Pippo Pollina im Plauener Malzhaus - Vogtland

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Pippo Pollina im Plauener Malzhaus - Vogtland
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Pippo Pollina im Plauener Malzhaus
Pippo Pollina verzaubert
im Trio das Publikum im Malzhaus Plauen. Der sizilianische Songpoet präsentiert eine
Auswahl seiner besten Lieder. Von Lucie Peetz Plauen - Etwas zurückhaltend, langsam und
zart beginnt das Konzert des Pippo Pollina Trios in der vollbesetzten Galerie des Malzhauses
Plauen. Fans erkennen die Titel "Banneri" und "Anniventi": Ein Anti-Kriegs-Lied und ein Song,
der die Gefühle eines Vaters zum jetzt erwachsenen Sohn beschreibt, der künftig seine eigenen
Wege geht. Zwischen diesen beiden Polen wird sich der Abend spannen: In seinen
sprachgewaltigen, lyrischen und metaphorischen Texten beschreibt Pollina gesellschaftskritisch
die Welt oder private Gefühle, oft beides gleichzeitig. Neulinge entdecken sofort eine weitere
Stärke dieses Musikers: Seine zum Großteil selbstverfassten Texte interpretiert der Cantautore
außergewöhnlich ausdrucksvoll mit seiner starken, intensiven Stimme, während er Gitarre oder
Piano spielt. "Guten Abend Amici di Plauen! Als wir ankamen, bin ich automatisch in den Keller
gelaufen. Ich wusste noch gar nicht, dass es hier diese schöne Galerie gibt." Zum achten Mal
spielt Pollina im Malzhaus. Beim letzten Mal, im Jahr 2011, begleitete ihn bereits Roberto
Petroli. Der vielseitig talentierte Musiker, der aus Bari stammt, begeistert das Publikum diesmal
am Saxofon, der Klarinette, dem EWI und den Keyboards. Das Trio komplettiert der Züricher
Gitarrist Max Kämmerling, ebenfalls ein Könner in seinem Metier. Multimedial hält Pippo
Pollina in seinem "Best Of"-Programm Rückschau auf seine Karriere. "Ich habe etwas sehr
Künstlerisches studiert: Jura", erzählt er verschmitzt. Die Musik war jedoch stets seine
Leidenschaft, deshalb studierte er auch klassische Gitarre und gründete mit Freunden seine
erste Band "Agricantus", von deren Auftritten Pollina ausführlich erzählt. Natürlich engagierte
sich der Palermitaner auch, sogar als Journalist, in der Anti-Mafia-Bewegung, bevor er
beschloss, seinem Zuhause den Rücken zu kehren und als Straßenmusiker durch Europa zu
reisen. Zuerst wollte er nur sechs Monate fort: "Daraus wurden zwei Jahre, drei Jahre" - und
schließlich blieb Pollina ganz in der Schweiz hängen. Pippo Pollina ist ein charmanter
Geschichtenerzähler. Er plaudert über sich und sein Leben, etwa darüber, wie der Schweizer
Musiker Linard Bardill ihn in der Luzerner Fußgängerzone spielen hörte und ihn einlud, ihn auf
seiner Tournee zu begleiten und zusammen mit ihm Lieder auf Rätoromanisch zu singen. Oder
wie er Konstantin Wecker kennenlernte und dessen erstes Konzert besuchte: "Zuerst wollte ich
nicht hingehen, ich dachte: Drei Stunden lang einem deutschen Liedermacher zuzuhören, und
ich verstehe kein Wort! Hinterher war ich total begeistert. Diese Energie! Das war eine
anthropologische Erfahrung." Von beiden Zusammenarbeiten zeigt Pollina Videosequenzen:
Einen Ausschnitt aus einer Sendung des Schweizer Fernsehens von 1987 und Szenen der
Auftritte mit Konstantin Wecker aus der Nürnberger Meistersingerhalle 1993 und dem Circus
Krone 2007. Beim anschließenden Hit "Questa Nuova Realtà" hält es das Publikum nicht mehr
auf den Sitzen. Am beeindruckendsten sind die Szenen der Zusammenarbeit mit dem
Jugend-Sinfonieorchester Zürich und Dirigent Massimiliano Matesic. "Damit habe ich mir einen
großen Traum erfüllt." Zu den Bildern im Hintergrund spielt und singt Pollina live "Signore, Da
Qui Si Domina La Valle" am Piano. Ein Lied ist schöner und bewegender als das andere.
Besonders brisant wird es, wenn Pollina humorvoll davon erzählt, wie es war, als er 1984 im
Alter von 20 Jahren von der KP zum Festival der politischen Lieder nach Ostberlin eingeladen
worden war: "Ich war sehr jung und nervös. Zur Vorbereitung habe ich fast das ganze Kapital
von Karl Marx auswendig gelernt." Keinen Schritt habe ihn seine Betreuerin aus den Augen
gelassen: "Ich öffnete die Tür und Heike war stets da - wie ein Obelisk. Heute lebt sie in Italien."
Pippo Pollina begeistert auch mit Liebesliedern wie "Ci Sarà" (Es wird sein) oder "Vorrei Dirti"
(Ich will Dir sagen). Ebenfalls zu Herzen gehen seine philosophischen Betrachtungen über das
Leben, wie in "Ancora Camminando" oder "La Luna E I Falò": "Mutter ,Courage', Vater ,Geduld',
gib mir die Kraft, schenk mir Gehör, brich mir das Brot, reich mir den Wein, öffne die Türen
meines Schicksals." Stimmungsvolle Lieder wie "Mare, Mare, Mare" oder "Oh Merci" sorgen für
die nötige Brise gute Laune. Die sorgfältig komponierten Lieder beinhalten sehr schöne
instrumentelle Parts. In Höchstform ist Roberto Petroli. Sein Saxofon- und Klarinette-Spiel ist
großartig, gefühlvoll, nuanciert, klar und präzise. Max Kämmerling spielt konzentriert und
souverän - er imponiert mit seinen Soli. Ein einzigartiges Erlebnis ist Pollinas meisterhaftes Solo
am Tamburello: "Tammurra E Vuci". "Ab Ende August mache ich zwei Jahre Konzertpause. Aber
ich freue mich, wieder zurückzukommen nach Plauen, irgendwann." Zum Abschied spielt der
Sizilianer eines seiner schönsten Lieder solo am Piano: "La Vita È Bella Così Com'è" - das Leben
ist schön, so wie es ist: Vor allem, wenn Pippo Pollina singt.
2015-04-28