Energetischer Vergleich von Ammoniak - Kälteanlagen

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Energetischer Vergleich von Ammoniak - Kälteanlagen
Energetischer Vergleich von Ammoniak - Kälteanlagen
für industrielle Anwendungen
Wenn man von speziellen Anwendungsfällen zwecks Nutzung von
Abwärme absieht, erlaubt der Kaltdampfprozess mit mechanischer
Verdichtung des umlaufenden Kältemittels den geringstmöglichen
Energieeinsatz zur Erfüllung seiner Aufgabe.
Die jährlichen Betriebsstundenzahlen sind bei Großkälteanlagen
für industrielle Anwendungen, insbesondere im Lebensmittelbereich, in der Regel recht hoch.
Hier steht der sparsame Umgang mit Energie zur Erfüllung der
kältetechnischen Aufgabe im Vordergrund. Unstrittig ist, daß sich
das Kältemittel Ammoniak in dieser Hinsicht ganz besonders
günstig verhält.
eurammon- Information Nr. 9 / 0ktober 1997
1.
Höhe des Energieaufwandes zur Kältemittelverdichtung
Der spezifische Energieaufwand am Verdichter ist die wichtigste Größe, wenn die
Wirtschaftlichkeit zur Erfüllung des Kältebedarfes verglichen werden soll.
Die ohne Nullpunkt-Unterdrückung in
Bild 1 dargestellten Kurvenverläufe
zeigen sehr deutlich den enormen
Einfluß, den sinkende Verdampfungsbzw.
steigende
Verflüssigungstemperaturen auf die Energiekosten
haben.
Da ist es ziemlich unerheblich, von
welchem Hersteller die verwendeten
Daten stammen, die hier für
mittelgroße
Kolbenverdichter
zutreffend eingetragen wurden.
Die an sich dimensionslose Darstellung
wurde
absichtlich
mit
Dimensionen versehen, damit auch
Laien zu verdeutlichen ist:
Wer auf sparsamen Energieeinsatz
vorrangig achten muß, darf sich
unnötige
Temperaturdifferenzen
weder auf der warmen noch auf der
kalten Seite der Kälteanlage
leisten.
Bild 1: Spez. Energieaufwand
zur Ammoniak-Verdichtung
Vorgenannte Grundsatzforderungen lassen sich mit einem einfachen Anlagenschema
verwirklichen, das seit langem bekannt ist und dem in Bild 2 dargestellten Schema
entspricht.
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2.
Anlagenschema zur optimalen Nutzung der aufgewendeten Energie
2.1
Auf der warmen Seite
können
durch
den
Einsatz
von
Verdunstungsverflüssigern die jahreszeitlich gegebenen günstigen Voraussetzungen zur Erzielung einer niedrigen
Verflüssigungstemperatur genutzt werden.
Der Hochdruckschwimmer-Regler als
Drosselorgan ermöglicht es, daß diese
vorteilhafte Situation auch tatsächlich
genutzt wird, denn er ist - im Gegensatz
zu Expansionsventilen - nicht auf eine
bestimmte Druckdifferenz hin auszulegen.
2.2
Auf der kalten Seite
können durch den Einsatz "überflutet
arbeitender"
Verdampfer
ebenfalls
minimale Temperaturdifferenzen verwirklicht werden. Die so bezeichneten
Wärmetauscher stellen ihre gesamte
Oberfläche für den Verdampfungsvorgang zur Verfügung.
Im Gegensatz zum Expansionsventilbetrieb wird im Verdampfer weder ein
Flächenanteil zur Überhitzung des
austretenden Kältemitteldampfes be-nötigt
noch muß aus dem gleichen Grunde die
Verdampfungstemperatur
zusätzlich
abgesenkt werden.
Bild 2: Ammoniak-Kälteanlage
mit überflutet arbeitenden Verdampfern
Das flüssige Kältemittel gelangt mittels Schwerkraft oder mit Pumpen-Unterstützung aus
dem "Abscheider" genannten ND-Behälter zu den Verdampfern.
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Wenn der gesamte Kältemittelinhalt in diesem Abscheider Platz findet, sind sonst zu
befürchtende Flüssigkeitsschläge für alle Zeiten ausgeschlossen.
Aus umweltpolitischen Gründen strebt man in neuzeitlichen Anlagen eine Minimierung des
Kältemittelfüllgewichtes an. Viele Komponenten der konventionellen Anlagen-technik
waren in dieser Hinsicht verbesserungswürdig.
3.
Möglichkeiten zur Reduzierung des Energieeinsatzes
3.1
Anlagen mit Direktverdampfung des Kältemittels
Verdampferbauarten, die mit Kältemittelüberflutung oder -berieselung betrieben werden,
haben gute Wärmeübertragungswerte und erfordern daher kleine Temperaturdifferenzen
zwischen dem verdampfenden Kältemittel und dem zu kühlenden Produkt, so daß der
Verdichter bei höherer Verdampfungstemperatur ansaugen kann.
Unerwünscht
große
Kältemittelfüllmengen
lassen
sich
durch
moderne
Verdampferkonstruktionen vermeiden.
Die zentrale Kälteanlage mit Pumpenbetrieb zur
Kältemittelumwälzung ist aus
energiewirtschaftlicher Sicht nach wie vor eine optimale Lösung.
Direktverdampfung mit Expansionsventilbetrieb erfordert prinzipiell einen höheren
Energieeinsatz, wie zuvor unter 2. erklärt.
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Bild 3: Berieselungsverdampfer
3.2
Bild 4: Vollverschweißter
Plattenverdampfer
Bild 5: Luftkühler mit
obenliegender
Einspritzung
Indirekte Kühlung
Der Einsatz eines Kälteträgers ist eine häufig und gern genutzte Alternative. Der Verzicht,
den
Kältebedarf
durch
direkte
Kältemittelverdampfung
zu
decken,
ist
aber
notwendigerweise mit der Überwindung zusätzlicher Temperaturdifferenzen verbunden.
Dies erfordert einen höheren Energieeinsatz; hinzu kommt, daß an der Pumpe des
Kälteträgers stets mehr aufzuwenden ist, im Vergleich zur Kältemittelpumpe.
Unnötige Temperaturdifferenzen vermeiden moderne Bauarten von überflutet
arbeitenden Plattenver-dampfern, die
auch
den
speziellen
Werkstoffanforderungen von Ammoniak
entsprechen. Sie vereinen zudem die
Vorzüge hoher Übertragungsleistung mit
denen sehr geringer Füllmengen.
Neue Kälteträger-Rezepturen ermöglichen auch deren Einsatz bei tiefen
Temperaturen.
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4.
Bei
Verringerung der Kältemittelfüllmenge
den
Genehmigungsverfahren
für
Ammoniak-Kälteanlagen
spielt
die
Kälte-
mittelfüllmenge der Anlage eine bedeutende Rolle, so daß die Vorteile der Direktverdampfung bei Apparaten, die größere Kältemittelfüllmengen enthalten (z.B. mantelraumseitig überflutete Rohrbündelapparate oder Kühltaschen von zylinderkonischen
Brauerei-Gärtanks), gegenüber den dadurch mitunter bedingten behördlichen Auflagen bei
der Bewertung in den Hintergrund geraten können.
Gerade dieser Sachverhalt hat in der letzten Zeit dazu geführt, daß trotz energetischer
Verschlechterung des Kühlprozesses der indirekten Kühlung der Vorzug gegeben wurde
(Kunsteisbahnen, Brauereien).
Begünstigt wird diese Tendenz durch den Einsatz von Plattenwärmeübertragern (siehe
3.2), die trotz überfluteter Betriebsweise nur eine minimale Kältemittelfüllmenge benötigen
und
dabei
hohe
Wärmeübertragungswerte
aufweisen,
so
daß
die
Verdampfungstemperaturen gegenüber der Direktverdampfung bei preislich vertretbarer
Wärmeübertragerbemessung nur unwesentlich niedriger als bei der Direktverdampfung
sein müssen.
5.
Verringerung der energetischen Nachteile
Wenn die Anwendung der indirekten Kühlung aus Aufstellungsgründen gem. VBG 20
notwendig oder aus den unter Abschnitt 4 genannten Gründen vorteilhaft ist, dann ist zu
unterscheiden zwischen:
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5.1
Anlagen, die ausschließlich mit indirekter Kühlung betrieben werden
Bei einer vorgegebenen Ausführung eines Wärmeübertragers sind die Soletemperaturen
zur Kühlung grundsätzlich in Grenzen frei wählbar.
Bei bekannter Gärungstemperatur, konstruktiv festgelegter Wärmeübertragerfläche und
annähernd vergleichbaren Wärmeübergangsbedingungen ist die mittlere logarithmische
Temperaturdifferenz für einen Gärtank technologisch vorgegeben. Sie kann mit kleinen
(Beispiel 1) oder großen (Beispiel 2) Soletemperaturdifferenzen (Spreizung) realisiert
werden.
Die zur Kälteerzeugung erforderliche Verdampfungstemperatur wird bei einem
angenommenen überfluteten Betrieb jeweils ca. 4 K unter der Solevorlauftemperatur
angesetzt.
Die Auswirkung der Temperaturspreizung für eine Brauereianlage mit zylindrokonischen
Gärtanks zeigt die nachfolgende Vergleichsrechnung:
Abführung der Gärwärme, obergäriges Bier
Beispiel 2
Gärtemperatur
Soletemperatur-Spreizung
Solevorlauf
Solerücklauf
Verdampfungstemperatur
Kälteleistung
Sole-Volumenstrom
Elektrische Leistungsaufnahme
- Verdichter
- Solepumpe
- Gesamt
(°C)
(K)
(°C)
(°C)
(°C)
(kW)
(m3/h)
Beispiel 1
+22,0
5,5
+2,0
+7,5
-2,0
300,0
48,5
+22,0
15,0
-3,0
+12,0
-7,0
300,0
17,8
(kW)
62,9
75,1
(kW)
5,8
2,3
(kW)
68,7
77,4
==============================
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Der Vergleich beider Rechenbeispiele läßt folgende Schlüsse zu:
1.
Die Kälteerzeugung bei hohen Verdampfungstemperaturen im Beispiel 1 erfolgt
bei gleicher Kälteleistung mit einer deutlich geringeren
2.
Verdichterantriebsleistung.
Die höheren Soletemperaturdifferenzen und damit verbunden niedrigen
Solevolumenströme im Beispiel 2 führen im Vergleich zu den Leistungsaufnahmen der Verdichter nur zu unbedeutenden Einsparungen.
Bei Installation einer Neuanlage sollte über die Wahl der Soletemperaturen die
Verdampfungstemperatur möglichst hoch festgelegt werden. Damit wird die Auslegung
bezüglich der Betriebskosten optimal.
5.2
Anlagen, die sowohl mit direkter Verdampfung als auch mit indirekter
Kühlung bei gemeinsamer Verdampfungstemperatur arbeiten
Da in diesem Fall die Verdampfungstemperatur festgelegt und somit die VerdichterLeistungsaufnahme
nicht
beeinflußt
werden
kann,
läßt
sich
durch
größere
Temperaturspreizung des Kälteträgers die Umwälzmenge reduzieren und damit
Antriebsleistung einsparen.
5.3
Umstellung einer Anlage mit Ammoniak-Direktverdampfung auf indirekte
Kühlung
Diese Aufgabenstellung ergibt sich u.a. bei Maßnahmen zur Füllungsreduzierung gem.
Absatz 4.
Wenn z. B. bezogen auf das in Absatz 5.1 genannte Brauereibeispiel das vorhandene
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Rohrleitungsnetz für den Solebetrieb genutzt werden soll, dann sind die Nennweiten der
NH3-Flüssigkeitsvorlaufleitungen für eine Temperaturspreizung von 5 K zu klein, da sich in
diesem Fall zu hohe Solegeschwindigkeiten mit hohen Pumpen-Differenzdrücken und
entsprechend hoher Leistungsaufnahme ergeben würden. In diesem Fall muß die
Spreizung erhöht werden (im Beispiel 5.1 auf 15 K), um mit der elektrischen
Leistungsaufnahme der Pumpe in einer vertretbaren Größenordnung zu bleiben.
5.4
Einsatz von neuentwickelten Solen
Neuentwickelte Solen (siehe 3.2) auf Basis organischer Salze haben gegenüber Glycolbzw. Calziumchloridsolen eine wesentlich geringere Viskosität und damit bessere
Wärmeübergangszahlen, so daß bei gleicher Wärmeübertragerfläche die mittlere
Temperaturdifferenz verkleinert werden kann.
Diese Solen eignen sich insbesondere für den Tiefkühlbereich. Die besonderen
Einsatzgrenzen und speziellen chemisch-technischen Eigenschaften sind bei der
Systemfestlegung und der Material- und Komponentenauswahl zu berücksichtigen.
5.5
Durch
Kälteträger mit Phasenumwandlung
Einsatz
von
Wasser/Eis-Mischungen
(z.B.
FLO-ICE)
lassen
sich
gute
Wärmeübergangszahlen und damit bei gleichen Wärmeübertragungsflächen kleine
Temperaturdifferenzen erreichen.
Ein weiterer Vorteil sind auch wesentlich kleinere erforderliche Rohr-leitungsquerschnitte.
Nachteilig ist allerdings der apparative Mehraufwand für die FLO-ICE-Erzeugung, die sich
in zahlreichen Fällen nur dann rechnen dürfte, wenn auch Energiespeicherung (z.B.
Nutzung preiswerten Nachtstromes) möglich ist.
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6.
Schlußfolgerung
Aus den vorstehenden Ausführungen ist zu entnehmen, daß keine allgemeingültige
Aussage bei industriellen Kälteanlagen für die Systemwahl möglich ist, und daß oftmals
andere Entscheidungskriterien als rein energetische Betrachtungen für die Anlagenausführung bestimmend sein können.
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