mit verschiedenen anderen Testverfahren als Außenkriterium belegt werden. Somit konnte gezeigt werden, dass der K-TIM als differentieller Intelligenztest für Jugendliche und Erwachsene gut dazu geeignet ist, in der klinischen Praxis angewendet zu werden und durch seine Profilinterpretation vielfältige neuropsychologische Informationen liefern kann. Aus diesem Grunde wurde dieser Test für die Katamneseuntersuchung der KAMT-Studie verwendet. In Kapitel 4 wurde der Verlauf der intellektuellen Entwicklung der Patienten beschrieben, die in der Kindheit die Diagnose einer ADHS erhielten (14). Bei der 129 Kapitel 6: Diskussion und Zusammenfassung aktuellen Messung der kognitiven Leistungsfähigkeit mit dem K-TIM zeigte sich, dass die Gesamtleistungsfähigkeit sowie die Skalen fluider und kristalliner Intelligenz im unteren Durchschnittsbereich liegen. Dabei war die fluide Intelligenz stärker ausgeprägt ist als die kristalline Intelligenz, die stärker von Akkulturation und Schulbildung abhängig ist. Es wurde untersucht, ob das schwächere Abschneiden in den einzelnen Skalen auf Alters-, Geschlechts- oder Schulformeffekte zurückgeführt werden kann, da die Stichprobe der Katamneseuntersuchung bezüglich dieser Parameter nicht der Normpopulation entsprach. Es konnte gezeigt werden, dass die Alters- und Geschlechtseffekte diesen Unterschied nicht erklären. Unter Berücksichtigung der Schulformeffekte wurde der Unterschied auf der Skala fluider Intelligenz minimal (und nicht mehr signifikant); der Unterschied auf der Skala kristalliner Intelligenz blieb jedoch bedeutsam. Dies bedeutet, dass das schwächere Abschneiden auf der Skala fluider Intelligenz weitestgehend durch das niedrigere Schulniveau der KAMTStichprobe erklärt werden konnte. Dies erklärte jedoch nicht das noch schwächere Abschneiden auf der Skala kristalliner Intelligenz. Insofern kann vermutet werden, dass die frühere oder noch aktuell bestehende ADHS womöglich zu dem schwächeren Abschneiden auf dieser Skala beiträgt. Zusätzlich wurde untersucht, ob sich neben dem Unterschied zwischen fluider und kristalliner Intelligenz zugunsten der fluiden Intelligenz beim K-TIM auch ein typisches Intelligenzprofil bei den Jugendlichen zeigt, die in der Kindheit aufgrund einer ADHS behandelt wurden. Aus der Profilinterpretation der Gesamtgruppe ergab sich als leistungsfördernder Aspekt das gute hypothesenbildend-deduktive Denken und Planen bei der Bearbeitung neuartiger Problemstellungen, das räumliche Vorstellungsvermögen und die Fähigkeit, unter Zeitdruck zu arbeiten. Leistungsmindernd dagegen zeigten sich eine eher schwache verbale Konzeptbildung, der Wortschatz sowie die Speicherung und der Abruf von Wörtern. Weiterhin wurde in Kapitel 4 der längsschnittliche Verlauf der kognitiven Leistungsfähigkeit der Patienten dargestellt. Die kognitive Leistungsfähigkeit zu Beginn, gemessen mittels der K-ABC lag in der Skala intellektueller Fähigkeiten bei einem Standardwert von 96 und konnte zum Ende der Intensivtherapie auf 102 gesteigert werden. Die Skala fluider Intelligenz im Schnitt 8,5 Jahre später (gemessen mit dem K-TIM) lag bei einem Standardwert von 94. Das schwächere 130 Kapitel 6: Diskussion und Zusammenfassung Abschneiden zu Behandlungsbeginn und im Jugendalter bestätigen andere Studien, die zeigen, dass Kinder und Jugendliche mit ADHS sowohl im Vergleich zur Normpopulationen als auch zu den eigenen Geschwistern eine deutlich verminderte Intelligenzleistung zeigen (3). Dennoch stellt sich die Frage, wie es nach Abschluss der Intensivtherapie zu dieser Steigung der kognitiven Leistungsfähigkeit kam. Zum einen wurde Testwiederholungseffekte in Betracht gezogen, da erstens bei Behandlungsende dasselbe Verfahren angewendet wurde und auch der zeitliche Abstand wesentlich kürzer war. Zum anderen wurde diskutiert, ob durch die optimale Zusammenarbeit von Kind und Testleiter das stärkere Ergebnis zustande kommen konnte, da der Test bei Behandlungsende vom Therapeuten durchgeführt wurde. Weiterhin könnte die höhere Anzahl pharmakologisch behandelter Patienten zu Behandlungsende das Ergebnis beeinflusst haben, genauso wie die Tatsache, dass sich alle Patienten (noch) in intensiver therapeutischer Betreuung befanden, was zum Katamnesezeitpunkt nicht der Fall war. Bei den längsschnittlichen Analysen über einen Zeitraum von mehr als acht Jahren ließen sich bei den Intelligenzskalen Einzelkorrelationen feststellen, die im mittleren Bereich liegen. Dabei zeigte sich der höchste Einfluss auf die Skala Gesamtintelligenz des K-TIM zum Katamnesezeitpunkt durch die Fertigkeitenskala des K-ABC zu Behandlungsende mit fast 50% Varianzaufklärung. Durch Hinzunahme weiterer Intelligenzskalen ließ sich dieser Zusammenhang nicht bedeutsam steigern. Dies bedeutet, dass die späteren Intelligenztestergebnisse im Jugendalter am stärksten dadurch vorausgesagt werden, wie gut sich die Kinder mit ADHS zu Behandlungsende der Intensivtherapie Wissen aneignen konnten. Innerhalb dieser Längsschnittstudie wurde untersucht, inwieweit die verschiedenen Skalen der zwei Intelligenztests (K-ABC, K-TIM) auch im Langzeitverlauf entsprechend der Testkonstruktion korrelieren. Hier wurden vor allem die beiden Korrelationen zwischen der Skala intellektueller Fähigkeiten und der Fertigkeitenskala der K-ABC mit den Skalen kristalline und fluide Intelligenz des K-TIM miteinander verglichen. Aufgrund des theoretischen Aufbaus der Skalen konnte erwartet werden, dass die Skala intellektueller Fähigkeiten der KABC höher mit der Skala fluider Intelligenz im K-TIM und die Fertigkeitenskala der K-ABC höher mit der Skala kristalliner Intelligenz im K-TIM korreliert. Die gefundenen Unterschiede zwischen den Korrelationen zeigten zwar die 131 Kapitel 6: Diskussion und Zusammenfassung entsprechende Tendenz, waren jedoch nicht signifikant. Inwieweit dieses Ergebnis mit der speziellen Stichprobe ehemaliger ADHS-Patienten zu tun hat, kann nicht abschließend geklärt werden. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass die Skala ganzheitlichen Denkens des KABC (zu Behandlungsbeginn und -ende) den stärksten Einfluss auf die Skala fluider Intelligenz im K-TIM hat. Dies entspricht den Erwartungen, da die Skala ganzheitlichen Denkens logisches Schlussfolgern erfordert und damit enger am Konzept der fluiden Intelligenz liegt als die Skala einzelheitlichen Denkens. Die Skala einzelheitlichen Denkens kann stärker durch Störvariablen, wie Aufmerksamkeitsschwäche und Ablenkbarkeit beeinträchtigt werden, da diese Skala auch Kurzzeitgedächtnisleistungen erfordert. In mehreren Studien konnten Störungen im Kurzzeitgedächtnis bei Kindern mit ADHS nachgewiesen werden (12). Auch die Ergebnisse dieser Studie weisen in diese Richtung. Hier wurde eine gegenüber der Skala ganzheitliches Denken festgestellter verminderter Leistungsfähigkeit auf der Skala einzelheitlichen Denkens sowohl zu Behandlungsbeginn als auch -ende nachgewiesen. Bezogen auf die Skala kristalliner Intelligenz konnte gezeigt werden, dass sie am stärksten von der Fertigkeitenskala der K-ABC vorausgesagt wird, sowohl gemessen zu Behandlungsbeginn und als auch zu Behandlungsende. Dies entspricht den theoretischen Konzeptionen der Tests, da beide Skalen, d.h. sowohl die Skala kristalliner Intelligenz als auch die Fertigkeitenskala, sind abhängig von angeeignetem Wissen, Akkulturation und Auseinandersetzung mit der Umwelt. Damit sagt der Wissenserwerb zu Behandlungsbeginn und -ende am stärksten die Leistungsfähigkeit auf der Skala kristalliner Intelligenz etwa acht Jahre später voraus. In Kapitel 5 wurde die intellektuelle Leistungsfähigkeit der Patienten der KAMTStudie in der 8,5-Jahre-Katamnese beschrieben, in Bezug auf den Zusammenhang mit ihrer aktuellen ADHS-Symptomatik, ihrer komorbiden Symptomatik sowie der bisherigen medikamentösen Therapie (15). Die Hypothese, dass sich die Jugendlichen, die länger als ein Jahr medikamentös mit Methylphenidat behandelt wurden, sich nicht in Ihren Intelligenzleistungen von den Jugendlichen unterscheiden, die keine oder eine kürzere medikamentöse 132 Kapitel 6: Diskussion und Zusammenfassung Therapie erhalten haben, konnte nicht durchgehend bestätig werden. Diese Hypothese ließ sich auf den Gesamtskalen nur für die Skala kristalline Intelligenz bestätigen. Bei den Skalen Gesamtintelligenz und fluide Intelligenz zeigten sich dagegen höhere Intelligenzleistungen bei der Gruppe der Patienten, die länger als ein Jahr mit Methylphenidat behandelt worden ist. Auch auf Untertestebene zeigte sich ein ähnliches Bild: Hier musste die Gleichheitshypothese für die Untertests "Worträtsel", "Symbole Lernen", "Logische Denkschritte", "Zeichen Entschlüsseln" und "Symbole - Abruf nach Intervall" verworfen werden. Die erreichten Effektstärken lagen dabei im unteren bis mittleren Bereich. Die Ergebnisse wurden dahingehend interpretiert, dass sie als Hinweise auf leichte positive Effekte von Medikation im Bereich der exekutiven Funktionen angesehen werden können. Ähnliche Befunde ergaben sich auch in Studien (7). Die Untertests, in denen die länger als ein Jahr mit Methylphenidat behandelte Gruppe stärkere Ergebnisse zeigten, beziehen sich vor allem auf eine Verbesserungen bei der Effizienz des Lernens und dem hypothesenbildenden-deduktiven Denken. Da jedoch lediglich die Gleichheit der Befunde nicht bestätigt werden konnte und auch die Effektstärken eher im niedrigen Bereich liegen, müssen diese Befunde sehr vorsichtig interpretiert werden. Weiterhin wurde in dieser Studie untersucht, ob sich ein schwach negativer Zusammenhang zwischen der aktuellen Intelligenzleistung und der aktuellen ADHS-Symptomatik zeigt. Auch diese zweite Hypothese konnte überwiegend nicht bestätigt werden. Die aktuelle ADHS-Symptomatik wurde dabei sowohl anhand von Selbst- und Fremdbeurteilungsfragebogen (Eltern, ehemalige Patienten selbst) als auch während der Durchführung der Intelligenzdiagnostik beurteilt. Es zeigte sich hier lediglich ein geringer schwach negativer Zusammenhang der aktuellen Intelligenzleistung zu der beurteilten ADHSSymptomatik während der Durchführung der Intelligenzdiagnostik. Dagegen konnte kein Zusammenhang zu der aktuellen Beurteilung der ADHS-Symptomatik durch Eltern und ehemalige Patienten selbst belegt werden. Es wurde in der Interpretation vermutet, dass eine residuale ADHS- Symptomatik differenzierter in der Verhaltensbeobachtung erfasst werden konnte als durch globalere Beurteilungen von Eltern und Patienten und auch ein engerer Zusammenhang zwischen Testleistung und Testverhalten als zu Verhalten in anderen Lebensbereichen gesehen werden kann. Dennoch konnte Befunde von 133 Kapitel 6: Diskussion und Zusammenfassung Biedermann und Mitarbeitern (1), dass bei persistierender ADHS geringere Intelligenzleistungen nachweisbar sind, hier insofern nur bezogen auf das unmittelbare Testverhalten bestätigt werden. Als letzter Punkt wurde explorativ die Bedeutung der komorbiden Symptomatik (emotionale und oppositionelle Auffälligkeiten) untersucht. Da der Verlauf von Störungen durch komorbide Symptomatik häufig ungünstig beeinflusst wird, wurde eine schwach negative Korrelation erwartet. Es zeigte sich jedoch ein vergleichbares Bild wie bei der zuvor untersuchten ADHS-Symptomatik. Auch hier zeigten sich Zusammenhänge zwischen der Intelligenzleistung und der beobachteten komorbiden Symptomatik in der Untersuchungssituation, die sogar höher ausfielen als bei der ADHS-Symptomatik; aber es ergaben sich keine Zusammenhänge zwischen Intelligenzleistung und Beurteilung der aktuellen komorbiden Symptomatik durch Eltern und ehemalige Patienten selbst. Zudem ließen sich überwiegend signifikante Korrelationen zwischen Intelligenz und klinischer Beurteilung des expansiven Verhaltens in der Familie und der Schule/Arbeitsplatz belegen. Grenzen der Arbeit Einschränkungen dieser Arbeit ergeben sich einerseits durch die eher kleine Stichprobengröße in den Untersuchungen. Auch wenn ursprünglich 75 Kinder in die KAMT-Studie aufgenommen werden konnten, ergeben sich durch die Unterteilung dieser Kinder in verschieden Behandlungszweige (z.B. Medikation vs. Nicht-Medikation) deutlich kleinere Stichprobengrößen. Auch konnten zum Followup-Zeitpunkt 8,5 Jahre nach Behandlungsende zwar alle 75 Patienten kontaktiert werden, jedoch erklärten sich nur 61 Patienten bereit, auch zu einer Untersuchung in die Klinik zu kommen. Vom Design der Interventionen wurde in der KAMT-Studie mehr nach einem „stepped care“- Modell vorgegangen und damit die „natürlichen Strategien“ in der klinischen Routine abgebildet. Dadurch ergibt sich – vor allem auch im Längsschnitt – keine randomisierte Kontrollgruppen-Studie, die einen head-tohead-Vergleich ermöglicht hätte. Deshalb sind vor allem auch die Langzeitdaten dieser Arbeit naturalistische Verläufe und stellen keine Überprüfungen der Langzeiteffekte an randomisierten Gruppen dar. Die gleichen Schwierigkeiten 134 Kapitel 6: Diskussion und Zusammenfassung ergeben sich allerdings auch bei der MTA-Studie, die ebenso nach Abschluss der Intensivphase nur noch den Verlauf in naturalistischen Gruppen untersuchen kann. Aus diesen Gründen können einige Aussagen dieser Studie nur beschränkt interpretiert werden. Die für die Beantwortung dieser Fragen notwendigen randomisierten Langzeit-Kontrollgruppen-Studien sind jedoch aus ethischen Gründen nicht möglich und auch aus praktischen Gründen nicht durchführbar. Eine weitere Einschränkung der vorliegenden Arbeit besteht darin, dass bei den Längsschnittdaten die Untersuchung mittels der Intelligenztestung, die Verhaltensbeurteilung dieses Tests und die abschließende klinische Einschätzung alleine von der Autorin dieser Dissertation durchgeführt wurden. Insofern können wechselseitige Einflüsse der Daten untereinander nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Trotz dieser Begrenzungen können diese Analysen als ein weiterer Mosaikstein in der Beantwortung der Fragen zu den therapeutischen Langzeiteffekten und den Langzeitverläufen von Kindern mit ADHS gewertet werden. 135 Kapitel 6: Diskussion und Zusammenfassung Literatur: 1. Biedermann J, Petty CR, Ball SW, Fried R, Doyle AE, Cohen D, Henderson C, Faraone SV (2009). Are cognitive deficits in attention deficit/hyperactivity disorder related to the course of the disorder? A prospective controlled follow-up study of grown up boys with persistent and remitting course. Psychiatry Research. 170: 177-182 2. Döpfner M, Breuer D, Schürmann S, Wolff Metternich T, Rademacher C, Lehmkuhl G (2004). Effectiveness of an adaptive multimodal treatment in children with Attention-Deficit Hyperactivity Disorder - global outcome. European Child & Adolescent Psychiatry. 13(I): 117-129 3. Frazier TW, Demaree HA, Youngstrom EA (2004). Meta-analysis of intellectual and neuropsychological test performance in attentiondeficit/hyperactivity disorder. Neuropsychology. 18(3): 543-555 4. Kaufman AS, Kaufman NL (1983a). K-ABC administration and scoring manual. Circle Pines, MN: American Guidance Service 5. Kaufman AS, Kaufman NL (1983b). K-ABC interpretive manual. 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