Schleswig als Gesundheits- standort sichern und ausbauen
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Schleswig als Gesundheits- standort sichern und ausbauen
Pflege-Spezial Schleswig als Gesundheitsstandort sichern und ausbauen Birte Pauls über ihre Zeit im Pflegedienst am SCHLEI-Klinikum Schleswig Birte Pauls, Mitglied des Schleswig-Holsteinischen Landtags und pflegepolitische Sprecherin der SPD-Fraktion besuchte Mitte September das Schulzentrum für Gesundheitsberufe der Akademie Damp. Die Parlamentarierin, die selbst vor vielen Jahren im SCHLEI-Klinikum Schleswig den Beruf der Krankenschwester erlernt hat, wollte sich vor Ort ein Bild über die Ausbildungssituation in der Krankenpflege in Schleswig machen. Als kompetente Gesprächpartner standen ihr dabei der Leiter des Schulzentrums, Michael Hümmling, die stellvertretende Schulleiterin Rosa Alexander und der kaufmännische Leiter der Akademie Damp, Holger Graber, zur Verfügung. Die Redaktion des Damp Magazin nutzte den Besuch von Birte Pauls für ein Interview. onen gab es viel Unterstützung. Ich formuliere das immer so: „ich bin im Martin-LutherKrankenhaus groß geworden“, aber es gab natürlich auch das ein oder andere worüber wir ordentlich geschimpft haben. Noch heute verbinden mich tiefe Freundschaften mit Kolleginnen aus der gemeinsamen Ausbildung. Jetzt in anderer Funktion die Schule zu besuchen, fühlt sich für mich sicherlich genauso merkwürdig an, wie für Rosa Alexander oder Herrn Warnholz, die mich beide noch aus der Ausbildung kennen. Damp Magazin: Frau Pauls, Sie selbst sind Intensivpflege folgte 1991 bis 1993. Es war hier am Schulzentrum für Gesundheitsberufe eine sehr gute Ausbildung, die mir nicht nur das Damp Magazin: Wie lange sind sie im Ge- in Schleswig zur Gesundheits- und Kranken- Fachwissen vermittelt hat, sondern auch vie- sundheitswesen selbst aktiv gewesen und pflegerin ausgebildet worden. Wann genau les, um den menschlichen Herausforderungen was hat sie bewogen in die Politik zu gehen? war das und welche Erinnerungen haben die unser Beruf erfordert mit Respekt zu Birte Pauls: Insgesamt habe ich nach der Sie an die Zeit hier? begegnen. Die Patientenorientierte Pflege Ausbildung mit Ausnahme der Elternzeit Birte Pauls: Meine Ausbildung habe ich von stand im Mittelpunkt. Unsere Dozenten samt 19 Jahre als Krankenschwester gearbeitet, 1985 bis 1988 noch in den Räumlichkeiten des Schulleitungen, damals Sr Anne Wenzel, davon die meiste Zeit im Martin Luther Kran- damaligen Martin-Luther-Krankenhauses ab- zeigten großes Interesse an unseren per- kenhaus, auch als Stationsleitung auf der solviert. Eine weitere Fachausbildung für die sönlichen Entwicklungen. Auch auf den Stati- Inneren Intensivstation, knapp fünf Jahre 10 Damp Magazin Herbst 2010 Birte Pauls: Die Ansprüche in der Pflege sind Die pflegepolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Birte Pauls (3. v.l.) tauschte sich über die Situation der Pflegeausbildung in Schleswig aus mit Holger Graber, Rosa Alexander und Michael Hümmling (v.l.n.r.). parallel zur wissenschaftlich medizinischen Damp Magazin: Inzwischen gibt es einen Entwicklung gestiegen. Dem muss man Rech- Mindestlohn in der Altenpflege. Trotzdem nung tragen, inhaltlich wie organisatorisch. besteht bereits jetzt ein Mangel an qualifi- Aber wir sollten darauf aufpassen, dass wir zierten Fachkräften in der Alten- und Kranken- uns in der Pflege nicht zu weit vom Patien- pflege, der in Zukunft wohl noch zunehmen ten entfernen und uns zu viel auf Dokumen- wird. Halten Sie den Mindestlohn weiterhin tation und Theorie konzentrieren. Für beides für ein adäquates Mittel bzw. welche wei- muss entsprechend Raum und vor allem Per- teren Maßnahem sollten ergriffen werden sonal vorhanden sein. Wenn Gesellschaft und um den Pflegeberuf attraktiver zu machen? Politik mit Recht fachlich qualifiziertes, mo- Birte Pauls: Der nach langen Verhandlungen tiviertes und flexibles und vor allem ausrei- gerade erst beschlossene Mindestlohn in der chend vorhandenes Personal in der Pflege Pflege von 8,50 € West und 7,50 € Ost darf erwartet, dann muss man es auch entspre- nur als absolute Untergrenze angesehen chend bezahlen. Das findet nicht ausreichend werden. Er dient ausschließlich dazu, das statt. Nicht umsonst verlassen immer mehr Lohndumping in der Pflege zu stoppen, denn Pflegekräfte Deutschland zum Beispiel in leider war es immer noch so, dass Einrichtungen Richtung Skandinavien. Dort sind nicht nur zum Teil unter 5 €/Std. gezahlt haben. Arbeitsbedingungen und Bezahlung besser, Wir brauchen eine bessere gesellschaftliche sondern auch die allgemeine gesellschaft- Anerkennung der Pflege. Wer will schon gerne liche Anerkennung. einen Beruf ergreifen, über den, wenn er in Medien denn mal präsent ist, von Katastrophen berichtet wird, und von dem man ohne in Dänemark und in der ambulanten Pflege beim dänischen Gesundheitsdienst. Damp Magazin: Was ist das Besondere an jegliche Zuschläge seine Familie nicht versorgen Die Rahmenbedingungen in der Pflege haben der Pflegeausbildung in Schleswig und an kann. Pflege braucht eine bessere Lobby, sich für das Pflegepersonal und auch für Pa- der Pflege im SCHLEI-Klinikum Schleswig? bessere Rahmenbedingungen und eine Be- tienten im Laufe dieser Zeit verschlechtert Birte Pauls: Ich finde, dass die Auszubilden- zahlung, die Fort- und Weiterbildungen, so- und viele Entscheidungen werden am runden den hier sehr gute Bedingungen für diese wie Funktionstätigkeiten anerkennt. Tisch getroffen, leider oft genug ohne ent- anspruchsvolle Ausbildung vorfinden. Und Wir müssen schon in den Schulen während sprechendes Wissen über den Pflegealltag. ich würde diese Frage gerne mit einer Vision der Berufsorientierung für diesen Beruf wer- Das Thema Pflege wird immer wichtiger in verknüpfen. Wir haben bereits jetzt viele ben und brauchen eine aktive Unterstützung einer Gesellschaft, die Gott sei Dank, immer junge Leute, die das Schulzentrum hier be- der Bundesagentur für Arbeit im Bereich älter wird. Da ist es doch nur gut, wenn Men- suchen. Schleswigs große Chance ist es, den Umschulung. Außerdem benötigen wir Mo- schen mit praktischer Erfahrung mit am Tisch Gesundheitsstandort zu sichern und auszu- delle, die es Menschen mit Defiziten beim sitzen. Das fand meine Fraktion auch und bauen. Dazu benötigen wir – mehr als andere theoretischen Lernen, die aber den praktischen machte mich zur pflegepolitischen Sprecherin, Pläne der Stadt – den Neubau des SCHLEI- Umgang mit Kranken sehr wohl können, er- sonst war die Pflege immer nur ein Teilbe- Klinikums. möglichen, trotzdem an der Ausbildung teilzunehmen. Und wir müssen die Ausbildungs- reich der Gesundheitspolitik. Ich liebe meinen Beruf, aber ich habe mich für die Politik ent- Damp Magazin: Wäre es vielleicht denkbar, gebühren beispielsweise in der Altenpflege schieden, um mich an dieser Stelle für die auch die Ausbildungen in den Gesundheits- abschaffen. Es gibt einige Fälle, in denen In- Pflege einzusetzen. Für diese Arbeit ist mir ein berufen noch weiter auszubauen und somit teressenten Abstand von der Ausbildung ständiger Austausch mit den Praktikern sehr Schleswig zu einem Fachschulstandort zu nehmen müssen, weil sie das Schulgeld nicht wichtig. entwickeln? finanzieren können. Hier müssen wir andere Birte Pauls: Ich habe das Pflegepersonal im Finanzierungsmodelle entwickeln. Damp Magazin: Wie beurteilen Sie die zu- SCHLEI-Klinikum auch in großen Belastungs- nehmende Akademisierung der Pflege und situationen immer als sehr engagiert emp- Insgesamt braucht die Pflege eine bessere haben Sie den Eindruck, dass die zuneh- funden. Rahmenbedingungen müssen allerdings Lobby um möglichst viele junge Menschen mende Professionalisierung auch entspre- so sein, dass die Arbeit auch geleistet werden für diesen Beruf zu interessieren. Und sie chend vergütet wird? kann. vor allem auch in dem Beruf zu halten. 040 555519-832 www.damp.de [email protected] 11