20 Jahre - Bildungsstätte Steinbach
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20 Jahre - Bildungsstätte Steinbach
Foto: Manfred Kötter 26 In Feierlaune (von links): Klaus Mohr, Bärbel Feltrini, Klaus Wiesehügel, Barbara Tschirner und Willi Dzielak. Bildung, Kultur und Schabernack 20 Jahre Bildungsstätte Bei gestandenen Gewerkschaftern heißt sie kurz aber liebevoll: Steinbach. Jeder weiß sofort, was gemeint ist. Der Name des Städtchens im Vordertaunus steht für die Bildungsstätte Steinbach. Sie feierte Anfang Dezember ihr 20-jähriges Steinbach sein, gingen viele Teilnehmer nach Hause. Aber auch die Freizeit kam und kommt nicht zu kurz. Dafür, dass es viel Spaß gibt, sorgen die Gewerkschafter selbst. Einige Begebenheiten sind noch heute so manchem im Gedächtnis, wie die Grill-Party im Garten. Den Kollegen gefiel es draußen vor der „Hessenstube“ zwar super, aber etwas fehlte doch. Musik musste her. Weil die Lautsprecher aus der Bar auf die Terrasse Bestehen. D as Haus gehört zur IG Bauen-AgrarUmwelt (IG BAU) wie die Butter auf´s Brot. Tausende von Betriebsräten und Ehrenamtlichen tankten in Steinbach Kraft. Sie lernten nicht nur Wesentliches für ihre tägliche Arbeit. Außerhalb der Lehrräume sahen und spürten die Gäste im Haus: Wir haben eine stolze Geschichte, wir sind viele, und wir sind gut! Sich ihrer Handlungsfähigkeit bewusst, mit gestärktem Selbstbewusst- | Der Grundstein | Dezember 2012/Januar 2013 Bärbel Feltrini: Mitglied des Bundesvorstands „Erlebnisse, Aha-Effekte und Gespräche in der Bildungsstätte Steinbach prägen bei vielen von uns – mich eingeschlossen – unseren gewerkschaftlichen Werdegang. Hier begegnen wir uns über Branchenebenen hinweg und füllen unseren Ideen- und Wissensspeicher auf.“ nicht reichten, überlegten sie sich etwas anderes. Gewerkschafter können ja prima improvisieren. Kurzerhand fuhren sie ein Auto hinter das Haus und hatten mit dem Autoradio tolle Beschallung. Eine Art Musik – aber handgemachte – gab es auch an dem Abend, als eine Gruppe von Betriebsräten sehr knapp vor der letzten Runde in Steinbach einfiel. Gekonnt machte ein Kollege die Wirtin der „Hessenstube“ schon von Weitem auf sich aufmerksam. Mit der mitgebrachten Trompete kündigte er das Kommen der Gruppe an, die dann auch prompt noch ihre Biere bekam. Die anderen Gäste waren schon guter Stimmung und überredeten den Trompetenspieler, eine Polonaise durchs Haus anzuführen. Nicht ganz beabsichtigt diente der Teich manchem bereits als Pool. Das eine oder andere Handy blieb bei so einem unfreiwilligen Bad schon mal auf der Strecke, genauer gesagt, im schlammigen Grund. Es gab Im Fokus aber auch Situationen, in denen Gäste ganz und gar freiwillig in den Teich gestiegen sind. Sehr deutlich machte ein Kollege an einem tropischen Abend seine Sehnsucht nach Abkühlung, indem er zuvor irgendwo im Haus Schwimmflügel auftrieb und damit ausgerüstet kurzerhand abtauchte. Lohnendes Opfer Jeder Gast hat sicher seine eigenen Anekdoten, die er mit Steinbach verbindet. Seit der frühere IG BAU-Bundesvorsitzende Bruno Köbele das Haus am 7. Dezember 1992 eröffnete, haben sich unzählige lustige Kleinigkeiten ergeben. Die Einrichtung ist vor allem für die Mitglieder der IG Klaus Wiesehügel: Bundesvorsitzender „Ich bin selbst ein Kind der Bildungsarbeit unserer Gewerkschaft. Meine ersten Seminare habe ich während meiner Ausbildung zum Betonbauer besucht. Das ist jetzt auch schon über 40 Jahre her. Davon kommt meine Wertschätzung für gewerkschaftliche Bildungsarbeit.“ BAU „fast wie ein Zuhause“. So bezeichnet – stellvertretend für viele – Peter Müller aus Mülheim die Bildungsstätte. Der Betriebsratsvorsitzende der Firma VEOLIA Industrie-Reinigung gehörte 1993 zu den Teilnehmern des allerersten Seminars. Heute sagt er: „Verantwortung für andere zu übernehmen, das ist für mich dank Steinbach wichtig geworden – Bildung ist wichtig. Bildung führt zu Gerechtigkeit. In der Bildungsstätte habe ich über die Jahre bei meinen Seminaren viele Kolleginnen und Kollegen kennengelernt. Es stimmt, als Ehrenamtlicher oder Betriebsrat muss man viel Freizeit opfern, aber man bekommt das auf vielfältige Weise zurück – Klaus Mohr: Leiter der Bildungsstätte von 1998 bis 2008 „Ich wünsche mir, dass die Bildungsstätte auch in Zukunft für die Betriebsräte so etwas wie ,Heimat‘ ist, ein Ort des Erfahrungsaustausches. Es ist wichtig, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich die Teilnehmer wohlfühlen und den Wunsch haben, wiederzukommen.“ und das Schönste ist, man merkt das in Steinbach immer wieder: Du bist nicht alleine!“ Historisches Vorbild Bildung hat bei den Gewerkschaften seit jeher einen besonders hohen Stellenwert. Auf einer in der Bildungsstätte präsentierten historischen Fahne steht: „Wissen ist Macht – Bildung macht frei.“ Ein Zitat von Wilhelm Liebknecht, einer der Väter der SPD. Mit der Losung eröffnete er 1872 das Stifterfest des Dresdener Arbeitsbildungsvereins. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die Gewerkschaft ihre Bildungsarbeit rasch wie- Willi Dzielak: Leiter der Bildungsstätte bis 1997 „Die Bildungsstätte Steinbach, das war immer mein Anspruch, ist die gewerkschaftliche Heimat unserer engagiertesten Mitglieder, unserer Funktionäre und Ehrenamtlichen. Für mich ist eins klar: Eine anständige Gewerkschaft muss auch eine gute Bildungsstätte haben.“ Dezember 2012/Januar 2013 | Der Grundstein | 27 Im Fokus Iris Santoro: Betriebsratsvorsitzende Klaus Dieter Meyer: „Weiterbildung sollte in gewerkschaftlicher Hand bleiben. Durch die Seminare in Steinbach lernen wir, wie man dem Arbeitgeber gegenübertreten kann. Aber auch der Erfahrungsaustausch mit anderen Betriebsräten zeigt uns, was wir wirklich für die Praxis brauchen.“ „Die Bildungsstätte in Steinbach gehört zur IG BAU wie die Butter auf`s Brot. Ohne ,Steinbach‘ wären wir im Betrieb nicht da, wo wir jetzt sind. Durch spezielle Seminare, wie Rhetorik, lernen wir, dem Arbeitgeber ohne Scheu und selbstsicher gegenüberzutreten.“ der auf. Steinbach ist seitdem nun schon die dritte Heimstätte für die Seminarteilnehmer. Jedes Haus hat natürlich seine eigenen Geschichten, und so brachte jedes Haus auch seine eigene Generation Gewerkschafter hervor. Die damalige IG Bau-Steine-Erden baute die Emmershäuser Mühle zum Schulungsund Ferienheim um. 1963 wurde in Schwalbach/Taunus eine neue Bildungsstätte eröffnet, mit dem legendären Kaminzimmer. Doch der Komfort des Hauses war irgendwann nicht mehr zeitgemäß. Zudem wuchs der Andrang mit den Jahren, und deshalb begann man mit dem Plan des Neubaus in Steinbach. Nicht nur die Unterkunft wurde moderner, auch in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit hat sich viel getan. Das Haus der IG BAU in Steinbach lebt diesen Fortschritt. Es entspricht der „Bildungskonzeption 87“, welche die Besonderheit des gewerkschaftlichen gegenüber dem staatlichen Unterrichts betont: „Unsere Bildungsarbeit erstrebt persönliche und gesellschaftliche Veränderungen. Sie erfordert daher von den Referenten und den Seminarteilnehmern Mut zum Risiko.“ Ebenso wie diese Feststellung trägt auch das vor zwei Jahrzehnten vom früheren Bildungsstättenleiter Willi Dzielak miterarbeitete Raumkonzept mit großzügigen Seminarräumen für die verschiedensten Schulungsarten bis heute. | Der Grundstein | Dezember 2012/Januar 2013 Betriebsrat Uwe Clebos: Betriebsratsvorsitzender „Bildung heißt Wissen! In der Betriebsratsarbeit wird man von der Geschäftsleitung gefordert. Deshalb ist es wichtig, sich weiterzubilden. Nur so kann man sich auf Augenhöhe mit den Arbeitgebern auseinandersetzen. Ich wünsche der Bildungsstätte alles Gute.“ Vor elf Jahren kam das Bildungswerk Steinbach hinzu. Eine wirtschaftliche Erleichterung. Die Seminare der Betriebsräte aus den IG BAU-Branchen können so den Arbeitgebern in Rechnung gestellt werden. Für diese Veranstaltungen ist die Bildungsstätte Steinbach gewissermaßen das Heimatstadion. Dafür, dass es an nichts fehlt, sorgen die Steinbach-Beschäftigten: Von den Küchenkräften bis zu den Referenten. Sie wollen alle gute Gastgeber sein. Das ist Programm des Hauses, bekräftigt die heutige Leiterin der Bildungsstätte, Barbara Tschirner: „Wer zu uns kommt, um hier zu lernen, soll sich Bettina Koob auch wohlfühlen.“ Weitere Infos unter: www.bildungsstaette-steinbach.de Fotos: zplusz, IG BAU, Bildungsstätte Steinbach 28