Vortrag Prof. Dr. Tretter - AHG Allgemeine Hospitalgesellschaft

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Vortrag Prof. Dr. Tretter - AHG Allgemeine Hospitalgesellschaft
OPTIMIERUNG DER
VERSORGUNG
ALKOHOLKRANKER
Felix Tretter
Suchtabteilung
Isar-Amper-Klinikum, Klinikum Ost
München
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PERSÖNLICHER HINTERGRUND
KH „Haar“ / München-Ost
(Bezirkskrankenhaus Haar, Isar Amper Klinikum, Klinikum München Ost
etc. ….“öffentlicher Dienst“ / kommunale Gesundheitsfürsorge…)
- Suchtabt. 4400 Pat. / Jahr
- ZAK (Zentrum f. Abhängigkeitskrankheiten u. krisen ), gegr. 2005/2006
BAS
(Bayer. Akademie f. Sucht- u. Gesundheitsfragen in Forschung u. Praxis)
-Tagung Gesundheitsökonomie 2003
-Tagung Versorgungsforschung 2006
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1,3 Mio Eiw., 2,5 Mio Eiw.
ZAK
IAK
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………..Kliniken der Stadt München, sektorale Versorgung
ÜBERSICHT
• Fragestellung
• Münchener Versorgungssystem
• Versorgungsanalyse
• Regionale Epidemiologie
• Probleme
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1. FRAGESTELLUNG
- Rationale Versorgungsanalyse u. – gestaltung -
Wie können wir wissen, welches System das
effektivste / effizienteste ist?
-
Wer gestaltet die „reale“ Versorgungsrealität ?
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2. REGIONALE VERSORGUNG
- Oktoberfest Kann ein OberbürgerMeister im Amt
bleiben, wenn er ein
Fass Alkoholfreies
anzapft?
6 Mio Mass Bier und 6 Mio Besucher => 1 Mass pro Kopf
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SUCHTABTEILUNG / BEZIRKSKRANKENHAUS HAAR
= ISAR AMPER KLINIKUM MÜNCHEN OST
...am Rande der Stadt....
- Bereich Alkohol-Haar (80 Akut-Betten, 2200 P/J)
- Bereich Alkohol-Entwöhnung (22 B, 200 P/J)
- Bereich Drogenentzug (16 B, 00 P /J)
*Mutter-Kind-Entzugs-Station (8B/ 70 P/J)
- Bereich ZAK (Alk-Krise, 20B, 700 P /J 8 TK, Ambul)
in KMS
- Bereich Substitutionsambulanzen (2x40Pl)
(mit Caritas + Prop e.V.)
ABER: Akteur im Netz => Kooperation und Konkurrenz !
=> 4000 Alkoholiker, ca. 400 Drogenabhängige / J
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Suchtkrisenzentrum ZAK:
Integrierte Versorgung für Alkoholiker
Ziel:
• Verringerung des Fluktuierens zwischen verschiedenen
Versorgern
* Möglichkeit der Frühintervention
= Verbesserung der Schnittstellen-Ökonomie (Spalten d. Pat.)
•„under cover“ in somatischer Klinik …
•Niederschwellige Entzug
•Bessere Vernetzung mit FA
Voraussetzung:
•Niederschwellige Einrichtung für suchtspezifische Spezialdiagnostik
Indikation:
- Sucht-Krise ohne Suizidalität
- keine UG-Patienten
Start: 2004 / 2005
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Pluralität aktueller Versorgungskonzepte:
– „Alternativen“, „Pluralität“ oder differenzielle Indikation - ?
- EW-Tageskliniken
- „Ambulantisierung“ – EZ (Soyka), EW (FAs)
- Kontrolliertes Trinken (Körkel et al.) – Kath. Männerfürsorge
- Integrierte Versorgung (AOK) – BKH Haar
* zentrale Rolle der Hausärzte
- Turboentzug (Kox)
* Alkoholentzug unter Narkose
- Antabus-Programme (GOAL-Krahl/IAK)
- Spezielle Probleme / Runde Tische: „rund um die Geburt“,
Jugendliche, chronifizierte mit Abbauprozessen,
AIDS+HOPS…
=> Wer stellt die Indikation ….?
=> Wissenschaftliche Ebene ?
=> Ökonomische Interessen ?
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3. VERSORGUNGSSYSTEM
Prinzipielles
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SYSTEMGESTALTUNG - AKTUELL :
Latenter Kampf der (I) Professionen – (II) Institutionen –
[(III) Kostenträger]
(I) Fachliche Ebene - „Identitätsstörungen“
-Querschnittsfach „Suchtmedizin“ stagniert ermangels Problemdruck (Mannheim?)
/ Institutionalisierung über Fach-Gesellschaften ?;
- Suchtpsychiatrie im Abgang in die „Lebensspannen-Psychiatrie“/
Regionalisierung ? Betonung der „Doppeldiagnosen“
- Ärztemangel (insbes. FAe)
- Rolle d. Suchtpsychologie nimmt – lokal different - zu, aber nur phasenweise
relevant (Dresden, Münster)
- Sozialpädagogen /Sozialtherapie/Soziotherapie/Suchttherapie weiterhin zentrale
Rolle (Masterstudiengang!)
(II) Versorgungsebene – „Identitätsstörungen“
- Partikularinteressen
- Lokale Machtverhältnisse
- Präferenzen von Entscheidungsträgern („Anerkennung“ ) auf Ebene der
Kostenträger
- Aktuelle politische Opportunitäten
- Rolle d. Wohlfahrtsverbände als Einrichtungsträger („Arztleistung einkaufen“)11
AK SUCHTVERSORGUNG (Arbeitspapier, Tagung Berlin; 2009):
BAS, , Berlin-Brandenburgische Akademie f. Suchtfragen
Felix Tretter, Thomas Kuhlmann, Gudrun Mörchen, Gudrun Richter, Johannes
Lindenmeyer
GRUNDPOSITIONEN /LEITLINIEN
A. KlientInnen-Perspektive
-als personalisierte /individualisierten Suchttherapie, ist das
Selbstverständnis des/der KonsumentInnen von grundlegender
Bedeutung für Gestaltungsfragen des Versorgungssystems.
- Dies betrifft vor allem die Veränderungsmotivation hinsichtlich des
problematischen bzw. risikobehafteten Lebensstils u. die Bereit-schaft
Hilfe zu akzeptieren, erreichen zu können bzw. zu suchen.
- eine den individuellen,spezifischen Bedarfslagen angemessene
Behandlung, Betreuung und weitere Hilfen grundsätzlich aller
Betroffenen – z. B. von Missbrauch über Polytoxikomanie, CMA,
Jugendliche und ältere Menschen, Migranten, somatisch und
psychiatrisch komorbide Patienten etc – ist sicherzustellen.
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„Ökologische Perspektive“
P-U-Relationen
Bedürfnisse / Ressourcen &
Anforderungen / Kompetenzen
DROGE
Wohungs
beschaffung, reorganisation,
Haushaltstraining
Familientherapie,
Konfliktregelung,
Angehörigenarbeit
Freizeittraining,
Kreativtherapien
Arbeitstraining,
ArbeitsplatzFindung,
spezifische
Qualifikationsprogram me
B. Versorgung
-Notwendigkeit niederschwellige Angebote zu realisieren, also u.a. das
Prinzip der Wohnortnähe der Versorgung.
-Diesbezüglich haben Beratungsstellen und Suchtkliniken mit regionalem
Versorgungsauftrag und Suchtambulanzen besondere Bedeutung.
-Dabei ist ein alltags-und damit wohnortnahes vernetztes Hilfesystem
sicherzustellen mit fachlich qualifizierten und auch mit spezialisierten
Angeboten.
-Hilfsangebote im Sinne eines potentiell mehrphasigen Konzepts gemäss
der Zielhierarchie ist bereitzustellen, das aufsuchende
Hilfen...Entwöhnung, Soziotherapie und suchtpsychiatrische Behandlung
u.a. für CMA Patienten und Wiedereingliederung ausdrücklich vorsieht
Cave: Diese Differenzierung der Versorgung kann leicht zu einer
Zersplitterung der Versorgungsleistungen führen. Sie birgt
Schwachpunkte in der Prozessqualität und damit einen vergleichsweise
hohen Koordinationsbedarf für die Praxis. Diese Koordinierung der
Leistungen verwirklicht sich einerseits in Form von multiprofessionellen
Teams der einzelnen Versorgungsstufen und in der Vernetzung mit den
unterschiedlichsten Anbietern von Leistungen, die auch die Regelung der
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Wohnverhältnisse, der Schuldenregulierung u.dgl. betreffen.
Grundlegende Funktionsstruktur des
Versorgungssystems
(Die Achsen des Guten..)
- Phasenkonzept der Alkoholikertherapie
BERATUNG
ENTZUG
stat.
amb.
ENTWÖHNUNG
stat.
amb.
- phasenspezifisch akzentuiert multisektorale und (multiprofessionelle)
Mehrebenen-Intervention gem. „bio-psycho-sozialem“ Störungsmodell (s.o.)
=> psychiatrischer Kompetenz od. innere Medizin + psychosoziale Dienste
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BERATUNGSSTELLEN
ÜBERLEBENSHILFEN
AMBULANZEN
AMBULANTE
WOHNBETREUUNG
PSYCHIATRIE
ENTZUG
BETRIEBL. SUCHTKRANKENHILFE
SOMATISCHE
KLINIKEN
KLIENT ???
ARBEITSPROJEKTE
ENTWÖHNUGNSTHERAPIE
SELBSTHILFEGRUPPEN
NIEDERGEL:
ÄRZTE
ÜBERGANGSEINRICHT.
Versorgungssystem – Auswahl oder Überforderung /Wahl oder
Navigation /Spaltung der Versorger / Zirkulation über Jahre ?
wer steuert das Gesamtsystem ??? - das „System“, die Akteure,
die Kostenträger (integr. Vers.), die Koordinatoren ???
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3. FRAGEN:
I. Konzepte
-Welches wissenschaftliche Leitkonzept hilft uns hier, uns auf ein
fachübergreifendes Rahmenkonzept zu stützen, das ev. über das
bio- psycho- soziale Konzept hinausgeht? Und: In wieweit steht
das subjektive Krankheitsmodell des Patienten mit jenem der
Experten in Beziehung?
( „Der Therapeut denkt und der Patient lenkt“. )
-Z.B. Kann die gegenwärtige Generation der Suchtkrankenhelfer noch
die Lebenswelt der Jugendkultur verstehen? Wie wäre das zu
bewerkstelligen?
IIa. Institutionen - Kooperationsformen
-Wie soll die Kooperation der beteiligten Dienste sichergestellt
werden? Wer koordiniert, wie und warum? Welche Bedeutung hat
Case Management?
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IIb). Das Verhältnis von Regionalisierung und Spezialisierung:
- Gibt es Mindestgrössen von zb stationären Hilfsangeboten oder ist der
Erreichbarkeit überhaupt als wesentlichem Kriterium der Vorrang zu
geben?
- Sind in Ballungsgebieten Kompetenzzentren nötig, die sich den ständig
wandelnden Formen der Suchtproblematik widmen und dafür FachKompetenzen aufbauen, die sie weitergeben an die lokalen Einheiten ?
III. Entgeltsystem
- wie entwickeln sich suchtpsychiatrische klinische und ambulante
Angebote unter den Bedingungen des tagespauschalierenden
Entgeltsystems in der stationären Psychiatrie, welcher Stellenwert
kommt der Suchtpsychiatrie als einem der drei Kerngebiete der
Psychiatrie gemäss Aufbau und Logik der Psych-PV zu (Allgemein,Sucht- und Gerontopsychiatrie)?
-Was geschieht mit den spezialisierten Suchtabteilungen, wenn die
Psychiatrie- DRGs umgesetzt werden? Läßt sich das
Behandlungsniveau noch halten, oder werden dann Suchtkranke mit KoDiagnosen
kostengünstiger in allgemeinpsychiatrischen Stationen
behandelt?
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4. Versorgungsplanung
- BWL-Perspektive –
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Versorgungstrichter nach Wienberg 1992, 2001 in München:
(modif. Hochrechnung mit Rundungen)
-von 100 Alkohol-Pat. /Jahr in
der Region :
ALKOHOLABHÄNGIGE
30.000
Hausarzt
ca. 70 1x / Jahr HA
ca. 25 AllgMedizin. Klinik
ca. 7.5 Beratungsstellen
ca. 4 (- 6) Entzug
ca. 1 - 2(- 4) Entwöhnung
ca. 2 Abstinent
20.000
Somatische Kliniken
6.250
Beratung
3000
Entzug
2000
?
Entwöhnung
1600
ABSTINENTE
1000
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ENTWÖHNUNGSTHERAPIE (EWT)
1) 100-Betten-EWT-Klinik „X“ => 400 Klienten / Jahr (3 M Therapie /
Pat )
2) Faktum: pro Region ca. 2 % / Jahr => EWT (Wienberg 2001)
=> 20.000 Alkoholkranke werden durch Einrichtung X mit EWT
versorgt
4) wenn 2% / Bev. = alkoholabhängig => Versorgung einer Region
mit ca. 1 Mio Eiw. (z.B. Köln); (DHS 2012)
=> Haar: 4000 Akoholentzüge / Jahr => ca. 3000 Pen (W-Aufnahmen)
ca. 10 %/J der A-abhängigen Münchens im Entzug;
aber: Wienberg: 5 % /J in Psych-Kinik => Haar Einzugsbereich =
insges. 2,5 Mio Eiw. mit ca. 50.000 Alkoholabhängigen, also in etwa
die betreffende Quote
5) da Konkurrenz der EWT =>bundesweite Verteilung
München => EWT ca. 1000, nach Tönisstein nur etwa 17 ? / Jahr ?
ANDERE REGIONEN
ANDERE EWTen
1.000
20.000 AlkAbh
50.000 AlkAbh
17 ?
600 AlkAbh
1.000 AlkAbh
3.000 AlkAbh
IAK
MUC
AHG-T
T
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TRÄGER DER VERSORGUNG IM INSTITUIONELLEN KONTEXT
POL
Gesundheitspolitische
Prioritäten
WIS
Wissenschaftliche
Standards
TRÄGER
Versorgungsproblem
Qualitätskriterien
Mangelsituation
Qualifikationstandards
Effizienz-Kriterien
RECHT/
ADMINISTRATION
WIRTSCHAFT /
KOSTENTRÄGER
ÖKONOMIE
100
Prozent Abstinente
80
60
40
20
10000
20000
30000
40000
50000
Euro
24
5.VERSORGUNGSFORSCHUNG
Prinzipielles
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Versorgungsforschung/Evaluation
(Versorgungsforschung geht vor Ökonomie !)
- Klientenbefragungen
- Effektivitätsanalysen
- Einfluss der Struktur-/ Prozessqualität auf Ergebnisqualität
- Patientenströme
- Übergangsmanagement
- Einfluss regionaler Strukturbesonderheiten
- Wer forscht ? Wo ? Warum?
-=> rationale Versorgungsgestaltung möglich ???
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VIELEN
DANK
FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT
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