Mit Walking-Bass in die Popcharts

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Mit Walking-Bass in die Popcharts
Mit Walking-Bass
in die Popcharts
Hervé Jeanne
Hervé Jeanne (sprich: „RW Schann“) war eigentlich recht
zufrieden mit seinem Leben: Als einer der gefragtesten
Jazz-Kontrabassisten Norddeutschlands konnte er sich über
mangelnde Arbeit nicht beklagen. Nebenbei frönte der
gebürtige Luxemburger und Wahl-Hannoveraner noch seinem
größten Hobby, der Fotografie, und machte sich beispielsweise
mit gelungenen Schwarz/Weiß-Portraits oder einer Vielzahl der
im BASS PROFESSOR abgelichteten Testobjekte einen Namen.
Alles hätte noch jahrelang so weitergehen können – eigentlich!
Doch dann wurde eines seiner vielen Projekte auf einmal über
Nacht zu einem Senkrechtstarter, mit dessen kometenhaften
Steilflug niemand gerechnet hatte. Roger Cicero & Band
spielen heutzutage vor ausverkauften Hallen, und nicht nur die
Single „Zieh die Schuh aus“ rangierte wochenlang ganz oben
in den Charts. Und das nicht etwa mit Pop, sondern mit einer
Swing-Bigband! Lars Lehmann traf sich mit Hervé zu einem
Gespräch über Jazz, das Freiberufler-Dasein als Bassist und
unerwartete schöne Dinge im Leben…
BP: Hallo Hervé! Ich konnte mich vor kurzem
auch deutlich durch und trägt zum eigenständigen
Lutz hat dafür ein komplettes Programm aus Jazz-
von der aberwitzigen Popularität überzeu-
und frischen Sound des Projekts bei. Und nicht
songs, aber auch Pop- und Soul-Titeln von James
gen, derer sich Roger Cicero & Band gerade
zuletzt ist Roger nun einmal ein fantastischer
Taylor oder Marvin Gaye arrangiert. Leider hat
erfreuen – das Theater am Aegi in Hannover
Sänger, der einen solchen Erfolg meiner Meinung
sich niemand um das Marketing und das Booking
platzte aus allen Nähten, ein Zusatzkonzert
nach verdient hat. Erstaunlicherweise spricht er
gekümmert, und wir haben mit der Band lediglich
ist schon gebucht. Und außerdem vertretet ihr
mit diesen Songs ziemlich alle Altersgruppen an,
zwei bis dreimal im Jahr gespielt. Eines Tages trat
Deutschland beim Grand Prix, wofür euch die
was auch wieder ein Erfolgsfaktor ist. So höre ich
Roger in Hamburg als „special guest“ bei einem
ganze Nation die Daumen drückt! Wie erklärst
immer wieder, dass selbst Kinder die CD lieben
Konzert des Pianisten Joja Wendt auf. Nach dem
du dir den phänomenalen Erfolg von Roger?
und alle Texte mitsingen!
Konzert kam Jojas Managerin auf Roger zu. Zu-
HJ: Hallo Lars! Diese Erfolgsstory ist auch für
BP: Die Band ist ja im Grunde aus zwei Projek-
sammen entwickelten sie das Konzept „Swing
uns Beteiligte unglaublich. Es sind, so glaube ich,
ten entstanden, quasi als Fusion des Quartetts
mit deutschen Texten“, holten die Songwriter
verschiedene Faktoren, die zum Erfolg führten.
After Hours mit Roger, Lutz Krajenski (p),
von Anett Louisan ins Boot, und als Band empfahl
Erstens wurde mit der Text-Thematik, also dem
Matthias Meusel (dr.), Stefan Abel (sax) und
Roger natürlich das eingespielte Salonorchester.
„auf die Schippe nehmen“ von Alltags- und Be-
dir und der „Spaß-Bigband“ Lutz Krajenskis,
Dann ging es Schlag auf Schlag: die Songwriter
ziehungssituationen, ein Nerv bei den Zuhörern
dem Salonorchester Linden-Mitte. Wie und
schrieben Lieder, die Lutz für Bigband umar-
getroffen. Endlich einmal Songtexte, bei denen
warum entstand denn die Band in der Form,
rangierte, es ging ins Studio, das Management
Schmunzeln aufkommt, und in denen sich die
wie wir sie heute kennen?
ging bei Plattenfirmen hausieren und Starwatch/
Zuhörer nicht selten wieder erkennen. Für solche
HJ: After Hours gibt es etwa seit dem Jahr 2000.
Warner hat recht schnell angebissen. In dieser Zeit
„Augenzwinker“-Texte eignet sich Swing her-
Kurz nach dessen Entstehung hat Lutz Krajenski
entwickelte sich das Konzept jedoch immer noch
vorragend. Dennoch wurde der Swing nicht ganz
Roger kennen gelernt und kam auf die Idee, eine
weiter, denn das Management und die Songwriter
puristisch aufgefasst. Es wurde z.B. nicht versucht,
kompakte Bigband mit Roger als Frontmann ins
hatten noch einige Freiräume gelassen. Es kam z.B.
bewusst den Sinatra-Sound nachzuahmen. Viele
Leben zu rufen. So wurde After Hours um sieben
nach den ersten Einspielungen einmal die Frage
der beteiligten Musiker, auch Roger, haben starke
weitere Bläser aufgestockt und hieß in dieser Form
auf, ob die Harmonik von Lutz’ Arrangements
Wurzeln in der Pop- und Soulmusik. Das scheint
tatsächlich Salonorchester Linden-Mitte. (lacht)
nicht vielleicht zu jazzlastig sei. Doch es wurde
14 B A S S P R O F E S S O R
letztlich beschlossen, Lutz und seinem Können zu
det. Bei dieser Gelegenheit möchte ich einen rie-
gelernt, indem ich jede Menge Transkriptionen
vertrauen, anstatt ihm gegen seinen Willen auf-
sigen Dank an die Fans loslassen! Auch unter den
seiner Soli und Basslinien gemacht habe. Impulse
zudrücken, die Arrangements glatter und „NDR
Bandkollegen haben wir sehr viel Spaß, sei es im
gibt mir sein Spiel immer wieder, ich brauche nur
1-kompatibler“ zu gestalten. Das war die richtige
Bandbus, im Hotel, oder bei Ausflügen. Nach einer
eine CD aufzulegen, und schon motivieren mich
Entscheidung!
Tournee brauche ich allerdings zu Hause ein paar
sein energiegeladenes Spiel und seine Virtuosität.
BP: Werbetechnisch ist der Grand Prix sicher-
Tage Ruhe und Erholung, denn erst dann macht
Damals wollte ich möglichst so spielen wie er,
lich bislang der „gößte Wurf“ für das Projekt,
sich die Anstrengung bemerkbar.
heute habe ich eine etwas andere Herangehens-
BP: Du bist seit einigen Jahren glücklich ver-
weise und ein anderes Soundideal. Trotzdem bleibt
HJ: Ja, das ist natürlich werbetechnisch noch
heiratet. Ist der berufliche Erfolg der Cicero-
er einer meiner Lieblingsbassisten!
einmal eine Riesenchance, auch wenn viele Stim-
Band nicht unter Umständen sogar eine
men sagen, Roger sei zu schade für diese Veran-
Belastungsprobe für eure Ehe, wenn du nun
staltung. Der Grand-Prix-Song ist auch tatsächlich
plötzlich so oft so lange weg bist?
oder?
BP: Kannst du diese „andere Herangehensweise“ genauer beschreiben?
HJ: Niels sagte selber: „Der Bass an sich interes-
etwas glatter als die bisherigen, finde ich. Schaden
HJ: Ja, gewissermaßen hast du recht, aber zum
siert mich nicht, ich betrachte mich als Mensch,
wird es dem Projekt jedenfalls nicht.
Glück unterstützt meine Frau meine Aktivitäten.
der Musik und nicht den Bass spielt“. Das heißt, er
BP: Erzähl uns doch etwas aus deiner Zeit als
Obwohl es sicherlich Beziehungen gibt, wo häu-
hat angestrebt – und erreicht – sich nicht von den
Freelancer vor dem großen Erfolg: Mit wem
fige Abwesenheit zu Problemen führt, kennen wir
physikalischen und technischen Grenzen, die ein
hast du beispielsweise so gespielt? Die Liste
wiederum Paare, die mit dieser Situation bestens
klobiger Kontrabass mit sich bringt, einschränken
ist ja lang…
zurechtkommen, und die nehmen wir uns als Vor-
zu lassen. Dafür hatte er zum Beispiel eine recht
HJ: Ich hatte hier und da Gigs mit Musikern wie
bild. Und heute gibt es ja glücklicherweise Handy-
tiefe Stahl-Saitenlage und einen sehr direkten und
Ack van Rooyen, Don Braden, Gene Conners
Flatrates! (lacht)
ziemlich elektrischen Ton. Vor etwa vier Jahren
oder Gitte Haenning, doch das waren immer nur
BP: Lass uns noch einmal zu deinem „frühe-
habe ich angefangen, Darmsaiten zu spielen,
Projekte, keine Zusammenarbeit auf Dauer. Außer
ren“ Leben zurückkehren: Interessant finde ich
weil mir deren punchiger und gleichzeitig samtig-
mit Bill Ramsey, mit dem spiele ich seit über zehn
ja beispielsweise, dass du stets viel Booking
natürlicher Ton gefiel. Damit kann man nun nicht
Jahren. Ich habe auch diverse eigene Projekte an-
für deine Projekte selber erledigt hast – woran
so virtuos, dafür umso besser swingig-groovig
geschoben, von 1997 bis 2001 hatte ich beispiels-
ja die meisten Bands und Musiker kranken.
spielen, finde ich. Hin und wieder fühle ich mich
weise eine Band mit der Sängerin Eva Mayerhofer
Außerdem hast du eine Zeit lang das Pro-
damit jedoch in einer Zwickmühle, weil ich auch
und der New Yorker Pianistin Sarah Jane Cion.
gramm für einen Jazzclub in Hannover zusam-
gerne mal so solieren würde, wie ich es früher auf
Ansonsten habe ich in den letzten Jahren viel mit
mengestellt, das „Marlene“…
Stahlsaiten getan habe. Deswegen bin ich auch
Lutz Krajenski, Stephan Abel und Matthias Meusel
HJ: Ja, stimmt, ich habe so eine „Organisations-
seit längerem am experimentieren mit verschiede-
– also After Hours – gespielt, und zwar Clubgigs,
Ader“. Was aber nicht bedeutet, dass ich ein
nen Saiten, um vielleicht doch einen Mittelweg zu
Festivals, Begleitung von Sängern, oder aber auch
organisierter Mensch bin, leider! (lacht) Aber es
finden. Übrigens habe ich auf meiner Webseite,
Events von großen Unternehmen.
macht mir Spaß, für eine Band, an die ich glaube,
www.hervejeanne.de, einen Part eingerichtet, in
BP: Zweifellos hat sich dein Leben durch
Zeit für die Organisation zu investieren, und dann
dem man sich Soundfiles verschiedener Kontra-
Rogers Erfolg sehr verändert – was sind die
die Früchte der Arbeit in Form von schönen Gigs
basssaiten anhören kann. Das ist sicherlich für
deutlichsten Anzeichen dafür, dass „die Uhren
zu ernten. Die Sache mit dem Club „Marlene“
viele Neugierige und Suchende auf diesem Gebiet
jetzt anders ticken“ und wie gehst du mit
war folgende: Es gab zu einem bestimmten Zeit-
sehr interessant und eine große Hilfe.
diesen veränderten Umständen um?
punkt kaum eine Spielmöglichkeit für Musiker der
BP: Welche Vorbilder außer Niels-Henning
HJ: Es ist einfach schwieriger geworden, bei ande-
hannoverschen Szene. Da habe ich diesen Klein-
ren Projekten bzw. überhaupt andere Jobs zuzu-
kunstladen gefunden und angeboten, dort eine
HJ: Niels-Henning war lange schon mein absoluter
sagen. Ich würde zwar eigentlich gerne weiterhin
Jazzreihe zu organisieren. Es war dann auch sehr
Haupteinfluss, neben Ray Brown. Andere wichtige
andere Sachen neben der Roger-Band machen,
interessant, auf der Veranstalterseite zu sein und
Vorbilder waren und sind Paul Chambers, Richard
aber wichtiger ist es mir, für die jetzige Band
zu erleben, wie sich die verschiedenen Musiker
Davis, Gary Peacock, John Patitucci, Ben Wolfe
verfügbar zu sein. Deswegen bin ich zurzeit sehr
bewerben. Doch nach fünf Jahren hatte ich keine
und am E-Bass Marcus Miller, Jaco und Alain
vorsichtig mit anderen Zusagen. Ansonsten hat
Lust mehr, abends beim gemütlichen Kochen von
Caron. Aber auch ganz andere Instrumentalisten,
sich nicht sehr viel geändert, Fanpost bekomme
Anrufen à la „Hallo, hier ist Thorsten Schmidt, und
wie Miles, Keith Jarrett oder Oscar Peterson haben
ich auch nicht mehr als früher! (lacht)
ich habe eine tolle Band, blablabla…“ gestört zu
für meine musikalische Entwicklung eine wichtige
werden.
Rolle gespielt.
BP: Empfindest du die ausgedehnten Tourneen
waren noch wichtig für dich?
als körperlich anstrengend? Wenn ja: Was tust
BP: Du hast in Hannover Jazz studiert und
BP: Gutes Stichwort: Du bist ja in erster Linie
du dagegen?
bist zudem hin und wieder zu dem inzwischen
Kontrabassist, spielst aber auch sehr gut
HJ: Ich war vor der Tour selber total gespannt,
leider verstorbenen Niels-Henning Ørsted-
E-Bass. Wie siehst du dich selbst in dieser
wie mir das Tourleben bekommt: Jeden Abend in
Pedersen nach Dänemark zum Unterricht
einer neuen Halle vor 1000 bis 3000 Menschen zu
gefahren. Was waren die wichtigsten Impulse
HJ: (lacht) Naja, der E-Bass war ja meine erste
für dich aus dieser Zeit?
große Liebe. Als ich 1991 nach Hannover zum
spielen – da war ich schon etwas aufgeregt. Aber
„Dreiecksbeziehung“?
die tolle Stimmung, die jeden Abend aufkommt,
HJ: Das ist so nicht ganz richtig: Ich habe 1995
Studium kam, war ich ein reiner E-Bassist und
die Reaktionen der Zuschauer und Fans, vor Ort
eine Diplomarbeit über Niels-Henning geschrieben
Fusion-Fan. Im Laufe des Studiums entstand mein
und im Gästebuch von Rogers Website, all das gibt
und bin zu diesem Zweck nur einmal zu ihm nach
Interesse für den Kontrabass, und als ich dann
einem einen derartigen Kick, dass man das Tourle-
Kopenhagen gefahren. Ich hatte leider nie bei ihm
einen eigenen Kontrabass besaß, dauerte es nicht
ben gar nicht als besonders anstrengend empfin-
Unterricht. Sehr wohl aber habe ich viel von ihm
mehr lange, bis die ersten Jobs kamen. Es wurden
BASS PROFESSOR
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immer mehr, dafür aber immer weniger auf dem
BP: Du hast in früheren Tagen auch viel
aber irgendwie spielt sich der Sadowsky doch
E-Bass. Parallel dazu interessierte ich mich zuneh-
unterrichtet. Wie hast du deinen Schülern das
noch leichter, fast von alleine! Beide Teile stecke
mend für akustischen Jazz und immer weniger für
Walken und das Solieren über Changes nahe
ich in einen sonderangefertigten 2-kanaligen
Fusion. Heute sehe ich mich schon in erster Linie
gebracht? Hattest du da eine Art „Standard-
Boden-Preamp mit einem 4-Band-EQ pro Kanal,
als Kontrabassist, dennoch macht es mir sehr viel
weg“, der immer Erfolg versprach?
A/B- und Mute-Switch. So etwas hatte ich auf
Spaß, hin und wieder den E-Bass auszupacken und
dabei richtig laut sein zu können.
BP: Wonach richtet es sich denn, ob du zum
Beispiel bei Roger zum Kontrabass oder zum
Am Ende sollte man alles sacken
lassen und mit dem Intrument
anfangen, etwas zu erzählen
dem Markt lange nicht gefunden. Jetzt erst habe
ich gesehen, dass EBS mit dem Microbass so etwas
Ähnliches anbietet, aber ausprobiert habe ich den
noch nicht. Mit meinem Custom-Preamp gehe
HJ: Manche Leute wünschen sich Zauberformeln,
ich direkt in die PA. Einen Amp habe ich nicht,
HJ: Das ist reine Gefühlssache – was besser passt,
um diese Dinge schnell zu beherrschen. Die
dafür aber einen eigenen Monitorweg und ich
wird gemacht! Die Latin-Nummer „Wenn sie dich
gibt es aber nicht! Dennoch habe ich eine Art
habe vollstes Vertrauen zu Ingo Schmidt, unserem
fragt“ könnte man natürlich auch auf dem Kontra-
„Standardweg“, um Walking-Bass zu vermitteln.
Tonmann, der mir immer genau das schickt, was
bass spielen, doch bei dem Stück fanden alle, dass
Darüber hatte ich ja mal für den BASS PROFES-
ich brauche, und zwar über einen Kling & Freitag-
E-Bass besser passt als Darm-Saiten-Kontrabass.
SOR einen Workshop geschrieben. Ich überlege
Monitor. Klar, beim E-Bass würde ich gerne auch
Live spiele ich auch „Mein guter Stern“ am E-Bass.
immer wieder, ob ich daraus nicht einmal ein Buch
mal den Druck einer 8x10er Ampeg-Box hinter
Lutz hat dem Titel für das Liveprogramm ein neues
machen sollte... Was das Solieren angeht, so habe
mir haben, aber das würde für den Saalsound
Gesicht gegeben, und in der neuen Version passt
ich wiederum keinen Standardweg. Es gibt 1000
nicht funktionieren, weil wir bei der jetzigen Tour
der E-Bass viel besser.
und mehr Herangehensweisen an das Solieren,
meistens in Klassikhallen oder Theatern spielen,
BP: Wie stehst du als Wandler zwischen diesen
Bücher über irgendwelche lydischen oder penta-
und da ist es so eine Sache mit der Akustik – alles
beiden Welten denn eigentlich zum Thema „E-
tonischen Konzepte, etc. Ich sage nicht, dass in
ist sehr hallig. Da würde es nur dem Gesamtsound
Bass im Jazz“ – einige Hardliner winken sofort
diesen Büchern Quatsch steht. Ich glaube nur,
schaden, wenn ich auf der Bühne einen Amp laut
ab, wenn man zur Jazzsession nicht mit einem
dass es verschiedene Wege sind, um das Vokabu-
aufdrehen würde.
Kontrabass erscheint. Allerdings gibt es auch
lar zu erweitern. Am Ende sollte man alles sacken
BP: Einen neuen E-Bass zu erwerben, ist ja in
etablierte Gegenbeispiele – wie Jeff Berlin,
lassen und mit dem Intrument anfangen, etwas zu
der Regel nicht so das Problem. Anders sieht
der noch nie einen Kontrabass eingesetzt hat,
erzählen. Wenn ich Miles Davis oder Keith Jarrett
es da allerdings bei den Kontrabässen aus.
obwohl er Jazz spielt…
höre, ergreift mich die Musik augenblicklich, es
Wie und wo erwirbt man als Kontrabassist
HJ: Ja, oder Anthony Jackson! Ich erinnere mich,
werden sofort Emotionen transportiert. Natürlich
ein neues Instrument, das vielleicht nicht
wie er beinahe wütend wurde, als ich ihm einmal
kann man deren Soli auseinanderpflücken und
gerade ein chinesisches Fabrikat aus einem
eine ähnliche Frage stellte. (lacht) Persönlich liebe
sagen „Ah, da hat er eine alterierte Skala gespielt,
ich den Jazz der 50er und 60er Jahre. Völlig klar,
und hier löst er diesen b9-Akkord auf“, aber so
HJ: Das ist wirklich ein Problem. Wenn es darum
dass ich den holzigen Sound eines Kontrabasses
haben diese Musiker in dem Moment, in dem sie
geht, das erste ordentliche Intrument zu erwer-
vorziehe, wenn ich diese Musik spiele. Aber ich
das Solo gespielt haben, bestimmt nicht gedacht!
ben, kann man immer bei Kontrabassbauern oder
höre mir auch sehr gerne Leute wie Jeff Berlin
BP: Ein großes Hobby von dir ist die Fotogra-
-händlern oder mit etwas Glück privat etwas Gutes
an, der nun einmal einfach unglaubliche Jazz-
fie. Wie kam es dazu?
für 3.000,– bis 5.000,– Euro finden. Wenn man
E-Bass greifst?
der großen Musikhäuser ist?
Sachen auf dem E-Bass spielt. Es gibt auch eine
HJ: Fotografie hat mir schon immer Spaß ge-
dann aber etwas noch Besseres will, muss man sich
ganz tolle jazzige CD von Alain Caron, nur im Trio
macht. Irgendwann brauchten Kollegen Presse-
wirklich sehr viel Zeit nehmen und zu allen mögli-
mit Geige und Akustikgitarre. Da spielt Alain auch
fotos, und fragten mich, ob ich das machen
chen Anbietern fahren, um wirklich das zu finden,
nur Fretless-Bass, obwohl er übrigens auch super
könnte. Da habe ich mit irgendwelchen Lampen
was man will. Man kann bei Kontrabass nicht wie
Kontrabass spielen kann! Auch das höre ich sehr
experimentiert und mich nach und nach immer
bei anderen Instrumenten pauschal sagen: Bässe
gerne; ein reiner Purist bin ich nicht. Es muss in den
mehr in die Materie vertieft, Bücher gelesen,
von der Firma „X“ sind toll für den Sound und
Kontext passen, und E-Bass kann in einigen Jazz-
immer mehr Equipment gekauft, usw. Eine zeit-
Bässe von „Y“ besser für den Stil. Jeder Kontrabass
Konstellationen sehr gut funktionieren!
lang verbrachte ich jede Nacht in meinem als
ist anders und es existieren ja sehr viele verschie-
BP: Hast du als eingefleischter Jazzer einen
Dunkelkammer umgestalteten Badezimmer und
dene, da sie seit Jahrhunderten gebaut werden.
Tipp für Einsteiger parat? Wie lernt man am
entwickelte bis 5 Uhr morgens Fotos. Dabei hörte
BP: Was erwartet uns von dir im Jahr 2007?
besten Jazz?
ich „Keith Jarrett Live At The Blue Note“, oder
HJ: Ich freue mich über viele weitere Gigs mit der
HJ: Viel Jazz hören und spielen! Dann würde ich
andere legendäre CDs. Das war wie eine Sucht!
Cicero-Band und werde deswegen wohl nicht
noch raten, sich zunächst darauf zu konzentrieren,
Dank der Digitaltechnik geht heute nicht mehr so
viele andere Projekte anzetteln. Vielleicht ist das
ein solider Begleiter zu sein, um gute, swingende,
viel Zeit dabei drauf, das würde ich ich auch nicht
eine gute Gelegenheit, mich mal intensiver mit
Walking-Lines zu spielen, die „in tune“ sind. Viele
mehr schaffen!
den Themen Homerecording und Komposition
wollen schon solieren, wenn sie noch gar nicht
BP: Erzähl uns doch etwas über dein Tour-
zu beschäftigen. In dem Zusammenhang würde
richtig walken können. Das bringt nichts, denn
Equipment.
ich auch gerne wieder meinen schönen alten Esh-
im Bassistenleben spielt man nun einmal mindes-
HJ: Auf Tour spiele ich meinen 3/4 Rubner Kontra-
Fretless zum Einsatz bringen – mal sehen, ob mir
tens 98% der Zeit Begleitung. Außerdem sollten
bass, der zurzeit mit Saiten der italienischen Firma
da etwas Schönes gelingt!
Jazz-Einsteiger so schnell wie möglich anfangen,
Aquila bespannt ist. Mein Tonabnehmer ist nach
das Standardrepertoire auswendig zu lernen. Man
wie vor der Balsereit. Als E-Bass spiele ich mittler-
kann erst dann Musik daraus machen, wenn man
weile wieder meinen 5-Saiter Sadowsky. Ich hatte
HJ: Ich danke dir – und natürlich allen BASS-PRO-
nicht die ganze Zeit auf ein Leadsheet starrt.
auf Tour zuerst meinen 77er Jazzbass gespielt,
FESSOR-Lesern – für das Interesse!
16 B A S S P R O F E S S O R
BP: Dann wünschen wir dir alles Gute und viel
Erfolg bei deinen Unternehmungen!

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