Alma, ihr Opa und sein Olivenbaum El Olivo

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Alma, ihr Opa und sein Olivenbaum El Olivo
Kino
24
NUMMER 196
Das
herzensgute
Monster
Film-Geflüster
Halle Berry spielt eine
verzweifelte Mutter
Oscar-Preisträgerin Halle Berry
(„Cloud Atlas“) gerät in dem ersten Trailer zu dem Thriller „Kidnap“ richtig in Fahrt. Verzweifelt
jagt die 50-Jährige einem Auto
hinterher, in dem ihr entführter
kleiner Sohn sitzt. Statt der Polizei
zu vertrauen, nimmt sie die
Verfolgung in die eigene Hand.
Regie führte der Spanier Luis
Prieto (46, „Pusher“). In den USA
kommt „Kidnap“ im Dezember in
die Kinos, der deutsche Starttermin
steht noch nicht fest.
Die Neuauflage von
„Elliot, der Drache“
VON BRITTA SCHMEIS
Rumer Willis auf den
Spuren ihrer Eltern
Rumer Willis, die älteste Tochter
der Hollywood-Schauspieler Demi
Moore und Bruce Willis, will ihre
Filmkarriere weiter ausbauen. Wie
das Kinoportal Deadline.com berichtet, hat die 28-Jährige an der Seite
von Emma Dumont die Hauptrolle
in dem Indie-Thriller „What Lies
Ahead“ erhalten. Die Dreharbeiten
unter der Regie von Rob Gardner
sind im US-Staat Kentucky bereits
angelaufen. Dumont und Willis
spielen zwei Frauen, die auf einem
Roadtrip in Gefahr geraten. Zuletzt drehte Willis mit Rosamund
Pike und Nick Nolte den Psychothriller „Return to Sender“. Mit
ihrem Vater stand sie 2005 für
„Hostage“ vor der Kamera.
Emma Stone zeigt in neuem
Film ihre Gesangskünste
US-Schauspielerin Emma Stone
(„Birdman“) zeigt in dem neuen
Trailer zu „La La Land“, dass sie
auch eine gute Stimme hat. Das
Video kommt völlig ohne Worte
aus, man hört nur das von Stone
gesungene Lied „Audition“. Ihr
Leinwandpartner Ryan Gosling
hatte im Juli in dem ersten Teaser
für den Liebesfilm eine musikalische Kostprobe gegeben. Das
romantische Film-Musical von
„Whiplash“-Regisseur Damien
Chazelle dreht sich um einen JazzMusiker (Gosling), der sich in Los
Angeles in eine aufstrebende
Schauspielerin (Stone) verliebt. Am
15. Dezember soll der Film in die
deutschen Kinos kommen. (dpa)
Unsere Wertungen
* sehr schwach
** mäßig
*** ordentlich
**** sehenswert
***** ausgezeichnet
Alma und ihr Großvater vor dem geliebten Olivenbaum.
Foto: Jose Haro, Pfiffl Medien
Alma, ihr Opa und sein Olivenbaum
El Olivo Die Geschichte einer besonderen Beziehung zwischen einem Mädchen und ihrem
Großvater. Iciar Bolains neues Drama ist eine gelungene Mischung aus Pathos und Realismus
VON MARTIN SCHWICKERT
Knorrig und machtvoll steht der alte
Olivenbaum in der Landschaft. Ein
Hauch von Ewigkeit umgibt dieses
verwachsene Wesen mit seinen
mehr als acht Metern Durchmesser.
Aus dem weitverzweigten Wurzelwerk arbeiten sich die ineinander
verflochtenen Holzstränge bis zur
Krone hinauf. Der Stamm gleicht
einer Skulptur und wer, wie die junge Alma, genau hinschaut, kann darin auch das Gesicht eines Monsters
erkennen, das gefüttert werden will.
Schon die alten Römer hätten den
Baum vor mehr als zweitausend Jahren hier angepflanzt, weiß der
Großvater zu berichten. Gemeinsam
mit seiner Enkelin streift er durch
den Olivenhain, der die Familie
schon seit Generationen ernährt.
Aber diese Kindheitserinnerungen
sind schon längst Geschichte.
Mittlerweile ist Alma (Anna Castillo) erwachsen und der Großvater
lebt in seiner eigenen abgeschlossenen Welt. Als die Söhne den alten
Baum verkauft haben, um mit dem
Erlös die Bestechungsgelder für ein
Restaurant am Meer zu finanzieren,
hat er aufgehört mit der Familie zu
sprechen. Nach all den Jahren weiß
keiner mehr, ob das strafende
Schweigen immer noch Trotz oder
nur noch Demenz ist. Aber wer den
alten Mann anschaut, erkennt, dass
das Leben aus seinem Körper zu
weichen beginnt. „Er trauert“ sagt
Alma. Und sie weiß, dass es dabei
nicht um die vor langer Zeit verstorbene Ehefrau geht, sondern um den
alten Olivenbaum, der mit schwerem Gerät gewaltsam aus der Erde
gerissen und nach Deutschland gebracht wurde, wo er im Atrium eines Energiekonzerns als Logo für
das vermeintlich nachhaltige Unternehmenskonzept steht. In einer echten Don-Quichote-Mission macht
sich Alma mit ihrem Onkel Alcachova (Javier Gutiérrez) und dem stillen
Verehrer Rafa (Pep Ambròs) auf
nach Düsseldorf, um den geliebten
Baum zurückzuholen.
Auf dem Papier klingt die Geschichte von Icíar Bolaíns „El Olivo“ nach einer naturmetaphorisch
überladenen Schnulze. Aber das
Skript stammt aus der Feder von
Bolaíns Lebensgefährten Paul Laverty, der als langjähriger Drehbuchautor von Ken Loach die Balance zwischen Pathos und Realismus gründlich eingeübt hat.
Und so ist „El Olivo“ weit mehr
als ein Mein-Freund-der-BaumFilm, sondern spiegelt im engsten
Familienkosmos die gesamtgesellschaftliche Desillusionierung im
krisengebeutelten Spanien wieder.
Der Schlüssel hierfür ist eine junge
Heldin, die die ganze Wut ihrer Generation in sich trägt. Mit forschem
Schritt bahnt sich Alma, die von der
Neueinsteigerin Anna Castillo mit
Verve verkörpert wird, durch das
Hühnermeer im Geflügelzuchtbetrieb, in dem sie jobbt. Wenn der
Chef ihr dumm kommt, bewirft sie
sein Auto mit Eiern. Mit dem Vater
spricht sie kaum noch, weil sie genug hat von dieser ganzen verlogenen Sippschaft, die in den Jahren des
Booms das schnelle Geld machen
wollte und mit der Krise in den Ruin
geschlittert ist.
Muttertags-Müll
Sonst noch angelaufen
● Mechanic: Ressurection
Fünf Jahre nach „The Mechanic“
kehrt Actionstar Jason Statham
(„The Transporter“, „The Expendables“) in der Rolle des Profikillers
Arthur Bishop auf die Kinoleinwand
zurück. „Mechanic: Ressurection“
– etwa: die Wiederauferstehung des
Auftragskillers – heißt die Fortsetzung des Action-Krachers. Bishop
nimmt darin wider Willen seinen
alten Job wieder auf – um seine neue
Freundin Gina, gespielt von Jessica
Alba („Fantastic Four“), zu retten.
Fünf Tage, vier Kontinente, drei
Morde lautet Bishops Auftrag. Mit
„Mechanic: Ressurection“ gibt der
deutsche Filmemacher Dennis Gansel
( „Die Welle“) sein HollywoodDebüt. (Filmstart in Augsburg, Kaufbeuren, Kempten, Ulm)
● The Shallows
Ein idyllisch gelegener mexikanischer
Strand in einer versteckten Bucht:
Hier möchte Nancy, Protagonistin des
von Jaume Collet-Serra inszenierten Thrillers, ein paar schöne Stunden
auf ihrem Surfbrett verbringen.
Die Bucht birgt aber ein tödliches Geheimnis in Form eines gefährlichen
Hais. Erst kann Nancy die famosen
Wellen genießen, dann aber setzt
der Raubfisch zu einer ersten Attacke
an. Die Amerikanerin Blake Lively
(„Savages“) ist in der Hauptrolle zu
sehen. (Filmstart in vielen Kinos
der Region)
AZ, dpa
DONNERSTAG, 25. AUGUST 2016
Das Restaurant am Meer ist
längst eine geplünderte Betonruine
wie viele andere, gerade in Spanien,
wo die Immobilienspekulation ganze Landstriche verwüstet hat. Dass
Alma den Baum in den heimischen
Olivenhain zurückholen will, ist ein
irres, aussichtsloses Unterfangen,
auch wenn sich ein paar deutsche
Aktivisten zu einem solidarischen
Hashtag zusammentun. Andererseits traut man dieser wütenden,
wild entschlossenen, jungen Frau alles zu. Ihr blinder Aktionismus ist
auch Ausdruck einer jugendlichen
Lebensenergie einer verlorenen Generation, die zusehen muss, wie sie
in dem Scherbenhaufen eine neue
Existenz aufbaut.
Am Schluss wird ein Olivenzweig
gepflanzt. Ein etwas plattes Symbol
der Hoffnung auf den ersten Blick,
aber auch der Ausdruck einer verloren gegangenen Haltung, die Zukunft über das eigene irdische Sein
hinaus denkt – und heute notwendiger denn je wäre.
***
O Filmstart in Augsburg
Das Schmunzelmonster Elliot eroberte vor rund 40 Jahren die Herzen der jungen Kinozuschauer. Die
Abenteuer des freundlichen Drachens mit dem Waisenjungen Pete
wurden damals sehr charmant erzählt. Nun bringt Disney unter Regie von David Lowery den grünen,
flauschigen Drachen wieder auf die
Leinwand.
Nach einem Verkehrsunfall, bei
dem die Eltern ums Leben kommen,
irrt der kleine Pete (Oakes Fegley)
alleine durch einen riesigen Wald, in
seinem Rucksack das Bilderbuch
„Pete’s Dragon“. Ein solcher taucht
dann tatsächlich auf, um den kleinen
Jungen zu retten und beschützt ihn
fortan. Nach bester Mogli-Manier
streifen die beiden durch die Wälder, essen Beeren und kuscheln viel
miteinander. Sechs Jahre später beginnen in der Nähe von Elliots und
Petes Höhle Waldarbeiten, Pete
sieht erstmals wieder Menschen und
trifft die freundliche Wildhüterin
Grace, deren Vater von Robert Redford gespielt wird. Während Grace
versucht, hinter das Geheimnis des
sagenumwobenen Drachens zu
kommen, wittern raffgierige Holzfäller das große Geschäft mit dem
vermeintlichen Ungeheuer. Der
Kampf zwischen fantasievollen
Abenteurern und skrupellosen Geschäftemachern beginnt.
Der Plot mag ein wenig dünn sein
und der Ausgang absehbar. Bei all
dem hochglanzpolierten Kitsch und
den extrem aufwendig, aber durchaus spannend inszenierten Verfolgungsjagden funktioniert dieses
bildgewaltige Märchen.
***
O Filmstart in vielen Kinos der Region
Der kleine Pete auf dem Rücken von Elliot, dem Drachen.
Foto: Disney
Kampf gegen das Böse
Mother’s Day Julia Roberts, Jennifer Aniston und die totale Harmlosigkeit Die Unfassbaren 2 Ein hirnloses Star-Spektakel
VON GÜNTER H. JEKUBZIK
Wie ein liegengebliebenes Stück
Kuchen, klebrig und schon leicht
müffelnd, landet dieser Rest vom
amerikanischen Muttertag nun in
unseren Kinos. Zur Dekoration gibt
es mit Jennifer Aniston, Kate Hudson, Julia Roberts und Jason Sudeikis einige Stars. Mit dem gleichen
Nährwert wie eine Seifenblase tut
der Film niemandem weh.
Ein Haufen kleiner Dramen, die
genau so austariert sind, dass sie keinesfalls beim Popcorn-Knabbern
stören. Das ist das Rezept für derlei
Ensemble-Filme, die gerne zu
Weihnachten, Ostern oder eben
zum Muttertag daherkommen.
„Mother’s Day“ ist wie Aufzugsmusik für die Augen: Kommt einem irgendwie alles bekannt vor, fällt
nicht auf, stört nicht. Mit Ausnahme
von Jennifer Aniston, die sich auch
in dieser Rolle wieder chaotisch mit
Selbstgesprächen und immer am
Rande des Nervenzusammenbruchs
gibt. Ihre Mutter-Figur muss die
neue, sehr, sehr junge Frau des Ex
als Konkurrenz akzeptieren. Dann
gibt es denn verwitweten Vater, der
die beste Mutter ist, und die Tochter ohne Mutter, die sich nicht binden mag. Julia Roberts gibt völlig
leb- und regungslos eine Shopping-
Kanal-Queen, die wohl einst in jungen Jahren besser Mutter gewesen
wäre.
„Romantische Komödie“ nennt
man so was, wobei der Begriff so
steril wie der ganze Film wirkt.
Wenn es eine Peinlichkeit ist, Tampons im Supermarkt zu kaufen,
weiß man, wie realistisch diese Figuren sind. Jennifer Aniston, Kate
Hudson und Julia Roberts, drohen
nie ins richtige Leben abzurutschen.
Das Problem, den Eltern eine lesbische Beziehung und einen dunkel-
häutigen Partner zu offenbaren,
könnte ein Drama ausfüllen. Dazu
ein paar Lebensweisheiten und
schon lösen sich all die kleinen Dramen in Wohlgefälligkeit, Versöhnungen und Hochzeit auf. Die übliche Nullsumme solcher harmlosen
Ensemble-Filme. Sie rauschen vorbei und sind schnell vergessen. Eine
„nette“ Klebrigkeit, die durchaus
Übelkeit verursachen kann.
*
O Filmstart in Augsburg, Aichach, Meitingen, Neu-Ulm, Penzing, Ingolstadt
Miranda (Julia Roberts) und Sandy (Jennifer Aniston) in Mother’s Day – Liebe ist kein
Kinderspiel.
Foto: Ron Batzdorff, Mothers Movie LLC
VON FRED DURAN
Vor drei Jahren sorgte Louis Leterrier mit seinem Magier-Actionfilm
„Die Unfassbaren“ an den Kinokassen für einen Überraschungserfolg.
Die Mischung aus Robin Hood und
David Copperfield begeisterte das
junge Publikum, das nach Gerechtigkeit und Showeffekten dürstete.
Nun hat Regisseur Jon M. Chu
(„G.I. Joe – Die Abrechnung“) im
zweiten Teil das Ruder übernommen und schickt sein Spezialkom-
Morgan Freeman als Thaddeus Bradley
Foto: Jay Maidment, Concorde Filmverleih
mando in den Kampf gegen einen
verbrecherischen Computer-Clan.
Ein echter Besetzungscoup ist Chu
mit Daniel Radcliffe als psychopathischen Oberbösewicht gelungen,
der hier seine Harry-Potter-Vergangenheit ablegen kann. Im Heldenlager sind erneut Jesse Eisenberg
als Meister-Illusionist, Dave Franco
in der Rolle des Kartentrickkünstlers, Morgan Freeman als Thaddeus
Bradley sowie Woody Harrelson als
versierter Hypnotiseur mit von der
Partie.
Wie schon im ersten Teil bleibt
die Story Nebensache. Ein Computer-Chip wird als Objekt der Begierde ins Spiel geworfen, mit dem finstere Mächte aus der Privatwirtschaft
jedes digitale Endgerät kontrollieren
können. Mit versammelter Zaubertrickkraft führen die „Pferdemänner“ die globalen Bösewichte hinters Licht. Aber Zaubertricks haben
auf der Leinwand im Zeitalter digitaler Bildproduktion entschieden an
spektakulärem Reiz eingebüßt.
Staunen kann man eigentlich nur
über die Unverfrorenheit, mit der
hier ein Sequel ohne tragfähiges
Drehbuch oder interessante Figurenkonflikte aus dem Boden gestampft wird.
**
O Filmstart in vielen Kinos der Region